Medienspiegel 26. März 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
20 Jahre Sans-Papiers-Bewegung: «Alle hatten einen Mutanfall»
Es war ein Novum in der Schweiz: Im Jahr 2001 traten erstmals Sans-Papiers aus dem Schatten der Illegalität, besetzten Kirchen und stellten Forderungen an die Politik. Was hat die Bewegung erreicht? Wo steht die Schweiz heute im Umgang mit Sans-Papiers?
https://www.srf.ch/audio/kontext/20-jahre-sans-papiers-bewegung-alle-hatten-einen-mutanfall?id=11954875


Sans-Papiers sollen sich gratis gegen Corona impfen lassen können
Die Corona-Impfung soll auch für die rund 90’000 Sans-Papiers in der Schweiz gratis sein. Der Bund will die Kosten übernehmen.
https://telebasel.ch/2021/03/26/sans-papiers-sollen-sich-gratis-gegen-corona-impfen-lassen-koennen/?channel=105105


Bessere Sicherheitslage nach Wiedereröffnung des Besonderen Asylzentrums in Les Verrières
Das Besondere Asylzentrum in Les Verrières NE ist seit einem Monat wieder in Betrieb. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass sich diese Massnahme bewährt. Durch die Zuweisung von bisher 21 renitenten Asylsuchenden konnte in den anderen Bundesasylzentren das Zusammenleben und die Sicherheit für alle merklich verbessert werden. Dank der verstärkten Betreuung und der Erfahrung des Personals vor Ort, funktioniert der Betrieb gut. So ist es seit der Wiedereröffnung zu keinen Zwischenfällen innerhalb des Zentrums oder in der Umgebung gekommen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-82848.html



nzz.ch 26.03.2021

Wiedereröffnung des besonderen Asylzentrums in Les Verrières soll die Sicherheitslage verbessert haben

Nach nur neun Monaten war das besondere Asylzentrum wegen ungenügender Auslastung 2019 geschlossen worden. Im Februar wurde es wiedereröffnet – mit Erfolg, wie es beim Staatssekretariat für Migration heisst.

Ruth Fulterer

Seit Mitte Februar ist das besondere Asylzentrum in Les Verrières in Neuenburg wieder in Betrieb – anscheinend mit Erfolg. Bisher wurden dem Zentrum 21 männliche Asylsuchende zugewiesen, die anderswo negativ aufgefallen waren. Im besonderen Asylzentrum gelten striktere Ausgangsregeln als in den übrigen Bundesasylzentren, ausserdem steht mehr Sicherheits- und Betreuungspersonal zur Verfügung.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) meldet in einer Presseaussendung, das Zentrum habe rasch und ohne Schwierigkeiten wiedereröffnet werden können. Das Zentrum war 2019 nach nur neun Monaten Betrieb wieder geschlossen worden, weil die Kosten als zu hoch eingeschätzt wurden. Die Auslastung war gering geblieben, weil die Asylzentren insgesamt weniger stark belegt waren als erwartet. Im Februar teilte das SEM mit, das besondere Zentrum wiedereröffnen zu wollen, um andere Zentren von Asylsuchenden zu befreien, die das Zusammenleben stören.

Erste Erfahrungen in Les Verrières

Nun laufe der Betrieb im besonderen Zentrum gut und ohne nennenswerte Zwischenfälle, schreibt das SEM. Der enge Kontakt mit den Behörden des Kantons Neuenburg und der Standortgemeinde habe sichergestellt, dass die Wiedereröffnung keine Probleme in der Nachbarschaft verursache.

Die Mehrheit der Asylsuchenden in Les Verrières übernehme verschiedene Wartungsaufgaben, arbeite in Beschäftigungsprogrammen mit und nehme an sportlichen Aktivitäten teil. Die Kooperation mit den kantonalen Polizeibehörden funktioniere sehr gut, insbesondere dank einem intensiven Informationsaustausch. Asylsuchende, die das Zentrum ohne Abmeldung verlassen, könnten in der Regel rasch wieder ausfindig gemacht werden. Zwischenfälle habe es bisher noch keine gegeben. In Les Verrières halten sich nur männliche erwachsene Asylsuchende vorübergehend auf.

Entlastung der anderen Bundesasylzentren

Andere Bundesasylzentren wurden durch die Wiedereröffnung entlastet. In den Monaten vor der Eröffnung häuften sich die Interventionen der Polizei in den Bundesasylzentren aufgrund von Tätlichkeiten unter den Asylsuchenden. Tätlichkeiten nennt das Schweizer Strafgesetz vorsätzliche Eingriffe in die körperliche Integrität ohne schädliche Folgen für die Gesundheit, etwa leichte Ohrfeigen oder Übergiessen mit Wasser.

Im Januar und Februar gab es laut Staatssekretariat für Migration 52 solche Ereignisse, während im gleichen Zeitraum des Vorjahres nur 29 solcher Vorfälle verzeichnet wurden. Auch im Umfeld der Asylzentren gab es mehr Kleinkriminalität. Probleme hätten sich insbesondere in der Westschweiz sowie in der Nordwestschweiz im Umfeld des Bundesasylzentrums Flumenthal in Solothurn gezeigt.

Die Wiedereröffnung habe massgeblich zur Verbesserung des täglichen Zusammenlebens in den Bundesasylzentren beigetragen und den Mitarbeitenden und den anderen Asylsuchenden ein sichereres Gefühl gegeben, schreibt das SEM. In und um andere Zentren habe es weniger Zwischenfälle gegeben. Zusätzlich getroffene Sicherheitsmassnahmen seien in der Folge wieder gelockert worden. Eine Sicherheitspatrouille im freiburgischen Giffers etwa wurde bereits wieder abgeschafft.
(https://www.nzz.ch/schweiz/wiedereroeffnung-des-besonderen-asylzentrums-in-les-verrieres-soll-die-sicherheitslage-verbessert-haben-ld.1608815)



Petition für Aufnahme von 5000 Geflüchteten
Die Schweiz soll auf griechischen Inseln gestrandete Flüchtlinge aufnehmen. 11’000 Unterzeichnende unterstützen die Forderung der waadtländischen Organisation Médecins Action Sante Migrant-e-s MASM.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/189141/


Türkei tritt aus der Konvention gegen geschlechterspezifische Gewalt aus – ein besorgniserregender Rückschlag für die Rechte der Frauen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat am 20. März 2021 den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention beschlossen, dem ersten international verbindlichen Übereinkommen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt. Die SFH ist sehr besorgt über diese Entscheidung und fordert die Schweizer Behörden dazu auf, ihre Praxis im Hinblick auf Asylsuchende aus der Türkei, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind, zu überdenken.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/tuerkei-tritt-aus-der-konvention-gegen-geschlechterspezifische-gewalt-aus-ein-besorgniserregender-rueckschlag-fuer-die-rechte-der-frauen


+++GROSSBRITANNIEN
nzz.ch 26.03.2021

Nach dem Brexit will London die Asylpolitik verschärfen – und lässt sich ausgerechnet von der EU inspirieren

Die Regierung von Boris Johnson will die Migration über den Ärmelkanal unterbinden: Asylsuchende, die über einen sicheren Drittstaat ins Land kommen, sollen in Grossbritannien keinen langfristigen Schutz mehr erhalten. Doch nach dem Brexit verspüren die Europäer wenig Lust, den Briten dabei zu helfen.

