Medienspiegel 10. Februar 2021

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+++BERN
bernerzeitung.ch 10.02.2021

Nach Reklamationen in Aarwangen: Die ORS soll Rückkehrzentren abgeben

Nachdem die Corona-Situation ausser Kontrolle geraten ist, fordert eine Petition den Berner Regierungsrat jetzt zum Handeln auf.

Lea Stuber

Es war der Corona-Ausbruch Ende Januar, der auf die Situation im Rückkehrzentrum Aarwangen aufmerksam machte. Innert kurzer Zeit erkrankten über 30 der knapp 100 Bewohnerinnen und Bewohner an Corona. Stimmen wurden laut, wonach die Zentrumsbetreiberin ORS sie nicht genügend vor einer Ansteckung geschützt habe.

Die Quarantäne für das Zentrum ist aufgehoben. Jetzt zeigt sich: Es geht um mehr als um fehlende Masken und geteilte Duschen.

Bereits Anfang November, vor drei Monaten, machten etwa 30 Bewohner des Rückkehrzentrums Aarwangen den Kanton in einem Brief, der dieser Zeitung vorliegt, auf das «sehr schlechte» Klima aufmerksam. Darin sprachen sie von Druck und Drohungen durch Verbote oder Verwarnungen beim Migrationsdienst, von Schikanen und rassistischen Äusserungen der Zentrumsleiterin. Zudem sei seit Monaten eine der wenigen Waschmaschinen defekt, ohne dass sich jemand darum kümmere.

Inzwischen sei die Waschmaschine geflickt. Ansonsten habe sich nichts verbessert, sagt Saeed Farkhondeh. Seit drei Jahren lebt er mit seinen Geschwistern und Eltern – sowie anderen Menschen mit negativem Asylentscheid, die die Schweiz verlassen müssten – im Rückkehrzentrum Aarwangen. Auch einer der Herde sei seit einigen Monaten kaputt, nun kochten etwa 20 Leute auf einem statt wie bisher auf zwei Herden.

Wie reagierte der Kanton auf den Brief aus Aarwangen? Man habe den Inhalt des Schreibens mit der ORS diskutiert, schreibt das zuständige Amt für Bevölkerungsdienste (Abev) dazu. Die ORS Service AG, ein gewinnorientiertes Unternehmen, hat das Rückkehrzentrum Aarwangen – im Zuge der kantonalen Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs (Nabe) – im Sommer 2020 von der gemeinnützigen Heilsarmee übernommen.

Im Januar dann hat Ruedi Wenger, der die Familie Farkhondeh seit Jahren begleitet, Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) in einem Brief ebenfalls und zum wiederholten Mal auf die schwierige Situation in Aarwangen aufmerksam gemacht. In seiner Antwort, die dieser Zeitung vorliegt, schreibt Müller, dass Wenger «unzutreffende Behauptungen» mache. Dessen Schilderungen der Zustände der Asylunterkunft seien «nicht korrekt».

System der Überwachung und Disziplinierung

Auch aus anderen Rückkehrzentren werden die Stimmen lauter und lauter, die den Alltag der Menschen als «zermürbend» wahrnehmen. Ein ehemaliger Mitarbeiter der ORS, der bis vor kurzem in einem anderen Rückkehrzentrum im Kanton gearbeitet hat, sagt: «Die Menschen leben unter unwürdigen Bedingungen.»

Die Bewohnerinnen fühlten sich eingesperrt, nicht nur physisch – hinter dem Zaun und getrennt von der lokalen Bevölkerung. Eingesperrt auch moralisch, indem ihnen alle Perspektiven genommen wurden, erzählten ihm die Bewohner. Es sei eine grosse Wut spürbar, aber auch die Angst, die Schweiz verlassen zu müssen.

Er sagt: «Es ist das Ziel des Kantons, das Leben dieser Menschen schwierig zu machen. Und die ORS tut alles, um dem Kanton zu gefallen.» Als die Kollektivunterkunft zu einem Rückkehrzentrum wurde, sei das für die Bewohnerinnen und ihren Alltag eine «einschneidende Veränderung» gewesen.

So hatten sie unter dem alten Gesetz etwa mit kleinen Arbeiten – wie die Küche putzen oder im Garten arbeiten – zwei Franken pro Stunde verdienen können. Eine Bezahlung sieht der Kanton jetzt nicht mehr vor. Der ehemalige ORS-Mitarbeiter sagt: «Das hat die Atmosphäre im Zentrum stark verändert.» Die Menschen, die von acht Franken Nothilfe am Tag leben, seien nicht mehr motiviert, sich an diesen Arbeiten zu beteiligen. Die Folge: Gerade am Anfang, in den Sommermonaten, sei das Zentrum «extrem schmutzig» gewesen.

Neu habe die ORS eingeführt, dass man täglich in einem Zeitfenster von zwei Stunden unterschreiben muss. «Das macht den Alltag der Menschen zusätzlich kompliziert», sagt der ehemalige Mitarbeiter, «und schränkt ihre Mobilität stark ein.» Ein System der Überwachung und Disziplinierung sei das.

Auch das Personal selber werde überwacht: Die Nachtwachen dürfen in ihrer Arbeitszeit nicht schlafen. Damit die ORS das überprüfen könne, müssten sie ab 23 Uhr alle zwei Stunden ein Rundtelefon zu den anderen Zentren der ORS machen. «Doch dieses Telefongespräch hat überhaupt keinen Nutzen.» Die ORS schreibt dazu: Dieser Austausch finde «aus Sicherheitsgründen» statt.

Für die vielen Minderjährigen im Rückkehrzentrum gebe es keinen Raum zum Spielen, sagt der ehemalige Mitarbeiter. Zudem sähen sie ständig, wie schlecht es ihren Eltern gehe, wie hoffnungslos sie seien. «Diese Kinder leben nicht das Leben, das Kinder führen sollten.» Die Zentrumsleitung könnte einen Austausch mit Eltern aus dem Ort initiieren oder Spiele für die Kinder zur Verfügung stellen «Das wäre möglich», sagt er. Auch für die Erwachsenen würden schon kleine Dinge – wie etwa ein Sprach-, Koch- oder Veloflickkurs – den Alltag erleichtern.

