Medienspiegel 20. Februar 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++APPENZELL-AUSSERRHODEN
Das Asylzentrum Sonneblick öffnet am Montag
Die Vorbereitungsarbeiten in Walzenhausen sind abgeschlossen, jetzt folgt die Öffnung.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/rheintal/walzenhausen-das-asylzentrum-sonneblick-oeffnet-am-montag-ld.2104562


+++MITTELMEER
Italien: 47 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet
Ein Boot, das geflüchtete Menschen transportiert hat, ist 15 Seemeilen vor Lampedusa gekentert. Die italienische Küstenwache konnte fast 50 Menschen retten.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-02/italien-kuestenwoche-bootsunglueck-mittelmeer-fluechtlinge-migration-lampedusa


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Polizei geht mit Gummischrot gegen unbewilligte Demo vor
Die Basler Kantonspolizei hat einer zunächst bewilligten Kundgebung kurdischer Aktivisten, die am Samstag stattfinden sollte, die Bewilligung entzogen. Als sich am Samstag trotzdem Demonstranten zu einem Marsch versammelten, setzte sie Gummischrot ein.
https://www.20min.ch/story/polizei-entzieht-demo-die-bewilligung-wegen-unmut-der-bevoelkerung-339515439424
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/basel-mit-gummischrot-kantonspolizei-stoppt-unbewilligte-kundgebung-ld.2104864
-> https://www.onlinereports.ch/News.117+M58de8d0e093.0.html
-> https://telebasel.ch/2021/02/20/polizei-loest-unbewilligte-kundgebung-mit-gummi-schrot-auf/?channel=105100
-> https://www.polizei.bs.ch/nm/2021-kantonspolizei-stoppt-unbewilligte-kundgebung-jsd.html



primenews 20.02.2021

Keine Bewilligung: Kurden demonstrieren trotzdem

Die Polizei hatte die Kund¬gebung im De Wette-Park untersagt. Das kümmerte die Teil¬nehmenden jedoch nicht.

von Christian Keller

Am frühen Samstagnachmittag haben sich im De Wette-Park beim Centralbahnplatz rund 100 Teilnehmende (Schätzung Prime News) einer Kurden-Demo versammelt. Dies, obschon die Basler Kantonspolizei die Kundgebung ausdrücklich untersagt hatte (Prime News  berichtete).

Den Organisatoren war dies egal. Mit einem Lautsprecher gab ein vermummter Demonstrant die Parole durch, dass man die Veranstaltung auf jeden Fall durchführen werde. Dass die Polizei keine Bewilligung erteilt habe, sei «nicht gerechtfertigt», proklamierte der junge Mann, der sich als Vertreter des «Rojava-Komitees» bezeichnete.

Die Polizei war ab dem Mittag mit einem Grossaufgebot vor Ort und umzingelte das Gebiet strategisch. Lange Zeit verhielten sich die Einsatzkräfte zurückhaltend.

Personen, die sich zur Kundgebung formieren wollten, seien «deutlich auf den Entzug der Bewilligung und die Corona-Massnahmen hingewiesen worden», hält das Justiz- und Polizeidepartement (JSD) in einer Mitteilung fest. Das JSD verteidigt dabei auch erneut den Entscheid, den Demo-Umzug nicht zu bewilligen.

Eine «sicherheitsrelevante Lagebeurteilung», bei welcher Aspekte wie die «Nicht-Fasnacht» und der «Unmut der Bevölkerung in Coronazeiten» miteingeflossen seien,  habe zu diesem Beschluss geführt. Ausserdem hätten die Gesuchstellenden in den letzten zwei Wochen insgesamt vier Mal eine Bewilligung erteilt erhalten.

Bislang keine Bussen ausge­stellt

Als sich kurz vor 14 Uhr eine Gruppe von Demonstranten in Richtung Aeschengraben aufmachen wollte, intervenierte die Kantonspolizei und setzte Gummischrot ein. Danach habe sich die unbewilligte Kundgebung aufgelöst. Es kam zu Verkehrsbehinderungen in der Nauenstrasse und im Öffentlichen Verkehr.