Niklaus Nuspliger, London

Die meisten Beobachter sind sich einig: Die Unzufriedenheit über die Zuwanderung hat 2016 wesentlich zum Brexit-Votum beigetragen. Entsprechend wichtig ist für die Regierung von Boris Johnson nun bei der Umsetzung des Brexits die Drosselung der Einwanderung. An die Stelle der EU-Personenfreizügigkeit ist Anfang Jahr ein neues Punktesystem getreten, das Niedrigqualifizierten die Einwanderung erheblich erschwert. Diese Woche nun hat die Regierung einen Plan präsentiert, um auch über das Asylsystem «die Kontrolle zurückzugewinnen». Das Ziel von Innenministerin Priti Patel: Wer auf irregulärem Weg an Bord eines Lastwagens oder eines Flüchtlingsboot von Frankreich aus den Ärmelkanal überquert, soll eine feindliche Umgebung vorfinden und Grossbritannien so rasch wie möglich verlassen.

Wer illegal einreist, wird bestraft

Der Reformplan weist Parallelen zur Asylpolitik der EU auf, die 2016 ein umstrittenes Abkommen mit der Türkei abschloss. Demnach sollten Asylsuchende, die irregulär über die Ägäis auf die griechischen Inseln gelangen, nach einem Schnellverfahren in den sicheren Drittstaat Türkei zurückgeschickt werden. Im Gegenzug verpflichteten sich die EU-Länder, Flüchtlinge mit dem Flugzeug nach Europa zu bringen. Die Reform von Patel führt dieses Prinzip noch weiter: Künftig sollen nur noch Schutzbedürftige, die über legale Wege angekommen sind, langfristig in Grossbritannien bleiben können. Wer aber auf irregulärem Weg über ein sicheres Drittland einreist, soll zurückgeschafft werden oder höchstens subsidiären Schutz erhalten – ohne stabile Aufenthaltsrechte und mit begrenztem Zugang zu Sozialleistungen.

In gewissem Sinne widerspiegelt die britische Asyldebatte die europäische Problematik im Kleinformat: Während die EU Migranten von der Überfahrt über das Mittelmeer abhalten will, versucht Grossbritannien die Sekundärmigration über den Ärmelkanal zu unterbinden. 2020 gelangten 8500 Bootsmigranten von Frankreich auf die britische Insel – viermal so viele wie im Vorjahr. Mit knapp 30 000 Asylanträgen im letzten Jahr ist Grossbritannien allerdings weit weniger stark betroffen als Deutschland, Frankreich oder Spanien, die zwischen 102 500 und 82 000 Anträge verzeichneten. Am Alarmismus, mit dem die britische Boulevardpresse über die Ankunft der Flüchtlingsboote berichtet, ändert dies freilich wenig.

Suche nach Offshore-Zentren

Die Ideen, Bootsmigranten im Ärmelkanal mit einer Seeblockade oder mit Wellenmaschinen abzuschrecken, hat die Regierung fallengelassen. Dennoch kritisieren Menschenrechtsorganisationen die Unterscheidung zwischen legal und illegal eingereisten Migranten scharf. Rund 60 Prozent aller Asylsuchenden gelangen mithilfe von Schleppern ins Land, rechtmässige Wege stehen oft nicht zur Verfügung, und die Pläne der Regierung zur Schaffung legaler Alternativen bleiben vage. Peter Walsh vom Forschungsinstitut Migration Observatory der Universität Oxford erklärt auf Anfrage, die bisherige britische Interpretation der Genfer Flüchtlingskonvention aus dem Jahr 1951 erlaube es nicht, Schutzsuchende für eine illegale Einreise zu bestrafen.

Die Reform von Patel, die nun in eine Gesetzesvorlage gegossen wird, wirft auch praktische Fragen auf. Die Regierung liebäugelt damit, irregulär eingereiste Asylsuchende künftig nach australischem Vorbild in Offshore-Zentren in Drittstaaten oder britischen Überseegebieten unterzubringen. Bei der Suche nach einem Standort aber ist London nicht fündig geworden. Postwendend wiesen Vertreter der Isle of Man oder Gibraltars Medienberichte zurück, wonach sie britische Asylzentren beherbergen könnten. Auch Brüssel hatte einst versucht, in Nordafrika und auf dem Balkan EU-Asylzentren zu errichten – doch liess sich nie ein Land dazu überreden, solche EU-Camps auf seinem Staatsgebiet zu dulden.

Nehmen EU-Staaten Migranten zurück?

Für die EU beruht der Grenzschutz auch auf der Kooperation der Nachbarn auf der anderen Seite des Mittelmeers; derzeit ist Brüssel an einer Erneuerung des Flüchtlingspakts mit der Türkei interessiert, die freilich Gegenforderungen stellt. Analog dazu ist Grossbritannien auf die Kooperation Frankreichs und der EU angewiesen, wenn es über einen sicheren Drittstaat eingereiste Asylsuchende zurückweisen will. Bis Ende 2020 waren die Briten Teil des Dublin-Systems, das die Rückführung von Asylsuchenden regelte, die bereits in einem anderen europäischen Land registriert worden waren. In der Praxis funktionierte das System zwar schlecht. Doch da der Brexit-Vertrag zwischen London und Brüssel die Asylpolitik ausklammert, hat London seit Anfang Jahr überhaupt keine Rechtsgrundlage mehr, um Asylsuchende in EU-Länder zurückzuschicken.

Die Regierung strebt nun bilaterale Rückübernahmeabkommen an – bisher ohne Resultate. Paris liess ausrichten, London solle sein Anliegen direkt in Brüssel deponieren. Angesichts der Streitereien und Rivalitäten um das Nordirland-Protokoll und die Corona-Impfungen ist der Goodwill bei der EU gering. Brexit-Britannien kann nun zwar seine Asylgesetzgebung souverän verschärfen, doch ohne die Kooperation internationaler Partner bleibt der reale Nutzen begrenzt.
(https://www.nzz.ch/international/nach-dem-brexit-will-london-die-asylpolitik-verschaerfen-und-laesst-sich-ausgerechnet-von-der-eu-inspirieren-ld.1608396)


+++BALKANROUTE
Illegale Pushbacks nach Bosnien: Das 58. Mal
Keine EU-Grenze wird so streng bewacht wie die kroatisch-bosnische. Ein junger Afghane hat oft versucht, sie zu überwinden. Schafft er es diesmal?
https://taz.de/Illegale-Pushbacks-nach-Bosnien/!5758631/


+++MITTELMEER
Gegen das Sterben im Mittelmeer: Seenotrettung und Solidarität mit den »El Hiblu 3«
Das Massensterben im Mittelmeer geht weiter und zivile Seenotrettungsorganisationen werden an ihrer Arbeit gehindert. Drei minderjährige Schutzsuchende, die »El Hiblu 3«, werden nach friedlichem Protest gegen einen illegalen Pushback auf Malta wegen Terrorismus angeklagt. Ein internationales Bündnis fordert die sofortige Einstellung des Verfahrens.
https://www.proasyl.de/news/gegen-das-sterben-im-mittelmeer-seenotrettung-und-solidaritaet-mit-den-el-hiblu-3/


+++RUANDA
EU-finanziertes Flüchtlingslager in Ruanda: Das Migrationsexperiment
Sie wollten nach Europa und landeten in libyschen Folterlagern. Mit EU-Geldern wurden einige Geflüchtete von dort gerettet – aber nicht nach Europa, sondern nach Ruanda. Wie geht es jetzt weiter?
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ruanda-warum-die-eu-ein-fluechtlingslager-fuer-gefluechtete-aus-libyen-finanziert-a-0db93ffa-e2b3-4ca6-8d1c-a790317ffe08


+++ÄTHIOPIEN
Äthiopien: Camps für eritreische Geflüchtete zerstört und geplündert
In Äthiopien hat sich die Vermutung der UNHCR bestätigt: Zwei Geflüchtetenlager wurden komplett zerstört. Der Aufenthaltsort von tausenden Migranten ist ungeklärt.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-03/aethiopien-fluechtlingslager-zerstoerung-unhcr-eritrea-pluenderung-tigray


