Medienspiegel 25. März 2021

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+++BERN
derbund.ch 25.03.2021

Könizer Ex-Gemeinderätin auf Chios: «Der Unterricht verschafft den Flüchtlingen Perspektiven»

Die Bilder aus dem brennenden Flüchtlingslager in Moria haben sie dazu ermuntert: Die langjährige Könizer Gemeinderätin Rita Haudenschild arbeitete zwei Monate an einer Flüchtlingsschule in Griechenland.

Sarah Buser

2017 war die grüne Umweltdirektorin Rita Haudenschild aufgrund der Amtszeitbeschränkung nach zwölf Jahren aus der Könizer Exekutive ausgeschieden. Zwar fehlt es der Ex-Politikerin seither nicht an Beschäftigungsmöglichkeiten. Sie arbeitet bei einer Beratungsfirma, hat mehrere Verwaltungsratsmandate im Umweltbereich und ist Stiftungsratspräsidentin bei Umwelteinsatz Schweiz. Trotzdem hatte sie plötzlich deutlich mehr Zeit, und so entschied sie sich dazu, «Basishilfe für Flüchtlinge zu leisten», wie sie heute erzählt.

Dazu bewegt hätten sie Bilder und Zeitungsberichte aus Griechenland und vor allem der Brand in Flüchtlingslager Moria im Herbst 2020. Anfang Januar zog sie sich für zwei Monate aus der Beratungsfirma zurück, verliess ihre warme Stube im Spiegel und reiste mit zwei anderen Schweizer Freiwilligen nach Athen und weiter auf die Insel Chios, um dort Flüchtlinge zu unterrichten. Auf dem griechischen Eiland arbeitete sie für die Basler Hilfsorganisation «Be aware and share». Gemeinsam mit einer Partnerorganisation betreibt diese in Gehdistanz des Flüchtlingslagers von Chios einen Campus, wo Freiwillige Englisch unterrichten.

Bewegende Schicksale

Für Haudenschild, studierte Biologie- und Sportlehrerin, war das Unterrichten nicht neu. Bereits zu Beginn ihrer Karriere in den 80er-Jahren habe sie zwei Jahre an einem Gymnasium unterrichtet. Der nahe Kontakt mit den Flüchtlingen hingegen sei neu gewesen für sie. «Ihre Schicksale gehen einem sehr nah.»

Vor Ort war Haudenschild «überrascht» von der guten Zusammenarbeit zwischen den auf der Insel tätigen Hilfsorganisationen. Da die Schule für Flüchtlinge in den ersten Wochen wegen des Coronavirus noch nicht öffnen durfte, half sie bei anderen Organisationen mit. Hilfe war an allen Ecken und Enden willkommen: Während zweier Tage packte sie beim Ausladen eines Containers voller Spenden mit an. Sie sortierte Kleider, Schuhe und Zahnpasta, die dann an die Geflüchteten verteilt wurden.

Als die Schule dann öffnete, waren die Klassen schnell gefüllt. Die jungen Menschen erhalten zwei Stunden Englischunterricht und haben danach auch die Möglichkeit, Sport zu treiben, eine warme Dusche zu nehmen oder zu waschen. Nach dem Unterricht kehren die Schülerinnen und Schüler zu Fuss ins wenige Kilometer entfernte Camp zurück.

Aktuell wohnen im Camp auf Chios etwa 2000 Menschen, darunter viele Afghanen, Syrerinnen, Somalier und verschiedenste andere Nationalitäten. Auf dem benachbarten Lesbos sind es laut Angaben der griechischen Behörden rund 8000. Zutritt zum Flüchtlingscamp wird auf Chios nur wenigen Aussenstehenden gewährt, Haudenschild hat es von aussen und in Videos der Flüchtlinge gesehen und meint: «Die Bedingungen sind prekär, der kalte Wind macht es dort im Winter zusätzlich unwirtlich.»

Welche Bilanz zieht Haudenschild nach ihrem Einsatz? Für die Ex-Politikerin ist klar: Die Arbeit des Hilfswerks und der Freiwilligen verschafft den Flüchtlingen «etwas bessere Perspektiven». Den meisten sei bewusst, dass die Sprache ein wichtiges Mittel sei, um auf dem Arbeitsmarkt in einem Aufnahmeland Fuss fassen zu können. Den meisten Flüchtlingen an der Schule sei unklar, wo sie sich längerfristig weiterentwickeln könnten, sagt Haudenschild. Motiviert seien «dennoch praktisch alle», einige so sehr, dass sie zusätzlich Deutschunterricht wünschten.

«Die Schweiz muss mehr aufnehmen»

Klar ist für Haudenschild aber auch, dass sich die Schweiz stärker engagieren muss. Aktuell nimmt sie im Rahmen des Resettlement-Programms des UNHCR Menschen aus der Türkei, aus Ägypten und dem Libanon auf. Wegen Corona waren es letztes Jahr nur 330 Personen gewesen, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage schreibt. Ursprünglich geplant für 2020 war die Aufnahme von 800 Personen. Nun «sei der Verantwortungssinn der Schweiz gefragt», sagt die grüne Ex-Politikerin: «Wir müssten mehr aufnehmen.»

Aufgrund der geografischen Lage ist Griechenland mit einer grösseren Anzahl geflüchteter Menschen konfrontiert als andere europäische Staaten. Im Jahr 2020 erfasste die europäische Statistikdatenbank Eurostat 38’000 neue Asylbewerber. Das ist deutlich mehr als die meisten anderen: Griechenland registriert ungefähr fünfmal so viele Flüchtlinge wie die anderen EU-Staaten im Durchschnitt. Eine systematische Verteilung in der Europäischen Union gibt es bis anhin nicht.