Auf Nachfrage von Prime News, ob und wieviele Bussen wegen der offensichtlichen Verletzung der Covid-19-Verordnung ausgestellt wurden, antwortet JSD-Sprecher Toprak Yerguz wie folgt:

«Der Fokus lag primär auf der Verhinderung einer Kundgebung. Das haben wir erreicht. Die Kantonspolizei hat ferner Beweismittelsicherung betrieben und Personenkontrollen durchgeführt, die nach der Auswertung zu Verzeigungen führen können. Zum jetzigen Zeitpunkt ist dies aber noch offen.»

«Nur» Corona-Ordnungsbussen seien vor Ort keine ausgestellt worden. «Auch dies kann im weiteren Verfahren auf Basis der Auswertung nachgeholt werden», so Yerguz.
(https://primenews.ch/articles/2021/02/keine-bewilligung-kurden-demonstrieren-trotzdem)
-> https://youtu.be/idnPaE4M9A0


+++KNAST
Besuchsverbot wegen Corona: Gefängnis-Insassen vermissen ihre Liebsten
Wegen der Coronapandemie dürfen Inhaftierte in Bern seit rund einem Monat keinen Besuch empfangen. Das kann bei einigen zur Einsamkeit führen. Auch Herrmann Näf belastet die Besuchssperre in Berner Haftanstalten – gerne möchte er jemanden im Frauengefängnis Hindelbank besuchen.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/besuchsverbot-wegen-corona-gefaengnis-insassen-vermissen-ihre-liebsten-140943078



bzbasel.ch 20.02.2021

Senioren hinter Gittern – wenn das Gefängnis an Grenzen stösst

Alternde Häftlinge stellen den Justizvollzug vor Probleme. Was tun mit Insassen, für welche die Gesellschaft keinen Platz hat? Die Kantone Basel-Stadt und Zug wagen mit Bostadel nun einen Versuch mit Schweizer Pioniercharakter.

Silvana Schreier und Benjamin Rosch

Die linke Hand umklammert den schwarzen Gehstock. Josef C.* humpelt den Gang entlang. Beim Metalldetektor muss er seine Hosentaschen leeren: Schlüsselbund und Asthmaspray legt er in den Behälter, kurze Zeit später wird der Aufseher ihm seinen Besitz zurückgeben. C. atmet schwer. Jeder Schritt ist eine Qual. Mit dem Handrücken fährt er sich über die Stirn, wischt die Schweisstropfen an seinem grauen T-Shirt ab.

Für das Interview durfte Josef C. seinen Arbeitsplatz in der Justizvollzugsanstalt Bostadel in Menzingen verlassen. Eine willkommene Abwechslung. Im Besprechungszimmer setzt er sich mühsam auf den Holzstuhl, den Stock platziert er in Reichweite. C. streicht sich durch die kurzen grauen Haare, zupft seinen Bart unter der Maske zurecht. «Was möchten Sie wissen?», fragt er neugierig.

Seit bald 20 Jahren in der Anstalt

Die Gemeinde Menzingen liegt rund 20 Autofahrminuten von Zug entfernt. Bis zur Anstalt geht es nochmals einige Minuten, bis man das burgähnliche Gebäude direkt an der Grenze zum Kanton Zürich erkennt. Bostadel, das Gefängnis der Kantone Basel-Stadt und Zug, Heim von 120 Schwerverbrechern.

Josef C. sitzt seit mehr als einem Vierteljahrhundert im Gefängnis. «Seit dem 3. April 2002 in Bostadel», sagt er, wie aus der Pistole geschossen. Daten merkt er sich ganz genau. In den 70er- und 80er-Jahren hat er mehrere Sexualdelikte begangen, kam mehrmals in Haft. Psychiater attestierten ihm eine pädophile Neigung sowie psychopathische Züge. Laut Medienberichten soll C. über ein Dutzend Kinder und Frauen vergewaltigt und missbraucht haben. In einigen Fällen sahen die Gerichte gar eine Tötungsabsicht.
Einer von 19 Langzeitverwahrten in Bostadel

Heute ist C. 70 Jahre alt. Seine Gefängnisstrafe hat er mittlerweile abgesessen, da ihn die Psychiater jedoch weiterhin – trotz seines Alters – für gefährlich halten, wird er bis an sein Lebensende verwahrt. Er gehört zu den 19 Langzeitverwahrten, die im Gefängnis Bostadel einsitzen. Und er gehört zu denjenigen Gefangenen, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters und ihrem Gesundheitszustand unter den Haftbedingungen leiden.

