Medienspiegel 14. Juni 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes: Unhaltbare Verschärfungen, unzureichende Verbesserungen
Der Nationalrat wird am Dienstag über Änderungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) debattieren, konkret das Reiseverbot ins Ausland und Anpassungen des Status der vorläufigen Aufnahme. Für die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) sind die geplanten Änderungen unausgewogen. Anstelle der vorläufigen Aufnahme sieht sie ausserdem weiterhin Bedarf für einen positiven Schutzstatus.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/aenderung-des-auslaender-und-integrationsgesetzes-unhaltbare-verschaerfungen-unzureichende-verbesserungen


+++EUROPA
antira-Wochenschau: Griechenland beschallt Grenzen, Schweiz bewaffnet Grenzen, #AbolishFrontex will Grenzen abschaffen
https://antira.org/2021/06/14/griechenland-beschallt-grenzen-schweiz-bewaffnet-grenzen-abolishfrontex-will-grenzen-abschaffen/


18’000 vermisste geflüchtete Kinder in Europa – RaBe-Info 14.06.2021
Wer als Kind in der Schweiz einen Asylantrag stellt, wird von den Behörden registriert. Doch nicht selten kommt es vor, dass mancheKinder plötzlich nicht mehr gefunden werden können. Nicht nur in der Schweiz verschwinden unbegleitete Kinder auf der Flucht, eine neue Studie zeigt, dass in Europa über 18’000 geflüchtete Kinder vermisst werden. Gründe gibt es verschiedene, entweder sie sind weitergerest, ohne dass eine Ausreise registriert wurde, sie sind untergetaucht und leben illegal in der Schweiz oder sie sind verschleppt worden.
https://rabe.ch/2021/06/14/faire-renten-fuer-alle/


+++JEMEN
Flüchtlingsboot: Fischer bergen 25 ertrunkene Geflüchtete vor Küste des Jemen
Einheimische nennen die Gegend wegen der Schlepperbanden nur »Tor zur Hölle«: In einer Meerenge nahe dem Jemen ist ein Boot mit bis zu 200 Schutzsuchenden an Bord gekentert. Nun wurden erste Leichen geborgen.
https://www.spiegel.de/ausland/jemen-fischer-bergen-25-ertrunkene-gefluechtete-vor-kueste-a-59708e8f-3101-4267-bf27-59c4808f8ebb
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-06/jemen-kueste-boot-gekentert-migration-iom-un-gefluechtete?wt_zmc=sm.int.zonaudev.twitter.ref.zeitde.redpost.link.x&utm_medium=sm&utm_source=twitter_zonaudev_int&utm_campaign=ref&utm_content=zeitde_redpost_link_x


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Fahrende in Grosshöchstetten: Sie dürfen drei Wochen bleiben
Eine Gruppe Fahrender mit rund einem Dutzend Gespannen hat sich in Grosshöchstetten niedergelassen. Sie hat sich mit dem Grundeigentümer geeinigt.
Hans Ulrich Schaad
https://www.bernerzeitung.ch/sie-duerfen-drei-wochen-bleiben-156434021851


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
derbund.ch 14.06.2021

Nach abgelehntem CO2-Gesetz: Klimastreikende zwischen Wut und Resignation

Konkrete Klimaschutzmassnahmen fanden bei der Abstimmung am Sonntag keine Mehrheit. Berner Klimastreikende sind enttäuscht. Doch neue Aktionen sind geplant – und ziviler Ungehorsam dabei eine Option.

Sarah Buser

Meret Schefer ist Mitglied des Klimastreiks Bern. Am Telefon klingt sie müde und enttäuscht. «Ich merke, wie ich versuche, das Abstimmungsergebnis zu verdrängen und an etwas anderes zu denken», sagt die 17-jährige Gymnasiastin. Sie befinde sich in einer Art Schockstarre, doch langsam beginne sie, zu realisieren.

Der Berner Klimastreik stand für ein «Ja, aber» für das CO2-Gesetz ein, «aber», weil es unzureichend sei. Einzelne Lokalsektionen hatten das Gesetz aus diesen Gründen gar bekämpft.

Auch Sebastian Killer, der Anfang Jahr die Lokalgruppe des Klimastreiks in Ostermundigen mitgegründet hat, empfand die Vorlage als zahnlos, ist nun aber enttäuscht. Für ihn hat das Abstimmungsergebnis endgültig klargemacht: «Wir können uns nicht mehr auf den bürgerlichen Staat verlassen.» Dieser habe es nach zwei Jahren Klimastreik noch immer verschwitzt, seine Bevölkerung vor der Klimaerwärmung zu schützen.

Schefer glaubt, dass die «Angstmacherei» der Gegnerschaft gefruchtet hat. Dabei gehe es bei Klimapolitik weniger um den Verzicht einzelner Personen auf einen Flug in die Ferien, wie die Kampagnenvideos suggeriert hätten, sondern etwa darum, grosse Akteure wie den Finanzplatz einzuschränken. Schefer hofft, dass insbesondere bei Jungen solche Argumente künftig nicht mehr verfangen. Keine leichte Aufgabe: Die 18- bis 34-Jährigen stimmten mit 58 Prozent gegen das CO2-Gesetz, wie eine Nachwahlbefragung von Tamedia und «20 Minuten» zeigt.

Radikalisierung möglich

Seit 2019 die ersten grossen Klimastreiks stattgefunden haben, hat sich für Schefer einiges verändert. «Die Zuversicht ist weg», sagt sie. Am Anfang sei sie wütend, aber zuversichtlich an die Klimastreiks. «Nun ist es ein emotionsarmer Mechanismus geworden», sagt Schefer. Die Hoffnung, noch etwas für den Klimaschutz tun zu können, schwindet mit jeder neuen politischen Entscheidung gegen den Klimaschutz, sagt sie.

Bei Killer hingegen lässt die Motivation nicht nach. Im Gegenteil: «Bei mir persönlich ist es eher so, dass ich meine Wut in Energie umwandle.» Der Klimastreik hat Anfang Jahr einen über 300 Seiten langen Klimaaktionsplan verfasst, mitgewirkt haben Wissenschaftler. Darin enthalten sind ziemlich weitgreifende Massnahmen wie Arbeitszeitverkürzung und die Abschaffung des Privateigentums, wenn dieses klimaschädlich ist. Wenn dieser Klimaplan von der Politik ignoriert werde, sieht Killer indes nur eine Lösung: Der Klimastreik muss die Sache selber in die Hand nehmen.

Für ihn komme nun deshalb durchaus auch ziviler Ungehorsam infrage, und er rechtfertigt dies so: «Ich persönlich finde eine Radikalisierung meinerseits nicht so radikal; es ist viel extremer, zu sagen, ich mache jetzt einfach nichts.» Und das tue die Politik.

Finanzplatz im Visier

Der 16-jährige Gymnasiast Killer hat in Ostermundigen mit der neu gegründeten Lokalgruppe Grosses vor. «In Ostermundigen, lokal, wollen wir eine Vorreiterrolle für andere Gemeinden einnehmen», kündet er an. Mit der gut besuchten Velodemo anlässlich des Strike for Future am 21. Mai konnte die Lokalgruppe bereits einen Erfolg verzeichnen.

Über Lokalgruppen sollen mehr Leute mobilisiert werden. Diese Strategie sieht auch Lena Bühler als zielführend. Denn die Bewegung müsse grösser werden und mehr Teile der Bevölkerung integrieren, sagt die 18-jährige Gymnasiastin aus Bern.

Aktionen mit zivilem Ungehorsam seien für den Sommer geplant, sagt Killer, und richten sich insbesondere gegen den Finanzplatz. Das dieser eingeschränkt werden müsse, sagen alle drei Klimastreikenden. «Es kann nicht sein, dass die Schweizer Nationalbank, die UBS und Credit Suisse Profite aufgrund von Investitionen in Kohleabbauprojekte machen», sagt Killer. Für den Herbst ist ausserdem erneut eine Massendemonstration geplant.

