Medienspiegel 15. Dezember 2020

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+++BERN
derbund.ch 15.12.2020

Umkämpfter Berner Asylfall: Jetzt ist Tesfom Andemariam endlich Malerlehrling

Weil sein Asylgesuch doch noch anerkannt wurde, darf ein junger Eritreer nun seine Lehre antreten. Für ihn eingesetzt hat sich auch ein FDP-Lokalpolitiker.

Dario Greco

Das Zittern hat ein Ende, die Langeweile auch, Tesfom Andemariam ist erleichtert. «Ich bin sehr glücklich», sagt er. Letzte Woche kam der positive Bescheid des SEM, dem Staatssekretariat für Migration. Andemariam, 2014 aus Eritrea in die Schweiz geflüchtet, darf bleiben. Im zweiten Anlauf wurde seinem Asylgesuch stattgegeben, sein Anwalt hatte neue Beweise vorgebracht, die belegen, dass er nicht in seine Heimat zurückkehren kann. Am meisten freut sich Andemariam jetzt darauf, bald wieder arbeiten zu können, «die Langeweile war schrecklich», sagt er.

Tesfom Andemariam spricht Deutsch und absolvierte im Malergeschäft des FDP-Lokalpolitikers Jürg Lüthi in Mühlethurnen eine einjährige Vorlehre als Maler. Den Vertrag für eine Lehre bei Lüthi bereits in der Tasche und vom Kanton Bern bewilligt, durfte Andemariam seine Ausbildung 2019 anschliessend doch nicht antreten: Das Bundesverwaltungsgericht hatte sein Asylgesuch abgelehnt, Andemariam konnte aber nicht nach Eritrea zurück. Lüthi sagt: «Mit dieser Regelung wird jungen Menschen die Zukunft gestohlen.» (lesen Sie an dieser Stelle: «Bürgerliche kritisieren Asylpraxis des Kantons» (Abo).)

Abgewiesene dürfen nicht arbeiten

Abgewiesenen Asylsuchenden ist es laut Asylgesetz verboten, eine Erwerbstätigkeit auszuführen, wobei die Kantone über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen. Dieser werde im Kanton Bern zu wenig ausgereizt, werfen Kritiker dem zuständigen Berner Regierungsrat Philippe Müller (FDP) vor. Das sorgte im Kantonsparlament für Handlungsbedarf. Im Juni 2019 überwies der Grosse Rat einen Antrag von Michael Köpfli (GLP), wonach für erwerbstätige Abgewiesene eine Härtefallregelung geschaffen werden sollte: Insbesondere angefangene Aus- und Weiterbildungen sollten beendet werden können.

Das Anliegen stiess bis weit ins bürgerliche Lager auf Zustimmung – vor allem auch bei den Gewerbetreibenden unter ihnen – und wurde Ende 2019 schliesslich angenommen. «Immer wieder wird in der Asylpolitik gepredigt, wie wichtig der Wille zur Integration sei», sagt Köpfli. «Wenn junge Leute gezwungen werden, ihre Lehre abzubrechen, ist das ein Widerspruch.»

Das sieht auch Jürg Schneider so. Mit der Aktionsgruppe Nothilfe setzt er sich gemeinsam mit anderen Non-Profit-Organisationen für Leute wie Tesfom Andemariam ein. «Viele dieser Personen stecken in einer furchtbaren Situation», sagt er. «Nach teils jahrelangem Warten auf einen Asylentscheid dürfen sie plötzlich nicht mehr arbeiten, wenn dieser Entscheid negativ ausfällt. Und das, obwohl sie in den Arbeitsmarkt integriert sind. Es wird ihnen die Grundlage entzogen.» Weil diese Asylsuchenden häufig nicht ausgeschafft werden können, müssten sie untertauchen oder ihr Glück in einem anderen Land suchen.

«Das schönste Weihnachtsgeschenk»

Das Komitee «Un Apprentissage – Un Avenir», zu welchem die Aktionsgruppe Nothilfe gehört, brachte die Thematik im vergangenen August schliesslich aufs nationale politische Parkett. Sie reichte eine Petition ein, die in der staatspolitischen Kommission mit 16:9 Stimmen angenommen wurde: Am Mittwoch wird der Nationalrat darüber befinden, ob Asylsuchende mit einem Lehr- oder Ausbildungsvertrag bei einem negativen Asylentscheid ihre Ausbildung in der Schweiz beenden dürfen, bevor sie in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen.

Weil die Motion in der staatspolitischen Kommission deutlich angenommen wurde, hat sie auch im Parlament gute Chancen. Schneider hofft, dass die Motion der staatspolitischen Kommission vom Parlament angenommen und anschliessend vom Bundesrat im Rahmen einer Verordnung schnell umgesetzt wird.

