Medienspiegel 24. November 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++AARGAU
Corona-Quarantäne – Zaun um Asylunterkunft: Zu viel oder nötig?
In der Aargauer Gemeinde Möhlin mussten 22 Asylsuchende in Quarantäne. Die Gemeinde baute einen Zaun um ihre Unterkunft.
https://www.srf.ch/news/schweiz/corona-quarantaene-zaun-um-asylunterkunft-zu-viel-oder-noetig


Mohamad Daud: «Ich will endlich den Status F loswerden»
Der Verein map-F will mit dem Projekt «Leben als Vorläufige» die Schicksale von Menschen mit Status F sichtbar machen. Tsüri.ch darf vorab das Portrait über den Syrer Mohamed Daud, der als vorläufig Aufgenommener im Kanton Zürich lebt, publizieren.
https://tsri.ch/zh/mohamad-daud-ich-will-endlich-den-status-f-loswerden/


+++SCHWEIZ
Vernachlässigtes Kindeswohl – neuer Fachbericht
Der neue Fachbericht der SBAA widmet sich dem Kindeswohl und den Kinderrechten in asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren und schlägt zu den aktuellen Problemen konkrete Lösungen vor.
https://beobachtungsstelle.ch/news/vernachlaessigtes-kindeswohl-minderjaehrige-in-asyl-und-auslaenderrechtlichen-verfahren/
-> https://www.facebook.com/173642280016110/posts/674855713228095/
-> https://www.tagesanzeiger.ch/kindeswohl-wird-in-asylverfahren-vernachlaessigt-320270995156
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/beobachtungsstelle-fordert-staerkere-beruecksichtigung-von-kindern-in-asylverfahren-ld.2067276


+++DEUTSCHLAND
Mehrfachdiskriminierung von Flüchtlingen: „Frauen in Lagern extrem gefährdet“
Isolation, Sexismus, Vergewaltigungen: Elizabeth Ngari von „Women in Exile“ erklärt, warum sie am Mittwoch in Eisenhüttenstadt protestieren.
https://taz.de/Mehrfachdiskriminierung-von-Fluechtlingen/!5727323/


+++FRANKREICH
Räumung eines Flüchtlingscamps in Paris: Mit Schlagstock und Granaten
Mit brutaler Gewalt löst die Polizei in Frankreich ein Camp im Zentrum der Hauptstadt auf. Für den Innenminister kommt der Fall zur ungelegenen Zeit.
https://taz.de/Raeumung-eines-Fluechtlingscamps-in-Paris/!5731311/
-> https://www.spiegel.de/politik/ausland/paris-polizei-setzt-traenengas-bei-raeumung-von-fluechtlingslager-ein-a-a4803468-1fce-4b3b-a9b7-1a333aa45f6f
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1144818.frankreich-polizei-raeumt-fluechtlingslager-im-zentrum-von-paris.html
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-11/paris-polizei-traenengas-fluechtlingslager-raeumung-aktivismus-place-de-la-republique
-> https://www.heise.de/tp/features/Obdachlose-Migranten-demonstrieren-die-Polizei-raeumt-auf-4970141.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/391263.repression-nacht-der-schande.html
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/zeltcamp-in-paris-gewaltsam-geraeumt-polizei-in-erklaerungsnot?urn=urn:srf:video:61fab256-06b2-4d74-8738-4d6013c9d8dc


+++BALKANROUTE
Kroatien: Pushbacks im Interesse der EU?
Gewalt gegen Flüchtlinge, Pushbacks, systematische Missachtung der Menschenrechte – es gibt viele Berichte, die das als gängige Praxis der kroatischen Polizei an der Grenze zu Bosnien beschreiben.
https://www.dw.com/de/kroatien-pushbacks-im-interesse-der-eu/a-55702940


+++EUROPA
Keine Waffen für Frontex
Die neue Frontex-Verordnung[1] bestimmt den Aufbau einer „Ständigen Reserve“ („Standing Corps“), die bis 2027 aus 10.000 Polizist*innen für Kurz- und Langzeiteinsätze bestehen soll. Die meisten Einsatzkräfte werden wie bislang üblich aus den Mitgliedstaaten entsandt, 3.000 von ihnen unterstehen aber als „Kategorie 1“ direkt dem Hauptquartier in Warschau. Sie sollen zum 1. Januar 2021 abrufbereit sein.
https://www.cilip.de/2020/11/24/keine-waffen-fuer-frontex/


++++MITTELMEER
Frontex in der Ägäis: Die Pushback-Agentur
Die Grenzschutzagentur Frontex – an der sich auch die Schweiz beteiligt – macht sich an den EU-Aussengrenzen zur Komplizin bei schweren Menschenrechtsverletzungen. Die interne Kontrolle der Organisation greift nicht – und eine externe existiert nicht.
https://www.woz.ch/2047/frontex-in-der-aegaeis/die-pushback-agentur


+++FREIRÄUME
Weststrasse: Ein Gentrifizierungsspaziergang
Die Weststrasse steht für die wohl schnellste und umfassendste Aufwertung eines Quartiers, die Zürich je erlebt hat. Wie eine Durchgangsstrasse zur Yuppie-Meile wurde, haben wir auf einem Gentrifizierungsspaziergang miterlebt.
https://tsri.ch/zh/weststrasse-gentrifizierung-aufwertung-monika-streule-eth-stadtforscherin-stadtplanung/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Was ist los in dieser Stadt? Der Tag im November, der Basel nicht mehr loslässt
Eine Frau soll acht Monate ins Gefängnis, weil sie an einer Demonstration war, die eskalierte. Wie eine Prozessreihe in Basel den Rechtsstaat Schweiz auf den Prüfstand stellt. Der Basel-Report, Teil 1.
https://www.republik.ch/2020/11/24/der-basel-report-teil-1-der-tag-im-november-2018-der-basel-nicht-mehr-loslaesst


