Waffenfunde und die Neonazis, Parlament und der Rassismus, Abschiebungen und der Widerstand

Bild: No-Border-Action in Wien

antira-Wochenschau: Neonazis: Riesige Waffenfunde, Klage gegen „Europäische Aktion“, Rauswurf an der ZhdK | 4 Menschen sterben bei Brand einer Wohnbesetzung in Spanien | Humanitäre Schweiz: Lehrabschluss vor Abschiebung | Schweizer Parlament äussert sich zu rassistischen und rassismuskritischen Vorlagen | Schweizer Behörden duldeten jahrzehntelang Kinderhandel aus Sri Lanka | Solothurner Polizei stellt SVP-Spahr trotz Verstosses gegen die Rassismus-Strafnorm ein | Lager auf den griechischen Inseln sind nicht winterfest | Krieg am Horn von Afrika, aber kein Ende der Verschärfungen der restriktiven Asylpraxis des SEM gegenüber Eritreer*innen | Referendum gegen das PMT unterschreiben | Bund blockiert Städte bei der Aufnahme von Geflüchteten und blendet mit alten Aufnahmeversprechen | No-Border-Action in Wien


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Was ist neu?

Neonazis: Riesige Waffenfunde, Klage gegen „Europäische Aktion“, Rauswurf an der ZhdK

Gewaltverherrlichung ist ein bekannter Pfeiler des Faschismus. Trotzdem erstaunt es, was die Polizei letzte Woche in Österreich im Zuge dreier Razzien bei Neonazis fand. Am Mittwoch stellten sie Maschinenpistolen, Sturmgewehre und Munition sicher, am Donnerstag einen Container mit Waffen, Munition, Handgranaten und Sprengstoff und am Freitag dann 100.000 Schuss Munition und weitere Waffen in einer Lagerhalle. Aufgeflogen ist das Ganze wegen einer Drogenlieferung aus Deutschland, die die Polizei im Oktober zum Netzwerk führte. Die Nazis dealten mit Drogen und kauften sich mit dem Gewinn Waffen und Munition. Nun sitzen sieben in Haft. Die Waffen seien dazu bestimmt gewesen, in Deutschland zum Einsatz zu kommen, liess die Polizei verlauten. Eine Neonazigruppe aus Nordrhein-Westfalen habe die Waffen bestellt, um eine faschistische Miliz aufzubauen.
Wie konkret solche Pläne zum Aufbau von faschistischen Milizen sein können, zeigt die Strafanzeige gegen österreichische Mitglieder der „Europäischen Aktion“, die vergangene Woche bekannt wurde. Laut einer Recherche der Zeitungen „Der Standard“ und “Profil” beteiligten sich die Angeklagten am Aufbau einer europaweit vernetzten faschistischen Armee. Kurzfristig ging es dem Netzwerk darum, straffrei den Holocaust zu leugnen, neonazistische Propaganda zu betreiben und den sofortigen Abzug der US-Truppen aus Europa zu erreichen. Die EU sollte durch eine “europäische Eidgenossenschaft” ersetzt werden, die dann die “Dekadenz und Naturzerstörung” bekämpfen, Geld- und Medienwesen “ins Volkseigentum” überführen und ein “grossdeutsches Reich” errichten würde. Und: Es gehe ihnen um die “Rücksiedlung der durcheinandergeratenen Völker- und Rassenmassen in ihre angestammte Heimat,” sprich um die Abschiebung aller Migrant*innen. Die Idee für die Europäische Aktion lancierte der Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub im Jahr 2010. Die Gruppe hat nicht nur in der Schweiz und Österreich Ableger, sondern auch in Deutschland und Ungarn. Vor vier Jahren wurden die Wohnungen der Angeklagten durchsucht, Vernehmungen durchgeführt und Unterlagen sowie elektronische Geräte beschlagnahmt. Nun kommt es also zur Anklage. Auch in Deutschland kam es zu Razzien. Bisher aber nicht zu Anklageschriften. In der Schweiz ist bisher nichts über eine Strafverfolgung gegen Mitglieder der „Europäischen Aktion“ bekannt. 2014 gab der Nachrichtendienst gegenüber der NZZ an, es gebe keinen Handlungsbedarf. Die Europäische Aktion rufe weder zu Gewalt auf, noch drohe sie Gewalt an.
Eine etwas wachere Einschätzung der faschistischen Gefahr legt die Zürcher Hochschule der Künste an den Tag. Nachdem im Sommer 2020 Personen eine Petition gegen einen an der ZHdK studierenden Neonazi unterzeichneten, schliesst die ZHdK den Studenten nun offiziell aus.
https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/nach-waffenfund-in-sterreich-wer-ist-peter-b
https://www.youtube.com/watch?v=UKuBNX5SH28

https://www.profil.at/oesterreich/neonazis-die-irren-umsturzplaene-der-europaeischen-aktion/401127276
https://www.tachles.ch/artikel/news/rechtsterroristischer-verein

https://www.derstandard.at/story/2000122423366/erste-anklage-in-wien-wegen-aufbaus-einer-europaweiten-neonazi-armee?ref=article
https://www.zhdk.ch/meldung/person-mit-mutmasslich-rechtsextremem-hintergrund-exmatrikuliert-4044
https://www.srf.ch/news/schweiz/exmatrikulation-zuercher-kunsthochschule-schliesst-rechtsextremen-studenten-aus

4 Menschen sterben bei Brand einer Wohnbesetzung in Spanien
Bild: Sie können hier nicht leben, es ist illegal. Sie können hier nicht campen, es ist illegal.