«Umso mehr brauche es Basisarbeit vor Ort», sagt Haudenschild dazu. Die Erfahrung, als Freiwillige Flüchtlinge zu unterstützen, empfiehlt die 62-Jährige deshalb weiter: auch Leuten in ihrem Alter, die auf Chios neben vielen Jüngeren in der Minderheit sind. Wer sich «mental etwas vorbereitet», könne das gut, sagt Haudenschild, viele Voraussetzungen brauche es nicht: «Man muss Englisch sprechen können und sich gern mit diesen Menschen beschäftigen wollen.»
(https://www.derbund.ch/der-unterricht-verschafft-den-fluechtlingen-perspektiven-482463350023)


+++BASELLAND
Minderjährige Flüchtlinge in der Schweiz – Teil 1
Als traumatisierte Teenager flüchteten sie ohne ihre Eltern in die Schweiz. Als «Unbegleitete minderjährige Asylsuchende» werden sie hier gefördert und gefordert. Wie funktioniert Integration? «Reporter» über eine Herausforderung für alle Beteiligten.
https://www.srf.ch/play/tv/reporter/video/minderjaehrige-fluechtlinge-in-der-schweiz—teil-1?urn=urn:srf:video:223c6bd7-67b0-46df-8979-fabb5c114041&aspectRatio=16_9
-> Teil 2: https://www.srf.ch/play/tv/reporter/video/minderjaehrige-fluechtlinge-in-der-schweiz—teil-2?urn=urn:srf:video:589e8326-f988-4de4-bc42-88d959027d94&aspectRatio=16_9


+++EUROPA
EU und Türkei: Lob und Tadel für den Grenzwächter
Merkel stellt pünktlich zum EU-Gipfel klar, dass der Flüchtlingsdeal mit dem AKP-Regime „weiterentwickelt“ werden muss
https://www.heise.de/tp/features/EU-und-Tuerkei-Lob-und-Tadel-fuer-den-Grenzwaechter-5998400.html


+++FREIRÄUME
Die Reitschule-Beiz im Behördendschungel
«Wir sind ein Kollektiv aus aktuell 44 Leuten, die das Restaurant Sous le Pont und die Rössli-Bar in der Reitschule betreiben. In Bern kennen uns alle – es gibt uns ja auch seit über 25 Jahren. Vor der Pandemie hatten wir hier häufig Hunderte von Menschen in und ums Haus, von Teenies bis hin zu Anzugträgern oder Leuten von der Gasse. Das ganze Tohuwabohu ist faszinierend. Natürlich gibt es Reibereien, manchmal kommt es auch zu Handgreiflichkeiten. Als Kollektiv haben wir da unsere Strategien, versuchen, Konflikte möglichst gewaltfrei zu lösen. Davon mal abgesehen macht es vor allem Spass, hier zu arbeiten. Und auch wenn eine Schicht im Service oder an der Bar sehr stressig sein kann – beim Feierabendbierchen danach hast du ein gutes Gefühl.
https://www.woz.ch/2112/corona-call-10-christoph-broennimann/die-reitschule-beiz-im-behoerdendschungel


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Covid-Verordnungen des Bundesrats juristisch durchsetzbar?
«Züri autofrei» – unter diesem Motto demonstrierte im Mai 2020 in Zürich gut ein Dutzend Velofahrerinnen und Velofahrer – trotz Verbot, das sich auf die Corona-Verordnung des Bundesrates stützte. Heute wurde der Fall vor dem Zürcher Bezirksgericht verhandelt. Ein Fall von nationaler Bedeutung.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/covid-verordnungen-des-bundesrats-juristisch-durchsetzbar?id=84d6e91c-9745-4a8e-a2a7-2c0ae1ef9c0d
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/erstes-urteil-zum-demoverbot?urn=urn:srf:video:72c78f0b-b9d8-4a35-b494-aa02f906b3ca
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/zuercher-sp-gemeinderaetin-wegen-velodemo-verurteilt-141318059
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuercher-sp-gemeinderaetin-wegen-corona-verstoss-schuldig-gesprochen-1-00155276
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/zuercher-sp-gemeinderaetin-simone-brander-verurteilt?id=11955487
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/teilnahme-an-velodemo-sp-politikerin-wegen-verstoss-gegen-versammlungsverbot-verurteilt



tagesanzeiger.ch 25.03.2021

Simone Brander vor Bezirksgericht ZürichStadtratsanwärterin der SP wegen Velo-Demo verurteilt

Das Bezirksgericht Zürich verurteilt Simone Brander zu einer bedingten Geldstrafe. Sie hatte trotz Pandemie eine kleine Protestaktion mitorganisiert.

Corsin Zander

So viel vorweg: Der verhältnismässig grosse Medienauflauf am Donnerstag vor Bezirksgericht war nicht übertrieben. Was sich dem über halben Dutzend Medienschaffenden bot, war durchaus spektakulär.

Dies hat erstens mit der Ausgangslage zu tun. Simone Brander, 42, langjährige SP-Gemeinderätin mit intakten Chancen auf einen Stadtratssitz, sitzt auf der Anklagebank. Sie hatte sich im Mai 2020 trotz geltender Covid-Verordnung als Pressesprecherin der Umweltschutzorganisation «Umverkehr» an einer Guerilla-Aktion für Pop-up-Velowege beteiligt.

Zweitens waren sich Staatsanwalt und Verteidiger inhaltlich einig: Eigentlich reicht die gesetzliche Grundlage nicht für eine Verurteilung. Um diese Haltung abzusichern, musste ein Gerichtsentscheid her. Nur darum brachte der Staatsanwalt das Strafverfahren vor Gericht und stellte es nicht ein. Er betrachtet das Verfahren als einen Pilotfall.

Und drittens fällte das Bezirksgericht schliesslich einen überraschenden Entscheid: Es verurteilte Brander zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen à 100 Franken.

Freisprüche in ähnlichen Fällen

Dies ist deshalb überraschend, weil im Februar das Bezirksgericht Dietikon und im Dezember das Bezirksgericht Baden in ähnlichen Fällen zu Freisprüchen gekommen sind. Für die Androhung eines Vergehens, das im Extremfall eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe von maximal 180 Tagessätzen nach sich zieht, reiche eine Verordnung nicht als rechtliche Grundlage. Dafür brauche es ein formelles Gesetz. So deren Begründung (lesen Sie hier mehr dazu).

Obwohl der Staatsanwalt für Brander eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen forderte, hielt er eine eigentliche Verteidigungsrede. Ausführlich widmete er sich dem Epidemiengesetz, auf dem die Verordnung beruht. Um dann zum Schluss zu kommen, es gebe es für eine vorliegende Bestrafung keine genügende gesetzliche Grundlage.

Diesen Ball nahm Branders Verteidiger dankend auf. «Nulla poena sine lege» – keine Strafe ohne Gesetz – zitierte der Verteidiger in seinem Plädoyer einen zentralen Gesetzesgrundsatz.

