Medienspiegel 29. Mai 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Auf Berner Waisenhausplatz: Demonstranten protestieren neben Restaurantgästen
Circa 150 Personen demonstrierten gegen die Bedingungen in Asylunterkünften. Die Wirte hatten derweil ihre Aussenbereiche trotzdem offen.
https://www.bernerzeitung.ch/150-leute-an-stop-isolation-demo-in-bern-385500827332


«Stop Isolation»-Demo: Rund 100 Leute demonstrieren auf dem Waisenhausplatz
In Bern haben sich Demonstranten versammelt, um gegen die «Isolation in den Asylzentren» zu demonstrieren.
https://www.derbund.ch/rund-100-leute-demonstrieren-auf-dem-waisenhausplatz-946088337591
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/kundgebung-stop-isolation-in-bern-demonstranten-fordern-menschenwuerdigere-asylzentren-142143731


Stop Isolation: Die soziale Isolation im Sonnenblick und in anderen Lagern unterscheidet sich für die Bewohner*innen nicht von einem Gefängnis.
https://barrikade.info/article/4506
-> https://twitter.com/Megafon_RS_Bern


+++DEUTSCHLAND
Flüchtlinge zurückhaltend bei Corona-Impfung
In bayerischen Flüchtlingsunterkünften hat mehr als jeder zweite Asylbewerber das Angebot zur Corona-Impfung angenommen. Mehr als 40 Prozent hätten es abgelehnt, sagt das Innenministerium. Sie fürchteten nach einer Impfung die Abschiebung.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/corona-impfung-fluechtlinge-in-bayern-eher-zurueckhaltend,SYnuWhu


+++MITTELMEER
Seenotretter: „Die grausame Methode der Abschreckung muss aufhören“
Die deutsche NGO Sea-Eye hat in den vergangenen Wochen mehr als 400 Menschen vor der libyschen Küste aus Seenot gerettet. Der Sea-Eye-Vorsitzende Gorden Isler macht der EU im RND-Interview schwere Vorwürfe. Die Grenzschutzagentur Frontex breche das Völkerrecht, sagt er.
https://www.rnd.de/politik/seenotrettung-von-fluechtlingen-sea-eye-vorsitzender-gorden-isler-im-interview-W6ZOVN5OFBCULDQBBQHMXRKIV4.html


Roger de Weck wird Seenotretter: «Sollte deswegen mein Ruf leiden, wäre mir das eine Ehre»
Der bekannte Publizist und Autor Roger de Weck engagiert sich neu als Vorstandsmitglied bei SOS Méditerranée, einer Organisation zur Rettung von Geflüchteten im Mittelmeer. Im Interview spricht er über seine Beweggründe.
https://www.watson.ch/!919575729


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Nach wie vor fehlen Standplätze für Fahrende im Kanton – bis Ende Jahr soll es Neuigkeiten geben
Vor einer Woche kam es zu einem Polizeieinsatz in Zuchwil: Eine Gruppe Fahrender blockierte die Strasse, nachdem sie nicht auf den Parkplatz der Kehrichtverbrennungsanlage zugelassen worden war. Offizielle Plätze für Fahrende im Kanton sind rar, seit Jahren schon. Und wie geht es weiter? Nachgefragt beim Kanton.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/kanton-solothurn-nach-wie-vor-fehlen-standplaetze-fuer-fahrende-im-kanton-bis-ende-jahr-soll-es-neuigkeiten-geben-ld.2143030


+++GASSE
Armut und Corona – Mehr Leute fallen durch die Maschen des Sozialsystems
Seit Beginn der Pandemie sind auch viele Arbeitnehmende in der Schweiz in die Armut gerutscht. Das soziale Auffangnetz hilft nicht allen.
https://www.srf.ch/news/schweiz/armut-und-corona-mehr-leute-fallen-durch-die-maschen-des-sozialsystems


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Kritik gegen Repression: 1000 bis 2000 demonstrieren in Lausanne gegen Anti-Terror-Gesetz
Rund 30 Gruppen haben zum Protest aufgerufen. Die Teilnehmenden kritisieren, dass das Gesetz gegen die Menschenrechte verstosse.
https://www.derbund.ch/1000-bis-2000-demonstrieren-in-lausanne-gegen-anti-terror-gesetz-914609428951
-> https://www.swissinfo.ch/ger/1000-bis-2000-demonstrieren-in-lausanne-gegen-anti-terror-gesetz/46661696
-> https://www.24heures.ch/manifestation-a-lausanne-contre-la-loi-contre-le-terrorisme-322544980605
-> https://www.tdg.ch/manifestation-a-lausanne-contre-la-loi-contre-le-terrorisme-322544980605
-> https://www.rts.ch/info/regions/vaud/12236261-plus-de-1500-manifestants-a-lausanne-contre-la-loi-contre-le-terrorisme.html
-> https://mailchi.mp/climatestrike/pmt-nein
-> https://twitter.com/klimastreik/status/1398644203777937419



Friedliche Demonstration gegen Krieg
Am Samstag demonstrierten an einer bewilligten Demonstration nach Angaben der Veranstalter rund 70 Personen gegen Kriege auf der ganzen Welt.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-friedliche-demonstration-gegen-krieg-in-luzern-ld.2143828
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/anti-kriegs-demo-in-luzern-142143567
-> https://www.zentralplus.ch/rund-70-demonstranten-ziehen-durch-die-stadt-luzern-2099843/



Molino-Soli-Demo Lugano:
-> https://www.cdt.ch/ticino/lugano/in-piazza-contro-lo-sgombero-dell-ex-macello-EB4254336?_sid=dHVVRMf9
-> https://twitter.com/ag_bern/status/1398703365710811142



