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+++BERN
bielertagblatt.ch 17.12.2020
Corona im Containerdorf
Rund 100 Menschen leben im Rückkehrzentrum Bözingen. Das Coronavirus hat auch ihr Leben verändert. Immer wieder gibt es Krankheitsfälle und Container werden unter Quarantäne gestellt. Kommt hinzu, dass die meisten der ohnehin sehr beschränkten Beschäftigungsmöglichkeiten wegen Corona wegfallen.
Mengia Spahr
Maria N. und ihr erwachsener Sohn Nicola N.* kamen im Oktober 2018 in die Schweiz – mit der Hoffnung, für Nicola N. eine medizinische Behandlung zu erhalten. Doch nachdem ihr Asylgesuch abgelehnt wurde, waren für Nicola N., der im Rollstuhl sitzt, keine längeren Klinikaufenthalte und somit keine Rehabilitation mehr möglich. Maria N. stellte abermals ein Gesuch. Vergangenen Oktober erhielt sie wieder einen Negativentscheid.
Am 4. November folgten positive Testergebnisse: Die 39-Jährige und ihr Sohn hatten Corona und mussten sich in Quarantäne begeben. Die Situation sei sehr schwierig gewesen, sagt MariaN. Denn ihr Sohn benötigt viel Pflege. Hinzu kommt die psychische Belastung: Nicola N. war in den letzten Jahren wiederholt in einer psychiatrischen Klinik und auch die psychische Gesundheit der Mutter ist wegen der vielen Rückschläge angeschlagen.
Sie habe sich zu schwach gefühlt, um im Büro des Rückkehrzentrums anzurufen und um Hilfe zu bitten, sagt Maria N. Verzweifelt kontaktierte sie aus der Quarantäne jemanden vom Verein «Alle Menschen», der sich für abgewiesene Asylsuchende in Biel einsetzt. Dieser organisierte eine Seelsorgerin, die Mutter und Sohn im Rückkehrzentrum besuchte.
Quarantäne im Container
Maria und Nicola N. wohnen in einem Container des Rückkehrzentrums Bözingen, das seit Anfang Juni von der ORS Service AG betrieben wird. Während der ersten Coronawelle im Frühling habe er nie von Krankheitsfällen gehört, sagt ein Bewohner, aber jetzt stünden immer wieder Container unter Quarantäne.
Positiv auf das Coronavirus getestet wurde auch Amar Salim. Der Kurde sagt, dass er zwar an keinen Symptomen gelitten habe, sein Zimmernachbar jedoch ziemlich schwer erkrankt sei. «Vor lauter Angst habe ich nur noch mit Maske geschlafen.» Im Büro habe er sicher zehnmal darum gebeten, ein anderes Zimmer zu bekommen, sagt Salim. Das habe aber nichts bewirkt. Für ihn steht fest: «Wenn so viele Menschen dieselbe Infrastruktur benutzen, ist es doch klar, dass man sich mit dem Virus ansteckt.»
Wer Symptome hat, müsse sich beim Büro des Rückkehrzentrums melden, sagt die Marokkanerin Naïma Chouaf, die ebenfalls in einem Container in Bözingen lebt. Das Büro sei auch dafür zuständig, dass unter Quarantäne stehende Personen mit Lebensmitteln versorgt werden. Wer isoliert ist, kann ausserdem manchmal auf Freundschaftsdienste zählen. Sie habe schon Bekannten Dinge gebracht, die diese benötigten, sagt Chouaf.
Wie die Schilderung von Karma Lusotsang zeigt, scheint die Versorgung aber nicht immer oder nicht überall reibungslos zu funktionieren. Die Tibeterin hat bis vor kurzem im Rückkehrzentrum Eschenhof in Gampelen gewohnt. Sie erzählt von einer Frau, die an Corona erkrankte. Deren zwei Zimmernachbarinnen seien darauf in Lusotsangs Zimmer geschickt worden. Bei der Zentrumsleitung habe sie Bedenken wegen der möglichen Ansteckungsgefahr geäussert, doch das habe nichts genützt. «Ich hätte lieber draussen in einem Zelt geschlafen», sagt Lusotsang.
Stattdessen verbrachte sie gemeinsam mit den zwei potenziell infizierten Frauen eine zehntägige Quarantäne in ihrem Zimmer. Als den Frauen wider Erwarten kein Essen gebracht wurde, verliess Lusotsang das Zimmer, um sich in der Gemeinschaftsküche etwas zuzubereiten. Laut ihrer Aussage gibt es in Gampelen keine getrennte Infrastruktur für Bewohnende, die sich in Quarantäne befinden. «Es gibt dort zu wenig Platz. Was würde nur passieren, wenn plötzlich alle krank würden?», fragt sie sich.
Rudolf Albonico, Vorstandsmitglied des Vereins «Alle Menschen», sagt, es sei schwierig, die Situation in den Zentren einzuschätzen, da ausser den Bewohnerinnen und Bewohnern niemand davon berichte. «Sie durchblicken natürlich nicht immer alles», fügt er an. Klar sei, dass das Zentrum in Bözingen in Hinsicht auf die Corona-Pandemie deutlich sicherer sei als die Vorgängerinstitution, der «Schlüssel» in der Bieler Innenstadt.
Im umfunktionierten Hotel, in dem auf vier Stockwerken Asylsuchende untergebracht waren und drei bis vier Personen in einem Zimmer lebten, wäre Albonico zufolge eine Umsetzung der Massnahmen fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen – «dort wären jetzt wohl alle krank». In Bözingen hingegen heule der Wind durch die Gänge zwischen den Containern.
Noch weniger Beschäftigung
Die ORS als neue Betreiberin wird von vielen Seiten kritisiert. Während unter der Leitung von Asyl Biel und Region (ABR) die abgewiesenen Asylsuchenden für Hausarbeiten entlohnt wurden und verschiedene Angebote wahrnehmen konnten, gibt es seit der Übernahme weder Möglichkeiten, Taschengeld zu verdienen noch Aktivitäten wie Sprachkurse.
