Medienspiegel 18. Januar 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Bundesasylzentren: Grundschulunterricht wirkt sich positiv aus, Verbesserungspotential bei der Gewaltprävention und beim Schutz von vulnerablen Personen
Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) überprüfte 2019 und 2020 erneut mehrere Bundesasylzentren. Sie veröffentlicht heute ihre Erkenntnisse und Empfehlungen in einem Bericht. Die Unterbringung von asylsuchenden Personen durch den Bund ist nach Einschätzung der Kommission grundsätzlich menschen- und grundrechtskonform. Als positiv wertet die Kommission die Einführung des Grundschulunterrichts für schulpflichtige Kinder und Jugendliche, die in den Asylunterkünften des Bundes leben. Die Suchtsprechstunde in einem Zentrum begrüsst die NKVF als vorbildhaft. Verbesserungspotential stellte die Kommission beim Umgang mit Konflikten, der Gewaltprävention und beim Beschwerdemanagement fest. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es nach wie vor bei der Erkennung von vulnerablen Personen, beim Zugang zur psychiatrischen Grundversorgung, den Disziplinarmassnahmen und vereinzelt bei der Infrastruktur.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-82013.html
-> Bericht NKVF: https://www.nkvf.admin.ch/dam/nkvf/de/data/Berichte/2020/baz/ber-baz-de.pdf
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/konflikte-in-asylzentren-asylsuchende-sollen-besser-vor-gewalt-geschuetzt-werden
-> https://www.swissinfo.ch/ger/alle-news-in-kuerze/menschen-in-asylzentren-muessen-besser-vor-gewalt-geschuetzt-werden/46295768



+++BALKANROUTE
Bosnien: Flüchtlingslager Lipa soll erst in drei Monaten funktionsfähig sein
Die Zelte sind undicht, die Menschen schmelzen Schnee für etwas Wasser und müssen bei minus 15 Grad in Flüssen baden: Die Bedingungen in Lipa sind noch immer prekär.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-01/bosnien-fluechtlingslager-lipa-fluechtlinge-lebensbedingungen-eu-beitritt


Geflüchtete in Bosnien-Herzegowina Verlassen in der Kälte
Sie versuchen, irgendwo einen Schlafplatz zu finden, irgendwie zu überleben. Hunderte obdachlose Geflüchtete versuchen, den harten Winter im Nordwesten Bosniens zu überstehen. Eine Katastrophe vor den Augen der EU.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-bosnien-herzegowina-verlassen-in-der-kaelte-a-dbea6302-e006-4c02-8595-46f0208ef975


+++GASSE
Obdachlosigkeit und Corona: Kein Zuhausebleiben ohne Zuhause
Genug zu essen, aber keine Gesellschaft: Wie geht es jenen, die derzeit auf der Strasse leben? Unterwegs mit GassenarbeiterInnen.
https://www.woz.ch/2102/obdachlosigkeit-und-corona/kein-zuhausebleiben-ohne-zuhause


+++DROGENPOLITIK
Stadt Zürich kann mit Cannabis-Studie starten
Letzten August hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Zürcher Ständerats dem Experimentierartikel zugestimmt. Dank ihm können wissenschaftliche Studien zur regulierten Cannabisabgabe durchgeführt werden. Da bis jetzt kein Referendum ergriffen wurde, könne die Stadt und die Uni Zürich jetzt vorwärts machen.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/stadt-zuerich-kann-mit-cannabis-studie-starten-00149458/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Klimaaktivismus vor Gericht – RaBe-Info 18.01.2021
Vergangenen Dienstag war Prozessauftakt, auf Freitag dieser Woche wird das Urteil erwartet: In Basel stehen in diesen Tagen fünf Klimaaktivist*innen vor Gericht. Im Sommer 2019 haben sie mit über 100 anderen Personen Eingänge zu Banken in Basel und Zürich blockiert.
https://rabe.ch/2021/01/18/klimaaktivistinnen-vor-gericht/



derbund.ch 18.01.2021

Prozess wegen Corona-Demo: Auch das «Hineinlaueren» ist strafbar

Ein Mann geriet beim Bundesplatz zufällig in eine unbewilligte Corona-Kundgebung – und danach in die Hände der Justiz.

