Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BERN
Neue Aufgaben im Flüchtlingsbereich: : Berner Stadtrat billigt Spezialfinanzierung im Asylwesen
Für ihre neuen Aufgaben im Asyl- und Flüchtlingsbereich kann die Stadt Bern eine Spezialfinanzierung bilden.
https://www.derbund.ch/berner-stadtrat-billigt-spezialfinanzierung-im-asylwesen-998915490949
-> https://www.bernerzeitung.ch/eine-neue-spezialfinanzierung-fuer-den-asylbereich-929359075036
-> Projekt Neustrukturierung Asylbereich im Kanton Bern NA-BE: https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=292fdfe3a76b4350b4531234155b023c
+++SCHWEIZ
Integration heisst auch, getrennte Familien wieder zusammenzubringen
Abdol und Sediqa Sharifi kommen aus Afghanistan. Er war Mathematiklehrer in Kabul, sie arbeitete im Gesundheitswesen. Als das fortschrittliche Paar in den Fokus von Fundamentalisten gerät, muss Sediqa untertauchen und Abdol fliehen. Jahrelang bleiben die beiden getrennt und in Sorge umeinander.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/integration-heisst-auch-getrennte-familien-wieder-zusammenzubringen
+++JENISCHE/SINTI/ROMA
bernerzeitung.ch 08.04.2021
Platz für ausländische Fahrende: Der Kanton beisst bei den Gemeinden auf Granit
Zwei sollten es eigentlich sein – doch heuer kann der Kanton den ausländischen Fahrenden gar keinen provisorischen Platz mehr anbieten. Bislang jedenfalls.
Stephan Künzi
Im Seeland beginnt die Saison der Fahrenden regelmässig mit einem Paukenschlag. Und vor allem tendenziell stets etwas früher: Letztes Jahr zum Beispiel reisten die ersten Gruppen schon Anfang März aus dem Ausland an. Sie fuhren in Gampelen bei Jakob Aebi vor, zu dessen Landmaschinenhandel mit angegliedertem Rasthof auch ein grosser Platz gehört. Dort machten sie halt, und als Aebi sich anschickte, mit seinen Angestellten das Areal zu räumen, kam es zu Handgreiflichkeiten.
Mithilfe der Polizei gelang es schliesslich, die Fahrenden auf den Autobahnrastplatz bei Wileroltigen zu lotsen. Dieser füllte sich in der Folge derart, dass die Lastwagenchauffeure, für die er eigentlich gebaut worden war, vorübergehend keinen Platz mehr fanden und weiterfahren mussten.
Auch heuer gab es Streit. Und diesmal sogar noch etwas früher: Als die ersten Gruppen auf dem Autobahnrastplatz bei Wileroltigen vorfuhren, brach erst die vierte Februarwoche an. Noch war die Anlage nicht wieder so hergerichtet, dass sie im vorderen Teil als provisorischer Transitplatz dienen konnte. Erst Anfang März sollte es so weit sein.
Das Bundesamt für Strassen (Astra) verlangte deshalb die Wegweisung. Doch die Kantonspolizei liess die Fahrenden gewähren, weil die Gespanne, so die offizielle Begründung, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellten.
Mit leeren Händen
In dieser Situation wäre es umso wichtiger, dass wenigstens am 1. April klare Verhältnisse herrschen würden. Auf diesen Termin gingen in der Vergangenheit die kantonalen Provisorien für ausländische Fahrende jeweils auf. Das war 2018 und 2019 auf dem Platz in Brügg so, und das hätte letztes Jahr auch auf dem Platz in Gampelen so sein sollen – wenn die Grenzen wegen Corona nicht dicht gewesen wären. Die Eröffnung verschob sich deshalb auf Anfang Juni.
Eigentlich hatte sich der Kanton vorgenommen, zusammen mit den betroffenen Gemeinden pro Saison jeweils zwei dieser Plätze anbieten zu können. Brügg machte 2018 den Anfang, 2019 kam Gampelen dazu – doch weil Brügg wie Gampelen die ausländischen Fahrenden nur zwei Jahre bei sich beherbergen wollten, fiel schon 2020 das Gelände in Brügg wieder weg. Heuer macht auch Gampelen nicht wieder auf, und Ersatz ist nicht in Sicht.
Damit ist der Kanton weiter von seinem Ziel entfernt denn je. Nach der Saison 2018 mit einem Platz, der Saison 2019 mit zwei Plätzen und der Saison 2020 mit wieder nur einem Platz steht er heuer wieder mit leeren Händen da. Und mittlerweile ist der 1. April vorüber, die Saison geht definitiv los.
Freiwilligkeit bleibt
Noch hat der Kanton nicht aufgegeben. Das stellt Regula Müller klar: «Die Regierungsstatthalterämter Seeland und Biel sind weiterhin bestrebt, ein geeignetes Grundstück zu finden», schreibt die stellvertretende Generalsekretärin in der Direktion von Regierungsrätin Evi Allemann (SP).
Gleichzeitig steht sie offen dazu, dass diese Aufgabe alles andere als einfach ist. Einfach ein Areal zur Hand zu haben, das verkehrsgünstig liegt und mit den Gespannen der Fahrenden gut zu erreichen ist, genügt bei weitem nicht. Der Platz muss betreut und überwacht werden, was in Brügg wie in Gampelen mit viel Freiwilligenarbeit verbunden war. Und: Behörden wie Bevölkerung müssen bereit sein, sich mit den Gästen aus dem Ausland zumindest für eine begrenzte Zeit zu arrangieren. Die Beschränkung auf zwei Jahre trug in Brügg wie in Gampelen entscheidend zur allgemeinen Akzeptanz bei.
All das klingt an, auch wenn Müller sehr allgemein bleibt: «Es ist stets allen Interessen Rechnung zu tragen. Daher gestaltet sich die Suche schwierig und bedarf einer aufwendigen Planung.»
Trotz des akuten Notstands will der Kanton keiner Gemeinde ein Provisorium aufs Auge drücken. «Das Modell der Freiwilligkeit ist als Übergangslösung gedacht, bis ein definitiver Transitplatz realisiert ist», so Müller weiter. «Dies hat der Regierungsrat stets klargemacht.»
Auf Private angewiesen
Apropos definitiver Transitplatz: Die Arbeiten für den fixen Halteort, den der Kanton direkt neben dem Autobahnrastplatz Wileroltigen bauen will, laufen nun weiter. Sie wurden letztes Jahr für längere Zeit sistiert, weil die JSVP das Ja der Stimmenden zu den benötigten 3,3 Millionen Franken – letztlich erfolglos – anfocht. Die Verzögerung führt dazu, dass der Platz nicht mehr wie geplant 2023, sondern erst 2024 fertig wird. Der aktuelle Zeitplan sieht eine Eröffnung im zweiten Quartal vor.
Wohin bis dann mit den ausländischen Fahrenden? Müller hält fest, dass sie «auch weiterhin darauf angewiesen sind, auf dem Gelände von privaten Grundeigentümern haltmachen zu können». Oder eben auf dem Provisorium auf dem Autobahnrastplatz bei Wileroltigen, mit dem das Astra dem Kanton wenigstens ein Stück weit aus der Patsche hilft.
Reibereien zwischen den beiden Akteuren lassen sich dabei nicht vermeiden. Wie im Februar, als das Astra die Fahrenden weghaben wollte, die Kantonspolizei dem Begehren aber nicht Folge leisten wollte. Oder wie letztes Jahr, als die Lastwagenchauffeure plötzlich neben den Fahrenden keinen Platz mehr hatten. Zudem trägt der Bund eine nicht unerhebliche finanzielle Last: Allein letztes Jahr gab er für das Provisorium gegen 840’000 Franken aus.
(https://www.bernerzeitung.ch/der-kanton-beisst-bei-den-gemeinden-auf-granit-901662443537)
+++GASSE
Aufregung in Basel: Bettelnde waschen Kleider im Brunnen – Stadtwerke prüfen weitere Schritte
Ein Leser-Video zeigt, wie zwei Bettelnde in einem Basler Brunnen ihre Wäsche waschen. Der Basler SVP-Politiker Joël Thüring ist entsetzt, dass Stadt-Brunnen als Waschanlage missbraucht werden. Die Industriellen Werke Basel behalten sich weitere Schritte vor.
https://www.20min.ch/video/bettler-waschen-ihre-kleider-in-basler-brunnen-482221534578
-> https://telebasel.ch/2021/04/08/bettler-waschen-in-brunnen-ihre-kleidung
Genfer Hotel beherbergt Obdachlose – Echo der Zeit
Hotels leiden wegen fehlender Gäste besonders unter der Corona-Pandemie . Ein Hotel in Genf hat in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen Obdachlose aufgenommen. Daraus ist ein längerfristiges Projekt geworden, das auch vom Sozialamt des Kantons unterstützt wird.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/genfer-hotel-beherbergt-obdachlose?id=b4171be0-bf41-470f-bf9b-34f2421a0d59
Corona treibt immer mehr Menschen in Armut
Die Corona-Pandemie treibt viele Menschen in die Armut. Dies spürt auch die «Schweizer Tafel». Die Nachfrage nach Lebensmitteln steigt.
https://telebasel.ch/2021/04/08/corona-treibt-immer-mehr-menschen-in-armut
+++FREIRÄUME
Kleine Anfrage Junge Alternative JA! (Seraina Patzen, Eva Krattiger, Nora Joos)
Am 18. März hat die Polizei mit einem Grossaufgebot ein besetztes Haus in der Matte geräumt. Das Gebäude gehört EWB und steht seit 1.5 Jahren leer. Laut Medienberichten ist noch keine neue Nutzung für das Gebäude definiert, es laufen erst Verhandlungen. Die Räumung widerspricht damit dem Grundsatz des Gemeinderats, dass besetzte Gebäude im Besitz der Stadt Bern erst dann geräumt werden, wenn ein Nachfolgeprojekt bereit steht.
https://jungealternative.ch/umgang-mit-besetzungen-in-der-stadt-bern/
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bernerzeitung.ch 08.04.2021
Ehemalige Schreinerei in Bern: Hausbesetzern droht die Räumung
Seit Anfang Jahr ist die ehemalige Schreinerei an der Weissensteinstrasse besetzt. Nun hat die Liegenschaftsbesitzerin dem Besetzerkollektiv offenbar eine Auszugsfrist gesetzt.