Velo-Demo Zürich:
Critical Mass in Zürich: Tausende Velos legten den Verkehr lahm – zwei Zwischenfälle
Die hohe Teilnehmerzahl an der Critical Mass am Freitagabend überraschte selbst die Polizei. Ein Teilnehmer wurde leicht verletzt. Bürgerliche Politiker fordern Konsequenzen.
https://www.tagesanzeiger.ch/10000-velos-an-umzug-durch-zuerich-veraergerte-autofahrer-708064398351
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/tausende-teilnehmer-an-velo-demo-in-zuerich?id=11993603
-> https://www.20min.ch/story/grosse-velodemo-legt-in-zuerich-den-innenstadt-verkehr-lahm-528720346810
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/ueberraschende-teilnehmerzahl-tausende-auf-dem-velo-an-demonstrationsumzug-in-der-stadt-zuerich
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/critical-mass-demo-blockierte-wichtige-verkehrs-und-rettungsachsen-in-zuerich-00159054/
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/zuercher-verkehr-lahmgelegt-tausende-an-demonstrationsumzug-auf-dem-velo-142143894
-> https://www.watson.ch/schweiz/velo/441055384-critical-mass-zuerich-hardbruecke-voll-mit-velos
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/critical-mass-demo-blockierte-wichtige-verkehrs-und-rettungsachsen-in-zuerich-00159054/



tagesanzeiger.ch 29.05.2021

Reaktion auf Critical MassTausende Velofahrende in Zürich – Stadt pocht nicht auf Bewilligung

Die Polizeivorsteherin Karin Rykart will den Velotross nicht einschränken. Eher will sie Autofahrende auf die Staugefahr hinweisen. Auch an die Velofahrenden hat sie eine Bitte.

Ev Manz

Es waren viele, sehr viele, die am Freitagabend im Rahmen der monatlichen Aktion «Critical Mass» während vier Stunden auf Velos durch die Zürcher Innenstadt zogen. Die grosse Anzahl hat selbst die Polizei überrascht. Sie spricht von mehreren Tausend Velofahrerinnen und Velofahrern, Teilnehmende von bis zu 10’000 Personen. Auf ihrer spontan bestimmten Route brachte die Masse den Verkehr an verschiedenen Stellen bis 25 Minuten zum Erliegen. Entsprechend erbost waren viele Autofahrende. Auch Rettungsachsen von Schutz & Rettung Zürich waren blockiert. Da sich der Anlass nicht als Demonstration versteht, sondern als «Verkehr», war er nicht bewilligt. Die Polizei versuchte mit Dialogteams, Tätlichkeiten zu verhindern. Dennoch kam es zu zwei Zwischenfällen, bei denen Autofahrer Teilnehmende anfuhren. In einem Fall wurde ein Velofahrer gemäss Stadtpolizei leicht verletzt.

Das Sicherheitsdepartement von Karin Rykart (Grüne) sieht deshalb noch keinen Grund, Konsequenzen zu ziehen, etwa eine Bewilligung für den nächsten Umzug zu fordern, der Ende Juni stattfinden wird. Rykart nimmt nicht persönlich Stellung, sondern schickt ihren Sprecher Mathias Ninck vor. «Critical-Mass-Anlässe finden weltweit statt, und weil sie sich nicht als Demonstration verstehen, ersuchen sie auch nicht um eine Bewilligung. Auch nicht in Zürich», sagt er. Critical Mass sei aus Sicht der Teilnehmenden so etwas wie die spontane Rückeroberung der Strasse durch Velos.

Für die Wut blockierter Autofahrer hat das Sicherheitsdepartement durchaus Verständnis. Sprecher Ninck sagt aber auch: «Autolenkende stehen ja auch sonst immer mal wieder im Stau – wegen anderer Autos.» Ninck räumt ein, dass am Freitagabend eine unerwartet grosse Menge an Velofahrenden unterwegs war. «Es war tatsächlich eine kritische Masse.» Er führt das auf das schöne Wetter zurück. «Die Stadt war generell sehr voll.»

Spielregeln in Erinnerung rufen

Vom Tisch ist die Sache für die Stadt jedoch nicht. Sie will verhindern, dass sich die Fronten zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden weiter verhärten. Sicher müsse man jetzt versuchen, mit Exponentinnen der Bewegung zusammenzusitzen und über gewisse Regeln zu reden. Und sicher sei es angezeigt, im Vorfeld einer Critical Mass Ausgabe die Öffentlichkeit über die Staugefahr zu informieren. Ähnlich, wie das die Stadt an Grossanlässen wie der Street Parade oder dem Sechseläuten macht.

Im vergangenen Jahr ist es bereits einmal zu einer Aussprache zwischen Exponenten von Critical Mass und der Polizei gekommen. Im Anschluss an die Mai-Tour 2020 gab es gemäss einer Auflistung von Critical Mass verschiedene «Repressionen seitens der Stapo».

Wegschauen für die einen, Bestätigung für die anderen

Wenig Verständnis für das Vorgehen von Karin Rykart haben bürgerliche Stadtpolitiker. Dominique Zygmont von der FDP hegt Sicherheitsbedenken. «Wenn ich Bilder wie jenes von der Unterführung Tunnelstrasse sehe, mache ich mir ernsthafte Sorgen.» Deshalb übt er Kritik an der Haltung der Polizeivorsteherin Rykart und fordert für den Anlass zwingend eine Demonstrationsbewilligung, damit die Polizei den Tross in «geordnete Bahnen» lenken könne. «Karin Rykart drückt hier beide Augen zu. Stattdessen sollte sie dringend die nötigen Schritte einleiten.»

Sein Parteikollege Përparim Avdili machte seinem Ärger über die Veranstaltung via Twitter Luft. «Toleranz mit intolerantem Verhalten einzufordern» gehe «gar nicht». Aus Sicht von SVP-Gemeinderat Stephan Iten ist das Lahmlegen des Verkehrs eine strafbare Aktion. Auch er sagt: «Der Stadtrat schaut wieder mal nur zu, und die Polizei handelt nicht.»

Linke Zürcher Velopolitikerinnen sehen sich in ihren Bemühungen bestärkt, Zürich zu einer Velostadt zu machen. SP-Gemeinderätin Simone Brander sagt: «Die riesige Menge an Velofahrenden zeigt, dass es endlich viel mehr Platz fürs Velo und rasch sichere Velorouten braucht.» Sven Sobernheim, Gemeinderat für die GLP, hofft, dass die Botschaft auch bei Stadt und Kanton ankommt. Dass die Tour zweimal über die Hardbrücke führte, ist für ihn kein Zufall. «Die Hardbrücke als primäre Autoverbindung demonstriert quasi symbolisch, wie die Stadt die Prioritäten setzt.»

