Themen
- «Wirtschaftliche Basishilfe» – ein Pilotprojekt gegen Armut in der Stadt Zürich
- Neue Position «Beauftragter für Migration und innere Sicherheit» im SEM geschaffen
- Todgeburt bei Ausschaffung: Drei Grenzwächter verurteilt
- Gericht kassiert Seehofer-Deal: Abschiebungen direkt von der deutschen Grenze nach Griechenland illegal
- Aufruf zur Solidarität gegen die Isolation in den Asylzentren
- Glasgow: Abschiebung nach massiven Protesten gestoppt
- Athen: Bewohner*innen protestieren gegen drohende Camp-Räumung
Printversion Antira_Wochenschau_17.05.21
Was ist neu?
«Wirtschaftliche Basishilfe» – ein Pilotprojekt gegen Armut in der Stadt Zürich
https://www.tagesanzeiger.ch/stadt-zuerich-erprobt-eine-art-parallel-sozialhilfe-691552096271
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/wirtschaftliche-basishilfe—ein-pilotprojekt-gegen-die-armut?urn=urn:srf:video:abd02bf1-3748-4778-a00e-efc1fede771a
Was geht ab beim Staat?
Neue Position «Beauftragter für Migration und innere Sicherheit» im SEM geschaffen
Der Fokus des neuen Beauftragten für Migration und innere Sicherheit soll auf den Themen Terrorismusbekämpfung, Menschenhandel und Menschenschmuggel liegen. «Die Wechselwirkung zwischen Migration und Sicherheit ist ein kritisches Element einer gesamtheitlichen Migrationspolitik und gewinnt zunehmend an Bedeutung», schreibt der Bundesrat in seiner Medienmitteilung. Das Hauptaugenmerk dieser «Wechselwirkung» hat sich in der Schweiz in den letzten Jahren immer mehr Richtung Sicherheit verschoben. Die Ernennung des neuen Beauftragten reiht sich nahtlos in eine Politik mit beschleunigten Asylverfahren, Rücknahmeabkommen mit autokratischen Staaten und vielleicht bald einem neuen Terrorgesetz ein.
Um was sich der neue Beauftragte genau kümmern soll, bleibt aber offen. Er soll mit «Herkunfts- und Transitländern» und «Partnerbehörden» zusammenarbeiten, «Massnahmen vorschlagen und Partner identifizieren». Zweifellos ist Menschenhandel ein grosses Problem und kein Mensch soll davon betroffen sein. Auch weisen wir von antira.org seit Jahren auf die tödlichen Gefahren des Menschenschmuggels für Migrant*innen hin, welche diese Art der Grenzüberquerung aus purer Not wählen. Die Schaffung dieser neuen Stelle und der Wortlaut der Medienmitteilung lassen aber daran zweifeln, dass diese Probleme nun endlich im Sinne der schutzsuchenden Menschen angegangen werden sollen. Mit dem Argument der Erhöhung der inneren Sicherheit gingen bisher immer repressive Massnahmen gegenüber Migrant*innen und nicht-weissen Menschen einher. Und nur mit der Bekämpfung von Schleppertätigkeiten werden Fluchtursachen nicht mal im Ansatz gelöst. Der Bundesrat soll konkret benennen, was die Aufgaben, Strategie und Ziele des neuen Beauftragten sind und wie damit Fluchtursachen bekämpft werden sollen.
Besetzt wird die Position mit Urs von Arb, vormals «Beauftragter für Migrationsfragen im Mittleren Osten». Diese Stelle wird «als Folge der aktuellen Lage in der Region nicht neu besetzt.» Was das für den Bundesrat auch immer heissen mag. Menschen auf der Flucht und in Not gibt es in dieser Region weiterhin. Aber vielleicht betrifft es einfach nicht die «innere Sicherheit».
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-83500.html
Was ist aufgefallen?
Todgeburt bei Ausschaffung: Drei Grenzwächter verurteilt
Gericht kassiert Seehofer-Deal: Abschiebungen direkt von der deutschen Grenze nach Griechenland illegal
Was nun?
Aufruf zur Solidarität gegen die Isolation in den Asylzentren
Am 29. Mai 2021 findet in Bern eine Kundgebung statt. Damit geflüchtete Menschen aus den Camps daran teilnehmen können, braucht es Geld für den Transport nach Bern. Bitte spendet auf folgendes Konto:
Postkonto: CH15 0900 0000 1510 0908 8
Wo gabs Widerstand?