Michael Bucher
In die ehemalige Schreinerei an der Weissensteinstrasse 4 ist in den vergangenen Wochen etwas Leben eingekehrt. Seit Januar wird das heruntergekommene dreistöckige Gebäude zwischen der Tramendstation Fischermätteli und dem Europaplatz von einem Kollektiv namens Tripity besetzt. Das ist auch von aussen wahrnehmbar, wo diverse Transparente, die auf die Besetzung aufmerksam machen, an der Fassade hängen.
Doch nun stehen die Zeichen auf Abbruch. Die Besetzerinnen und Besetzer wurden von der Liegenschaftsbesitzerin aufgefordert, die alte Schreinerei zu verlassen. Das schreibt das Kollektiv auf der Internetplattform «Open Petition», wo es eine Petition gestartet hat zum Erhalt der Zwischennutzung. 1600 Personen haben bis Mittwochnachmittag das Begehren unterzeichnet.
Mängel am Stromnetz?
Vor Ort war am Mittwochmorgen niemand anzutreffen. Ein Papiersack mit leeren Bierflaschen steht vor der Eingangstür, ebenso ein paar Schoggihasen, auf denen ein Zettel klebt mit der Botschaft «Schön, gits euch». Im Hinterhof zeugt eine Feuerschale von einem abendlichen Grillplausch. Auf einer Tafel bei der Eingangstür wird die Quartierbevölkerung über den drohenden Auszug informiert und um Unterstützung gebeten. Laut eigenen Angaben hat das Kollektiv in den vergangenen Wochen in dem baufälligen Gebäude diverse Projekte auf die Beine gestellt: Nähatelier, Velowerkstatt, Bierbrauerei, Yogakurse und eine Küche für alle werden unter anderem genannt.
Dass damit nun Schluss sein soll, sorgt bei den Tripity-Leuten für Unmut. Mängel am Stromnetz seien ihnen von der Liegenschaftsbesitzerin als Grund angegeben worden. «Wir können dies nicht nachvollziehen, da wir bereits mit Fachpersonen in Kontakt waren, die diese Mängel beheben könnten», schreibt das Kollektiv in seinem Petition-Begleittext. Laut der Besetzergruppe liegt derzeit noch keine Abbruchbewilligung vor. Sie rechnet damit, dass es noch Jahre dauert, bis das Areal neu bebaut wird. «Diese Verschwendung von Raum und Potenzial ist schade und für uns unverständlich», schreibt Tripity. Von der Besitzerin, der Oekopol Immobilien AG, wollte am Mittwoch niemand Stellung dazu nehmen.
Sollten die Besetzerinnen und Besetzer die Frist ignorieren, droht eine polizeiliche Räumung. Eine solche gab es erst vor drei Wochen an der Wasserwerkgasse im Mattequartier. Energie Wasser Bern (EWB) als Besitzerin des Gebäudes machte geltend, eine Zwischennutzung wie von den Besetzern vorgesehen sei aus denkmalschützerischer Sicht nicht geeignet. Die Räumung, die von einem Grossaufgebot der Polizei begleitet wurde, ging friedlich über die Bühne.
Teure Überwachung
Ob es auch an der Weissensteinstrasse so weit kommt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass das Gebäude nach einer allfälligen Räumung bis zum Abriss versiegelt und bewacht werden solle, schreibt das Tripity-Kollektiv. Dass dies teuer werden kann, weiss man beim Amt für Grundstücke und Gebäude beim Kanton Bern. Dieses liess im Mai 2019 die alte Schreinerei in der hinteren Länggasse räumen, die zuvor vom Kollektiv Fabrikool illegal besetzt worden war. Um neuerlichen Besetzungen vorzubeugen, wird das Areal seither von einer Security bewacht. Laut dem Kanton waren bis letzten Herbst Kosten in Höhe einer Viertelmillion Franken entstanden.
(https://www.bernerzeitung.ch/hausbesetzern-droht-die-raeumung-307528897163)
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Gesundheit ist ein Allgemeingut – Keine Macht den Pharmafirmen!
Aktion von RESolut zum Weltgesundheitstag in Rotkreuz – Zum heutigen Weltgesundheitstag haben wir mit einem Transpi vor der Pharma Firma Roche in Rotkreuz gegen die Profitmacherei der Pharmafirmen mit der allgegenwärtigen Corona-Krise auf der ganzen Welt protestiert.
https://barrikade.info/article/4358
-> https://resolut.noblogs.org/post/2021/04/07/gesundheit-ist-ein-allgemeingut-keine-macht-den-pharmafirmen/
+++ANTITERRORSTAAT
Nationaler Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus: vierte Ausschreibung für Finanzhilfegesuche
Der Bund unterstützt im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus (NAP) Projekte von Kantonen, Gemeinden, Städten, Hochschulen und der Zivilgesellschaft mit einem Impulsprogramm. Er setzt dafür während fünf Jahren (2018¬–2023) fünf Millionen Franken ein. Gesuche um finanzielle Unterstützung von Projekten, die 2022 umgesetzt werden sollen, können vom 1. April bis 30. Juni 2021 eingereicht werden. Die Eingabe von Finanzhilfegesuchen für Projekte, die auf die Verhinderung verschiedener Formen von Radikalisierung hinwirken, wird ausdrücklich begrüsst.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-83019.html
+++JUSTIZ
DNA-Probe auf Vorrat: Bundesgericht sagt Njet zu Basler Stawa-Praxis
Die Basler Staatsanwaltschaft gerät mit ihrer forschen Praxis der DNA-Analyse immer wieder in Konflikt mit den Gerichten. Nun ist sie erneut zu weit gegangen, findet das höchste Schweizer Gericht.
https://bajour.ch/a/5nsFyX741Tqj8qH3/dna-probe-auf-vorrat-basler-staatsanwaltschaft-unterliegt-vor-bundesgericht
-> Bundesgerichtsurteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://15-03-2021-1B_381-2020&lang=de&zoom=&type=show_document
+++BIG BROTHER
Videoüberwachung in Zürich: Zürich blickt auf St. Gallen – Kameras am Seebecken bleiben vorerst
Die Stadt Zürich lässt die Kameras rund um den Stadelhoferplatz weitere zwei Wochen hängen. Die Polizei schätzt ihre präventive Wirkung – wohl auch für mögliche Partys in den kommenden Tagen.
https://www.tagesanzeiger.ch/kameras-am-seebecken-bleiben-vorerst-355510265632
Interpellation Christa Ammann (AL): SozialdetektivInnen in Bern – Welche Folgen hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die SozialdetektivInnen in Bern?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=97b28b770e6646339015fe52846a0a3c
+++POLICE BE
Fallvideo: Berner Polizeigesetz vor Bundesgericht
Das revidierte Berner Polizeigesetz stand von Anfang an wegen grundrechtlich heiklen neuen Regelungen in Kritik. Eine breite Allianz aus Parteien, Gewerkschaften, Menschenrechts- und Minderheitenorganisationen reichte deswegen eine Beschwerde beim Bundesgericht ein. Die Anlaufstelle strategische Prozessführung präsentiert den strategischen Fall in einer neuen Videodokumentation.
https://www.humanrights.ch/de/anlaufstelle-strategische-prozessfuehrung/news-fallvideo-berner-polizeigesetz
+++QUEER
Hass gegen LGBTQ+ – Von Diskriminierung und Widerstand
Sie werden angepöbelt, angespuckt und zusammengeschlagen. Zu homofeindlichen Attacken und Übergriffen gibt es zwar in der Schweiz keine offizielle Statistik, doch die Schwulenorganisationen stellen eine starke Zunahme fest. Gewalt, Demütigung und Diskriminierung gehören zum Alltag queerer Menschen.
https://www.srf.ch/play/tv/dok/video/hass-gegen-lgbtq—von-diskriminierung-und-widerstand?urn=urn:srf:video:2a59e2ce-b09f-4918-be61-848850ee8937&aspectRatio=16_9
+++RASSISMUS
Koloniale und rassistische Zeichen im Stadtraum werden entfernt oder kontextualisiert
In der Stadt Zürich gibt es im öffentlichen Raum sichtbare Zeichen mit Bezug zu Rassismus und Kolonialismus. Der Stadtrat will, dass diese Zeitzeichen nach einer Einzelfallprüfung entweder entfernt oder kontextualisiert werden. Drei rassistische Bezeichnungen an städtischen Liegenschaften im Niederdorf werden noch dieses Jahr entfernt.
https://www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/ueber_das_departement/medien/medienmitteilungen/2021/april/210408.html
-> https://www.tagesanzeiger.ch/schluss-mit-kolonialen-und-rassistischen-zeichen-in-zuerich-279903247659
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/ueberholt-und-verletzend-zuerich-entfernt-mohrenkopf-schilder-im-niederdorf-id16444736.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/der-kampf-der-stadt-zuerich-gegen-rassismus?id=11963201
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/stadt-zuerich-geht-gegen-rassistische-zeichen-im-stadtraum-vor-00155999/
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/historische-aufarbeitung-zeichen-des-rassismus-im-oeffentlichen-raum-stadt-zuerich-handelt-ld.2122833
-> https://tsri.ch/zh/stadt-zurich-rassistische-kolonialistische-hausernamen-niederdorf-voda-/
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/stadt-zuerich-will-umstrittene-haeusernamen-entfernen-141474892
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nzz.ch 08.04.2021
«Zum Mohrenkopf» steht über der blauen Haustüre am Neumarkt 13 im Zürcher Niederdorf. 400 Meter entfernt, an der Niederdorfstrasse 29, hat jemand einst in goldenen Lettern die Wörter «zum Mohrentanz» über einen Türrahmen gemalt. Nun sollen beide Inschriften verschwinden. Das hat der Zürcher Stadtrat entschieden, nachdem er die Embleme hatte prüfen lassen.
Die Stadtpräsidentin Corine Mauch sagt dazu: «Der Stadtrat ist klar der Meinung: Rassismus kann und darf nicht toleriert werden.» In Zürich gebe es verschiedene Zeitzeichen, etwa Hausnamen-Inschriften und Wandbilder, die einen Bezug zu Anti-Schwarzen-Rassismus und Kolonialismus hätten. Die Mehrheit davon befinde sich im Niederdorf und sei Teil der Stadtgeschichte.