«Ich habe eine chronische Gelenkarthrose, Diabetes, Leber- und Niereninsuffizienz, die Lungenkrankheit COPD und einen zu hohen Blutdruck», sagt Josef C. freimütig. Das Gefängnis Bostadel ist für einen solchen Fall ausgerüstet. Für C. machte die Leitung eine Ausnahme: Seit einiger Zeit baumelt an seinem Schlüsselbund ein blauer Badge, mit dem er den Lift nutzen kann, der eigentlich den Angestellten vorbehalten ist.

«Doch generell müssen die Gefangenen Treppenlaufen können, sie müssen arbeiten und putzen», erklärt Gefängnisdirektor Andreas Gigon. Denn im Gefängnis gibt es kein Rentenalter. «Damit die Tagesstruktur aufrechterhalten werden kann, müssen die Gefangenen bei uns im Normalvollzug einer geregelten Arbeit nachgehen», sagt Gigon.

Die Inhaftierten altern mit

Während die Schweizer Gesellschaft immer älter wird, zeigt sich diese Entwicklung auch in Haft. Immer mehr Inhaftierte und Verwahrte überschreiten das Alter von 60 Jahren. Gigon sagt: «Als ich 2008 hier anfing, hatten wir einen Gefangenen, der älter war. Mittlerweile sind es über zehn.»

Also wird auch die Anzahl Personen zunehmen, die im Gefängnis pflegebedürftig werden. Doch dafür sind die Schweizer Anstalten nicht ausgelegt. Auch deshalb planen die Kantone Basel-Stadt und Zug einen Ausbau der Anstalt Bostadel. Diese Woche gab das Zuger Parlament seinen Segen, nachdem schon der Grosse Rat einstimmig die Projektierungskosten gutgeheissen hatte.

Verdoppelung im doppelten Sinn

Fast 38 Millionen soll die Sanierung den Kanton Basel-Stadt kosten: Bostadel gehört zu drei Vierteln dem Stadtkanton. Ein grosser Teil der Ausgaben entfällt auf ein Projekt, das in der Schweiz einzigartig ist: Bostadel wird das erste Gefängnis mit einer Abteilung für ältere und langzeitverwahrte Insassen. Der Neubau soll zwischen dem 1977 eröffneten Teil für den Normalvollzug und dem Sportplatz 20 neue Plätze für Alte und Langzeitverwahrte schaffen. Damit würde das Gefängnis Bostadel, das seit Jahren durchgehend zu 98 Prozent ausgelastet ist, seine Kapazität ausbauen.

Doppelt so gross wären auch die Zellen der Inhaftierten in der neuen Abteilung: Während Josef C. und seine Mitinsassen heute auf gut neun Quadratmetern leben, hätten sie nachher 18 Quadratmeter zugut. Ein Luxusgefängnis also? Gigon schüttelt den Kopf: «Wir entziehen diesen Menschen das höchste Gut, die Freiheit. Da sind 18 Quadratmeter nicht viel, wenn man ein Leben lang darin eingesperrt ist.» Ausserdem entsprächen die heutigen Zellen nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben.

Eingesperrt: 18 Häftlinge pro Stock

Die schwere Eisentür fällt ins Schloss. Raumhoch, türkisgrün und mehrere Zentimeter dick versperrt sie den Inhaftierten den Weg in die endlosen Gänge. Abends sind die Gefangenen eingesperrt. 18 pro Stock. In einer kleinen Küche kochen sie sich Tee oder eine Suppe aus der Tüte. Zwischen Abendessen und Nachtruhe dürfen sie die dunklen Gänge nutzen. Etliche Stunden verbringen sie aber in ihrer eigenen Zelle. Bett, Tisch, Lavabo, Kleiderschrank, Toilette. Auch hier fällt die Eisentür schwer ins Schloss, dieses Mal einfach in Orange. Ein beklemmendes Gefühl stellt sich ein, der Blick geht an den dicken Eisenstangen vorbei aus dem Fenster. Draussen der Wald, die Felder und weitere Gefängnistrakte.