Beim Strike for Future im Mai wurden erstmals Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen mit ins Boot geholt, sagt Bühler. Das soll künftig so bleiben: «Wir müssen nun alle gemeinsam an einem Strick ziehen.»
(https://www.derbund.ch/klimastreikende-zwischen-wut-und-resignation-714425641069)



«Es braucht mehr Aktivismus auf dem Land»: St.Galler Klimaaktivistinnen sind von den Abstimmungsergebnissen enttäuscht
Es war kein guter Abstimmungssonntag für die St.Galler Klimastreikenden. Die Bevölkerung lehnte sowohl die Agrarinitiativen als auch das CO2-Gesetz ab. Die Aktivistinnen zeigen sich selbstkritisch, aber auch kämpferisch: Statt pragmatischer zu werden, wollen sie sich nun noch radikaler für ihre Ziele einsetzen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/nachgefragt-wir-muessen-weiterkaempfen-stgaller-klimaaktivistinnen-sind-von-den-abstimmungsergebnissen-enttaeuscht-ld.2150899


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Nationalrat will Ausschaffungspraxis anpassen
Seit Ende 2016 sollen kriminelle Ausländer und Ausländerinnen per Gesetz schneller des Landes verwiesen werden. Bei der Umsetzung harzt es aber. Der Nationalrat will nun bei leichten, aber eindeutigen Fällen Landesverweisungen per Strafbefehl zulassen.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210614181427706194158159038_bsd164.aspx
-> https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210614175725193194158159038_bsd158.aspx


+++MENSCHENRECHTE
Nationalrat will Lücke im Bundesgerichtsgesetz schliessen
Hat die Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt, sollen unrechtmässige Urteile aus dem Strafregister gelöscht werden können. Das soll auch gelten, wenn es zu keiner Verurteilung der Schweiz kommt, weil diese die Verletzung anerkennt.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210614173045079194158159038_bsd146.aspx


+++KNAST
bielertagblatt.ch 14.06.2021

«Ich will den Menschen gerecht werden»

Bis in die 80er-Jahre wurden Frauen ohne Gerichtsurteil ins Gefängnis gesteckt. Die Berner Regisseurin Nora Steiner bringt mit «Hingubank. Ds Frouegfängnis» deren Geschichte auf die Bühne.

Flavia von Gunten

Einem schwedischen Krimi ist zu verdanken, dass Nora Steiner letzte Woche «Hingubank. Ds Frouegfängnis» auf die Bühne des Tojo-Theaters Bern gebracht hat, ihr drittes Theaterstück. 16-jährig war sie, als sie in einem Buch las, dass in Schweden zu Beginn des 20. Jahrhunderts über eine Viertelmillion Kinder in Heimen oder bei Pflegeeltern fremdplatziert wurden. «Bestürzt erzählte ich meinen Eltern davon», erinnert sie sich. Diese klärten sie auf: In der Schweiz sei Ähnliches passiert.

Rund 60000 Menschen wurden in der Schweiz zwischen 1930 und 1981 in Gefängnissen eingesperrt – weil sie den damaligen Normvorstellungen nicht entsprachen, als liederlich oder arbeitsscheu galten. Unzählige Frauen wurden zu Abtreibungen und Sterilisationen gezwungen. Wehren konnten sie sich nicht. Es lag ja nicht einmal ein gerichtliches Urteil vor.

Diese Praxis der «Administrativen Versorgung» beschäftigte Nora Steiner derart, dass sie ihre Maturaarbeit darüber schrieb. Als sie später an der Uni ein Seminar zum Thema besuchte, wurde ihr bewusst, dass die Gesellschaft zu wenig weiss darüber. Für die Theatermacherin stand darum fest: Dieser Stoff gehört auf die Bühne.

Die Nachwuchsprofis

Die 22-jährige Bernerin hat eine volle Agenda. Sie studiert Theaterwissenschaft an der Universität Bern, arbeitet dort als Tutorin, schreibt Theaterstücke und engagiert sich als Regisseurin und Dramaturgin bei Produktionen von anderen Theaterschaffenden. Anstrengend sei das schon, doch: «Seit meiner Kindheit habe ich viele Projekte, die parallel laufen. Sonst wird mir langweilig.» Kampfsport etwa machte sie, schrieb Buch-, Film- und Theaterkritiken beim Online-Magazin «Leporello» und gab Kindern Schreibkurse.

Die Grundzüge der Regiearbeit hat Nora Steiner bei der Jungen Theaterfabrik Bern gelernt, einer Experimentier- und Ausbildungsstätte für den Theaternachwuchs. Um dazuzulernen, tauscht sie sich oft mit befreundeten Regisseurinnen und Regisseuren aus. Neid und Geheimniskrämerei kommen dort nicht vor: «Wir unterstützen uns gegenseitig und besuchen jeweils die Stücke der anderen.»

Überhaupt laufe in der Theaterbranche viel über das Netzwerk: Alle Schauspielerinnen und Schauspieler von «Hingubank» kannte sie bereits aus vergangenen Produktionen und hat alle gezielt für ihre Rollen angefragt. Genau wie Nora Steiner streben auch sie danach, ihren Lebensunterhalt in der Theaterwelt zu verdienen: «Wir sind Nachwuchsprofis.»

Steiner ist es wichtig zu betonen, dass sie das Stück nicht allein stemmt, sondern Teil des Theaterkollektivs «Ed!Th» ist, das sie vor zwei Jahren mit zwei Freundinnen gegründet hat: Mélanie Carrel komponiert die Musik, und Christina Teuber macht die Produktionsleitung.

Fiktion und Realität

Das Stück erzählt die Geschichten von sechs Frauen, die um 1970 in die Frauenstrafanstalt Hindelbank eingewiesen wurden. Sie handeln vom Gefängnisalltag, der geprägt ist von Entzug, Willkür und Gewalt. Und einem Direktor, der die Anstalt mit harter Hand führt, um die Frauen auf den «richtigen» Weg zurückzuführen.

Um die Charaktere zu entwickeln, studierte Nora Steiner den 2019 publizierten Bericht der Unabhängigen Expertenkommission, in dem Historikerinnen und Historiker im Auftrag des Bundes die Administrative Versorgung in der Schweiz untersucht hatten. Inspiration fand Steiner vor allem in den darin abgedruckten Gesprächen mit einstigen Insassinnen. «Alle Figuren sind fiktiv, doch sie könnten genauso gelebt haben.»

Der Grat zwischen Fiktion und Realität beschäftigt Nora Steiner: «Ich will den Menschen, denen das passiert ist, gerecht werden. Da frage ich mich: Verharmlosen wir mit unserem Stück die Zustände von damals? Zeigen wir, wie es wirklich war, oder nur etwas Erfundenes?» Diese Schwierigkeit umschifft sie, indem sie historische Fakten wie Tagesabläufe in den Text eingebaut hat.

Mit acht Jahren auf der Bühne

Die Wissenschaft hat einen grossen Einfluss auf die Arbeit von Nora Steiner. Bereits für ihr erstes Theaterstück, «Medea», fand sie dort Inspiration. Als sie das Stück von Euripides im Studium las, überwältigte sie der feministische Gedanke darin, und sie wollte diesen möglichst vielen Menschen übermitteln. «Theater hat für mich das Potenzial, gesellschaftliche Ungerechtigkeiten sichtbar zu machen. Es zeigt, dass unsere Regeln konstruiert sind, dass alles auch anders sein könnte.»