Dies erklärte Kommunikationsleiter Lutz Hahn im Juli dem «Bieler Tagblatt» folgendermassen: «Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sind die Beschäftigungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Es dürfen keine Massnahmen angeboten werden, die einen integrativen Charakter haben. Deutsch- oder Französischkurse haben beispielsweise integrativen Charakter und sind nicht Gegenstand der verfassungsmässigen Nothilfe.»
Sylviane Zulauf, ebenfalls Mitglied des Vereins «Alle Menschen» und der französischen reformierten Kirche, sagt, es sei den freiwilligen Helfern untersagt, Aktivitäten im Zentrum anzubieten. Sie dürften jedoch mit Flyern auf externe Angebote aufmerksam machen. «Viele Informationen zirkulieren ausserdem über Whatsapp», so Zulauf. Nun mussten aber die meisten dieser Aktivitäten wegen Corona abgesagt werden. Das «Haus pour Bienne» hat seine Sprachkurse annulliert, der Zvieri-Treff von der Sozialberatung der Heilsarmee Biel sowie der Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers findet nicht mehr statt und auch die «Autonome Schule» sagte ihre Aktivitäten ab.
Sprachen als Kapital
«Die Leute vegetieren im Zentrum vor sich hin», sagt Zulauf. Sie und die anderen Vereinsmitglieder haben deshalb neue Begegnungsmöglichkeiten geschaffen. Albonico kann etwa unentgeltlich Deutschkurse für einige Abgewiesene anbieten. Er ist überzeugt, dass Sprachen ein Kapital sind: «Sie eröffnen auch im Falle einer Rückkehr ins Heimatland Möglichkeiten.» Fragt man seine Schüler, weshalb sie Deutsch lernen, ist die Antwort einstimmig: «Wir möchten in der Schweiz leben.»
Lobsang M.* und Dawa E.* stammen aus Tibet, Ali B.* kommt aus Afghanistan,Bataa C.* aus der Mongolei und Juantor K.* aus Bangladesch. In ihrer Heimat waren sie Bauer, Dachdecker, Metallbauer, Mönch und Schauspieler. Sie leben bereits zwischen vier und acht Jahren in der Schweiz und arbeiteten während des Asylverfahrens etwa im Gartenbau, bei den Berner Verkehrsbetrieben oder im Landschaftsdienst.
Die Deutschkursteilnehmer haben während der Jahre in der Schweiz viele Kontakte geknüpft und die Umgebung erkundet. AliB. kennt jede Strasse in Biel und LobsangM. ist mit seinem Fahrrad schon nach Solothurn und um den Bielersee gefahren. Nun, da sie aufgrund des Negativentscheids nicht mehr arbeiten dürfen, verrichten viele von ihnen Freiwilligenarbeit. DawaE. etwa hilft jeweils beim Zvieri-Treff, beim Kulturkaffee von Internido und beim Treff im Calvinhaus, das von «Alle Menschen» und mit Hilfe der reformierten Kirche organisiert wird.
Albonicos Kursteilnehmer spüren die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie: «Es gibt keine Feste mehr», «wir dürfen uns nicht umarmen», «wir müssen möglichst zuhause bleiben», «spazieren geht man besser alleine», «wenn man eine Packung Zigaretten findet, hebt man die besser nicht auf». Einige von ihnen mussten sich auf Corona testen lassen.
Infos in allen Sprachen
Albonico informiert die Kursteilnehmer nicht nur über Angebote wie Beratungen oder Lebensmittelabgaben, sondern auch über die jeweils aktuellen Corona-Massnahmen. Zwar seien im Rückkehrzentrum die Informationen in mehreren Übersetzungen vorhanden, doch könnten nicht alle lesen, sagt Albonico. «Deshalb sind geschriebene Informationen nicht besonders zielführend.»
Dass sich die ORS dessen sehr wohl bewusst ist, zeigt ein Blick auf die Website – dort sind Corona-Informationsvideos in elf verschiedenen Sprachen aufgeschaltet. Dennoch scheint die Vermittlung von Informationen nicht immer zu klappen. AliB. erzählt, dass er im November einen Kollegen traf, der zu diesem Zeitpunkt Corona hatte. Dieser habe sich trotz des positiven Testresultats unter die Leute begeben. AliB. musste sich nach dem Kontakt in Quarantäne begeben.
Extern wohnen
Die ORS stellt nicht nur Informationsmaterial zur Verfügung. Sie hat aufgrund der Corona-Pandemie auch Massnahmen getroffen. So wurden im März zusätzlich zu den drei kantonalen Rückkehrzentren in Bözingen, Gampelen und Aarwangen Zentren in Konolfingen, Hinterkappelen und Worb eröffnet.
Wie das Amt für Bevölkerungsdienste (Abev) in einer schriftlichen Stellungnahme ausführt, soll die Eröffnung dieser Unterkünfte zu einer «Entdichtung» beisteuern, sodass «die Hygiene- und Abstandsregeln sowie allfällige Isolations- oder Quarantäne-Massnahmen» umgesetzt werden können (siehe Zweittext). Ausserdem können die abgewiesenen Asylsuchenden seit dem ersten Lockdown ein Gesuch für eine «externe Unterbringung bei Dritten während Corona» stellen.
Im Fall einer solchen Unterbringung sind die abgewiesenen Asylsuchenden verpflichtet, «sich permanent beim Gastgeber aufzuhalten» und «nur zum vereinbarten Auszahlungstermin oder bei Erhalt dringender Post» ins Rückkehrzentrum zu kommen. Weiter steht auf dem Formular: «Sobald der Migrationsdienst die externe Unterbringung ausser Kraft setzt, müssen Sie sich […] wieder ins Rückkehrzentrum begeben und […] an die Anwesenheitsregelung gemäss Hausordnung halten.»