Viel Zeit für den Dialog bleibt der Stadt nicht. In vier Wochen werden sich Zürichs Velofahrende wieder zum Koloss zusammenschliessen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/tausende-velofahrende-in-zuerich-wollen-keine-bewilligung-so-die-stadt-265096199625)



tagesanzeiger.ch 29.05.2021

Kommentar zur Critical Mass: Will die Stadt der Bewegung den Schwung nehmen, muss sie handeln

In Zürich verhärten sich die Fronten in der Verkehrspolitik, wie die Critical Mass einmal mehr zeigt. Nun ist die Stadtregierung gefordert.

Patrice Siegrist

Und plötzlich sind es Tausende. Der Veloumzug Critical Mass wurde am Freitagabend seinem Namen gerecht: Er wurde zur kritischen Masse. Tausende Velofahrerinnen und -fahrer taten das, was sonst meist nur dem Pendlerverkehr gelingt: Sie brachten den Auto-, Bus- und Tramverkehr zeitweise zum Stillstand.Critical-Mass-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer sehen sich selbst als Verkehr, nicht als eine Demonstration. Deshalb sehen sie keinen Grund für eine Bewilligung und beantragen entsprechend keine bei der Stadt, wie das bürgerliche Stadtpolitiker fordern.

Aber: Was am Freitagabend durch Zürich rollte, war eine mächtige Demonstration, egal ob es die Teilnehmenden als solche bezeichnet haben wollen oder nicht. Es war ein klares Signal an die verschlafene Stadtzürcher Verkehrspolitik, die seit Jahren keinen vernünftigen Kompromiss zwischen linken Maximalforderungen fürs Velo und bürgerlichem Auto-Verteidigungsmodus finden konnte.

Befeuert durch den Veloboom in der Pandemie und die warmen Temperaturen wurde die Critical Mass vom vergangenen Freitag zu einem Happening. Zum harten Kern – der auch bei Minustemperaturen und Regen durch Zürich strampelt – gesellte sich eine junge, urbane Mittelschicht, die den Strassenraum neu denken will. Das heisst: Sie will der Vormachtstellung des Autoverkehrs ein Ende setzen. Dass Autofahrer für die plötzliche Degradierung auf der Strasse am Freitagabend kein Verständnis hatten, ist verständlich.

Es zeigt: Die Nerven sind angespannt, die Fronten verhärten sich. Am letzten Freitag im Juni wird bereits die nächste Critical Mass stattfinden. Was kann die Politik tun?

Mit Repression kann und soll die Stadt dieser friedlichen Bewegung nicht entgegentreten. Ihr Anliegen wird grossmehrheitlich von der städtischen Bevölkerung gestützt, wie das deutliche Ja zur Velorouteninitiative jüngst wieder zeigte.

Auf eine Bewilligungspflicht will die Stadt verzichten, wie das Departement Rykart am Samstag verlauten liess. Weltweit brauchen Critical Mass keine Bewilligung, Zürich will da keine Ausnahme sein. Rykart will sich mit Exponentinnen und Exponenten der Bewegung an den Tisch setzen, um die Masse etwas zu zähmen, um sie in geordnetere Bahnen zu lenken, die Sicherheit zu erhöhen.

Das ist ein richtiger Schritt, aber nur der erste.

Dieser Veloprotest geht direkt an die Adresse der linksgrünen Stadtregierung. Will sie der Bewegung ihren Schwung nehmen, muss sie handeln. Sie hat die Verkehrspolitik in Zürich in der Hand, sie kann diese gestalten, und zwar so, dass Auto, Velo, Tram, Bus und Fussgängerinnen und Fussgänger sich nicht bekämpfen müssen, sondern nebeneinander bestehen können. Dazu braucht es innovative Lösungen und Kompromisse auf allen Seiten. Das ist schwierig, kann ungemütlich werden. Aber das ist Politik.
(https://www.tagesanzeiger.ch/will-die-stadt-der-bewegung-den-schwung-nehmen-muss-sie-handeln-248417771003)



nzz.ch 29.05.2021

«Critical Mass» in Zürich: Tausende Velofahrer blockieren Autos, Trams und Rettungsachsen

Am Freitagabend zog die bisher wohl grösste «Critical Mass»-Demonstration durch Zürich. Es kam zu Provokationen, Gehässigkeiten und am Rande auch zu zwei Unfällen.

Reto Flury

Die grosse Velo-Blockade wird von Applaus begleitet. «Mächtig», schreibt ein Twitterer, «#CriticalMass» ziehe sich von Kalkbreite bis Nordstrasse durch die halbe Stadt. «Erfolgreicher Freitag», kommentiert eine Frau eine Videoaufnahme, auf der zu sehen ist, wie Dutzende Velofahrerinnen und Velofahrer die Rosengartenstrasse in beiden Richtungen befahren. Eine Gesinnungsgenossin schreibt nur: «Respekt, Züri.»

Am Freitagabend haben sich Velofahrer unter dem Schlachtruf der «Critical Mass» etlicher Strassen der Zürcher Innenstadt bemächtigt. Ähnliche Aufmärsche gab es in der Vergangenheit schon mehrmals. Die Ausgabe an diesem lauen Frühlingsabend scheint aber ein ganz anderes Ausmass gehabt zu haben als frühere. In Ermangelung genauerer Schätzungen spricht die Stadtpolizei am Tag danach von «tausenden Teilnehmern». Sonst waren es jeweils mehrere hundert bis tausend.

Hupkonzert am Bellevue

In den sozialen Medien ist zu sehen, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sichtlich Vergnügen an der Rundfahrt hatten – wobei etliche keine Maske trugen. Weniger Freude hatten Autofahrer, die wegen des Umzugs im Stau stecken blieben. Als der Velo-Tross gemächlich um die Traminsel am Bellevue herumfuhr, erhob sich aus der Autoschlange auf dem Utoquai nach einiger Zeit ein Hupkonzert. Laut Medienberichten war dies auch an anderen Orten der Fall.

