Medienspiegel 8. März 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++LUZERN
Absolvent Suhel Haji untersuchte die Integration von syrischen Flüchtlingen in die Luzerner Arbeitswelt
Er hat Soziale Arbeit studiert und ist ein Kurde aus Syrien: Suhel Haji. Doch wieso absolvieren nicht mehr syrische Flüchtlinge mit einer ausländischen Matura eine Ausbildung in der Schweiz? Dieser Frage ging er in seiner Bachelorarbeit auf den Grund.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/hochschule-luzern-absolvent-suhel-haji-untersuchte-die-integration-von-syrischen-fluechtlingen-in-die-luzerner-arbeitswelt-ld.2110452


+++ZÜRICH
Dieses Schweigen ist lauter als alle Worte…
Ein Beitrag für den internationalen Frauen*kampftag 8. März –
A. und die alltäglichen Probleme wegen Corona, der ORS und dem Leben im Rückkehrzentrum. Ein Bericht einer MSN-Aktivistin, die im Kanton Zürich regelmässig Menschen in den Rückkehrzentren der ORS besucht.
https://migrant-solidarity-network.ch/2021/03/08/dieses-schweigen-ist-lauter-als-alle-worte


+++SCHWEIZ
Mein Leben im Schatten
Jedes Jahr sind viele Menschen aufgrund politischer Probleme oder ungesunder Bedingungen in ihrem Land gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Es ist eine sehr schwierige Entscheidung, die ein Mensch in der schlimmsten Situation seines Lebens treffen muss. Der Entschluss, auszuwandern bzw. zu fliehen, bringt viele Herausforderungen und Probleme mit sich. Flüchtlinge reisen in ein fremdes Land in der Hoffnung, dort ein sicheres Leben zu führen und die unerträglichen Bedingungen im eigenen Land hinter sich zu lassen. In der Praxis sehen sie sich jedoch nebst dem Heimweh nach der verlorenen Heimat mit mannigfaltigen Problemen konfrontiert, die manchmal den Gefahren des Herkunftslandes gleichkommen. Ausgebildete Flüchtlinge in ihrem vierten Lebensjahrzehnt stehen vor vielen Herausforderungen. Sie können ihre Ausbildung nicht fortsetzen und ihre Diplome werden nicht anerkannt. Infolgedessen ist es fast unmöglich, einen geeigneten Job zu finden. Und das frustriert und lässt viele verzweifeln. Darüber hinaus haben vor allem Flüchtlingsfrauen viele andere Probleme. Sie erleben mehr Diskriminierung und bekommen weniger Anerkennung. Sie haben kaum eine Möglichkeit, sich zu äussern und ihre Stimme zu erheben. Lucify hat mit einer geflüchteten Frau über ihr Leben in der Schweiz gesprochen. Sie will ihren richtigen Namen nicht preisgeben, deshalb haben wir sie unter einem Pseudonym interviewt.
https://www.lucify.ch/2021/03/06/mein-leben-im-schatten


+++DEUTSCHLAND
Wie kommt die Flüchtlingsaufnahme aus Griechenland voran?
Vor einem Jahr hatte die Große Koalition beschlossen, Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen. Nach dem Feuer im Lager Moria wurde das Programm von Bundesinnenminister Horst Seehofer nochmals erweitert. Doch – was ist daraus geworden?
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/wie-kommt-die-fluechtlingsaufnahme-aus-griechenland-voran,SQo10EC


+++BALKANROUTE
Die Sackgasse: So aussichtslos ist die Situation von Geflüchteten in Bosnien
Tausende Migranten und Geflüchtete stecken in Bosnien und Herzegowina fest. Der Balkanstaat ist überfordert, die EU macht Druck. Doch die Lage für die Menschen ist aussichtslos.
https://www.watson.ch/international/migration/561975468-sackgasse-so-aussichtslos-ist-die-situation-von-gefluechteten-in-bosnien


+++GRIECHENLAND
Unicef: Unzumutbare Bedingungen für Flüchtlingskinder in Kara Tepe
Ein halbes Jahr nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria zeichnet sich laut Unicef kein Ende der Not für die geflüchteten Kinder auf Lesbos ab. Die Bedingungen im Ausweichlager Kara Tepe seien keine, die Kinder zuzumuten seien.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1149204.insel-lesbos-unicef-unzumutbare-bedingungen-fuer-fluechtlingskinder-in-kara-tepe.html


+++EUROPA
Frontex kann Pushback-Vorwürfe nicht ausräumen
Die Schweiz mahnt Frontex zur Einhaltung der Menschenrechte und investiert gleichzeitig 75 Millionen
https://rabe.ch/2021/03/08/frontex-kann-pushback-vorwuerfe-nicht-ausraeumen/


Menschenrechtsverletzungen: Wir veröffentlichen interne Berichte zu Frontex-Pushbacks
Seit Monaten steht die EU-Grenzpolizei Frontex unter Druck. Ihr wird vorgeworfen, in Menschenrechtsverletzungen verwickelt zu sein. Wir veröffentlichen die internen Berichte zu möglichen Pushbacks, die die Behörde derzeit untersucht. Frontex wollte uns die Veröffentlichung verbieten.
https://fragdenstaat.de/blog/2021/03/08/frontex-serious-incident-reports-pushbacks/


Unwürdiger Umgang: Flüchtlingshelfer kritisieren EU-Umverteilung
Was passiert mit Menschen, nachdem sie aus Seenot gerettet wurden? Flüchtlingshelfer werfen EU-Staaten einen unwürdigen Umgang mit Geflüchteten vor. Sie fordern Transparenz für die Betroffenen und Schutz.
https://www.migazin.de/2021/03/08/unwuerdiger-umgang-fluechtlingshelfer-eu-umverteilung


Border Feminisms
In one year everything can change. 2020 has reshaped reality on the island of Lesbos. On the borders there is hardly ever time to rest, to celebrate small victories. One must always remain alert and ready to resist the onslaught of power, which seems determined to destroy every last redoubt of hope, self-organisation and solidarity. The narrative that defines 2020 as a lousy year because of the consequences of COVID-19, has made invisible a disastrous year at Europe’s borders where there has been a drastic setback for the rights of people on the move.
https://alarmphone.org/en/2021/03/08/border-feminisms/?post_type_release_type=post