Egal, wie das Parlament entscheiden wird und wie lange eine allfällige Umsetzung der Motion im Anschluss dauern wird: Nach dem positiven Entscheid des SEM kann Tesfom Andemariam im nächsten Sommer und mit zwei Jahren Verspätung seine Malerlehre bei Jürg Lüthi antreten. «Ich freue mich sehr», sagt der Malermeister. «Es ist das schönste Weihnachtsgeschenk.» Die Ungewissheit habe sehr lange gedauert, «der Bescheid kam sehr überraschend, es war sehr emotional».

Für Andemariam bedeutet der positive Entscheid auch, dass er endlich seine Zukunft planen kann. Zurzeit wohnt er im Pfarrhaus Mühlethurnen, doch der 24-Jährige hat bereits Ideen: «Vielleicht kann ich bald eine Wohnung mieten.»
(https://www.derbund.ch/asylsuchende-lehrlinge-duerfen-hoffen-126736563056)


+++WAADT
Renvoyé dans l’indifférence, décédé dans la solitude : la vie brisée d’Abdoul Mariga
 Le 6 novembre 2019, Adboul Mariga, 29 ans, cuisinier au CHUV, a été renvoyé de Suisse par la contrainte, en Guinée. Le 17 octobre 2020, il décédait, seul, dans un hôpital de Conakry, probablement des suites d’une hépatite B. Le collectif Droit de Rester avait publiquement dénoncé ce renvoi d’un jeune homme très intégré vers un pays où il n’avait aucune attache.
https://droit-de-rester.blogspot.com/2020/12/renvoye-dans-lindifference-decede-dans.html


+++SCHWEIZ
Recht auf Ausbildung auch bei Wegweisung
Eine parlamentarische Motion fordert, dass abgewiesene Asylsuchende eine angefangene Ausbildung vor der Rückkehr in ihr Heimatland abschliessen können. Der Nationalrat wird diese Motion am 16. Dezember in der Wintersession beraten. Die SFH unterstützt die Motion.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/recht-auf-ausbildung-auch-bei-wegweisung


Ein vorläufig Aufgenommener erzählt, was das Reiseverbot für ihn bedeuten würde
Der Nationalrat entscheidet bald über ein Reiseverbot für vorläufig Aufgenommene. Can Azad ist syrischer Kurde und aus dem Bürgerkriegsland geflohen. Er erzählt, was die Gesetzesverschärfung für ihn bedeuten würde.
https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/194225339-ein-vorlaeufig-aufgenommener-erzaehlt-was-das-reiseverbot-bedeuten-wuerde


Update-Bericht zu Eritrea
Die Beobachtungsstelle der Romandie veröffentlicht heute einen zweiten Bericht über die Verschärfungen des schweizerischen Asylsystems gegenüber Eritreer*innen.
https://beobachtungsstelle.ch/news/update-bericht-zu-eritrea/


Asylstatistik November 2020
Im November 2020 wurden in der Schweiz 1174 Asylgesuche eingereicht, 51 mehr als im Vormonat (+4,5 %). Gegenüber November 2019 nahm die Zahl der Asylgesuche um 0,7 Prozent zu (+8 Gesuche).
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-81635.html


+++DEUTSCHLAND
Zurück nach Afghanistan: Abschiebungen sollen beginnen
Am Mittwoch soll der erste Abschiebeflug seit März nach Afghanistan starten – trotz globaler Pandemie und desaströser Sicherheitslage im Land.
https://taz.de/Zurueck-nach-Afghanistan/!5733854/


Der eritreische Flüchtling Dawit (28) wurde in der Schweiz abgewiesen, aber in Deutschland aufgenommen: Nach fünf Jahren hat er sein Glück gefunden
Rund 75 Prozent aller Asylsuchenden wurden in den vergangenen zehn Jahren von der Schweiz abgelehnt oder rückgeführt. Was kommt danach? BLICK hat mit Dawit aus Eritrea gesprochen, der jahrelang in Europa herumirrte, bis er in Deutschland sein Glück fand.
https://www.blick.ch/news/der-eritreische-fluechtling-dawit-28-wurde-in-der-schweiz-abgewiesen-aber-in-deutschland-aufgenommen-nach-fuenf-jahren-hat-er-sein-glueck-gefunden-id16246979.html


+++GRIECHENLAND
Flüchtlinge in Griechenland: Minister gegen Hilfsorganisationen
Probleme rund um die humane Behandlung von Asylbewerbern. Lockdown: Rund 7300 Menschen sitzen nun in überschwemmten Zelten
https://www.heise.de/tp/features/Fluechtlinge-in-Griechenland-Minister-gegen-Hilfsorganisationen-4989824.html


Flüchtlingslager auf griechischen Inseln: Wo es an allem fehlt
Wer als Flüchtling auf den griechischen Inseln lebt, für den wird es vor Ort schrecklich. Die körperliche Unversehrtheit ist dort mehrfach bedroht.
https://taz.de/Fluechtlingslager-auf-griechischen-Inseln/!5733861/