Sie sollen nun also weggemacht – oder dort wo dies nicht möglich ist, kontextualisiert werden. Die Stadt folgt damit dem Vorschlag der zuständigen Projektgruppe «Rassimus im öffentlichen Raum», die einen Bericht zum Umgang mit kolonialen Spuren im Stadtraum verfasst hatte.
Nicht überall stösst der Entscheid auf Verständnis. Der SVP-Gemeinderat Stefan Urech kritisiert: «Der Bericht ist historisch unfundiert. Es ist eine undifferenzierte Verurteilung des Wortes Mohr. Sobald es vorkommt, wird es als schlecht gewertet.» Eine Einordnung in den geschichtlichen Kontext fehle jedoch im Bericht. «Für mich ist das ein Beweis, dass nicht die Verwaltung sich des Themas annehmen sollte. Es bedarf einer unideologischen wissenschaftlichen Auseinandersetzung.»
Tatsächlich fehlt im Bericht eine allgemeine Begründung, wann eine Inschrift oder ein Bild als rassistisch eingestuft wird. Man schaue jeden Fall einzeln an, erklärt die Stadtpräsidentin Mauch. Generell lasse sich jedoch sagen: «Wir wollen Objekte und Zeichen dort entfernen, wo ihre Botschaft nicht durch Vermittlung gebrochen werden kann.» Dazu gehörten Hausinschriften, weil sie für jeden sichtbar seien und sich Personen dadurch gedemütigt fühlen könnten – auch wenn ersichtlich sei, dass sie aus früheren Zeiten stammten. Mauch sagt: «Wenn wir sie unreflektiert stehen lassen, würde es so wirken, als hätten sie eine Daseinsberechtigung.»
Dass die Inschriften entfernt würden, bedeute nicht, dass sie aus der Geschichte der Stadt gestrichen werden sollen, sagt Mauch weiter. An den Hauswänden der betroffenen Häuser könnten etwa Plaketten mit QR-Codes befestigt werden. Diese können Passanten mit dem Handy einlesen und erhalten so Informationen dazu, welche Inschrift früher an dem Haus angebracht war und wieso sie ausradiert worden ist.
SVP-Gemeinderat Urech stört nicht nur die fehlende historische Einordnung sondern auch die Zusammensetzung der Projektgruppe. Lediglich eine der 13 beteiligten Personen sei dunkelhäutig. Urech sagt: «Ich hätte mir hier mehr Diversität gewünscht.» Auch das «Kollektiv Vo da.», das mit einem Schreiben an den Stadtrat im Sommer 2020 die Debatte mitlanciert hatte, kritisierte diesen Punkt einst.
Mauch hat Verständnis für den Einwand. Sie begründet: «Es handelt sich hier um eine verwaltungsinterne Gruppe, die sich aus den Fachleuten der Stadt zusammensetzt.» Die Projektgruppe habe im Laufe des Prozesses bewusst Kontakt zu Betroffenen wie etwa dem «Kollektiv Vo da.» gesucht, um ihre Meinung einzubinden.
Mit der Übermalung von Inschriften an Häusern, die im Besitz der Stadt sind, ist die Arbeit des Stadtrats noch nicht abgeschlossen. Er will weitere Embleme prüfen – auch solche an Privathäusern. Hier hat die Stadt jedoch keine direkten Eingriffsmöglichkeiten.
Es fehlt eine Rechtsgrundlage, die es erlauben würde, private Hauseigentümer dazu zu verpflichten, rassistische Bezeichnungen zu entfernen. Trotzdem will die Stadt auch bei diesen Fällen nicht untätig bleiben. Die Stadtpräsidentin Mauch sagt: «Wir werden auf die betroffenen Hauseigentümerschaften zugehen und ihnen unsere Überlegungen und die Strategie erläutern. Zudem wollen wir sie einladen, im Sinne des öffentlichen Interesses mit dem städtischen Vorgehen gleichzuziehen.»
Pläne hat die Stadt auch für Objekte, die aufgrund ihrer Grösse, des historischen Kontexts oder anderer Interessen nicht entfernt werden können. Bei ihnen soll eine sichtbare Kontextualisierung, eine Umgestaltung oder eine künstlerische Erweiterung durchgeführt werden. Betroffen sind etwa die Gemälde und Schnitzereien in der denkmalgeschützten Aula des Schulhauses Hirschengraben.
Sie zeigen eine im 19. Jahrhundert weitverbreitete exotisierende Zurschaustellung «fremder Völker». Was genau mit den Darstellungen in der Aula passiert, ist noch offen. Der Stadtrat will verschiedene Massnahmen prüfen.
Klar ist, dass den kolonialen Spuren in der Zürcher Innenstadt künftig mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden soll. Der Stadtrat möchte neben der Prüfung rassistischer Embleme auch eine Ausstellung zum Thema im Stadthaus machen. Die Stadtpräsidentin Mauch sagt: «Wir wollen den Umgang mit dem Thema Erinnerungskultur besser koordinieren.»
Das «Kollektiv Vo da.» reagierte am Donnerstag positiv auf den Entscheid des Stadtrats. In einer Stellungnahme teilte es in den sozialen Netzwerken mit: «Diese Meldung der Stadt Zürich ist für uns ein Meilenstein und gleichzeitig ein weiterer kleiner, jedoch wichtiger Schritt in der Dekonstruktion des ausschliesslich für die Abwertung und damit die Unterdrückung anderer Menschen erfundenen Konstrukts Rassismus.» Durch die Entfernung der rassistischen Bezeichnungen würde die Achtung der Menschenwürde von Rassismusbetroffenen künftig sichergestellt. Zürich setze ein wichtiges Zeichen und der Entscheid könne künftig als Präzedenzfall dienen.
Es dürfte längst nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich der Stadtrat ausführlich mit Rassismus und Zürichs Rolle in der Kolonialisierung beschäftigt muss. Vergangenes Jahr hatte das Alfred-Escher-Denkmal für Diskussionen gesorgt. Im Auftrag der Stadt hatte eine Historikergruppe der Universität Zürich einen Bericht verfasst, der mögliche Verstrickungen Eschers und seiner Familie in den Sklavenhandel aufdecken sollte.
Der Bericht kam zum Fazit, dass Escher selber zwar nichts mit dem Sklavenhandel zu tun hatte, zwei seiner Onkel jedoch auf Kuba mit Hilfe von Sklaven eine Plantage betrieben hatten. Die Debatte geht weiter: Die Stadt untersucht insgesamt 26 Statuen und Denkmäler. Noch ist offen was bleiben darf und was weg muss.
(https://www.nzz.ch/zuerich/kolonialismus-in-zuerich-stadtrat-laesst-mohrenkopf-entfernen-ld.1610699)
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nzz.ch 08.04.2021
Kommentar: Mit dem Tilgen von Buchstaben ist kein Kampf gegen Rassismus zu gewinnen
Die Stadt Zürich führt ihren Feldzug gegen den Begriff «Mohr» weiter. Sie sieht das als Mittel im Kampf gegen Rassismus, läuft allerdings Gefahr, über dieses Ziel hinauszuschiessen.
Urs Bühler
Das traditionsreiche Zürcher «Café Mohrenkopf» heisst seit letztem Jahr «Frisk Fisk». Darunter kann sich hierzulande zwar kaum jemand etwas vorstellen, während der alte Name bei den allermeisten nichts anderes als das Bild eines köstlichen Süssgebäcks wachrief. Aber der Forderung nach Political Correctness ist Genüge getan mit dieser Namensänderung, welche die Stadt dem Lokal in ihrem Besitz verordnet hatte.
Schon damals war abzusehen, dass dies nur der Anfang einer umfassenden Reinigungsaktion sein würde. Unter dem Titel «Koloniale und rassistische Zeichen im Stadtraum werden entfernt oder kontextualisiert» umreisst der Stadtrat nun sein weiteres Vorgehen, gestützt auf die Empfehlungen einer verwaltungsinternen «Projektgruppe Rassismus im öffentlichen Raum» (PG RiöR).
Wider den «Anti-Schwarzen-Rassismus»
Als konkreter Aufhänger dienen sieben Altstadthäuser, die den heute doch eher harmlos klingenden und als Familienname verbreiteten Begriff «Mohr» im Namen und auf Mauern tragen, von «Mohrenkönig» bis «Mohrentanz». Justiziabel sind solche Bezeichnungen nicht, das hat die Stadt eigens abklären lassen. Doch ein Teil der Bevölkerung stösst sich daran. Also wird der behördliche Feldzug gegen diese vier Buchstaben fortgesetzt. Die Stadt will nun zwei Häuser in ihrem Besitz vom Namen befreien und die privaten Eigentümer der anderen Liegenschaften «sensibilisieren und einladen, im Sinne des öffentlichen Interesses mit dem städtischen Vorgehen gleichzuziehen».
So möchte die Exekutive künftig auch in ähnlich gelagerten Fällen vorgehen, wobei sie sich als Kämpferin gegen den «Anti-Schwarzen-Rassismus» sieht: Mit diesem Wortungetüm operiert sie in ihren Unterlagen, was zeigt, welche merkwürdige Blüten der Zwang zur Correctness auf allen Ebenen treibt. Dabei kann angesichts des Furors, mit dem zurzeit rund um den Globus unter Kampfbegriffen wie «Cancel Culture» gegen alles angetreten wird, was irgendeinem Verdacht ausgesetzt ist, nur zur Mässigung gemahnt werden. Denn allzu oft werden moderne Formen der Inquisition daraus.
Insofern lässt auch das über weite Strecken moderat wirkende Papier der «PG RiöR» hier und dort aufhorchen – etwa wenn es um Objekte geht, deren Bezüge zu Kolonialismus und Rassismus sich erst aus historischem Hintergrundwissen erschlössen: Diese «Kontextualisierung» sei künftig den Betrachtern zu liefern, heisst es, falls solche Objekte nicht entfernt werden könnten. Mit anderen Worten: Ist kein rassistischer Gehalt mehr ersichtlich, ist er durch historische Erklärungen wiederherzustellen. Bloss: Kann etwas noch als diskriminierend gelten, wenn dieser Aspekt vollkommen verblasst ist?