Markus Dütschler

Dass der Mann aus dem Solothurnischen am 9. Mai 2020 nach Bern kam, war Zufall. Oft unternehme er spontan ein Zugfährtli irgendwohin, sagte der 41-jährige Angeschuldigte vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland. Er habe das Bundeshaus wieder einmal betrachten wollen.

Auf dem Marsch dorthin vernahm er Lärm und undeutliche Lautsprecherdurchsagen, sah ein Gewusel von Menschen mit Transparenten und verstand: Da läuft eine Demo. An jenem Samstag brach sich in Berns Zentrum und in anderen Schweizer Städten die Frustration etlicher Bürgerinnen und Bürger Bahn, die gegen die ihrer Meinung nach überzogenen und freiheitsberaubenden Einschränkungen wegen Corona demonstrierten. Sämtliche Restaurants waren bis zu jenem Wochenende geschlossen.

Dann klickten die Handschellen

Die Polizei hielt den Mann an und nahm ihn hinter den Absperrzaun. Dann sei ihm prompt vorgeworfen worden, sich in ihrem Dispositiv aufzuhalten, sagte der Mann in der Verhandlung bei Einzelrichterin Bettina Bochsler, das sei doch unsinnig. Einen Ausweis hatte er nicht dabei, gab aber brav seine echten Personalien an.

Die Polizei habe ihn unsanft umhergeschoben, zeitweise trug er Handschellen. Nachdem den Ordnungshütern gedämmert hatte, dass hier einer «hineingelaueret» war, nahmen sie ihm die Handschellen ab, verbunden mit der Anweisung, das Feld unverzüglich zu räumen, dann blieben juristische Folgen aus. So erinnerte er sich.

Einer der beteiligten Polizisten sagte als Zeuge vor Gericht, er habe den Mann gewarnt, dass er sich strafbar mache, wenn er jetzt nicht verschwinde. So stehts auch im Strafbefehl: «Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen» sowie «Widerhandlung gegen die Covid-19-Verordnung».

Ein Strafbefehl wird von der Staatsanwaltschaft ausgefertigt. Es ist ihr Vorschlag, wie ein Delikt juristisch erledigt werden könnte. Tausende Strafbefehle werden anstandslos bezahlt. Sei es, weil der Angeschuldigte die Schuld einsieht und anerkennt – oder weil er von diesem amtlichen Papier so eingeschüchtert ist, dass er Widerrede für zwecklos hält. Wobei im Strafbefehl selbstverständlich vermerkt ist, wo man Einsprache erheben kann.

Ohne Anwalt vor Gericht

Dies tat der Mann, weshalb es nun zur Gerichtsverhandlung kam. Ohne Rechtsbeistand legte der in rechtlichen Dingen unerfahrene und mit den Gepflogenheiten vor Gericht nicht vertraute Mann seine Sicht dar. Er habe geglaubt, die Sache werde nach seinem Weggang keine Folgen haben. Er habe sogar Verständnis dafür, dass die Polizei in einer angespannten Lage nicht jeden mit Samthandschuhen anfasse, auch wenn er damals gefunden habe, er werde mies behandelt. Ein Plädoyer gabs mangels Advokat nicht, doch sagte der Beschuldigte, er wünsche einen Freispruch in beiden Punkten.

Ganz so weit ging die Richterin nicht. Sie sprach ihn wegen des Ungehorsams frei. Wegweisungen könnten zwar nach dem neuen Polizeigesetz auch mündlich ausgesprochen werden, doch müssten sie alle relevanten Punkte enthalten. Im vorliegenden Fall sei sie nicht sicher, ob dies der Fall gewesen sei.

Schuldig sei er der Übertretung der damaligen Covid-Verordnung. Diese verbot zum damaligen Zeitpunkt Ansammlungen von über fünf Personen und verlangte einen Mindestabstand von zwei Metern. Auch wenn er nicht an der unbewilligten Demonstration habe teilnehmen wollen, sei es strafbar gewesen, die Menschenmenge zu durchqueren. «Sie hätten eine Runde um den Block drehen sollen», riet die Richterin.