Flüchtlingslager Moria in Griechenland: Zwischen Elend und Abschreckung
Nach dem Brand in Moria haben Organisationen viele Spenden gesammelt. Die Lage vor Ort ist aber weiter katastrophal.
https://taz.de/Fluechtlingslager-Moria-in-Griechenland/!5733705/


+++MITTELMEER
Seenotrettung: Tunesische Marine rettet offenbar 93 Bootsflüchtlinge aus Mittelmeer
Die Küstenwache des nordafrikanischen Landes hat nach eigenen Angaben das Boot entdeckt, offenbar war es auf dem Weg nach Italien. An Bord waren 37 Frauen und Kinder.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-12/tunesien-mittelmeer-migration-fluechtlingsboot-seenotrettung


Seenotretter-Bericht: Anteil unbegleiteter Minderjähriger gestiegen
Der Anteil von unbegleiteten Minderjährigen unter den Bootsmigranten ist in diesem Jahr auf 25 Prozent angestiegen.
https://www.nau.ch/news/ausland/seenotretter-bericht-anteil-unbegleiteter-minderjahriger-gestiegen-65836375


+++EUROPA
Einig in der Abschottung
Eine europäische Asylreform steht weiterhin aus. Deutschland plant Sammelabschiebung nach Afghanistan
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat den Durchbruch in der Asylrechtsreform verpasst. Aus der Bundesrepublik sollen derweil nach coronabedingter Aussetzung der Abschiebungen erneut Menschen nach Afghanistan »rückgeführt« werden.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145825.asylpolitik-einig-in-der-abschottung.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1145849.asyl-in-der-eu-pandemieschutz-nur-fuer-europaeer.html


+++JUSTIZ
Jetzt ist es definitiv: Der Tierschützer Erwin Kessler durfte straflos «Antisemit» genannt werden
Mit Dutzenden Ehrverletzungsklagen hat sich der Präsident des «Vereins gegen Tierfabriken» (VgT) gegen die öffentliche Bezeichnung als «Antisemit» gewehrt. Bisher war er damit zumeist erfolgreich. Jetzt sagt das Bundesgericht in einem Fall aus dem Jahr 2015 aber: Die Bezeichnung war richtig.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/bundesgericht-jetzt-ist-es-definitiv-der-tierschuetzer-erwin-kessler-durfte-straflos-antisemit-genannt-werden-ld.2075126
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/facebook-ist-jetzt-ein-medium?id=4dc9e7d8-b8b0-4e22-b799-4bd6936e6b33
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/leiturteil-des-bundesgerichts-neue-rechtsprechung-zum-teilen-auf-facebook
-> Medienmitteilung Bundesgericht: https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/6b_0440_2019_2020_12_15_T_d_11_36_47.pdf
-> Urteil Bundesgericht: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://18-11-2020-6B_440-2019&lang=de&zoom=&type=show_document
-> Spenden für Prozesskosten: https://gerechtsanwalt.ch/



nzz.ch 15.12.2020

Teilen schützt vor Strafe nicht: Das Bundesgericht festigt seine Facebook-Rechtsprechung

Wer auf Facebook einen fremden, ehrverletzenden Beitrag mit der Öffentlichkeit teilt, macht sich genauso strafbar wie der Autor des Beitrags. Das «Medienprivileg» greife in dieser Konstellation nicht, entscheidet das Bundesgericht.

Kathrin Alder

Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter sind keine rechtsfreien Räume, das machte das Bundesgericht bereits vergangenen Februar klar. Damals entschied es in einem Leiturteil, dass sich strafbar machen kann, wer einen ehrverletzenden Beitrag eines Fremdautors teilt oder diesen mit «Gefällt mir» markiert. Wird der so geteilte oder markierte Beitrag von Dritten wahrgenommen, liege die strafbare Weiterverbreitung einer üblen Nachrede vor, hielten die Richter in Lausanne fest.

Nun hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung in diesem Bereich mit einem weiteren Leiturteil gefestigt: Wer einen ehrverletzenden Beitrag auf Facebook mit Dritten teilt, kann sich auch nicht auf das sogenannte Medienprivileg stützen – ein im Strafgesetzbuch verankertes Privileg. Es besagt, dass sich grundsätzlich nur der Autor einer rechtswidrigen Veröffentlichung strafbar macht. Im am Dienstag publizierten Urteil machte das Bundesgericht indes klar, dass dieses Privileg in der vorliegenden Konstellation nicht zur Anwendung kommt.

Medienprivileg schützt nicht

Konkret geht es um einen Fall aus der Tierschutz-Szene. Ein Facebook-Nutzer teilte 2015 einen Beitrag eines anderen Nutzers namens «Indyvegan». In diesem Beitrag wurde festgehalten, der streitbare Thurgauer Tierschützer Erwin Kessler sei «mehrfach wegen antisemitischer Äusserungen vorbestraft», er sei ein «mehrfach verurteilter Antisemit» und dessen Verein gegen Tierfabriken (VgT) eine «antisemitische Organisation» sowie ein «neonazistischer Tierschutzverein».