Josef C. hat sich arrangiert. Seine Zellennachbarn würden ihm beim Putzen helfen und die Gesundheitsversorgung funktioniere gut, erzählt er. «Vorher war ich nie irgendwo zu Hause. Hier habe ich zum ersten Mal ein Gefühl davon.»

Ob er den Umzug in den Neubau noch erlebt, mal in einem grösseren Zimmer schlafen und sich im geplanten Park die Beine vertreten kann, weiss C. nicht. Sehen würde er die neue Abteilung gerne. «Aber ich mache mir keine Illusionen mehr.»

* Name von der Redaktion geändert.
(https://www.bzbasel.ch/basel/bostadel-senioren-hinter-gittern-wenn-das-gefaengnis-an-grenzen-stoesst-ld.2103802)



bzbasel.ch 20.02.2021

«Im Alter kann das Gefängnis zum Lebensmittelpunkt werden»: Experte unterstreicht Wichtigkeit von Bostadel

Bostadel kommt eine wichtige Schweizer Bedeutung zu, sagt Experte Christoph Urwyler im Interview mit der «Schweiz am Wochenende».

Benjamin Rosch

Herr Urwyler, welche Herausforderung bedeuten alternde Häftlinge für die Schweiz?

Christoph Urwyler: Der Anteil älterer Personen im Freiheitsentzug ist mit derzeit rund fünf Prozent zwar noch relativ gering. Aber seit den 80er-Jahren ist er stetig gewachsen. Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl von Häftlingen 60+ bis in 15 Jahren nochmals verdoppeln wird. Die Herausforderungen ergeben sich vor allem aus der besonderen Verletzlichkeit dieser Gefangenengruppe: Sie sind häufiger krank, depressiv und pflegebedürftig als Jüngere. In einer Studie des SKJV (Schweizerische Kompetenzzentrum für Justizvollzug, Anm. d. Red.) haben wir festgestellt, dass nicht alle Vollzugseinrichtungen über die erforderlichen Ressourcen verfügen, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Dem geplanten Erweiterungsprojekt in Bostadel kommt deshalb für die gesamte Schweiz eine wichtige Bedeutung zu.

Welche besonderen Ansprüche stellen denn alternde Häftlinge?

Die Ansprüche sind sehr vielfältig. Um die Versorgung von alternden Personen sicherzustellen, braucht es – wie im normalen Leben draussen – eine geeignete baulich-technische Infrastruktur, eine medizinische und pflegerische Versorgung und auch entsprechend ausgebildetes Personal mit pflegerischen Kenntnissen. Die Vollzugseinrichtungen sind heute eher für den 35-jährigen Durchschnittsgefangenen eingerichtet und weniger für Senioren.

Was bedeutet das konkret im Alltag?

Ältere Personen brauchen im Alltag, vor allem wenn sie pflegebedürftig sind, grössere Zellen und breitere Korridore für Rollator oder Rollstuhl. In Einzelfällen muss auch eine Spitex in Anspruch genommen werden können. Sie brauchen zudem eine andere Art von Zuwendung und Unterstützung durch das Vollzugspersonal, zum Beispiel Hilfe beim Aufräumen der Zellen, beim Fortbewegen in der Anstalt, persönliche Gespräche und so weiter. Dann braucht es auch für ihr Alter passende Beschäftigungen und Freizeitangebote. Gerade in Lenzburg gibt es etwa auch Grünfläche, und Bostadel plant dies ja auch. Auch die medizinische Versorgung ist aufwendiger und anspruchsvoller. Das steht in einem Spannungsverhältnis zu einem Strafvollzug, der alle gleich behandeln will. Man sollte das System mehr auf die individuellen Bedürfnisse anpassen.