Wie in Basel Demonstrieren gefährlich wurde
Vor zwei Jahren organisierte die Pnos auf dem Messeplatz eine Kundgebung. Seither hagelt es Urteile. Vor Gericht: Linke Demonstrant*innen. Bajour hat die Ereignisse eng begleitet. Zeit für eine Vogelschau in Zusammenarbeit mit der Republik. Teil 1.
https://bajour.ch/a/rAoMw2MjIQelfxCB/


+++REPRESSION DE
»Allein machen sie dich ein«
Der anstehende G-20-Prozess richtet sich auch gegen eine engagierte Gewerkschaftsjugend. Ein Gespräch mit Carlotta Grohmann
https://www.jungewelt.de/artikel/391267.g-20-prozess-allein-machen-sie-dich-ein.html


Die linksextreme Szene wird gefährlicher
Gewalttaten von Linksextremen gegen Sachen und Menschen nehmen deutlich zu. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz spricht man von „Enthemmung“ und einer sich zuspitzenden Dynamik.
https://www.sueddeutsche.de/politik/linksextremismus-gewalt-verfassungsschutz-1.5124613
-> https://www.tagesschau.de/wirtschaft/linksextremismus-111.html


+++WEF
Folgen des Wirtschaftsforums für die Stadt Luzern: Spontane WEF-Demos könnten zum Pulverfass werden
Im Hinblick aufs WEF auf dem Bürgenstock beschäftigen sich Politiker von links bis rechts mit den Sicherheitsfragen, die der Anlass mit sich bringt. Auch in der Stadt Luzern. Etwa bei Demonstrationen.
https://www.zentralplus.ch/spontane-wef-demos-koennten-zum-pulverfass-werden-1945705/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/luzern-verzichtet-auf-demonstrationsverbot-waehrend-des-wef-ld.2067713


+++KNAST
Gerichtshof für Menschenrechte – Haftbedingungen im Genfer Gefängnis Champ-Dollon sind zulässig
Einem Gefängnisinsassen standen 98 Tage weniger als 4 Quadratmeter zur Verfügung. Doch der EGMR weist die Beschwerde ab.
https://www.srf.ch/news/schweiz/gerichtshof-fuer-menschenrechte-haftbedingungen-im-genfer-gefaengnis-champ-dollon-sind-zulaessig
-> Urteil: https://hudoc.echr.coe.int/app/conversion/pdf?library=ECHR&id=003-6862806-9199295&filename=Judgment%20Bardali%20v.%20Switzerland%20-%20conditions%20of%20detention%20in%20Champ-Dollon%20prison%3A%20no%20violation%20of%20the%20Convention%20.pdf


+++BIG BROTHER
Das Haar des Mörders als Fahndungshilfe – Echo der Zeit
Ein Mord, eine Vergewaltigung, eine Entführung – und keine Spur. Dann könnte vielleicht eine sogenannte erweiterte DNA-Analyse weiterhelfen. Auch in der Schweiz soll diese neue Analyse möglich werden. Allerdings mit hohen Hürden.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/das-haar-des-moerders-als-fahndungshilfe?id=90ed182b-1d79-4e52-9578-b64c22c9a423
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/loest-gesetzesaenderung-den-vergewaltigungsfall-von-emmen-139984908
-> https://www.20min.ch/story/trotz-dna-gesetz-kein-genaues-phantombild-im-fall-emmen-moeglich-355325843689



derbund.ch 24.11.2020

Gesetzesänderung vorgesehenMit DNA-Merkmalen auf Verbrecherjagd

Wissenschaftler können Erbgut auf Merkmale wie Haar-, Haut- oder Augenfarbe hin analysieren. Bald sollen auch Ermittler in der Schweiz mit dieser Methode arbeiten dürfen.

Claudia Blumer

Der Wendepunkt war ein Sommerabend 2015 im luzernischen Emmen. Eine junge Frau wurde auf dem Nachhauseweg vom Fahrrad gerissen, vergewaltigt und verletzt liegen gelassen. Seither ist sie querschnittgelähmt. Die Ermittler der Kantonspolizei stellten die DNA des Täters sicher, glichen sie mit der Datenbank Codis ab, ein Treffer blieb aus. Auch ein Massentest bei über 300 Männern mit Bezug zum Tatort lieferte keinen Treffer.

Damit hatten die Strafverfolgungsbehörden ihre Mittel ausgeschöpft. Eine weitere Möglichkeit, nämlich mittels äusserlicher Merkmale, auf welche die DNA hindeutet, gezielt nach dem Täter zu suchen, ist in der Schweiz nicht erlaubt. Europaweit ist dies nur in den Niederlanden, in der Slowakei sowie mittlerweile auch in Deutschland zulässig.

Gesetz kommt vor Weihnachten ins Parlament

Bald dürfte es aber auch in der Schweiz so weit sein. In den nächsten Wochen verabschiedet der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des DNA-Profil-Gesetzes zuhanden des Parlaments. Das bestätigt das zuständige Bundesamt für Polizei. Der genaue Inhalt der Gesetzesänderung ist noch nicht bekannt. Vorgesehen ist aber, dass Ermittler bei schweren Verbrechen künftig mit DNA-Merkmalen arbeiten dürfen.