Die Tibeterin Lusotsang hat eine private Unterbringung gefunden – und ist sehr erleichtert, dass sie das Zentrum in Gampelen mit seinen engen Platzverhältnissen verlassen konnte. Auch Ali B. stellte ein Gesuch, damit er vorübergehend bei seiner Partnerin wohnen kann. Für viele ist eine externe Unterbringung aber keine Option. Denn diese bedingt enge Bekanntschaft und viel Engagement seitens der Person, welche die Unterkunft anbietet.
Von vornherein kaum in Frage kommt eine externe Unterbringung für die meisten Familien. Denn diese müssten am gleichen Ort wie der Gastgeber oder die Gastgeberin wohnen – und wer hat schon Platz für mehr als eine Person?
Familien im Nachteil
Die Marokkanerin Naïma Chouaf hat zwei Töchter im Alter von zwei und vier Jahren, beide sind in Biel zur Welt gekommen. Sie und ihre Familie sitzen aus administrativen Gründen im Bözinger Rückkehrzentrum fest. Sie selber könne problemlos in ihr Heimatland zurückkehren, sagt sie, aber ihr Ehemann stammt aus dem Irak und damit ihm Marokko ein Visum ausstellt, benötigt er Papiere. Zurück will Chouaf nämlich nur mit der ganzen Familie – die Mädchen sollen mit ihrem Vater aufwachsen.
Die Vorstellung, sich wegen Corona mit der Familie in Quarantäne begeben zu müssen, bereitet Chouaf Sorgen: «Mit zwei kleinen Mädchen im Zimmer eingesperrt zu sein, macht mir Angst.» Der Alltag sei ohnehin genug monoton. «Alle Tage sind gleich, es gibt keine Veränderungen, man empfindet nichts. Ich koche und kümmere mich um die Kinder. Zum Glück habe ich sie, sonst wäre der Alltag noch deprimierender.» Möglichkeiten für eine externe Unterbringung sieht Chouaf keine: «Ich kenne ja niemanden. Jemand müsste uns eine Wohnung vermieten und für die Kosten aufkommen. Das machen nur Freunde oder enge Vertraute.»
Laut Albonico sind Frauen und Familien unter den abgewiesenen Asylsuchenden grundsätzlich benachteiligt. Er kann nicht verstehen, weshalb Familien statt der 8 Franken Taggeld nur 6.50 Franken pro Person erhalten: «Kleine Kinder sind sehr teuer, und Frauen müssen mit diesem Geld zusätzlich Hygieneartikel besorgen. Sie haben also per se mehr Ausgaben als Männer.» Hinzu komme, dass Frauen oft auf die Kinder aufpassten und deshalb weniger mobil seien. Deshalb könnten sie weniger Angebote wahrnehmen und beispielsweise keine Sprachkurse besuchen.
Tatsächlich sind alle Deutschkursteilnehmer, mit denen das «Bieler Tagblatt» sprach, männlich. Albonico spricht von einer «brutalen Diskriminierung von Frauen mit Kleinkindern.» Deshalb hat der Verein «Alle Menschen» den Calvin-Treff, an dem nebst gespendeten Kleidern auch Babymilch, Windeln und geschenkte Kinderwagen verteilt werden, ins Leben gerufen, und Caritas-Gutscheine für Familien organisiert. Weil wegen Corona die Lebensmittelabgabe der Heilsarmee zeitweise nur in reduziertem Umfang stattfinden konnte, hat Caritas dem Verein Gutscheine im Wert von 800 Franken zur Verfügung gestellt.
Das sei hilfreich, sagt Albonico, aber wenn man diese an bis zu 20 Familien verteile, reiche das nicht weit. Er möchte den Familien Migros-Gutscheine abgeben können, da dieses Geschäft näher am Rückkehrzentrum liegt als der Caritas-Laden und letzterer keine Windeln verkauft. Doch seine private «Pestalozzi-Kasse» sei leer, und die Kasse des Vereins nicht dafür vorgesehen.
Während schulpflichtige Kinder die obligatorische Schule besuchen, müssen Angebote für kleinere Kinder selber finanziert werden. Damit Chouafs Tochter einen Nachmittag in der Spielgruppe verbringen kann, kommt «Alle Menschen» für die Kosten auf.
Die Situation der Kinder ist es denn auch, die bei Kritik an den Rückkehrzentren regelmässig angeführt wird. Die ständige Polizeipräsenz verängstige die Kinder, sagt Chouaf: «Immer wieder werden frühmorgens Personen abgeholt.» Damit die Kinder aus dem Zentrum rauskommen, sind sie auf externe Hilfe angewiesen. Auch die Mobilität sei ein grosses Problem, da die abgewiesenen Asylsuchenden selber für die Kosten aufkommen müssen, sagt Zulauf. Diese Probleme existieren unabhängig von der Corona-Pandemie, doch sie verschärft zweifelsohne vieles.
*Die Namen wurden geändert.
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Kanton weist «haltlose Vorwürfe» von sich
Carmen Stalder
Das BT hat die ORS Service AG, die im Juni im Auftrag des Kantons den Betrieb der bernischen Rückkehrzentren übernommen hat, mit den Schilderungen der Bewohnerinnen und Bewohner konfrontiert. Nach Rücksprache mit der ORS hat das zuständige Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (Abev) schriftlich Stellung genommen.
Das Abev schreibt, dass es sich bei den Corona-Ansteckungen im Rückkehrzentrum Bözingen um Einzelfälle handle. Aktuell seien keine Fälle nicht bekannt. Entgegen gewisser Aussagen von Bewohnenden bekräftigt das Abev, dass in jedem Rückkehrzentrum (RZB) Räumlichkeiten vorhanden sind, die für die Isolation oder Quarantäne von erkrankten Personen zur Verfügung stehen. «Es ist sichergestellt, dass getrennte sanitäre Einrichtungen benutzt werden können», schreibt das Abev. Im März hat der Kanton in Konolfingen, Hinterkappelen und Worb zusätzliche Unterkünfte eröffnet. Diese auf die Dauer der Corona-Pandemie beschränkte Massnahme bezeichnet das Abev als «zwingende Voraussetzung, um die Hygiene- und Abstandsregeln sowie allfällige Isolations- oder Quarantäne-Massnahmen umsetzen zu können».