+++DROGENPOLITIK
Betäubungsmittelgesetz – Patienten erhalten leichteren Zugang zu Cannabis-Arzneimitteln
Das Parlament segnet die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ab. Ärzte dürfen Cannabis künftig einfacher verschreiben.
https://www.srf.ch/news/schweiz/betaeubungsmittelgesetz-patienten-erhalten-leichteren-zugang-zu-cannabis-arzneimitteln


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Prozessauftakt in Bern – Kurde soll für Angriff auf Türken in Bern ins Gefängnis
Vorgeworfen wird dem Mann, sich am Angriff auf zwei Autos beteiligt zu haben, welcher sich auf der Berner Schwellenmattstrasse ereignete. Dies im Rahmen einer Kundgebung vom September 2015.
https://www.derbund.ch/kurde-wegen-angriffs-auf-tuerken-2015-vor-gericht-138798930014
-> https://www.watson.ch/schweiz/justiz/301613882-kurde-wegen-angriffs-auf-tuerken-2015-in-bern-vor-gericht



bernerzeitung.ch 08.03.2021

Blutige Kurdendemo in Bern: «Ich lag am Boden und schrie: Aufhören! Aufhören!»

Ein Kurde prügelt einen Türken mit einem Stock. Später fährt der Türke den Kurden mit dem Auto über den Haufen. Das war im Herbst 2015. Nun trafen sie sich vor Gericht wieder.

Michael Bucher

Es waren wüste Szenen, die sich den Berner Passantinnen und Passanten am Nachmittag des 12. Septembers 2015 boten: Türken und Kurden prügelten rund um den Helvetiaplatz aufeinander ein – teils mit den Fäusten, teils mit Stöcken und Eisenstangen. Der ferne Kurdenkonflikt wurde in die Schweizer Hauptstadt getragen.

Es waren wüste Szenen, die sich den Berner Passantinnen und Passanten am Nachmittag des 12. Septembers 2015 boten: Türken und Kurden prügelten rund um den Helvetiaplatz aufeinander ein – teils mit den Fäusten, teils mit Stöcken und Eisenstangen. Der ferne Kurdenkonflikt wurde in die Schweizer Hauptstadt getragen.
96 Personen angezeigt

Am 12. September 2015 riefen türkische Nationalisten zu einer Kundgebung auf dem Berner Helvetiaplatz auf. Diese bewilligte Demo wollten Kurden und Sympathisanten verhindern. Sie versammelten sich an gleicher Stelle und versuchten, sie zu blockieren. Als die Polizei entschied, den Helvetiaplatz zu räumen, griffen kurdische Demonstranten die Polizisten an und verletzten mehrere von ihnen. Auch setzte die Polizei Tränengas und Gummischrot ein, um die beiden Gruppen zu trennen.

Die Bilanz am Ende des Tages: 25 Personen wurden verletzt, mehrere Autos und Häuser beschädigt. Nach umfangreichen Ermittlungen konnte die Kantonspolizei Bern 137 mutmassliche Straftäter ermitteln. 96 davon wurden namentlich identifiziert. «Gemeinsam mit den Ermittlungen nach den Ereignissen rund um die Kundgebung ‹Tanz dich frei› gehören sie zu den umfangreichsten dieser Art», hielt die Polizei vor rund zwei Jahren fest. Insgesamt hat die Polizei achteinhalb Stunden Videomaterial und über 300 Fotos ausgewertet. Die 82 Männer und 14 Frauen waren zum Zeitpunkt der Ereignisse zwischen 19 und 65 Jahre alt. Sie wurden wegen Angriff, Körperverletzung, Landfriedensbruch sowie wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte angezeigt. (mib)

Der Höhepunkt der gewalttätigen Auseinandersetzung fand auf der Schwellenmattstrasse statt. Auf der steilen Strasse, die ins Marzili führt, wurden zwei Autos und deren Insassen von mehreren kurdischen Demonstranten attackiert. Daraufhin fuhr der Fahrer des einen Wagens in eine Gruppe der Angreifer. In den folgenden Tagen kursierten die schockierenden Bilder auf Videoplattformen im Internet.

Kurde soll ins Gefängnis

Am Montag sassen sich in Bern zwei Männer am Regionalgericht gegenüber, die an der Gewaltspirale massgeblich beteiligt waren. Beide sind sie Täter und Opfer zugleich. Doch diese Woche ist fürs Erste ausschliesslich der 28-jährige Kurde der Angeklagte, und zwar wegen versuchter schwerer Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von drei Jahren – ein Jahr davon unbedingt. In drei Monaten wird sich der 45-jährige Türke im selben Saal für seine Taten verantworten müssen. Im aktuellen Prozess sagt er lediglich als Privatkläger aus.

Der Türke sass damals hinter dem Steuer jenes dunklen Mercedes, der in die Menschenmenge fuhr. Sechs Personen wurden dabei umgefahren, wie ein Video zeigte. Ein Mann flog dabei meterweit durch die Luft – der nun vor Gericht stehende Kurde. Dieser zog sich einen Bruch des Schädelknochens und der linken Schulter zu. Der türkische Fahrer erlitt diverse Blutungen und eine Rissquetschwunde am Kopf. Gegen zehn kurdische Demonstranten – darunter auch der Angeklagte – hatten auf ihn eingeprügelt, selbst dann noch, als er am Boden lag. Er hatte dem Fahrer des anderen Autos zu Hilfe eilen wollen. Schliesslich konnte er sich kriechend in sein Auto retten, wo er den Motor startete und zur verhängnisvollen Amokfahrt ansetzte.

«Der reine Horror»

«Es war das Schlimmste, was ich je erlebt habe», sagte der in der Schweiz wohnhafte Türke vor Gericht. «Ich lag am Boden und schrie: Aufhören! Aufhören!» Er ist sich absolut sicher, dass sich auch der Angeklagte unter den Prüglern befunden hatte. Er hatte diesen bereits auf Polizeifotos wiedererkannt. Mehrere Male habe dieser mit einem Stock auf ihn eingeschlagen.