Nur das Zürcher Bezirksgericht sieht es anders. Zwar sei die Verordnung offen formuliert, doch die dazugehörige Erläuterung halte klar fest: Bei einer Veranstaltung handle es sich um einen zeitlich begrenzten, in einem definierten Raum oder Perimeter stattfindenden und geplanten Anlass. Dem habe die «Umverkehr»-Demo entsprochen. Weil die Aktion nur wenige Minuten dauerte, lediglich sechs Personen teilnahmen, Schutzmassnahmen eingehalten wurden und Branders politische Motivation nachvollziehbar gewesen sei, wiege das Verschulden nur leicht. Es handle sich um eine Bagatelle, sagte der Richter und setzte das Strafmass deshalb auf 10 Tage an.

Verteidiger zieht Urteil weiter

Simone Brander bezeichnete es als «absurd», dass sie überhaupt vor Gericht erscheinen musste. Sie habe sich schliesslich für Massnahmen starkgemacht, um die Pandemie zu bekämpfen: Erstens könnten die Abstandsregeln auf dem Velo besser eingehalten werden als im öffentlichen Verkehr. Und zweitens verursachten Fahrräder weniger Luftverschmutzung als Autos. Studien würden zeigen, dass die Sterberaten bei Covid-Infizierungen bei schlechter Luft höher seien.

So ganz sicher war sich der Bezirksrichter seiner Sache nicht, wie er im Gerichtssaal eingestand. Er würde es begrüssen, wenn sich noch das Obergericht oder gar das Bundesgericht über den Fall beugen würden. Diesen Gefallen macht ihm Branders Verteidiger. Gleich nach der Urteilsbegründung gab er zu Protokoll, er werde den Fall weiterziehen. Beim Hinausgehen wünschte ihm der Staatsanwalt dafür viel Erfolg.
(https://www.tagesanzeiger.ch/stadtratsanwaerterin-der-sp-wegen-velo-demo-verurteilt-279894273668)



nzz.ch 25.03.2021

Zürich: Bedingte Geldstrafe für SP-Hoffnungsträgerin Simone Brander – sie hat laut dem Richter gegen die Covid-19-Verordnung verstossen

Die Organisation einer politischen Aktion war eine Widerhandlung gegen die Covid-19-Verordnung, lautet das Urteil am Donnerstag. Simone Brander wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen à 100 Franken verurteilt.

Tom Felber

Es ist nicht alltäglich, dass eine Zürcher Stadtparlamentarierin als Beschuldigte vor einem Strafrichter erscheinen muss: Die Vizefraktionschefin der Sozialdemokraten im Gemeinderat, die 42-jährige Simone Brander, ist der Widerhandlung gegen die Covid-19-Verordnung angeklagt: Am 14. Mai 2020 versammelten sich bei der Gessnerallee sechs Personen zu einer Polit-Aktion. Sie sperrten die rechte Fahrspur der Strasse mit Verkehrskegeln ab und malten mit Schablonen Velosignete und «Züri autofrei» auf die Strasse. Simone Brander trat dabei als Sprecherin des Vereins Umverkehr auf und gab freimütig Interviews.

Gemäss Anklage hatte die Gemeinderätin zu dieser Aktion aufgerufen, obschon es gemäss der damals gültigen Covid-19-Verordnung verboten war, öffentliche oder private Veranstaltungen einschliesslich Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten durchzuführen.

Im Prozess vor Einzelrichter Roger Harris ist sich Simone Brander aber keiner Schuld bewusst. Mit der Aktion hätten sie ja im Gegenteil einen Beitrag gegen die Pandemie geleistet, sagt sie. Es sei darum gegangen, aufzuzeigen, dass man auch während der Pandemie mit dem Velo sicher unterwegs sein könne. Die Teilnehmer hätten während der Aktion Mindestabstände eingehalten und Masken getragen. Notabene zu einem Zeitpunkt, als es noch gar keine Maskentragpflicht gegeben habe.

Brander steht dazu, als Mediensprecherin der Organisatoren aufgetreten zu sein. Es sei ja nicht das Ziel der Covid-Verordnung gewesen, politische Grundrechte zu beschneiden, sagt sie. Gemäss ihrer Meinung müsste es auch während der Pandemie möglich sein, solche Veranstaltungen durchzuführen. Weil das Ziel ja gewesen sei, einen Beitrag gegen die Pandemie zu leisten, könne es gar kein Verstoss gegen die Covid-Verordnung gewesen sein. Sie würde jedenfalls wieder für ein politisches Anliegen, das ihr wichtig sei, auf die Strasse gehen.

Eine Frau mit Ambitionen

Staatsanwalt Edwin Lüscher beantragt eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 50 Franken. Für ihn gehe es hauptsächlich um die juristische Frage, ob die Vergehensstrafnorm in der Covid-19-Verordnung überhaupt rechtens gewesen sei oder nicht, erklärt er in seinem Plädoyer. Vom Ausgang dieses Prozesses hänge für ihn ab, ob er zahlreiche andere Verfahren einstellen oder zur Anklage bringen solle. Für ihn gehe es nicht darum, ob die Covid-Massnahmen gut oder schlecht gewesen seien, sondern einzig um die Rechtsstaatlichkeit.

Lüscher erinnert Simone Brander daran, dass sie als Politikerin mit Ambitionen eine gewisse Vorbildfunktion haben sollte. Tatsächlich hat die SP-Frau ihr Interesse an einer Stadtratskandidatur kundgetan. Ihre Aktion sei letztlich auch inhaltlich überflüssig gewesen, sagt Lüscher, da der Stadtrat ja sowieso später den Veloweg-Turbo gezündet habe.

Verteidiger Stephan Bernard beantragt einen vollumfänglichen Freispruch. Er stellt grundsätzlich die Rechtmässigkeit von Strafbestimmungen in der Verordnung infrage. Nur «im allergrössten Ausnahmefall» seien sie erlaubt. Dann müsse aber glasklar sein, was strafbar sei und was nicht. Hier sei das nicht der Fall gewesen.

Die Strafnorm sei aus sich selber heraus nicht verständlich und unverhältnismässig gewesen. Zudem habe es im Wochentakt laufend neue Bestimmungen gegeben. Es sei zum Schluss nicht klar gewesen, was legal und was illegal gewesen sei. Man müsse Simone Brander zumindest einen Verbotsirrtum zugutehalten. Und auf der subjektiven Seite sei sicher auch kein Vorsatz erfüllt.

Covid-19-Verordnung ist anwendbar

Einzelrichter Harris sieht es anders und verurteilt die Lokalpolitikerin zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen à 100 Franken. Er sei der Meinung, dass die Anwendbarkeit der Covid-19-Verordnung auf diesen Fall einer rechtlichen Prüfung standhalte. Im Grundsatz dürfe eine bundesrätliche Notverordnung auch Strafbestimmungen enthalten. Das Bestimmtheitsgebot sei nicht verletzt gewesen.