Im spanischen Badalona, einem Vorort von Barcelona, ist ein besetzes Fabrikgebäude abgebrannt. In diesem lebten bis zu 200 Migrant*innen. Es wurden vier Leichen geborgen, viele verletzten sich bei Sprüngen aus den Fenstern des brennenden Gebäudes. Etwa 60 Personen wurden medizinisch betreut, viele weitere seien geflohen, vermutlich aus Angst vor den Behörden, da sie keine gültigen Aufenthaltspapiere hatten.
Die Besetzung in Badalona besteht seit 8 Jahren. Sie bietet vor allem Migrant*innen mit oder ohne Aufenthaltsbewilligung Obdach, die aus verschiedenen Gründen keinen Wohnraum finanzieren oder mieten können. Dazu tragen der schwierige Zugang zum Arbeitsmarkt für Migrant*innen genauso bei wie die Schwierigkeit, Wohnraum zu mieten, wenn man nicht über gültige Aufenthaltspapiere verfügt.
In der Nachbarschaft der Besetzung herrschte eine offen feindselige Stimmung gegen deren Bewohner*innen. Sie wurden immer wieder angeschuldigt, in Verbrechen verwickelt zu sein, auch wenn dies nicht zutrifft, wie die lokale Polizei bestätigt. Angeheizt wird die aggressive nachbarschaftliche Stimmung hingegen von Bürgermeister Xavier Garcia Albiol, der den Bewohner*innen in öffentlichen Äusserungen Verbrechen zuschrieb, sowie von den Medien, die selten differenziert über die Gründe der Besetzung, die Schwierigkeiten von Menschen ohne Obdach oder ohne Aufenthalsbewilligungen berichteten, hingegen aber das Stigma ‘arm und Schwarz gleich kriminell’ nährten und damit polarisierten.
Ein Journalist, der auf die Situation aufmerksam wurde und eine Reportage veröffentlichte, in der auch Bewohner*innen der Besetzung zu Wort kamen, wurde von Nachbar*innen und Vertreter*innen der Lokalregierung bedroht. In einer später arrangierten Aussprache äusserte ein involvierter Nachbar: “Vielleicht wäre es gut, das Haus mit den Schwarzen darin zu verbrennen.” Er sagte dies in dem Wissen, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde. Bürgermeister Albiol relativierte diese Aussage, als er damit konfrontiert wurde als “normal”, weil die Nachbar*innen die Situation, in der sie täglich lebten, satt hätten. Aber sie seien “zivilisiert” und würden so etwas niemals machen. Ob das Gebäude von rassistischen Nachbar*innen angezündet wurde, wird aktuell untersucht.
https://www.infomigrants.net/en/post/29113/fourth-body-found-after-warehouse-fire-near-barcelona
https://www.media.cat/2020/12/14/dues-regidores-i-veins-de-badalona-em-van-intimidar-perque-el-meu-reportatge-de-la-nau-trencava-el-relat-dinseguretat-dalbiol/
https://www.media.cat/2020/12/11/6-reflexions-periodistiques-davant-lincendi-a-badalona/

Was geht ab beim Staat?

Humanitäre Schweiz: Lehrabschluss vor Abschiebung

Wer als Kind oder im Jugendalter ausgewandert oder geflohen ist, die zahlreichen militarisierten Grenzen und sonstigen Gefahren zwischen Herkunftsstaat und Schweiz überlebt hat und es in der Schweiz trotz Rassismus, Isolation wegen des Asylregimes und einem negativen Asylentscheid geschafft hat, eine Lehrstelle zu finden, darf die Lehre vor der Abschiebung abschliessen. So zumindest hat der Nationalrat mit 129 zu 54 Stimmen entschieden. Als nächstes äussert sich der Ständerat zur Frage. Ob er das Geschäft annimmt, ist sehr unsicher. Der Bundesrat hatte zumindest empfohlen, das Geschäft abzulehnen, da die Möglichkeit des Lehrabschlusses vor der Abschiebung die Schweiz als Zielland zu attraktiv machen würde, was der Bundesrat unbedingt vermeiden will.
Derweil zeigt sich die Schweizerische Flüchtlingshilfe „hocherfreut über diesen Entscheid“. Dass eine Zwangsabschiebung nach beispielsweise Kabul oder Teheran für eine junge erwachsene Person, die es geschafft hat, eine Lehre abzuschliessen, eine biographische Katastrophe darstellen kann, unterschlägt die SFH, um stattdessen in einen Win-Win-Win-Diskurs zu verfallen: „Eine Ausbildung oder Lehre ist in jedem Fall eine Investition in die Zukunft der betroffenen Person. Die erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen können nach einer allfälligen Rückkehr ins Herkunftsland oder einer Weiterreise in ein Drittland sehr hilfreich sein. Ausbildungen und Lehren können somit als eine Form der Rückkehrhilfe betrachtet werden. (…) Der heutige Entscheid ist zudem im Interesse vieler Unternehmen. Dies verleiht ihnen mehr Planungssicherheit“. Wer braucht hier Planungssicherheit? Kapitalistische Betriebe oder rassismus- und kolonialismusbetroffene Menschen? Auch die Gewerkschaften sehen es positiv. Der Entscheid mache „die Schweiz für Menschen ohne Schweizer Pass etwas freundlicher“. Es sei „ein Ende der unmenschlichen Praxis, junge Menschen ohne Ausbildung in ein Land zurückzuschicken, das sie mangels Zukunftsaussichten verlassen haben“. Ist es mit Lehrabschluss nun endlich menschlich, Menschen mit Gewalt dorthin abzuschieben, wo sie weggingen? Das Beispiel zeigt, wie weit  institutionelle Akteur*innen davon entfernt sind, die Gesellschaft so gestalten zu wollen, dass zwischen uns Menschen solidarische, freie, gleichwertige Beziehungen gelebt werden können und sich eine andere als eine auf Herrschaftsverhältnissen aufbauende Logik institutionalisieren kann.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/recht-auf-ausbildung-auch-bei-wegweisung
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20201216122300615194158159038_bsd114.aspx
https://www.sgb.ch/themen/migration/detail/der-nationalrat-spricht-sich-fuer-verbesserungen-im-asylbereich-aus

Schweizer Parlament äussert sich zu rassistischen und rassismuskritischen Vorlagen