Zurück nach Aarwangen. Dort sagt Saeed Farkhondeh: «Wir werden wie Objekte behandelt, die keinen Wert haben.» Früher, als noch die Heilsarmee das Zentrum führte, hätten sie in der Turnhalle Fussball spielen können, diese ist jetzt zu. Auch der Raum für die Kinder, wo es früher Spielzeuge und Spiele hatte, ist geschlossen. Die Küchenzeiten seien verkürzt (offen nur bis 22 Uhr), die Waschmaschinen dürften bis 18.30 Uhr benutzt werden, die Duschen bis 22 Uhr. «Unter der ORS gibt es viele Regeln», sagt Farkhondeh.

Einzeln um eine Stellungnahme gebeten, geben der Kanton und die ORS gemeinsam Auskunft: Die Turnhalle sei sanierungsbedürftig und der Spielraum für die Kleinkinder wegen der Corona-Massnahmen geschlossen.

Unabhängige Untersuchung gefordert

Die ORS ist das eine. Das andere ist der Kanton, der mit Nabe die Rahmenbedingungen für die Unterbringung neu geregelt hat. SP-Grossrätin Tanja Bauer, die an der Gesetzesberatung beteiligt war, sagt: «Jetzt passiert das, wogegen wir uns schon bei der Beratung gewehrt haben. Die Zermürbung und die Verelendung werden durch das neue Gesetz verschlimmert. Der Kanton ist in der Verantwortung und muss eine menschliche Unterbringung jederzeit gewährleisten.» Eine öffentliche Aufgabe wie diese, sagt sie, gehöre nicht in die Hände eines Unternehmens, das Gewinn erwirtschaftet.

In Bezug auf die Corona-Pandemie forderte Bauer zusammen mit Grossratskollegin Christa Ammann (AL) im November in einer Motion Einzelzimmer für Menschen, die in Isolation oder Quarantäne müssen. Nicht die für die Rückkehrzentren zuständige Sicherheitsdirektion von Regierungsrat Philippe Müller beantwortet nun die Motion, sondern die Gesundheitsdirektion. Diese sieht keinen Handlungsbedarf, wie sie ausführt. Die Massnahmen würden laufend überprüft und wenn nötig angepasst, auch die Versorgung der erkrankten Personen sei in jedem Fall sichergestellt.

Christa Ammann ist mit dieser Antwort nicht zufrieden: «Auf sämtliche Schwierigkeiten und die Kritik, die aus dem Rückkehrzentrum in Aarwangen bekannt sind, geht sie nicht ein.» Aus ihrer Sicht nehme die Sicherheitsdirektion die Kontrollfunktion nicht ausreichend und unabhängig genug wahr. Sie fordert, dass die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats aktiv wird.

Genau das – eine unabhängige Untersuchung der Unterbringungsbedingungen in den Zentren, die die ORS betreibt – fordert auch eine Petition. Diese haben die «Stop Isolation»-Gruppe von Menschen mit Asylnegativentscheid, das Migrant Solidarity Network und die Demokratischen Juristinnen und Juristen Bern vor wenigen Tagen lanciert, inzwischen haben mehr als 1700 Menschen unterschrieben.

Der ORS, schreiben sie, soll das Mandat für die Führung der Rückkehrzentren entzogen werden. Sie fordern vom Berner Regierungsrat und der Geschäftsprüfungskommission zudem, dass die Menschen aus dem Rückkehrzentrum Aarwangen in einer «quarantänetauglichen, menschenwürdigen Einrichtung» untergebracht werden, wo sie Hygienevorschriften und Abstandsregeln einhalten können.

Saeed Farkhondeh will das Telefon schon fast auflegen, dann sagt er doch nochmals etwas. Fünf Männer, die an Corona erkrankt waren, hätten sich gemeinsam in einem Zimmer isolieren müssen. «Als sich einer wehrte, hiess es: ‹Du musst in dieses Zimmer, sonst rufen wir die Polizei.›» Dazu schreiben der Kanton und die ORS: «Im Rückkehrzentrum Aarwangen steht für Isolationsfälle ein grosses Mehrbett-Zimmer zur Verfügung.» Reklamationen habe es keine gegeben.
(https://www.bernerzeitung.ch/die-ors-soll-rueckkehrzentren-abgeben-869552727916)



#ShutDownORS: Der ORS Service AG kündigen wegen Gesundheitsgefährdung in der Corona-Pandemie
Online-Petition an den Berner Regierungsrat und die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats – Alle dürfen unterschreiben!
https://migrant-solidarity-network.ch/2021/02/04/shutdownors-der-ors-service-ag-kuendigen-wegen-gesundheitsgefaehrdung-in-der-corona-pandemie/



Motion 278-2020 Ammann (Bern, AL) Recht auf Gesundheit – Schutz vor COVID-19 in Rückkehrzentren und Kollektivunterkünften.
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-70e745013d374199b5d4e67404a05d27.html



derbund.ch 10.02.2021

Rückkehrhilfe für abgewiesene Flüchtlinge: Mehr Flüchtlinge sollen ihre Lehre beenden können

Die Berner Sicherheitsdirektion justiert ihr Asylregime: Die Ausreisefrist bei abgelehnten Asylsuchenden in der Lehre wird verlängert. Davon profitieren aber längst nicht alle.

Andres Marti

Flüchtlinge, die trotz guten Leistungen ihre Lehre wegen eines Negativentscheids abbrechen müssen: Solche Fälle sorgen nicht nur im linken Lager für Kritik. Nun scheint im Kanton Bern etwas Bewegung in die Sache zu kommen.

Im Vordergrund steht dabei die Ausreisefrist von abgewiesenen Asylsuchenden, die eine Lehre oder Vorlehre absolvieren. Konkret soll diese «in absoluten Ausnahmefällen bis maximal zwölf Monate verlängert werden können, wenn dadurch die Beendigung einer Lehre ermöglicht werden kann», schreibt das zuständige Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage. Die einschlägige Weisung an die Kantone werde entsprechend angepasst. Bislang gewährte der Kanton Bern nur in jenen Fällen eine Aufschiebung der Ausreisepflicht, bei denen ein Abschluss der Lehre innert sechs Monaten möglich war.