Im November 2017 sprach das Regionalgericht Bern-Mittelland den Facebook-Nutzer wegen übler Nachrede schuldig, hinsichtlich der Behauptung, Kessler sei ein Antisemit, wurde er hingegen freigesprochen. Der Facebook-Nutzer ging in Berufung, doch das Berner Obergericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz und hob auch den Teilfreispruch auf. Es folgte eine Verurteilung für die Vorwürfe gegenüber Kessler und dem VgT wegen Weiterverbreitung einer üblen Nachrede. Der Facebook-Nutzer gelangte daraufhin mit Beschwerde an das Bundesgericht, in der er sich unter anderem auf das Medienprivileg berief.

Das Bundesgericht heisst seine Beschwerde nun teilweise gut und weist die Angelegenheit an das Obergericht zurück, das den Fall in einem Punkt neu beurteilen muss. Klar ist für die Richterinnen und Richter in Lausanne hingegen, dass sich der Facebook-Nutzer nicht auf das Medienprivileg berufen kann. Diese Bestimmung gehe von einem weiten Medienbegriff aus, auch die Social-Media-Plattform Facebook sei im vorliegenden Kontext als Medium zu qualifizieren. Doch gelte das Privileg nur für Personen, die notwendigerweise «innerhalb der für das Medium typischen Herstellungs- und Verbreitungskette» tätig seien. Ob dies so ist, sei für jeden Einzelfall abzuklären.

Beweis für antisemitische Haltung erbracht

Im konkreten Fall sei der Facebook-Nutzer aber nicht mehr Teil der «Verbreitungs- und Herstellungskette» gewesen. Der strittige Artikel sei von einem anderen Autor veröffentlicht worden und ab dann nicht mehr unter dessen Kontrolle gestanden. Indem der Facebook-Nutzer den Beitrag geteilt habe, sei lediglich ein bereits veröffentlichter Artikel verlinkt worden. Deshalb falle es ausser Betracht, das Medienprivileg anzuwenden, argumentierte das Bundesgericht.

Mit Blick auf die weiterverbreitete Aussage, Kessler sei ein «mehrfach verurteilter Antisemit», gaben die Richterinnen und Richter in Lausanne dem Facebook-Nutzer hingegen recht. Aufgrund jüngerer Aussagen von Kessler sei der Beweis erbracht, dass er zum Tatzeitpunkt eine antisemitische Haltung gehabt habe. Zwar stimme die Behauptung, Kessler sei «mehrfach verurteilt», nicht. Doch habe sich Kessler in einem Zeitungsinterview aus dem Jahr 2014 selbst bezichtigt, mehrfach verurteilt worden zu sein. Dem Facebook-Nutzer sei es deshalb erlaubt gewesen, diese Aussage zu verbreiten, schloss das Bundesgericht.

Den verbreiteten Vorwurf gegen den VgT muss das Berner Obergericht indes neu beurteilen. Das Gericht muss prüfen, ob die Äusserungen Kesslers überhaupt dem Verein zugerechnet werden können oder ob sich die Haltung, die dem Verein vorgeworfen wird, allenfalls auch anders manifestiert hat.

Urteil 6B_440/2019 vom 15. 12. 20 – BGE-Publikation.
(https://www.nzz.ch/schweiz/teilen-schuetzt-vor-strafe-nicht-das-bundesgericht-festigt-seine-facebook-rechtsprechung-ld.1592190)


+++BIG BROTHER
Abstimmungskampf gegen E-ID lanciert – RaBe-Info 15.12.2020
Am 7. März stimmt die Schweiz über die elektronische Identitätskarte ab, über die sogenannte E-ID. In Zukunft soll es mit ihr möglich sein, online zum Beispiel seine Steuererklärung abzuschicken oder eine Adressänderung vorzunehmen – irgendwann vielleicht sogar online wählen und abstimmen zu können.
Der Bedarf nach einer E-ID ist unbestritten, doch wer diese ausstellen soll und wo die Daten gespeichert werden sollen, darüber herrscht noch Uneinigkeit.
https://rabe.ch/2020/12/15/datenschutz-in-gefahr/


+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: NZZ gegen Algerier*innen, EGMR für Doppelbestrafung, Konsumschutz vor Diskriminierungsschutz
https://antira.org/2020/12/14/nzz-gegen-algerierinnen-egmr-fuer-doppelbestrafung-konsumschutz-vor-diskriminierungsschutz/


Brauchen Schwarze Frauen ein bestimmtes Äußeres, um aufzusteigen?
Sexuell offen und exotisch – so werden Schwarze Frauen oft stigmatisiert. Die Forscherin Denise Bergold-Caldwell erklärt, warum das entmenschlichend und gefährlich ist.
https://www.zeit.de/zett/politik/2020-12/rassismus-weiblichkeit-sexualisierung-gender-studies-denise-bergold-caldwell/komplettansicht