Zu Ende gedacht
«Rassismus darf nicht toleriert werden», heisst es im stadträtlichen Communiqué. Selbstverständlich ist das so, und für die Einhaltung dieses Grundsatzes gibt es eine Strafnorm. Der Rest ist ein weites Feld, in dem sich die öffentliche Hand möglichst zurückzuhalten hat. Ob etwa über einem Hauseingang in der Altstadt weiterhin der historische Schriftzug «Kolonialwaren» steht, sollen immer noch die Ladenbesitzer entscheiden können.
Wer Wortstämme und Biografien nur lange genug durchleuchtet, findet irgendwann fast immer einen Grund, ein Denkmal (von Zwingli vielleicht?) zu stürzen oder eine Lautkette zu ächten. Wer’s nicht besser wüsste, könnte selbst dem frisch eingeweihten Negrellisteg einen problematischen Anklang unterstellen. Und nebst der Aufschrift «Mohrenkopf» wären eigentlich alle Schaumköpfe aus Regalen zu verbannen, da sie einst zu rassistisch anmutenden Vergleichen animierten.
Am einfachsten wäre es wohl ohnehin, alle Ortsschilder von Zürich um einen kontextualisierenden Warnhinweis aus historischer Warte zu ergänzen: «Diese Stadt hat Dreck am Stecken und Blut an den Händen.»
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-gegen-rassismus-gewinnt-man-nicht-mit-buchstaben-loeschen-ld.1610831)
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Tour de Lorraine im Zeichen der Dekolonisation
Die Tour de Lorraine findet trotz Corona auch dieses Jahr statt und behandelt das anspruchsvolle Thema «Dekolonisation». Noch unklar ist, ob die zahlreichen Veranstaltungen vor Ort oder digital durchgeführt werden.
http://www.journal-b.ch/de/082013/alltag/3872/Tour-de-Lorraine-im-Zeichen-der-Dekolonisation.htm
+++RECHTSPOPULISMUS
Burka-Verbote und Rechtspopulismus in Europa – Wie Rechtspopulisten lernten, die Burka zu lieben
Eine knappe Mehrheit der Schweizer hat vor einem Monat für ein „Burka“-Verbot gestimmt. Die Schweizer Volkspartei SVP konnte damit wieder einen Erfolg feiern. Das Thema ist bei Rechtspopulisten europaweit ein Dauerbrenner.
https://de.qantara.de/inhalt/burka-verbote-und-rechtspopulismus-in-europa-wie-rechtspopulisten-lernten-die-burka-zu-lieben
+++RECHTSEXTREMISMUS
tagesanzeiger.ch 08.04.2021
Neonazi-Zelle aus Winterthur – «Hass gegen Juden»: Fünf junge Rechtsextreme verurteilt
Weil sie «die Ideologie des Nationalsozialismus» verbreiteten, wurden fünf Neonazis aus dem Umfeld der Winterthurer Eisenjugend verurteilt. Doch mehrere machen weiter.
Kevin Brühlmann, Leo Eiholzer, Kurt Pelda
Am 20. April 2020, um 18.30 Uhr, fand eine Onlinevorlesung der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK) mit dem Titel «Kein Kino» statt. Zahlreiche Studierende hatten sich eingeloggt. Plötzlich schrie jemand «Heil Hitler!», andere riefen «Sieg Heil!» oder «What does a Nazi mean? Nazi means a good person!». Ausserdem schrieb jemand «Neger» auf eine Folie, die der Dozent eingeblendet hatte, dazu der Vermerk, dass sich an diesem Tag der Geburtstag von Adolf Hitler jährt.
Neun Monate später. Am 20. Januar 2021, an einem Mittwochmorgen kurz vor sechs Uhr, stiegen drei Polizisten in Zivil die Treppen eines Mehrfamilienhauses in einem Winterthurer Aussenquartier hinauf. Dort wohnt der Anführer der radikalen Neonazi-Zelle Eisenjugend bei seinen Eltern. Sein Deckname: Eszil. 20 Jahre alt, Waffenfreak, Sportfanatiker und Student an der ZHDK. Seine Mission: ein globaler «Rassenkrieg». («Die Eisenjugend und ihr Traum von der Apokalypse» – lesen Sie hier mehr dazu.)
Schon bei einer früheren Razzia, im August 2020, hatte die Polizei Eszils Waffen beschlagnahmt. Laut einem Jugendfreund besass er eine Kalaschnikow, zwei Karabiner, zwei Pistolen, dazu ein halbautomatisches Gewehr des Typs SIG-522. An jenem Mittwochmorgen im Januar konfiszierten die Polizisten mehrere Mobiltelefone, einen Laptop und eine Festplatte, zwei Sturmhauben, Aufkleber und Notizzettel. Eszil wurde abgeführt.
Zahlreiche Schusswaffen und Munition beschlagnahmt
Gleichzeitig, zwölf Kilometer nördlich, in Andelfingen, verhaftete die Polizei einen Komplizen von Eszil, den 19-jährigen Gregor (Name geändert), einen Informatiker. Auch Gregor wohnt bei seinen Eltern, auch er liebt Waffen. Laut Bekannten ist er ein scheuer Typ, der selten das Haus verlässt, vor einiger Zeit aber «neue Freunde» gefunden hat und mit Krafttraining begann.
An jenem Mittwochmorgen beschlagnahmte die Polizei Gregors Waffen: eine halbautomatische Pistole des Typs Glock 19, eine Kalaschnikow, ein Schrotgewehr der Marke Ruger und haufenweise Munition. Dazu mehrere Laptops und Mobiltelefone sowie das «Handbuch der Judenfrage», verfasst von Theodor Fritsch, einem geistigen Wegbereiter des Nationalsozialismus (laut Google Books soll es «einen hohen Gebrauchswert für Antisemiten» haben).
Eszil und Gregor kennen sich von der Schulzeit her, sie besuchten dieselbe Privatschule. Neben den beiden wurden vier weitere junge Männer verhaftet, alle zwischen 18 und 20 Jahre alt, alle rechtsextrem. Sie verbrachten einen bis zwei Tage in Untersuchungshaft.
Die Razzien waren das Ergebnis monatelanger Ermittlungen. Nach den Festnahmen brauchte der Zürcher Staatsanwalt Umberto Pajarola, Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalität und Experte in Sachen Cyberkriminalität, nur noch zwei Monate, bis fünf der jungen Männer rechtskräftig verurteilt waren (ein Verfahren läuft noch). Die meisten der vorhin erwähnten Informationen über die Verhaftungen stammen aus Pajarolas Strafbefehlen.
Straftatbestände: Rassendiskriminierung oder mehrfache Rassendiskriminierung, Vergehen gegen das Waffengesetz, Sachbeschädigung.
Mit den Äusserungen in der Onlinevorlesung, schreibt Umberto Pajarola in einem Strafbefehl, «verbreiteten die Beschuldigten die Ideologie des Nationalsozialismus und diskriminierten die Gruppen der Juden und diejenige dunkelhäutiger Menschen, indem sie diese […] in ihrer Menschenwürde krass herabsetzten und Hass gegen sie schürten […].»
Die jungen Männer wurden alle zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Die Probezeit beträgt zwei Jahre; lassen sie sich in dieser Zeit nichts zuschulden kommen, müssen sie nichts bezahlen. Ausserdem wurden Bussen zwischen 500 und 1600 Franken ausgesprochen, die in jedem Fall zu bezahlen sind. Waffen und Munition, die Gregor aus Andelfingen besass, bleiben beschlagnahmt. Was aus Eszils Arsenal wurde, ist unklar.
Die höchste Strafe aller Verurteilten erhielt Eszil. Er muss 120 Tagessätze à 30 Franken bezahlen, wie erwähnt bedingt, ausserdem muss er die Kosten des Verfahrens grösstenteils selbst übernehmen: 13’069.10 Franken.
Straight-edge-Nationalsozialismus
16’240 Franken kosteten allein die Telefonkontrollen, die die Behörden vornahmen. Und diese Spur führt uns in den Recherchen ein gutes Jahr zurück, in den Januar 2020, als die Gruppe Eisenjugend erstmals im Internet auftauchte. In Videos posierten junge Männer schwer bewaffnet, und in verschlüsselten Chats fantasierten sie davon, die Welt mit Anschlägen ins Chaos zu stürzen, um nach dem Sieg eines «apokalyptischen Rassenkriegs» als weisse Elite zu herrschen. Die Gruppe umfasste vielleicht drei bis vier Männer, darunter Eszil und Gregor. Sie lebten eine Art «straight-edge»-Nationalsozialismus: keinen Alkohol trinken, Bücher mit irren Theorien lesen und trainieren wie wild, den eigenen Körper und den Umgang mit Schusswaffen.
«Er erzählte mir von irgendwelchen Theorien», sagte uns ein Jugendfreund Eszils, «wonach die ‹afrikanische Rasse› uns beherrschen würde. Weil Europäer bloss ‹Mittelklasse-Gene› hätten und ‹Mischkinder› darum zu 80 Prozent afrikanisch seien. Und wenn wir so weitermachten, sagte er, seien wir in 200 Jahren alle ‹afrikanisch›. Und das wolle er verhindern.»
Bekannte berichten, Eszil sei zurückhaltend und «voll in seiner eigenen Welt» gewesen. An der ZHDK wurde Eszil als intelligent und künstlerisch begabt beschrieben, aber auch als Einzelgänger. Was ihn nicht daran hinderte, sich unter Gleichgesinnten zu vernetzen.
Praktisch zeitgleich mit der Eisenjugend tauchte eine zweite Gruppe im Raum Winterthur auf, die Nationalistische Jugend Schweiz, kurz NJS. Die Gruppe war etwas grösser. Etwa ein Dutzend junger Männer traf sich regelmässig; sie tranken Bier, machten Kampfsport und klauten Fahnen von Linken. Sie erinnern an die Nazi-Skins aus den Neunzigerjahren – jedoch mit Turnschuhen und Instagram-Profilen. Wichtigstes Bindeglied zwischen den beiden Winterthurer Gruppen NJS und Eisenjugend war Eszil.
Neben Eszil gab es noch eine Art zweiten «intellektuellen» Kopf der Eisenjugend: Maurizio (Name geändert), der Rechtsextreme von der Zürcher Goldküste.