Mit der Frage, welche Chancen und Risiken die Methode mit sich bringt, befasst sich eine am Dienstag publizierte Studie der Stiftung TA-Swiss für Technologiefolgen-Abschätzung. Ein ausführliches Kapitel der Studie ist der Forensik gewidmet – hier hat die Wissenschaft in den vergangenen zehn Jahren rasante Fortschritte gemacht, und es wird eine weiterhin dynamische Entwicklung des Wissensstands erwartet.

Heute können Merkmale wie Augen-, Haar- oder Hautfarbe mit einiger Treffsicherheit anhand von DNA-Spuren ermittelt werden. Sicher ist so ein Ergebnis nie, doch es gibt Durchschnittswerte zur Treffsicherheit. So können rote Haare etwa mit einer durchschnittlichen Treffsicherheit von 93 Prozent festgestellt werden, braune Haare mit einer solchen von 74 Prozent. Das heisst umgekehrt aber auch: Die Täterbeschreibung könnte irreführend sein.

Auch bei den Augenfarben gibt es Unterschiede. Auf blaue und braune Augen wird treffsicherer geschlossen als auf grüne oder graue. Weitere Merkmale wie Haarwuchs, Kopfform, Formen von Gliedmassen, Körpergrösse oder geografische Herkunft werden derzeit noch weniger treffsicher vorhergesagt. Doch das kann sich bald ändern.

Mit Bedacht anwenden

Datenschützerische oder ethische Bedenken zielen darauf ab, dass bei der Tätersuche ganze Gruppen in Verdacht oder auch Unschuldige zu Unrecht in den Fokus der Ermittler geraten könnten. Laut Markus Zimmermann, Ethiker an der Universität Freiburg und Mitglied der Begleitgruppe der TA-Swiss-Studie, spricht dies aber nicht grundsätzlich gegen die Anwendung. «Ethisch gesehen ist es relativ einfach», sagt Zimmermann: «Die Ermittler arbeiten heute mit Merkmalen wie Fingerabdrücke und Phantombilder. Das alles kann bei falscher Anwendung problematisch sein. Dasselbe gilt auch für die DNA-Phänotypisierung.» Will heissen: Wenn die Ermittler diese neue Methode mit Bedacht anwenden, spricht ebenso wenig gegen sie wie gegen andere Methoden.

Nicht nur können ganze Gruppen zu Unrecht in Verdacht geraten – auch das Gegenteil ist möglich, wie ein Beispiel aus den Niederlanden zeigt. Dort wurde im Sommer 1999 ein 16-jähriges Mädchen vergewaltigt und ermordet. In der Nähe des Tatorts befand sich eine Asylunterkunft, deren Bewohner danach unter Generalverdacht standen. Mittels DNA-Spuren konnte schliesslich festgestellt werden, dass der Täter mit grosser Wahrscheinlichkeit aus Nordwesteuropa stammt.

Parlament und Bundesrat wollen Gesetzesänderung

Die in der Schweiz geplante Gesetzesänderung geht auf den erwähnten Fall in Emmen zurück. Monate nach der Tat reichte der damalige Luzerner Nationalrat Albert Vitali (FDP), der diesen Sommer gestorben ist, eine Motion ein mit dem Titel «Kein Täterschutz für Mörder und Vergewaltiger». Bei schwerwiegenden Straftaten sollen Strafverfolgungsbehörden anhand persönlicher Merkmale aus DNA-Auswertung gezielt nach dem Täter suchen können. National- und Ständerat überweisen die Motion diskussionslos, der Bundesrat befürwortete sie ebenfalls. Noch Anfang der Nullerjahre führten datenschützerische Bedenken zum gegenteiligen Entscheid. Emmen war der Wendepunkt.

Der Täter von Emmen ist bis heute unbekannt, die Staatsanwaltschaft hat den Fall sistiert. Sie will ihn aber wieder aufnehmen, sobald das Gesetz in Kraft ist und sofern die Verwendung von DNA-Auswertungen auch rückwirkend erlaubt sein wird. Schätzungsweise wird das 2022 oder 2023 der Fall sein.
(https://www.derbund.ch/mit-dna-merkmalen-auf-verbrecherjagd-486876028149)


+++POLIZEI AG
Brauchen Polizisten Elektroschockpistolen?
Nach der tödlichen Schussabgabe in Suhr wird die Forderung laut, dass auch Aargauer Polizisten mit Elektroschockpistolen ausgestattet werden. Die sogenannten Taser sind jedoch umstritten. Wann machen sie Sinn und in welchem Fall bestehen Risiken? Experten geben Antworten im TalkTäglich.
https://www.telem1.ch/talktaeglich/brauchen-polizisten-elektroschockpistolen-139798590


+++POLICE FR
nzz.ch 24.11.2020

In  Frankreich schockieren erneut die Bilder eines Polizeieinsatzes – doch  solche Aufnahmen könnten bald unter Strafe gestellt werden

Seit  Tagen debattiert Frankreich über ein neues Sicherheitsgesetz, das das  Recht, Polizisten im Einsatz zu filmen, einschränken soll. Nun sind in  der Nacht auf Dienstag Bilder eines Polizeieinsatzes in Paris publik  geworden, die in ihrer Brutalität schockieren.

Nina Belz, Paris

Mitten  in Paris haben sich am Montagabend verstörende Szenen abgespielt.  Polizisten haben mit zum Teil augenscheinlicher Gewalt ein Zeltlager von  Migranten an der Place de la République geräumt. Diese hatten sich dort  einige Stunden zuvor auf die Initiative von Hilfsorganisationen  niedergelassen. Die Aktivisten wollten damit darauf aufmerksam machen,  dass seit der jüngsten Räumung eines grossen Flüchtlingslagers mit  mehreren tausend Bewohnern nördlich von Paris vergangene Woche rund 1000  Personen ohne Behausung durch die Stadt irren.