Die ständig aktualisierten Erläuterungen zur Verordnung hätten klare Definitionen enthalten. Es sei klar definiert gewesen, was eine Veranstaltung genau sei. Es sei aufgeführt gewesen, dass auch Demonstrationen verboten seien. Brander sei an der Organisation dieser nicht erlaubten Veranstaltung beteiligt gewesen. Es handle sich aber um eine Bagatelle, und das Verschulden sei nur leicht. Deshalb seien 10 Tagessätze angemessen.

Verteidiger Stephan Bernard hat bereits Berufung angekündigt.

Urteil GG200264 vom 25. 3. 2021, noch nicht rechtskräftig.
(https://www.nzz.ch/zuerich/simone-brander-bedingte-geldstrafe-fuer-sp-frau-in-zuerich-ld.1608706)



Botschaft an die Gastrosuisse: Maske auf – Lohn rauf!
„Maske auf – Lohn rauf! Sicherheit für alle Angestellten! #fightgastrosuisse“ So lautet die Botschaft, die der Gastrosuisse an ihrem Hauptsitz in Zürich Affoltern in der Nacht auf den 22. März 2021 hinterlassen wurde.
https://barrikade.info/article/4324


Orchideen statt Zement: Geschichten von der ersten ZAD in der Schweiz
Am Mormont-Hügel bei Lausanne haben Aktivist:innen vor fünf Monaten ein Protestcamp errichtet. Sie wenden sich gegen die Ausweitung einer Zement-Mine von LafargeHolcim. Nun soll das Camp auf Ende Monat geräumt werden. Das Lamm begleitet die Vorgänge mit einer multimedialen Artikelserie.
https://daslamm.ch/zone-a-defendre-auftakt/


+++KNAST
Brians Haft verletzte Menschenrechte
In diesem Prozess war er Kläger – und hat recht bekommen. Das Bezirks¬gericht Zürich bezeichnet die Haftbedingungen, denen Brian alias «Carlos» 2017 in Pfäffikon ausgesetzt war, als eine «unmenschliche und erniedrigende Behandlung».
https://www.republik.ch/2021/03/25/brians-haft-verletzte-menschenrechte
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/klage-zum-teil-gutgeheissen-zuercher-straftaeter-carlos-erhaelt-keine-entschaedigung
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/zuercher-gericht-hat-entschiden-brian-bekommt-recht-aber-40000-fr-entschaedigung-id16420428.html
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/bezirksgericht-zuerich-gibt-brian-recht?urn=urn:srf:video:ea280129-cf1e-4db4-a823-4d7847222592
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/kanton-zuerich-hat-straftaeter-brian-unmenschlich-behandelt?id=11955301
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/bezirksgericht-zuerich-heisst-klage-von-carlos-teilweise-gut-00155231



tagesanzeiger.ch 25.03.2021

Erniedrigende Haft in PfäffikonUmgang mit Brian: Kanton hat Menschenrechte verletzt

Das Bezirksgericht Zürich rüffelt den Kanton. Wie der junge Straftäter behandelt worden sei, sei nicht rechtmässig. Entschädigung erhält Brian aber nicht.

Liliane Minor

«Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.»
Art. 3, Europäische Menschenrechtskonvention

Kleine Genugtuung für den jungen Straftäter Brian: Das Zürcher Bezirksgericht kommt in einem soeben veröffentlichten Urteil zum Schluss, der Kanton Zürich habe im Umgang mit dem damals 21-Jährigen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstossen.

Es geht in dem Urteil um die Vorfälle, die sich im Januar 2017 im Gefängnis Pfäffikon ereigneten. Weil sich Brian renitent und gewaltbereit zeigte, die Aufseher beleidigte und bedrohte und zweimal versuchte, sich durch die Essensluke nach draussen zu zwängen, griff die Gefängnisleitung zu drastischen Massnahmen: Brian musste tagelang ohne Matratze und Decke auf dem Boden schlafen, durfte drei Wochen lang nicht duschen, erhielt zeitweise auch keine Zahnbürste, war die ganze Zeit gefesselt und durfte nie auf den Spazierhof. Seine einzige Kleidung war ein Papierumhang.

Das Bezirksgericht Zürich musste sich mit der Sache befassen, weil Brians Anwalt, AL-Kantonsrat Markus Bischoff, Staatshaftungsklage eingereicht und 40’000 Franken Genugtuung sowie knapp 16’000 Franken Schadenersatz gefordert hatte. In seinem Urteil gibt das Bezirksgericht Brian nun insofern recht, als es klar feststellt: Ja, der Kanton hat die Menschenrechtskonvention missachtet und damit Brians Persönlichkeit verletzt.

Staat hat Fürsorgepflicht

Der Argumentation des Kantons, Brian habe sich die harte Behandlung selbst zuzuschreiben und man hätte die Restriktionen sofort beendet, hätte er sich gebessert, folgte das Gericht nicht. Der Kampf des jungen Mannes gegen die Justiz müsse «leider als geradezu krankhaft» bezeichnet werden, schreibt das Gericht. Aber: «Umso mehr greift hier die Fürsorgepflicht des Staates, seine freiheitsentziehende Autorität so auszuüben, dass die Gesundheit und das Wohlergehen aller Gefangenen – einschliesslich derer, die sich an keine Regeln halten – gewahrt werden können, soweit das unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar ist.»

Zwar anerkenne das Gericht, dass Brian mit seiner Aggressivität ein «absoluter Ausnahmehäftling» sei. Dennoch wäre eine weniger restriktive Behandlung durchaus möglich und zumutbar gewesen. So hätte der Kanton zum Beispiel für den Hofgang genügend Polizeikräfte aufbieten müssen und können. Auch wäre es mit genügend Sicherheitspersonal möglich gewesen, Matratze und Decke in die Zelle zu bringen, dem Gefangenen das Duschen zu ermöglichen sowie ihn mit Kleidern und Zahnbürste auszustatten.