Vor einigen Wochen trat das Migrant Solidarity Network, ein Zusammenschluss aus Migranten, Geflüchteten und Solidarischen, mit happigen Vorwürfen an die Medien. So seien in den Zentren Gampelen und Aarwangen infizierte Personen sowie sich in Quarantäne befindende Menschen während Tagen isoliert worden, ohne ihnen Nahrungsmittel zu geben. Diese Vorwürfe weist das Abev als haltlos zurück. Bedürfnisse von sich in Isolation oder Quarantäne befindenden Personen würden abgefragt, Essen nach den Wünschen der Betroffenen zur Verfügung gestellt. Dabei könne man auch auf die Unterstützung von Freiwilligen zählen. Gespendete Esswaren seien vom Personal entgegengenommen und an die Bewohnenden verteilt worden. Die Verpflegung sei aber auch ohne diese Unterstützung sichergestellt.
Ebenso schrieb das Migrant Solidarity Network in einer Mitteilung, dass in den RZB Worb und Gampelen infizierte Personen in einem Trakt eingesperrt worden seien. Das Abev schreibt dazu: «Dass die Isolations- und Quarantänemassnahmen […] bei einzelnen Personen auf Unverständnis treffen, ist nachvollziehbar.» Die Einschränkung als Inhaftierung zu qualifizieren, sei jedoch auch mit Blick auf den Umstand, dass diese Vorgaben für alle Personen im Kanton gelten, befremdlich.
Bei der Einhaltung der Quarantänevorschriften appelliert das Abev an die Eigenverantwortung der Nothilfebeziehenden. Hierfür werden vermehrt Aufklärungsgespräche geführt sowie Informationen in den relevanten Sprachen zur Verfügung gestellt. Zudem werden auch Personen des Asylbereichs bei einem positiven Testergebnis durch das Contact-Tracing-Team betreut. Hält sich jemand nicht an die Regeln, wird dies geahndet beziehungsweise der Polizei gemeldet. «Vereinzelt musste bei Bewohnern der RZB eine mangelnde Kooperationsbereitschaft festgestellt werden», hält das Abev fest.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/corona-im-containerdorf)
+++SCHWYZ
Schwyzer Kantonsrat für Kauf des Durchgangszentrums Degenbalm
Gegen den Willen der SVP hat der Schwyzer Kantonsrat am Mittwoch rund 6.7 Millionen Franken für den Kauf des Durchgangszentrums Degenbalm in Morschach bewilligt. Die Mehrheit des Parlaments sieht in dem Erwerb praktische und finanzielle Vorteile.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/schwyzer-kantonsrat-fuer-kauf-des-durchgangszentrums-degenbalm?id=11897666
+++SCHWEIZ
Petitionen für Straffreiheit für Flüchtlingshelfer abgelehnt
Der Ständerat hat am Donnerstag zwei Petitionen für Straffreiheit für Flüchtlingshelfer mit 28 zu 13 Stimmen abgelehnt. Eingereicht hatten die Bittschriften die Organisationen Solidarité sans frontières und Groupe de Saint-François.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20201217112024072194158159038_bsd102.aspx
Bundesrat soll elektronische Fussfessel in Ausschaffungshaft prüfen
Der Bundesrat soll prüfen, ob der Einsatz elektronischer Fussfesseln bei der Ausschaffungshaft abgewiesener Asylsuchender zweckmässig ist. Auf die Einführung will der Ständerat jedoch vorerst verzichten.
https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/zwangsmassnahmen-bundesrat-soll-elektronische-fussfessel-in-ausschaffungshaft-pruefen-ld.2076752
Centres fédéraux d’asile : l’envers du décor
« Fin 2019, je suis arrivé en Suisse par avion. J’ai été transféré au Centre fédéral d’asile (CFA) de Zurich. […] Je savais que je serais envoyé dans une “prison”. Mais si j’avais su ce qu’il en serait vraiment, j’aurais demandé à récupérer mon passeport et j’aurais pris le prochain avion. »
Une demandeuse d’asile a passé près de six mois dans les CFA de Zurich, Boudry et de Giffers. Dans le bulletin d’Augenauf de novembre 2020, elle raconte les conditions de vie, les brimades, vexations et violences quotidiennes qu’elle y a vécues. Extraits traduits.
https://odae-romand.ch/breve/centres-federaux-dasile-lenvers-du-decor
Mogelpackung mit verheerenden Folgen
Der Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Regeln für den Familiennachzug von Schutzbedürftigen bringt nur Nachteile und Probleme. Trotzdem will der Ständerat weiter daran festhalten.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/standpunkte/mogelpackung-mit-verheerenden-folgen
Keine Ausschaffungen ohne Abklärung der Risiken im Heimatland
Das Folterverbot schützt vor Rückführungen in einen Staat, in dem einer Person Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Abschiebungen ohne umfassende Abklärung der Risiken im Heimatland verletzten die Europäische Menschenrechtskonvention – so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/folterverbot/ausschaffung-homosexualitaet-gambia
Neue Einschränkungen für vorläufig aufgenommene Personen
Der Bundesrat will das Ausländer- und Integrationsgesetz verschärfen und damit vorläufig aufgenommenen Personen das Reisen verbieten. Trotz wiederholter Ermahnung von Seiten internationaler Gremien tut sich die Schweiz schwer, die Menschenrechte von Personen mit vorläufiger Aufenthaltsbewilligung zu respektieren.