Dies bestätigte vor Gericht auch die Cousine des Opfers. Sie sass zusammen mit dessen 19-jähriger Tochter auf dem Rücksitz des attackierten Autos. «Es war der reine Horror», sagte sie mit zittriger Stimme. Noch heute habe sie Angstzustände und sei konstant in psychologischer Behandlung. Dasselbe sagt der Türke von sich. Er habe bloss seine Tochter an die Kundgebung begleitet. «Ich bin kein politischer Mensch», stellte er klar, «auch habe ich nichts gegen Kurden.»

Schläge gegen Kopf?

Der Angeklagte äusserte sich am Montag erstmals zu den Anschuldigungen, zuvor hatte er geschwiegen. Er gab zu, sich an den Angriffen beteiligt zu haben. Zwei- bis dreimal habe er mit einem rund 30 Zentimeter langen Fahnenstock aus Holz auf den Privatkläger eingeschlagen – «nicht allzu fest und nicht gegen den Kopf», betonte er und widersprach somit seinem Opfer. Auch die Heckscheibe des anderen Autos habe er zertrümmert.

Nach Bern gekommen sei er, «um gegen das Massaker in Kurdistan zu demonstrieren». Den entsprechenden Aufruf habe er auf Facebook gesehen. «Ich wollte friedlich demonstrieren», versicherte der in Süddeutschland wohnhafte Kurde mit leerem Strafregister, «ich wusste nicht, dass die Kundgebung nicht bewilligt war». Als die Polizei dann Gummischrot eingesetzt habe, habe er sich Richtung Schwellenmattstrasse entfernt.

Dort waren bereits erste Scharmützel im Gange. Jemand habe geschrien, dass in den beiden Autos Mitglieder der «Grauen Wölfe» sitzen würden, so der Beschuldigte. Dabei handelt es sich um eine rechtsextreme türkische Organisation. Später kursierten Gerüchte über einen entsprechenden Aufkleber am Auto. Nachgewiesen wurde dies jedoch nie.

«Wie ein Gruppenzwang»

Der im Anzug auftretende Beschuldigte gab vor Gericht den Geläuterten. Dass er einen Holzstock von der Strasse aufgehoben und sich dem gewalttätigen Mob angeschlossen habe, bereue er zutiefst. «Ich war jung und dumm», sagte der ehemalige Kampfsportler, der heute in der Ostschweiz bei einer Firma als stellvertretender Einkaufsleiter arbeitet und verheiratet ist. «Es war wie ein Gruppenzwang.» Er entschuldigte sich bei seinem Opfer – betonte allerdings, dass ja auch er Opfer sei: «Ich wurde beinahe totgefahren.» Er verzeihe dem Privatkläger und wünsche ihm nichts Schlechtes.

Umgekehrt scheint die Versöhnungsbereitschaft weniger vorhanden zu sein. Der Türke meinte nur: «Ich kann das alles nicht vergessen. Eine Entschuldigung zu akzeptieren, ist schwierig für mich.» Er und sein Anwalt verlangen eine Genugtuung von 25’000 Franken. Das Urteil wird am Mittwoch gefällt.



96 Personen angezeigt

Am 12. September 2015 riefen türkische Nationalisten zu einer Kundgebung auf dem Berner Helvetiaplatz auf. Diese bewilligte Demo wollten Kurden und Sympathisanten verhindern. Sie versammelten sich an gleicher Stelle und versuchten, sie zu blockieren. Als die Polizei entschied, den Helvetiaplatz zu räumen, griffen kurdische Demonstranten die Polizisten an und verletzten mehrere von ihnen. Auch setzte die Polizei Tränengas und Gummischrot ein, um die beiden Gruppen zu trennen.

Die Bilanz am Ende des Tages: 25 Personen wurden verletzt, mehrere Autos und Häuser beschädigt. Nach umfangreichen Ermittlungen konnte die Kantonspolizei Bern 137 mutmassliche Straftäter ermitteln. 96 davon wurden namentlich identifiziert. «Gemeinsam mit den Ermittlungen nach den Ereignissen rund um die Kundgebung ‹Tanz dich frei› gehören sie zu den umfangreichsten dieser Art», hielt die Polizei vor rund zwei Jahren fest. Insgesamt hat die Polizei achteinhalb Stunden Videomaterial und über 300 Fotos ausgewertet. Die 82 Männer und 14 Frauen waren zum Zeitpunkt der Ereignisse zwischen 19 und 65 Jahre alt. Sie wurden wegen Angriff, Körperverletzung, Landfriedensbruch sowie wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte angezeigt. (mib)
(https://www.bernerzeitung.ch/kurde-wegen-angriffs-auf-tuerken-2015-in-bern-vor-gericht-706024245366)



Bern: Brutaler Polizeieinsatz gegen kurdische Demo 12. Sept 2015
https://www.youtube.com/watch?v=XkOQgdBbUHw
-> https://www.youtube.com/watch?v=IMtnvj4C8SQ


Internationaler Frauentag in Zürich – Grossaufgebot der Polizei löst gewaltfreien Sitzprotest auf
Am Montagabend demonstrierten über 100 Frauen vor der Wache der Stadtpolizei Zürich gegen Polizeigewalt. Ein Grossteil von ihnen erhielt eine Wegweisung.
https://www.tagesanzeiger.ch/grossaufgebot-der-polizei-loest-gewaltfreien-sitzprotest-auf-214894765472
-> https://www.20min.ch/story/sitzstreik-vor-polizeiwache-sorgt-fuer-grosseinsatz-194816188226
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/100-personen-blockieren-mit-sitzstreik-strassenverkehr-in-zuerich-00153994/
-> Fotos Polizeirepressions-Vorbereitungen 08.03.2021: https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/StadtpolizeiZH/status/1368927475837894659
-> https://twitter.com/i/status/1368974404529643521
-> https://twitter.com/i/status/1369007984383307778
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/ajour_mag



tagesanzeiger.ch 08.03.2021

Internationaler Frauentag in Zürich: Grossaufgebot der Polizei löst gewaltfreien Sitzprotest auf

Am Montagabend demonstrierten über 100 Frauen vor der Wache der Stadtpolizei Zürich gegen Polizeigewalt. Ein Grossteil von ihnen erhielt eine Wegweisung.