Die fehlende Sicherheitsinfrastruktur in Pfäffikon ist für das Gericht keine Entschuldigung. Der Justizvollzug müsse «auf psychisch kranke und äusserst gewalttätige Häftlinge grundsätzlich vorbereitet sein». Dass die Aufseher überfordert gewesen seien und nicht in der Absicht gehandelt hätten, Brian systematisch schlecht zu behandeln, entlaste den Kanton nur unwesentlich. Nach der Rechtsprechung des Menschenrechtsgerichtshofs in Strassburg könne eine Handlung auch dann gegen das Verbot der unmenschlichen und erniedrigenden Strafe und Behandlung verstossen, wenn sie nicht vorsätzlich oder absichtlich erfolge.

Mit diesem Urteil stellt sich das Bezirksgericht gegen das Fazit einer Administrativuntersuchung, die Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) einleitete, nachdem die Pfäffiker Vorfälle im März 2017 bekannt geworden waren. Der pensionierte Staatsanwalt Ulrich Weder war in dieser Untersuchung zum Schluss gekommen, es liege kein Verstoss gegen die Menschenrechtskonvention vor – weil die Aufseher nicht die Absicht gehabt hätten, Brian zu schaden.

Anspruch auf Schadenersatz verwirkt

Direkte Konsequenzen hat das Urteil nicht. Mit der Forderung nach Schadenersatz und Genugtuung hatten Brian und sein Anwalt keinen Erfolg. Das Bezirksgericht kommt nach komplizierten rechtstheoretischen Überlegungen zusammengefasst zum Schluss, die Forderungen hätten bereits im Strafprozess gestellt werden müssen.

Brian war im April 2016 in Haft genommen worden, weil er einem Kontrahenten nach einem Streit einen Faustschlag ins Gesicht verpasst hatte. Im März 2017 wurde er deshalb zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt; sein damaliger Anwalt hatte die Haftbedingungen zwar moniert, aber keinen Schadenersatz geltend gemacht. Damit habe der heute 25-Jährige seine Ansprüche verwirkt, so das Bezirksgericht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
(https://www.tagesanzeiger.ch/umgang-mit-brian-kanton-hat-menschenrechte-verletzt-933496017323)



tagesanzeiger.ch 25.03.2021

Kommentar zum Brian-Urteil: Menschenrechte gelten für alle

Das Zürcher Bezirksgericht hat ein wichtiges und richtiges Urteil gefällt: Der Staat kann die Menschenrechte nicht nach Gutdünken auslegen.

Liliane Minor

Das Jahr 2017 hätte das Jahr der Einsicht, des Umdenkens sein können. Als bekannt wurde, wie unmenschlich der 21-jährige Straftäter Brian im Gefängnis Pfäffikon behandelt worden war, gab Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) eine Untersuchung in Auftrag. Nach all den Fehlern, die sich die Justiz im Fall Brian bis dahin geleistet hatte, schien sich nun etwas zu bewegen.

Doch dann kam Ex-Chef-Staatsanwalt Ulrich Weder zum irritierenden Schluss, der Kanton habe seinen renitenten Schützling zwar erniedrigend behandelt – aber trotzdem die Menschenrechte nicht verletzt. Denn Brian sei an der Misere selbst schuld.

Umso bemerkenswerter ist es, dass das Bezirksgericht Zürich nun Gegensteuer gibt. Es hält in seinem Urteil unmissverständlich fest: Die Menschenrechte gelten auch für psychisch kranke und äusserst gewalttätige Häftlinge. Dass die Aufseher überfordert waren und Brian tobte und wütete, ist keine Ausrede – und kein Grund, jemanden tagelang auf dem Boden schlafen zu lassen.

Das Urteil ist aber über den Fall Brian hinaus eine richtige und wichtige Klarstellung. Es ist auch von Bedeutung im Umgang mit anderen Straftätern, die sich nicht an Gefängnis-Regeln halten. Oder die Verbrechen begangen haben, die als verabscheuungswürdig gelten: Pädophile, Vergewaltiger, Terroristen. Es ist aber auch bedeutsam für den Umgang von Behörden mit Querulanten, mit Demonstranten und Hausbesetzern.

Denn es besagt, was in einem Rechtsstaat eigentlich selbstverständlich sein sollte: Der Staat rächt sich nicht. Er schikaniert nicht. Er hält sich an seine eigenen Regeln – selbst wenn sein Gegenüber all diese Regeln und Werte mit Füssen tritt.

Ob das Urteil Brians Situation verbessert, ist eine ganz andere Frage. 2017 gab Jacqueline Fehr noch Fehler zu. Inzwischen verbittet sich die Justizdirektion jede Kritik von aussen. Im Umgang mit Brian sind die Fronten komplett verhärtet.
(https://www.tagesanzeiger.ch/menschenrechte-gelten-fuer-alle-730114976638)



nzz.ch 25.03.2021


Die Zürcher Justiz hat Straftäter Brian erniedrigend und unmenschlich behandelt, eine Genugtuung erhält der junge Mann dennoch nicht

Weil er am Boden schlafen musste, keine Kleider erhielt und keinen Besuch empfangen durfte, klagte der Straftäter Brian gegen den Staat. Das Bezirksgericht Zürich gibt ihm nun in der zentralen Frage recht.

Fabian Baumgartner

Verstiess die Behandlung des Straftäters Brian im Gefängnis Pfäffikon gegen die Europäische Menschenrechtskonvention? Und hat der 25-Jährige deshalb Anspruch auf eine Genugtuung und Schadenersatz? Über diese beiden Fragen hat das Bezirksgericht Zürich im Rahmen einer Haftungsklage des unter dem Pseudonym «Carlos» bekannt gewordenen jungen Mannes befinden müssen.

In seinem schriftlich eröffneten Urteil vom 11. März 2021 hat das Bezirksgericht nun die erste Frage bejaht, die zweite jedoch verneint. Es hält fest, dass die Haftbedingungen, denen Brian in Pfäffikon zwischen dem 6. und dem 26. Januar 2017 ausgesetzt gewesen war, eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention waren und deshalb eine Persönlichkeitsverletzung darstellten. Es hätten trotz dem aggressiven Verhalten von Brian Alternativen bestanden, um die konventionswidrigen Haftbedingungen zu mildern, schreibt das Gericht.

Es geht in dem Fall um Ereignisse vom Januar 2017 im Gefängnis Pfäffikon. Brian befand sich dort in Untersuchungshaft und zwischen dem 6. und dem 26. Januar stets in Einzelhaft. Brian verhielt sich laut einem nach den Vorfällen erstellten Bericht renitent und gewaltbereit, er beleidigte und bedrohte die Aufseher. Zudem versuchte er zwei Mal, sich mit einem Teil seines Körpers durch die Essensluke in der Zellentüre zu zwängen.