Mehrere wütende Autofahrerinnen und Autofahrer beschwerten sich bei der Einsatzzentrale der Stadtpolizei, wie diese am Samstagmittag mitgeteilt hat. Sie waren teilweise bis zu einer drei Viertel Stunde blockiert. Auch meldet die Stadtpolizei, dass diverse «verbale Provokationen» gegenüber Autofahrern zu verzeichnen gewesen waren.

Die Stimmung muss teilweise sehr angespannt gewesen sein. Die eingesetzten Polizistinnen und Polizisten hätten jedoch mehrheitlich schlichten und Tätlichkeiten verhindern können, heisst es in der Medienmitteilung.

    In Motion. pic.twitter.com/8kwHKTxrCI
    — Felix Schindler (@f_schindler) May 28, 2021

Am Rand der Velofahrt kam es zu zwei Unfällen. Der eine ereignete sich um 20 Uhr auf der Kasernenstrasse. Dabei fuhr ein Autofahrer einen Velofahrer an, wobei dieser leicht verletzt wurde. Die Abklärungen zum Unfallhergang sind laut einem Sprecher der Stadtpolizei am Laufen. Der Velofahrer hat einen Strafantrag gestellt. Der zweite Unfall wurde der Stadtpolizei gegen 21.45 Uhr gemeldet und soll sich an der Verzweigung Lang-/ Militärstrasse zugetragen haben. Als die Polizei am Ort eintraf, fand sie niemanden mehr, der in den Unfall verwickelt gewesen wäre.

    Die heutige @criticalmassZH führt aufgrund der grossen Zahl an Teilnehmenden wohl noch für mehrere Stunden zu Einschränkungen im MIV/ÖV im Bereich der Innenstadt. Wir stehen mit Dialogteams, der Verkehrspolizei und dem Sonderkommissariat im Einsatz. ^spahttps://t.co/cQQ5JS9s14 pic.twitter.com/fMnEIEfgNE
    — Stadtpolizei Zürich (@StadtpolizeiZH) May 28, 2021

Die Velofahrer hatten sich ab etwa 18.30 Uhr bei der Stadthausanlage versammelt. Dialogteams der Stadtpolizei nahmen laut Communiqué schnell Kontakt mit ihnen auf und machten sie auf die geltenden Covid-Vorschriften aufmerksam, darunter die Maskenpflicht und die Obergrenze von 100 Personen bei Demonstrationen. Die Vorgaben wurden indes ignoriert, Masken nur vereinzelt getragen.

Gegen 19.25 Uhr fuhren mehrere hundert Velofahrer los, wobei der Umzug stetig grösser wurde. Er führte durch die Stadtkreise 1 bis 5 sowie 10 und verstopfte auf dem Weg immer wieder Verzweigungen. Dabei sei auf den öffentlichen Verkehr keine Rücksicht genommen worden, schreibt die Polizei. Auch die Arbeit von Schutz & Rettung Zürich sei durch blockierte Rettungsachsen behindert worden.

Von den rund 100 Einsätzen pro Tag würden die meisten von der Wache Zentrum aus geleistet, sagt Marco Grendelmeier, Sprecher von Schutz & Rettung Zürich. Diese befindet sich am Neumühlequai. Daher sei für Rettungssanitäter wichtig, dass sie an Knotenpunkten wie dem Central zirkulieren können. Am Freitagabend sei kein Einsatzmittel selber blockiert gewesen. Manche hätten aber einen Umweg fahren und einen Zeitverlust in Kauf nehmen müssen.

Für die Stadtpolizei gab es laut ihrem Sprecher Christian Spaltenstein keinen Grund, die Rundfahrt schon von Anfang an zu verhindern. Man behandle die «Critical Mass» wie eine Demonstration und diese alle gleich, sagt er. Solange sie friedlich seien und von ihnen keine direkte Gefahr für Dritte ausgehe, sei ein gewaltsames Einschreiten unverhältnismässig.

Die Velofahrt vom Freitag dürfte aber Folgen haben. Wir werden genau analysieren müssen, wie wir in Zukunft mit dieser Veranstaltung umgehen, sagt Spaltenstein. Man werde mit den ihr bekannten Personen zusammensitzen müssen, damit sich so etwas nicht wiederhole.

Die erste Velofahrt im Zeichen der «Critical Mass» fand 1992 in San Francisco statt und wird bis heute in verschiedenen Städten nachgeahmt. Das Ziel sei, eine «kritische Masse» zu erreichen, damit dem motorisierten Verkehr «auf Augenhöhe» begegnet werden kann, wie es auf Webseite des Zürcher Ablegers heisst. Die Fans legen Wert darauf, dass sie nicht organisiert seien und keine Verantwortlichen kennen würden. Allerdings tauschen sie sich über Chats und Foren aus, wo in den letzten Tagen offenbar kräftig mobilisiert worden ist.

    Toleranz mit intolerantem Verhalten einfordern? Sicher cool, wenn mann einfach so mal am Freitagabendverkehr durch die Strassen mit dem Velo kann – aber uncool, wenn dabei eben stundenlang MIV und öV blockiert werden. Geht gar nicht! #zurich #CriticalMass pic.twitter.com/5jgeZHIJkY
    — Përparim Avdili (@PerparimAvdili) May 28, 2021
(https://www.nzz.ch/zuerich/critical-mass-velo-demo-in-zuerich-mit-tausenden-von-teilnehmern-ld.1627658)


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Kein Entzug der Aufenthaltsbewilligung wegen Sozialhilfe-Bezug
Wer seit mehr als zehn Jahren in der Schweiz lebt und unverschuldet Sozialhilfe bezieht, dem soll die Aufenthaltsbewilligung nicht mehr entzogen werden können. Dieser Meinung ist eine knappe Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N).
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/kein-entzug-der-aufenthaltsbewilligung-wegen-sozialhilfe-bezug-65936573


+++ANTITERRORSTAAT
Fischzüge des Überwachungsstaats
Schweizer Sicherheitsbehörden haben in den letzten Jahren grossen Datenappetit entwickelt – zum Leidwesen von Internetfirmen wie dem Messenger-Dienst Threema. Mit dem neuen Anti-Terror-Gesetz nähme der Hunger weiter zu.
https://www.republik.ch/2021/05/26/fischzuege-des-ueberwachungs-staats