Corsin Zander

Die Polizei war schon früh auf einen Grosseinsatz vorbereitet. Bereits vor 17 Uhr glich die Urania-Wache einer Festung. Zahlreiche Polizisten in Vollmontur sicherten das Gebäude, Polizeiautos mit Gittern standen bereit, Motorradpolizisten waren im weiten Umkreis rund um den Hauptsitz der Stadtpolizei verteilt und beobachteten, wer sich dem Gebäude nähern wollte.

Staatsanwaltschaft untersucht Polizeieinsatz

Es kamen dann gegen 18 Uhr über 100 Frauen in kleinen Gruppen, zum Teil mit Schildern, um gegen Polizeigewalt zu demonstrieren. Am Samstag hatte die Stadtpolizei eine Frauendemo gewaltsam aufgelöst. Sie setzte Pfefferspray ein, und auf einem Video ist zu sehen, wie ein Polizist eine verhaftete Frau, die bereits am Boden liegt, mehrmals gegen den Kopf schlägt. Die Zürcher Staatsanwaltschaft untersucht den Vorfall. Wegen des laufenden Verfahrens nimmt die Stadtpolizei derzeit dazu nicht Stellung.

Das feministische Streikkollektiv Zürich hatte deshalb am Montag zu einer unbewilligten Sitzprotestaktion auf der Rudolf-Brun-Brücke aufgerufen. Die Polizei machte die Demonstrantinnen auf die Covid-Verordnung des Bundes aufmerksam und darauf, dass in Zürich politische Versammlungen von mehr als 15 Personen zurzeit verboten sind. Die Demonstrantinnen verhielten sich friedlich und riefen Parolen wie: «Ich bin nichts! Ich kann nichts! Gebt mir eine Uniform!»

Die Polizei, die mit einem ungewöhnlich grossen Aufgebot vor Ort war, sperrte die Brücke für den Verkehr und warnte nochmals alle Anwesenden, sie würden weggewiesen, wenn sie sich nicht entfernten. Ein Grossteil der Frauen blieb sitzen. Mehrere Dutzend erhielten dann eine Wegweisung, verbunden mit dem Verbot, sich während 24 Stunden in einem gewissen Perimeter aufzuhalten.

Am späteren Abend nach 20 Uhr formierte sich im Langstrassenquartier ein Demonstrationszug. Auch die Polizei verschob ihr Grossaufgebot und stoppte die Frauen an der Ecke Militär-/Langstrasse.
(https://www.tagesanzeiger.ch/grossaufgebot-der-polizei-loest-gewaltfreien-sitzprotest-auf-214894765472)



Grundrechte sind zu schützen und nicht polizeilich zu verbieten
Fraktionserklärung der Alternativen Liste (AL)
Über 1’000 Frauen haben am Samstag in der Stadt Zürich in einem kreativen Postenlauf gegen Diskriminierung und für die Rechte von Frauen demonstriert. Die Stadtpolizei hat versucht, die Demonstration zu verhindern, hat Wegweisungen verfügt und Reizgas eingesetzt. Die Stadt-polizei setzte damit die regierungsrätliche Verordnung vom 8. Dezember 2020 durch, wonach Demonstrationen von mehr als 15 Personen im öffentlichen Raum verboten sind. Mit dieser Verordnung hat der Regierungsrat die bundesrätliche Verordnung, wonach Demonstrationen im öffentlichen Raum mit einem Schutzkonzept ohne Zahlenbegrenzung möglich sind, massiv verschärft. Dieser Eingriff in die Grundrechte wie Versammlungsfreiheit und Meinungsäusserungsfreiheit ist nicht zu tolerieren.
https://al-zh.ch/artikel/news/grundrechte-sind-zu-schuetzen-und-nicht-polizeilich-zu-verbieten/


Die Polizei riegelt die Steinenvorstadt ab: Rund 500 Basler Frauen demonstrieren in der Innenstadt
Zur Feier des Internationalen Frauentags gehen Hunderte Baslerinnen am Montagabend auf die Strasse. Zuvor färbten Aktivistinnen eine Muschel-Plastik der Novartis rosa ein.
https://www.bzbasel.ch/basel/internationaler-frauentag-basler-frauen-versammeln-sich-auf-dem-theaterplatz-ld.2112245
-> https://www.bazonline.ch/und-ploetzlich-schlaegt-der-protest-in-eine-freiluft-party-um-186058636786
-> https://www.bazonline.ch/nach-der-kurve-ins-schleudern-geraten-177714431135
-> https://www.msn.com/de-ch/nachrichten/other/rund-800-teilnehmerinnen-an-anti-patriarchats-kundgebung-in-basel/ar-BB1enr2D?ocid=msedgdhp
-> https://telebasel.ch/2021/03/08/anti-patriarchats-demo-mit-rund-800-teilnehmerinnen-in-basel/
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/rund-800-teilnehmerinnen-an-anti-patriarchats-kundgebung-in-basel-65884364



primenews 08.03.2021

«Bildet Banden»: Unbewilligte Demo in Innenstadt

Kundgebung anlässlich des internationalen Frauen¬tags mit hunderten Teilnehmenden verlief friedlich.

von Djamila Oguntola

Anlässlich des Internationalen Frauentags kam es am Montagabend in der Basler Innenstadt zu einer unbewilligten Kundgebung.

Gegen 18 Uhr versammelten sich Hunderte von Personen auf dem Theaterplatz, nachdem der «Feministische Streik Basel» und die «Revolutionäre Jugend» in den Sozialen Medien entsprechende Aufrufe veröffentlicht hatten. Das Motto der Veranstaltung lautete: «Nieder mit dem Partriarchat!» (Prime News  berichtete).

Die Kantonspolizei war vor Ort präsent und wies die Teilnehmenden darauf hin, dass es sich um eine illegale Kundgebung handle. Derweil erklärten die Organisatorinnen der Demonstration über Lautsprecher in mehreren Sprachen, wie sie sich im Falle eines Zugriffs der Einsatzkräfte verhalten sollten.

Um 18:30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Richtung Heuwaage in Bewegung. Dort wurde zu lauter Musik getanzt. Danach ging es während rund zwei Stunden weiter zum Barfüsserplatz, dem Marktplatz und schliesslich zum Petersplatz.