Die  Beamten liessen sie allerdings nicht lange gewähren. Sie schüttelten  die mehrheitlich jungen Männer zum Teil regelrecht aus ihren Zelten und  beschlagnahmten diese. Anschliessend scheuchten sie die schätzungsweise  500 Personen zum Teil unter Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken bis  an den Stadtrand. Einzelne Journalisten und Anwälte berichteten davon,  wie sie von der Polizei körperlich angegangen wurden, als sie sich  Zugang zum Ort des Geschehens verschaffen wollten.

    — Remy Buisine (@RemyBuisine) November 23, 2020La police poursuit les réfugiés et utilise des gaz lacrymogènes. #Republique http://pic.twitter.com/votVBBV0F2

Schutz der Polizisten auf Kosten der Pressefreiheit?

Reporter  und Aktivisten hatten Videos der Ereignisse ins Internet gestellt, wo  sie grosse Empörung auslösten und selbst einzelne Regierungsmitglieder  dazu bewegten, sich davon zu distanzieren. Auch Innenminister Gérald  Darmanin nannte die Bilder «schockierend». Er ordnete eine interne  Untersuchung an und verlangte eine Stellungnahme der zuständigen  Polizeipräfektur. Der Vorfall ist nicht allein heikel, weil er einmal  mehr die fragwürdige Asylpolitik Frankreichs und die bisweilen  unzimperliche Vorgehensweise der Polizei an die Öffentlichkeit zerrt.

Seit  Tagen wird im und ausserhalb des Parlaments über ein neues  Sicherheitsgesetz gestritten, das die Zusammenarbeit zwischen Polizei,  Gendarmerie, privaten Sicherheitsfirmen und einer Gemeindepolizei klarer  strukturieren soll. Es enthält allerdings auch einen Artikel, der unter  anderem die Verbreitung von Videoaufnahmen von Polizisten unter Strafe  stellen soll, wenn diese darauf abzielt, «den Beamten in ihrer  physischen und psychischen Integrität zu schaden».

Darmanin,  der das Gesetz entworfen hatte, argumentierte mit der Notwendigkeit,  die Beamten besser vor Diffamierungskampagnen im Internet zu schützen.  Doch nicht nur Journalistenverbände, Menschenrechtler und die politische  Opposition protestierten in den letzten Tagen auf der Strasse sowie  schriftlich dagegen. Auch von Juristen sowie aus der Macron-Partei La  République en marche (LREM) kamen Bedenken, der Artikel gefährde die  Presse- und Informationsfreiheit. Gerade im Rahmen der  Gelbwestenproteste wurden viele Fälle von unverhältnismässiger  Polizeigewalt allerdings erst durch Reporter und soziale Netzwerke  publik gemacht und anschliessend zum Teil juristisch untersucht.

Die  Regierung krebste daraufhin zurück und nahm Änderungen am  Gesetzesvorschlag vor: Mit bis zu einem Jahr Gefängnis und 45 000 Euro  Busse bestraft werden sollen besagte Filmaufnahmen der Polizei nur, wenn  sie «in der nachweisbaren Absicht», den Beamten zu schaden, gemacht  würden. Zudem müsse das Recht zu informieren gewahrt bleiben. Wie das  nachgewiesen werden soll, bleibt unklar. Medienvertreter befürchten,  dass insbesondere die Live-Berichterstattung dadurch eingeschränkt  werden könnte, wenn sich die Beamten direkt gefährdet sehen.

Auch parteiinterne Opposition

Die  Vorfälle in Paris haben die Debatte über die Sinnhaftigkeit des  Artikels zur Verbreitung von Filmaufnahmen zwar neu befeuert – nicht  zuletzt in den Reihen von LREM. Am frühen Dienstagabend wurde das  Sicherheitsgesetz in der Assemblée nationale dennoch von einer Mehrheit  der Abgeordneten angenommen. Regierungschef Jean Castex verteidigte vor  dem Votum einen «exzellenten» Gesetzestext, der in keiner Weise darauf  abziele, die Presse- oder Meinungsfreiheit einzuschränken. Er stellte  aber in Aussicht, das Verfassungsgericht mit der Prüfung des  umstrittenen Artikels zu beauftragen.

Die  Abstimmung vom Dienstag ist erst eine erste Hürde im parlamentarischen  Prozess. Als Nächstes wird das Gesetz im Senat besprochen, bevor die  vorgenommenen Änderungen der Nationalversammlung erneut vorgelegt  werden.
(https://www.nzz.ch/international/frankreich-neues-sicherheitsgesetz-gefaehrdet-pressefreiheit-ld.1588571)
-> https://www.djv.de/startseite/service/blogs-und-intranet/djv-blog/detail/news-kamerascheue-polizei


+++RECHTSEXTREMISMUS
Un groupe de néonazis s’est formé en Valais
Un groupe de supporters du stade de Tourbillon qui faisait des combats en forêt a été noyauté par des néonazis.
https://www.lematin.ch/story/un-groupe-de-neonazis-sest-forme-en-valais-985349741197