Das Gefängnispersonal reagierte mit drastischen Massnahmen. Brian musste unter anderem ohne Matratze auf dem Boden schlafen, er durfte in den rund drei Wochen nur einen Poncho tragen, jedoch keine eigene Kleidung, nicht einmal Unterwäsche. Auch Spaziergänge waren nicht möglich. Zudem musste er immer Fussfesseln tragen, er konnte nicht duschen, Besuche wurden ihm verwehrt.

Keine Matratze, keine Kleider, kein Spaziergang

Der Kanton hatte vor Gericht argumentiert, es habe beim Gefängnispersonal keine Schädigungsabsicht bestanden. Vielmehr seien die Mitarbeiter mit dem aussergewöhnlich aggressiven Verhalten des Straftäters überfordert und die Infrastruktur nicht auf die speziellen Verhältnisse ausgelegt gewesen. Brian habe die Behandlung mit seinem Verhalten selbst herbeigeführt.

Das Gericht bezeichnet diese Einwände jedoch als nicht stichhaltig. Der Staat könne sich nicht wesentlich dadurch entlasten, dass das Personal überfordert gewesen sei und die erniedrigende Behandlung nicht beabsichtigt gewesen sei. Zwar müsse man den Kampf des jungen Mannes gegen die Justiz als geradezu krankhaft bezeichnen.

Doch gerade bei schwierigen Insassen müsse der Staat für deren Gesundheit und Wohlergehen sorgen – soweit dies unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar sei. «Es geht weniger um die Frage, ob sich der Häftling die fraglichen Haftbedingungen selber zuzuschreiben hat, als vielmehr darum, ob es dem Justizvollzug unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar war, die objektiv konventions- und verfassungswidrigen Haftbedingungen zu beseitigen.»

Alternativen hätten laut Gericht durchaus bestanden. So hätte das Gefängnis die Polizei für die Spaziergänge, die Körperhygiene oder die Ausstattung der Zelle mit einer Matratze aufbieten können – unter Umständen auch ausgerüstet mit Tasern und einem Polizeihund. Der Renitenz hätte mit den Einsatzkräften begegnet werden müssen, hält das Gericht fest.

Die Konventions- und Verfassungsverletzung hat das Gericht jedoch nur knapp bejaht. Dies aufgrund des ungewöhnlich aggressiven Verhaltens von Brian und weil keine Schädigungsabsicht durch das Gefängnispersonal vorgelegen habe.

Die Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche von Brian hat das Gericht abgewiesen. Brians Anwalt Markus Bischoff hatte eine Genugtuung in der Höhe von 40 000 Franken sowie 15 600 Franken Schadenersatz gefordert. Diese Ansprüche hätten jedoch im damaligen Strafverfahren gegen Brian geltend gemacht werden müssen, hält das Bezirksgericht fest.

Das Verfahren war am 6. März 2017 rechtskräftig abgeschlossen und Brian wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Ohne Zweifel, schreibt das Gericht in seinem Entscheid, hätte er die Möglichkeit gehabt, seine finanziellen Ansprüche im Laufe des damaligen Strafverfahrens geltend zu machen. Die Ansprüche seien deshalb verwirkt.

Anwalt wertet Urteil als Erfolg

Der Haftungsklage zugrunde liegt eine Administrativuntersuchung, welche die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr 2017 angeordnet hatte. Mit dem Bericht beauftragt hatte Fehr damals den ehemaligen Staatsanwalt Ulrich Weder. Dieser stellte fest, dass Brian in den 20 Tagen diskriminierend und erniedrigend behandelt worden sei.

Als Ursache für die Behandlung machte Weder Überforderung des Gefängnispersonals mit dem Insassen aus. Im Bericht listete er auf, Brian habe seine Zelle verwüstet und sie unter Wasser gesetzt, indem er die Toilette verstopft habe. Zudem habe er die Aufseher in Pfäffikon massiv bedroht, bespuckt und beschimpft.

Weder bejahte in seinem Bericht zwar eine «objektiv klar diskriminierende und erniedrigende Behandlung». Eine Erniedrigungs-, Demütigungs- oder Diskriminierungsabsicht seitens des Gefängnispersonals sei jedoch nicht zu erkennen gewesen. Deshalb liege auch keine konventions- und verfassungswidrige Behandlung im Sinne der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention vor. Dies sieht das Zürcher Bezirksgericht nun anders.

Beim Kanton heisst es auf Anfrage, das Urteil sei grundsätzlich vertretbar und in Bezug auf die Staatshaftung im Ergebnis richtig. Roger Keller, Sprecher der Finanzdirektion, schreibt: «Wir analysieren das Urteil noch detailliert, gehen im gegenwärtigen Zeitpunkt aber eher davon aus, dass wir es nicht anfechten werden.»

Brians Anwalt Markus Bischoff wiederum hält fest, er werte das Urteil als Erfolg, weil im Grundsatz die Verletzung der Menschenrechtskonvention festgehalten worden sei. Die Frage eines Weiterzugs sei jedoch noch nicht entschieden.

Urteil CG 200026 vom 11. 3. 21, noch nicht rechtskräftig.
(https://www.nzz.ch/zuerich/fall-carlos-straftaeter-wurde-im-gefaengnis-unmenschlich-behandelt-ld.1608453)


+++ANTITERRORSTAAT
Schweiz – Eidg. Volksabstimmung vom 13. Juni: NGO-Koalition sagt Nein zum Polizeimassnahmen-Gesetz
Eine breite Koalition von Schweizer Nichtregierungsorganisationen hat heute den Abstimmungskampf gegen das Polizeimassnahmen-Gesetz (PMT) lanciert, über das die Stimmberechtigten am 13. Juni in einem Referendum abstimmen. Die Organisationen warnen vor Polizei-Willkür und einer Gefährdung des Rechtsstaats.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2021/nein-zum-polizeimassnahmen-gesetz


+++RASSISMUS
Dekontamination und Entsorgung (Teil I)
Das Wandalphabet der Künstler Eugen Jordi und Emil Zbinden im Schulhaus Wylergut, seit einem Jahr beschädigt, soll entfernt und in einem Museum mit wissenschaftlicher Erläuterung gezeigt werden. Das ergibt ein Wettbewerb der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum. Manches ist noch offen, doch die Stossrichtung ist klar: Das Werk soll weg. Teil 1: Bericht.
http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3858/Dekontamination-und-Entsorgung-(Teil-I).htm