Auf Transparenten war der Slogan «Bildet Banden» zu lesen, während die Demonstrantinnen den begleitenden Polizeieinheiten «Solidarisiere, nid spaziere!» entgegenriefen. Durch ein Megafon wurde ausserdem die Verbundenheit mit Kurdistan beschworen – Angriffe auf die Frauen würden immer zahlreicher.

Während der gesamten Kundgebung blieb es friedlich. Während der Demonstration kam es zu Verkehrsbehinderungen im Öffentlichen Verkehr.
 (https://primenews.ch/articles/2021/03/bildet-banden-unbewilligte-demo-innenstadt)
-> https://youtu.be/096QyEI-tUw
->  https://twitter.com/jsdBS/status/1368973968762363910



«Wir werden der grösste Albtraum des Patriarchats sein» – 100 Frauen demonstrieren in Luzern für ihre Rechte
Am Montagnachmittag haben im Vögeligärtli an die 100 Personen einer Kundgebung zur Gleichstellung beigewohnt. Willkommen waren alle – ausser Männer.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/weltfrauentag-in-luzern-100-frauen-an-demo-im-voegeligaertli-ld.2110319
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/kundgebung-zum-weltfrauentag-141086547
-> https://www.zentralplus.ch/feministinnen-rufen-in-luzern-zum-kampf-gegen-das-patriarchat-auf-2028597/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/kommentar-frauen-ermaechtigt-euch-selbst-ld.2112376


Achtung Tatort 8. März
Wir haben in der Nacht auf den 8. März verschiedene Orte in Bern zu Tatorten von sexualisierter Gewalt erklärt.
Denn nur JA heisst JA!
https://barrikade.info/article/4262


Für die Enttabuisierung der Vulva-Symbolik
Wieso grün, wenn sie rosa sein sollte? Im Rahmen des internationalen FINTA-Kampftages am 8.März bekam die Muschel bei der Novartis endlich ihre eigentliche Farbe.
https://barrikade.info/article/4265


Nach «JA» zum Verhüllungsverbot: Demonstration in Bern
Gestern hat das Schweizer Stimmvolk die Verhüllungsverbot-Initiative angenommen. Am Abend versammelten sich um sieben Uhr rund 250 Personen und zogengegen den Volksentscheid durch die Stadt. Sie demonstrierten gegen einen sexistischen, rassistischen Normalzustand.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/nach-ja-zum-verhuellungsverbot-demonstration-in-bern-141086608


+++POLIZEI ZH
Zürcher Video sorgt für Empörung: Verprügelt hier ein Polizist eine Feministin?
Ein Video sorgt für Wut im Netz – und für eine Demo vor der Zürcher Urania-Wache: Verprügelt hier ein Stadtpolizist eine Feministin?
https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/zuercher-video-sorgt-fuer-empoerung-verpruegelt-hier-ein-polizist-eine-feministin-id16389203.html
-> https://www.20min.ch/story/faustschlaege-gegen-demonstrantin-staatsanwaltschaft-schaltet-sich-ein-538337730877


Abstimmung im Kanton Zürich – «Nationalitäten-Nennung durch Polizei ist nur fallweise sinnvoll»
Die Stadtzürcher Polizei darf in Medienmitteilungen die Nationalität von Verdächtigen wieder nennen. Das Zürcher Stimmvolk hat am Sonntag mit 55.2 Prozent einen Gegenvorschlag des Kantonsrats gutgeheissen. Der SVP ging die Vorlage allerdings zu wenig weit. Die Gegnerschaft sprach hingegen von Diskriminierung. Zu Recht, findet die Soziologin Gülcan Akkaya von der Universität Luzern.
https://www.srf.ch/news/schweiz/abstimmung-im-kanton-zuerich-nationalitaeten-nennung-durch-polizei-ist-nur-fallweise-sinnvoll


+++POLIZEI INT
Square Idee – Was ist mit der Polizei los?
In Frankreich ist die Polizei offensiv und setzt bei vielen Demonstrationen Waffen und Abwehrgeschosse ein. Das Gesetz zur “Globalen Sicherheit” vergrößert das Misstrauens. Die deutsche Polizei kämpft mit rechtsradikalen Netzwerken und stellt sich schützend vor den Bundestag. Braucht es in Zeiten von Populisten und Verschwörungsmythologen neue polizeiliche Methoden?
https://www.arte.tv/de/videos/100953-003-A/square-idee/


+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: Italien nimmt zivile Seenotrettung ins Visier, Schweiz schaut bei Pushbacks weg, Dänemark betrachtet Syrien als sicher
https://antira.org/2021/03/08/italien-nimmt-zivile-seenotrettung-ins-visier-schweiz-schaut-bei-pushbacks-weg-daenemark-betrachtet-syrien-als-sicher/


+++RECHTSEXTREMISMUS
derbund.ch 08.03.2021

Umstrittener Blogger: Wer in «Don Alphonsos» Visier gerät, wird bald vom Mob gejagt

Kritiker werfen «Don Alphonso» vor, er nutze seine bürgerliche Plattform, um linke Frauen als Ziele für rechtsextreme Anhänger zu markieren. Sein Chef sagt: Der Blogger ist in Wahrheit selbst ein Opfer.

Dominique Eigenmann aus Berlin

Wer sich als Journalist mit Don Alphonso beschäftigt, sollte vorsichtig sein, warnten deutsche Kollegen. Man stelle seine Onlineprofile besser auf privat, maile von einer neuen Adresse aus, gebe auf keinen Fall private Anschriften oder Nummern preis.

Vor diesem Blogger wird also gewarnt, nicht nur in linken Kreisen. Die konservative «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) nannte ihn schon 2008 den «bösesten unter den deutschen Bloggern», einen «selbst ernannten Don Gnadenlos». Er selber versteht sich eher als Radikalaufklärer, der aus Prinzip gegen Gott und die Welt wettert. Don Alphonso sieht sich als lustvoll reaktionär. Ein Rechtsextremer ist er nicht.

Menschen, deren politische Meinung er nicht mag, droht er auch nicht. An seinen virtuellen Pranger stellt er sie aber mit Genuss. Seine Kritiker halten ihn für einen «Mobscout»: Er weise durch seine Posts Radikale unter seinen Lesern und fast 50’000 Twitter-Follower auf politische Gegner hin und gebe sie damit faktisch zum «Abschuss» frei.