+++RECHTSEXTREMISMUS
Was macht die Journalistische Aktion ?
Wir sind ein anonymes Recherchekollektiv und beschäftigen uns vor allem mit den Themenbereichen Rechtsextremismus, Querdenken, Sekten, Anthroposophie, Reichsbürger, Korruption, Antisemitismus, Polizeigewalt, Coronarebellen.. Wir betreiben Monitoring von rechtsextremen Gruppierungen und ihren Social Media-Kanälen und berichten von Demonstrationen und Kundgebungen in ganz Europa (meistens aus Deutschland und der Schweiz). Es ist uns wichtig unseren Abonnenten und Followern (auf Twitter derzeit über 6000) soziale Spannungsfelder zu zeigen, dafür begeben wir uns auch in gefährliche Situation bei gewalttätigen Protesten. Wichtig ist uns auch das zu dokumentieren und öffentlich zugänglich zu machen das von den Medien nicht thematisiert wird. Auf Twitter kann man Kontakt mit uns aufnehmen: https://twitter.com/__investigate__
https://www.youtube.com/watch?v=6G13v5_3Bz0&t


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Unfug des Jahres: „Goldenes Brett vorm Kopf“ geht an „Fehlalarm“-Autor Sucharit Bhakdi
Schmähpreis für den größten unwissenschaftlichen Unsinn des Jahres für die Verharmlosungen der Covid-19-Pandemie
https://www.derstandard.at/story/2000122528159/goldene-brett-vorm-kopf-geht-anfehlalarm-autor-sucharit-bhakdi?ref=rss


Wie umgehen mit Querdenken?
Erst auf der Straße, jetzt im Verfassungsschutz: Ein Experte gibt Tipps zum Umgang mit Querdenken.
https://www.youtube.com/watch?v=7QkcRRf1CJw&feature=youtu.be


„Jemand sagte zu mir: ‚Ihr seid keine Menschen.’“
Gewaltdrohungen, Beschimpfungen – und immer wieder Verschwörungstheorien: Reporter von Spiegel TV haben den Wahnsinn der Corona-Demos dokumentiert und abbekommen. Warum tun sie sich das an?
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2020/12/15/jemand-sagte-zu-mir-ihr-seid-keine-menschen_30389



nzz.ch 15.12.2020

«Hilfe, mein Freund glaubt an QAnon!» – Wenn Verschwörungstheorien zum Stresstest für Beziehungen werden

Die Anfragen beim Beratungstelefon der Psychologin Susanne Schaaf nehmen seit Corona zu. Wie soll man reagieren, wenn Partner oder Familienmitglieder sich in Verschwörungstheorien verfangen?
Podcast: https://cdn.podigee.com/media/podcast_21830_nzz_akzent_episode_343343_hilfe_mein_freund_glaubt_an_qanon.mp3?v=1607977729&source=webplayer

Nadine Landert, Benedikt Hofer

Susanne Schaaf leitet die schweizerische Informations- und Beratungsstelle Infosekta, an die sich Angehörige von Sektenmitgliedern oder Anhängern von Verschwörungstheorien wenden können. Mit einer Verzögerung von rund einem halben Jahr hätten die Anfragen im Zusammenhang mit Corona merkbar zugenommen, sagt die Psychologin im Gespräch mit Nadine Landert. Anrufende berichteten aufgelöst, wie sie ihre Partner aufgrund von deren Aussagen plötzlich nicht mehr erkennen würden. Nach dem Unverständnis folge oft gegenseitiger Vertrauensverlust. Was, so die Frage, lasse sich tun, wenn der Partner nicht an das Virus «glaube» und von «Machenschaften der Elite» ausgehe?

Die Crux im Umgang mit Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, sei es, dass diese oft beratungsresistent seien, sagt Schaaf. Wolle der Angehörige den Irrsinn im Gespräch aufzeigen, werde er gleich als von den Medien manipuliert gebrandmarkt. Von diesem Problem berichtet auch Anna.* Der Glaube an die Thesen der amerikanischen Verschwörungstheorie von QAnon hat bei Annas Freund zwar mittlerweile nachgelassen. Doch mit den offiziellen Informationen zur Pandemie hadere er noch immer. Was Susanne Schaaf Anna riet, hören Sie in der neuesten Episode von «NZZ Akzent».