Aber verschwimmen da nicht die Grenzen zu einem Alters- und Pflegeheim, für das andere Leute viel Geld bezahlen?

Im hohen Alter ist es sicher so, dass die Grenzen verschwimmen können, wenn nämlich eine inhaftierte Person aus gesundheitlichen Gründen in ein externes Wohnheim eingewiesen werden muss. Es gibt gute Institutionen, die älteren Gefangenen einen Platz und die notwendige Pflege bieten können. Diese Institutionen müssen natürlich auch die erforderliche Sicherheit bieten können. Der gesellschaftliche Trend geht ja dahin, die Leute zu restriktiv zu behandeln und auch zu übersichern. Das verhindert dann im Einzelfall, dass man für ältere Personen gute Lösungen findet, die, wenn sie Pflege brauchen, eben auch ausserhalb der Gefängnismauern liegen kann. Letzten Endes ist es wichtig, einen menschlichen Ansatz zu wählen. Das zeigen etwa auch schon Erfahrungen aus Lenzburg: Dieses Gefängnis hat bereits seit einigen Jahren eine Altersabteilung.

Welche denn?

Mir ist in diesem Zusammenhang ein Beispiel von einem Häftling bekannt, der todkrank war und palliative Pflege benötigte. Es war sein expliziter Wunsch, im Gefängnis zu sterben, weil er draussen gar niemanden hatte. Am Ende war es so, dass ein Vollzugsmitarbeiter, der ihn während Jahrzehnten betreut hatte, seine Hand bis in den Tod hielt. Das ist auch berührend und zeigt: Im Alter kann das Gefängnis zum Lebensmittelpunkt werden. Gerade bei Häftlingen, die sehr lange Strafen verbüssen, verändern sich die Bedürfnisse stark. Der Aussenkontakt verliert zunehmend an Bedeutung, dafür sind andere wichtig: das persönliche Umfeld im Gefängnis, das Abo der Lieblingszeitschrift, sich das Menu selbst auswählen zu können, vielleicht sogar Seelsorge. Solche kleinen Freiheiten bieten Perspektiven. Um das zu ermöglichen, sind mehr Nähe und Menschlichkeit gefragt.

Politisch ist das heikel.

Das stimmt, der Trend geht in eine andere Richtung. Aber die Würde der Menschen im Vollzug steht im Zentrum. Oft kommt man gar nicht um individuelle Lösungen herum. Es braucht keine Gleichbehandlung von allen, sondern eine verhältnismässige Anwendung des gesetzlichen Auftrags. Wünschenswert wäre, dass man die Bedürfnisse von Älteren nicht im Sinne von Ausnahmen handhabt, sondern nach einem gesamtheitlichen Konzept arbeitet. Das fehlt heute.

Kommen wir noch einmal zurück zu den Zahlen. Dieser Neubau von Bostadel wird erst in einigen Jahren fertiggestellt sein. Kann er den Bedarf dann überhaupt decken?

Den Bedarf der ganzen Schweiz sicher nicht. Es braucht weitere derartige Projekte. Speziell die West- und Ostschweiz stösst von der Infrastruktur her an Grenzen. Grundsätzlich kooperieren die Kantone ja miteinander, wie auch Bostadel zeigt. Das ergibt sicher sehr viel Sinn. Nicht jeder Kanton braucht seine eigene Altersabteilung, gemeinsame Projekte sind diesbezüglich effizienter.



Zur Person

Christoph Urwyler, Dr. iur., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Fachwissen und Analyse des Schweizerischen Kompetenzzentrums für den Justizvollzug SKJV, Fribourg. Im November 2019 hat er eine Studie mitveröffentlicht, welche alternde Gefängnisinsassen zum Thema hatte. Das SKJV unterstützt die KKJPD, die Konkordate und die Kantone in der strategischen Planung und Entwicklung des Justizvollzugs und stellt eine Schnittstelle zwischen politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie Fachleuten dar. (bro)
(https://www.bzbasel.ch/basel/interview-im-alter-kann-das-gefaengnis-zum-lebensmittelpunkt-werden-experte-unterstreicht-wichtigkeit-von-bostadel-ld.2104616)