Mehrere linke Zeitungen in Deutschland – von der «Tageszeitung» bis zum «Freitag» – haben in den vergangenen zwei Jahren über «Don Alphonsos Methode» berichtet, ebenso der «Deutschlandfunk» und vor einigen Wochen die linksliberale «Zeit». Aus Angst vor Klagen alle stets mit grosser Vorsicht.

Es trifft vor allem junge Frauen

Im Kern lautet der Vorwurf der Kritiker so: Don Alphonso nutze seine Plattform beim anerkannten bürgerlichen Medium «Welt», um Linke, deren Meinung er nicht möge, als «Zielpersonen zu markieren». Die so Markierten würden danach von rechten Anhängern des Kolumnisten mit brutalen Mobbing- und Hassattacken überzogen.

Medien und linke Blogger zählen eine Vielzahl von Opfern solcher Kampagnen durch Radikale auf, denen ein Hinweis Don Alphonsos vorausging: Zur Hauptsache trifft es junge, linke Frauen, oft Feministinnen, oft Autorinnen, die noch nicht fest angestellt sind und als freie Mitarbeiterinnen allenfalls auch Geld von staatlichen Stellen beziehen. Häufig auch Frauen und Männer, die Namen tragen, die in manchen deutschen Ohren vielleicht fremd klingen.

Besonders bekannt wurden die Fälle von Natascha Strobl und Sibel Schick. Die österreichische Rechtsextremismusexpertin Strobl zog die Wut Don Alphonsos im letzten Sommer auf sich, als sie für das ARD-Recherchemagazin «Panorama» die Sympathien eines hohen Bundeswehroffiziers für die rechtsextreme «Identitäre Bewegung» einordnete.

Don Alphonso griff Strobl darauf in seinem «Welt»-Blog frontal an. Sie sei gar keine Expertin, sondern eine Aktivistin mit Sympathien für linksextreme Organisationen. Kaum war die Kolumne publiziert, wurde Strobl von Beleidigungen und Bedrohungen überschwemmt. Ihr Twitter-Konto war schlagartig unbenutzbar. Später weiteten sich die Drohungen auf ihre Kinder aus. Selbst die private virtuelle Kondolenzseite, die Strobl für ihren verstorbenen Vater angelegt hatte, wurde mit Hassbotschaften überzogen.

Die Feministin Sibel Schick hatte zwei Jahre zuvor noch Schlimmeres erlebt. Nachdem sie in einem Tweet die Privilegien von weissen, heterosexuellen Männern kritisiert hatte, nahm der privilegierte weisse Mann Don Alphonso sie sich in seinem Blog vor, damals noch für die FAZ. Darauf wurde Schick mit Vergewaltigung und Mord bedroht, ihre Geldgeber erhielten verleumderische Anrufe, ihre Privatadresse wurde veröffentlicht, sie erhielt Waren zugeschickt, die sie nie bestellt hatte.

Schliesslich zog Schick um und verliess Berlin. Doch auch ihre neue Adresse sei veröffentlicht worden, das Klingelschild fotografiert. Bis heute erhalte sie detaillierte Drohungen. All das habe damit begonnen, dass Don Alphonso in seinem Blog seine Leser und Anhänger auf sie hingewiesen habe.

Wer seine Fans etwa auf Twitter sind, kann man nur erahnen. Nach Recherchen des preisgekrönten «Volksverpetzer»-Blogs finden sich jedenfalls viele Rechtsextreme unter ihnen. Nach einer aktuellen Untersuchung wird die Hälfte von Don Alphonsos Tweets von Accounts weiterverbreitet, die auch Posts von Konten retweeten, die der deutsche Verfassungsschutz für rechtsextremistisch hält. Linke Kritiker sprechen von seiner «digitalen Trollarmee».

Der Blogger selber weist jede Schuld weit von sich: Kein Social-Media-Akteur mit Zehntausenden von Anhängern könne für deren politische Einstellung und deren Verhalten die Verantwortung übernehmen. Tatsächlich hat Don Alphonso seine Fans auch schon zu Zurückhaltung aufgerufen, wenn ihm die virtuelle Feldschlacht zu hitzig wurde. Aber dass er rechtsextreme Follower, die andere bedrohen oder zu Gewalt auffordern, systematisch blockieren würde, ist bisher nicht bekannt geworden.

Don Alphonso, der Künstlername geht auf den früheren bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Alfons Goppel zurück, heisst mit bürgerlichem Namen Rainer Meyer. Der wohlhabende 54-Jährige stammt aus dem oberbayerischen Ingolstadt und lebt gerne am idyllischen Tegernsee. Seinen Posts kann man entnehmen, dass er Antiquitäten, Pralinés, Porzellan, Rennvelos, den traditionellen bayerischen Janker, den See und die Berge liebt.

Meyer studierte Kunstgeschichte, schrieb für eine jüdische Exilzeitung. Ein Journalist war er aber eigentlich nie, dafür eine Art Ur-Blogger. Anfang der 2000er-Jahre half er mit scharfzüngigen Internetbeiträgen mit, die damalige «Dotcom»-Spekulationsblase zu zerstechen. 2009, als seine Kunstfigur Don Alphonso bereits als «böser Bube» galt, holte der legendäre Feuilletonchef Frank Schirrmacher den Blogger zur FAZ. 2018, als die FAZ ihn nicht mehr wollte, wechselte Meyer zur «Welt».

Im Unterschied zum Journalisten könne der Blogger radikal subjektiv schreiben «und die Sau rauslassen», begründete Rainer Meyer seine Vorliebe 2007. Im konservativen Teil des deutschen Publikums gilt Don Alphonso als begnadeter Polemiker, als barocker Wüterich und Provokateur. Der linke Teil nennt ihn die «bloggende Bulldogge» oder den «Troll vom Tegernsee».