* Name von der Redaktion geändert, ihr aber bekannt.
(https://www.nzz.ch/podcast/verschwoerungstheorien-mein-freund-glaubt-an-qanon-nzz-akzent-ld.1591981(


+++HISTORY
Die drei Pfeile der Sozialdemokratie
Was steht hinter dem Symbol auf den Fahnen der Sozialdemokratischen Partei?
https://www.derstandard.at/story/2000122155253/die-drei-pfeile-der-sozialdemokratie?ref=rss


Wie eine Frau aus Borneo die Gründung der Schweiz prägte
Der Nidwaldner Alois Wyrsch war der erste Parlamentarier «of color» der Schweiz. Sein Vater Louis schlug für die Holländer antikoloniale Aufstände in Südostasien nieder und redigierte die Bundesverfassung von 1848. Und seine Mutter? Die Geschichte von Ibu Silla, die aus der Gründungs¬geschichte der Schweiz getilgt wurde, aufgeschrieben als persönlicher Brief.
https://www.republik.ch/2020/12/15/wie-eine-frau-aus-borneo-die-gruendung-der-schweiz-praegte


Die Crypto-AG: Ein Spionage-Thriller aus dem Kalten Krieg
Die Schweizer Firma Crypto produzierte jahrzehntelang manipulierte Chiffriermaschinen. CIA und BND konnten damit die halbe Welt ausspionieren. Der Spionage-Thriller wurde erst im Februar 2020 aufgedeckt, nun gibt es einen offiziellen Bericht dazu.
https://www.swissinfo.ch/ger/crypto-ag-schweiz-usa-spionage-kryptografie-kalter-krieg_die-crypto-ag–ein-spionage-thriller-aus-dem-kalten-krieg/46216566


Die Schweiz beginnt Aufarbeitung illegaler Adoptionen aus Sri Lanka
Der Schweizer Bundesrat gesteht Behördenversagen ein. Ab den 70er-Jahren wurden hunderte Babys aus Sri Lanka illegal in die Schweiz adoptiert
https://www.derstandard.at/story/2000122523625/die-schweiz-beginnt-aufarbeitung-illegaler-adoptionen-aus-sri-lanka?ref=rss


+++GASSE 2
«Aus den Augen, aus dem Sinn»: Basler Roma-Expertin über das Bettelverbot
Von Banden könne keine Rede sein. Dies sagt eine Basler Sozialarbeiterin in Rumänien. Sowohl Verbote wie auch Almosen griffen zu kurz.
https://telebasel.ch/2020/12/15/aus-den-augen-aus-dem-sinn-basler-roma-expertin-ueber-das-bettelverbot



derbund.ch 15.12.2020

Konkurrenzkampf auf der Strasse: Basel und seine Bettler

Seit  Monaten prägen Bettler aus Rumänien das Strassenbild in Basel. Im  Wahlkampf war das Thema sogar wichtiger als Corona. Helfer sind  überfordert und der Ruf nach einem Bettelverbot wird lauter.

Nina Jecker, Alessandra Paone

Es ist der letzte Sonntag im November. Der zentrale Marktplatz  in Basel ist praktisch leer. Vor dem Rathaus sitzt eine rumänische  Bettlerin in bunten Kleidern. Auf ihrem Schoss liegt eine  McDonald’s-Tüte, aus der sie immer wieder Pommes frites fischt.

Nur  wenige Meter vor der Frau steht der Basler Sicherheitsdirektor Baschi  Dürr und gibt Interviews. Das Volk hat ihn soeben abgewählt – im Januar  wird er seinen Platz räumen müssen. Schon bald wird vielleicht auch die  Bettlerin ihre Sachen packen müssen; es könnte der letzte Winter sein,  den sie in Basel verbringt. Am Mittwoch entscheidet das Kantonsparlament  darüber, ob das Bettelverbot, das seit dem 1. Juli nicht mehr gilt,  wieder eingeführt werden soll. Die Chancen stehen gut, dass das Anliegen  eine Mehrheit findet.

Es ist ein Erfolg für den freisinnigen Sicherheitsdirektor Dürr, der das Verbot nie aufheben wollte, der immer dagegen angekämpft hat, bis am Schluss.

Wahlkampfthema Nummer eins

Seit  letztem Sommer sind mehrere grosse Gruppen aus Osteuropa in Basel  unterwegs. Sie schlafen in den öffentlichen Parkanlagen, sitzen tagsüber  auf den Strassen, vor Läden und Restaurants. Die Anwohner und Gewerbler  beklagen sich, die Behörden suchen nach Lösungen, die  Hilfsorganisationen stossen an ihre Grenzen. Und die Politiker werden laut. Im Herbst waren die Bettler in Basel das Wahlkampfthema Nummer eins, noch vor Corona. Raus mit den Bettlern, rief die Rechte, und die Linke fragte: Habt ihr denn kein Herz? Elend überfordert.

Zu  Beginn der Adventszeit sind wieder vermehrt Menschen vor allem aus  Rumänien angereist. Die Polizei spricht von mehreren Dutzend Personen.  Einige wenige haben auch schon bei der Notschlafstelle angeklopft. Aber  für Auswärtige ist diese mit 40 Franken pro Nacht teuer, ausserdem muss  man sich nach einer Nacht bei der Sozialhilfe melden, damit der Bedarf  überprüft werden kann. Die meisten der Bettelnden möchten jedoch  vermeiden, dass ihre Daten erfasst werden, und bleiben deshalb höchstens eine Nacht dort.