Letzte Woche wurden im Parlament mehrere Initiativen, Vorlagen, Petitionen und Motionen diskutiert, die aus rassismuskritischer Sicht relevant sind:- Reisebeschränkungen für Menschen mit einem F-Ausweis
Der Nationalrat diskutierte letzte Woche über die vom Bundesrat vorgeschlagenen Reisebeschränkungen für Menschen mit einem F-Ausweis. Der Bundesrat will das Ausländer- und Integrationsgesetz verschärfen und damit vorläufig aufgenommenen Personen das Reisen verbieten.
Im Jahr 2020 besassen mehr als ein Drittel aller Personen aus dem Asylbereich eine sogenannte F-Bewilligung – auch «vorläufige Aufnahme» genannt. Sie wird unter anderem Personen erteilt, welche die Flüchtlingseigenschaft nicht besitzen, deren Ausschaffung aus der Schweiz aber entweder unzulässig (wegen drohender Verletzung internationaler Verpflichtungen der Schweiz), unzumutbar (wegen Krieg, Situationen allgemeiner Gewalt oder mangelhafter Versorgungslage im Herkunftsland) oder unmöglich ist. Diesen Personen wird der Aufenthalt in der Schweiz vorübergehend gestattet. Menschen mit vorläufiger Aufnahme unterliegen insbesondere in Bezug auf ihre Reise- und Niederlassungsfreiheit einer Reihe von Restriktionen. Bereits heute ist es für sie nicht möglich, sich in einem anderen Kanton niederzulassen als demjenigen, der ihnen durch das Staatssekretariat für Migration zugewiesen wurde. Und bereits heute sind Reisen ins Herkunftsland nur in äusserst engen Schranken möglich. Auch Reisen in andere Länder als das Herkunftsland sind bewilligungspflichtig, wobei die Voraussetzungen für die Genehmigung etwas weniger streng sind.
Diese Rechte will der Bundesrat nun noch weiter einschränken: Künftig sollen Menschen mit F-Bewilligung nicht nur Reisen ins Herkunftsland absolut untersagt werden, sondern auch Reisen in Drittländer nicht erlaubt sein. Das heisst, für die betroffenen Menschen wäre es faktisch nicht mehr möglich, aus der Schweiz auszureisen. Da viele Menschen jahrelang mit dem F-Status leben, weil sich die Situation in ihrem Herkunftsland nicht verbessert, und die offizielle Schweiz ihnen eine definitive Aufnahme verwehrt, bedeutet dies für sie, dass sie unter Umständen über sehr viele Jahre in dem ihnen zugeteilten Kanton festsitzen und weder ihnen nahestehende Menschen im Herkunftsland noch in irgendeinem anderen Land besuchen können. Gerade für Menschen, die nicht in der Schweiz geboren wurden, sind aber Reisen ins Ausland von grosser Bedeutung, weil sie oft die einzige Möglichkeit darstellen, den Kontakt zu im Ausland lebenden Personen ihrer Community und zu Freund*innen aufrecht zu erhalten. Auch der Besuch eines Familienmitglieds, von dem eine vorläufig aufgenommene Person durch die Flucht getrennt wurde und das nun in einem Drittstaat lebt, ist nur so möglich. Für die Kinder bedeutet dies, dass sie unter Umständen nicht an Klassenfahrten, Wettkämpfen oder Ferienlagern teilnehmen können. Eine von der Vorlage direkt betroffene Person mahnt die Parlamentarier*innen, diese abzulehnen und meint, sie «wünsche keinem Parlamentarier, dass er seine Eltern und Geschwister nicht besuchen darf, nur weil sie in einem Nachbarland wohnen». Und spätestens seit Corona sollten wir eigentlich wissen, wieviel Stress es in Menschen auslösen kann, wenn sie Menschen auf der anderen Seite der Grenzen plötzlich nicht mehr sehen dürfen.
Der Nationalrat ist am Mittwoch nicht auf den Vorschlag des Bundesrats eingetreten. Eine Links-Rechts-Allianz stoppte die Pläne. SP und Grünen geht das Reiseverbot deutlich zu weit, die SVP stört sich an den geplanten Ausnahmeregelungen. Das Geschäft geht nun an den Ständerat. Tritt dieser ebenfalls nicht auf den Gesetzesentwurf ein, ist die Vorlage vom Tisch.
– Familiennachzug:
Der Ständerat hält an seinem Entscheid fest, den Familiennachzug von Personen mit S-Ausweis zu erschweren. Der S-Ausweis (Schutz-Status) kann Menschen relativ unkompliziert und schnell, das heisst ohne offizielles Verfahren, erteilt werden, wenn eine akute Gefahrensituation dies erfordert.
Der S-Status wurde 1998 ins Asylgesetz geschrieben. Auslöser waren die Jugoslawienkriege, die in der Schweiz zu über 40’000 Asylgesuchen pro Jahr führten. Der Status sollte ein Instrument sein, das aktiviert wird, wenn die Schweiz schnell und pragmatisch auf eine grosse Fluchtbewegung reagieren will. (Das heisst zudem, dass die offizielle Schweiz – entgegen ihrer Behauptungen – mit dem Instrument des S-Status im Moment durchaus die Möglichkeit hätte, sehr viele Menschen aus den griechischen Lagern oder der Balkanroute aufzunehmen. Tatsächlich will sie einfach nicht).
Logischerweise ist beim S-Status der Familiennachzug weniger restriktiv geregelt als bei anderen Aufenthaltsstati, da von einer akuten Gefahrensituation meist die ganze Familie betroffen ist. Wenn in einer Stadt Bomben fallen, macht es wenig Sinn, einer Person den S-Status zu verleihen und sie dann drei Jahre warten zu lassen, bis sie ein Gesuch stellen darf, dass auch ihre Kinder nachreisen dürfen. Genau dies fordert aber eine parlamentarische Initiative von Philipp Müller (FDP). Die Regelungen zum Familiennachzug im S-Status sollen dem für Personen mit einem F-Ausweis angepasst werden, also erst nach drei Jahren ermöglicht werden. Begründet wird dies damit, dass die zu «grosszügigen» Regelungen beim S-Status dazu führen, dass dieser in der Praxis kaum erteilt wird. Dies ist in der Tat problematisch. Philipp Müller könnte sich aber auch überlegen, wie erreicht werden kann, dass der S-Status tatsächlich angewandt wird, ohne wichtige rechtliche Bedingungen von ebendiesem zu streichen.
Der Nationalrat hatte die Vorlage bereits abgelehnt. Da der Ständerat weiterhin auf eine Annahme der Vorlage besteht, geht diese nun wieder an den Nationalrat.- Kopfbedeckungsverbot an Schulen:
Der antimuslimische Rassismus ist auch in der Schweiz allgegenwärtig. Beispielsweise ist es für Menschen mit Kopftuch in gewissen Branchen fast unmöglich, eine Arbeitsstelle zu finden, bei der sie nicht gezwungen werden, das Kopftuch abzulegen. Geht es nach Jean-Luc Addor (SVP) sollen diese Diskriminierung und Kleidungsvorschriften bereits bei Kindern anfangen. Er wollte mit einem neuen Verfassungsartikel den Schulen ein Instrument in die Hand geben, gegen “bestimmte parallelgesellschaftliche Erscheinungsformen” vorzugehen. Addor formulierte seinen Antrag als “generelles Kopfbedeckungsverbot” und meinte mit Kopfbedeckungen unter anderem den Hijab von Muslimas. Addor begründet sein Anliegen damit, dass die Kopfbedeckung die «Integration» verhindern würde. Leider führt er nicht weiter aus, was genau an einem Kopftuch die «Integration» verhindern sollte. Tatsächlich würde das Gesetz das Gegenteil bewirken. Denn Diskriminierung einer bestimmten Gruppe führt dazu, dass wir uns voneinander entfernen und abgrenzen, statt uns miteinander zu verbinden. Der Nationalrat hat die parlamentarische Initiative am Mittwoch abgelehnt. Nun kommt der Ständerat zum Zug.- Straffreiheit für “Flüchtlingshelfer”:
Der Ständerat hat am Donnerstag zwei Petitionen für Straffreiheit von Menschen, die Menschen auf der Flucht helfen, abgelehnt. Die Petitionen verlangten eine Anpassung des Ausländergesetzes. Menschen, die aus «humanitären Motiven» andere bei der Ein- oder Ausreise unterstützen oder sogenannte rechtswidrige Aufenthalte in der Schweiz ermöglichen, sollten nicht bestraft werden. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission sah angesichts der Möglichkeiten für Geflüchtete, in die Schweiz einzureisen und ein Asylgesuch zu stellen, keinen Bedarf für Gesetzesänderungen. Tatsächlich ist das Asyl -und Ausländergesetz aber so restriktiv und wird von Jahr zu Jahr verschärft, dass es nur sehr erschwert möglich ist, als Person, die nicht hier geboren wurde, einzureisen oder sich hier eine Lebensexistenz oder -perspektive aufzubauen. Es ist deshalb unerlässlich, sich solidarisch miteinander zu zeigen und sich in der täglichen Auseinandersetzung mit der rassistischen Asyl -und Migrationspolitik zu unterstützen. Selbst wenn dies leider auch in Zukunft nicht straffrei möglich sein wird.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20201217085043774194158159038_bsd045.aspx
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20201216191227616194158159038_bsd216.aspx
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20201216114303710194158159038_bsd090.aspx