Rückkehrhilfe statt Bleiberecht

Auch gemäss der neuen Bestimmungen dürfen die abgewiesenen Asylsuchenden nach Abschluss der Lehre nicht hierblieben. Denn die Ausbildung beenden darf nur, wer sich zur Ausreise verpflichtet hat. Es geht also im Kern um Rückkehrhilfe und nicht um die Gewährung eines Bleiberechts etwa im Rahmen einer neuen Härtefallregelung.

Unklar ist, wie viele abgewiesene Asylsuchende nun aufgrund der Neuerung ihre Lehre doch noch fertig machen dürfen. Schätzungen gehen im Kanton Bern von 30 bis 70 Personen aus.

Grund für die Praxisänderung ist eine Intervention des Berner Regierungsrats Philippe Müller (FDP). Der Sicherheitsdirektor hat laut eigenen Angaben Mitte Dezember mit SEM-Chef Mario Gattiker Kontakt aufgenommen und ihm eine Prüfung seiner «komplizierten» Fälle vorgeschlagen. Gattiker bestätigt die Zusammenarbeit mit den Berner Asylbehörden: «Es geht jetzt darum, mit dem Kanton diejenigen Personen zu identifizieren, bei denen es einen Handlungsspielraum gibt.»

Bundesrat für Neubeurteilung

Müller sagt, er sei aktiv geworden, nachdem der Bundesrat Mitte Dezember die Bereitschaft signalisiert hatte, die Ausreisefrist in Einzelfällen zu verlängern. Tatsächlich zeigte sich Asylministerin Karin Keller-Sutter (FDP) während der Debatte im Nationalrat um die Lehrabbrüche letzten Dezember zu einer Neuprüfung der Fälle bereit, «falls die heutige Praxis pragmatische Lösungen verhindert und die Kantone dies wünschen».

Eine vom Nationalrat deutlich angenommene Motion, die einen generellen Ausreisestopp für Lehrlinge forderte, lehnte der Bundesrat jedoch ab. Im März soll der Ständerat definitiv darüber befinden.

Harsche Kritik von links

Auch auf kantonaler Ebene sind die erzwungenen Lehrabbrüche seit längerem ein Politikum. Von linker Seite wird Müller immer wieder vorgeworfen, seinen Handlungsspielraum als zuständiger Regierungsrat zu wenig zu nutzen. «Die ideologische Haltung des Sicherheitsdirektors schafft viele Probleme und menschliches Leid», wirft ihm etwa SP-Grossrätin Tanja Bauer vor.

Zwar entscheidet das SEM beziehungsweise das Bundesverwaltungsgericht darüber, wer bleiben kann oder wer wann ausreisen muss. Aber es gehört zu den Zuständigkeiten des Kantons, Härtefallgesuche, die den strengen Kriterien des Bundes genügen, an diesen weiterzureichen.

Dass es durch einen simplen Austausch zwischen Kanton und SEM zu einer Verbesserung komme, zeige, «dass der Handlungsspielraum die ganze Zeit bestanden hat und nicht genutzt wurde», sagt SP-Grossrätin Bauer. Müller widerspricht Bauer vehement: Er halte sich auch hier strikt an die Vorgaben des Bundes. «Man wirft mir vor, dass ich mich an die geltenden Gesetze halte», sagt Müller.

Keine Gnade für den Kochlehrling

Für den ehemaligen Kochlehrling des Könizer Restaurants «Le Beizli», über den der «Bund» mehrfach berichtet hat, bleibt die Situation allerdings unverändert schlecht. Trotz grosser Betroffenheit, trotz Online-Petitionen und trotz eines Appells seiner Wohngemeinde Köniz an die Verantwortlichen: Die Praxisänderung des Kantons bleibt für ihn ohne Folgen. Er hat seine Lehre erst nach einem Negativentscheid des SEM begonnen. Eine Aufschiebung der Ausreise sei in diesem Fall deshalb ausgeschlossen, sagen die Behörden. Der Mann müsse die Schweiz verlassen.

Halten Sicherheitsdirektor Müller und Asylchef Gattiker die Ausschaffung des Kochlehrlings nach Afghanistan für zumutbar? Zumutbar sei der Wegweisungsvollzug nach Afghanistan gemäss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, lassen beide auf Anfrage verlauten. Ihre persönliche Auffassung sei dabei unerheblich.



Forderung nach aktiver Rückkehrhilfe

Eine am Dienstag eingereichte Motion fordert von der Berner Regierung die Realisierung eines Pilotprojektes mit dem Ziel, Lehrabbrüche von abgewiesenen Asylsuchenden zu verhindern und damit eine Rückkehrhilfe «aktiv zu unterstützen». Das Ziel sei, die Rückkehrbereitschaft von abgewiesenen jungen Asylbewerbenden, die schon vor dem negativen Entscheid eine Ausbildung in Angriff genommen haben, zu verstärken. Den überparteilichen Vorstoss eingereicht hat Grossrätin Barbara Mühlheim (GLP) zusammen mit Grossrätinnen und Grossräten aus BDP, EVP und EDU. Neben einer längeren Ausreisefrist fordern die Motionäre von der Sicherheitsdirektion auch zu prüfen, «mit welchen Massnahmen und Anreizen die Bereitschaft einer Heimkehr ins Ursprungsland nach Abschluss der Ausbildung erhöht werden kann.» (ama)
(https://www.derbund.ch/mehr-fluechtlinge-sollen-ihre-lehre-beenden-koennen-230012379210)
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/188103/



Bei negativem Asylentscheid: Mehr Flüchtlinge sollen Lehre im Kanton Bern beenden können
Lernende, die negativen Asylentscheid erhalten, müssen das Land verlassen. Der Kanton Bern prüft nun Möglichkeiten zum Lehrabschluss vor der Ausreise.
https://www.bernerzeitung.ch/mehr-fluechtlinge-sollen-lehre-im-kanton-bern-beenden-koennen-399672240202