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Reaktion auf Liestal-Demo – #NoLiestal: Tausende protestieren online gegen Corona-Demos
Als Reaktion auf die Demonstration in Liestal rufen Massnahmen-Befürworterinnen und -Befürworter zum Online-Protest auf.
https://www.srf.ch/news/schweiz/reaktion-auf-liestal-demo-noliestal-tausende-protestieren-online-gegen-corona-demos
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/noliestal-bekommt-prominente-unterstutzung-65894432
-> https://www.blick.ch/schweiz/demo-gegen-die-corona-kritiker-jetzt-schlagen-die-massnahmen-befuerworter-zurueck-id16419641.html?fbclid=IwAR0lbxF2m6_BJOfrZw1rPVAesWHKXJttJBwh2GSPZWHo_x86Z3aNj1zFQtw
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/noliestal-gegenbewegung-zu-corona-demos-gestartet-141317807
-> https://www.watson.ch/!692257809
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/noliestal-gegenbewegung-zu-corona-demos-gestartet-141317807
-> https://telebasel.ch/2021/03/25/von-das-ist-unser-recht-bis-absolut-kontraproduktiv/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%200&channel=105100
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/noliestal-macht-im-netz-die-runde?id=11955499
-> https://www.blick.ch/schweiz/demo-gegen-die-corona-kritiker-jetzt-schlagen-die-massnahmen-befuerworter-zurueck-id16419641.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/692257809-corona-demo-liestal-nochmals-wuerden-wir-die-bewilligung-nicht-erteilen
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/10-vor-10-vom-25-03-2021?urn=urn:srf:video:c822bcf9-fb5c-444e-85c3-429c10359f46
-> https://www.bazonline.ch/liestal-im-auge-eines-nationalen-twitter-sturms-819112826209



derbund.ch 25.03.2021

Anti-Corona-Demo in Altdorf: Demonstrationsverbot überrascht die Gegner der Corona-Massnahmen

Die Urner Behörden verbieten eine Demonstration von Massnahmenkritikern in Altdorf. Der Organisator kann es nicht verstehen – und legt Beschwerde ein.

Christian Zürcher

Sie hatte sich in Liestal wie an einem Festival gefühlt, und sie freute sich bereits auf das nächste in Altdorf am 10. April. Mit noch mehr Leuten, mit noch mehr Maskenlosen, mit noch mehr Ungehorsam. Eine junge Frau durfte kürzlich auf dem privaten Stricker-TV von ihren Liestaler Erlebnissen erzählen: «Es hat mega gutgetan.»

Die junge Frau und ihre Gleichgesinnten müssen bis auf weiteres warten. Der Kanton Uri hat die Demonstration vom 10. April nicht erlaubt. Die Urner Sicherheitsdirektion begründet das damit, dass bei ähnlichen Anlässen nur eine Minderheit die Maskenpflicht befolgt habe. Zudem könne ab einer gewissen Teilnehmerzahl das Maskentragen weder von der Polizei noch von den Organisatoren durchgesetzt werden. Das wiederum begünstige die Verbreitung von Covid-19.

Kurz: Der Kanton Uri will nicht erleben, was am vergangenen Samstag in Liestal geschah. Rund 7000 Menschen trafen sich im Baselbieter Kantonshauptort zu einem Umzug und einer Kundgebung. Das Spektrum der Leute ging von jung bis alt, von Corona-Massnahmenkritikern bis Corona-Leugnern, von liberal bis rechtsextrem. Die Hinweise auf Abstand und Maskenpflicht ignorierten die Teilnehmer grösstenteils. Die Polizei war in bescheidener Zahl angerückt und überfordert, ähnlich erging es dem Zugpersonal bei der An- und Rückreise.

Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war der Aufmarsch Beleg für eine neue Bewegung. Für viele andere Anlass zu tausendfachem Protest. Die Hashtags #NoLiestal und #NoAltdorf gehörten am Donnerstag in den sozialen Medien zu den beliebtesten im ganzen Land. Über 20’000 Tweets zeugen davon, ihre Urheber riefen dazu auf, Corona-Massnahmen und die Wissenschaft ernst zu nehmen.

Die Organisatoren reichen Beschwerde ein

Josef Ender hingegen sieht im Verbot der Kundgebung in erster Linie einen grossen Eingriff in die Grundrechte. Der Informatikunternehmer ist Sprecher des Vereins Aktionsbündnis Urkantone, der den Anlass in Altdorf organisiert hätte. Es habe während der vergangenen Wochen gute Gespräche mit den Behörden gegeben. Es sei dem Aktionsbündnis immer zugesichert worden, dass sie das Recht hätten, zu demonstrieren. «Darum überrascht mich die Kehrtwende», sagt Ender. Man werde Beschwerde einreichen.

Das Aktionsbündnis ist im vergangenen Jahr durch die Fusion zweier Telegram-Chats von je rund 150 Leuten entstanden, sie einte ihre Abwehrhaltung gegenüber den Corona-Massnahmen. Momentan hat der Verein rund 800 Mitglieder und schon mehrere Anlässe in der Zentralschweiz organisiert.

Das Aktionsbündnis hat für den Anlass vom 10. April 2000 Masken unter anderem mit der Aufschrift «Schützt vor Busse, nicht vor Viren» bestellt. Es hätte diese am Eingang verteilt und dafür gebürgt, dass die Maskenpflicht auf dem privaten Areal eingehalten wird. Nicht etwas gar naiv? «An unserem Anlass in Schwyz hat das auch geklappt. Warum nicht auch hier in Altdorf?», fragt Ender. In Schwyz kamen rund 450 Leute.

Der Anlass wäre für das Aktionsbündnis der Auftakt für den Abstimmungskampf vom 13. Juni gewesen. Dann stimmt die Schweiz über das Covid-19-Gesetz ab. Ender ist ein grosser Gegner davon, er findet: «Die nicht erteilte Bewilligung ist eine massive Behinderung der öffentlichen Meinungsbildung.» Würde das Gesetz gebodigt, wären viele Massnahmen des Bundes nichtig, Restaurants könnten zum Beispiel wieder öffnen. Zugleich würden aber spätestens im September auch die Hilfsgelder für angeschlagene Firmen wegfallen. Unternehmer Ender sieht das ziemlich gelassen: «Hilfsgelder sind natürlich notwendig. Aber wenn es keine Massnahmen gibt, braucht es auch keine Hilfsgelder.»

Und was macht die SVP?