+++ATLANTIK
Die Kanaren und die Bootsmigranten – Echo der Zeit
Rund 30000 Menschen sind innerhalb von etwas mehr als einem Jahr in Booten von Afrika über den Atlantik auf die Kanaren gekommen. Die Inseln sind am Limit und können die vielen Menschen kaum versorgen. Etliche von ihnen landen auf der Strasse.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/die-kanaren-und-die-bootsmigranten?id=c8ef8107-30d5-41ee-86f5-d8b23f7c5602


+++GASSE
Kleine Anfrage Fraktion SVP (Thomas Glauser/Ueli Jaisli/Alexander Feuz, SVP): Betteln mit Tieren – Hunde in der Stadt Bern
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=936574948d6345829d06f28b718e22ed


+++SEXWORK
Sexarbeit in Coronazeiten – Prostituierte fordern Ende des Arbeitsverbots
In sechs Kantonen sind die Bordelle geschlossen. Das bringe nichts und sei kontraproduktiv, heisst es beim Netzwerk Procore.
https://www.srf.ch/news/schweiz/sexarbeit-in-coronazeiten-prostituierte-fordern-ende-des-arbeitsverbots


Unbelegtes Risiko – Expertin: «Arbeitsverbot für Prostituierte ist diskriminierend»
Luzern ist einer von sechs Kantonen, in dem die Sexarbeit seit Monaten verboten wird. Laut einer Interessenvertreterin ist dieses Vorgehen nicht nur diskriminierend, sondern auch kontraproduktiv.
https://www.zentralplus.ch/expertin-arbeitsverbot-fuer-prostituierte-ist-diskriminierend-2043911/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Wegen Kalksteinabbau: Umwelt-Demo gegen Zementmulti Holcim in Lausanne
Während Umwelt-Aktivisten den Hügel bei Eclépens VD besetzt halten, um Zementmulti Holcim daran zu hindern, den Kalksteinabbau, gehen in Lausanne Unterstützer auf die Strasse für die Besetzer.
https://www.blick.ch/schweiz/wegen-kalksteinabbau-umwelt-demo-gegen-zementmulti-holcim-in-lausanne-id16424024.html
-> https://www.rts.ch/info/regions/vaud/12077431-manifestation-de-soutien-aux-militants-de-la-zad-du-mormont-a-lausanne.html
-> https://www.20min.ch/fr/video/centaines-de-manifestants-contre-un-chantier-519718955081
-> https://www.24heures.ch/pres-de-1500-personnes-defilent-pour-soutenir-la-zad-905874856397


Orchideen statt Zement: Geschichten von der ersten ZAD in der Schweiz
Am Mormont-Hügel bei Lausanne haben Aktivist:innen vor fünf Monaten ein Protestcamp errichtet. Sie wenden sich gegen die Ausweitung einer Zement-Mine von LafargeHolcim. Nun soll das Camp auf Ende Monat geräumt werden. Das Lamm begleitet die Vorgänge mit einer multimedialen Artikelserie.
https://daslamm.ch/zone-a-defendre-auftakt/


Polizei will heute die Besetzung des Holcim-Areals auf dem Mormont beenden: Klimaschützer rüsten zur finalen Abwehrschlacht
Heute könnten die Behörden das Camp «ZAD» bei Eclépens VD räumen. Die Aktivistinnen und Aktivisten wappnen sich für alles. Eskaliert der Klimakampf?
https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/polizei-will-heute-die-besetzung-des-holcim-areals-auf-dem-mormont-beenden-klimaschuetzer-ruesten-zur-finalen-abwehrschlacht-id16422212.html


Uri untersagt Kundgebungen mit mehr als 300 Personen
In Uri sind ab dem 1. April vorderhand keine Kundgebungen mit mehr als 300 Personen möglich. Der Regierungsrat hat eine entsprechende Bestimmung in die kantonale Covid-19-Verordnung aufgenommen, wie er am Freitag mitteilte.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/uri-untersagt-kundgebungen-mit-mehr-als-300-personen?id=11955955


Die Verhältnismässigkeit und das Virus – Echo der Zeit
Seit Beginn der Pandemie wird in der Schweiz viel über Verhältnismässigkeit diskutiert. Markus Müller, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Bern, vertritt den Standpunkt, dass Verhältnismässigkeit keine Einbahnstrasse ist. Wie meint er das?
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/die-verhaeltnismaessigkeit-und-das-virus?id=9ae680a1-3a4f-4886-b11d-8bb0184c6cb2


Kleine Anfrage Fraktion SVP (Alexander Feuz/Thomas Glauser/Thomas Fuchs, SVP): Gleichbehandlung der Demonstranten bei Polizeieinsätzen?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=9ae3c69b2caa4d59be2f5811f46229da



tagesanzeiger.ch 26.03.2021

Critical Mass: Veloumzug kurvt durch Innenstadt

Am Freitagabend haben in Zürich Dutzende Velofahrerinnen und Velofahrer die Strassen erobert. Sie waren Teil der Critical Mass, einem Veloumzug, der jeden letzten Freitag im Monat in hunderten Städten weltweit stattfindet. Sie hat keine Organisatoren, das heisst, die Teilnehmenden treffen sich zur vereinbarten Zeit, die Route wird von Vorausfahrenden vorgeschlagen und laufend geändert.

Begleitet wurde der Umzug von der Polizei, die unter anderem mit Töffs mitfuhr. Zwischen zirka 19 und 20 Uhr fuhren die Teilnehmenden der Sihl entlang und anschliessend in einem Bogen über die Manessestrasse und durch die Langstrasse. Der Konvoi war rund hundert Meter lang. Wer mit dem Auto unterwegs war, musste sich vor allem stadtauswärts an der Sihlhölzlistrasse gedulden, dort staute sich der Verkehr kurzzeitig zweispurig auf knapp 300 Metern.

Die Stimmung der Teilnehmenden, von denen viele eine Maske trugen, war friedlich bis heiter. Während immer wieder «Hallo Velo!»-Rufe zu hören waren, erklang über Lautsprecherboxen unter anderem das Liebeslied Herz an Herz der deutschen Band Paso Doble aus dem Jahr 1985.

Ein Veloumzug ohne Organisatoren: Am Freitagabend fand in Zürich die Critical Mass statt.
Video: Tamedia

Trotz der politischen Neutralität, die viele Teilnehmer für sich reklamieren, gehören auch politische Forderungen zur Critical Mass. Zürich solle velofreundlicher werden, Autos gehörten aus der City verbannt, heisst es etwa. Lesen Sie mehr dazu: Critical Mass: Hunderte Velos ergeben einen Koloss
(oli)
(https://www.tagesanzeiger.ch/news-region-zh-490756580416)



Schweizer Social-Media-Protest«#NoLiestal war nur ein Vorgeschmack»
Ein Hashtag dominiert die Schweiz und bietet eine Gegenstimme zu denjenigen, die gegen die Corona-Massnahmen auf die Strasse gehen. Was aber bleibt vom digitalen Widerspruch?
https://www.tagesanzeiger.ch/noliestal-war-nur-ein-vorgeschmack-158499663469



nzz.ch 26.03.2021

«Die Feuerwehr hat keine politische Gesinnung»: Gegendemonstrant wegen Angriff auf Feuerwehr beim «Marsch fürs Läbe» verurteilt

An der Gegendemonstration zum «Marsch fürs Läbe» im September 2019 gingen Aktivisten gewalttätig gegen ein Feuerwehrauto und Feuerwehrleute vor. Ein 31-jähriger Student ist nun dafür verurteilt worden.