Am 20. Januar 2021, an jenem Mittwochmorgen, erhielt auch Maurizio Besuch von der Polizei. Maurizio ist 20 Jahre alt, Student, stammt aus gutem Haus und wohnt in Meilen bei seinen Eltern; er spielte Eishockey bei einem Club aus der Region, galt aber als Aussenseiter.
Im September 2020 statteten wir seinem Elternhaus einen Besuch ab. Als Maurizio uns sah, schlug er die Tür gleich wieder zu. Seine Mutter wollte sich ebenso wenig zu den Aktivitäten ihres Sohns äussern.
Zeitgleich mit den anderen fünf jungen Männern wurde Maurizio verhaftet. Er war ebenfalls an der Attacke gegen die Onlinevorlesung beteiligt. Und zusammen mit Eszil hatte er rassistische und antisemitische Aufkleber entworfen. Im Februar 2020 brachten sie ungefähr 270 Stück an den Gebäuden der ZHDK und der ETH Zürich an. Maurizio verwaltete auch den Onlineauftritt der Eisenjugend. Auf diverse Plattformen lud er Bilder hoch, die Hakenkreuze oder Adolf Hitler zeigten.
Trotz Verurteilung machen Eszil und Co. weiter
Und heute? Offiziell haben sich Eisenjugend und NJS aufgelöst, und Eszil wurde von der Zürcher Hochschule der Künste ausgeschlossen. War es das also mit dem rechtsradikalen Frühling in Winterthur? Wir schauen die Liste der Gegenstände an, die die Polizei beim ebenfalls verurteilten Maurizio beschlagnahmt hat: zwei Mobiltelefone, eine Agenda und Notizbücher, diverse USB-Sticks und Festplatten. Dann ein «Katalog VDDJ 2020» und eine «Visitenkarte VDDJ». Und bei einem anderen Verhafteten werden «5 Kleber NAF» konfisziert.
VDDJ und NAF – bei diesen beiden merkwürdig klingenden Begriffen laufen die Fäden nun zusammen.
VDDJ ist die Abkürzung für den Versand der Deutschen Jugend. Der Verlag wird von einem jungen Neonazi aus Sachsen geführt, der sich schon mehrfach mit Eszil getroffen hat, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz.
Die NAF ist die Nationale Aktionsfront, eine rechtsextreme Dachorganisation aus der Schweiz. Basierend auf den Ideen der VDDJ, die eine «junge Revolution» von Rechtsradikalen anstrebt, und unter der Flagge der NAF ist im Herbst 2020 eine neue rechtsradikale Jugendgruppe hervorgegangen: die «Junge Tat».
Ihr Symbol ist die Rune des germanischen Kriegsgotts Tyr, NS-Offiziere trugen sie oberhalb der Hakenkreuz-Armbinde. Die Junge Tat produziert aufwendige Videos. In einigen ist Eszil zu erkennen – er hat mittlerweile eine Firma für Visualisierungen gegründet. Neben Eszil taucht der Luzerner Matthias (Name geändert) in den Videos auf. Auch Matthias wurde nun verurteilt, und die Polizei zog eine Schlagrute ein.
Matthias ist 18 Jahre alt und arbeitet bei einem Logistikunternehmen. Er war sowohl in der Eisenjugend als auch in der NJS aktiv. In der Schule sei er wegen seines Aussehens gehänselt und gemobbt worden, erzählt ein ehemaliger Schulkamerad.
Auch Matthias passt in das Muster, das bei einigen der nun Verurteilten zu erkennen ist: Die jungen Männer machten Erfahrungen als Aussenseiter und mit Mobbing, und später gerieten sie in ein System der Radikalisierung. Aus einem Opferdasein – ob tatsächlich oder bloss erfunden, spielt letztlich keine Rolle – spross Hass auf Homosexuelle, Dunkelhäutige und Juden. Die Radikalisierung erfolgte online, aber auch in einem engen Kreis von Neonazi-«Kameraden», darunter bekannte, langjährige Rechtsextreme vom Schlag Stiernacken.
Das System der Radikalisierung, in schönen Quartieren in Winterthur und Umgebung hochgefahren, hat sich inzwischen verselbstständigt. Manche Videos der Jungen Tat wurden bis zu 30’000-mal angeschaut.
(https://www.tagesanzeiger.ch/hass-gegen-juden-fuenf-junge-rechtsextreme-verurteilt-683247807189)
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Neonazis auf dem Vormarsch: Junge Rechtsextreme vernetzen sich – Rundschau
Sie posieren mit Sturmhauben, stählen ihre Körper, zitieren Hitler-Reden und stören Zoom-Veranstaltungen – alles online. Die rechtsextreme Bewegung «Junge Tat» ist stark aktiv in den sozialen Medien. Die neue Generation von Neonazis agiert aber nicht nur virtuell, sondern trifft sich zu Konzerten und Kampfsportveranstaltungen, die Mitglieder absolvieren Schiesstrainings. Und: Die Organisation vernetzt sich über die Landesgrenzen hinaus.
https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/neonazis-auf-dem-vormarsch-junge-rechtsextreme-vernetzen-sich?urn=urn:srf:video:1e3ba495-40f3-46b6-b6d7-a327dc667f95
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Basler Uni-Professorinnen zeigen auf, wie verbreitet Verschwörungstheorien derzeit sind (ab 04:35)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/teufelhof-gaeste-essen-im-st-johann?id=11963144
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/corona-verschwoerungstheorien-jung-extrem-gestresst-fast-jeder-dritte-glaubt-corona-mythen
Corona-Demos: Zunehmende Rivalität zwischen Identitären und Neonazis
Die auf Medienshows ausgerichtete Politik der Identitären funktioniert nicht mehr
https://www.derstandard.at/story/2000125621118/corona-demos-zunehmende-rivalitaet-zwischen-identitaeren-und-neonazis
-> https://www.bonvalot.net/das-planen-die-corona-leugnerinnen-in-wien-am-samstag-842/
Gefährliche Mythen: Die Verschwörungserzählung vom „Great Reset“
Mit der Idee vom „Great Reset“ wollte das Weltwirtschaftsforum den Kapitalismus grüner machen. Doch längst haben Verschwörungsideologen sie zum Schreckbild verzerrt. Warum die Verschwörungserzählung vom „Großen Neustart“ so gefährlich ist.
https://www.rnd.de/politik/great-reset-was-die-verschworungserzahlung-so-gefahrlich-macht-VQ44NE735VF7DPGUPGS7JIOIDY.html
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luzernerzeitung.ch 08.04.2021
Coronademonstranten wollen trotz Verbot nach Altdorf kommen – das sagt die Polizei
Videos und Flyer machen die Runde, die trotz nicht erteilter Bewilligung zur Demonstration in Uri aufrufen. Die Polizei erklärt die Rechtslage.
Florian Arnold
Bis zu 10’000 Personen sollten ursprünglich kommenden Samstag nach Uri kommen, um gegen die Coronamassnahmen zu demonstrieren – doch die Sicherheitsdirektion Uri sagte Nein. Die friedliche Kundgebung wurde nicht bewilligt. Doch das scheint einige Massnahmenkritiker nicht zu beeindrucken. Auf sozialen Medien macht momentan ein Werbevideo die Runde, das zur Teilnahme an der Demonstration aufruft. Zudem kursieren elektronische Flyer.
Schweizer Schwurbler mobilisieren mit diesem Spreading-Video zur unbewilligten Kundgebung in Altdorf/Uri am 10.04.21 @infokantonuri pic.twitter.com/jvhPMvf8AC
— element (@__investigate__) April 5, 2021
Der Kantonspolizei Uri sind die Aufrufe bekannt. Man rechnet deshalb auch mit einer Veranstaltung, wenngleich die Demonstration nicht bewilligt wurde. «Wir beobachten die Situation schon seit geraumer Zeit aufmerksam und beurteilen die Lage laufend», sagt Polizeisprecher Gusti Planzer auf Anfrage. Dazu gehöre auch ein kontinuierlicher Informationsaustausch mit verschiedensten Personen und Behörden. «Aufgrund dieser Erkenntnisse wird dann auch das entsprechende Polizeiaufgebot zur Verfügung stehen.» Vorbereitet sei man auf verschiedene Szenarien. Wie restriktiv die Polizei vorgehen wird, hänge von sämtlichen Umständen ab und könne nicht im Vorhinein beantwortet werden. Fest steht, dass man auch mit auswärtigen Polizeikorps zusammenarbeiten wird. Planzer sagt: «Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung im Kanton Uri stellen die Zentralschweizer Polizeikorps personelle und materielle Mittel zur Verfügung.»
Spezielle Voraussetzungen in speziellen Zeiten
Doch wie sieht die rechtliche Lage aus? Die Aufrufe zu einer unbewilligten Demonstration stellen als solches keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und auch keine Straftat im Sinne des Gesetzes dar. «Auch die Teilnahme an einer unbewilligten Kundgebung ist in ‹normalen Zeiten› grundsätzlich straffrei», erklärt Planzer. Doch die Straffreiheit hat ihre Grenzen: «Da wir uns gerade in einer nicht ganz so normalen Zeit befinden, sind im Zusammenhang mit Veranstaltungen die Regelungen der Covid-19-Verordnung zu beachten», betont Planzer.
Gemeint sind etwa Verstösse gegen die Maskenpflicht, das Nichteinhalten von Abständen oder das Zusammentreffen von mehr als 15 Personen: alles aktuelle Covid-19-Bestimmungen. «Strafbar machen würde sich ebenso, wer die Polizei bei der Ausübung ihres Dienstes stört oder deren Anordnungen nicht nachkommt.» Falls es bei einer Demonstration Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen gibt, dann wäre laut Planzer auch der Tatbestand des Landfriedensbruchs zu prüfen.
Und: «Unbesehen von der Frage der Strafbarkeit ist klar, dass die Polizei trotzdem gegen unbewilligte Demonstrationen vorgehen kann, bisweilen auch mit polizeilichem Zwang.» Die Polizei wird deshalb auch Kontrollen durchführen, sie macht aber aus taktischen Gründen keine Angaben zum konkreten Sicherheitsdispositiv.