https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/migration-asyl/reiseverbot-f-bewilligung
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20201216184454646194158159038_bsd209.aspx

https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20201217112024072194158159038_bsd102.aspx

Was ist aufgefallen?

Schweizer Behörden duldeten jahrzehntelang Kinderhandel aus Sri Lanka

Die globalen Machtverhältnisse, die entlang rassistischer Linien verlaufen, werden anhand des folgenden Falls erneut deutlich: Zwischen 1973 und 1997 wurden rund 900 Babies aus Sri Lanka in die Schweiz adoptiert. Genauer: Es wurde Kinderhandel mit ihnen betrieben. Die österreichische Zeitung „Der Standard“ schreibt: ‚Sie wurden ihren Müttern weggenommen, aus Spitälern entführt oder auf sogenannten “baby farms” unter elenden Umständen eigens für die Adoption gezeugt.‘ Die schweizer Behörden verhielten sich fahrlässig, indem sie keine genaueren Abklärungen einforderten. Vielmehr duldeten sie die fragwürdigen Zustände, die spätestens seit 1982 bekannt waren.
BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) wurde nicht zugehört. Das Leiden von BIPoC wurde als unwichtig erachtet und in Kauf genommen, um die Wünsche von weissen Menschen zu erfüllen. Auch das finanzielle Gefälle zwischen Sri Lanka und der Schweiz ermöglichte den Kinderhandel.
Diese Strukturen ziehen sich bis heute weiter und schaffen weiterhin die Grundlage für heutige Missverhältnisse. Solange auch nur ein Mensch ausbeutbar ist und entrechtet wird, hat die gesamte Menschheit nichts erreicht. Die mittlerweile erwachsenen Kinder organisieren sich selbst, z.B. in dem Verein Back To The Roots. Dort unterstützen sie sich gegenseitig bei der Suche nach ihren biologischen Familien und fordern ‚die Anerkennung und Wiedergutmachung des geschehenen Unrechts‘.
https://www.derstandard.at/story/2000122523625/die-schweiz-beginnt-aufarbeitung-illegaler-adoptionen-aus-sri-lanka?ref=rss

Solothurner Polizei stellt SVP-Spahr trotz Verstosses gegen die Rassismus-Strafnorm ein