Tom Felber

Ein massives Polizeiaufgebot ist vor und im Gerichtsgebäude präsent. Beim Einlass werden strenge Personenkontrollen durchgeführt. Demonstranten rufen Parolen. Im Zuschauerraum des Gerichtssaals hat es dann allerdings nur Platz für drei Angehörige des Beschuldigten und drei Medienvertreter. Alle führen sich gesittet und friedlich auf, so dass es zu keinen Problemen während des Prozesses kommt.

Ein 31-jähriger Schweizer Philosophie- und Geschichtsstudent ist der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, der Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung, des Landfriedensbruchs und der Übertretung des Vermummungsverbots angeklagt. Es geht um Vorfälle im Zusammenhang mit der unbewilligten Gegendemonstration zum bewilligten «Marsch fürs Läbe» am 14. September 2019 beim Limmatplatz und bei der Josefwiese im Zürcher Kreis 5.

Container vor Feuerwehrauto geschoben

Damals wurden Brände gelegt. Die Berufsfeuerwehr musste ausrücken, um zu löschen. Beim Limmatplatz wurde ein Tanklöschfahrzeug von 20 bis 30 Aktivisten umzingelt, die gegen das Auto einschlugen und versuchten, die Fahrzeugtüren aufzureissen, was aber nicht gelang. Gemäss Anklage fürchteten sich die Feuerwehrleute davor, von den Angreifern hinausgezerrt und verprügelt zu werden. Das Feuerwehrauto wurde beschädigt. Dem Beschuldigten wird dabei vorgeworfen, persönlich einen Container vor das Tanklöschfahrzeug geschoben zu haben, um es an der Weiterfahrt zu hindern.

Später soll er auf der Josefwiese Steine gegen Polizisten geworfen haben. Ein Zugführer beobachtete ihn dabei und stürzte sich auf ihn. Er wurde an Ort und Stelle verhaftet und sass 32 Tage in Untersuchungshaft. Der Student war schon zweimal wegen Sachbeschädigung einschlägig vorbestraft und stand in einem laufenden Verfahren wegen Hausfriedensbruchs, das nur vier Tage nach dem «Marsch fürs Läbe» vom Obergericht mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 80 Tagen entschieden wurde.

Vor dem Bezirksgericht Zürich verweigert der 31-Jährige die Aussagen zur Sache. Der Staatsanwalt beantragt eine bedingte Freiheitsstrafe von 8 Monaten als Zusatzstrafe zum Obergerichtsurteil und 300 Franken Busse. Der Verteidiger will im Hauptantrag einen Freispruch. Es liege eine Verwechslung vor. Der als Hauptzeuge auftretende Polizist habe verschiedene Ereignisse des chaotischen Tages durcheinandergebracht.

Politischer Vortrag im Gerichtssaal

Der Beschuldigte liest als Schlusswort einen halbstündigen Vortrag zur Geschichte des sozialen Fortschritts und der Emanzipation vor, der mit der Hexenverbrennung von Anna Göldi im Jahr 1782 beginnt. Der Wohlstand in der Schweiz sei ohne eine Geschichte von Gewalt und Gegengewalt nicht denkbar. Der Einzelrichter versucht ihn zwar zu unterbrechen, lässt es dann aber sein, als der Beschuldigte auf seine Rechte pocht. Zum Schluss erklärt der Beschuldigte, was an der Gegendemonstration vom 14. September 2019 geschehen sei, sei nicht nur legitim, sondern auch äusserst notwendig gewesen.

Der Student wird zur beantragten bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten und 300 Franken Busse verurteilt. Die Probezeit wird auf aussergewöhnlich lange 4 Jahre festgesetzt. Schutz und Rettung Zürich erhält 3700 Franken Schadenersatz. «Die Feuerwehr hat keine politische Gesinnung und ist nur gekommen, um zu löschen und zu helfen», stellt der Einzelrichter klar. Der Beschuldigte sei durch Aussagen der Polizisten und Videoaufnahmen «klipp und klar» und ohne Zweifel identifiziert. Er habe während des gesamten Geschehens eine weisse Dächlikappe getragen, die ständig «wie ein Pfeil» auf ihn gezeigt habe und auch bei seiner Verhaftung unter seinen Effekten gewesen sei.

Urteil GG200326 vom 26. 3. 2021, noch nicht rechtskräftig.
(https://www.nzz.ch/zuerich/marsch-fuers-laebe-gericht-verurteilt-gegendemonstranten-ld.1608861)


+++KNAST
Neue Regeln in Pfäffikon ZH, nachdem der Dauerdelinquent auf dem Boden schlafen musste: So hat Brian den Knast verändert!
Das Bezirksgericht Zürich hat festgehalten, dass der Dauerdelinquent unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis Pfäffikon ZH untergebracht war. Dort hat sich nun einiges getan.
https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/neue-regeln-in-pfaeffikon-zh-nachdem-der-dauerdelinquent-auf-dem-boden-schlafen-musste-so-hat-brian-den-knast-veraendert-id16421926.html


+++BIG BROTHER
Meineimpfungen.ch streitet grobe Sicherheitslücken ab
Am Dienstag ergaben Medien-Recherchen, dass auf der Impfplattform Meineimpfungen.ch grobe Sicherheitslücken bestehen. Die Website wurde vorläufig vom Netz genommen. Nun nehmen die Betreiber Stellung.
https://www.20min.ch/story/meineimpfungen-ch-streitet-grobe-sicherheitsluecken-ab-162115252393


+++RASSISMUS
Dekontamination und Entsorgung (Teil II)
Das Wandalphabet der Künstler Eugen Jordi und Emil Zbinden im Schulhaus Wylergut, seit einen Jahr beschädigt, soll entfernt und in einem Museum mit wissenschaftlicher Erläuterung gezeigt werden. Das ergibt ein Wettbewerb der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum. Manches ist noch offen, doch die Stossrichtung ist klar: Das Werk soll weg. Teil 2: Überlegungen und Kommentar.
http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3859/Dekontamination-und-Entsorgung-(Teil-II).htm
-> Teil 1: http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3858/Dekontamination-und-Entsorgung-(Teil-I).htm


„Sesamstraße“ gegen Rassismus: Wer nicht fragt, bleibt dumm
Die US-amerikanische „Sesamstraße“ hat zwei neue Figuren. „Elijah“ und „Wes“ sollen helfen, Kinder über Rassismus aufzuklären.
https://taz.de/Sesamstrasse-gegen-Rassismus/!5761573/


+++RECHTSPOPULISMUS
Der Diskurs über die Corona-Fallzahlen bei Migrant*innen geht weiter
Die SVP-Fraktion hat im Baselbieter Landrat einen «dringlichen» Vorstoss eingereicht. Sie fordert, dass der Kanton prüft, ob in Spitälern übermässig viele Migrant*innen mit einer Corona-Infektion behandelt werden.
https://bajour.ch/a/xKMPvsPgSXiYKKud/der-diskurs-uber-die-corona-fallzahlen-bei-migrantinnen-geht-weiter


+++RECHTSEXTREMISMUS
[Deutschlands brutalste Familienclans VI]: Der Senior für Hitler, der Junior für die AfD – Die Finck-Dynastie, Mäzene des deutschen Faschismus
Im Jahr 2018 erschütterte ein Spendenskandal die Faschistenpartei AfD. Der Kreisverband von Alice Weidel hatte eine hohe Geldsumme aus unklaren Quellen erhalten. 132.000 Euro in mehreren Tranchen hatte ein Unternehmen aus der Schweiz überwiesen, 150.000 waren aus den Niederlanden zugeflossen. Es dauerte eine Weile, bis der Spiegel und die Schweizer WOZ die Vermutung präsentierten, wo die Kohle herkam. Die Spur führte zu August von Finck junior, einem der reichsten Deutschen, ansässig in der Schweiz. Der hatte, so steht zu vermuten, die Partei der Ausländer-, Arbeiter- und Frauenfeinde offenbar schon früher über eine in München gemeldete Werbeagentur und mittels seiner Handelsfirma Degussa gefördert.
https://lowerclassmag.com/2021/03/21/deutschlands-brutalste-familienclans-vi-der-senior-fuer-hitler-der-junior-fuer-die-afd-die-finck-dynastie-maezene-des-deutschen-faschismus/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Warum Halbwahrheiten gefährlicher sind als Lügen
Wie lassen sich Verschwörungserzählungen und Fake News entlarven, die unsere Gesellschaft vergiften? Die Basler Literaturwissenschaftlerin Nicola Gess hat eine Anleitung geschrieben für den Umgang mit Menschen, die gegen Fakten resistent geworden sind.
https://www.republik.ch/2021/03/26/warum-halbwahrheiten-gefaehrlicher-sind-als-luegen