Die Faszination fürs Theater begleitet Nora Steiner schon lange. Früh besuchte sie mit ihren Eltern – die mit der Theaterbranche nichts zu tun haben – Stücke für Kinder. Als Achtjährige stand sie zum ersten Mal selber auf der Bühne, später spielte sie Improtheater und in der Gruppe am Gymnasium.

Nach mehreren Jahren Pause wird sie in diesem Herbst wieder einmal selber spielen, im Stück «Hairytale» an der Saisoneröffnung des Tojo-Theaters. Eine Freundin Steiners hat es geschrieben.

Info: Weitere Aufführungen am 27./28./29. Juni und 2. Juli im Kulturhof-Schloss, Köniz.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/kultur/ich-will-den-menschen-gerecht-werden)



Isolationshaft über Jahre – Vorwurf der Folter: Im Fall Brian schaltet sich nun die UNO ein
Gewalttäter Brian sitzt seit drei Jahren in Isolationshaft. Das verletze die UNO-Folter-Konvention, sagt Nils Melzer.
https://www.srf.ch/news/schweiz/isolationshaft-ueber-jahre-vorwurf-der-folter-im-fall-brian-schaltet-sich-nun-die-uno-ein
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/vorwurf-der-folter-im-fall-brian-schaltet-sich-nun-die-uno-ein?id=12003347 (ab 03:04)
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/zuercher-politik-stoppt-spitzensalaere-fuer-chefaerzte?id=12003530 (ab 12:35)
-> https://www.watson.ch/schweiz/uno/154724935-fall-carlos-jetzt-interveniert-der-uno-sonderbeauftragter-fuer-folter



nzz.ch 14.06.2021

Der Uno-Sonderberichterstatter für Folter bezeichnet die Haftbedingungen im Fall Brian als unmenschlich – und erntet dafür harsche Kritik

Der Uno-Sonderberichterstatter für Folter verlangt das sofortige Ende der Isolationshaft beim jungen Straftäter. Er hat beim Eidgenössischen Departement des Äusseren interveniert.

Fabian Baumgartner Aktualisiert

Nils Melzer hat den Tag der Veröffentlichung seiner Mitteilung zum Fall Brian mit Bedacht gewählt. «Natürlich geht es darum, Einfluss zu nehmen. Ich bin schliesslich beauftragt worden, Staaten darauf aufmerksam zu machen, wenn sie eine rote Linie überschreiten», sagt der Uno-Sonderberichterstatter für Folter in Genf. Und beim jungen Straftäter wolle er das Gericht auf die unzulässigen Haftbedingungen aufmerksam machen – in der Hoffnung, dass es die kritisierten Punkte in seinem Entscheid berücksichtige.

Das Gericht, das Melzer meint, ist das Zürcher Obergericht. Am Mittwoch wird es sein Urteil im Fall Brian verkünden. Es ist ein Urteil, das über das Schicksal des 25-Jährigen entscheidet. Soll er verwahrt werden, wie dies die Staatsanwaltschaft fordert? Oder muss er mit sofortiger Wirkung freigelassen werden, wie die Verteidigung beantragt?

«Akzeptables Mass weit überschritten»

Brian, unter dem Pseudonym «Carlos» bekannt geworden, befindet sich seit mehr als zweieinhalb Jahren in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies in Regensdorf in Sicherheitshaft, in fast totaler Isolation. 23 Stunden am Tag sitzt er allein in seiner Zelle. Für ihn gibt es keine Arbeit, keine Freizeitgestaltung und keinen Kontakt zu anderen Häftlingen. Familienbesuche finden nur hinter einer Trennscheibe statt.

Die lange Isolationshaft bezeichnet der Uno-Sonderberichterstatter Melzer als unmenschlich. Mit der Behandlung des Häftlings verstosse die Schweiz gegen die Anti-Folter-Konvention, schreibt er in einer Mitteilung, die am Montag veröffentlicht worden ist. Am 9. Juni intervenierte Melzer deshalb schriftlich beim Eidgenössischen Departement des Äusseren, wie Radio SRF berichtete.

Melzer stützt sich bei seinen Aussagen auf Akten und Gutachten zum Fall, die er in den letzten Wochen gesichtet hat. Er sei sehr besorgt über die Art und Weise, wie die Behörden Brian behandelten. «Isolationshaft darf nur in Ausnahmefällen angewendet werden und in keinem Fall länger als 15 Tage dauern. Im Fall Brian ist das akzeptable Mass mit fast drei Jahren weit überschritten.»

Melzer verweist dabei auf die Nelson-Mandela-Regeln der Vereinten Nationen, welche die weltweit geltenden Mindest­standards im Umgang mit Gefangenen festhalten. Langzeit-Einzelhaft von mehr als 15 Tagen gilt dabei als grausam, unmenschlich und entwürdigend.

Der Uno-Sonderberichterstatter fordert deshalb, die Isolationshaft mit sofortiger Wirkung zu beenden. Ihm sei bewusst, dass es sich um einen sehr schwierigen Fall handle und dass die Lockerung der Haftbedingungen für das Gefängnispersonal anstrengend sei. Doch die Einhaltung von Mindeststandards sei auch unter schwierigen Bedingungen zwingend. «Gewaltausbrüche können auch verhindert werden, ohne jemanden in Isolationshaft zu stecken.»

Das gelte besonders für diesen Fall. Durch das restriktive Haftregime werde die Verhaltensstörung bei Brian noch verstärkt. Der junge Mann leide an einer Hyperaktivitätsstörung, welche die Situation immer noch schlimmer mache. Ein Teufelskreis, wie Melzer sagt. Es sei deshalb Zeit, dass die Behörden ihre Verantwortung wahrnähmen und die Reintegration des jungen Mannes in die Gesellschaft ermöglichten.

Melzer verteidigt Vorgehen gegen Kritik

Melzer verlangt auch, dass der Fall unabhängig untersucht wird. 60 Tage hat das EDA nun Zeit, um Stellung zum Fall zu nehmen. Für die Unterbringung Brians ist das Zürcher Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung zuständig. Das Amt will sich zwar an einer «speditiven und gründlichen Stellungnahme» gegenüber dem Sonderberichterstatter beteiligen, wie es auf Anfrage festhält.

Doch das Vorgehen des Uno-Sonderberichterstatters stösst auf wenig Verständnis. «Wir stellen fest, dass Herr Melzer Vorwürfe erhebt, ohne die Beschuldigten angehört zu haben. Das widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen und ist vorverurteilend», heisst es in der schriftlichen Stellungnahme des Amts.

Zudem weise die Mitteilung des Sonderberichterstatters auch inhaltliche Fehler auf. So stimme es beispielsweise nicht, dass Brian seine Familie nicht sehen dürfe. «Er hat ein Anrecht darauf, seine Familie wöchentlich zu sehen oder stattdessen anderen Besuch zu empfangen.» Zudem dürfe er täglich zweimal mit seiner Familie und unbeschränkt mit seinen Rechtsvertretern telefonieren.

Dennoch reagiert die Justizbehörde. Sie hat nach eigenen Angaben die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) gebeten, die Situation in der Pöschwies vor Ort zu untersuchen. Die Kommission werde Brian Anfang Juli besuchen. Die von Melzer geforderte unabhängige Untersuchung sei also bereits in Planung. Ausserdem würden regelmässig Alternativen zum gegenwärtigen Haftregime geprüft.

Das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung weist zudem darauf hin, dass die kritisierten Haftbedingungen in den letzten Jahren mehrfach überprüft worden seien. 2018 etwa habe man schon die NKVF in die Pöschwies eingeladen, damit sie sich vor Ort ein Bild von den Haftbedingungen machen und mit dem Inhaftierten sprechen könne, verteidigt sich das Amt. Und Ende 2020 habe die Leitung der JVA Pöschwies die Folterkommission auf deren Wunsch hin ausführlich über die konkreten Haftbedingungen des Inhaftierten informiert.