+++POLIZEI ZH
Nationalitäten-Nennung in Polizeimeldungen: Ist der Gegenvorschlag die bessere Wahl?
Soll die Polizei in Medienmitteilungen die Nationalitäten nennen oder nicht? Darüber stimmt am 7. März der Kanton Zürich ab. Aber nicht nur diese Frage ist umstritten. Zur SVP-Initiative gibt es einen Gegenvorschlag. Auch dieser will, dass die Nationalität genannt wird, der Migrationshintergrund jedoch nicht.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/nationalitaeten-nennung-in-polizeimeldungen-ist-der-gegenvorschlag-die-bessere-wahl-140942764


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
DEMO_WOHLEN:
Grossaufmarsch der Coronaskeptiker: Bis zu 3000 Menschen demonstrieren in Wohlen gegen die Massnahmen des Bundes
Deutlich mehr Personen als erwartet folgten dem Aufruf zum Widerstand des Vereins Stiller Protest. Friedlich und gesittet, aber grösstenteils ohne Maske, demonstrierten sie gegen Maskenpflicht, Impfzwang und Ladenschliessungen.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/freiamt/widerstand-grossaufmarsch-der-coronaskeptiker-bis-zu-3000-menschen-demonstrieren-in-wohlen-gegen-die-massnahmen-des-bundes-ld.2104832
-> https://www.telem1.ch/aktuell/massnahmen-kritiker-demonstrieren-in-wohlen-gegen-corona-regeln-140943018
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/wohlen-grosse-kundgebung-gegen-corona-massnahmen?id=11936596
-> https://www.blick.ch/schweiz/mittelland/corona-demo-in-wohlen-ag-hunderte-demonstranten-bereits-versammelt-kaum-masken-zu-sehen-id16359289.html
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/baden/widerstand-demonstration-in-wohlen-machen-corona-skeptiker-ihrem-unmut-luft-ld.2104832
-> https://www.20min.ch/story/1000-personen-demonstrieren-in-wohlen-gegen-corona-massnahmen-745328679566
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/das-neuste-zur-coronakrise-hunderte-demonstrieren-im-aargau-gegen-corona-massnahmen
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/DarioVereb
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/corona-demo-wohlen-ag-140942748



Polizei löst unbewilligte Anti-Coronademo auf
Im Wallis hat die Polizei eine unbewilligte Demonstration gegen die Coronaschutzmassnahmen des Bundes aufgelöst. Nun ermitteln die Behörden die Organisatoren des Umzugs vom Samstag in Sitten.
https://www.tagblatt.ch/news-service/inland-schweiz/sitten-polizei-loest-unbewilligte-anti-coronademo-auf-ld.2104890
-> https://www.polizeiwallis.ch/medienmitteilungen/sitten-unbewilligte-demonstration-gegen-die-massnahmen-zur-eindaemmung-des-coronavirus/


+++HISTORY
Der Bödelimord: Als die Idylle Unterseens zerstört wurde
Vor 20 Jahren verschwand ein 19-Jähriger aus Unterseen. Für die Polizei und den damaligen Sprecher der Berner Kantonspolizei Jürg Mosimann war schnell klar: «Hier stimmt etwas nicht». Wochen später wurde der Vermisste im Thunersee gefunden. Aus einer alltäglichen Vermisstmeldung wurde ein Mordfall.
https://www.srf.ch/audio/zeitblende/der-boedelimord-als-die-idylle-unterseens-zerstoert-wurde?id=11935909
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/boedelimord-als-die-idylle-unterseens-zerstoert-wurde?id=11936584



derbund.ch 20.02.2021

Gegen Hooligans und Chaoten: Warum in Bern bereits ein Vermummungsverbot gilt

Ein Ja zur Burka-Initiative erhöhe auch die Sicherheit, sagt die SVP. Bern hat bereits ein Vermummungsverbot – es war die Antwort auf die wilden 1980er-Jahre.