Nazi-Band „Erschießungskommando“: Wer steckt dahinter? | STRG_F
Die Titel ihrer Tracks lauten „Hängt sie auf“, „Gaskammerlüge“, „Die Folterbank“, „Ab in den Ofen“. Die Nazi-Band „Erschießungskommando“ verbreitet Hass, Hetze und Aufrufe zum Mord an politischen Gegner:innen. So wird etwa Katharina König-Preuss, Landtagsabgeordnete der LINKEN in Thüringen in Songs der Band bedroht. Ihre Fraktion hat Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Unbekannt, weil niemand so genau weiß, wer die Band ist. „Erschießungskommando“ tritt nicht öffentlich auf, die Band verwischt ihre Spuren, Bilder zeigen die Bandmitglieder nur mit Sturmmasken. Doch es gibt Gerüchte. STRG_F-Reporter Timo und Sebastian gehen diesen Gerüchten und eigenen Hinweisen nach und fragen: Wer steckt unter den Sturmmasken? Wer ist die Band und warum können die weiter ihre Hass-Musik produzieren und verbreiten?
https://youtu.be/OFXxtvKW4ok
-> https://twitter.com/KatharinaKoenig/status/1331292846331138053


Incels – Männer zwischen Frauenhass und Terrorismus
Incels – Involuntary Celibates – sind Männer, die unfreiwillig im Zölibat leben und in Onlineforen ihren Hass auf Frauen ausleben. Veronika Kracher hat zwei Jahre lang die toxische Ideologie dieser Subkultur untersucht.
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/incels-involuntary-celibates-100.html


Re: Militant und rechtsextrem – Der III. Weg und die Neonazi-Szene
Kaum eine rechtsextremistische Gruppe agitiert so offen gegen die Demokratie wie die Partei „Der III. Weg“. Viele ihrer Mitglieder stammen aus dem gewaltbereiten Spektrum, warnen die Verfassungsschutzbehörden. Diese Reportage zeigt, wie die Rechtsextremisten agieren und wie sie neue Anhänger zunehmend auch in Westdeutschland rekrutieren.
https://www.arte.tv/de/videos/098419-001-A/re-militant-und-rechtsextrem/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Dreiländergarten: Mehrere Querdenken-Bewegungen wollen in Weil demonstrieren
Mehrere Initiativen aus Süddeutschland, der Schweiz und Frankreichen wollen in Weil am Rhein demonstrieren. Eine Anmeldung ist bei der Stadt eingegangen.
https://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/mehrere-querdenken-bewegungen-wollen-in-weil-demonstrieren


Polizei stürmt Wohnung von Corona-Kritiker während Livestream
Ein deutscher Youtuber war gerade live auf Youtube, als die Polizei seine Tür einbrach. Mit Maschinenpistolen bewaffnet, stürmten sie vor laufender Kamera in seine Wohnung.
https://www.20min.ch/story/polizei-stuermt-wohnung-von-corona-kritiker-waehrend-livestream-812188919702


Feindesliste von Corona-Protestierenden: „So bisher nicht gekannt“
In einer Chatgruppe von Coronaverharmlosern taucht eine Feindesliste auf. Experten warnen vor dem Antisemitismus der Bewegung.
https://taz.de/Feindesliste-von-Corona-Protestierenden/!5727335/


Radikalisierung der Corona-Proteste: „Es entstehen Gegengemeinschaften zur Politik“
Rechtsextreme Tendenzen werden in der Corona-Protestbewegung stärker, sagt der Jenaer Forscher Matthias Quent. Dabei bilde Antisemitismus den Kitt zwischen den unterschiedlichen Gegnern der Corona-Politik.
https://www.tagesschau.de/inland/interview-quent-101.html


Antisemitismus verbindet
Regierungsbeauftragter und Amadeu Antonio Stiftung warnen vor Protesten
Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, und Anetta Kahane, die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, sehen in den Querdenken-Demonstrationen eine wachsende Gefahr.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1144826.corona-und-soziale-folgen-antisemitismus-verbindet.html
-> https://www.tagesschau.de/inland/antisemititsmus-querdenken-101.html



derbund.ch 24.11.2020

Spenden für «Querdenker»: Wie man mit Corona-Demos Geld scheffelt

Die  Führungsfiguren der deutschen «Corona-Rebellen» bitten bei ihren  Anhängern um Spenden. Was sie mit dem vielen Geld anstellen, weiss  niemand.

Dominique Eigenmann aus Berlin

Der Tag,  an dem Michael Ballweg merkte, welche Goldader er da angestochen hatte,  kam gegen Ende Mai. Kurz zuvor hatte der 46-Jährige auf einer seiner  Stuttgarter «Querdenken»-Demos gegen die Corona-Politik zu Spenden  aufgerufen. Eine Veranstaltungsfirma, mit der «Querdenken»  zusammenarbeite, sei von einem Brand betroffen gewesen, sagte Ballweg  auf der Bühne, und brauche dringend Geld.

Innert  Tagen kamen damals 225’000 Euro zusammen. Drei Tage später schaltete  der IT-Unternehmer prompt einen neuen Onlineaufruf. Man solle doch bitte  «Querdenken» unterstützen, indem man der Bewegung Geld spende – und gab  der Einfachheit halber gleich seine private Kontonummer an.

Steuerfrei, nicht anzeigepflichtig

Bis  heute bittet der «Querdenken»-Gründer seine Anhänger um Geld. Nach  Informationen der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» verlangt er  von lokalen Veranstaltern überdies Beiträge für die Benutzung des Namens  «Querdenken». Wie viel Geld dabei zusammenkommt und wofür er die Mittel  verwendet, sagt Ballweg nicht. Dafür weist er detailliert darauf hin,  dass Schenkungen bis 19’999 Euro weder anzeige- noch steuerpflichtig  seien. Spendenquittungen könne man hingegen keine ausstellen.