Asylsuchende im Kanton Bern sollen Lehre beenden dürfen
Immer wieder kommt es vor, dass Asylsuchende ihre Lehre abbrechen müssen, weil sie einen negativen Asylentscheid erhalten und in ihr Heimatland zurückkehren müssen. Der Kanton Bern verwies bisher auf den Bund. Nun bewegt er sich doch.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/asylsuchende-im-kanton-bern-sollen-lehre-beenden-duerfen?id=11929021


+++SCHWEIZ
Insgesamt 25’500 Franken: Berner Asylanwalt muss Gerichtskosten selber bezahlen
Ein Berner Anwalt muss Gerichtskosten bezahlen, die ihm vom Bundesverwaltungsgericht auferlegt wurden. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Anwalts abgewiesen.
https://www.bernerzeitung.ch/berner-asylanwalt-muss-gerichtskosten-selber-bezahlen-610606175274
-> Bundesgerichts-Urteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://13-01-2021-5A_84-2020&lang=de&zoom=&type=show_document


Neue und ergänzte Unterbringungsstandards für die Bundesasylzentren
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) hat ihre Mindestanforderungen für die Unterbringung von Asylsuchenden aktualisiert. Sie fordert neu zwingend ein verbindliches Gewaltpräventionskonzept für alle Bundesasylzentren (BAZ), klare Vorgaben an die Sicherheitsdienste und die Einführung einer unabhängigen Ombudsstelle. Zudem sollen Kinder und Jugendliche im Asylverfahren punkto Kindesschutz gleich behandelt werden wie alle anderen Kinder.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/neue-und-ergaenzte-unterbringungsstandards-fuer-die-bundesasylzentren


+++ÖSTERREICH
Neue Helpline soll „Pushbacks“ an Österreichs Grenzen dokumentieren
Nachdem sich Berichte über illegale Zurückweisungen von Asylwerbern an der südsteirischen Grenze gemehrt hatten, wurde die Initiative „Alarm Phone Austria“ gegründet
https://www.derstandard.at/story/2000123991638/neue-helpline-soll-pushbacks-an-oesterreichs-grenzen-dokumentieren?ref=rss
-> https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210205_OTS0028/alarm-phone-austria-neue-helpline-gegen-widerrechtliche-rueckweisungen-an-der-grenze
-> https://www.vienna.at/alarm-phone-austria-neue-24h-helpline-hilft-schutzsuchenden/6889959


+++BALKANROUTE
luzernerzeitung.ch 10.02.2021

Ihnen bleibt nur die Hoffnung auf das «Game»: So trotzen in Bosnien Tausende Flüchtlinge der eisigen Kälte

Statt in geheizten Unterkünften schlafen sie im Wald, statt medizinische Versorgung kriegen sie Prügel. Der Papst hat sich eingeschaltet. Doch Europa schaut lieber weg.

Cedric Rehman

Die hellblaue Decke, die sich Yalla Sahin über die Schultern gelegt hat, ist mit Matsch getränkt. Mit seinen dunklen Augen fixiert er die Kamera, die ein paar Helfer vor ihm aufgestellt haben. Sahin hat viel gesehen in den vergangenen Tagen, zu viel vielleicht.

Seit das Lager im nordwestbosnischen Lipa im Dezember abgebrannt ist, leben er und die 900 anderen Flüchtlinge in notdürftigen Zelten, die unter dem Schnee immer mal wieder einbrechen. Sie teilen sich 24 Toilettenhäuschen.Lipa liegt im äussersten Nordwesten von Bosnien und Herzegowina.
Lipa liegt im äussersten Nordwesten von Bosnien und Herzegowina.

Die Migrationsbehörde der UNO beschloss im Dezember, das Camp zu räumen. Es gab Streit mit den bosnischen Behörden, weil die UNO das Lager in Lipa als menschenunwürdig eingestuft hatte.

Doch die nahegelegene Stadt Bihać weigerte sich, die frierenden Männer aus Afghanistan, Pakistan und dem Iran aufzunehmen. Unter den Migranten brach Wut und Verzweiflung aus. Sie zündeten das Camp an – genau wie die Flüchtlinge drei Monate zuvor im griechischen Lager Moria.

Hinter den verminten Wäldern gibt es Prügel

Anders als die Flüchtlinge in Moria sind Yalla Sahin und die anderen Männer immer noch am selben, eisig kalten Ort. Nur wenige hätten etwas Geld. Bis zum nächsten Laden in der Stadt Bihać sind es acht Stunden zu Fuss. In Sahins Kopf überstürzen sich die Fragen. «Wo ist Platz für uns? Was sollen wir machen?», fragt der Afghane.

Nur wenige Helfer kümmerten sich anfänglich um die gestrandeten Flüchtlinge im bosnischen Norden. Bald hatten sie nichts mehr zu verteilen. Die Menschen zitterten pausenlos. Komplett durchnässt liefen sie in Schlarpen durch den Matsch.

Die einzige Hoffnung, die die Männer von Lipa heute haben, ist das «Game»: der oft aussichtslose Versuch, die Grenze zwischen Bosnien und dem EU-Land Kroatien auf Schleichwegen durch die seit den Balkankriegen minenverseuchten Wälder zu überqueren. Die wenigen, die den Übertritt schaffen, werden von den Grenzwächtern oft brutal verprügelt.

Seit die EU-Grenzschutzbehörde Frontext vor zwei Jahren aus der Region abgezogen wurde, kontrollieren kroatische Polizisten die EU-Aussengrenze. Die Berichte von Flüchtlingen, die ohne Chance auf einen Asylantrag völkerrechtswidrig zurückgeschickt werden, häufen sich. Viele von ihnen landen am Ende ihrer Odyssee wieder da, wo Yalla Sahin jetzt mit leeren Augen steht: Im kalten Norden Bosniens, ohne Hoffnung und ohne warme Kleider.

Rund 8000 Flüchtlinge harren derzeit laut Schätzungen von Hilfsorganisationen in Bosnien aus, rund ein Viertel von ihnen ohne feste Unterkunft. Sie irren durch Wälder, waschen sich in eiskalten Bächen und hungern sich durch den Winter. Die EU hat sich bislang nicht zu einem neuen Migrationspakt durchringen können.

