Medienspiegel 4. November 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Umsetzung der Motion Schilt: Auszahlung der Nothilfe bei Privatunterbringung
Der Sicherheitsdirektor, Regierungsrat Philippe Müller, hat heute (4.11.2020) den Regierungsrat darüber informiert, wie die Motion Schilt (M 073-2020) umgesetzt werden soll. Die Motion beauftragt den Regierungsrat, auch den bei Privaten untergebrachten rechtskräftig weggewiesenen Personen des Asylbereichs den Betrag von acht Franken pro Tag auszurichten. Die Sicherheitsdirektion wird dafür den ordentlichen Gesetzgebungsprozess einleiten und eine Anpassung des Einführungsgesetzes zum Ausländer- und Integrationsgesetz sowie zum Asylgesetz (EG AIG und AsylG) vorbereiten. Eine Behandlung durch den Grossen Rat in erster Lesung ist frühestens in der Wintersession 2021 möglich.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2020/11/20201104_1428_nachrichten_aus_derverwaltung
-> https://www.bernerzeitung.ch/gesetz-fuer-menschen-in-privatunterkuenften-kommt-nicht-vor-2021-112307703393


+++BASELLAND
Corona-Ausbruch im Asylzentrum. Jugendliche leben auf engstem Raum und könnten den geforderten Abstand nicht einhalten.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/wie-viele-hatten-schon-corona-forschende-testen-im-baselbiet?id=11870601


+++FREIRÄUME
Wo bleibt das Nichts?
Auf der Suche nach den Nullorten, zum Beispiel am Centralweg. Ein Gastbeitrag von Tim Kummer mit Bildern von Urs Rihs.
http://www.ksb.ist/doc/wo-bleibt-das-nichts


+++GASSE
Linke möchten das Verbot auf die Gastrobetriebe beschränken – jetzt muss das Parlament entscheiden
Nach Prüfung einer Motion zur Wiedereinführung des Bettelverbots beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat, ihm die Motion zur Erfüllung zu überweisen. Der Regierungsrat möchte gleichzeitig den Ausbau der Bekämpfung des Menschenhandels und andere Hilfestellungen prüfen.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/linke-moechten-das-verbot-auf-die-gastrobetriebe-beschraenken-jetzt-muss-das-parlament-entscheiden-139725731?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter


Bettelverbot – Schneller als sein Tesla: Dürr macht Bettler*innen zum Wahlkampfthema
Exakt in der heissen Phase des zweiten Wahlgangs darf Basel wieder über osteuropäische Bettler*innen streiten. Der Spindoctor hat einen Namen: Baschi Dürr.
https://bajour.ch/a/qZkV0a4XVR1nVikF/schneller-als-sein-tesla-durr-macht-bettlerinnen-zum-wahlkampfthema


+++DROGENPOLITIK
Oregon entkriminalisiert als erster US-Bundesstaat kleine Mengen harter Drogen
Medienberichten zufolge hat Oregon den Besitz kleiner Mengen bestimmter harter Drogen wie Kokain und Heroin entkriminalisiert. Bei einer Volksabstimmung habe die Mehrheit der Bürger in dem Westküstenstaates dafür gestimmt, berichteten mehrere US-Medien am Dienstagunter Berufung auf vorläufige Ergebnisse. Zeitgleich zur US-Präsidentschaftswahl fanden in vielen Staaten unterschiedliche Volksabstimmungen statt.
https://www.nzz.ch/international/oregon-entkriminalisiert-als-erster-us-bundesstaat-kleine-mengen-harter-drogen-ld.1585372


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Verordnungen und Regierungsbeschlüsse zu Covid-19 in einem Erlass zusammengefasst: Bessere Übersicht zu den Covid-Massnahmen des Kantons – Appell zum Verzicht auf Demonstrationen
Der Regierungsrat hat die in verschiedenen Verordnungen und Beschlüssen zerstreuten Vorschriften des Kantons Bern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in einem Erlass zusammengefasst und setzt diesen am 5. November in Kraft. Die Verordnung definiert die kantonalen Massnahmen, legt die Zuständigkeiten fest und regelt den Vollzug. Damit wird besser ersichtlich, wo kantonale Massnahmen weiter gehen als jene des Bundes. Der Regierungsrat hat im Zusammenhang mit der Verordnungsanpassung auch die Frage des Verbots politischer und zivilgesellschaftlicher Kundgebungen mit mehr als 15 Personen in der heute besorgniserregenden epidemiologischen Situation eingehend diskutiert. Er verzichtet vorerst auf ein temporäres Demonstrationsverbot, richtet aber einen dringlichen Appell an die Bevölkerung, in der momentanen Corona-Situation auf Kundgebungen zu verzichten.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2020/11/20201104_1404_bessere_uebersichtzudencovid-massnahmendeskantonsappellzumverzic
-> https://www.bernerzeitung.ch/coronavirus-im-kanton-bern-429171943512
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/appell-des-kantons-bern-es-soll-auf-demos-verzichtet-werden-139744128
-> https://www.bernerzeitung.ch/kundgebungen-bleiben-in-bern-erlaubt-280778265241