Ballwegs  Bewegung, die seit Monaten überall in Deutschland Dutzende von  Corona-Protesten mit Zehntausenden von Menschen veranstaltet, ist bis  heute rechtlich weder eine Partei noch ein Verein. Finanziell hat das  handfeste Vorteile, weil Vereine und Parteien über ihre Geldflüsse  regelmässig Rechenschaft ablegen müssen. Seit Wochen behauptet der  Gründer, er wolle «Querdenken» demnächst als gemeinnützige Stiftung  anmelden – eine Rechtsform, bei der die Rechenschaftspflichten ebenfalls  eher gering wären. Experten zweifeln aber daran, dass dies rechtlich  möglich ist.

Auch die meisten anderen Anführer der deutschen «Corona-Rebellen» haben aus ihrem Protest längst ein  Geschäftsmodell und aus ihrer Mission einen Beruf gemacht. Der  Sinsheimer Arzt Bodo Schiffmann etwa tingelt in einem doppelstöckigen  Luxusbus quer durch Deutschland, predigt Widerstand und bettelt seine  Fans um einen «Solidaritäts»-Obolus an. Der Berliner Vegankoch Attila  Hildmann verbindet seine antisemitischen Verschwörungsreden mit  Aufrufen, seine Energydrinks, veganen Burger sowie obskure  «Siegfried-Taler» zu kaufen.

Abos für 4,99 € – und ein Aluhut dazu

Neurechte  Internet-Propagandisten wie Ken Jebsen, Oliver Janich oder Heiko  Schrang verdienen ihr Geld mit Videos gegen die «Corona-Lügen», die  hunderttausendfach geklickt werden. Kasse machen sie mit  Abonnementsmodellen zu 4,99 oder 5,99 Euro sowie mit Anzeigen. Der  Leipziger Rechtsanwalt Ralf Ludwig wiederum nimmt viel Geld mit  Musterklagen und -anträgen ein, die «Rebellen» tausendfach gegen  Behörden und Polizisten einreichen.

Rund  um die Proteste hat sich ein umfassendes Merchandising-Geschäft  aufgebaut, in dem Pullover, T-Shirts, Masken, Mützen, Aluhüte,  Schutzamulette, Aufkleber oder Fahnen verkauft werden – aber auch Zelte,  Rucksäcke und Überlebensgeräte für jene «Querdenker», die glauben, die  Apokalypse stehe kurz bevor.

Busunternehmen kassieren ab

Mit  den Corona-Demos verdienen zudem Firmen Geld, deren Geschäfte in der  Pandemie zusammengebrochen sind: professionelle Veranstalter und  Busunternehmer. Während die Veranstalter für Videoleinwände,  Lautsprecheranlagen, Stände und Klos sorgen, fahren Hunderte von Bussen  Tausende von Demonstranten zu überteuerten Preisen an die Protestplätze.  Allein bei der grossen «Querdenken»-Demo Ende August in Berlin nahmen  die Busbetreiber 300’000 Euro ein, sagen Branchenkenner.

Wie  viel Geld die Stars der «Corona-Rebellion» kassieren und wie sie es  verwenden, weiss niemand. Medien erhalten keine Auskunft, Recherchen  enden bei Tarnfirmen und Konten im Ausland. Die Verteilung der Gelder bei den «Querdenkern» sei «maximal intransparent», sagen Experten.

Neue  Einsichten gibt es dafür bei einem anderen ungelösten Rätsel der  Corona-Proteste: Warum stammen eigentlich so viele «Rebellen» aus der  Region rund um Stuttgart sowie rund um Dresden?

Der  Göttinger Historiker Michael Lühmann glaubt, dass dies mit den  deutschen «Bible Belts» zu tun habe – Gegenden also, in denen wie im  Südosten der USA besonders viele bibeltreu-konservative Evangelikale  leben. Diese seien in Deutschland insbesondere in der Umgebung von  Stuttgart und auf der Schwäbischen Alb zu finden sowie im sächsischen  Erzgebirge und in Ostsachsen.

«Renitenz  und Protest» seien in diesen Gegenden «seit Jahren gereift», sagte  Lühmann kürzlich dem «Spiegel». Widerstand gegen die Obrigkeit und gegen  preussische Eliten gibt es in diesen Gegenden tatsächlich mindestens  seit dem 19. Jahrhundert. In jüngster Zeit entstanden hier neue  Protestbewegungen, die die Corona-Bewegung in gewisser Weise  vorwegnahmen: 2010 der Aufstand gegen den Tiefbahnhof Stuttgart 21, 2014  jener der «Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des  Abendlandes» (Pegida).

Grosse Nähe zur AfD

Rund  um Stuttgart haben der tief verwurzelte Pietismus und die Bewegung der  Anthroposophen das ideologische Fundament gelegt, dass viele Menschen  der modernen Wissenschaft und der Medizin genauso misstrauen wie der  modernen Gesellschaft.

Nirgends ist auch die Impfbereitschaft so klein  wie hier.
Nirgends  ist wiederum die Sympathie für die Alternative für Deutschland grösser  als im Westen rund um Stuttgart und im Osten rund um Dresden. Die  Anziehung ist gegenseitig. In einer Umfrage des ZDF meinten kürzlich 54  Prozent der AfD-Anhänger, sie hätten Sympathien für die Proteste gegen  die Corona-Politik der Regierung. Bei den Christdemokraten sagten dies  nur 5 Prozent, bei den Grünen 3 Prozent.
(https://www.derbund.ch/wie-man-mit-corona-demos-geld-scheffelt-563814121580)



Falsche NS-Vergleiche und gefährlicher Opfermythos
Corona-Leugnerin vergleicht sich mit NS-Widerständlerin, Islamophobie-Forscher vergleicht Razzia mit NS-„Kristallnacht“
https://www.derstandard.at/story/2000121959312/falsche-ns-vergleiche-und-gefaehrlicher-opfermythos?ref=rss



nzz.ch 24.11.2020

Mal wieder die Juden: wenn sich Corona-Skeptiker zu Opfern stilisieren und damit die Nationalsozialisten verharmlosen

Teilnehmerinnen  haben sich bei Protesten gegen die staatlichen Pandemie-Massnahmen mit  Sophie Scholl und Anne Frank verglichen. Diese Verharmlosungen  beobachtet Deutschlands Antisemitismus-Beauftragter mit Sorge.