Es ist Donnerstagmorgen Anfang Dezember. Mehrere Frauen sind am  Bahnhof SBB versammelt. Mit ihren Rollkoffern steigen sie ins Tram. Ihr  Alter ist unterschiedlich, ihre Kleidung einheitlich. Bunte, lange  Röcke aus glänzendem Stoff, Blusen, dünne Pullover, darüber eine leichte  Strick- oder Steppjacke. An den Füssen tragen sie trotz der eisigen  Kälte offene Sommerschuhe mit hohem Keilabsatz. Sie sprechen Rumänisch,  lachen. In der Innenstadt angekommen, steigt die Gruppe aus. Jede Frau  geht in eine andere Richtung, sucht sich einen Platz in der Stadt, wo  sie sich auf dem Trottoir zusammenkauern und um Kleingeld betteln wird.

«Frieren, jaja!», sagt eine Frau um die dreissig,  die noch Stunden später vor einer Migros-Filiale in der Kälte sitzt.  Eine knallrote Polyesterdecke soll sie vor Kälte und Schneeregen  schützen. Sie ist offenbar zusammen mit ihrem Mann und der  Schwiegermutter in einer grösseren Gruppe in die Schweiz gekommen. Für  mehr Informationen reichen ihre Deutschkenntnisse nicht aus. «Kinder,  jaja», sagt sie noch und lächelt. Sie zeigt immer wieder auf das  Kartonschild auf ihrem Schoss: «Bitte Geld für Essen. Hunger», steht da.  Dann verschliesst sich ihr Blick. Sie will nicht reden, sondern nur ein  bisschen Geld verdienen.

Nur begrenzte Hilfe für «Touristen»

Seit  dem Wintereinbruch suchen die Bettler vermehrt Schutz und Wärme bei  Basler Hilfsorganisationen. Etwa beim Tageshaus an der Wallstrasse, wo  sich Obdachlose tagsüber waschen und zu einem bezahlbaren Preis essen  können. Dieses Angebot ist aber eigentlich für Menschen mit einer  Aufenthaltsbewilligung in der Nordwestschweiz gedacht. Auswärtige  bekommen den Status «Tourist» verpasst, der nur zu begrenzter Hilfe  berechtigt. Von den Osteuropäern durften rund 30 Personen an zwei  verschiedenen Tagen die Dusche benutzen. «Wir haben sie dann darauf  aufmerksam gemacht, dass sie das Tageshaus ohne Aufenthaltsbewilligung  nicht weiter nutzen können», sagt Leiter Paul Rubin.

Claudia Adrario de Roche von der Wärmestube Soup&Chill hinter dem Bahnhof hat seit  einigen Wochen immer wieder mit den Bettlerinnen und Bettlern aus  Rumänien zu tun. Sie holen sich warme Kleider und Schlafsäcke. «Der  Hygienezustand der Menschen ist sehr schlecht, das macht selbst den  Aufenthalt in niederschwelligen Institutionen problematisch», sagt sie.  Es brauche dringend einen Ort, an dem sie duschen und auch ihre Wäsche waschen könnten. Im  Soup&Chill ist das nicht möglich, dort gibt es aber zwischen 17 und  21 Uhr einen warmen Platz, dazu gratis heisse Getränke, Brot, Früchte  und Suppe.

Man versuche, diese Menschen so zu behandeln wie andere Gäste auch, sagt Adrario de  Roche. Die Hausregeln würden «im Dauerteaching» wiederholt. Sexismus,  Rassismus und Gewalt sind verboten, ausserdem gelten die  Corona-Massnahmen. Insgesamt sei die Gruppe lernbereit. Ausserdem  schauten die älteren unter ihnen selber nach dem Rechten, um die  Verpflegungsmöglichkeit nicht durch schlechtes Benehmen eines Mitglieds  zu verlieren. «Wir versuchen aber, nicht aus den Augen zu verlieren, dass ‹unsere Gäste›, darunter viele  ältere Menschen, sich nicht bedrängt und verdrängt fühlen», sagt Adrario  de Roche.

Die Art der Rumänen war auch für die Stammgäste im Tageshaus ungewohnt. «Sie wirken unfreundlich, sehr fordernd und laut», sagt Leiter Paul Rubin. Ausserdem würden sie meist in grösseren Gruppen auftreten und den Aufenthaltsort vereinnahmen. «Dass daraus ein Konfliktpotenzial entstehen kann, erklärt sich von selbst.»

Konkurrenzkampf zwischen Bettlern

Betteln  kann auch zu Spannungen führen. «Da es momentan mehr bettelnde Menschen  in der Stadt hat, ist der Konkurrenzkampf härter geworden», sagt  Manuela Jeker vom Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter. «Denn es wird  ja nicht mehr Geld verteilt.» Die Gruppen aus Osteuropa würden sich  aber nicht gross mit Menschen aus Basel mischen, es gebe daher wenig  Konflikte.