Wer mitgeht, hängt mit
Auch als Schaulustiger macht man sich zwar nicht grundsätzlich strafbar. Allerdings ist es nicht erlaubt, bei einer sogenannten «Zusammenrottung» dabei zu sein, bei der mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten begangen werden, auch wenn man solche selber nicht verübt. Als Teil davon werde man angesehen, wenn man für Aussenstehende optisch zur Menschenmasse gehört. «Dabei macht es keinen Unterschied, ob man sich einer friedlichen Gruppe anschliesst oder sich diese schon in einer überhitzten Stimmung befindet. Eine Kampfhandlung werde nicht vorausgesetzt. «Es genügt, dass sich jemand nicht als bloss passiver von der Ansammlung distanzierter Zuschauer gebärdet.» Für Zuschauer ist es deshalb ratsam, genügend Abstand zu halten – auch ohne Coronavorschriften.
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/uri/uri-coronademonstranten-wollen-trotz-verbot-nach-altdorf-kommen-das-sagt-die-polizei-ld.2122408)
-> Demo-Absage: https://www.ur-kantone.ch/
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/aktionsbundnis-blast-corona-demo-in-uri-ab-65903087
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/uri/altdorf-aktionsbuendnis-urkantone-sagt-kundgebung-vom-samstag-definitiv-ab-ld.2123214
Darum bekommt die deutsche Justiz Attila Hildmann nicht zu fassen
Attila Hildmann war erfolgreicher Fernsehkoch und Kochbuchautor. Heute ist er Deutschlands radikalsten Corona-Verschwörer. Er hat sich in der Türkei abgesetzt und macht sich lustig über die deutsche Justiz, die ihn sucht. Wieso fühlt er sich sicher – und haben die Behörden zu lange geschlafen?
https://www.watson.ch/!977647583
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bzbasel.ch 08.04.2021
Coronaskeptiker versus die BVB oder: Die Hintergründe eines gestoppten Projekts
Verschwörungstheoretiker bekämpfen die Desinfektionsgeräte in Basler Bussen. Doch der Grund, weshalb der Test abgebrochen wurde, liegt woanders.
Benjamin Rosch
Da ist das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Basler Verkehrsbetrieben (BVB) ganz schön in die Parade gefahren: Der Testbetrieb für ein Desinfektionssystem in Bussen musste auf Geheiss aus Bern abgebrochen werden, berichtete unter anderem diese Zeitung. Es fehlt eine Teilzulassung des Herstellers, hatten die BVB offensiv in einer Medienmitteilung deklariert. Mit der Ankündigung hatte der ÖV-Betrieb die Verschwörungstheoretiker auf den Plan gerufen. In sozialen Netzwerken und Telegram-Gruppen kursierten in den vergangenen Tagen Aufrufe, das Projekt zum Erliegen zu bringen.
Emsig teilten die Coronaskeptiker einen Brief an BVB-Direktor Bruno Stehrenberger. Möglichst viele sollten die Vorlage herunterladen, unterzeichnen und so Druck auf die BVB ausüben, so die Idee. Im Brief berufen sich die Skeptiker auf die Biomedizinkonvention, auf den Nürnberger Kodex und alles Weitere, was nur im Entferntesten mit der Materie zu tun haben könnte.
Es geht um viel Geld
Juristisch wie medizinisch dürften die Einwände kaum von Belang sein: Nebel versprühende Desinfektionssysteme zur Bekämpfung von Viren gibt es schon in unterschiedlichen Anwendungen, nicht nur in Asien, sondern auch hierzulande. Recherchen dieser Zeitung zeigen, dass der Hintergrund für den Projektstopp viel profanerer Natur sein dürfte: Beim BAG vorstellig geworden ist eine Konkurrenzfirma der mit dem Auftrag betrauten IBN GmbH. Diese soll aus Eigeninteresse eine Prüfung angeregt haben. Schliesslich geht es um viel Geld: Schweizweit berichteten Medien über das Basler Pilotprojekt. Im Erfolgsfall könnten sich bald weitere Tram- und Busbetriebe melden. Das BAG liess eine Anfrage der bz unbeantwortet.
Verschwörungstheoretiker dürften sich ohnehin von derlei Tatsachen kaum überzeugen lassen. Seit Tagen entfalten sie auf unterschiedlichen Kanälen ihr Belästigungspotenzial bei den BVB. Sprecherin Sonja Körkel sagt: «Wir erhalten viele kritische Rückmeldungen auf sozialen Medien, auf dem Postweg und in unseren Kundenzentren.»
Damit geht es den BVB wenig anders als vielen Institutionen, die etwas gegen die Pandemie unternehmen wollen. «Allerdings», sagt Körkel, «gibt es durchaus auch positives Feedback.»
(https://www.bzbasel.ch/basel/bus-desinfektion-coronaskeptiker-versus-die-bvb-oder-die-hintergruende-eines-gestoppten-projekts-ld.2123152)
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solothurnerzeitung.ch 08.04.2021
Coronakritischer Naturheilpraktiker muss Praxis schliessen ++ Heilpraktikerschule, an der er doziert reagiert: «Das Verschwörungstheoretische geht gar nicht»
In seiner Praxis in der Nähe des Solothurner Hauptbahnhofs behandelt er Patientinnen und Patienten. In Luzern unterrichtet er angehende Fachkräfte. Auf seiner Website bietet er «zensurfreie Infos» – diverse Verschwörungstheorien, auch über die Coronapandemie. Jetzt hat sich das kantonale Gesundheitsamt eingeschaltet.
Noëlle Karpf
Sich durch alle Beiträge zu klicken braucht Zeit. Mal geht’s um eher Seichtes – dass Prinz Harry kein echter Royal ist, die Resultate der vergangenen US-Wahlen gefälscht sind oder Michael Jackson noch lebt. Dann geht’s aber auch um Medien, die manipulieren, eine Elite, die Kinder foltert, Coronaimpfstoffe, die als Massenvernichtungswaffen dienen sollen. Links und Videos zu solchen Beiträgen postet ein Naturheilpraktiker aus dem Raum Solothurn auf der offiziellen Website seiner Praxis und der Telegram-Gruppe, auf die er eben dort auch verweist. Seine Praxis hat er mit Transparenten – mit ähnlichem Inhalt – geschmückt.
Darauf aufmerksam geworden sind auch Solothurner Passantinnen und Passanten – und so ist auch das kantonale Gesundheitsamt auf die Praxis hellhörig geworden. Dieses hat im Kanton die Aufsicht inne über Gesundheitsfachpersonen, die eine Berufsausübungsbewilligung haben. So wie der Naturheilpraktiker.
Und eben dieser hat unter anderem in einem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, seinen Patientinnen und Patienten erklärt, dass diese in seiner Praxis keinen Mundschutz tragen müssten.
«… und ich kann diesen hygienischen Unsinn mit dem Mundschutz aus fachlichen wie hygienischen Gründen nicht nur nicht unterstützen, sondern lehne dies in Laienhänden und erst recht in der Öffentlichkeit ab», heisst es weiter. Ein Naturheilpraktiker spricht sich gegen Impfungen, aber auch gegen Massnahmen wie die Hygienemasken aus. Das geht den Behörden zu weit. Am Donnerstag informiert das kantonale Gesundheitsamt auf Anfrage dieser Zeitung darüber, dass die Praxis umgehend geschlossen wird.
Zudem schreibt Lukas Widmer, Co-Leiter Rechtsdienst und Leiter Aufsicht Gesundheitswesen, dass seitens des Departements des Innern und des Amts für Wirtschaft und Arbeit letzte Woche eine unangekündigte Praxisinspektion stattgefunden habe. «Anlässlich dieser Praxisinspektion verweigerte die betreffende Gesundheitsfachperson jegliche Kooperation mit den Behörden», so Widmer weiter. «Aufgrund dessen und der an der Inspektion gemachten Feststellungen, welche die Richtigkeit der erhaltenen Rückmeldungen aus der Bevölkerung bestätigt haben, wurde seitens des Departements des Innern ein aufsichtsrechtliches Verfahren gemäss der kantonalen Gesundheitsgesetzgebung eingeleitet.»
Gleichzeitig werde die Einreichung einer Strafanzeige wegen Verstosses gegen die von Bundesrechts wegen angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus geprüft. Die verfügte superprovisorische Praxisschliessung soll dafür sorgen, dass Patientinnen und Patienten umgehend geschützt werden. Das eigentliche aufsichtsrechtliche Verfahren kann sich in die Länge ziehen – dem Naturheilpraktiker drohen unter anderem eine Busse oder, bei gravierenden Verstössen, ein Berufsverbot oder ein Bewilligungsentzug.
Der erwähnte Naturheilpraktiker ist aber nicht nur in der Praxis tätig, sondern auch als Dozent an einer Heilpraktikerschule in Luzern. Ebenfalls ist der Mann Mitglied der Naturärzte Vereinigung Schweiz. Dort heisst es auf Anfrage, man habe keine Kenntnis vom geschilderten Fall. Die Heilpraktikerschule teilt mit, man wisse, dass einige Dozierende gegenüber dem Virus oder Massnahmen skeptisch seien. Auch deshalb weise man diese bei Stellenantritt darauf hin, «dass persönliche Ideologie im Unterricht keinen Platz hat, das tun wir aber schon immer.» Man stehe hinter der fachlichen Qualität des besagten Naturheilpraktikers – nicht aber «hinter dem Verschwörungstheoretischen». Zum jetzigen Zeitpunkt könne man nicht abwägen, was für Konsequenzen der Fall habe – man werde abwägen und zuerst noch mit dem Dozenten sprechen.
Der Naturheilpraktiker selbst reagiert bis anhin nicht auf eine Anfrage dieser Zeitung.
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Meinungsfreiheit – wo liegt die Grenze?
«Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.» So steht es in der Bundesverfassung. Wenn sich aber Ärztinnen und Ärzte mehr als kritisch gegenüber geltenden Massnahmen äussern, gilt das als doch eher bedenklich. So erhielt Anfang März ein Hausarzt im Luzernischen das Berufsverbot, weil er sich öffentlich gegen geltende Coronamassnahmen aussprach, und diese laut Behörden in seiner Praxis auch nicht einhielt.