Wie es im schweizer Polizeiapparat zu und her geht, wurde anhand folgenden Beispiels einmal mehr deutlich: Unser Kopf der Woche vom 1. Juni 2020, Adrian Spahr (s. Antira-Wochenschau https://antira.org/2020/06/01/6416/), ist nicht nur Co-Präsident der jungen SVP, sondern auch Polizeibeamter. Nachdem er wegen antiziganistischer Äusserungen in zweiter Instanz verurteilt worden war, zeigte er sich nach wie vor uneinsichtig und zog mit dem Fall vors Bundesgericht. Das Urteil war noch hängig, als sich Spahr nun bei der Statdpolizei in Grenchen (Kanton Solothurn) bewarb. Er wurde eingestellt, ohne dass auf das Strafverfahren eingegangen wurde.
Die daraufhin entstandene Medienaufmerksamkeit regte zwar eine Untersuchung des Falles an, doch der Umgang damit ist ein Armutszeugnis. Die Personalchefin und der Polizeikommandant schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Sie sagten, sie hätten noch mit Spahr reden wollen, aber gingen davon aus, der*die jeweils andere würde das schon übernehmen… Fehler im Verfahren werden eingeräumt, jedoch auf rein administrativer Ebene. Dass bei einer Verurteilung wegen Verstosses gegen die Rassismus-Strafnorm überhaupt über eine Einstellung nachgedacht wird, spricht Bände. Und wo bleibt die klare Distanzierung von Rassismus und das übliche: ‚Dafür hat es keinen Platz in der Polizei?‘ Wenn dies nicht einmal öffentlich passiert, möchten wir gar nicht wissen, wie die polizei-interne Einstellung dazu aussieht.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/fehler-bei-der-einstellung-eines-polizisten?id=11898392

https://www.telem1.ch/aktuell/grenchner-stapo-kommandant-weitestgehend-entlastet-140267009
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/grenchen/fall-spahr-hat-personell-keine-konsequenzen-polizeikommandant-ambuehl-weitgehend-entlastet-140262522
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/grenchen/das-sagen-polizeikommandant-und-stadtpraesident-zum-untersuchungsbericht-140266271

Lager auf den griechischen Inseln sind nicht winterfest

Das neue Camp Kara Tepe auf Lesbos wurde das zweite Mal seit seiner Errichtung überflutet. Es liegt direkt am Meer und ist damit Stürmen schutzlos ausgesetzt. Die Böden auf dem ehemaligen Militärgelände sind kaum wasserdurchlässig, weshalb es bei Regen schnell zu Überschwemmungen kommt. Dafür sind die Zelte wasserdurchlässig und bieten keinen Schutz vor Sturm und Regen. Das wurde bereits im Oktober sichtbar, als das Camp das erste Mal von Herbststürmen verwüstet wurde.
Nach Einschätzung der Behörden werde es aber auch jetzt noch Wochen dauern, das Lager winterfest zu machen. Erstaunlich, dass die kalte Jahreszeit für öffentliche Stellen immer wieder überraschend zu kommen scheint. Das griechische Migrationsministerium meldet gönnerhaft und gewohnt übertrieben, die Arbeiten im Camp seien “im vollen Gange”; man habe sogar eine (!) Familie, die von den Überschwemmungen besonders betroffen war, an einen sicheren Ort umgesiedelt, und man sei dabei, ein funktionierendes Entwässerungssystem zu schaffen. Das können die geflüchteten Menschen, die vor Ort seit Monaten selbst daran arbeiten, nur als zynisch empfinden. So fragen die Moria White Helmets, eine Geflüchtetenorganisation im Camp: “Ganz Europa, die griechische Regierung und 70 NGOs auf der Insel sind also nicht in der Lage, dieses Problem [der Entwässerung] mit den Millionen von Euro, die sie für dieses Lager haben, zu beheben?”
Tatsächlich wurden seit dem Brand von Moria Millionen Euro an Spenden gesammelt. Im Lager mangelt es trotzdem nach wie vor an allem. Auch Monate nach dessen Errichtung gibt es keine durchgängige Elektrizität und kein fliessendes Wasser, kein WLAN, um Informationen zu erhalten, sich zu vernetzen oder in Kontakt mit Freund*innen und Familie zu bleiben. Die NGO Borderline Europe schreibt, dass ein Grossteil des Geldes vermutlich nicht bei den Geflüchteten ankomme.
Am Entwässerungssystem, das das Lager vor einer weiteren Überflutung schützen sollte, arbeiten auch freiwillige Helfer*innen aus ganz Europa. Ihre Arbeit wird von den Bewohner*innen des Lagers auch kritisch gesehen. So schreibt das Moria Corona Awareness Team: “Wir haben dieses Bild gesehen und wir sehen, wie das Lager nach dem Regen überflutet ist. […]. Wir sehen diese Organisationen jeden Tag. Das ist nur eine Show. Sie wissen, wie sie […] den Menschen in Europa zeigen können, dass sie Migrant*innen helfen und Geld von den Menschen in Europa sammeln. Sie denken, dass die Migrant*innen nichts wissen, aber wir müssen sagen, dass die Migrant*innen das Gleiche besser können als sie. Mehr Migrant*innen sind gebildet. […]  Wenn Sie den Migrant*innen helfen wollen, respektieren Sie sie und benutzen Sie sie nicht.” 

Über die psychischen Folgen der Lagerbedingungen auf den griechischen Inseln berichten Ärzte ohne Grenzen: So hätten beispielsweise 60 Prozent der neuen Patientinnen und Patienten, die im November in  ihre Klinik im Lager Vathy auf Samos kamen, Selbstmordgedanken geäussert. Ähnlich ist die Situation auf Lesbos, wo die NGO von allein 49 Kindern mit Selbstmordgedanken oder Suizidversuchen berichtet. Ein Fall sexualisierter Gewalt an einem Mädchen erregte vergangene Woche öffentliche Empörung. Der Familie wurde daraufhin eine Unterkunft ausserhalb des Lagers ermöglicht. Was ist nötig, um Hilfe zu bekommen?
Selbst die deutsche Botschaft in Athen berichtet über die alarmierenden Zustände in den griechischen Lagern an das Auswärtige Amt in Berlin. Diese internen Berichte hat Frag den Staat veröffentlicht. Sie variieren wöchentlich um wechselnde aktuelle Infos, wie die Angriffe durch rechtsextreme Mobs, die Ausbreitung des Coronavirus, die Ausgangssperren, die Brände und Todesopfer, den Umzug ins neue Lager Kara Tepe nach dem Grossbrand im September. Ein Satz wiederholt sich seit dem 1. April 2020  jedoch wöchentlich, aber ohne die deutsche Bundesregierung zum Handeln zu bewegen: “Die Inseln sind weiterhin völlig überfüllt bei untragbaren Zuständen.”
https://taz.de/Fluechtlingslager-Moria-in-Griechenland/!5733705/
https://www.srf.ch/news/international/fluechtlingslager-der-winter-macht-auch-vor-lesbos-nicht-halt
https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/article/griechische-inseln-immer-mehr-kinder-mit-selbstmordgedanken
https://www.sueddeutsche.de/politik/lesbos-camp-fluechtlinge-ueberschwemmung-1.5147756
https://fragdenstaat.de/blog/2020/12/16/auswartiges-amt-bestatigt-intern-untragbare-zustande-moria-fluchtlingslagern/
https://www.facebook.com/MoriaWhiteHelmets