Nils Melzer wiederum verteidigt sein Vorgehen. «Ich denke, das Amt missversteht die Arbeitsweise meines Mandates. Ich beschuldige niemanden eines persönlichen Fehlverhaltens.» Gemäss Protokoll seines Mandates sei er jedoch verpflichtet, Hinweise auf Verletzungen des Folter- und Misshandlungsverbotes an die Schweizer Bundesbehörden zu übermitteln. Weil er keine Schweizer Untersuchungsbehörde sei, dürfe er die Zürcher Behörden aber nicht direkt kontaktieren, sondern müsse sich mit seinen Fragen ans Aussendepartement wenden. «Dies ist keine Vorverurteilung, sondern die Standard-Arbeitsmethode aller Uno-Sonderberichterstatter.»

Zu den beanstandeten Fehlern in der Mitteilung sagt Melzer, es sei zwar möglich, dass bei den Haftbedingungen inzwischen Anpassungen vorgenommen worden seien. «Die Verletzung der Anti-Folter-Konvention besteht jedoch in der Isolationshaft an sich, welche unbestrittenermassen seit beinahe drei Jahren andauert, und wird von den vom Amt geltend gemachten Anpassungen nicht beeinflusst.»
(https://www.nzz.ch/zuerich/fall-brian-zuercher-justiz-kritisiert-intervention-der-uno-harsch-ld.1630309)


+++ANTITERRORSTAAT
Terrorismus-Gesetz: Parlament berät bald nächste Verschärfung
Mit der Annahme des Anti-Terrorismus-Gesetzes PMT erhalten die Sicherheitsbehörden zahlreiche neue Mittel. Die Befürworter sichern den unterlegenen Gegnern eine Anwendung mit Augenmass zu. Doch im Parlament gibt es bereits Forderungen nach neuen Gesetzesgrundlagen, um «staatsgefährdende Personen» einzusperren.
https://www.watson.ch/schweiz/terrorismus/846757077-antiterror-gesetz-parlament-beraet-bald-naechste-verschaerfung


+++BIG BROTHER
Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle und Datenschutz-Aufsichtsstelle
Die Ombudsstelle der Stadt Bern hat im Berichtsjahr 172 Beschwerdefälle eröffnet und 410 Anfragen behandelt. Insgesamt verzeichnete sie 610 Anfragen und bearbeitete Dossiers (Vorjahr 645). Im Bereich Datenschutz stand der Aufbau mit den vom Parlament bewilligten Stellen im Vordergrund.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/taetigkeitsbericht-der-ombudsstelle-und-datenschutz-aufsichtsstelle-2


+++POLICE BE
derbund.ch 14.06.2021

Knie auf dem Hals: Der Fall ist bereits bei der Staatsanwaltschaft

Der Polizeieinsatz in Bern vom Freitag ist übers Wochenende auf höchster Ebene besprochen worden. Nun soll die Staatsanwaltschaft sich damit befassen.

Dölf Barben

Die bernische Staatsanwaltschaft befasst sich mit dem umstrittenen Polizeieinsatz vom Freitag. Dies bestätigte Sicherheitsdirektor Philippe Müller am Montag auf Anfrage. Er habe sich am Samstag mit dem Kommandanten der Kantonspolizei Bern, Stefan Blättler, ausgetauscht. Inzwischen sei der Fall der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebracht worden. Es liege nun an dieser zu beurteilen, wie es in der Sache weitergehe, sagte Regierungsrat Müller. Zur Sache selber äussere er sich nicht.

Auch der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause ist über den Vorfall ins Bild gesetzt worden. Er habe Kenntnis vom erwähnten Einsatz, liess er am Montag auf Anfrage mitteilen und er habe sich die Vorkommnisse «im Detail schildern lassen». Weiter nehme er keine Stellung dazu.

Am Ende verletzt

Am frühen Freitagmorgen war es auf dem Platz zwischen der Heiliggeistkirche und dem Berner Bahnhof zu einem Zwischenfall gekommen. Ein Polizist und eine Polizistin wollten einen jungen Mann kontrollieren. Die Aktion lief aus dem Ruder; der Mann musste mit unsanften Mitteln überwältigt werden. Er wurde dabei verletzt und am Ende in einen Polizeiwagen gestossen. Bei der Aktion hat sich auch der Polizist an der Hand verletzt, wie die Polizei später mitteilte.

Die Polizeiaktion war von einer Gruppe Journalistinnen und Journalisten, die sich zufälligerweise genau dort befanden, aus allernächster Nähe beobachtet worden. Aus ihrer Sicht erfolgte der Umgang der Polizei mit dem Mann teilweise ohne jede Rücksicht. Zwischenzeitlich war der Mann am Boden fixiert worden, indem der Polizist ihm das Knie auf Hals und Gesicht legte.
(https://www.derbund.ch/der-fall-ist-bereits-bei-der-staatsanwaltschaft-884042359083)



Nach umstrittener Berner Polizeiaktion: Der Politiker Manuel C. Widmer fordert unabhängige Meldestelle
Politiker äussern sich zur umstrittenen Berner Polizeiaktion vom letzten Wochenende. Die Art und Weise der Festnahme wird hart kritisiert. Letzten Freitag haben Bund- und Berner Zeitung Journalistinnen und Journalisten gesehen, wie ein Mann festgenommen wurde – die Aktion sei jedoch unnötig grob gewesen. Das Verfahren wird nun bei der Staatsanwaltschaft untersucht.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/nach-umstrittener-berner-polizeiaktion-der-politiker-manuel-c-widmer-fordert-unabhaengige-meldestelle-142446200


Kapo Bern in der Kritik: Brutalo-Verhaftung sorgt für Empörung
Die Kantonspolizei Bern hat am Freitag einen Dunkelhäutigen rabiat zu Boden gestreckt und verhaftet. Bilder davon erinnern an George Floyd (†46). Der Afroamerikaner war nach seiner Verhaftung im Mai 2020 gestorben.
https://www.blick.ch/schweiz/bern/kritik-nach-brutalo-verhaftung-kapo-bern-fixiert-schwarzen-mit-george-floyd-technik-id16598977.html


++QUEER
Interpellation GLP/Grüne/Mitte/SP/AL: Was unternimmt der Kanton Bern zum Schutz vor LGB-Feindlichkeit?
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-562e364d00d5477d908f0c5c45af783c.html


+++HISTORY
Verstrickungen dokumentieren: Jetzt kommt der Stadtplan zur Zürcher Kolonialgeschichte
Die Aufarbeitung der Schweizer Kolonialgeschichte schreitet weiter voran. Letztes Jahr lancierte Bern einen digitalen Stadtplan zur eigenen kolonialen Vergangenheit. Nun zieht Zürich nach.
https://www.blick.ch/schweiz/verstrickungen-dokumentieren-jetzt-kommt-der-stadtplan-zur-zuercher-kolonialgeschichte-id16595494.html


Wo die Freiheit wächst(1/4): Jugendlicher Widerstand gegen Nazis
WDR 3 Hörspiel. Teil 1 von 4. 14.06.2021. 30:07 Min.. Verfügbar bis 14.06.2022. WDR 3.
•Geschichtsserie• Köln im Frühjahr 1942. Der Bombenkrieg zermürbt die Menschen, an der Ostfront wendet sich das Blatt. In der sechszehnjährigen Lene wachsen die Zweifel, dass die Sache mit Führer, Volk und Vaterland ihre Richtigkeit hat. Als sie den Edelweißpiraten Erich kennenlernt, wendet sich ihr Leben.
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr3/wdr3-hoerspiel/audio-wo-die-freiheit-waechst-jugendlicher-widerstand-gegen-nazis-100.html