Wer die Menschen aufnehmen soll, ist unklar. Am Sonntag hat sich sogar der Papst zu Wort gemeldet und mit Blick auf die frierenden Flüchtlinge auf der Balkan-Route getwittert: «Seien wir darum besorgt, dass diese Menschen nicht wegen uns auf die Hilfe verzichten müssen, die sie verdienen.»

Bosniens Geschichte macht alles nur noch schwieriger

Genau das ist Peter Van der Auerwaerts Hauptsorge. Er ist der Chef der Internationalen Organisation für Migration, die sich weltweit um die Belange von Flüchtlingen kümmert. Die bosnische Armee habe in Lipa zwar neue Zelte gebaut, erzählt er. Doch Hunderte Menschen irrten weiterhin durch die Wälder.


Die ineffizienten Behörden in den bosnischen Landesteilen, die seit dem Ende der Balkankriege nie eine gemeinsame Vision für das Land gefunden haben, erschweren die Hilfeleistung ungemein. «Dabei reden wir von gerade mal gut 8000 Migranten in einem Land mit 3,5 Millionen Einwohnern», sagt Van der Auerwaert.

Zlatan Kovacevic weiss bestens um die komplizierte Lage im kriegsversehrten Bosnien. Der Leiter der Organisation «SOS Bihać» verlor während des Bosnienkriegs sein rechtes Bein. Heute verteilt er wann immer möglich Hilfsgüter im Camp Lipa. Kovacevic beobachtete die Situation der Flüchtlinge in seiner Heimat seit Jahren.

Viele von ihnen kommen aus ähnlichen Umständen, wie sie die älteren Bosnier aus ihrer eigenen Geschichte eigentlich noch kennen. Die Sympathie für die Geflüchteten war anfänglich entsprechend gross. Doch nach und nach habe sie in Feindseligkeit umgeschlagen. Dass die EU sich das Problem vom Hals schaffen wolle, stosse vielen hier sauer auf, sagt Kovacevic.

«Die EU will die Flüchtlinge ausgerechnet hier bei uns isolieren», klagt er. In einem Land, in dem der Boden noch mit Minen aus dem Krieg und die Seelen mit den begangenen Gräueltaten gesättigt sind. Und in dem die Winterwinde in diesen Tagen besonders bissig durch die Wälder blasen.
(https://www.luzernerzeitung.ch/international/fluechtlingskrise-ihnen-bleibt-nur-die-hoffnung-auf-das-game-so-trotzen-in-bosnien-tausende-fluechtlinge-der-eisigen-kaelte-ld.2099317)



Versprechen nützen nichts gegen Kälte: Tausende Flüchtlinge harren in Bosnien aus
Wie die Flüchtlinge verteilt werden sollen, die über die Balkanroute oder über das Mittelmeer an die europäischen Grenzen gelangen, ist weiterhin völlig unklar.
https://www.luzernerzeitung.ch/meinung/kommentar-versprechen-nuetzen-nichts-gegen-kaelte-tausende-fluechtlinge-harren-in-bosnien-aus-ld.2099889


+++MITTELMEER
CommemorAction: Erinnern heisst verändern! Gemeinsam gegen das europäische Migrationsregime.
http://alarmphone.ch/


+++EUROPA
Der Frontex-Skandal
Menschenrechtsverstöße an Europas Grenzen
Wie tief ist die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, Frontex, in illegale Zurückweisungen schiffbrüchiger Geflüchteter verstrickt? Insider behaupten, dass die EU-Grenzschutzagentur Berichte über sogenannte Pushbacks verschleppe.
https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontex-illegale-pushbacks-an-europas-grenzen-100.html


EU-Außengrenzen: Uno-Organisation fordert Ende der Pushbacks
Die Uno-Migrationsorganisation IOM kritisiert illegale Pushbacks mehrerer EU-Staaten gegen Migranten – und spricht von »exzessiver Gewalt und Gewalt gegen Zivilisten«.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-organisation-iom-erhebt-schwere-vorwuerfe-gegen-eu-asylpolitik-a-1ce3c4de-e3e0-44eb-918d-b3e29b1851e9


+++LIBANON
Flüchtlinge im Libanon: „Nur Gott kann uns helfen“
Im libanesischen Winter kämpfen viele syrische Flüchtlinge gegen Kälte und Hunger. Der Staat möchte sie loswerden, der Hass der Bevölkerung wächst.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-02/fluechtlinge-libanon-syrien-corona-krise-armut-unterkunft/komplettansicht


+++FREIRÄUME
Eichwäldli droht das Aus – RaBe-Info 10.02.2021
Wir blicken nach Luzern, wo das Kulturzentrum Eichwäldli definitiv abgerissen werden soll und hören beim Podcast Supernova rein, der das Zusammenspiel von Künstlicher Intelligenz und Kunst beleuchtet.
https://rabe.ch/2021/02/10/eichwaeldli-droht-das-aus/



Die fünf wichtigsten Punkte: Was passiert nun im Eichwäldli in Luzern?
Am Montag müssen die Bewohner des Eichwäldli in Luzern das Haus definitiv verlassen. Ob sie dieser Verpflichtung nachkommen, wissen sie selber noch nicht. Derweil werfen sie dem Stadtrat aber mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen vor. Wir beantworten euch die wichtigsten Fragen.
https://www.zentralplus.ch/was-passiert-nun-im-eichwaeldli-in-luzern-2008353/



luzernerzeitung.ch 10.02.2021

Die «Familie Eichwäldli» will weiter für die Soldatenstube kämpfen – wie genau, das ist noch offen

Die Zeit der alten Soldatenstube bei der Allmend ist fast abgelaufen: Am 15. Februar müssen die Bewohner das Haus räumen. Auf Anfrage zeigen sie sich frustriert und ratlos; eine Hausbesetzung schliessen sie nicht aus.