derbund.ch 04.11.2020

Niederlage für Philippe Müller: Doch kein Demoverbot in Bern

Der  bernische Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) ist mit dem Antrag,  wegen der Corona-Pandemie kurzfristig Kundgebungen faktisch zu  verbieten, gescheitert.

Simon Wälti

Der  Regierungsrat spricht sich gegen ein faktisches Verbot von  Demonstrationen aus. Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) unterlag  im bürgerlich dominierten Regierungsrat überraschend mit seinem Antrag  für eine Einschränkung während der kommenden Wochen, wie der «Bund» aus  zuverlässiger Quelle erfahren hat. Die offizielle Bestätigung durch den  Kanton steht noch aus, soll aber heute Nachmittag erfolgen.

Müller  hatte sich aufgrund der negativen Erfahrungen vom letzten Samstag für  ein faktisches Demoverbot ausgesprochen. Er wollte, dass politische  Kundgebungen mit mehr als 15 Personen verboten werden sollten. Müller  bedauerte die Ablehnung auf Anfrage und zeigte sich erstaunt, wollte  sich aber nicht weiter dazu äussern.

Wirbel um Corona-Skeptiker

Corona-Skeptiker  hatten sich am Samstagnachmittag ohne Bewilligung auf dem Bundesplatz  zu einer Kundgebung versammelt, um gegen die Massnahmen zur Eindämmung  der Pandemie zu protestieren. Die meisten der Demonstrierenden trugen  keine Maske und hielten auch die Distanzregeln nicht ein. Sie zogen  zudem durch die Innenstadt und skandierten Parolen gegen die  Maskenpflicht. Schliesslich gelang es der Polizei, die Corona-Skeptiker  auf dem Waisenhausplatz zu isolieren und einzukesseln. Mehrere Personen  wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Für  Sicherheitsdirektor Philippe Müller war wegen der hohen Infektionszahlen  die Volksgesundheit derzeit höher zu gewichten als die Grundrechte.   Gegenüber dem «Bund» sagte Müller Anfang Woche: «Was ist schlimmer?  Kurzfristig nicht demonstrieren zu können oder keinen Platz mehr auf der  Intensivstation zu haben?»

Und die Verhältnismässigkeit?

Juristische  Experten waren sich in der Beurteilung uneinig. Dabei ging es vor allem  um die Frage der Verhältnismässigkeit. Staatsrechtler Andreas Glaser  von der Universität Zürich sah die Verhältnismässigkeit auf der Kippe.  «Da es sich faktisch um ein Verbot handelt, sehe ich eine zu massive  Einschränkung der Bevölkerung.» Professor Markus Müller, der an der  Universität Bern am Institut für öffentliches Recht lehrt, bejahte  dagegen die Verhältnismässigkeit wegen der epidemiologischen Situation  und der starken Beanspruchung der Spitäler. «Der unbestritten hohe  staatspolitische Wert von Kundgebungen ist daher im Lichte dieser  Lagebeurteilung stark zu relativieren», folgerte Müller.
(https://www.derbund.ch/doch-kein-demoverbot-in-bern-554334606537)



Basler Saubanner-Zug: Verurteilung nach zehn Jahren
Ein Zürcher muss nach einer Hausbesetzung DNA abliefern – die Spur führt zum Basler Saubanner-Zug von 2010.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/basler-saubanner-zug-verurteilung-nach-zehn-jahren-139746098