Coronavirus: Rapperswil-Jona entscheidet am Montag über Demo
Die nächste Demonstration gegen die Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus soll am 24. April in Rapperswil SG stattfinden. Die Stadt entscheidet am Montag.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-rapperswil-jona-entscheidet-am-montag-uber-demo-65895185
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/coronademo-rappers-141329995


Nach Liestal BL: KKJPD-Chef gegen Demo-Bewilligungen
Nach den zahlreichen Anti-Massnahmen-Demos und der nachfolgenden Kritik müssen sich die Kantone mit der Frage befassen, ob sie noch bewilligt werden sollen.
https://www.nau.ch/politik/regional/nach-liestal-bl-kkjpd-chef-gegen-demo-bewilligungen-65895447



nzz.ch 26.03.2021

Tausende folgten ihrem Aufruf nach Liestal: Wer hinter «Stiller Protest» steckt – und wie rechtslastig die Corona-Demonstranten wirklich sind

Die Demo der bisher kaum bekannten Formation «Stiller Protest» vom letzten Samstag hat viele überrascht. Doch sosehr sich die Anti-Corona-Bewegung wandelt – im Hintergrund agieren immer wieder bekannte Köpfe aus der Szene.

Daniel Gerny, Erich Aschwanden

Am 7. November 2020 marschiert ein versprengtes Grüppchen von Corona-Skeptikern durch Zürich. Um aufzufallen, lassen sich die Demonstranten etwas Spezielles einfallen. Sie kleiden sich einheitlich in weisse Schutzanzüge und tragen Pappschilder mit eingängigen Botschaften vor sich her: «R. I. P. Demokratie» oder «Denke nicht – gehorche!». Es ist nichts, was die Welt bewegt, die Medien berichten kaum. Schon am Tag darauf ist der Spuk vergessen. Nur die Veranstalter sind euphorisiert: «Wir haben es geschafft! 47 Teilnehmer! Ihr wart alle suuuper!» So jubeln sie auf Telegram, dem bei Corona-Skeptikern besonders beliebten Messenger-Dienst.

Vier Monate später folgen dem Demoaufruf von «Stiller Protest» über 5000 Personen nach Liestal. Es ist der bisher grösste Anti-Corona-Aufmarsch in der Schweiz, und wiederum sorgen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihren weissen Anzügen für einprägsame Bilder.

Der Name der Organisation und die Art des Auftritts sind geschickt gewählt: Sie machen glauben, dass eine geheimnisvolle, neuartige Bewegung scheinbar aus dem Nichts entsteht; eine Welle, die schleichend eine schweigende Mehrheit erfasst und immer stärker wird. Mindestens 10 000 Personen, so hoffen die Organisatoren, werden sich bei der nächsten Grosskundgebung versammeln.

Keine Antwort von «Martin»

Doch wer steckt hinter «Stiller Protest»? Auf der Website findet sich kein Name und keine Auskunftsperson. Auch die Recherche, wer die Domain für die Website reserviert hat, führt ins Leere. Eine Mail mit Fragen an die angegebene Kontaktadresse löst statt Antworten Gegenfragen von einem «Martin» aus: «Welcher Titel soll der Bericht haben? Was wird der Schwerpunkt sein? Bitte senden Sie uns Ihre Fragen. Wir werden diese prüfen und dementsprechend beantworten.» Die Organisatoren scheuen sich, ihre Karten auf den Tisch zu legen.

Etwas klarer lässt sich umreissen, wer bei Corona-Kundgebungen wie jenen von Liestal mitmarschiert. Drei Forscher der Universität Basel – Oliver Nachtwey, Robert Schäfer und Nadine Frei – haben die politische Soziologie der Proteste in Deutschland und in der Schweiz mit Umfragen und mit qualitativen Interviews untersucht.

Sie sind zu einem interessanten Schluss gekommen: Ausbildungsniveau und Alter der Beteiligten sind höher als in der Durchschnittsbevölkerung. Es sind überproportional viele Selbständigerwerbende dabei. Und die Mittelschicht bildet den Schwerpunkt der Bewegung. Normalbürger also.

Auch parteipolitisch sind die Teilnehmer nicht besonders auffällig. Personen, die bisher SVP gewählt haben, sind mit 33 Prozent im Vergleich zu ihrem Wähleranteil leicht übervertreten. Doch eindeutig rechtslastig ist die Bewegung nicht. 16 Prozent gaben in der Befragung der Uni Basel an, bei den nationalen Wahlen 2019 SP gewählt zu haben, 13 Prozent Grünliberale und 11 Prozent Grüne. «Es handelt sich aber nicht um eine parteipolitische Bewegung», erklärt Schäfer. Viele der Teilnehmer verorteten sich selber nicht auf dem Links-rechts-Schema.

So durchgestylt wie Operation Libero

Die Studienautoren sprechen stattdessen von einer heterogenen Bewegung, bestehend aus mehreren Gruppen, die über unterschiedliche Mentalitäten miteinander verbunden seien. Viele sind grün, esoterisch oder anthroposophisch angehaucht. Aber es gibt auch rechtsextreme und antisemitische Zwischentöne. Die Ablehnung der Corona-Massnahmen einigt sie.

Diese Vielschichtigkeit spiegelt sich im Auftreten der Bewegung wider: Inzwischen existieren mindestens ein Dutzend Organisationen und Plattformen, die sich gegen die offizielle Pandemiepolitik stellen, und fast wöchentlich werden neue Websites aufgeschaltet. Sie setzen unterschiedliche Akzente. Beispielhaft für diese Diversifizierung ist die junge Organisation «Mass-voll», die mit durchgestylten Social-Media-Kampagnen und einer jungen Crew etwas an Operation Libero erinnert. Auch in Liestal waren «Mass-voll»-Flaggen zuhauf zu sehen. «Wir stellen eine Professionalisierung der Bewegung fest», erklärt Nadine Frei.

Die Gruppierungen sind teilweise miteinander verflochten, insbesondere auf Telegram laufen viele Fäden zusammen. Der Verein «Stiller Protest» ist da keine Ausnahme. So neuartig die Bewegung erscheint – im Kern ist sie es nicht. Ein Mann taucht hinter den Kulissen immer wieder auf: Markus Holzer, ein ehemaliges SVP-Mitglied aus dem Thurgau, scheint zu den treibenden Kräften zu gehören. Die Organisation ist nach eigenen Angaben auf Telegram vom Verein «Reaktion» von Holzer gegründet worden. Dieser trat Ende 2020 auch als Organisator von «Stiller Protest»-Demos und als Auskunftsperson in den Medien auf. Als Mitorganisatoren in den sozialen Netzwerken treten ausserdem häufig Martin und Simone E. (Namen der Redaktion bekannt) in Erscheinung, die aber nicht weiter bekannt sind.