Nun muss der Mann eine Busse von 150 und Gebühren von 200 Franken entrichten. Da er teilweise freigesprochen wurde, fallen diese Kosten tiefer aus. Gegenüber dem Strafbefehl, der total auf 530 Franken lautete, hat er 180 Franken «gespart», aber viel Zeit verbraucht. Das Bundeshaus wird er ein andermal anschauen.
(https://www.derbund.ch/auch-das-hineinlaueren-ist-strafbar-576658464563)


+++JUSTIZ
Fehlende Regeln – Probleme mit Gerichtsdolmetschern im Aargau
Im Gerichtssaal hatten sie lange eine Nebenrolle. Doch die Arbeit von Gerichtsdolmetscherinnen und Gerichtsdolmetschern wird in der Schweiz zunehmend wichtiger.
https://www.srf.ch/news/schweiz/fehlende-regeln-probleme-mit-gerichtsdolmetschern-im-aargau


+++POLIZEI AG
Nur noch eine Polizei?
Im Kanton Aargau gibt es zwei verschiedene Polizeien: Einerseits die Kantonspolizei und andererseits die Regionalpolizei. Dies sorgt für Doppelspurigkeiten, sagen Kritiker. Sie fordern deshalb nur noch eine Polizei. Der neue Aargauer Polizeidirektor ist offen gegenüber der Forderung.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/nur-noch-eine-polizei?id=11915713


+++POLIZEI LU
Ehemalige Kantonsrätin kämpft weiter – Einsatz an Corona-Mahnwache: Strafverfahren gegen Luzerner Polizisten eingestellt
Die ehemalige Kantonsrätin Heidi Joos ist im Sommer in Luzern festgenommen worden, als sie gegen die Corona-Massnahmen demonstrierte. Sie wirft den Polizisten Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung vor – zu Unrecht, wie die Staatsanwaltschaft findet. Doch damit ist der Fall noch nicht vom Tisch.
https://www.zentralplus.ch/einsatz-an-corona-mahnwache-strafverfahren-gegen-luzerner-polizisten-eingestellt-1987857/


+++RECHTSEXTREMISMUS
Attacke auf Online-Veranstaltung
Präsentation «Schauplatz Brunngasse» vandaliert.
„Am Sonntag sollten Ron Epstein, Präsident des Vereins Schauplatz Brunngasse, und Vizepräsident Dölf Wild, der ehemalige Stadtarchäologe, die spätmittelalterlichen Wandmalereien von der Zürcher Brunngasse präsentieren. Doch so weit kam es nicht. Unter die Teilnehmenden haben sich erst einige wenige, dann zunehmend mehr vermummte antisemitische Aktivisten infiltriert und den Bildschirm mit obszönen Skizzen, pornographische Szenen oder einem Hitler-Foto gekidnappt bis Brigitta Rotach und Ehud Landau von der JLG-Kulturkommission die Sitzung nach einigten Minuten kappten.“
https://www.tachles.ch/artikel/news/attacke-auf-online-veranstaltung


Rechtsradikale Bewegungen und Eliten: Von rechts gegen oben und unten
Rechtsextreme Bewegungen mobilisieren nicht nur gegen Marginalisierte. Für ihre politische Erzählung geben sie sich auch als Kampftruppe gegen Eliten.
https://taz.de/Rechtsradikale-Bewegungen-und-Eliten/!5739166/


++++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Verschwörungstheorien – Mein Freund glaubt, die Erde sei eine Scheibe – was kann ich tun?
Verschwörungstheorien haben in Krisenzeiten Hochkonjunktur. Das merkt auch René, dessen langjähriger Freund glaubt, die Erde sei keine Kugel, sondern flach.
https://www.srf.ch/news/panorama/verschwoerungstheorien-mein-freund-glaubt-die-erde-sei-eine-scheibe-was-kann-ich-tun


+++HISTORY
Panzer in Prag – politisches Erwachen in Bern
Am 21. August 1968 blickte die Welt besorgt nach Prag. Mit Panzern und Flugzeugen hatte eine halbe Million Soldaten des Warschauer Pakts über Nacht den «Prager Frühling» (die Reformpolitik von Alexander Dubček) niedergeschlagen. Die Reaktionen: Entsetzen, Wut und eine grosse Solidarität mit dem tschechischen und slowakischen Volk. Auch hierzulande. Rita Jost stellt ihre Erinnerungen an diese Tage den Erinnerungen von Irena Brežná gegenüber. Brežná kam 1968 als Achtzehnjährige in die Schweiz.
http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3795/Panzer-in-Prag-%E2%80%93-politisches-Erwachen-in-Bern.htm