PMT: Alle(s) überwacht
Infobroschüre zur kommenden Abstimmung über das PMT. Aus dem französischen, auch erschienen auf renverse.co
https://barrikade.info/article/4517


+++KNAST
Gefängnismängel: U-Haft-Anstalten in SG sind veraltet
https://www.tvo-online.ch/aktuell/gefaengnismaengel-u-haft-anstalten-in-sg-sind-veraltet-142142537


Wenn Täter und ihre Opfer zusammentreffen: Der Gefängnisseelsorger weiss, wie wichtig für beide Zuhören und Reden sein kann
Der Schweizer Dokumentarfilm «Je ne te voyais pas» behandelt die restaurative Justiz, in der Täter und Opfer ins Gespräch kommen. Zum Saisonschluss lud das Kino Mansarde Muri dazu den Lenzburger Gefängnisdirektor Marcel Ruf sowie den Freiämter Pfarrer und Gefängnisseelsorger Hansueli Hauenstein zum Gespräch ein.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/freiamt/dokumentarfilm-im-kino-muri-wenn-taeter-und-ihre-opfer-zusammentreffen-der-gefaengnisseelsorger-weiss-wie-wichtig-fuer-beide-zuhoeren-und-reden-sein-kann-ld.2143349


+++RASSISMUS
Schwarz und deutsch – Die Geschichte der Afrodeutschen
„Ich bin in Deutschland geboren. Deutsch ist meine Muttersprache. Ich war in meinem Leben nur einmal auf dem afrikanischen Kontinent – als Pauschalurlauber“, sagt der Jenaer Student Konrad Erben (31). Dennoch unterstellen ihm viele, dass er kein Deutscher sei. Nur weil er Schwarz ist. Schwarz und deutsch sein – das geht für viele noch immer nicht zusammen.
https://www.ardmediathek.de/video/doku-reportage/schwarz-und-deutsch-die-geschichte-der-afrodeutschen/hr-fernsehen/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xMzgwMDE/


+++RECHTSEXTREMISMUS
Die Romands in der „Jungen Tat“
Vier Walliser sind im Video der Nazigruppe Junge Tat zu sehen.
Am 24. April veröffentlichte die schweizerisch-deutsche Neonazi-Gruppe Junge Tat ein Ende 2020 gedrehtes Video, in dem die Gruppe Rapperswil-Jona überquert und Abfälle sammelt (eine kurze Vorpremier postete die Gruppe bereits im Januar). Zu Jungen Tat gesellten sich an diesem Tag vier Romands (zwei Paare): die Mitglieder des neonazistischen „Kollektivs“ Suisse-Romand Militants Suisses (MS) Nathan Beytrison, Laurie Pitteloud , Simon Andenmatten et Léa Baeriswyl. Kleine Bemerkung dazu: Simon Andenmatten und Léa Baeriswyl sind auch Mitglieder des Jeunes UDC Valais Romand, also der JSVP.
https://barrikade.info/article/4518


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Coronademo in Solothurn – Mini-Demo beendet, Kantonspolizei weiterhin im Einsatz ++ Lage weitgehend ruhig
Der Verein «Stiller Protest» hatte für heute Samstag eine Demo gegen die Coronamassnahmen in Solothurn geplant – diese dann wieder abgesagt, nachdem keine Bewilligung erteilt worden war. Andere Gruppierungen planen aber trotzdem nach Solothurn zu ziehen – die Polizei hat bekannt gegeben, eine allfällige Kundgebung zu verhindern. Die Solothurner Zeitung ist vor Ort und berichtet laufend.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/coronademo-in-solothurn-noch-keine-anzeichen-von-demonstrierenden-grossaufgebot-der-polizei-kontrolliert-stadteingaenge-gegendemo-abgesagt-ld.2143408
-> https://www.20min.ch/story/in-solothurn-versammeln-sich-heute-die-massnahmenkritiker-polizei-wird-kundgebung-nicht-tolerieren-632356534860
-> https://www.20min.ch/video/polizei-verhindert-corona-demo-722207462095
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-polizei-schottet-solothurn-ab-skeptiker-bleiben-weg-65936122
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/viel-polizei-und-keine-corona-demo-in-solothurn?id=11993582
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/das-neueste-zur-coronakrise-deutschland-virologe-rechnet-nicht-mit-baldiger-herdenimmunitaet
-> https://www.derbund.ch/corona-ticker-schweiz-465326495905
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/grosses-polizeiaufgebot-in-solothurn-demo-der-corona-massnahmen-gegner-wird-im-keim-erstickt-142143744
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/nach-demonstrations-samstag-was-zieht-die-kantonspolizei-solothurn-fuer-eine-bilanz-142143712
-> https://www.telem1.ch/aktuell/grossaufgebot-polizei-verhindert-in-solothurn-die-corona-demo-142143336
-> https://www.telem1.ch/aktuell/nach-demonstrations-samstag-was-zieht-die-kantonspolizei-solothurn-fuer-eine-bilanz-142143324
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/grosses-polizeiaufgebot-an-unbewilligter-corona-demo-in-solothurn?urn=urn:srf:video:c7de6492-1d10-497a-be79-1f2927d2dc03
-> https://www.swissinfo.ch/ger/solothurner-polizei-ist-nach-demo-einsatz-zufrieden/46661326
-> https://so.ch/verwaltung/departement-des-innern/polizei/medienmitteilungen/medienmitteilungen/news/solothurn-illegale-kundgebung-mit-polizeieinsatz-verhindert/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=bdf45e223f7738dc8b66ecd233e0fe97
-> https://www.nau.ch/politik/regional/coronavirus-solothurner-sp-nationalratin-sauer-wegen-demonstranten-65936899
-> https://www.blick.ch/schweiz/grossaufgebot-der-polizei-corona-demonstration-in-solothurn-id16556383.html
-> https://twitter.com/So_Abstand
-> https://twitter.com/JaggiMarco
-> https://twitter.com/daflinkpanter
-> https://twitter.com/CovidiotenCH
-> https://twitter.com/__investigate__