Holzer ist dagegen ein alter Kämpe aus der Massnahmen-Kritiker-Szene: Auf Telegram ruft Holzers Verein «Reaktion» seit Monaten zu Corona-Protest-Veranstaltungen aller Art auf. Auch auf anderen Social-Media-Accounts ist Holzer als eine Art Widerstandskämpfer unterwegs. Und obwohl «Reaktion» auf der Website angibt, sich von «Stiller Protest» getrennt zu haben, werden deren Demos vom Verein munter weiter propagiert. In Verbindung gebracht wird Holzer mit der «Freiheitlichen Bewegung Schweiz» (FBS) von Richard Koller, einem weiteren Akteur unter den Massnahmenkritikern. Holzer scheint sehr genau darauf zu achten, dass sein Name nicht allzu oft in der Öffentlichkeit erscheint.

Einst wollte er mit Pegida-Slogan demonstrieren

2016 geriet Holzer kurze Zeit in die Schlagzeilen. Er rief damals zu einer Kundgebung auf dem Bundesplatz auf, weil die Politik bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative den Volkswillen übergehe. In bewusster oder unbewusster Anlehnung an die rechtsnationale Bewegung Pegida wählte er den Slogan «Das Volk sind wir». In einem Interview schloss Holzer auch die Teilnahme der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) nicht aus. Die geplante Demonstration kam jedoch nicht zustande. Corona aber ist wie gemacht für Holzers Kampf gegen die politische Elite.

So gehört Holzer dem Komitee «Stopp Impfpflicht» an, welches per Volksbegehren verlangt, dass Impfverweigerer keinerlei Nachteile in Kauf nehmen müssen. Das Initiativkomitee ist ein eigentlicher Drehpunkt der Anti-Corona-Bewegung. Und im Unterschied zu den sozialen Netzen, auf denen vieles anonym läuft, müssen die Namen hier offengelegt werden. Marion Russek, Co-Präsidentin des Vereins «Freunde der Verfassung», der Komiker Marco Rima, Richard Koller von der FBS oder Daniel Trappitsch von Impfentscheid.ch – alle sind dabei. Auch Annemarie Heisler ist aufgeführt. Sie betreibt mit ihrem Mann Andreas Heisler die Website «Widerstand2020», wo man selbst vor der Instrumentalisierung von Sophie Scholl nicht zurückschreckt, der ermordeten Widerstandskämpferin gegen das Nazi-Regime.

Solche geschichtsvergessenen Vergleiche sind charakteristisch für die Bewegung. In Liestal lautete einer der Aussprüche «Gehorsam macht frei» – in verharmlosender Anlehnung an «Arbeit macht frei»-Schriftzüge an vielen KZ. Laut Robert Schäfer ist zwar keine generelle Radikalisierung feststellbar, doch die Sprache ist durchaus radikal gefärbt. Begriffe wie Diktatur, Widerstand oder Hygiene-Faschismus gehören zum ständigen Vokabular. Typisch für Teilnehmer an Corona-Protesten ist eine starke Entfremdung von den Institutionen des politischen Systems. Die Studie spricht von Kritik in Form eines Generalverdachts gegen die Reichen und Mächtigen, gegen die Schulmedizin, die Wissenschaft oder die Justiz: «Die Kritik schweift deshalb oft ab, und schnell ist man bei 9/11.»

Damit einher gehe «eine hohe Neigung zu verschwörungstheoretischem Denken». So glaubt fast die Hälfte der von der Uni Basel befragten Personen, es gebe geheime Organisationen, die grossen Einfluss auf politische Entscheidungen hätten. Weitere 36 Prozent waren in diesem Punkt unentschlossen oder wollten dazu keine Angaben machen. Das Vertrauen in die Regierung, Medien, Experten, die EU, die Banken oder die politischen Parteien ist gering.

SVP kann am ehesten profitieren

Die Distanz zwischen etablierten Institutionen und Corona-Skeptikern beruht dabei auf Gegenseitigkeit. An Corona-Demos lassen sich weder Verbandsspitzen noch politische Schwergewichte blicken, selbst wenn sie den Entscheiden des BAG oder des Bundesrates ablehnend gegenüberstehen. Am ehesten gibt es Berührungspunkte zur SVP: Figuren wie Holzer oder Koller gehörten dieser Partei an. Und selten treten bekannte Politiker aus der SVP auf. So etwa der Schwyzer Nationalrat Pirmin Schwander und der ehemalige Schwyzer Regierungsrat René Bünter, die an Kundgebungen des «Aktionsbündnisses Urschweiz» Reden hielten.

Die wählerstärkste Partei ist es auch, die am ehesten von den Corona-Protesten profitieren kann. Nach den künftigen Wahlabsichten befragt, nannten gegenüber der Uni Basel 43 Prozent die SVP. Alle übrigen Parteien von der FDP bis zu den Grünen erreichen dagegen nur noch Zustimmungsraten von unter 8 Prozent. «Mit Blick auf die Wahlabsichten lässt sich sagen, dass es sich um eine Bewegung handelt, die eher von links kommt, aber stärker nach rechts geht», erklärt Nadine Frei.

Die SVP versucht gezielt, dieses Potenzial zu bewirtschaften. In dieses Schema passt es, wenn wichtige Exponenten die Tonalität der Bewegung übernehmen und behaupten, die Schweiz sei zur Diktatur geworden. Auch die Ablehnung des Covid-19-Gesetzes in der Frühjahrssession durch einen Teil der SVP-Fraktion fügt sich in dieses Bild. Ein Sieg in der Abstimmung über dieses Gesetz gehört zu den wichtigen Zielen der Bewegung.

Doch auch für die SVP bleibt der Protest kaum berechenbar. Wie viele der Teilnehmer sich um institutionelle Politik kümmern und ihre geäusserten Wahlabsichten auch wirklich in die Tat umsetzen, ist unsicher. Beim Covid-Gesetz ist mit einer herben Niederlage für die Gegner zu rechnen, was auf die SVP abfärben könnte. Und weil die Szene auch den Parteiinteressen zuwiderlaufende und extremistische Elemente aufweist, ist zu viel Nähe ein Risiko.

Erschreckend ist beispielsweise, dass fast 30 Prozent der in Deutschland und der Schweiz befragten Personen keine Angaben zu der Aussage machen wollten, dass «der Einfluss von Juden auf die Politik auch heute noch zu gross» sei. Zwar stimmt nur eine kleine Minderheit zu, doch die Autoren vermuten, dass viele Personen mit latenten antisemitischen Vorurteilen durch Nichtbeantwortung der Frage ausweichen.

Pikant ist auch die Stimmungslage zu Vorlagen, die neben dem Covid-Gesetz am 13. Juni zur Abstimmung kommen: So trugen die Corona-Massnahmen-Gegner massgeblich dazu bei, dass das Referendum gegen das Gesetz über präventivpolizeiliche Massnahmen (PMT) zustande kam. Die SVP (und die übrigen bürgerlichen Parteien) stimmte der Vorlage praktisch geschlossen zu. Auch die Trinkwasserinitiative geniesst in der Bewegung Sympathien. Wie stark die Corona-Skeptiker den Abstimmungskampf beeinflussen können, ist offen – zu unkalkulierbar ist die Bewegung.

Auf eine weitere Mail zu den Hintergründen der Kampagne mit den weissen Schutzanzügen antwortet «Martin» gar nicht mehr. Geheimnisvolles Schweigen ist für «Stiller Protest» Gold.
(https://www.nzz.ch/schweiz/tausende-folgten-ihrem-aufruf-nach-liestal-wer-hinter-stiller-protest-steckt-und-wie-rechtslastig-die-corona-demonstranten-wirklich-sind-ld.1608161)



nzz.ch 26.03.2021

Gegen das Impfen, Masken und den Staat – so gut sind die Corona-Skeptiker vernetzt

In den letzten Monaten ist eine ganze Reihe von Organisationen entstanden, welche die Corona-Massnahmen aufs Schärfste bekämpfen. Die Vereinigungen sprechen unterschiedliche Gesellschaftsgruppen an, haben jedoch viele Gemeinsamkeiten.