Glasgow: Abschiebung nach massiven Protesten gestoppt
Hunderte Demonstrant*innen haben letzten Donnerstag ein Fahrzeug der Migrationsbehörde stundenlang blockiert, in dem zwei Männer sassen, welche abgeschoben werden sollten. Ein Aktivist legte sich unter das Auto, um es an der Weiterfahrt zu hindern. Die zwei Männer wurden schlussendlich freigelassen. Einer der Männer stammt aus Indien und sagte der Nachrichtenagentur PA, er sei von der Unterstützung überwältigt gewesen. Die Abschiebung war vom britischen Innenministerium angeordnet worden. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon und ihr Justizminister Humza Yousaf kritisierten die Aktion heftig. Das Beispiel zeigt wieder einmal, das sich Blockadeaktionen gegen Abschiebungen lohnen und ziviler Ungehorsam bei jeder Abschiebung angebracht ist.
https://www.tagesanzeiger.ch/anwohner-verhindern-abschiebung-in-glasgow-527252953423
Athen: Bewohner*innen protestieren gegen drohende Camp-Räumung
Der WDR veröffentlichte bereits vor drei Wochen einen Videobeitrag zu den Protesten im griechischen Camp Skaramagas in Athen. Die Vorfälle wurden medial weiter kaum wahrgenommen und haben antira.org auch erst jetzt erreicht. Im Camp leben laut offiziellen Angaben ca. 2500 Menschen. Diese sollen nun auf andere Camps verteilt werden. Die Bewohner*innen befürchten, dass sich dadurch ihr Asylgesuch in die Länge zieht. Von der Campleitung erhielten sie keine Informationen, wohin sie umziehen sollen. Aus Protest gegen ihre ungewisse Lage besetzten Bewohner*innen eine Autobahn und verursachten einen kilometerlangen Stau. Die Polizei liess die Protestierenden zunächst gewähren. Zum Ende eskalierte die Situation jedoch und frustrierte Menschen, welche im Stau feststeckten, griffen die Protestierenden an, worauf es zu einem Handgemenge kam. Der Videobeitrag fängt die Stimmungslage vor Ort sehr direkt ein, lässt die Aussagen der Betroffenen aber leider ohne Einbettung in den grösseren Kontext stehen. Denn es handelt sich nicht um einen Konflikt zwischen Camp-Bewohnenden und der Athener Bevölkerung. Sondern um ein systematisches Versagen der europäischen Migrationspolitik. Und diese ist mitschuldig, dass in Griechenland erneut eine migrationsfeindliche und rassistische Regierung an die Macht kam.
https://www1.wdr.de/nachrichten/wdrforyou/persisch/wdrforyou-protest-im-camp-skaramages-pr-100.html
Was steht an?
21.-24.05.21 I online
CLINCH ist ein Festival für künstlerische, theoretische und aktivistische Auseinandersetzung von Schwarzen Menschen, People of Color und (Post)Migrant*innen. Bei CLINCH ringen die Besucher*innen miteinander und füreinander um emanzipatorische antirassistische und antidiskriminierende Perspektiven. CLINCH setzt sich für postkoloniale und (post)migrantische Auseinandersetzung, Selbstorganisierung und Sichtbarkeit ein. CLINCH ist intersektional. CLINCH ist radikal. CLINCH ist empowernd.
https://clinchfestival.de
https://anarchistisch.ch/Veranstaltung/kundgebung-stop-isolation
Lesens -/Hörens -/Sehenswert
Während Europa sich nur um sich selbst kümmert, weichen subsaharische Migrant*innen immer öfter auf die gefährliche Atlantikroute aus. Von Emmanuel Mbolela, Buchautor von „Mein Weg vom Kongo nach Europa“.
https://www.medico.de/blog/an-das-sterben-gewoehnt-18170
Am 3. Mai wurde im Flüchtlingslager Vial auf der griechischen Insel Chios ein 28-jähriger Somalier in seinem Zelt tot aufgefunden. 12 Stunden lag er bereits unentdeckt da. Eine beeindruckende Reportage von minusgrenzen.com, dem Blog zu Grenzfragen aus Politik Gesellschaft und Philosophie.
https://minusgrenzen.com/europaeische-fluechtlingslager-gewalt-u-elend/
https://wearesolomon.com/mag/lab/we-call-it-modernization-reception-centers-for-migrants-will-be-closed-facilities/
https://taz.de/Podcast-Weissabgleich/!5770538/