Deutsche Kannibalen
Im Frühjahr 1904 kritisierte der SPD-Vorsitzende August Bebel mehrfach im Reichstag die Kriegführung gegen den Aufstand der Herero
https://www.jungewelt.de/artikel/404275.deutsche-kannibalen.html


+++FRAUENSTREIK
-> https://www.derbund.ch/lila-brunnen-und-umbenannte-strassen-so-beginnt-der-berner-frauenstreik-723350177442
-> https://www.bernerzeitung.ch/wenn-die-brunnen-in-bern-und-thun-ploetzlich-lila-sind-812633781056
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/191190/
-> https://twitter.com/femstreikzh
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/UniaSchweiz
-> https://www.20min.ch/story/sexuell-belaestigte-frauen-sprechen-auf-plakaten-klartext-945496631200
-> https://www.20min.ch/story/frauen-demonstrieren-gegen-diskriminierung-und-haeusliche-gewalt-581261972429
-> https://twitter.com/sozialismus_ch
-> https://twitter.com/FemizideCH
-> https://twitter.com/C_L_A
-> https://twitter.com/ag_bern
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/frauenstreik-die-forderungen-sind-teilweise-30-jahre-alt?id=12003569 (ab 07:41)
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/zuercher-politik-stoppt-spitzensalaere-fuer-chefaerzte?id=12003530 (ab 17:08)
-> https://twitter.com/gegen_oben
-> https://www.lora.ch/sendungen/alle-sendungen?list=Live+von+der+Demo
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/frauenpower-auf-den-strassen-demonstrantinnen-fordern-erneut-mehr-lohn-und-gleichstellung-142446975
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/frauenstreiktag-kundgebungen-fuer-lohngleichheit-142446771
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/frauen-mobilisieren-sich-fuer-gleiche-rechte-00160028/
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/30-jahre-frauenstreik—zita-kueng-erinnert-sich?urn=urn:srf:video:6e6b964c-5455-4bc7-9b49-eed262056c05
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/frauenstreik-in-der-zentralschweiz-142446482
-> https://www.zentralplus.ch/live-news/es-ist-nichts-passiert-deshalb-wird-es-dieses-jahr-wieder-laut/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/frauenstreik-luzern-alt-regierungsraetin-schaerli-zum-auftaktmit-der-geduld-ist-es-vorbei-entschlossenheit-ist-angesagt-ld.2150836
-> https://telebasel.ch/2021/06/14/frauenstreik-2021-update-ticker
-> https://www.watson.ch/schweiz/frauenstreik/908591319-frauenstreik-2021-sgb-meldet-gegen-100-000-teilnehmerinnen
-> https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/290146190-um-diese-5-themen-dreht-sich-der-frauenstreik-2021
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/frauenstreik-beginnt-in-der-ganzen-schweiz-65946571
-> https://www.blick.ch/schweiz/das-woerterbuch-auf-den-kopf-zu-stellen-geht-langsam-zu-weit-das-streik-kollektiv-antwortet-kritischen-blick-leserinnen-id16597384.html
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/nationaler-tag-frauen-streiken-in-der-ganzen-schweiz-142445729
-> https://www.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2021-06-14 (ab 04:19)
-> https://twitter.com/UniaSchweiz
-> https://www.unia.ch/de/medien/medienmitteilungen/mitteilung/a/18225
-> https://zueriost.ch/news/2021-06-14/ich-gehe-seit-38-jahren-auf-demos-und-kann-nicht-glauben-wie-wenig-passiert-ist
-> http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3943/Frauenstreik-Gender-Gap-in-der-Altersvorsorge.htm
-> http://www.kleinreport.ch/news/syndicom-frauenstreik-mit-picknick-larm-aktion-und-menschenkette-aber-ohne-aktion-von-medienschaffenden-97243/
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/ufe-mit-de-frauelohn-abe-mit-de-boni-ld.2151177
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/streik-brunnen-in-der-stadt-stgallen-sind-wegen-des-frauenstreiks-violett-gefaerbt-ld.2150687
-> https://www.tagblatt.ch/schweiz/protest-30-jahre-frauenstreik-deswegen-gehen-schweizer-frauen-heute-auf-die-strasse-ld.2151080
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/30-jahre-frauenstreik—die-forderungen-bleiben-die-gleichen?urn=urn:srf:video:3c9135f1-b7b8-4411-b46f-887d1f73f4e2
-> https://www.rsi.ch/news/ticino-e-grigioni-e-insubria/La-determinazione-%C3%A8-sempre-uguale-14154732.html
-> https://www.rts.ch/info/suisse/12274649-vague-violette-et-minutes-de-silence-les-femmes-dans-la-rue-pour-legalite.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/30-jahre-frauenstreiktag-zeit-geld-respekt-jetzt-frauen-erheben-die-stimme
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/tausende-frauen-demonstrieren-in-zuerich-ld.2151141
-> https://twitter.com/VPOD_Schweiz
-> https://www.bzbasel.ch/basel/frauenstreik-meine-vulva-ist-systemrelevant-frauen-demonstrieren-fuer-gleichstellung-ld.2150869
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/frauenstreik-es-ist-schoen-zu-sehen-dass-man-nicht-alleine-kaempft-solothurner-frauen-streiken-fuer-gleichberechtigung-ld.2151068
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/grenchen/feministischer-streik-unia-aktion-vor-den-toren-der-uhrenfabrik-eta-in-grenchen-ld.2150947
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/baden/frauenstreik-stiller-protest-statt-demo-so-machten-frauen-im-kanton-aargau-auf-ihre-forderungen-aufmerksam-ld.2150736
-> https://www.zentralplus.ch/monika-mathers-viele-frauen-lassen-es-zu-kleiner-gemacht-zu-werden-2110919/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/frauenstreik-luzern-alt-regierungsraetin-schaerli-zum-auftaktmit-der-geduld-ist-es-vorbei-entschlossenheit-ist-angesagt-ld.2150836
-> https://daslamm.ch/alles-ist-care-nichts-ist-arbeit/
-> https://daslamm.ch/sind-ja-nur-frauen/



derbund.ch 14.06.2021

Für Lohngleichheit und Aufwertung der Care-Arbeit: Grossandrang an feministischer Demo

Am Montag fanden anlässlich des Frauenstreiktags schweizweit Aktionen statt. In Bern protestierten rund 10’000 Personen.

Alexandra Elia, Maurin Baumann

Lila, wohin das Auge reicht: Für den Montag wurde anlässlich des Frauenstreiks vor zwei Jahren zu einem Aktionstag aufgerufen. In Bern ist der Andrang enorm. Zur grossen Abschlusskundgebung am Abend versammeln sich in der Innenstadt mehrere Tausend Personen, um für bessere Frauenrenten, gleiche Löhne und eine Aufwertung der Betreuungsarbeit zu demonstrieren. Es sind zeitweise so viele, dass lange Zeit weder Anfang noch Ende des Umzugs sichtbar ist.

Die Stimmung ist ausgelassen. Begleitet von Musik und mit lauten Forderungen ziehen die Frauen durch die Stadt. Die Anwesenden sind verschiedenen Alters, und auch einige Männer ziehen mit – aber sie halten sich im Hintergrund. Die Demonstrierenden machen mit Lärm auf ihre Forderungen aufmerksam, und sie verlangen «gleiche Rechte für alle».

Über den Tag verteilt fanden bereits diverse Aktionen und Performances statt. Auf dem Berner Waisenhausplatz und am Bahnhof konnten sich Passantinnen und Passanten über die Forderungen des Frauenstreiks informieren. Während Mütter auf dem Bundesplatz einen Flashmob veranstalteten und gerechtere Betreuungsarbeit verlangten, hielten auf dem Waisenhausplatz Astrophysikerinnen und andere Forscherinnen Vorträge, um die Sichtbarkeit von Frauen in der akademischen Welt zu erhöhen.