Erich Aschwanden, Daniel Gerny

«Freunde der Verfassung»

Die «Freunde der Verfassung» sehen durch Massnahmen wie Maskenpflicht, Impfen und Shutdown die Freiheit und die Demokratie in Gefahr. Der Verein gibt sich ganz gezielt ein patriotisches Image. So soll die Gründung im Sommer 2020 auf dem Rütli erfolgt sein. Die «Verfassungsfreunde» geben sich zurückhaltend im Ton, ihre Argumentation orientiert sich an der Bundesverfassung, die sie durch die Eingriffe des Bundes verletzt sehen.

Verschwörungstheoretische Schriften verbreitet die Organisation auf ihrer Website keine. Die Website ist professionell gestaltet, und die Verantwortlichen sind mit Namen und Bild aufgeführt. Mann der ersten Stunde ist der Solothurner Publizist und «Zeitpunkt»-Herausgeber Christoph Pfluger, der dem Vorstand aber nicht angehört. Zum ersten Mal öffentlich in Erscheinung getreten ist die Vereinigung mit dem Referendum gegen das Covid-19-Gesetz.

Der Verein wehrt sich gegen alles, was er als Freiheitsberaubung für die Bürger betrachtet. Dazu gehört das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen gegen Terrorismus, das nur an die Urne kommt, nachdem die «Verfassungsfreunde» das Referendum tatkräftig unterstützt haben. Aktiv hat die Vereinigung auch die Nein-Kampagne gegen die elektronische Identitätskarte (E-ID) unterstützt.

Verbindungen

– Die Co-Präsidentin Marion Russek sitzt im Initiativkomitee «Stopp Impfpflicht». Sie sollte an der Anti-Corona-Demo vom 10. April in Altdorf als Hauptrednerin auftreten.
– Das Vorstandsmitglied Alec Gagneux ist ein Corona-Widerständler der ersten Stunde. Früher hat er sich für die Ecopop- und die Vollgeld-Initiative engagiert. Gagneux gilt als Globalisierungskritiker.
– Das Vorstandsmitglied Markus Häni hat seine Stelle als Lateinlehrer an einer Aargauer Kantonsschule verloren, nachdem er Schüler dazu aufgerufen hatte, die Masken abzulegen. Er ist auch im «Aktionsbündnis Urkantone» aktiv.

«Mass-voll»

Die Gruppierung «Mass-voll» ist die Operation Libero unter den Massnahmenkritikern. Sie spricht gezielt Jugendliche an, die wegen der Pandemie keine Lehrstelle finden oder an psychischen Problemen leiden. Die Corona-Einschränkungen des Bundesrates führten dazu, dass eine ganze Generation ihre Jugend verliere, lautet die Diktion der Gruppierung. Dies, obwohl die jungen Leute durch Covid-19 am wenigsten gefährdet seien.

Im Gegensatz zu anderen Corona-skeptischen Vereinigungen, die eher im Hintergrund die Fäden ziehen, setzt «Mass-voll» auf die direkte Ansprache der Betroffenen. Dazu dienen Testimonials, in denen Jugendliche ihre Befindlichkeit zum Ausdruck bringen und ein sofortiges Ende der Corona-Massnahmen fordern. Mit ihren in Lila gehaltenen Fahnen ist die Jugendtruppe inzwischen fester Bestandteil von Anti-Corona-Demos. Viele der im Kernteam aufgeführten Personen sind bisher kaum in Erscheinung getreten.

Gründer von «Mass-voll» ist der Luzerner FDP-Politiker Nicolas Rimoldi. Mit seinen libertären Positionen eckte er in seiner Partei zunehmend an. So bekämpft er beispielsweise das Gesetz über die präventivpolizeilichen Massnahmen, über das am 13. Juni abgestimmt wird.

Verbindungen

– Der Gründer Nicolas Rimoldi gehört seit dem vergangenen Sommer dem Vorstand der Auns (Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz) an.
– Zum «Mass-voll»-Team gehört Jan Stocker, der im Kanton Schwyz für die SVP politisiert und für diese seit kurzem im Kantonsrat sitzt. Stocker sorgte in der Lokalpresse für Aufsehen, weil er bei seiner Vereidigung keine Maske trug. Er gibt an, einen medizinisch begründeten Dispens zu haben.
– Olivier Chanson, Leitung Multimedia und Grafikdesign, ist Mitglied der JSVP. Er verbreitete auf den sozialen Kanälen fragwürdige Theorien zum «Bevölkerungsaustausch», einem Kampfbegriff der neuen Rechten.

«Freiheitliche Bewegung Schweiz»

Die Corona-Pandemie kam für Richard Koller zum bestmöglichen Zeitpunkt. Bevor Maskenpflicht, Impfen und Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens zu Themen wurden, dümpelte die vom ehemaligen SVP-Politiker gegründete «Freiheitliche Bewegung Schweiz» (FBS) vor sich hin. Inzwischen hat sich vor allem die Angst vor einer Impfpflicht zu einem Kassenschlager entwickelt.

Für die am 1. Dezember 2020 von der FBS gestartete Volksinitiative «Stopp Impfpflicht – für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» sammeln inzwischen verschiedene Organisationen wie die «Freunde der Verfassung» fleissig Unterschriften. Schon fast klassisch dient die FBS als Sammelbecken für Menschen, die dem Staat grundsätzlich misstrauen und sich durch seine «Machenschaften» bedroht sehen.

Die Vereinigung wehrt sich deshalb nicht nur gegen die «Spritzen-Diktatur», sondern auch gegen den angeblich gesundheitsschädlichen Mobilfunkstandard 5G sowie die Klimawissenschaft. Der Auftritt der FBS im Netz wirkt handgestrickt und improvisiert – so wie es für viele Vereinigungen dieser Art typisch ist.

Obwohl Koller als kantonaler Parteisekretär von der SVP Luzern freigestellt wurde, pflegt er immer noch Beziehungen zu Parteiexponenten. So sitzt die Luzerner SVP-Nationalrätin Yvette Estermann im Initiativkomitee von «Stopp Impfpflicht». Eng verknüpft ist die «Freiheitliche Bewegung Schweiz» mit den Impfgegnern. Ihr prominentester Vertreter, Daniel Trappitsch, gehört dem Initiativkomitee ebenfalls an.

Verbindungen

– Der Präsident Richard Koller ist Mitglied des Initiativkomitees «Stopp Impfpflicht». Auch Christian Oesch, Vizepräsident der FBS, macht dort mit. Oesch ist ausserdem Präsident des Vereins W.I.R., der sich gegen die «Aufschaltung der rechtswidrigen und sehr gesundheitsschädlichen 5G-Mobilfunktechnologien» wehrt.
– Gemäss «Zeitpunkt» von Christoph Pfluger gehört der FBS auch Markus Holzer an, der als eine treibende Kraft hinter «Stiller Protest» gilt. Auch Holzer ist Mitglied des Initiativkomitees «Stopp Impfpflicht».
– Koller betreibt zudem eine weitere Plattform für Volksinitiativen, auf der beispielsweise für eine Mikrosteuer auf dem bargeldlosen Zahlungsverkehr geworben wird.

«Aktionsbündnis Urkantone»

Das «Aktionsbündnis Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik» plante für den 10. April die bisher grösste Anti-Massnahmen-Kundgebung in der Schweiz. Die Urner Regierung erteilte dem Anlass, der zum Stelldichein aller Kritiker der Corona-Massnahmen hätte werden sollen, jedoch keine Bewilligung.