Wo liegt also die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Pflichten von Ärztinnen und Ärzten? Diese kann so deutlich niemand ziehen, von Fall zu Fall wird abgewogen. Klar ist: Ärztinnen und Ärzte haben sich unter anderem auch an die Standesordnung zu halten. In dieser heisst es etwa, dass Arzt und Ärztin der Gesundheit und Gesunderhaltung der Bevölkerung zu dienen haben. Wird ein Verstoss gegen die Standesordnung festgestellt, kann dies bei der Gesellschaft der Ärztinnen und Ärzte im Kanton Solothurn gemeldet werden. Deren Standeskommission kümmert sich quasi als «Friedensrichter» um solche Klagen, versucht Einigungen zwischen beispielsweise Patient und Arzt zu finden. Und bei Verstössen gegen die Standesordnung kann die Kommission Bussen aussprechen oder die GAESO-Mitgliedschaft entziehen. Laut Kommission sind coronaskeptische Ärzte bis anhin kein Thema, es seien auch keine Klagen diesbezüglich eingegangen.
Für alles, was mit der Berufsausübungsbewilligung zu tun hat oder Nicht-Mitglieder der GAESO betrifft, ist dann die Aufsichtsbehörde, sprich wieder das Gesundheitsamt zuständig. So wie im beschriebenen Fall. Auch dieses kann mit Bussen sanktionieren – oder mit Entzug der Bewilligung und Berufsverbot.
(https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/praxisschliessung-solothurner-naturheilpraktiker-haelt-mundschutz-fuer-unsinn-jetzt-reagiert-das-gesundheitsamt-ld.2122409)
+++CORONA-JUGEND
500’000 Franken haben die Einsätze am Osterwochenende gekostet ‒ die Polizei will am Freitag wieder rigoros durchgreifen
Nach dem Osterwochenende gibt es für Freitag abermals Aufrufe zu Gewalt. Als Antwort darauf will die Stadtpolizei erneut ausgedehnte Kontrollen durchführen. Die letzten beiden Einsätze verursachten Kosten in der Höhe von einer halben Million Franken. Am Karfreitag entstand zudem Sachschaden von 50’000 Franken.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgaller-krawalle-500000-franken-haben-die-einsaetze-am-osterwochenende-gekostet-die-polizei-will-am-freitag-wieder-rigoros-durchgreifen-ld.2123140
Krawalle wegen Corona-Massnahmen: St. Galler Stadtpolizei plant nach Gewaltaufrufen weitere Kontrollen
Die St. Galler Stadtpolizei will am kommenden Freitag erneut ausgedehnte Personenkontrollen durchführen. Grund sind neue Aufrufe zu Gewalt. Wie schon am Osterwochenende will sie Verdächtige wegweisen.
https://www.derbund.ch/st-galler-stadtpolizei-plant-nach-gewaltaufrufen-weitere-kontrollen-801626306280
-> Medienmitteilung Stadtpolizei SG: https://www.stadt.sg.ch/news/stsg_stadtpolizei/2021/04/vorgehen-der-polizei-am-freitagabend.html
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/krawall-polizei-r-141474651
-> https://www.20min.ch/story/so-bereitet-sich-die-st-galler-polizei-auf-eine-erneute-krawallnacht-vor-289991678904
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/stgaller-krawalle-nach-neuem-gewaltaufruf-polizei-kuendigt-fuer-freitag-erneut-ausgedehnte-personenkontrollen-an-13-rekurse-gegen-wegweisungen-eingereicht-stgaller-sozialdemokraten-fordern-ein-ende-der-gewalt-ld.2121559
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/stgaller-stadt-ticker-trotz-sp-kritik-an-wegweisungen-kein-streit-mit-der-stadtpraesidentin-stadtrat-schreibt-dem-bundesrat-gruenliberale-stellen-sich-hinter-die-polizei-ld.1084940
-> https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/stgaller-stadtpolizei-plant-nach-gewaltaufrufen-weitere-kontrollen-00156020/
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/vierter-aufruf-zu-st-galler-krawallnacht?id=11963174
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/offene-jugendarbeit-wir-konnen-keine-brande-loschen-65903027
-> https://www.blick.ch/politik/junge-svp-verteidigt-krawalle-wir-sind-weder-erstaunt-noch-empoert-id16446553.html
Sie wollen «fett abgah»: Jugendliche provozieren mit Party-Aufruf für Zürich
Im Internet wird zur wilden Corona-Party im Zürcher Niederdorf mobilisiert. Und der Aufruf wurde schon tausendfach geteilt.
https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/sie-wollen-fett-abgah-jugendliche-provozieren-mit-party-aufruf-fuer-zuerich-id16445227.html
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/aufruf-kursiert-kommts-auch-in-zurich-zu-corona-krawall-65902936
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/angekuendigte-krawalle-im-zuercher-niederdorf-hoffentlich-realisiert-die-jugend-dass-ladenbesitzer-auch-so-schon-eine-harte-zeit-durchmachen-id16446860.html
«Gewalt ist Sprache von Losern»: Mit diesem Appell wendet sich Polizei an Krawallmacher
Ob in St.Gallen, Zürich oder Winterthur: In den sozialen Medien wird erneut für Krawalle mobilisiert.
Die Stadtpolizei Winterthur geht nun in die Gegenoffensive. In einem eindringlichen Appell bittet sie die Jugendlichen, den Aufrufen zu Ausschreitungen nicht zu folgen. Und teilt auch gegen die Medien aus:
https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/931382704-krawalle-wegen-corona-polizei-richtet-appell-an-jugendliche
-> https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/931382704-nach-oster-ausschreitungen-polizei-facebookt-den-jungen-ins-gewissen
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landbote.ch 08.04.2021
Party-Aufruf in WinterthurJugendliche wollen am Freitag in Winterthur feiern
In den sozialen Medien kursiert zurzeit ein Aufruf für eine Freiluft-Party in Winterthur. Die Stadtpolizei Winterthur beobachtet die Lage.
Gregory von Ballmoos
Die Jugendausschreitungen am Karfreitag in St. Gallen und die rigorosen Massnahmen am Ostersonntag durch die Polizei haben schweizweit Schlagzeilen gemacht.
Nun kursiert auf dem Nachrichtendienst Snapchat eine Nachricht, die zu einer ähnlichen Party in Winterthur aufruft. Befeuert wird das Gerücht durch den Betreiber des Instagram-Profils «Szeneishwinti», dieses hat über 6000 Abonnenten. Er teilte eine Snapchat-Nachricht in seiner Story. «Zeigen wir diesen H****söhnen, dass auch wir die Schnauze voll haben, Alter» und «Teilt diesen Scheiss überall, wo ihr nur könnt!!!» heisst es da. Der Betreiber der Site sagt, es gebe definitiv konkretere Pläne, nicht nur ein Gerücht. «Die meisten freuen sich, einfach wieder einmal unter Menschen zu sein», schreibt der Instagramer.
Musik und Pyrotechnik
Wer dahintersteht und was dran ist, ist nicht ganz klar. Aber sie trifft einen Nerv bei den Jugendlichen. Einer, der anonym bleiben möchte, gibt offen zu: «Ich habe es gehört, und meine Kollegen und ich freuen uns darauf.» Den Halbwüchsigen ist langweilig. Das bestätigt auch Beat Sutter von der Mobilen Jugendarbeit Winterthur (Mojawi). «Wir haben schon sehr lange eine schwierige Situation, und die Jugendlichen sagen uns, dass sie nichts unternehmen können», sagt Sutter. Ihm ist das Gerücht auch schon zu Ohren gekommen, konkrete Hinweise auf die Party hat er aber auch keine.
Wo die «Party» am Freitag stattfinden soll, ist noch unklar. Der Jugendliche, der sich auf die Party freut, meint: «Bahnhof, Stadtpark oder beim Roten Turm» – es sind dies die üblichen Treffpunkte der Jugendlichen während der Corona-Zeit. «Die Jugendlichen können ja fast nur noch draussen sein», sagt Sutter, der selber bei den Jugendlichen keine aggressive Stimmung wahrnimmt. Er erinnert aber an die vergleichsweise harmlosen Auseinandersetzungen von Jugendlichen mit der Polizei Anfang Winter. Danach seien die Jugendlichen vermehrt nach Zürich gereist.
In einer zweiten Snapchat-Nachricht, die dieser Zeitung vorliegt, werden die Pläne konkreter. Die Teilnehmer werden aufgefordert, Musik und auch Pyrotechnik mitzubringen. Treffpunkt soll der Stadtpark sein. «Eskalieren wir im Städe», heisst es im Wortlaut.
«Polizei setzt auf Dialog»
Ob der Aufruf bei vielen verfängt, ist unklar. Viele kontaktierte junge Menschen sagen, nichts von einer Party zu wissen. Zudem kursiert auf denselben Plattformen auch ein ähnlicher Party-Aufruf für das Zürcher Niederdorf.
Die Stadtpolizei Winterthur hat Kenntnis von den Gerüchten. Auf Anfrage heisst es aber, man äussere sich nicht zu einzelnen Aufrufen. Sprecher Michael Wirz sagt: «Wir beobachten die Lage fortlaufend, auch im Verbund mit den umliegenden Städten.» Falls nötig, werde man mit einem entsprechenden Aufgebot bereit sein. «Wir setzen in erster Linie auf den Dialog mit den Jugendlichen», so Wirz. Die Vorbereitungen würden laufen, aber Massnahmen wie Gebietssperrungen, wie vor einem Jahr beim Aussichtspunkt Bäumli, seien nicht geplant.
Die Stadtpolizei wandte sich am Donnerstagnachmittag mit einem offenen Brief auf Instagram an die Jugend von Winterthur. Dort heisst es: «Bitte folgt den Aufrufen in den (Sozialen)-Medien zu den Ausschreitungen nicht.» Gewalt sei die Sprache von Losern und schade nur der Sache.
(https://www.landbote.ch/jugendliche-wollen-am-freitag-in-winterthur-feiern-569407869503)
-> Aufruf Stapo Winterhtur: https://www.instagram.com/p/CNaH1tSj5P-/
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tagblatt.ch 08.04.2021
«Vielen Jugendlichen ist wahrscheinlich nicht bewusst, was sie ausgelöst haben»: So schätzt ein Ostschweizer Experte die Rolle der sozialen Medien ein
Bei den Krawallen in St.Gallen haben Aufrufe in sozialen Medien eine wichtige Rolle gespielt. Ein Experte erklärt, wieso die Jugendlichen vor allem auf Snapchat, Tiktok und Co. unterwegs sind und welche Verantwortung die Plattformen tragen.