Anna Schneider, Berlin

An  diesem Dienstag äusserte sich Deutschlands Antisemitismus-Beauftragter,  Felix Klein, zur wachsenden Gefahr von Antisemitismus in der  Corona-Skeptiker-Szene. Er bezog sich dabei auch auf Vorfälle, zu denen  es bei «Querdenken»-Demonstrationen gekommen war. Was man als einzelne  verwirrte Stimmen abtun könnte, besorgt Klein.

Die  Versuchung, bei Anti-Corona-Demonstrationen Aufmerksamkeit durch  Skandalisierung zu erheischen, sei sehr gross, sagte er. Bei Vergleichen  mit Vorgängen aus dem «Dritten Reich» erreiche man immer eine gewisse  Resonanz. «Die antisemitischen Motive sind zu attraktiv, als dass sie  nicht verwendet werden.»

Die gefühlte Sophie Scholl und die gefühlte Anne Frank

Am  vergangenen Samstag hatte eine junge Frau auf einer «Querdenken»-Bühne  in Hannover gesagt: «Ich fühle mich wie Sophie Scholl, da ich seit  Monaten aktiv im Widerstand bin, Reden halte, auf Demos gehe, Flyer  verteile und auch seit gestern Versammlungen anmelde.» Ein Ordner  unterbrach daraufhin ihre Ansprache. «Für so einen Schwachsinn mache ich  doch keinen Ordner mehr», sagte er und verliess wütend die Kundgebung.  Sophie Scholl und ihr Bruder Hans gehörten zur Widerstandsgruppe Weisse  Rose. Sie wurden 1943 von den Nationalsozialisten hingerichtet.

Eine  Woche davor hatte sich eine Elfjährige auf einer Querdenken-Bühne in  Karlsruhe mit Anne Frank verglichen, weil sie ihren Geburtstag nicht wie  gewohnt feiern konnte. Anne Frank lebte jahrelang versteckt in einem  Hinterhaus in Amsterdam, bevor sie im Konzentrationslager Bergen-Belsen  ermordet wurde.

Im  Zuge der jüngsten Proteste stellten manche Demonstranten das  Infektionsschutzgesetz mit dem Ermächtigungsgesetz der  Nationalsozialisten auf eine Stufe. Damit hatte die von Adolf Hitler  geführte Regierung im März 1933 das Recht erlangt, Gesetze ohne  Zustimmung des deutschen Reichstags zu erlassen. Bei einer  Querdenken-Demonstration in Leipzig titulierte sich eine Teilnehmerin  unlängst als «Covidjud».

Die  Vorfälle häufen sich. Klein fragt sich in diesem Zusammenhang, ob es  sich um eine Strategie oder um einen Mangel an Bildung und Wissen  handle. Wer über Anne Frank und Sophie Scholl Bescheid wisse, würde kaum  solch krude Verharmlosungen äussern, sagte er. Jedenfalls zeige die  Welle von Kritik, die auf die Szenen in Hannover und Karlsruhe folgte,  dass «der innere Kompass der demokratischen Mehrheit funktioniert».

Schon  im Frühjahr trugen Demonstranten Davidsterne mit der Aufschrift  «Ungeimpft» am Arm, um sich so als Opfer staatlicher Corona-Massnahmen  mit den im Nationalsozialismus verfolgten Juden gleichzusetzen. Die Mär,  Bill Gates habe etwas mit der Pandemie zu tun, erklingt seit den  Anfangstagen der Corona-Krise; für viele Verschwörungstheoretiker ist  er, auch aufgrund seiner Impfkampagnen, das Feindbild Nummer eins. Nun  ist es historisch keine Einmaligkeit, dass eine gesundheitliche Krise  dafür gebraucht wird, die Schuld bei den Juden zu suchen.

«Antisemitische  Motive sind so eingeübt in unserer Geschichte, daher werden sie immer  mehr genutzt», sagt Klein. Wer sich allerdings als Opfer geriere, gebe  automatisch die Verantwortung ab und damit anderen die Macht. Momentan  sei es vor allem die Verbindung der gesellschaftlichen Mitte mit den  radikalisierten Rändern, die ihm Sorgen mache.
(https://www.nzz.ch/international/wenn-sich-corona-skeptiker-auf-den-holocaust-berufen-ld.1588558)


+++HISTORY
Tonaufnahmen der Kolonialzeit in neuem Licht
In der Kolonialgeschichte gaben weiße Wissenschaftler den Ton an, ihre Informanten waren oft nur recht- und namenlose Gehilfen. Zwei Forscherinnen haben nun Sprachaufnahmen dieser Zeit untersucht – und unternehmen den Versuch einer Gegenerzählung.
https://www.br.de/nachrichten/kultur/tonaufnahmen-der-kolonialzeit-in-neuem-licht,SHFMoZh


Geschichtsforschung soll Klarheit bringen:  Verdienten reiche Luzerner an der Sklaverei mit?
Zürich war während Jahrhunderten in den internationalen Sklavenhandel verwickelt. Ob auch Luzern eine solch düstere Vergangenheit hat, soll nun geklärt werden. Im Gespräch erklärt ein Historiker der Universität Luzern, was da dran sein könnte und weshalb die Recherche nicht einfach ist.
https://www.zentralplus.ch/verdienten-reiche-luzerner-an-der-sklaverei-mit-1946617/