Auf die Anfragen dieser Zeitung reagierte weder Rainer Meyer noch Don Alphonso. So muss offenbleiben, was den Blogger dazu treibt, so gerne «auf den Mann» bzw. «auf die Frau» zu zielen. Nach dem jüngsten Artikel über ihn in der «Zeit» tweetete Don Alphonso demonstrativ Fotos von idyllischen Landschaften und Süssigkeiten, Belege von Hedonismus und angeblicher Harmlosigkeit. Zu den Vorwürfen nahm er öffentlich keine Stellung.

Eine zweite Verteidigungslinie eröffnete er, indem er Posts präsentierte, in denen Linksradikale zu Gewalt gegen ihn oder seinen Arbeitgeber aufriefen. Bis in die Wortwahl kehrte er dabei die Sichtweise gegen seine Kritiker um, indem er suggerierte, er werde von Linksextremisten selbst andauernd als «Zielperson markiert» mit dem Ziel, ihn mundtot zu machen. Wer nicht erkenne, dass seine Gegner exakt das täten, was sie ihm selbst vorwürfen, dem sei nicht zu helfen, hatte er schon früher gesagt.

Als man Don Alphonsos Chefredaktor bei der «Welt» fragt, was er von dessen angeblicher Methode halte, politische Gegnerinnen als «Zielpersonen zu markieren», antwortet Ulf Poschardt, er lehne solche «Kriegsmetaphern» ab. Er finde aber selbstredend auch «jede Form von Mobbing und Gewaltandrohung absolut indiskutabel».

Seinen Blogger halte er, wenn überhaupt, eher für ein Opfer von «Zielmarkierung» als für einen Täter. Nach den jüngsten Vorwürfen gegen ihn in der «Zeit» hätten sie bei der «Welt» jedenfalls «Hunderte von Beleidigungen und Gewaltandrohungen» erhalten. Er werde dazu gedrängt, den Blogger zu erledigen, sagte Poschardt bereits früher. Aber er stelle sich hinter ihn.

Auf die Frage, ob Don Alphonsos Methode nicht zur «Verrohung des Diskurses» beitrage, die auch nach Poschardts Ansicht die offene Gesellschaft zunehmend vergifte, gibt dieser zu: Ja, es wäre wohl besser, sich an Ideen als an einzelnen Personen abzuarbeiten. «Aber warum wird dann ständig und seit Monaten auf eine Person, Don Alphonso, abgezielt?»

Dass es in den sozialen Medien inakzeptable verbale Gewalt und Mobbing durch rechte wie linke Extremisten gibt, ist unbestritten. Aufwiegen tun sich die Attacken aber nicht. Experten sagen, die Hetze im Internet gehe grossmehrheitlich von rechts aus. Nach den jüngsten verfügbaren Zahlen des deutschen Bundeskriminalamtes vom vergangenen Mai stammten zuletzt drei von vier strafbaren Hasspostings von Rechtsextremisten. Nur jedes achte von Linksextremen.
(https://www.derbund.ch/wer-in-don-alphonsos-visier-geraet-wird-bald-vom-mob-gejagt-109524416850)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Nicolas A. Rimoldi (26) marschiert mit seiner Truppe an Demo in Chur mit – Ex-FDP-Politiker ist jetzt Corona-Skeptiker
Der Verein «Mass-Voll» des Ex-FDP-Mitglieds Nicolas A. Rimoldi (26) kommt vor allem bei Jungen gut an. Der Politiker nutzt geschickt die Corona-Müdigkeit für sein Anliegen.
https://www.blick.ch/schweiz/nicolas-a-rimoldi-26-marschiert-mit-seiner-truppe-an-demo-in-chur-mit-ex-fdp-politiker-ist-jetzt-corona-skeptiker-id16387737.html


Brodnig: FPÖ nutzt “Corona-Unmut als politische Treibkraft”
Die Journalistin und Autorin Ingrid Brodnig kritisiert die Teilnahme der FPÖ bei den Demonstrationen der Corona-Maßnahmen-Gegnern in Wien. Die FPÖ nutze den Unmut der Bevölkerung für politische Zwecke.
https://www.puls24.at/news/politik/brodnig-fpoe-nutzt-corona-unmut-als-politische-treibkraft/228865
-> https://www.derstandard.at/story/2000124755859/corona-demos-am-samstag-ohne-distanz-zum-rechtsextremismus?ref=rss
-> https://www.derstandard.at/story/2000124768102/die-demo-tumulte-von-samstag-haben-ein-politisches-nachspiel?ref=rss
-> https://www.derstandard.at/story/2000124763584/corona-demos-wer-mitgroelt-stimmt-zu?ref=rss



bernerzeitung.ch 08.03.2021

Mobilfunk in Thun: Wer steckt hinter dem Anschlag auf die 5G-Antenne?

Eine 5G-Mobilfunkanlage des Anbieters Sunrise UPC im Strättligwald brannte. Die Ermittlungen der Kantonspolizei laufen. Sie geht nach wie vor von Brandstiftung aus.

Gabriel Berger

Teile von Kabeln, die am Boden herumliegen. Herunterhängende Verkleidungen. Russspuren am Sendemast. Das Gekritzel «Ade 5G» an einem der zwei Technikgebäude. Und Polizei-Absperrband. So präsentierte sich die Situation, gut einen Tag nachdem in der Nacht auf Sonntag bei einer Mobilfunkanlage des Anbieters Sunrise UPC ein Feuer ausgebrochen war.

Zunächst war lediglich die Rede von einem Brand einer 5G-Antenne «bei Thun» gewesen. Auf Anfrage hielt Christoph Gnägi, Mediensprecher der Kantonspolizei Bern, am Montag fest, dass es sich um die Antenne nahe der Schiessanlage Guntelsey im Südwesten Thuns handelt. Der Sendemast der Anlage, die von Swisscom und Salt mitbenützt wird, befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite der Autobahn A6 leicht erhöht auf einer Kuppe. «Die angerückte Feuerwehr konnte sicherstellen, dass das Feuer nicht auf die benachbarten Gebäude übergreift», erklärte Gnägi.