Simon Mathis

Beim Fall Eichwäldli jagt eine überraschende Wendung die nächste: Am Donnerstag überwies das Stadtluzerner Parlament hauchdünn ein Postulat, das den Stadtrat dazu anhält, die Soldatenstube am Murmattweg 2 vorerst nicht abzureissen. Am Freitag setzte sich der Stadtrat über den Wunsch des Parlaments hinweg und kündigte an, am Abbruch festzuhalten.

Die Stadt Luzern fordert die Bewohner dazu auf, die Soldatenstube bis am 15. Februar zu verlassen. Am kommenden Montag soll die Schlüsselübergabe stattfinden. Offen ist, ob die rund 13 Bewohnerinnen und Bewohner, die sich als Kollektiv «Familie Eichwäldli» nennen, Folge leisten werden. Die Möglichkeit einer Hausbesetzung steht nach wie vor im Raum.
Fragen zum Zustand des Hauses

Savino*, ein Mitglied der «Familie Eichwäldli», gibt auf Anfrage telefonisch Auskunft über die Stimmung im Wohnhaus. «Wir waren überrascht, dass das Postulat am Donnerstag angenommen wurde», sagt Savino. «Das war für uns ein sehr schönes Zeichen, dass den Leuten unser Projekt wichtig ist.» Weniger erfreut sind die Bewohner natürlich über die Tatsache, dass der Stadtrat trotz überwiesenem Postulat am Abbruch festhält. Savino sagt:

    «Wir sind ratlos. Wir haben grosse Hoffnungen in diesen politischen Prozess gelegt. Wir versuchen, trotz allem diese Hoffnung zu behalten. Was am nächsten Montag passiert, kann ich noch nicht genau sagen.»

Eine weitere Hausbesetzung wird also weder angekündigt noch verworfen. Fest steht aber laut Savino: «Wir werden weiter für die Soldatenstube kämpfen.» Nur: Weshalb eigentlich? Der Grund dafür, dass man am Gebäude festhalte, sei ganz einfach, sagt Savino. «In keinem Bericht, der uns vorgelegt wurde, steht Schwarz auf Weiss, dass die Soldatenstube kurz vor dem Einsturz steht. Dass der Stadtrat das Gebäude abreissen will, ist keine statische, sondern eine politische Entscheidung. Die angebliche Gefahr ist ein Vorwand.» Im Massnahmenkatalog liest man aber – unter anderem – die Sätze:

    «Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu gravierenden und bedrohlichen Situationen kommen kann. […] Auch mit einem temporären Nutzungsstopp oder einer vollständigen Evakuierung muss gerechnet werden.»

Marko Virant, Leiter Immobilien der Stadt Luzern, schreibt auf Anfrage, dass sich der Stadtrat auf diesen Bericht stütze. Er betont: «Eine ‹gravierende und bedrohliche› Situation kann nicht anders interpretiert werden, als dass das Haus einsturzgefährdet ist.» Virant nimmt stellvertretend für die beiden zuständigen Stadträte Beat Züsli (SP) und Manuela Jost (GLP) Stellung, die ferienabwesend sind.

Zweifel an den Kosten für die Instandstellung

Letztlich ist der Entscheid auch ein finanzieller; aber gerade beim Geld scheiden sich die Geister. Der Stadtrat rechnet nämlich vor, dass ein Komplettrückbau des Gebäudes 350’000 Franken kosten würde, ein einjähriger Erhalt mit anschliessendem Komplettrückbau aber 450’000 Franken. Diese Zahlen zieht die «Familie Eichwäldli» in Zweifel. Der Stadtrat stelle sie einfach in den Raum, ohne sie detailliert abzuleiten, so Savino. Der Massnahmenkatalog versieht die vorgeschlagenen Eingriffe in die Soldatenstube tatsächlich mit keinem Preisschild. Zu den Kosten sagt Marko Virant: «Der Stadtrat stützt sich auf Gutachten, Kostenschätzungen und Offerten. Weitere Ausgaben für einen weiteren Erhalt wären unverhältnismässig.»

Savino von der «Familie Eichwäldli» hingegen meint: «Wir sind sicher, dass das auch billiger geht.» Zurzeit seien die Bewohner mit Expertinnen und Experten im Gespräch, um das abzuklären. Nach wie vor wolle man das Gebäude im Baurecht übernehmen und selbst für die Massnahmen aufkommen. Auf die Frage, ob man sich das leisten könne, sagt Savino: «Wir sind alle berufstätig. Ausserdem haben wir vor zwei Jahren die Gründung einer Genossenschaft vorbereitet. Sie ist bereit, eingetragen werden.»

Ist es dafür nicht längst zu spät? «Wir sind uns bewusst, dass die Lage schwierig ist. Aber wir geben nicht auf», sagt Savino dazu. Er störe sich vor allem daran, dass der Stadtrat nicht zugeben wolle, dass der Entscheid politisch sei. «Das macht die ganze Situation schwierig, denn es verunmöglicht eine sachliche Diskussion.»

Auf politischer Seite herrscht offenbar eine gewisse Resignation. «Jetzt geht es schon fast Schlag auf Schlag», sagt Mario Stübi (SP), Mitunterzeichner des überwiesenen Postulats. «Theoretisch könnte der Stadtrat bereits am 15. Februar mit dem Bagger auffahren», sagt er. Ein möglicher weiterer Vorstoss würde frühestens Anfang März behandelt. «Bis dahin könnte die Stadt bereits Tatsachen geschaffen haben», so Stübi. Er persönlich sehe keinen Sinn hinter einem weiteren Vorstoss, wenn der Stadtrat ihn ohnehin nicht umzusetzen gedenke.

Zur Diskussion über den Preis der Instandhaltung sagt Stübi: «Stadtrat und Bewohner haben ganz unterschiedliche Rechnungen angestellt, es liegen widersprüchliche Aussagen vor. Mit Transparenz auf beiden Seiten könnte man dieses Wirrwarr auflösen.»