https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/migration-asyl/reiseverbot-f-bewilligung
Ständerat pocht auf späteren Familiennachzug für Schutzbedürftige
Schutzbedürftige Menschen sollen ihre Familien erst nach drei Jahren in die Schweiz holen dürfen, so wie vorläufig Aufgenommene. Der Ständerat hält an diesem früheren Entscheid fest. Vom Nationalrat kam bisher Ablehnung.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/186930/
+++DEUTSCHLAND
Asylrecht: Abschiebeflug aus Deutschland in Kabul gelandet
Zum ersten Mal seit März hat Deutschland abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben. Der Vorgang ist umstritten, eine Waffenruhe mit den Taliban gibt es weiterhin nicht.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afghanistan-abschiebeflug-aus-deutschland-in-kabul-gelandet-a-dff1694e-86d2-4921-acb7-3c2cd7e6a0ff
-> https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-12/asylpolitik-afghanistan-abschiebung-flug-deutschland-asylbewerber-kabul
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145936.abschiebungen-fadenscheinige-fluechtlingspolitik.html
++UNGARN
EuGH-Urteil: Ungarn verstößt mit Asylregeln gegen EU-Recht
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Ungarn mit seinen Asylregeln gegen europäisches Recht verstößt. Das Gericht verurteilte Ungarn vor allem wegen »rechtswidriger Inhaftierung« von Schutzbedürftigen.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/entscheidung-eugh-ungarn-verstoesst-mit-asylregeln-gegen-eu-recht-a-963599b5-f4be-4daa-a58b-4504cca5c6f0
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-12/eugh-ungarn-asylregeln-eu-recht-verstoss-klage-gerichtsurteil
-> https://www.tagesschau.de/ausland/ungarn-asyl-eu-101.html
-> https://www.srf.ch/news/international/urteil-des-eugh-ungarns-asylpolitik-verstoesst-gegen-eu-recht
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/ungarn-verstoesst-mit-asylpolitik-gegen-europaeisches-recht?id=b1fff25e-2fb2-437a-b772-fe327ce2f9c8
+++GRIECHENLAND
Lesbos: Freiwilligenarbeit am Rande der Illegalität
Wegen des Lockdowns darf die große Mehrheit der Asylsuchenden das provisorische Zeltlager in Lesbos nicht verlassen. Gleichzeitig ist der Zutritt für NGOs verboten. Um Nahrungsmittel zu verteilen oder medizinische Hilfe bereitzustellen, suchen die Hilfsorganisationen nach Alternativen. Unser Korrespondent Mortaza Behboudi hat Aktivisten getroffen, die trotz allem Wege finden, um die Flüchtlinge zu unterstützen.
https://www.arte.tv/de/videos/094279-174-A/lesbos-freiwilligenarbeit-am-rande-der-illegalitaet/
Deutlich weniger Flüchtlinge auf ostägäischen Inseln
Das Zeltlager Kara Tepe auf Lesbos wird gerade winterfest gemacht. Die Corona-Infektionen sind im Lager geringer als unter der griechischen Bevölkerung
https://www.derstandard.at/story/2000122561472/deutlich-weniger-fluechtlinge-auf-ostaegaeischen-inseln?ref=rss
Griechische Lager: Immer mehr Kinder mit Selbstmordgedanken
Vier Monate nach dem Brand im Geflüchtetenlager Moria und trotz der Zusagen der Europäischen Union, dass es nie wieder ein zweites Moria geben wird, werden heute immer noch mehr als 15.000 Frauen, Männer und Kinder bei Wintertemperaturen unter katastrophalen Lebensbedingungen auf den griechischen Inseln festgehalten.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/article/griechische-inseln-immer-mehr-kinder-mit-selbstmordgedanken
-> https://www.srf.ch/news/international/fluechtlingslager-der-winter-macht-auch-vor-lesbos-nicht-halt
+++IRAK
Irak nach dem IS: »Ihr habt 24 Stun¬den, euch eine neue Bleibe zu su¬chen«
Der Irak will seine Lager für Binnenflüchtlinge schließen. Die Menschenrechtlerin Belkis Wille warnt: Mit einem Schlag könnten Zehntausende obdachlos werden.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/irak-nach-dem-is-ihr-habt-24-stun-den-euch-eine-neue-bleibe-zu-su-chen-a-b61a8778-a13b-4266-91b3-644e174d9e4b
+++FREIRÄUME
Nachbarn fordern den Verbleib des Eichwäldi
In einem offenen Brief fordern die Nachbarn der «Familie Eichwäldli» die Stadt Luzern auf, mit allen beteiligten Parteien eine besser Lösung zu finden.
https://www.zentralplus.ch/nachbarn-fordern-den-verbleib-des-eichwaeldi-1964251/
+++GASSE
Kehrtwende bei Bettler – Basel will Bettelverbot wieder einführen
Vor einem halben Jahr wurde das Bettelverbot aufgehoben. Jetzt hat es sich der Grosse Rat schon wieder anders überlegt.
https://www.srf.ch/news/schweiz/kehrtwende-bei-bettler-basel-will-bettelverbot-wieder-einfuehren
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/basel-fuehrt-bettelverbot-wieder-ein?id=11897618
-> https://telebasel.ch/2020/12/17/wie-weiter-mit-dem-bettelverbot-in-basel
+++POLIZEI SO
Fehler bei der Einstellung eines Polizisten
Die Stadt Grenchen hat einen Polizisten angestellt, gegen den ein Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung läuft. Die Stadt hat dies nun untersucht und kommt zum Schluss, dass Fehler passiert sind. Für den Polizeikommandanten hat dies jedoch keine Konsequenzen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/fehler-bei-der-einstellung-eines-polizisten?id=11898392
-> https://www.telem1.ch/aktuell/grenchner-stapo-kommandant-weitestgehend-entlastet-140267009
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/grenchen/fall-spahr-hat-personell-keine-konsequenzen-polizeikommandant-ambuehl-weitgehend-entlastet-140262522
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/grenchen/das-sagen-polizeikommandant-und-stadtpraesident-zum-untersuchungsbericht-140266271
+++POLIZEI INTERNATIONAL
Corona-Krise: Polizei setzt rechtswidrige Gewalt zur Eindämmung der Pandemie ein
In vielen Ländern der Welt wurden Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 mit unverhältnismäßiger Gewalt und missbräuchlich angewandten Polizeibefugnissen durchgesetzt. Ein neuer Amnesty-Bericht zu Polizeigewalt in der Pandemie zeigt, dass dies zu Menschenrechtsverstößen geführt und in einigen Fällen die Gesundheitskrise noch verschlimmert hat.