ABGESAGT – Solothurn hält Abstand
Die grosse Mobilisierung der Schwurbler*innen nach Solothurn bleibt aus. Unser Zeil, einem Aufmarsch von rechts entgegen zu wirken, ist somit erreicht. Daher sagen auch wir unsere Gegenkundgebung ab.
https://barrikade.info/article/4519


Corona-Treichler streifen durch die Aarauer Altstadt
Am Samstagabend haben in der Aarauer Altstadt rund 20 Personen an einem kurzen Demo-Umzug gegen die Corona-Massnahmen des Bundesrats teilgenommen. Gemäss der Aargauer Kantonspolizei blieb die Kundgebung friedlich.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/aarau/demo-corona-treichler-streifen-durch-die-aarauer-altstadt-ld.2143853


+++Schwurbel-Demo Genf:
Des centaines de manifestants défilent contre les mesures sanitaires
La plaine de Plainpalais s’est animée lors de ce défilé fustigeant aussi bien les vaccins, que la quarantaine.
https://www.tdg.ch/manifestation-a-plainpalais-contre-la-loi-covid-944697064681
-> https://www.20min.ch/fr/story/les-opposants-venus-de-toute-la-suisse-se-sont-rassembles-a-geneve-543673185446
-> https://www.blick.ch/schweiz/gegen-covid-19-gesetz-und-pmt-genehmigte-demo-mit-1000-personen-in-genf-id16556969.html
-> https://www.24heures.ch/manifestation-a-plainpalais-contre-la-loi-covid-944697064681
-> https://twitter.com/__investigate__/status/1398638717070360576
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/CovidiotenCH


Klaus Schwab und der Great Reset: Was passiert wirklich? | #Faktenfuchs | BR24
Kommt jetzt wirklich der Great Reset, also der Große Umbruch? AfD-Politiker und Hans-Georg Maaßen sprechen davon, Klaus Schwab vom Weltwirtschaftsforum hat ein Buch mit dem Titel “The Great Reset” geschrieben. Aber worum geht’s da wirklich? Wir klären für Euch die wichtigsten Fragen zum “Great Reset”:
1. Was hat es mit der Theorie zum “Great Reset” auf sich?
2. Wer ist Klaus Schwab und was hat sein Buch mit einer angeblichen Weltverschwörung zu tun?
3. Was soll bei diesem “Great Reset” passieren – und was passiert wirklich?
https://www.youtube.com/watch?v=oGZ5bgojtkE


«Abstimmungs-Arena» zum Covid-19-Gesetz
Corona beschäftigt die Schweiz dieses und letztes Jahr wie kein anderes Thema. Nun gelangt das Covid-19-Gesetz zur Abstimmung. In der «Abstimmungs-Arena» kreuzen Befürworterinnen und Gegner die Klingen. Gesundheitsminister Alain Berset vertritt im Studio die Position von Bundesrat und Parlament.
https://www.srf.ch/play/tv/arena/video/abstimmungs-arena-zum-covid-19-gesetz?urn=urn:srf:video:d8992c25-824b-469f-8486-251a657ca375


Zerstörte Kinderträume: Samuel Eckerts Bauernopfer im Kampf gegen Corona
Der Verschwörungsideologe Samuel Eckert befindet sich im Kampf gegen die Corona-Maßnahmen. Er argumentiert, die Einschränkungen wären unverhältnismäßig und würden vor allem Jugendlichen und Kindern schaden. Aktuell verbreitet er einen Widerruf einer jungen Frau, die angeblich von Ihrem Studienplatz bei der Bundeswehr zurücktreten möchte. Getestet, genesen oder geimpft: Schuld an zerstörten Kinderträumen? Die Aktivist:in datenliebe wirft einen Blick hinter die Kulissen und zeigt, wie echte Kinder mit falschen Behauptungen zu kämpfen haben.
https://www.volksverpetzer.de/bericht/minderjaehrige-querdenker-samuel-eckert/


Filmbranche und Querdenker: Die Geschichte hinter #allesdichtmachen
Neue Erkenntnisse zu der Internet-Kampagne“: Maskenverweigerer am Set, Verwerfungen innerhalb der Filmbranche und die große Frage: Who done it?
https://www.tagesspiegel.de/kultur/filmbranche-und-querdenker-die-geschichte-hinter-allesdichtmachen/27149604.html


+++HISTORY
tagblatt.ch 29.05.2021

Irrenanstalt Valduna: «Insassen werden auf geheimnisvollem Weg beseitigt»: Wie der Bregenzer Konsul 150 Schweizer Irre vor den Nazis rettete

Während Jahrzehnten schob die Schweiz aus Kostengründen bis zu 150 Schwachsinnige nach Vorarlberg ab. Dokumente belegen erstmals, wie diese 1941 aus den Händen der Nazis nach St.Gallen evakuiert wurden.

Jörg Krummenacher

Josef Reichard aus Goldach wirkte wie ein harmloser, gutmütiger Mensch. Er hatte nur eine Untugend: seine Zerstörungssucht. Mit Vorliebe zerriss er Kleider, Schürzen, Socken. Das war wohl der Grund, weshalb der Säger und Hilfsarbeiter 1918 im Alter von 36 Jahren ins kantonale Asyl, wie die Psychiatrische Klinik in Wil damals hiess, eingewiesen wurde. Diagnose: Schwachsinn. 45 Jahre später sollte er dort eines natürlichen Todes sterben. Dazwischen erlebte er die irrsten Jahre der Psychiatriegeschichte hautnah mit, geprägt von Vergasungen und Deckelbädern.

1926 wurde Josef Reichard in die Wohltätigkeits- und Landesirrenanstalt Valduna im vorarlbergischen Rankweil verlegt, wo die Betreuungstarife nur halb so hoch waren wie im Asyl Wil. Ein Drittel der Geisteskranken im einstigen Frauenkloster stammte aus der Schweiz. Vor allem die Armenbehörden der Zentralschweiz gaben ihre Irren aus Kostengründen vorzugsweise nach Vorarlberg. Eine finanzielle Win-Win-Situation, die sich auch für die Valduna-Kasse lohnte: «Das Geld brachten uns die Schweizer Pfleglinge», vermerkte der Leiter der Wohltätigkeitsanstalt, Johann Müller, in seinen Aufzeichnungen. Die Schweizer zahlten je nach Verpflegungsklasse drei oder vier Franken pro Tag, deutlich mehr als die einheimischen Patienten.