Gefärbtes Brunnenwasser und umgetaufte Strassennamen

Lila gefärbte Brunnen machten schon in den Morgenstunden auf den Frauenstreiktag aufmerksam. Das verwendete Färbemittel ist laut zugehörigen Flyern für «alles, was kreucht und fleucht, unbedenklich». Auf das Patriarchat, den «Gender-Paygap» oder Diskriminierung treffe dies jedoch nicht zu.

Weiter hat eine Gruppe des Frauenstreikkollektivs mittels Aufklebern 30 Strassennamen in der Stadt Bern nach Migrantinnen umbenannt, die grösstenteils in Bern leben. Ziel der Aktion sei es, sichtbar zu machen und wertzuschätzen, was Migrantinnen leisteten, sagt Itziar Marañón vom Berner Frauenstreikkollektiv auf Anfrage.

Feierabend um 15.19 Uhr

Mit ein Grund für die Unzufriedenheit der Teilnehmenden ist, dass Frauen immer noch weniger verdienen als Männer: Exakt ab 15.19 Uhr arbeiten sie laut den Organisatorinnen gratis. Viele Teilnehmende stellen das symbolisch dar, indem sie zu dieser Uhrzeit rückwärts laufen. Die ungleiche Lohnverteilung bedeute «Rückschritt statt Fortschritt», sagen sie zur Erklärung. 2019 war dieser symbolische Zeitpunkt erst um 15.24 Uhr – die Lohnungleichheit hat also weiter zugenommen.
(https://www.derbund.ch/grossandrang-an-feministischer-demo-755434635134)



bernerzeitung.ch 14.06.2021

Neues Berner Talent: Die Hymne für den Frauenstreik

Die erste Single der 16-jährigen Lisa Bader heisst «Kämpf wiä es Meitschi» und trifft einen Nerv. Auf Youtube hat der Song bereits über 16’000 Aufrufe.
-> https://youtu.be/xPcGeLrBRWk

Pia Scheidegger

Das Lied beginnt mit sanften Gitarrenklängen, dann ertönt eine ebenso sanfte Stimme. «Kämpf wiä äs Meitschi, fight like a girl» rappt Lisa Bader zu einem sehr geschmeidigen 90er-Jahre-RnB-Beat. Für einmal sind diese Worte nicht als Beleidigung gemeint, sondern als Bestärkung.

Im Musikvideo ist die 16-Jährige mal alleine, mal mit ihren Freunden zu sehen. Sie sind unterwegs in der Länggasse, vor der Reitschule und in einem Parkhaus in Wabern. Teile des Videos wurden zudem im Stapferhaus in Lenzburg gefilmt, dort findet bis im Oktober die Ausstellung «Geschlecht. Jetzt entdecken» statt. In einem pinken Zimmer schminkt sich Lisa Bader und singt: «I weiss, i bi z typische Modi, aber die bruchts o.»
Kraftvoll und elegant

Mit dem Rap kämpft die junge Bernerin für Gleichstellung. Sie tut das auf eine lockere und selbstbewusste Art, immer mit einem Augenzwinkern. Es ist kraftvoll und elegant. Man könnte ihr stundenlang dabei zusehen, wie sie vor dem Bundeshaus so flüssig wie Erykah Badu von einer neuen Ära rappt, die jetzt beginnt: «2021 wird aues angers» oder «I chume im Fau o cho schute, dir werdet no gseh, es wird mi o bruuche.» Der Song ist ein Wurf.

Laut einem Beitrag von Radio SRF 3 hat Lisa Bader ihre erste Single im Rahmen eines Schulabschlussprojekts produziert. Am 1. Mai hat sie das Video auf Youtube geladen, heute hat es bereits über 16’000 Aufrufe. Der Rap kursiert auch auf anderen sozialen Medien. Er wird in Facebook-Gruppen weiterempfohlen und in Tweets von Politikerinnen und sonstiger Schweizer Prominenz gelobt.

Über Lisa Bader selbst erfährt man in den sozialen Medien jedoch nicht viel. Im Lied sagt sie, sie komme aus der Länggasse. Auf Instagram postet sie Making-ofs des Musikvideos – und hat bekannte Follower wie den Bieler Rapper Nemo oder die Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello.

So sanft wie der Song angefangen hat, hört er auch wieder auf. Die letzten Worte: «Kämpf wiä es Meitschi, für dini Rächt» hallen noch lange nach. Es ist die perfekte Hymne für den Frauenstreik am 14. Juni.
(https://www.bernerzeitung.ch/die-hymne-fuer-den-frauenstreik-247764335411)



tagesanzeiger.ch 14.06.2021

Der Frauenstreik-Tag in Zürich: Tausende Frauen ziehen durch die Stadt

In zahlreichen Veranstaltungen haben am Montag in Zürich Frauen ihre Rechte eingefordert. In Zürich setzte sich am Abend ein grosser Demonstrationszug mit weit über 5000 Teilnehmerinnen in Bewegung.

Hélène Arnet

Um 18 Uhr versammeln sich die Frauen zur Demo beim Limmatquai. Zwischen Central und der Rudolf-Brun-Brücke war es brechend voll und es kommen immer mehr Demonstrantinnen dazu. Aber offensichtlich hält man sich gut an die Maskenpflicht und die Stimmung ist friedlich. Gegen 18.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung. Weit über 5000 Frauen sind gekommen und fordern ihre Rechte ein.

An forderster Front setzte der «Carestreik» ein Zeichen für die Gesundheitsberufe.

Schon am Nachmittag versammelten sich die Frauen. Es war fröhlich, farbig, freundlich. Das war der Helvetiaplatz noch am Montag um 15 Uhr. Dann wurde es laut. Trillerpfeifen, Gejohle, zwei Frauen hämmern wie wild mit Löffeln auf ihre Kaffeetassen. Vom benachbarten Kanzleiareal und aus manchen Fenstern rundum lärmt es auch.

Verschiedene feministische Organisationen haben am 14. Juni anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Frauenstimmrechts zu Aktionen aufgefordert. Ihre Anliegen waren unterschiedlich, die Befindlichkeit gleich: Wut und Enttäuschung darüber, dass die Forderungen nach Gleichberechtigung noch immer nicht erfüllt sind. «Traurig, dass ihr alle da seid», begrüsste die Sprecherin des feministischen Streikkomitees die rund 200 Frauen, die sich am Nachmittag auf dem Helvetiaplatz versammelten, um Lärm zu machen.

Der Frauenstreik-Tag begann allerdings bereits kurz vor Mitternacht mit einem Velo- und Autocorso, mit Hupen und Klingeln, an der Langstrasse. Laut Stadtpolizei waren mehrere Dutzend Autos sowie über hundert Personen auf Velos beteiligt.

Am frühen Morgen dann war das Wasser vieler Brunnen lila eingefärbt. Mit einer für Mensch und Umwelt unbedenklichen Lebensmittelfarbe, wie die Aktivistinnen mitteilten. Dies nicht nur in Zürich, sondern in vielen Städten des Landes.

Es folgten über dreissig Veranstaltungen. Auch in Winterthur und Uster riefen Frauen zu Kundgebungen auf. Es waren vor allem junge Frauen, die sich für Lohngleichheit und bessere Bezahlung in Pflegeberufen wehrten, gegen sexuelle Gewalt und einengende Geschlechteridentität aufriefen.

In der Kanzlei neben dem Helvetiaplatz sassen sie zum Picknick zusammen, auf der Fritschiwiese beim Friedhof Sihlfeld schossen sie mit Tennisbällen das Patriarchat ab. Wer die mit einer blutroten Flüssigkeit gefüllten Patriarchatsflaschen traf, erntete freudigen Applaus und erhielt einen aufmunternden Spruch.