Krieg am Horn von Afrika, aber kein Ende der Verschärfungen der restriktiven Asylpraxis des SEM gegenüber Eritreer*innen

Die Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht der Romandie (ODEA) prangert in ihrem neuesten Bericht die härteren Massnahmen der schweizer Behörden gegen eritreische Geflüchtete an. In dem Bericht kritisiert sie die Zunahme der abgelehnten Asylanträge und die Aufhebung der vorläufigen Aufnahmen. Die von den Massnahmen Betroffenen müssten zurück, jedoch würden die Ausschaffungen nicht durchgeführt, da das eritreische Regime keine erzwungene Rückkehr in sein Territorium akzeptiere. Die Personen würden in der Schweiz bleiben. Der Entzug der vorläufigen Aufnahme bedeute für die betroffenen Personen jedoch ein Leben in der Nothilfe. Diese «Nicht-Asylpolitik», so die Beobachtungsstelle, führe zur langfristigen Ausgrenzung einer sehr jungen Bevölkerung.
2016 hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) seine Asylpraxis gegenüber eritreischen Geflüchteten massiv verschärft. So überprüft das SEM erneut die Asylgesuche von vorläufig aufgenommen Personen, bisher von rund 3.200 Personen. Und dies trotz dem von vielen Eritreer*innen als trügerisch bewerteten Frieden in Eritrea und trotz des weiterhin repressiven Regimes, wie dies auch die Beobachtungsstelle bestätigt. Dennoch wurden dem Bericht zufolge auch im Jahr 2020 die Verschärfungen fortgesetzt. Von 2016 bis Ende Oktober 2020 erhielten 3‘355 Eritreer*innen nach ihrem Asylgesuch einen Wegweisungsentscheid.
Gleichzeitig brach im Herbst 2020 in Äthiopien Krieg aus. Auch die Bevölkerung in Eritrea ist davon betroffen. Seit Kriegsausbruch bietet das eritreische Regime Soldat*innen für unbestimmte Zeit ins Militär auf. Wer sich weigert, riskiert Verfolgung, Bestrafung und Gefahr für die eigene Familie. Viele Familien an der Grenze zu Tigray müssen zudem Nahrungsmittel und Essen für die Soldat*innen an der Grenze produzieren. Derzeit stehen eritreische Soldat*innen an der Grenze zu Tigray im Einsatz und äthiopische Truppen sind in den eritreischen Städten Asmara und Massaua stationiert. Die Lage ist angespannt.
Ablehnung von Asylgesuchen und Entzug von vorläufigen Aufnahmen bei gleichzeitigem Ausbruch von Unruhen auch in Eritrea ist nicht Asylrecht, sondern nur repressive Asylpolitik. Jetzt wäre der Moment für die Umwandlung des F-Status in ein Bleiberecht und die sofortige Aufnahme eritreischer Geflüchteter, die erneut von Militärdienst und Repressionen fliehen müssen.
https://beobachtungsstelle.ch/news/update-bericht-zu-eritrea/

Was nun?

Referendum gegen das PMT unterschreiben

Das Referendum gegen das neue Polizeigesetz zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) ist aus antirassistischer Perspektive bedeutsam. Es kriminalisiert nicht alle Menschen gleichermassen, sondern entlang von rassistischen Trennlinien. Es richtet sich gezielt gegen Menschen, die Staaten, ihre Grenzen sowie die Diskurse, Ideologien und Herrschaftsverhältnisse, die sie hervorbringen, radikal ablehnen und bekämpfen. Öffentlich ist meist von Djihadist*innen und Terrorist*innen die Rede, doch auch antirassistisch Aktive könnten als sogenannte “Gefährder*innen” der weissen, nationalen Ordnung eingestuft werden.
Neu kann die Polizei OHNE richterliche Verfügung, rein aufgrund eines Verdachts (der nicht für ein Strafverfahren reicht), Menschen überwachen, Kontakt zu Einzelpersonen oder Gruppen verbieten, Zugang zu Gebieten (z.B. der Innenstadt) verbieten und eine regelmässige Meldepflicht bei der Polizei verordnen.
Per richterlicher Verfügung kann auch Hausarrest von bis zu 9 Monaten angeordnet werden, begleitet von Handyortung oder Fussfesseln.
Alle Massnahmen gelten schon für Kinder ab 12 Jahren, beim Hausarrest ab 15 Jahren.
Unter Terrorverdacht stehen explizit auch “Linksextreme” und deren Gedankengut. Dies bedeutet, dass auch Systemkritiker*innen, Antifaschist*innen oder beispielsweise Anarchist*innen solchen Massnahmen ausgeliefert sein können.
Das Referendum wurde ergriffen, bis Mitte Januar fehlen noch 35.000 Unterschriften. Mehr als die Hälfte. Ob mit deiner Unterschrift, deinem Balkontranspi oder einer anderen Aktion, FIGHT Against It! In seiner aktuellen Form erlaubt das Gesetz eine willkürliche Überwachung dieser «Gefährder*innen». Der Unterschriftenbogen ist in wenigen Minuten ausgedruckt und unterschrieben. 