Als 1938 die Nationalsozialisten in Österreich die Macht übernahmen und die Anstalt Valduna annektierten, war Josef Reichard noch immer da. Er spürte, wie sich die Sitten änderten: Neuer Leiter der Anstalt wurde der Euthanasiearzt Dr. Josef Vonbun, ein NSDAP-Mitglied. Die Valduna wurde zur «Gauanstalt», in der politisch zuverlässige Männer ohne Ausbildung erfahrene Pflegekräfte ersetzten und sich Übergriffe und Misshandlungen häuften.

Gegen die Heimnahme der «Krüppel»

Im Herbst 1939 ging Adolf Hitler zur systematischen «Vernichtung lebensunwerten Lebens» über, sprich: zum Massenmord an Geisteskranken und Behinderten. Die Euthanasieaktion sollte eigentlich im Geheimen ablaufen, doch rasch sickerten Meldungen durch. So warnte am 30. Dezember 1940 der Schweizer Konsul in Köln, Franz Rudolph von Weiss, das Departement für Auswärtiges in Bern, «dass Insassen von epileptischen und Heil- und Pflegeanstalten auf geheimnisvollem Weg beseitigt würden». Zwei Wochen später, am 15. Januar 1941, meldete das Schweizer Konsulat in Bregenz, dass die Anstalt Valduna aufgehoben werden solle. Die «ca. 70 Pfleglinge schweizerischer Staatsangehörigkeit» müssten in die Schweiz zurückgeholt werden.

Ernst Scheim, der zuständige Beamte im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, wiegelte ab: «Die Pfleglinge sollten nicht ohne weiteres nach der Schweiz verbracht werden, sondern wenn möglich in andern deutschen Heilanstalten Aufnahme finden können». Scheim gewichtete die Kostenfolge höher als die Gefahr, die den Schweizer Irren drohte. Schon Jahre zuvor hatte er vor den Folgen einer Heimnahme für die Gemeinden gewarnt, wären diese doch gezwungen, die «Krüppel dauernd auf ihre Kosten zu versorgen».

Carl Bitz, der Schweizer Konsul in Bregenz, sah dies anders. Er handelte auf eigene Faust und setzte alle Hebel in Bewegung, die Schweizer Pfleglinge möglichst rasch über die Grenze heimzuholen. Gemäss Aufzeichnungen Johann Müllers wurden 148 Schweizer Pfleglinge, 129 aus der Wohltätigkeitsanstalt und 19 aus der Irrenanstalt, zwischen dem 15. Februar und dem 26. Mai 1941 zur Rheinbrücke nach Oberriet transportiert und dort von Angehörigen, Pflegekräften oder den Armenbehörden ihrer Gemeinden in Empfang genommen.

Kaffee bitter, Brot schlecht

Josef Reichard wurde am 24. Februar 1941 zusammen mit einem anderen Valduna-Patienten per Auto ins Asyl Wil verlegt. Im Personalblatt ist vermerkt, dass er unterwegs ziemlich viel geschwatzt habe und auch bei der Aufnahme munter und gesprächig gewesen sei: Er sei gerne nach Wil zurückgekommen, erzählte er, es habe ihm im Österreichischen «nicht verreckt gut» gefallen. Zuletzt sei es mit dem Kaffee nicht mehr gut gegangen: Manchmal sei dieser schwarz und bitter gewesen. Auch das Brot sei schlecht geworden.

Valbuna-Direktor Josef Vonbun gab Reichard, wie auch den anderen Schweizer Pfleglingen, fein säuberlich einen ärztlichen Austrittsbericht mit auf den Weg: Reichard sei ruhig, harmlos, etwas empfindlich und unduldsam gewesen. Mitunter hege er «Grössenideen» und sei gewalttätig gegen andere Patienten. Zudem wolle er «nur in Lumpen gehüllt gehen und zerreisst fast regelmässig ordentliche Kleider».

330 Insassen aus Valduna ermordet

Während die Schweizer Pfleglinge aus Vorarlberg repatriiert wurden, war die Tötungsmaschinerie im Reich schon in vollem Gang. In fünf Transporten wurden die österreichischen Valduna-Insassen zwischen dem 10. Februar und 13. Mai 1941 deportiert, 330 ermordet, 262 davon im Renaissanceschloss Hartheim bei Linz vergast. Insgesamt kostete das Programm zur «Vernichtung lebensunwerten Lebens» über 70000 Geisteskranken und Behinderten das Leben.

Im Bundesarchiv und den Staatsarchiven von St.Gallen und Schwyz finden sich Namenslisten, auf denen rund die Hälfte der damals repatriierten Schweizer Valduna-Pfleglinge erfasst sind. Die aufgeführten «armen Irren» stammten aus mindestens 13 Kantonen, vier Fünftel davon aus der Zentralschweiz. Aus dem Kanton St.Gallen kamen neben Karl Josef Reichard drei weitere Patienten: Melanie Taubenberger aus Altstätten, Anna Katharina Lenherr aus Gams und Aloisia Blarer aus Schmerikon. Ostschweizer Herkunft hatten auch Louise Schmidt aus Kreuzlingen, Anna Schwyter aus Näfels, Jenny Kreszenz aus Ennenda, Olga Bürki aus Oberegg und Johann Inauen aus Appenzell.

Die Innerrhoder Regierung hatte die meisten ihrer Geisteskranken, die sie in der Valduna untergebracht hatte, aber schon drei Jahre zuvor heimgeholt und in schweizerische Anstalten verbracht. Im Geschäftsbericht 1939 begründete sie dies mit der «fortwährend unsicheren Lage» und der Erhöhung der Betreuungstarife durch die Nazis. Die Innerrhoder Rückholaktion hatte eine Budgetüberschreitung von 2800 Franken bei der Versorgung Geisteskranker zur Folge.