Eine Gruppe von Architektinnen hatte sich unter dem Motto «Ohne Frau kein Bau», versammelt. Sie habe als Projektleiterin drei Jahre auf grossen Baustellen gearbeitet und sei immer die einzige Frau gewesen, erzählt eine von ihnen.

Ältere Frauen riefen auf dem Sechseläutenplatz zur Grossmutterrevolution auf. Sie verwiesen darauf, wieviel unbezahlte Zeit Grossmütter für die Betreuung von Kindern und anderen Angehörigen aufwenden – und doch hätten sie oft nur eine Rente, von der sich kaum leben lasse.

Weniger laut und kämpferisch, mehr künstlerisch setzten sich fünfzig Fotografinnen mit dem Thema Frauenrechte auseinander. In ihrem Projekt 50/50/50 porträtierten sie fünfzig Frauen, die sie in ein fiktives Parlament wählen würden.

Die Ausstellung wurde am Montag in der Kulturbar «Gleis» an der Zollstrasse eröffnet, bleibt dort bis am 27. Juni und geht dann auf Schweiztournee.

Zurück auf den Helvetiaplatz. Etwas abseits sitzen zwei Männer auf bequemen Klappstühen und rauchen einen Stumpen. Als der ohrenbetäubende Lärm ausbricht schauen sie kurz hoch. Haben sie mitbekommen, was nebenan abgeht? «Es gibt viele Demos in Zürich», sagt der eine. Das sei auch in Ordnung, wegen des Mitspracherechts. Es gehe wohl um so etwas wie Feminismus. Sein Kumpel zuckt mit den Schultern und sagt: «Wir sitzen aber nur hier und rauchen Stumpen.»
(https://www.tagesanzeiger.ch/kaempferinnen-mit-blumen-im-haar-420337949422)



nzz.ch 14.06.2021

Frauenstreiktag: Mehrere tausend Frauen marschieren durch die Zürcher Innenstadt, der öffentliche Verkehr ist eingeschränkt

Vornehmlich linke Kreise erinnern am Montag mit Aktionen und Kundgebungen an die Frauenstreiks vom 14. Juni 1991 und 2019. Am Abend finden Kundgebungen in Zürich und Winterthur statt.

Lena Schenkel

30 Jahre ist es her, dass Hunderttausende von Frauen landesweit streikten und auf die Strasse gingen. Sie forderten eine Umsetzung des seit 1981 in der Verfassung stehenden Gleichstellungsartikels. Weil viele Frauen die Forderung trotz dem daraufhin 1996 eingeführten Gleichstellungsgesetz noch immer nicht als vollständig erfüllt ansehen, erlebte der Streik vor zwei Jahren eine Neuauflage mit gut einer halben Million Teilnehmerinnen.

Auch in diesem Jahr wird der 14. Juni begangen. Linke Kreise und Gewerkschaften riefen zu Aktionen und Kundgebungen auf. «Heraus zum 14. Juni», proklamierten sie analog zum Tag der Arbeit, aus dessen Anlass es jeweils «heraus zum 1. Mai» heisst. Sie fordern in erster Linie mehr Respekt sowie bessere Löhne und Renten für Frauen. Die diesjährige Ausgabe stand zudem auch im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums des eidgenössischen Frauenstimmrechts.

    Frauenstreik auf dem #Bundesplatz – Flashmob von @EKdM20 #frauenstreik21 pic.twitter.com/AoWRk966cV
    — Claudia Salzmann (@C_L_A) June 14, 2021

Seit 18 Uhr finden in mehreren Städten Demonstrationen statt. In Zürich marschieren derzeit mehrere Tausend Personen vom Limmatquai über die Rudolf-Brun-Brücke, den Paradeplatz und die Langstrasse zum Helvetiaplatz.

    Der Umzug #carestreikzuerich startet jetzt. Aktuell vom Limmatquai in Richtung Paradeplatz mit Ziel Helvetiaplatz. Wir sind für euch im Einsatz. #frauenstreik21 ^sa pic.twitter.com/9bZueL1M1h
    — Stadtpolizei Zürich (@StadtpolizeiZH) June 14, 2021

Wie die Zürcher Verkehrsbetriebe mitteilen, wurden verschiedene Tram- und Buslinien umgeleitet oder verkehren nur auf Teilstrecken. Es sei mit längeren Reisezeiten zu rechnen. Den Fahrgästen wird empfohlen, nach Möglichkeit die S-Bahn zu benützen. Die Einschränkungen dauerten voraussichtlich bis 22 Uhr 3o.

Anders als bei der letztjährigen Ausgabe, als mehrere hundert Frauen unbewilligterweise vom Limmatplatz zum Helvetiaplatz zogen, ist diese Kundgebung bewilligt worden. Seitdem der Zürcher Regierungsrat die kantonalen Covid-19-Massnahmen per 1. Juni aufgehoben hat, ist die Personenzahl bei politischen Kundgebungen unbeschränkt. Es gilt aber eine Maskentragpflicht.

Auch in Winterthur findet eine bewilligte Demonstration statt. Die Stadtpolizei Winterthur rät in einem Communiqué, die Innenstadt grossräumig zu umfahren.

Violettes Brunnenwasser

Bereits in der Nacht auf Montag färbten Aktivistinnen in mehreren Schweizer Städten das Wasser von Brunnen lila, wie verschiedene Medien berichteten. Auch dasjenige des Zierbrunnen am Hallwylplatz im Stadtzürcher Kreis 4 wurde mit Lebensmittelfarbe eingefärbt. Um Mitternacht zogen sie zudem mit Autos, Velos und Skateboards als «feministischer Korso» die Langstrasse entlang.

Neben zahlreichen weiteren dezentralen Aktionen in der ganzen Schweiz wurden drei zentrale Tagesprogrammpunkte definiert: Um 11 Uhr fand eine sogenannte «Care-Pause» statt, in der Frauen am Arbeitsplatz, an der Ausbildungsstätte oder auf der Strasse eine verlängerte Pause einlegen sollten, um auf die unbezahlte Arbeit hinzuweisen, die in der Schweiz zu rund zwei Dritteln von Frauen geleistet wird.

    Verlängerte Streikpause an einer Zürcher Schule. #frauenstreik #frauenstreik21 #14juni pic.twitter.com/5Kq2Hnhziv
    — VPOD-ZH (@VPODZH) June 14, 2021

Mit Lärm gegen Lohndifferenz

Um 15 Uhr 19 machten Frauen vielerorts gemeinsam Lärm, da sie laut den Gewerkschaften aufgrund der Lohndifferenz zu den Männern ab dieser Uhrzeit «gratis» arbeiten. So auch am Helvetiaplatz, wo Aktivistinnen ihren Unmut darüber mit Trillerpfeifen und Trommeln kundtaten.

Auch vor der Zürcher Gesundheitsdirektion versammelten sich gegen 15 Uhr rund hundert Frauen um gegen die prekären Arbeitsbedingungen des überwiegend weiblichen Pflegepersonals zu demonstrieren, die sich während der Corona-Krise nochmals verschlechtert hätten.

Gemeinde- und Kantonsrätinnen gedenken des Frauenstreiks

In den Zürcher Parlamenten war der Frauenstreiktag ebenfalls ein Thema. Im Gemeinderat verlasen letzten Mittwoch vier Vertreterinnen der IG Frauen Gemeinderat – Parlamentarierinnen der SP, EVP, SVP und GLP – eine gemeinsame Erklärung und erinnerten daran, dass die Forderungen der Frauen auch 2021 noch nicht erfüllt seien.

Die Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern sei seit 1996 gestiegen, Frauen werde durch fehlende Strukturen bei der Kinderbetreuung das Arbeiten in höheren Pensen erschwert, und sie erhielten im Schnitt rund ein Drittel weniger Rente als Männer. Es gebe also unverändert viel zu tun.