Das Team vom Schwarzen Peter ist oft unterwegs und erlebt die Betroffenen sehr offen. «Meist haben wir eine  Übersetzerin dabei, die Rumänisch spricht und sowohl die sprachliche als  auch die kulturelle Übersetzung leistet. Das ist sicher ein Türöffner»,  sagt Jeker. Bei diesen Gesprächen habe man viel über diese Menschen  erfahren. Es handle sich um Familien, die bettelnd oder musizierend  durch Europa reisen. «Das ist ihr Beruf.» Das erbettelte Geld würden die  Männer und Frauen den Daheimgebliebenen bringen, damit die dort ihr  Leben bestreiten können. Dazu gehörten die Kinder, die meist bei den Grosseltern lebten. «Der Bettelboss, der Menschen auf die Strasse zwingt und das gesamte Geld einsackt, ist hingegen ein Mythos», sagt Jeker.

Die  Berner Fremdenpolizei kam hingegen zu einem anderen Schluss. Weil wegen  der Personenfreizügigkeit die Zahl der Bettler in der Stadt stieg,  führte sie bereits vor Jahren eine  verdeckte Überwachung durch und erkannte hinter dem Betteln eine  «organisierte, ausbeuterische Struktur». Der Leiter des  Polizeiinspektorats der Stadt Bern, Alexander Ott, schilderte diese wie  folgt: die Bettler auf der Strasse, die Läufer, die ihnen das Geld  abnahmen und die Hintermänner, die das Geld von den Läufern  einkassierten.

Adrario  de Roche vom Soup&Chill spricht ihrerseits von «Familienverbänden  mit klar feststellbarer Hierarchie». Doch selbst wenn es ein Stück weit deren Lebensform sei, stosse sie jetzt  im Winter an ihre Grenzen und bringe die Menschen in Gefahr. «Wirklich  freiwillig setzt sich niemand im Winter auf einem Stück Karton auf die  Strasse.»

Helfer stossen an ihre Grenzen

Die  Mitarbeiter des Schwarzen Peter verteilen in den Parks und auf der  Strasse Outdoor-Material und warme Kleider. Sagen, wo es günstig etwas  zu essen gibt – der Verein leistet Überlebenshilfe.

Die  Basler Helfer stossen jedoch an ihre Grenzen. «Die Problematik der  bettelnden Personen aus Osteuropa zeigt uns direkt auf, dass wir mit  unserem Angebot nicht in der Lage sind, die europäische Armut zu  lindern», sagt Tageshaus-Leiter Paul Rubin. Claudia Adrario de Roche  wünscht sich «einen durchdachten und organisierten Umgang mit den  Menschen, der unbedingt auch zu den Botschaften ihrer Herkunftsländer führen muss». Sie spielt auf das Modell des Kantons Bern an. Dieses setzt weniger auf Verbote, vielmehr wendet es die bestehenden Gesetze konsequent an, auch mit dem Ziel, den Menschenhandel zu bekämpfen und den Menschen nachhaltig zu helfen.

In  Basel ist es inzwischen dunkel geworden. Die Bettler packen ihr  Kleingeld und die dünnen Decken ein und verschwinden in Richtung  Bahnhof. Dort versammeln sie sich mit ihren Rollkoffern, bevor sie sich  einen Schlafplatz suchen. Vor Wind und Regen geschützt, so gut es geht. Es werden Minusgrade erwartet in dieser Nacht.



Betteln – das gilt in der Schweiz

In  zwölf Kantonen ist Betteln mit Ausnahmen erlaubt. In Bern werden  Bettler bei Verdacht auf bandenmässiges Vorgehen kontrolliert. Die  Bettelnden aus Osteuropa werden ausserdem an ihre Botschaften verwiesen.  Die Bevölkerung wird aufgefordert,  kein Geld zu geben. Dieses «Berner Modell» ohne Verbot gilt als  erfolgreich. Im Kanton Zürich ist man strenger. Dort ist das Betteln auf  dem gesamten Kantonsgebiet verboten. Auf eine Zunahme professioneller  Bettler haben die Zürcher Behörden mit  Repression reagiert. Der Kanton Waadt war 2018 der vorerst letzte  Kanton, der ein Bettelverbot eingeführt hat. In diesem Fall ist eine  Beschwerde vor dem Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg hängig. In  der Zwischenzeit diskutieren die Basler, die das Bettelverbot  vergangenen Juli aufgehoben haben, über «ihr» Bettlerproblem. Noch in  dieser Woche dürfte der Basler Grosse Rat darüber entscheiden, ob Betteln wieder verboten werden soll. (ni/ale)
(https://www.derbund.ch/basel-und-seine-bettler-146380954823)