Natascha Arsić
«Es mue eskaliere», «Mir müend zeige, was mir sind» und «Mir wönd üsi Freiheit»: Mit solchen Worten riefen Jugendliche für den 26. März, Karfreitag und Ostersonntag zum Treffen in der Stadt St.Gallen auf. Auch diesen Freitag wollen sie wieder zusammenkommen. «Probieremr 10’000 Lüt uftribe und mached die fettisti Party ever», steht da. Die Generation Z (dazu gehören die Jahrgänge 1997 bis 2012) verwendet dafür aber nicht etwa Flyer, sondern soziale Netzwerke – Mund-zu-Mund-Propaganda im digitalen Zeitalter quasi.
Auf Plattformen wie Snapchat, Tiktok und Instagram lädt ein virtueller Organisator ein Bild mit allen Informationen hoch, das dann über die Stadtgrenze hinaus verbreitet werden soll: «Teiled das witer, bringed alli Lüt uf SG.» Thomas Besmer, Head of Consulting und Mitglied der Geschäftsleitung von Hutter Consult AG in Aadorf, setzt sich seit zwölf Jahren mit Social Media auseinander. Er kennt die Vor- und Nachteile der sozialen Netzwerke.
«Diese Plattformen geben den Nutzern eine grosse Macht. Sie bieten sich dafür an, rasch eine grosse Reichweite zu bekommen und die Leute schnell über ein Thema oder Vorkommen zu informieren», sagt Besmer. Bei vielen Jugendlichen habe sich nach einem Jahr mit Einschränkungen wegen der Coronapandemie wohl Frust angestaut und das wollten sie in den sozialen Medien kundtun.
Letztlich gehe es bei den Aufrufen in St.Gallen darum, die Grundidee dahinter zu unterstützen, glaubt der 40-Jährige. «Man hat ihnen ein Jahr lang das Feiern verboten und verweigert, Jugendliche zu sein. Nun wollen sie sich das nicht mehr gefallen lassen.» Was mit einem Aufruf zur Party in der Innenstadt begann, sei durch gegenseitiges Aufschaukeln auf Social Media mit letztlich aggressiven Aufrufen eskaliert. «Vielen ist wahrscheinlich nicht bewusst, was sie mit den Posts ausgelöst haben.»
Anonym auf Social Media unterwegs
Etwa 70 Prozent der Personen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren in der Schweiz sind auf Tiktok unterwegs. «Sie nutzen die App rund 63 Minuten täglich», sagt Besmer. Daneben sind auch Snapchat (20-Jährige und jünger) sowie Instagram (35-Jährige und jünger) sehr beliebt. «Die Nutzer können auf diesen Plattformen anonym unterwegs sein. Man muss sich nicht zwingend mit seinem Klarnamen registrieren und die Identität wird auch nicht verifiziert», erklärt der Social-Media-Experte.
Besmer geht daher nicht davon aus, dass die Jugendlichen extra ein Fake-Profil für die Aufrufe erstellen. «Aussenstehende können die sogenannten Social-Media-Handles meist nicht so einfach auf eine Person zurückführen.» Die Benutzernamen seien den Jugendlichen untereinander aber bekannt.
Aus diesem Grund sei beispielsweise Facebook bei der Generation Z weniger beliebt. «Das nutzen eher ‹die Reiferen›», sagt Besmer und lacht. Im Gegensatz zu Facebook muss man bei Tiktok und Instagram ausserdem nicht unbedingt viele Kontakte haben für eine grosse Reichweite, sondern kann mit dem richtigen Inhalt, dem Einsatz von passenden Hashtags und dem Verstehen des Algorithmus die eigene Reichweite vergrössern. «Die Beiträge können so rasch mehrere tausend Views erhalten.»
15 Minuten Ruhm
Bei dieser enormen Menge an Posts ist es für die Plattformen unmöglich, alle Inhalte manuell zu überprüfen. «Und die künstliche Intelligenz erkennt aufgrund des Schweizer Dialekts nur schwer, dass es sich um Gewaltaufrufe handeln könnte», sagt der Social-Media Experte.
Anstatt diese Verantwortung ganz den sozialen Netzwerken zu überlassen, plädiert Besmer dafür, den Kindern Medienkompetenz in der Schule beizubringen. «Sie sollen Fake News erkennen sowie verstehen, was ihre Handlungen auf Social Media bedeuten und welche Konsequenzen drohen könnten.»
Denn auch wenn sie sich ihrer Verantwortung nicht bewusst sind, seien laut Besmer diejenigen, welche die Aufrufe gestartet haben, die Hauptverantwortlichen. Ihr Ziel sei es, mit Gleichgesinnten die Stadt zu verwüsten, ihre Macht zu demonstrieren und in den sozialen Medien zu zeigen, was sie «gemeinschaftlich erreicht haben», schätzt er ein. Personen, welche die Beiträge weiterverbreitet haben, seien zwar mitverantwortlich, aber in den Krawallnächten wohl bloss dabei gewesen, «um zu zeigen, dass sie auch ihre Freiheit zurück wollen, aber nicht unbedingt, um zu randalieren».
Zu den sogenannten Multiplikatoren zählt er auch die klassischen Medien. «Solange sich die Personen bloss in den sozialen Medien bewegen, sind sie in einer Bubble, einer eigenen Welt sozusagen. Sobald aber Medienhäuser über das Vorhaben berichten, wird die Reichweite erweitert», so der 40-Jährige. Live-Berichterstattungen würden zum Mitmachen animieren, um ein Teil der Geschichte zu sein «und so quasi seine 15 Minuten Ruhm zu kriegen», sagt Besmer.
Aufruf zu Gewalt ist strafbar
Die Hemmschwelle, seine Meinung in den sozialen Medien öffentlich kundzutun, sei in den letzten Jahren massiv gesunken, beobachtet der Experte. Dies sei insbesondere seit der Coronakrise deutlich erkennbar. «Plattformen wie Tiktok oder Snapchat werden kaum von Eltern oder beispielsweise dem Chef genutzt, welcher diese Aufrufe oder Bilder der Krawallnacht sehen könnte.»
Wer aber auf diesen sozialen Netzwerken unterwegs ist: die Stadtpolizei St.Gallen. Zu den Aufrufen vom 26. März und Karfreitag sagt Mediensprecher Roman Kohler: «Es laufen polizeiliche Abklärungen zu den Urhebern.» Mehr könne er derzeit dazu nicht sagen. Ob die Urheber und die Personen, welche die Aufrufe geteilt haben, mit Konsequenzen rechnen müssen, werde im Einzelfall geprüft. Aber: «Ein Aufruf zu Gewalt ist durchaus strafbar.»
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Tiktok, Snapchat, Instagram kurz erklärt
(nat) Tiktok ist ein Netzwerk für mobile Kurzvideos. Während man bei der Vorgänger-App musical.ly nur Lippensynchronisationen aufnehmen konnte, bietet Tiktok nun zahlreiche Funktionen wie Filter, Effekte, Musik und Privatchat. Nutzer können 15- oder 60-sekündige Videos posten und den Beitrag mit Hashtags versehen. Das Mindestalter ist 13.
Beim Messengerdienst Snapchat erfolgt die Kommunikation über Bilder oder Videos, die man mit Filter, Effekten oder einem Text versehen kann. Das Besondere an Snapchat: Man kann auswählen, für wie lange der Empfänger die Nachricht sieht. Nach maximal zehn Sekunden wird sie gelöscht. Das Mindestalter liegt bei 13 Jahren.
Instagram ist ein soziales Netzwerk, auf dem man Bilder und Videos aufnehmen oder bearbeiten und mit einem kurzen Text sowie Hashtags hochladen kann. Wie bei Tiktok und Snapchat stehen den Nutzern auch hier zahlreiche weitere Funktionen zur Verfügung. Das Mindestalter für die Registrierung ist 13 Jahre.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgaller-krawalle-vielen-jugendlichen-ist-wahrscheinlich-nicht-bewusst-was-sie-ausgeloest-haben-so-schaetzt-ein-ostschweizer-experte-die-rolle-der-sozialen-medien-ein-ld.2122640)
+++MEDIEN
Medienwandel in Bern – Durch die Fusion von Bund und Bernerzeitung fallen 20 Stellen weg
Sparprogramm: Die Lokalredaktionen der Berner Tageszeitungen Bund und Bernerzeitung werden zusammengelegt.
https://www.srf.ch/news/wirtschaft/medienwandel-in-bern-durch-die-fusion-von-bund-und-bernerzeitung-fallen-20-stellen-weg
-> https://www.derbund.ch/ein-schwarzer-tag-fuer-den-medienplatz-bern-205632286777
-> https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/ein-schwarzer-tag-fuer-den-medienplatz-bern
-> https://www.bernerzeitung.ch/hausbesetzern-droht-die-raeumung-307528897163
-> https://www.bernerzeitung.ch/berner-zeitung-und-bund-legen-die-redaktionen-zusammen-963664766109
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/der-bund-und-die-berner-zeitung-werden-fusioniert?id=11963024
-> https://www.watson.ch/schweiz/wirtschaft/916739014-tamedia-fusioniert-berner-zeitung-und-bund
-> https://www.nau.ch/news/wirtschaft/tamedia-verkundet-ende-des-berner-modells-65902644
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/bund-und-berner-zeitung-werden-zusammengelegt?id=94aca6e3-af5a-42cb-bc09-bd3058c6ac64
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/fusionsentscheid-von-bund-und-bz-empoert-die-politik?id=8b4e6d60-833e-4e48-b341-b620b0c8f31a
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/berner-projekte-so-soll-die-medienlandschaft-vielfaeltiger-werden?urn=urn:srf:video:a77f87b9-aabf-48e6-a3cf-ab7f14f2de8c
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/-redaktionen-der-berner-zeitung-und-des-bundes-werden-zusammengenommen-141474998
-> https://www.nau.ch/news/wirtschaft/tamedia-verkundet-ende-des-berner-modells-65902644