Live: Crypto-Affäre – ein Skandal?
Jahrzehntelang liess der US-Geheimdienst in Zug manipulierte Chiffriergeräte produzieren – und Bern machte mit. Ging dabei alles mit rechten Dingen zu? Verfolgen Sie unser hochkarätiges Podium ab im Livestream.
https://www.tagesanzeiger.ch/live-crypto-affaere-ein-skandal-479796905496



derbund.ch 24.11.2020

Talk zur Crypto-Affäre: «Wir können Alt-Bundesräte doch nicht waterboarden»

In einer Onlineausgabe von «‹Bund› im Gespräch» wurden die Machenschaften der Crypto AG neu aufgerollt. Die Suche nach dem letzten Puzzlestück scheint noch nicht abgeschlossen.

Martin Erdmann

Die Corona-Pandemie zwingt «‹Bund› im Gespräch» zu aussergewöhnlichen Massnahmen. Erstmals befanden sich die Gäste des Talk-Formats nicht im gleichen Raum. Die Diskussionsrunde fand nicht wie gewöhnlich im Hotel Bellevue in Bern statt, sondern wurde am Dienstagabend per Videochat bestritten. Das erstaunliche Setting passte. Schliesslich drehte sich das Gespräch um nichts Geringeres als um den «Geheimdienstcoup des Jahrhunderts». So bezeichnet der US-Geheimdienst CIA die Geschehnisse rund um die Crypto-Affäre. Über die Zuger Firma haben die CIA und der deutsche Nachrichtendienst während Jahren der halben Welt manipulierte Verschlüsselungsgeräte verkauft. Die Schweizer Kollegen wussten nicht nur davon, sondern mischten auch eifrig mit. Darüber diskutierten die Nationalräte Tiana Moser (GLP) und Alfred Heer (SVP) sowie der Journalist Res Strehle. In der Diskussionsrunde ging es immer wieder um einen Punkt: Was wusste der Bundesrat?

Das herauszufinden, war Aufgabe der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel). Dazu wurden mehrere Alt-Bundesräte befragt. Darunter Arnold Koller, Kaspar Villiger oder Samuel Schmid. Wie viel die damaligen Bundesräte wussten, bleibt jedoch bis heute unklar. GPDel-Präsident Alfred Heer warf während des «Bund»-Gesprächs mehrmals ein, dass es keine Hinweise auf ihr Mitwissen gibt. Eine Aussage, die bei Res Strehle auf Skepsis stiess. «Aus meiner Sicht ist es undenkbar, dass der Bundesrat nichts darüber gewusst hat», sagte der Journalist, der das Geschehen um die Crypto AG bereits seit 27 Jahren verfolgt.

Damit stellte Strehle eine der Schlüsselaussagen des GPDel-Berichts infrage. Nun lag der Ball wieder bei Heer. Hat denn die GPDel wirklich gründliche Arbeit geleistet? «Wir konnten nur das schreiben, was wir herausgefunden haben.» Sämtliche verfügbaren Akten seien begutachtet und die Befragungen seriös und «teilweise hart» durchgeführt worden. «Wir stiessen aber auf keine Hinweise oder Belege, dass die damaligen Bundesräte über diese Aktion informiert waren.» Diese Beteuerung war Strehle nicht genug. Er bezeichnete es als naiv, den Aussagen beispielsweise von Villiger einfach zu glauben. «Damit darf man sich doch nicht einfach zufriedengeben.» Das wiederum wollte Heer nicht einfach auf sich sitzen lassen. «Wir können den Alt-Bundesräten nicht mit Waterboarding ein Geständnis abringen, das Sie sich wünschen, Herr Strehle.»

«Neutralität ist bloss eine Vorstellung»

Bei anderen Punkten wird der GPDel-Bericht deutlicher. Ab 1993 habe der Schweizerische Nachrichtendienst gewusst, dass die Crypto AG Geheimdiensten aus dem Ausland gehörte. Ab dann machte die Schweiz mindestens passiv mit und hörte später auch aktiv Kunden der Crypto AG ab. Ist das denn mit der viel beschworenen Neutralität der Schweiz vereinbar? «Wenn die politische Ebene, welche die Neutralität vertritt, gleichzeitig andere Länder ausspioniert, dann ist das selbstverständlich ein Problem», sagte Tiana Moser, Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission. Wieweit die Politik involviert war, bleibe ein offener Punkt.

Moser fügte zudem an: «Wir müssen uns ein Stück weit von dieser Vorstellung der absoluten Neutralität distanzieren.» Denn diese entspreche nicht der Realität. «Die Schweiz hat immer Aktivitäten gehabt, die nicht dieser Vorstellung entsprochen haben.» Als aktuelles Beispiel nennt Moser den Waffenexport.

Suche nach letztem Puzzlestück

Für manche Leute ist die Crypto-Affäre mit dem Bericht der GPDel nicht abgeschlossen. Es stehen Forderungen im Raum, dass auch noch eine parlamentarische Untersuchungskommission aktiv werden soll. Moser sieht darin wenig Sinn. «Es bringt nichts, wenn nochmals die gleichen Unterlagen studiert und die gleichen Leute befragt werden.» Es brauche nun eine politische Aufarbeitung.

Auch Res Strehle hat mit der Crypto AG noch nicht abgeschlossen. «Das letzte Puzzlestück wurde in dieser Angelegenheit noch nicht gefunden.»
(https://www.derbund.ch/wir-koennen-alt-bundesraete-doch-nicht-waterboarden-284403938710)