Bund blockiert Städte bei der Aufnahme von Geflüchteten und blendet mit alten Aufnahmeversprechen

Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat angekündigt, 37 unbegleitete Minderjährige aus Lesbos aufzunehmen.  Das kann man als reines Politmarketing bezeichnen. Einerseits ist es eine “Augenwischerei”, wie es das Bündnis Evakuieren JETZT nennt. “17 der kommunizierten Minderjährigen, die aufgenommen werden sollen, besitzen einen familiären Bezug zur Schweiz. Der Bund ist hier gesetzlich sowieso verpflichtet, zu handeln. Bei den 20 verbleibenden Jugendlichen und Kindern handelt es sich um jene Zahl, deren Aufnahme Bundesrätin Keller-Sutter bereits im September angekündigt hat. Bis heute sind diese anscheinend nicht in die Schweiz eingereist. Die Justizministerin rollt also lediglich ein längst überfälliges Versäumnis medial neu auf,” kritisieren Evakuieren JETZT öffentlich.
Gleichzeitig ist die Aufnahmebereitschaft durch schweizer Städte wesentlich höher, als das Zugeständnis  von KKS vermuten lässt. In diesem Jahr haben 50’000 Menschen sowie 140 Organisationen in der Schweiz den Aufruf “Evakuieren JETZT” unterstützt. Inzwischen haben sich 25 Städte und Dörfer bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Kirchen und Kirchgemeinden stellen ebenfalls ihre eigenen Strukturen zur Verfügung, um die Aufnahme zu erleichtern.  All diese Möglichkeiten werden von ebendieser Bundesrätin aktiv blockiert.
Der Kritik durch das Bündnis Evakuieren JETZT folgen klare Forderungen: “Nach fünf Jahren haben es Griechenland und die EU immer noch nicht geschafft, menschenwürdige Bedingungen in den Lagern auf den griechischen Inseln zu schaffen. Die Schweiz als Mitglied des Schengen-Raums profitiert vom Dublin-System und ist daher an den katastrophalen Zuständen an den EU-Aussengrenzen mitverantwortlich. Der von der Schweiz mitfinanzierten Grenzschutzagentur Frontex wurden in letzter Zeit zudem massive Menschenrechtsverletzungen an geflüchteten Menschen in der griechischen Inselregion nachgewiesen. Die schweizer Beteiligung an Frontex untergräbt daher die Glaubwürdigkeit eines ernsthaften humanitären Engagements der Schweiz. Mit dem Wintereinbruch und der zweiten Welle des Coronavirus müssen die schweizer Regierung und die Behörden dringend ihren Verpflichtungen nachkommen und die folgenden Massnahmen treffen: Einstellung der Zahlungen an Frontex und Abzug aller Grenzbeamt*innen. Nutzung aller verfügbaren Ressourcen, um mehrere Tausend Geflüchtete von den griechischen Inseln aufzunehmen. Hinwirkung auf eine gesamteuropäische Lösung zur Evakuierung der griechischen Flüchtlingscamps, nachdem die Schweiz ihren Beitrag geleistet hat.”
Um den Druck weiter zu erhöhen, ist es wichtig, aktiv zu bleiben. Möglichkeiten dazu sind weitere Anfragen an Städte, ob sie zur Aufnahme bereit sind (eine Liste der bereits solidarischen Städte gibt es hier: https://seebruecke.ch/sichere-haefen/), Aufforderungen an Karin Keller-Sutter, ihre Blockadepolitik zu beenden (beispielsweise mit dieser Briefvorlage:  https://evakuieren-jetzt.ch/aktiv-werden/) oder Aktionen zur stärkeren Wahrnehmung dieser europäischen Lagerpolitik im öffentlichen Raum.
https://seebruecke.ch/2020/12/18/augenwischerei-durch-bundesraetin-karin-keller-sutter/

Wo gabs Widerstand?

No-Border-Action in Wien

Am Dienstag den 15. Dezember blockierte eine Sitzblockade über drei Stunden die Strasse vor dem Knast an der Rossauer Lände in Wien. Es war der Versuch, eine Abschiebung nach Afghanistan zu verhindern und ein lautes Zeichen gegen das Abschieberegime Österreichs. Der Ablauf wurde gestört und es kam zu einem drei Kilometer langen Stau auf einer der wichtigsten Verkehrsadern Wiens.
Der Protest konnte die Abschiebungen leider nicht verhindern. Zehn Personen sind zum Flughafen Wien-Schwechat gebracht worden, um von dort nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Dort müssen die Menschen aufgrund von politischer oder religiöser Verfolgung jetzt um ihr Leben fürchten.
In dieser Woche wurde in Afghanistan ein führender Politiker ermordet und es gab einen Anschlag auf den Flughafen in Kabul. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist äusserst fragil. Zwar sind derzeit Friedensgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den radikal-islamischen Taliban im Gange, doch kommt es laufend zu gewaltsamen Zwischenfällen. Viele davon werden auch von der IS-Miliz verübt. Afghanistan gilt derzeit als eines der gefährlichsten Länder der Welt.
Abschiebungen stellen die gewaltvollste Form des Ausschlusses aus der Gesellschaft dar. Die Tatsache, dass wieder eine Sammelabschiebung nach Afghanistan aus Österreich durchgeführt wurde, offenbart die unfassbar hohe Bereitschaft der österreichischen Regierung, Menschen, die sie als unerwünscht deklariert, loszuwerden – trotz aller bekannten und offensichtlichen Gefahren für Leib und Leben. Deshalb treten wir für einen sofortigen Abschiebestopp, Auflösung der Abschiebehaft, Schliessung aller Abschiebelager und die Bewegungsfreiheit für alle ein!
https://www.instagram.com/p/CI1ODbvlMuS/?igshid=2t6fovtgbzjp