Die Abstimmung zum Covid-19-Gesetz beschäftigt derzeit auch die SVP. Sie hält am Samstag ihre Delegiertenversammlung ab und wird ihre Parole fassen. Die Partei ist hin- und hergerissen. Als das Parlament in der vergangenen Session darüber befand, war die SVP-Fraktion gespalten (28 dafür, 13 dagegen, 13 Enthaltungen), die restlichen Parteien stimmten geschlossen dafür.

Zwar sind die meisten Politikerinnen und Politiker der SVP sehr kritisch gegenüber den Massnahmen des Bundes eingestellt. Zugleich wollen sie den Unternehmen am finanziellen Abgrund nicht noch den letzten Schubs verpassen. Gemäss den Zeitungen von CH Media wird die Parteileitung darum auf Stimmfreigabe plädieren.
(https://www.derbund.ch/demonstrationsverbot-ueberrascht-die-gegner-der-corona-massnahmen-305109466297)



Kundgebung nicht bewilligt
Die Sicherheitsdirektion ist Bewilligungsbehörde für Anlässe nach Artikel 65 des kantonalen Polizeigesetzes. Sie hat sich mit der vom Aktionsbündnis Urkantone angekündigten Kundgebung am 10. April 2021 befasst und nach sorgfältiger Abwägung beschlossen, die Bewilligung nicht zu erteilen. Der Entscheid erfolgte nach Rücksprache und in Übereinstimmung mit dem Regierungsrat, dem Sonderstab Covid-19 und der Kantonspolizei Uri.
https://www.ur.ch/mmdirektionen/77066
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/altdorf-uri-keine-demonstration-gegen-die-corona-massnahmen?id=4f7bc15c-ffba-4a25-873d-21fc5c05f35b
-> https://www.derbund.ch/uri-verweigert-bewilligung-fuer-corona-grosskundgebung-in-altdorf-893214063320
-> https://www.20min.ch/story/urner-regierung-verbietet-demo-von-corona-massnahmen-gegnern-611258553847
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/nach-liestal-uri-verbietet-corona-demo-wer-auftaucht-wird-angezeigt
-> https://www.watson.ch/schweiz/uri%20-%20schwyz%20-%20unterwalden/527281347-corona-demo-in-altdorf-ur-verboten-das-sind-die-gruende
-> https://www.blick.ch/schweiz/zentralschweiz/nach-vorfaellen-in-liestal-bl-kanton-uri-verweigert-bewilligung-fuer-corona-demo-id16420664.html
-> https://www.20min.ch/story/wir-werden-eine-unbewilligte-demonstration-unterbinden-430520200206
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/kanton-uri-verbietet-corona-demo?urn=urn:srf:video:a89c972b-53f6-43fc-a938-02838f33b8aa
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/keine-bewilligung-fuer-corona-demo-in-altdorf-141317676
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/noliestal-gegenbewegung-zu-corona-demos-gestartet-141318035
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/uri-verweigert-bewilligung-fuer-corona-grosskundgebung-in-altdorf?id=11955346
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/altdorf-demo-organisatoren-sind-empoert?id=11955526
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/altdorf-geplante-corona-kundgebung-in-altdorf-wird-nicht-bewilligt-ld.2118503


Junge SVP wirft Nationalrätin «Diktatoren-Modus» vor
Die Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen geben viel zu reden. Aufrufe zum Verbot, weil die Regeln nicht respektiert werden, sorgen für Kontroverse.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/junge-svp-wirft-nationalratin-diktatoren-modus-vor-65894119
-> https://www.nau.ch/politik/regional/sollen-corona-demos-verboten-werden-65892358


Ärger und Unverständnis im Landrat wegen maskenlosem Massenauflauf
Die Corona-Demo in Liestal war am Donnerstag auch Thema im Landrat. Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer verurteilte das Verhalten der Organisatoren.
https://telebasel.ch/2021/03/25/kathrin-schweizer-zur-demo-in-liestal-wir-wurden-graduell-ueberrascht
-> https://www.bzbasel.ch/basel/baselland/kritische-fragen-im-landrat-kathrin-schweizer-zur-coronademo-extremismus-hat-im-baselbiet-keinen-platz-ld.2118730


«Weltwoche» bezeichnet Sandro Brotz als «fatalste Fehlbesetzung»
Sandro Brotz ruiniere die «Arena», kritisiert die «Weltwoche» in ihrer neuen Ausgabe scharf. Auslöser ist ein Tweet des SRF-Manns gegen die Liestal-Demonstrierenden.
https://www.20min.ch/story/weltwoche-schiesst-gegen-arena-moderator-sandro-brotz-704355225943
-> https://www.blick.ch/people-tv/schweiz/die-fatalste-fehlbesetzung-die-sich-das-srf-je-geleistet-hat-weltwoche-schiesst-scharf-gegen-sandro-brotz-id16421750.html


Verdacht der Volksverhetzung: Attila Hildmann soll sich in die Türkei abgesetzt haben
Laut der Berliner Staatsanwaltschaft hat der Verschwörungserzähler Deutschland verlassen. Somit kann ein Haftbefehl gegen ihn auch absehbar nicht durchgesetzt werden.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-03/attila-hildmann-verschwoerungstheorien-verdacht-volksverletzung-haftbefehl
-> https://www.spiegel.de/panorama/justiz/attila-hildmann-haelt-sich-laut-berliner-staatsanwaltschaft-in-der-tuerkei-auf-a-f9e52b1b-ac7e-4116-ad56-dbce207f3612
-> https://www.derbund.ch/attila-hildmann-hat-deutschland-offenbar-verlassen-555583359576
-> https://www.watson.ch/international/coronavirus/857653919-deutscher-corona-leugner-attila-hildmann-versteckt-sich-in-der-tuerkei
-> https://www.nau.ch/news/europa/vegankoch-hildmann-halt-sich-laut-berliner-staatsanwaltschaft-in-turkei-auf-65894777
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-hildmann-haftbefehl-tuerkei-100.html


»Danke Kassel« – Nena verteidigt Demo-Unterstützung
Via Instagram hat sich Nena mit Kasseler Protesten gegen die Corona-Politik solidarisiert. Ihre Unterstützung habe denen gegolten, die mit »den unmenschlichen Zuständen« nicht einverstanden seien, konkretisiert sie nun.
https://www.spiegel.de/kultur/musik/nena-verteidigt-danke-kassel-nachricht-an-corona-politik-kritiker-a-d9d8cee2-67e4-4062-890d-3db3701c0979