https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/corona-krise-polizei-rechtswidrige-gewalt
+++RASSISMUS
Aufwachsen als Seconda – SRF-Moderatorin Reena Thelly: «Heimat gibt es im Plural»
Zu indisch für die Schweiz, zu schweizerisch für Indien: Heimisch zu werden ist als Seconda nicht leicht
Ich werde immer wieder gefragt, was für Erfahrungen mit Rassismus ich schon gemacht habe. Lange hatte ich das Gefühl, dass nur die krassen Erlebnisse zählten. Aber Rassismus gibt es nicht nur auf die harte Tour, sondern auch in subtiler Form. Und zwar in beiden Welten.
https://www.srf.ch/radio-srf-3/input/aufwachsen-als-seconda-srf-moderatorin-reena-thelly-heimat-gibt-es-im-plural
Schönheitsideale: „Afro zu tragen, ist ein Akt des Widerstands“
Weiße Schönheitsideale setzen Schwarze Frauen bis heute unter Druck. Doch immer mehr befreien sich von der europäischen Norm – und tragen bewusst Afrohaare.
https://www.zeit.de/video/2020-12/6215761461001/schoenheitsideale-afro-zu-tragen-ist-ein-akt-des-widerstands
Erfolgreiche Tagung stellt Weichen für zukünftigen Diskriminierungsschutz
Die von der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz und dem Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) gemeinsam organisierte Tagung zum Diskriminierungsschutz in der Schweiz am 2. November 2020 war ein voller Erfolg. Über 140 Fachpersonen aus NGOs, Aktionsgruppen, Beratungsstellen, der Wissenschaft und der Verwaltung nahmen am Austausch teil. Es zeigte sich deutlich, dass gemeinsame Strategien und ein vernetztes Vorgehen für das Vorantreiben des Diskriminierungsschutzes unabdingbar sind.
https://www.humanrights.ch/de/ngo-plattform/news-tagungsbericht
+++RECHTSEXTREMISMUS
19-jähriger Rechtsextremist wird vom Studium ausgeschlossen
Der junge Mann, der in Winterthur mit der rechtsextremen Organisation Eisenjugend verbandelt sein soll, darf nicht mehr an der ZHDK studieren. Das teilte die Hochschule am Donnerstag mit.
https://www.20min.ch/story/19-jaehriger-rechtsextremist-wird-vom-studium-ausgeschlossen-254558662168
-> https://www.zhdk.ch/meldung/person-mit-mutmasslich-rechtsextremem-hintergrund-exmatrikuliert-4044
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/zurcher-hochschule-der-kunste-schliesst-rechtsextremen-studenten-aus-65838220
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/nach-rassistischer-zoom-attacke-zuercher-kunsthochschule-schmeisst-neonazi-raus-id16252412.html
-> https://www.tagesanzeiger.ch/zhdk-schliesst-mutmasslich-rechtsextremen-studenten-aus-804142254537
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/panorama/zuercher-kunsthochschule-schliesst-rechtsextremen-studenten-aus-140262842
-> https://www.zsz.ch/kunsthochschule-schliesst-rechtsextremen-studenten-aus-661570796936
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/zhdk-schliesst-eisenjugend-mitglied-aus-00147042/
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/exmatrikulation-zuercher-kunsthochschule-schliesst-rechtsextremen-studenten-aus
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nzz.ch 17.12.2020
Zürcher Hochschule der Künste schliesst rechtsextremen Studenten aus
In einer Petition forderten 2000 ZHdK-Schüler den Rauswurf eines mutmasslichen Mitglieds einer Neonazi-Zelle. Nun hat die Leitung gehandelt.
Fabian Baumgartner
Die Mitgliedschaft in einer kleinen, bewaffneten Neonazi-Zelle namens «Eisenjugend» hat für einen Studenten der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) Folgen. Die Hochschule hat ihn vom Studium ausgeschlossen, wie es in einer Mitteilung auf der Website der ZHdK heisst.
Man habe bereits im August disziplinarische Massnahmen gegen den Studenten mit mutmasslich rechtsextremem Hintergrund in die Wege geleitet. Diese umfasste ein Verbot, das Hochschulareal zu betreten und die Infrastruktur zu benutzen. In einem weiteren Schritt wurde er nun gestützt auf das Fachhochschulgesetz exmatrikuliert. Die Rekursfrist endete am 7. Dezember 2020, Rechtsmittel gegen den Ausschluss ergriff der Student laut Angaben der ZHdK jedoch nicht.
Nach Bekanntwerden der rechtsextremen Verbindungen hatten Kommilitonen den Rauswurf des Studenten gefordert. Knapp 2000 Personen riefen in einer Petition dazu auf, den jungen Mann auszuschliessen. Man fühle sich bedroht, «wenn sich ein Mensch mit einer solch menschenverachtenden, rassistischen, sexistischen und antisemitischen Geisteshaltung an der Hochschule frei bewegen könne», hiess es in der Petition. Die alleinige Anwesenheit des Gedankengutes widerspreche dem Leitbild der Schule.
«Gesinnung allein reicht nicht für Ausschluss»
Weitere Informationen zum für die ZHdK bisher einzigartigen Fall will die Hochschule mit Verweis auf den Persönlichkeitsschutz nicht bekanntgeben. Der Rektor Thomas D. Meier hatte im Oktober aber gegenüber der NZZ erklärt, der Fall habe an der Hochschule viele Ängste ausgelöst. Die Gruppe, welcher der Mann angehöre, zeichne sich durch Gewaltbereitschaft aus. Es seien im Umfeld des Studenten auch Waffen konfisziert worden.