Das überparteiliche Aktionsbündnis ist gemäss eigenen Angaben entstanden aus der Gruppe «Wir-Uri-Schwyz» und der Regionalgruppe Uri des Notrecht-Referendums. Wer die Strippenzieher hinter der Organisation sind, erfährt die Öffentlichkeit auf der Website nicht. Ohnehin ist das Aktionsbündnis kommunikativ zurückhaltend und betreibt im Gegensatz zu anderen Gruppierungen keinen Telegram-Kanal.

Bei Kundgebungen in Lachen (SZ) und Schwyz hat die Vereinigung ihr Mobilisierungspotenzial unter Beweis gestellt. An den von Treicheln und vielen Fahnen begleiteten Anlässen traten unter anderen der in Küssnacht am Rigi wohnhafte Satiriker Andreas Thiel und der Impfgegner Daniel Trappitsch auf. Man ist bemüht, sich als überparteiliche Organisation zu präsentieren. Gemäss dem Sprecher Josef Ender sollten an der Kundgebung in Altdorf bewusst keine Vertreter von «Stiller Protest» auftreten, damit keine Vermischung der Organisationen stattfinde. Im Unterschied zu Auftritten wie jenen des Vereins «Freunde der Verfassung» oder von «Mass-voll» kommt das Aktionsbündnis eher handgestrickt daher.

Verbindungen

– Der Sprecher Josef Ender trat sowohl am vergangenen Wochenende in Liestal wie auch im Dezember 2020 an Kundgebungen der Corona-Skeptiker auf.
– Zeitweise pflegte das Bündnis eine gewisse Nähe zur SVP. So gehörten der Schwyzer Nationalrat Pirmin Schwander und der ehemalige Schwyzer Regierungsrat René Bünter zu den Hauptrednern.
– Der Vereinigung gehört Markus Häni an, Vorstandsmitglied des Vereins «Freunde der Verfassung».

«Netzwerk Impfentscheid»

Der Naturheilpraktiker Daniel Trappitsch ist so etwas wie der Mister Impfgegner der Schweiz und schon lange im Geschäft. Er verbindet esoterische Heilmethoden mit verschwörungstheoretischen Ansätzen. Vergeblich kämpfte er 2013 gegen das Epidemiengesetz, das nun die Grundlage für die Bekämpfung der Corona-Pandemie bildet. Die Corona-Pandemie hat dem von ihm gegründeten Netzwerk neuen Schub verliehen. Zusammen mit seinen Anhängern bekämpft er die angebliche Impfpflicht, die der Bundesrat einführen wolle.

Das «Netzwerk Impfentscheid» sieht sich als aufklärerische Stimme, die sich gegen die «Impf-Propaganda» und die «einseitige Information der Bevölkerung» zur Wehr setzt. Die Maskenpflicht bezeichnen Trappitsch und seine Mitstreiter für nicht gefährdete Menschen, was in ihren Augen die gesamte Bevölkerung ist, als rechtswidrig. Auf der Website des «Netzwerks Impfentscheid» können «Maskenbefreiungsatteste aus besonderen Gründen» heruntergeladen werden.

Der Spiritus Rector, Daniel Trappitsch, gehört zu den bestvernetzten Personen in der massnahmenkritischen Szene. Die übrigen Vorstandsmitglieder von «Impfentscheid» sind im Zusammenhang mit Corona nicht aufgefallen.

Verbindungen

– Trappitsch ist regelmässig auf der Website «Zeitpunkt» von Christoph Pfluger präsent, der auch hinter dem Referendum gegen das Covid-19-Gesetz steht.
– Trappitsch stand in Verbindung mit Markus Erb, der dem Umfeld der inzwischen aufgelösten sektenähnlichen «Vereinigung zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis» (VPM) zugeordnet wurde. Erb vergleicht die Corona-Politik auf seiner Website «Bürger für Bürger» mit den Methoden einer Diktatur. Beide kämpften gemeinsam gegen das Epidemiengesetz.
– Trappitsch gehört dem Komitee «Stopp Impfpflicht» an. Dort sind zahlreiche Personen aus der Corona-skeptischen Szene präsent: Marion Russek und Markus Häni vom Verein «Freunde der Verfassung», der Komiker Marco Rima, Markus Holzer vom Verein «Reaktion», Christian Oesch, Vizepräsident der FBS, und viele andere.

«WIR 2020»

Das Netzwerk «WIR 2020» verbreitet auf seiner Website Verschwörungstheorien beziehungsweise bietet Zugang zu «alternativen Informationsquellen». Darunter befindet sich das Portal des deutschen Arztes Wolfgang Wodarg, der behauptet, die epidemiologische Lage in Deutschland sei selten so entspannt gewesen wie jetzt.

Auf seiner Website wirbt der Verein mit Sophie Scholl. Die Widerstandskämpferin gegen die Nazis wird zitiert mit den Worten: «Der grösste Schaden entsteht durch die schweigende Mehrheit, die nur überleben will, sich fügt und alles mitmacht.» Ohnehin ist der schweizerische Verein eng verknüpft mit der deutschen Partei gleichen Namens, die sich zu den sogenannten Querdenkern zählt.

Das Netzwerk «Widerstand 2020», aus dem «WIR 2020» hervorgegangen ist, wurde vom Arzt Andreas Heisler aus Ebikon (Luzern) und von seiner Frau Annemarie Heisler-Schwitter ins Leben gerufen. Der Kanton Luzern hat Heisler wegen seiner Kritik an den Corona-Massnahmen die Praxisbewilligung entzogen. Gegen diese Massnahme demonstrierten im März rund 350 Personen in der Stadt Luzern. Heisler hatte die Falschmeldung verbreitet, dass ein Altersheimbewohner aufgrund einer Covid-19-Impfung gestorben sei.

Verbindungen

– Andreas Heisler ist der Gründer der Corona-kritischen Ärztevereinigung «Aletheia – Medizin und Wissenschaft für Verhältnismässigkeit».
– Annemarie Heisler-Schwitter ist Mitglied des Initiativkomitees «Stopp Impfpflicht».
– Beruflich arbeitet Heisler mit dem Männer- und Potenzial-Coach Paul «Pablo» Hess zusammen, der sich mit einer Corona-Petition hervortat und sich ebenfalls im Impf-Initiativkomitee befindet.
(https://www.nzz.ch/schweiz/so-ticken-die-corona-skeptiker-ld.1607927)


Von der Mini-Kundgebung in Aarau zur Grossdemo in Wohlen: So hat sich der Corona-Widerstand im Aargau entwickelt
Vor einem Monat protestierten in Wohlen gegen 3000 Personen gegen die Coronamassnahmen – dies war der grösste Anlass der Coronaskeptiker im Kanton. Protest und Zwischenfälle gab es aber schon früher – die Chronologie des Corona-Widerstands im Aargau.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/chronologie-von-der-mini-kundgebung-in-aarau-zur-grossdemo-in-wohlen-so-hat-sich-der-corona-widerstand-im-aargau-entwickelt-ld.2119074


Nena bedankt sich bei Querdenker:innen: Mitgeschwurbelt
Nena hat sich bei Corona-Demonstrant:innen und dem Verschwörungsideologen Xavier Naidoo bedankt. Überraschend kommt ihr Eso-Turn nicht.
https://taz.de/Nena-bedankt-sich-bei-Querdenkerinnen/!5757291/


«Sonnige Grüsse aus der Türkei»: Attila Hildmann macht sich über Staatsanwaltschaft lustig
Seit Wochen fahndet die Berliner Generalstaatsanwaltschaft per Haftbefehl nach Attila Hildmann. Doch der Corona-Leugner hat sich in die Türkei abgesetzt – und spottet nun von dort aus über die deutsche Justiz.
https://www.watson.ch/international/coronavirus/395042598-sonnige-gruesse-attila-hildmann-macht-sich-ueber-behoerden-lustig