Im Kantonsrat äusserten sich am 14. Juni SP, Grüne und AL in einer gemeinsamen Fraktionserklärung zum Frauenstreiktag. Wie schon im Stadtparlament wurde auf das hingewiesen, was die Corona-Pandemie gezeigt habe: Viele Frauen arbeiteten in systemrelevanten Berufen wie der Pflege, der Kinderbetreuung oder im Verkauf, ohne angemessen dafür entlöhnt zu werden. Die drei Parteien fordern vor allem, die sogenannte Care-Arbeit bei den Sozialversicherungen zu berücksichtigen, um der Altersarmut von Frauen vorzubeugen.
(https://www.nzz.ch/zuerich/frauenstreiktag-vom-14-juni-2021-demos-in-zuerich-und-winterthur-ld.1630315)



bernerzeitung.ch 14.06.2021

So war der Frauenstreik 2021«Noch immer hässig»

Am Montag fand erneut der Frauenstreik statt. Trotz Aktionen, Flashmobs und Sonnenschein folgten in Bern erst am Abend Tausende von Frauen zur Demonstration.

Claudia Salzmann

Und plötzlich spürte frau sie doch, die Euphorie. Um 15.19 Uhr fanden sich streikende Frauen und Sympathisanten vor der Heiliggeistkirche ein und taten mit Trillerpfeifen ihren Unmut kund. Unmut darüber, dass ab 15.19 Uhr täglich Frauen gratis arbeiten. Von einem Arbeitstag seien es fast zwei Stunden, die sie gratis arbeiteten, während die Männer noch bezahlt würden, sagen Studien.

Aber viele Teilnehmerinnen äusserten auch ihren Unmut darüber, dass seit dem grossen Frauenstreik vor zwei Jahren immer noch nichts gegangen sei. «Wir sind noch immer hässig. Heute Demo, morgen Revolution», war auf Kartonschildern und Plakaten zu lesen, welche die mehrheitlich jungen Frauen bei sich trugen.

Die Aktion vor der Heiliggeistkirche war nur eine von zahlreichen Flashmobs, die am Montag in der Innenstadt angesagt waren. Trotz heiter Sonnenschein sowie dem Aufruf der Gewerkschaften und linker Parteien im Vorfeld waren allerdings bloss wenige Frauen und Männer bei den Aktionen dabei.

Der Streik begann bereits am Morgen mit violett eingefärbten Brunnen in der Altstadt. Weiter ging es mittags mit Standaktionen auf dem Waisenhausplatz. Hüben auf dem Bundesplatz übte die «Eidgenössische Kommission dini Mueter» ihre Choreografie ein, in der sie Geld für sogenannte Care-Arbeit und den Einsatz als Mütter forderten.

Die Euphorie. Damals vor zwei Jahren war sie spürbar und omnipräsent. 2019 startete der Streik in aller «Fraugöttinsfrühe». Abertausende strömten nach Bundesbern, seit Wochen hatte frau diskutiert, gigantische Vulvas gebastelt und Lieder geübt. Zu Abertausenden – damals noch ohne Bedenken und ohne das Coronavirus möglich – marschierten die Teilnehmenden Berns Gassen runter und wieder hoch.

Eine kollektive Gänsehaut legte sich über die Schar, als alle zusammen in der Kramgasse auf den Boden knieten und eine riesige Fahne über sich hinwegzogen. Das fulminante Finale war die feurige Rede der Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello auf dem Bundesplatz.

Zurück zur Heiliggeistkirche, zurück ins Jahr 2021: Am Flashmob gingen die Frauen und Sympathisanten rückwärts, um zu zeigen, dass es Fortschritt statt Rückschritt braucht. Vor Ort waren geschätzte 300 lautstarke Teilnehmende.

Bereits in der Spitalgasse war allerdings von der Demonstration nicht mehr viel wahrzunehmen. Einzig am Bärenplatz schritten drei violett gekleidete Damen rückwärts durch die Menge, sie hatten ihren Spass und einige Passanten guckten überrascht aus der Wäsche. Am Waisenhausplatz wurden Transparente gemalt, Forderungen und Sprüche wie «Frauenpower statt AKWs», «Ich bin eine richtige Frau, nicht eine Männerfantasie» oder «Viva la Vulva» waren in violetter Farbe darauf zu lesen. Einige Dutzend Frauen hatten sich im Schatten versammelt und warteten auf Action.

Und die Action folgte um 18 Uhr auf der Schützenmatte, wo ein Umzug sich in Bewegung setzte und gegen das «Patriarchat, die Krise und für eine feministische Zukunft» in Richtung Bundesplatz loszog. Begleitet wurde der Tross stetig von einigen Polizistinnen und Polizisten. Auch sympathisierende Männer liefen mit, sie waren allerdings angehalten, sich in den hinteren Reihen aufzuhalten oder sich daheim mit Kinderbetreuung zu beteiligen. Schon davor war der Waisenhausplatz voll mit Teilnehmenden, die eine Menschenkette bildeten. Ganz Corona-konform gab frau sich nur indirekt die Hand:

Der Umzug und die Menschenkette verschmolzen zum grossen Ganzen, und der Marsch führte sie runter zum Nideggstalden und gipfelte – analog zum filmreifen Frauenstreik vor zwei Jahren – auf dem Bundesplatz. Und spätestens dann fühlte frau das zweite Mal die Euphorie.
(https://www.bernerzeitung.ch/noch-immer-haessig-356779117612)



bernerzeitung.ch 14.06.2021

Aktionen im ganzen OberlandFeministischer Postenlauf ist gestartet

Das feministische Kollektiv Thun-BeO organisiert den feministischen Postenlauf im Raum Thun. An 33 Orten in Thun und Steffisburg werden feministische Themen behandelt.

Christine Megert

Am Montag ist der angekündigte feministische Postenlauf gestartet. Noch bis und mit 27. Juni sind die diversen Stationen präsent. Grundsätzlich sind sie durchgehend zugänglich. Wenn nicht, findet man die Öffnungszeiten auf der Webseite des feministischen Kollektivs Thun-BeO.

Mit der violetten Farbe gestaltet, fallen die Posten auch zufällig vorbeilaufenden Passanten auf. Eben in dieser Farbe werden am Montagabend wiederum die Fassaden diverser Gebäude in und um Thun erstrahlen. Eines davon ist auch das Rathaus in Thun.

Die Plakate sind in deutscher Sprache gestaltet. Es werden bekannte Themen wie «Nur Ja heisst Ja» bezüglich der Änderung des Sexualstrafrechts oder aber der vielen unbezahlten Tätigkeiten von Frauen im Haushalt usw. aufgegriffen. Frauen, welche Geschichte geschrieben haben, weil sie die Ersten waren zum Beispiel als farbige Frauen im Stadtrat Thun, werden ebenso hervorgehoben, wie auf was die Mädchen im Moditräff am Aarequai stolz sind.

Geschichte, Gegenwart und Zukunft

Geschichte im Schlosshof mit dem kurzen Abriss des Lebenslaufs von Elisabeth von Kyburg. Gegenwart mit Darshikka Krishnanantham, Politikerin der SP, und der Zukunft mit den Frauen, welche sich bis heute für die Rechte ihrer Geschlechtsgenossinnen aktiv einsetzen. Es ist ein Stadtrundgang der anderen Art, welcher zum Nachdenken und Diskutieren anregt.

Das feministische Kollektiv Thun-BeO feiert damit die 230 Jahre Erklärung Recht der Frau und Bürgerin, 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz, 40 Jahre Gleichstellung von Frau und Mann in der Schweizer Bundesverfassung, 30 Jahre Frauenstreik 1991 und 2 Jahre Frauen*streik 2019.
(https://www.bernerzeitung.ch/feministischer-postenlauf-ist-gestartet-560081872189)