24 Stunden im Deckelbad

Neben Josef Reichard fanden zahlreiche weitere gerettete Schweizer Valduna-Pfleglinge Aufnahme im Asyl Wil und der zweiten st.gallischen Irrenanstalt St.Pirminsberg in Pfäfers. 1942 waren dort allein aus dem Kanton Schwyz 37 Patientinnen und Patienten untergebracht. Die beiden Anstalten waren überfüllt, die Kosten stiegen. Während sich die meisten Pfleglinge gut versorgt fühlten, wurden andere mit Deckelbädern malträtiert – zur Therapie oder zur Strafe. Davon zeugt ein nach Kriegsende im «Beobachter» abgedruckter Brief des Bruders einer Schwyzer Patientin in St.Pirminsberg. Der Bruder verlangte, «dass solchen nationalsozialistischen Quälereien ein rasches Ende gesetzt wird, damit nicht die Angehörigen dieser Unglücklichen einen teuren, unerschwinglichen Aufenthalt bezahlen müssen, während sich das ‹Pflege-Personal› seine Zeit damit vertreibt, diese Ärmsten körperlich und seelisch so herzurichten, dass sie nie mehr geheilt werden können».

Der «Beobachter» fügte dem Brief die Schilderung einer ehemaligen Patientin bei: «Da man aus dieser Kiste nur den Kopf herausstrecken konnte, musste man am Deckel hangen. Auf die Toilette durfte man nicht; man war also gezwungen, seine Sachen im Bad zu verrichten. 24 Stunden musste der Körper in diesem scharfen Wasser verbringen. (…) Die Augen sind zuletzt zugeschwollen, das Gesäss ist offen, die Füsse sehen wie ein Schwamm aus; stehen kann man überhaupt nicht mehr einige Tage.» Die Klinik räumte ein, solche Deckelbäder praktiziert zu haben, diese Art der Behandlung sei aber 1944 beendet worden.

Auch im Asyl Wil war sie gang und gäbe. Im Personalblatt von Josef Reichard ist festgehalten, dass er die von ihm zerrissenen Gegenstände jeweils «ziemlich schlau» versteckt habe: «Wenn er ertappt wurde, suchte er seine Handlungen mit seinem Schwachsinn zu rechtfertigen. Einmal wurde er mit dem Dauerbad bestraft. Seither zerriss er viel seltener.»

St.Gallen den Schwyzern zu teuer

Die Kantonsregierungen und Armenbehörden hatten nicht die Behandlungsmethoden, sondern die Kosten im Fokus. 1947 erhöhte der Kanton St.Gallen die Betreuungstaxen für Schwyzer Pfleglinge von sechs auf acht Franken pro Tag und begründete dies mit «gewaltig gestiegenen Defiziten» der beiden Anstalten. Reklamationen aus Schwyz konterte die st.gallische Regierung mit dem Hinweis, angesichts der überfüllten Irrenanstalten sei es «ein ausserordentliches Entgegenkommen, dass St.Gallen die schwyzerischen Insassen behält und weiterhin aufnimmt». 1950 teilte der Kanton St.Gallen den Schwyzern mit, dass die Taxen erneut angehoben werden müssten.

Die Schwyzer Regierung suchte einen Ausweg – und fand ihn in der Valduna, die nach Kriegsende wieder eine psychiatrische Abteilung in Betrieb nahm. Die Valduna-Leitung freute sich, erneut «arme Irre» aus Schwyz aufnehmen und damit «die guten Beziehungen von früher wieder anknüpfen zu können». 1949 wurde der Vertrag unterzeichnet – zu günstigeren Bedingungen als mit St.Gallen, wo zu dieser Zeit 48 weibliche Insassinnen aus Schwyz registriert waren. Allerdings wollten nicht alle in die Anstalt Valduna zurückkehren. Die Angehörigen etwa von Marie Wessner aus Wangen wehrten sich erfolgreich gegen die Verlegung: Marie Wessner durfte in St.Pirminsberg bleiben, ihre Angehörigen übernahmen die Differenz der Betreuungskosten.

Carl Lutz interveniert

Zehn Jahre später intervenierte erneut der Bregenzer Konsul beim Bund und verlangte die Heimnahme der Innerschweizer Pfleglinge aus der Anstalt Valduna. Konsul in Bregenz war nun Carl Lutz aus Walzenhausen, der kurz vor der Pensionierung stand und im Zweiten Weltkrieg in Ungarn 62000 Juden vor dem Tod gerettet hatte. Lutz begründete seine Intervention mit der miserablen Situation in der Valduna, die als «verrufenes Haus» mit zweifelhafter Betreuungsqualität galt. Die Bundesrat zierte sich und befürchtete, bei den Innerschweizer Kantonen «auf Empfindlichkeiten zu stossen». Immerhin versprach Bundesrat Philipp Etter, die Innerschweizer Regierungsräte in dieser «recht heiklen Angelegenheit» zu kontaktieren. Nichts passierte. Bis Carl Lutz den Bundesrat am 19. April 1961 erneut aufforderte, aktiv zu werden: «Die Innerschweizer Armenbehörden, welche ihre Geisteskranken aus Billigkeitsgründen in der Valduna unterbringen», kritisierte Lutz, sollten dringend von dieser Praxis absehen. Die «Vorarlberger Nachrichten» beschrieben die Valduna als «Schreckgespenst», das «einem verwahrlosten Festungsgefängnis» gleiche, in dem Gitterstäbe neuzeitliche Therapien ersetzten.

Das Eidgenössische Departement des Innern räumte ein, bisher sei leider nichts geschehen. Man habe nun aber von den Innerschweizer Kantonen die Zusicherung erhalten, sich ernsthaft um ihre Valduna-Irren zu kümmern. Ob und wann sie dies taten, ist nicht belegt. Erst in den 1970er-Jahren wurde aus der Anstalt Valduna ein modernes Landeskrankenhaus. Und bis 1983 sollte es dauern, bis die Kantone Schwyz, Uri und Zug ein Psychiatriekonkordat mit eigener Klinik gründeten.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/irrenanstalt-valduna-insassen-werden-auf-geheimnisvollem-weg-beseitigt-wie-der-bregenzer-konsul-150-schweizer-irre-vor-den-nazis-rettete-ld.2143713)