Andres Marti

https://www.derbund.ch/warum-in-bern-bereits-ein-vermummungsverbot-gilt-192219032644

Bei der Burka-Initiative gehe es nicht nur um religiösen Fundamentalismus, sagen deren Befürworter. Schliesslich heisse die Initiative korrekterweise «Ja zum Verhüllungsverbot»: Betroffen seien also auch «Chaoten und Hooligans, die ihre Gesichter vermummen, um unerkannt Angst und Schrecken in den Grossstädten zu verbreiten», so ein SVP-Vertreter auf der Seite des Initiativkomitees.

Für den Bieler SVP-Politiker Patrick Widmer würde die Annahme der Initiative deshalb dazu beitragen, Polizisten vor Attacken, «die von der Berner Reithalle ausgehen», zu schützen. «Vermummte Gewalt-Demonstranten» gehörten ebenso wenig zu einer freien Schweiz wie Zwangsverschleierungen.

Nur: Im Kanton Bern kennt man ein Vermummungsverbot seit über 20 Jahren. «Wer sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen oder Kundgebungen unkenntlich macht, wird mit Busse bestraft», heisst es im Gesetz über das kantonale Strafrecht (Artikel 20).

Landesweit hat über die Hälfte der Kantone ein solches Vermummungsverbot eingeführt. In St. Gallen tat dies die damalige Polizeidirektorin und heutige Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP), um so gegen «Chaoten bei Sportveranstaltungen» vorzugehen, wie sie selber sagt. Dafür müsse man aber nicht die Bundesverfassung ändern.

Ursprung in den 1980er-Jahren

In Bern hat die Einführung des Vermummungsverbots eine lange Vorgeschichte. Die Aufdeckung der Fichen-Affäre und die Räumung des Hüttendorfes Zaffaraya führten Ende der 1980er-Jahre zu heftigen Ausschreitungen. Als Antwort darauf reichten Bürgerliche 1993 die Initiative für ein Vermummungsverbot ein. Eingeführt wurde das Verbot aber erst 1998 via kantonale Volksabstimmung (und gegen den Willen der Stadtbevölkerung).

Ob das Verbot dazu beigetragen hat, die öffentliche Sicherheit in der Stadt Bern zu erhöhen, ist schwer zu sagen. Die Polizei will sich dazu nicht äussern. Laut Statistik gibt es im Kanton Bern jährlich zwischen einem Dutzend und 100 Anzeigen wegen illegaler Gesichtsverhüllung. Ob eher Fussball-Ultras oder Demonstranten angezeigt würden, werde nicht erfasst.

In beiden Fällen ist die Durchsetzung des Vermummungsverbots meist schwierig. Eine friedliche Demo wegen ein paar Vermummten gewaltsam aufzulösen, wird schnell als unverhältnismässig wahrgenommen und kann erst recht zur Eskalation beitragen. Ob eingeschritten wird oder nicht, entscheidet jeweils der Einsatzleiter der Polizei vor Ort.

Verhüllung als Pflicht

Praktisch unmöglich ist die Durchsetzung des kantonalen Vermummungsverbots seit der Einführung der Maskenpflicht aufgrund des Coronavirus. So wurden im Sommer plötzlich Demos aufgelöst, weil sich die Teilnehmenden nicht mit einer Maske verhüllt hatten. Die Berner Linksaussen-Partei Alternative Liste hat bereits angekündigt, sich im Grossen Rat für eine Streichung des Verbots einzusetzen. Es gehe ihr um Rechtssicherheit, da die vom Bundesrat verordnete Maskenpflicht bei Demonstrationen dem im Kanton Bern geltenden Vermummungsverbot widerspreche.

Das ist jedoch nicht ganz korrekt: Da die Bundesgesetzgebung der kantonalen übergeordnet ist, ist die Rechtslage klar. Es gilt also: Derzeit müssen sich auch Hooligans und gewaltbereite Demonstranten das Gesicht mit einer Hygienemaske verhüllen. Sonst machen sie sich strafbar.
(https://www.derbund.ch/warum-in-bern-bereits-ein-vermummungsverbot-gilt-192219032644)