Meier wehrte sich gleichzeitig gegen den Vorwurf, zu wenig gegen Rassismus zu unternehmen. «Es geschieht viel in dieser Hinsicht. Wir erarbeiten derzeit zusätzliche Massnahmen, weil man auch an einer Kunsthochschule nicht einfach davon ausgehen kann, dass es keine strukturelle Diskriminierung gibt.» Die Grenze des Tolerierbaren sei für ihn dort erreicht, wo jemand sich strafrechtlich relevant diskriminierend äussere, diese Haltung verbreite und den Betrieb der Hochschule beeinträchtige. «Dort schreiten wir ein und ergreifen Massnahmen.» Meier sagte aber auch: «Gesinnung allein reicht nicht aus, um jemanden von einer Hochschule auszuschliessen.»
Im Fall des betroffenen Studenten hatte die Polizei im August bei einer Razzia an seinem und dem Wohnort eines zweiten Mannes in Winterthur mehrere Waffen sichergestellt. Laut Recherchen des «Tages-Anzeigers» bereitet sich die Gruppe junger Männer auf einen «Rassenkrieg» vor. Sie habe sich hierzu mit Waffen eingedeckt.
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-zhdk-schliesst-rechtsextremen-studenten-aus-ld.1592683)
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Innere Sicherheit: EU uneinig über Rechtsextremismus-Begriff
Die deutsche Ratspräsidentschaft hatte sich vorgenommen, in der EU gemeinsam gegen Rechtsextremismus zu kämpfen. Doch es scheitert offenbar schon an der Definition.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-uneinig-ueber-rechtsextremismus-begriff-a-3c33ba6a-6db5-4f2b-94fe-0736870c20c9
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
«Wer’s glaubt wird selig» – Corona-Skeptiker bombardieren Parlamentarier mit Massen-Mails
Die Posteingänge der National- und Ständeräte quellen seit Wochen mit gleichlautenden Mails von Corona-Skeptikern über. Die Aktion ist laut der Bundespolizei kein Einzelfall: Das Coronavirus sorgt für eine Rekordzahl von Unmutsbekundungen und Drohungen gegen Politiker und Verwaltungsstellen.
https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/582241334-corona-skeptiker-bombardieren-parlamentarier-mit-massen-mails
-> https://www.tagblatt.ch/schweiz/es-wird-auch-fuer-sie-ein-boeses-erwachen-geben-corona-skeptiker-bombardieren-parlamentarier-mit-massen-mails-ld.2077279
„Es ist wie eine Sucht“: Wie umgehen mit Verschwörungsgläubigen?
Die psychischen Folgen können gravierend sein: Chatgruppen und Websites ziehen immer mehr Menschen in ein Netz aus Verschwörungstheorien. Viele Betroffene können über nichts anderes mehr reden. Und hinterlassen Freunde und Familie ratlos.
https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/es-ist-wie-eine-sucht-wie-umgehen-mit-verschwoerungsglaeubigen,SJ8yWse
Wie Aargauer Coronaskeptiker versuchen, die Maskenpflicht zu umgehen
Im Nachrichtendienst Telegram geben sich rund 81 Aargauer Tipps. Rechtsexperten warnen vor Pseudoattests.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/wie-aargauer-coronaskeptiker-versuchen-die-maskenpflicht-zu-umgehen-140020670
«Gibt nur wenige mit extremen Ideen»: Mitglied erzählt über Chat der Aargauer Maskenkritiker
Markus Häni ist Mitglied im Chat der Aargauer Maskenpflicht-Kritiker und mit der Administratorin der Gruppe befreundet. Im Interview gibt er nun Auskunft über den Chat und seine Ansichten.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/gibt-nur-wenige-mit-extremen-ideen-mitglied-erzaehlt-ueber-chat-der-aargauer-maskenkritiker-140173047
+++WORK
bernerzeitung.ch 17.12.2020
Menschenhandel in Gstaad: 90 Frauen putzten teilweise unter «sklavenähnlichen» Bedingungen
Ein im Saanenland wohnhaftes Ehepaar sitzt seit Januar wegen Verdachts auf Menschenhandel in Untersuchungshaft. Die Dimension des Falls schockiert.
Quentin Schlapbach
Es ist eine der umfangreichsten Ermittlungen wegen Menschenhandel in der Schweizer Justizgeschichte. Im Januar nahm die Berner Kantonspolizei ein serbisches Ehepaar an seinem Wohnsitz im Saanenland fest. Die beiden sollen während mehrerer Jahre und systematisch serbische Frauen aus schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen in die Schweiz gelockt haben, um sie hier illegal zu beschäftigen. Die Frauen mussten in Gstaad Putzarbeiten in Chalets und Hotels verrichten – laut Anklage wurde ihnen dabei teilweise auch der Pass weggenommen.
Diese Zeitung berichtete im September erstmals ausführlich über den Fall. Damals stützte sich die Anklage der Staatsanwaltschaft noch auf die Zeugenaussagen von drei direkt betroffenen Frauen sowie Personen aus dem nachbarschaftlichen Umfeld des Ehepaars. Ein neues Obergerichtsurteil – der Ehemann hat gegen die Verlängerung seiner Untersuchungshaft erneut Beschwerde eingelegt – zeigt nun aber, dass die Dimension des Falles noch viel grösser ist, als bisher bekannt war.
In ihren Ermittlungen wertete die Berner Kantonspolizei bis heute insgesamt 22 Chats aus, welche die serbische Ehefrau geführt hat. Allein für die Jahre 2018 und 2019 wurden dabei die Adressen und Namen von 90 Arbeiterinnen sichergestellt, mit welchen sie in Kontakt war. Bei 40 dieser Frauen konnte die Kapo Bern mittlerweile nachweisen, dass es zu einem oder mehreren Arbeitseinsätzen im Saanenland gekommen ist.
Noch ist die Polizei aber dabei, weitere Chats zu übersetzen und auszuwerten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich die Zahl der Opfer weiter erhöhen wird. Auch hofft sie, dass im Zuge der Ermittlungen weitere Frauen zu einer Aussage bereit sein werden.