*Hinweis: Savino hat darum gebeten, nur mit Vornamen genannt zu werden. Sein voller Name ist der Redaktion bekannt.
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-die-familie-eichwaeldli-will-weiter-fuer-die-soldatenstube-kaempfen-wie-genau-das-ist-noch-offen-ld.2098525)


+++GASSE
„Ohne Bettelverbot können wir uns mehr auf die Integration konzentrieren“
Im Kanton Genf wurde das allgemeine Bettelverbot bis auf Weiteres ausser Kraft gesetzt. Kurz zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Praxis verurteilt. Dies ist eine Erleichterung für die betroffenen Menschen und die Sozialarbeitenden, die sich um sie kümmern.
https://www.swissinfo.ch/ger/armut_-ohne-bettelverbot-koennen-wir-uns-mehr-auf-die-integration-konzentrieren-/46356624


+++SPORTREPRESSION
Initiative Verhüllungsverbot – Hooligans: Viele Kantone haben schon Vermummungsverbote
Die Initiative Verhüllungsverbot will nicht nur Burkas verbieten, sondern auch die Vermummung von Hooligans. Was würde das ändern?
https://www.srf.ch/news/abstimmungen/initiative-verhuellungsverbot/initiative-verhuellungsverbot-hooligans-viele-kantone-haben-schon-vermummungsverbote


+++POLICE BE
derbund.ch 10.02.2021

Umstrittene Polizeikontrolle in Bern: Straftat oder Zivilcourage?

Die Polizei zeigte zwei Passantinnen an, die zwei ihrer Mitarbeiter bei einer Kontrolle am Bollwerk kritisiert hatten. Die Frauen handelten rechtmässig, sagt nun das Regionalgericht.

Calum MacKenzie

Was darf man tun, wenn man mit dem Vorgehen der Polizei nicht einverstanden ist? Über diese Frage hatte das Regionalgericht Bern-Mittelland am Mittwochmorgen zu befinden. Nachdem zwei Bernerinnen eine grobe Festnahme auf der Berner Schützenmatte beobachtet hatten, gerieten sie selber ins Visier der Justiz.

Christin Tlach und ihre Tochter sahen im Juni 2019 vom Bollwerk aus zu, wie ein Mann auf der gegenüberliegenden Strassenseite von Polizisten angehalten und zu Boden gedrückt wurde. Weil der Mann vor Schmerzen laut geschrien habe, seien sie hinübergeeilt, so Tlach – als Hebamme gehöre der Umgang mit Schmerzen zu ihrem Beruf, sagte sie vor Gericht, deswegen habe sie genau hinsehen und allenfalls helfen wollen. Sie und ihre Tochter hätten die Polizisten gebeten, verhältnismässig vorzugehen und dem Mann nicht wehzutun. Die Tochter filmte die Szene auf ihrem Mobiltelefon.

Messerangriff befürchtet?

Sich einmischen oder die Festnahme verhindern wollen hätten sie nicht, sagt Tlach. Doch die Polizisten im Einsatz sahen dies anders. Sie zeigten die Frauen wegen Hinderung einer Amtshandlung an. Im Strafbefehl gaben sie an, diese hätten sie bedrängt und sich in den Weg gestellt. Gegenüber der Staatsanwaltschaft machten sie geltend, aufgrund dieser Ablenkung habe sich die Anhaltung verzögert. Zudem hätten die Frauen «gestikuliert», weswegen davon auszugehen gewesen sei, dass demnächst ein Angriff auf die Polizei erfolge. Beim geringen Abstand der Frauen wäre keine Zeit zu reagieren geblieben, hätte sich eine mit einem Messer genähert, suggerierte ein Polizist.

Das Gericht überzeugten diese Ausführungen nicht. Die Frauen wurden freigesprochen. «Auch in der Schweiz braucht es Zivilcourage», hielt der Gerichtspräsident in seiner Begründung. «Nur – wie geht man dabei vor?» Die von Tlachs Tochter aufgenommenen Videos, die von der Verteidigung als Beweismaterial eingereicht worden waren, zeigten «keinerlei Anzeichen einer Gefährdung der Polizisten». Auch die anderen Vorwürfe liessen sich nicht bestätigen. Der Richter bemängelte die Tatsache, dass einer der betroffenen Polizisten – sozusagen als Geschädigter – die Anzeige verfasst hatte.

Weiter liess er durchblicken, dass er von der Arbeit der Staatsanwaltschaft nicht beeindruckt war: Auf die Videos, die den Schilderungen der Polizisten widersprachen, hätte diese reagieren müssen.

Umstrittene Anzeigen

Der Fall zeigt das Spannungsfeld zwischen der Polizei und Bürgerinnen und Bürgern, wenn sie einen Einsatz in der Öffentlichkeit durchführen – gerade an einem aufgeladenen Ort wie der Schützenmatte, wo Polizeieinsätze manchmal sogar mittels Gewalt gestört werden.

Doch so schwierig die Arbeit der Polizei an solch neuralgischen Orten auch ist: Häufig wird der Vorwurf laut, dass die Polizei Unbeteiligte wegen Hinderung einer Amtshandlung anzeigt, selbst wenn diese das Vorgehen der Polizei nur verbal infrage stellen.

Dass die Polizei allgemein «zu schnell» zu solchen Anzeigen neige, sagt auch Jonas Weber, Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bern. «Oft kommen Fälle zur Anzeige, bei denen man sich verbal zum Einsatz äussert, etwa wenn man fragt, ob eine Kontrolle rassistisch begründet sei.» Die Arbeit von Polizisten sei wichtig und anspruchsvoll, sagt Weber, aber sie müssten sich ein dickeres Fell zulegen. «In einem Rechtsstaat muss es möglich sein, dazustehen und auszurufen, wenn Unrecht geschieht. Das macht auch nicht vor der Polizei halt.»

Dem «Bund» sind auch mehrere Fälle bekannt, in denen Personen, die Polizeieinsätze filmten, wegen Hinderung einer Amtshandlung angezeigt wurden. In der Anzeige gegen die beiden Frauen wurde ihre Filmaktion nur am Rande erwähnt. Trotzdem hielt das Gericht fest, dass das Filmen von Polizeieinsätzen grundsätzlich erlaubt sei – schliesslich beruhte das Urteil wesentlich auf der Auswertung der Videos der Tochter. «Dank der Videos konnte aufgezeigt werden, dass Aussagen von Polizisten nicht immer stimmen», sagt Rechtsanwalt Dominic Nellen, der die Tochter vertreten hat. «Ihren Schilderungen wird oft eine erhöhte Glaubwürdigkeit zugesprochen. Hier haben sie aber klar übertrieben.»