Brandstiftung im Vordergrund

Noch hat die Kantonspolizei keine konkreten Hinweise darauf, wer oder was hinter dem Feuer steckt. «Der Verdacht auf Brandstiftung steht aber nach wie vor im Vordergrund», sagte Gnägi. Die Ermittlungen seien nach wie vor am Laufen. Ein Bekenner- oder gar ein Erpresserschreiben liegt weiterhin nicht vor. In diesem Punkt unterscheidet sich der Vorfall in Thun von jenem in Uttigen, wo erst vergangene Woche an einem Standort der Swisscom Kabelverbindungen eines 5G-Sendemasts in Brand gesteckt worden waren. Polizei und Feuerwehr fanden damals am Tatort ein Erpresserschreiben.

Auch bei Sunrise UPC selbst ging kein entsprechendes Dokument ein, wie Mediensprecher Rolf Ziebold auf Anfrage sagte. Inwiefern ein Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen besteht, wird laut Kapo-Mediensprecher Gnägi derzeit geprüft.

Gemäss Informationen des Geo-Portals des Bundes existieren auf Thuner Gemeindegebiet aktuell gut zwei Dutzend Mobilfunkanlagen mit Antennen der neuen Generation 5G. Die Zahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen.
(https://www.bernerzeitung.ch/wer-steckt-hinter-dem-anschlag-auf-die-5g-antenne-702323769691)


+++HISTORY
tagesanzeiger.ch 08.03.2021

Kooperation mit CIA – Gutachten zweifelt an Neutralität der Schweiz in der Crypto-Affäre

Im Irakkrieg hätten die USA von den Hintertürchen bei der Zuger Spionagefirma Crypto profitiert: Zu diesem Schluss kommt ein von der SP-Fraktion beauftragter Völkerrechtler.

Res Strehle

Die Schweiz bildet sich etwas ein auf ihre Neutralität, zu der sie die europäischen Mächte vor 200 Jahren verpflichtet haben. Sie hat sich seither aus allen grossen Kriegen heraushalten können. Vor über hundert Jahren wurde diese Neutralität im Haager Abkommen genauer definiert: Ein neutraler Staat darf im Kriegsfall keine der beiden Kriegsparteien aktiv unterstützen.

Noch weiter gefasst ist die Neutralitätspolitik, mit der ein neutraler Staat auch in Friedenszeiten dafür sorgt, nichts zu unternehmen, was die Neutralität im Kriegsfall infrage stellt. Der Bundesrat hat sich in Übereinstimmung mit der Bevölkerung verschiedentlich zur Neutralität im Kriegsfall und der Neutralitätspolitik in Friedenszeiten bekannt.

Schlecht zu diesem Bekenntnis passte der Umstand, dass die Schweiz während Jahrzehnten eine Geheimdienstoperation von CIA und BND mit der Chiffriergerätefirma Crypto auf Zuger Boden deckte und ab 2002 sogar aktiv dabei mitwirkte. Nachdem dies im vergangenen Jahr bekannt wurde, sah der Bundesrat in seiner Antwort von Mitte Februar auf eine Interpellation von SP-Nationalrat Fabian Molina aber noch keinerlei Verletzung der Neutralität. Inzwischen hat die SP-Fraktion des Bundeshauses ein Gutachten beim Genfer Völkerrechtler Marco Sassòli in Auftrag gegeben.

Sassòli, einst Chefjurist im Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), kommt zu einem ganz anderen Schluss als der Bundesrat. Die Partnerschaft der CIA mit dem Schweizer Nachrichtendienst hält er insbesondere während des 3. Golfkriegs von 2003 für hochproblematisch, als die USA zusammen mit Grossbritannien und einer «Koalition der Willigen» den Irak angriff. Ein Mandat der UNO hatte sie dafür nicht. Der Irak war in jener Zeit ein guter Kunde der Crypto, ein Vertreter der Zuger Firma betreute ihn von Oman aus. Die irakische Armee vertraute insbesondere bei der Funkverschlüsselung gutgläubig auf die Sicherheit der Schweizer Geräte.

Aber die Zuger Chiffriergeräte waren nur scheinbar sicher, die geheimen Nachrichten für die USA knackbar. «Die Schweiz hatte für den Erfolg der Pläne der USA eine entscheidende Rolle», schreibt der Genfer Professor in seinem Gutachten, «mögliche Kriegsgegner der USA hätten nie auf Chiffriergeräte aus den USA vertraut.» Damit untergrub die Schweiz während ihrer aktiven Partnerschaft mit der CIA während dieses Krieges die Glaubwürdigkeit ihrer Neutralitätspolitik sehr wohl und verletzte mutmasslich auch das Neutralitätsrecht.

Suche nach Verantwortung

Sassòli beschränkt sich bei seiner Expertise ausdrücklich auf die Neutralität im Rahmen von länger dauernden kriegerischen Konflikten und untersucht deshalb beispielsweise die Bombardierung Libyens durch die USA nach dem Bombenanschlag in der Berliner Disco 1986 nicht auf einen möglichen Schweizer Beitrag. Sassòli lässt auch interne Konflikte eines Staates ausser Acht und jene Kriege, bei denen die UNO einer Seite ein Mandat verlieh zum Schutz der Menschenrechte oder im Interesse von Friedenserzwingung oder -sicherung.

Der Sündenfall der Schweiz im 3. Golfkrieg geschah im letzten Amtsjahr von Kaspar Villiger. Die CIA schrieb im Minerva-Geheimpapier, dass der Luzerner Bundesrat ab Mitte der 90er-Jahre in die Operation Crypto eingeweiht war. Villiger bestreitet dies. Auch der damalige stellvertretende VBS-Generalsekretär Markus Seiler will von der Neutralitätsverletzung keine Kenntnis gehabt haben. Er stieg später bis zum Geheimdienstchef auf und wird im Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) kritisiert, weil er sich im Fall Crypto 2017 der Verantwortung entzog.

Die GPDel äusserte sich in ihrem Bericht zum Fall Crypto im vergangenen November nicht zur Frage der Verletzung der Neutralität, weil sie sich auf die internen Abläufe in Geheimdienst und Verwaltung beschränkte. Mit dem Thema Neutralität müsste sich nun eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) befassen, über die der Nationalrat voraussichtlich am Dienstag diskutieren wird. SP und Grüne unterstützen die Forderung, die bürgerlichen Parteien sind dagegen. Die Grünliberalen sind mehrheitlich dagegen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/gutachten-zweifelt-an-neutralitaet-der-schweiz-in-der-crypto-affaere-281890478414)