Protestaktion zur Schliessung des Urdorf-Bunkers

Diesen Samstag wurden in Urdorf beim Zentrum Spitzacker Unterschriften gesammelt für die Schliessung des Bunkers. Der Bunker ist eine ehemalige Zivilschutzanlage, die als Nothilfelager für geflüchtete Personen genutzt wird. 28 Menschen müssen momentan dort leben, einige von ihnen schon seit mehreren Jahren. Es gibt keine Privatsphäre, kein Tageslicht und keine frische Luft. Unterirdisch und auf engstem Raum können auch Corona Massnahmen kaum eingehalten werden. Nur weil sie keine Papiere haben, darf ein grosser Teil der Menschen, die Gemeinde Urdorf nicht einmal verlassen.
Um die Einwohner*innen von Urdorf auf diese menschenunwürdigen Zustände aufmerksam zu machen, haben eine Gruppe von betroffenen und solidarischen Personen diesen Samstag eine Standaktion organisiert. Es wurden Flyer und Ballons verteilt. Zudem hat die Gruppe eine Petition für die Schliessung des Bunkers lanciert. Am Samstag kamen bereits einige Unterschriften zusammen und es konnten erste Kontakte zu Personen, die in Urdorf wohnhaft sind, geknüpft werden. Leider hat die Aktion auch gezeigt, wie wenig die Bevölkerung teilweise über die Zustände im Bunker weiss und wie weit verbreitet rassistische Vorurteile gegenüber geflüchteten Personen sind. Es ist untragbar, dass Menschen nur wegen ihres Aufenthaltes in der Schweiz als illegal oder Kriminelle gelten! Es widerspricht geltendem Menschenrecht, dass Personen über Jahre in einen Bunker weggesperrt werden! Close Bunker Urdorf now!
Wenn ihr bei den Kämpfen gegen das Asylregime mitmachen wollt, meldet euch unter: closebunker@tutanota.com

Was steht an?

Basel Nazifrei-Prozess

Dienstag, 22. Dezember 2020 | 16 Uhr | Strafgericht Basel, Schützenmattstr. 20
Nächsten Dienstag findet wieder ein #baselnazifrei Prozess statt! Lassen wir die angeklagte Person nicht alleine. Sie wünscht sich die Unterstützung vor Gericht. Zeigen wir uns solidarisch und machen klar: Wir sind alle antifaschistisch!

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

A 1500-page ‘Black Book’ that documents the horrific violence suffered by over 12,000 people at the hands of authorities on the EU’s external borders has been released today – International Migrants Day.
https://www.guengl.eu/issues/publications/black-book-of-pushbacks-volumes-i-ii/

Antikap Nr. 13: Imperialismus und globale Machtverhältnisse im Fokus

Antikap ist die Deutschschweizer Zeitschrift der Bewegung für den Sozialismus und erscheint zweimal jährlich.
https://sozialismus.ch/wp-content/uploads/2020/12/antikap-13-web.pdf

Griechenland: Der Mord an Pavlos Fyssas und der Prozess gegen die Neonazi-Partei Golden Dawn

Lieber spät als nie veröffentlichen wir nun die deutsche Fassung dieses Interviews, das wir Ende Oktober 2020 geführt haben. Mit einer Gefährtin sprachen wir über den Mord am antifasschistischen Rapper Pavlos Fyssas (Killah P) im Jahr 2013 und den kürzlich zu Ende gegangenen Prozess gegen die Neonazi-Partei Golden Dawn. Darüber hinaus erzählt sie uns mehr zum lokalen Kontext, zu den Reaktionen auf verschiedensten Ebenen und welche Bedeutung der Prozess für den antifaschistischen Kampf hat.
https://www.aradio-berlin.org/griechenland-pavlos-fyssas-und-die-neonazi-partei-golden-dawn/

Black Feminism

Vortrag von Vanessa Thompson
https://www.youtube.com/watch?v=lkLpkLCYF74

Brauchen Schwarze Frauen ein bestimmtes Äusseres, um aufzusteigen?

Sexuell offen und exotisch – so werden Schwarze Frauen oft stigmatisiert. Die Forscherin Denise Bergold-Caldwell erklärt, warum das entmenschlichend und gefährlich ist.
https://www.zeit.de/zett/politik/2020-12/rassismus-weiblichkeit-sexualisierung-gender-studies-denise-bergold-caldwell/komplettansicht

Centres fédéraux d’asile : l’envers du décor

« Fin 2019, je suis arrivé en Suisse par avion. J’ai été transféré au Centre fédéral d’asile (CFA) de Zurich. […]  Je savais que je serais envoyé dans une “prison”. Mais si j’avais su ce qu’il en serait vraiment, j’aurais demandé à récupérer mon passeport et j’aurais pris le prochain avion. »
Une demandeuse d’asile a passé près de six mois dans les CFA de Zurich, Boudry et de Giffers. Dans le bulletin d’Augenauf de novembre 2020, elle raconte les conditions de vie, les brimades, vexations et violences quotidiennes qu’elle y a vécues. Extraits traduits.
https://odae-romand.ch/breve/centres-federaux-dasile-lenvers-du-decor

Corona-Krise: Polizei setzt rechtswidrige Gewalt zur Eindämmung der Pandemie ein

In vielen Ländern der Welt wurden Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 mit unverhältnismässiger Gewalt und missbräuchlich angewandten Polizeibefugnissen durchgesetzt. Ein neuer Amnesty-Bericht zu Polizeigewalt in der Pandemie zeigt, dass dies in einigen Fällen die Gesundheitskrise noch verschlimmert hat.
https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/corona-krise-polizei-rechtswidrige-gewalt

Das Verhältnis zwischen dem türkischem Staat und den Grauen Wölfen

Nach Ausschreitungen hat Frankreichs Regierung die Grauen Wölfe verboten. In Deutschland sind sie seit Jahrzehnten aktiv.
https://jungle.world/artikel/2020/50/die-maenner-fuers-grobe

Streiflicht Italien November – Dezember 2020

#StopDetentionOnShips! Den Aufruf zur Abschaffung der Quarantäneschiffe für Migrant*innen und vieles mehr findet Ihr im neuen und letzten Streiflicht ITALIEN für dieses Jahr!
https://www.borderline-europe.de/sites/default/files/projekte_files/2020_12_Streifllicht%20Italien%20final.pdf