«Einschüchternde Wirkung»

Die Polizei weist den Vorwurf, mittels Anzeigen Kritiker einzuschüchtern, stets zurück: Rechtliche Schritte ergreife man stets gestützt auf die gesetzlichen Grundlagen. Die rechtliche Beurteilung von Anzeigen obliege weiter letztlich der Justiz.

Vorschnelle oder schlecht begründete Anzeigen seien «aus Sicht der Polizei nicht klug», sagt Strafrechtsexperte Jonas Weber. Ob sie als Einschüchterung gemeint seien oder nicht – so würden sie wahrgenommen. «So sieht die Polizei nicht souverän aus.» Kritik aus der Öffentlichkeit müsse die Polizei tolerieren können – auch etwa über eine unabhängige Ombudsstelle, so Weber. Eine solche wird von bernischen Linken seit Jahren gefordert.

«Ich würde dasselbe heute wieder tun», sagt Christin Tlach über den Vorfall vom Juni 2019. Einschüchtern lassen wolle sie sich nicht. Polizeieinsätze schaue sie jetzt aber mit anderen Augen an. «Ich hätte nie erwartet, dass unser Nachfragen in einem Gerichtsfall endet.»
(https://www.derbund.ch/straftat-oder-zivilcourage-824174987048)



Zivilcourage bei Polizeigewalt: Wann ist Eingreifen angebracht?
Das Regionalgericht Bern-Mittelland verhandelt am Mittwoch einen Fall, in welchem zwei Frauen bei einer Festnahme eines unbekannten Mannes verbal gegen das gewaltsam empfundene Vorgehen zweier Polizisten protestierten. Die Frauen wurden wegen Behinderung einer Amtshandlung gebüsst. Dagegen erhoben sie Einspruch und erhielten Recht.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/zivilcourage-bei-polizeigewalt-wann-ist-eingreifen-angebracht-140886338


+++POLIZEI SZ
Aufwendigen Actionfilm produziert: Schwyzer Polizei sucht Nachwuchs
Die Polizei des Kanton Schwyz sucht nach Nachwuchs. Dafür hat die Polizei einen aufwendigen Actionfilm gedreht. «TeleZüri» zeigt, warum die Polizei diese Kosten nicht scheut.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/aufwendigen-actionfilm-produziert-schwyzer-polizei-sucht-nachwuchs-140886222


+++POLIZEI DE
#111 „Defund the Police“: Eine Welt ohne Polizei – geht das?
Melanie Brazzell und Vanessa Thompson über die Abschaffung der Polizei
Melanie Brazzell entwickelte das Multimedia Forschungsprojekt „Was macht uns wirklich sicher?“. Inspiriert vom visionären Aktivismus der US-amerikanischen Bewegungen für Community Accountability (kollektive Verantwortungsübernahme) und Transformative Gerechtigkeit organisiert Melanie seit mehr als fünfzehn Jahren Communities gegen sexualisierte & Beziehungs-Gewalt und hat das Transformative Justice Kollektiv Berlin mitbegründet.
Vanessa Thompson ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Vergleichenden Kultur- und Sozialanthropologie an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt Oder. Ihre Forschungs- und Lehrschwerpunkte sind kritische Rassismus- und Migrationsforschung, Black Studies, intersektionale Ungleichheits- und Geschlechterforschung, dekolonial-feministische Theorien sowie Theorien der transformativen Gerechtigkeit.
https://podcast.dissenspodcast.de/111-defund


+++RECHTSPOPULISMUS
Verhüllungsverbot: Egerkinger Eiferer
Fragwürdige Preise, parlamentarische Vorstösse und eidgenössische Initiativen: Seit Jahren kämpft das Egerkinger Komitee gegen die vermeintliche «Islamisierung» der Schweiz – und macht antimuslimischen Rassismus damit salonfähig.
https://www.woz.ch/2106/verhuellungsverbot/egerkinger-eiferer


+++RECHTSEXTREMISMUS
Die Antifa-Bewegung in den USA vor und nach Trump
Die antifaschistische Bewegung in den USA hat sich seit der Amtsernennung von Trump dramatisch verändert. Einst ein winziges Netzwerk von ein paar hundert Aktivist_innen, die selbst in radikalen Kreisen ignoriert wurden, zählt die Antifa-Bewegung heute tausende von Anhänger_innen und ist seitdem Gegenstand nationaler Berichterstattung durch die Medien. Von der Rechten als Teil einer politischen Verschwörung umgedeutet, nutzte Trump während seines Präsidentschaftswahlkampfes Angriffe auf die Antifa als Wahlkampfmittel.
http://antifainfoblatt.de/artikel/die-antifa-bewegung-den-usa-vor-und-nach-trump


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Ärzte im Visier – Behörden warnen Corona-Skeptiker
Mediziner in der Schweiz vertreten coronaskeptische Ideen. Die Behörden prüfen rechtliche Schritte gegen einzelne Ärzte.
https://www.srf.ch/news/schweiz/aerzte-im-visier-behoerden-warnen-corona-skeptiker


Desinformation in Millionenauflage
Bundesweit soll erneut ein Flugblatt zur Corona-Pandemie verteilt werden. Darin finden sich veraltete, irreführende oder sogar gefährliche Behauptungen über Covid-19.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/freiheitsboten-flyer-101.html


Schock beim BAG: Einsatzkräfte finden verdächtiges Pulver in Briefumschlag
Grosse Aufregung am Mittwochmorgen beim Bundesamt für Gesundheit in Bern. Die Polizei und die Feuerwehr rücken mit den ABC-Abwehrspezialisten zum BAG im Berner Liebefeld aus. Das Bundesamt für Gesundheit hat per Post einen Brief mit einem unbekannten weissen Pulver zugeschickt bekommen.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/schock-beim-bag-einsatzkraefte-finden-verdaechtiges-pulver-in-briefumschlag-140886274