Bedingungen waren «sklavenähnlich»
Aus den Akten wird allerdings ersichtlich, wie viel Mut dazu erforderlich sein wird. Eine der Frauen, die bereits eine Aussage gemacht haben, spricht von massiven Drohungen, welche ihr gegenüber gemacht wurden. So habe der inhaftierte Ehemann ihr gedroht, sie zu töten und ihr Haus in Serbien niederzubrennen, sollte sie zur Polizei gehen. Auch ihre Familie sei nach der Inhaftierung des Ehepaars massiv bedroht worden. Eine Frau, welche die Polizei kontaktiert hat, leidet noch heute unter psychischen Problemen. Es soll ihr grosse Mühe bereiten, über die Geschehnisse in Gstaad zu sprechen.
Das Urteil zeigt in neuen Details, welche Qualen die Frauen im Berner Nobelskiort durchleben mussten. In den Akten ist von «sklavenähnlichen und ausbeuterischen» Arbeitsbedingungen die Rede. Teils wurden sie vom Ehepaar direkt für den Arbeitseinsatz in der Schweiz angefragt, teils hatte man sie vermittelt. In einem serbischen Lokalradio schaltete das Ehepaar ausserdem einen Werbespot, der helfen sollte, Frauen zu rekrutieren. Man versprach ihnen vor der Abreise jeweils ein Gehalt von 1500 Franken im Monat – bei sechs Arbeitstagen die Woche zu acht Stunden am Tag.
In Gstaad hatten die Frauen dann aber während dreier Monate keinen einzigen freien Tag. Die Arbeitstage dauerten in der Regel zehn bis zwölf Stunden. Eine der Frauen berichtet ausserdem von Hunger während der Arbeit, zwei andere von massivem psychischem Druck. Auch habe man ihnen willkürliche Lohnabzüge gemacht. Wenn es in der für sie reservierten Wohnung keinen Platz hatte, mussten die Frauen zum Teil auf Klappbetten in der Garage schlafen. Andere blieben über Nacht gleich in den Chalets der Gstaader Auftraggeber, wobei ihnen gesagt wurde, dass man sie tagsüber nicht sehen dürfe.
«Grosse Gewinnsummen»
Das Dezernat für Wirtschaftsdelikte hat eine separate Ermittlung eingeleitet, welche über die Finanzen des serbischen Ehepaars Aufschluss geben soll. Die Eheleute behaupten, dass sie lediglich eine Vermittlungsgebühr von 500 Franken pro Vermittlung erhalten haben.
Erste Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass wesentlich höhere Beträge geflossen sind. Insbesondere die Geschäfte mit Reinigungs- und Kinderhütediensten in der Weihnachts- und Neujahrszeit hätten «grosse Gewinnsummen» eingebracht, ist den Ermittlungsakten zu entnehmen.
Weitere Untersuchungen laufen gegen die Chaletbesitzer, Hotelbetriebe sowie Liegenschaftsverwaltungen im Saanenland, welche die Dienstleistungen in Anspruch genommen haben. Die Frage ist, wie viel sie von den ausbeuterischen Arbeitsbedingungen wussten und inwiefern sie sich dabei strafbar gemacht haben.
Sicher ist bereits, dass auch die Tochter respektive Stieftochter des serbischen Ehepaars involviert war. Sie hat das Geschäft mit ihrer Mutter zusammen jahrelang organisiert und sitzt allein deswegen nicht in Untersuchungshaft, weil sie kleine Kinder hat und es im Kanton Bern keine geeignete Einrichtung für solche Fälle gibt.
Keine Freilassung auf Kaution
Aufgrund der umfangreichen Ermittlungen dürfte es noch Monate dauern, bis es zum Prozess kommt. Das Obergericht kommt allerdings bereits heute zum Schluss, dass die «Tatbestandsvoraussetzungen des Menschenhandels sehr wahrscheinlich erfüllt sind».
Derweil bestreiten die Eheleute alle wesentlichen Vorwürfe, die gegen sie erhoben werden. Sie machen geltend, die Frauen lediglich vermittelt zu haben. Die Verantwortung für die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen vor Ort schieben sie auf die jeweiligen Chaletbesitzer.
Der Ehemann, dem gemäss den Ermittlungen die Rolle eines Mittäters zukommt, bestreitet ausserdem, in die Geschäfte seiner Ehefrau direkt verwickelt gewesen zu sein. Er habe seiner Frau lediglich hin und wieder – in der Rolle als Ehemann und ohne jegliche kriminelle Energie – geholfen.
Dennoch bekräftigte das Obergericht die Verlängerung seiner Untersuchungshaft um weitere sechs Monate. Es bestehe sowohl eine starke Flucht- als auch Kollusionsgefahr, sprich das Risiko, die mutmasslichen Opfer mit Bedrohungen zu beeinflussen.
Daran vermochte auch die Hinterlegung einer Kaution von 35’000 Franken nichts zu ändern. Bezahlt hätte diese der Ehemann der Stieftochter. Das Gericht begründete die Ablehnung einer Kaution unter anderem damit, dass es nicht sicher sei, ob das Geld auch «aus rechtmässigen Quellen» stamme.
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Definition von Menschenhandel
Menschenhandel liegt vereinfacht gesagt vor, wenn über Menschen wie über Objekte verfügt wird. Schuldig machen sich sowohl die Anbieter, die Vermittler als auch die Abnehmer. Im Schweizerischen Strafgesetzbuch werden dabei explizit drei Varianten von Menschenhandel definiert: die sexuelle Ausbeutung eines Menschen, die Ausbeutung seiner Arbeitskraft sowie die Entnahme eines seiner Körperorgane. Wer schuldig gesprochen wird, muss für mindestens sechs Monate ins Gefängnis.
Menschenhandel ist ein lukratives Geschäft: Laut der Internationalen Arbeitsorganisation gibt es weltweit rund 25 Millionen Opfer von Zwangsarbeit, der jährliche Umsatz beträgt rund 150 Milliarden Dollar. (qsc)
(https://www.bernerzeitung.ch/90-frauen-putzten-teilweise-unter-sklavenaehnlichen-bedingungen-836277627325)