!!Stoppt die Blockierungen von Seenotrettung!!
Seit 2015 beweist die europäische Politik immer wieder aufs Neue, dass das Sterbenlassen im zentralen Mittelmeer mittlerweile fester Bestandteil der europäischen Abschottungspolitik ist.
Die als Reaktion auf den sogenannten Sommer der Migration entstandenen zivilen Seenotrettungs- und humanitären Organisationen standen dieser Politik von Beginn an entgegen. Anstatt Menschen zu tausenden sterben zu lassen, entschied sich die Zivilgesellschaft, sich zu organisieren und Solidarität mit Flüchtenden auf eigene Faust in Taten umzusetzen.
https://barrikade.info/article/3975


+++POLIZEI ZH
tagesanzeiger.ch 04.11.2020

Gericht rügt Zürcher Stadtpolizei: Verdächtig, weil er die Augen niederschlug

Polizisten haben einen dunkelhäutigen Schweizer zu Unrecht kontrolliert. Mit der Frage, ob das Rassismus war, muss sich der Bundesrat beschäftigen.

Liliane Minor

Der Vorfall war Routine, und doch hat er schon mehr als ein halbes Dutzend Instanzen beschäftigt. Denn es geht um nichts Geringeres als die Frage, ob dunkelhäutige Menschen in der Schweiz öfter als nötig von der Polizei kontrolliert werden. Racial Profiling heisst das im Fachjargon. Nun hat das Verwaltungsgericht Mohamed Wa Baile und seinen Mitstreitern als siebte Instanz zum ersten Mal einen Teilsieg beschert: Die Stadtpolizei hatte ihn zu Unrecht kontrolliert. Keine Antwort liefert das Urteil allerdings auf die Frage, ob die Kontrolle rassistisch motiviert war.

Doch von Anfang an: Am 5. Februar 2015, 7 Uhr morgens, geht ein dunkelhäutiger Mann durch den Zürcher Hauptbahnhof. Mohamed Wa Baile, 40, Schweizer mit kenianischen Wurzeln, wohnhaft in Bern, ist auf dem Weg zur ETH, wo er als Bibliothekar arbeitet. Beim Treffpunkt in der Bahnhofshalle stehen Polizisten. Sie halten Wa Baile an, nur ihn, und verlangen einen Ausweis. Er fragt, ob man nach einer schwarzen Person suche. Das verneinen die Beamten, weshalb Wa Baile sich weigert, seine Identität offenzulegen.

Darauf wird Wa Baile durchsucht – und kassiert eine Busse von hundert Franken wegen Nichtbefolgens einer polizeiliche Anordnung. Im Rapport vermerken die Beamten den Grund für die Kontrolle: Wa Baile habe im Vorbeigehen den Blick gesenkt. Deshalb habe sich der «Verdacht auf ein Verstoss gegen das Ausländergesetz aufgedrängt». Vor Gericht beteuern sie später, mit der Hautfarbe habe das nichts zu tun gehabt.

Wa Baile wird zum Aushängeschild

Wa Baile lässt sich das nicht gefallen. Er ist es leid, immer wieder überprüft zu werden, obwohl er Schweizer ist. Er ist sicher, dass das nur an seiner Hautfarbe liegt. Er wehrt sich, findet in den Menschenrechtsorganisationen Allianz gegen Racial Profiling und in Humanrights.ch Unterstützer. Und wird damit ungewollt zum Aushängeschild, zum Paradebeispiel für ein Problem, das nach Ansicht seiner Unterstützer trauriger Alltag ist hierzulande.

Seither laufen zwei Verfahren in Sachen Wa Baile gegen die Stadtpolizei. Zum einen hat der Familienvater die Busse angefochten. Zum anderen verlangte er vom Zürcher Stadtrat die Feststellung, die Kontrolle sei diskriminierend und rechtswidrig gewesen. Erfolg hatte bisher weder der eine noch der andere Weg. Im März 2018 urteilte das Bundesgericht, Wa Baile müsse die Busse zahlen. Es lasse nichts darauf schliessen, dass die Kontrolle «offensichtlich unrechtmässig» erfolgt sei.

Keine Kontrolle ohne Anlass

Das Verwaltungsgericht stellt sich dem nun entgegen. Zu beurteilen hatte es Wa Bailes Rekurs gegen den Beschluss des Stadtrats, wonach die Kontrolle zu Recht erfolgt sei. Das Statthalteramt als erste Rekursinstanz stützte den Beschluss noch, doch das Verwaltungsgericht sieht die Sache nun anders. «Polizeikontrollen dürfen nicht anlassfrei erfolgen», schreibt es in seinem am Mittwoch veröffentlichten Urteil. In diesem Fall sei aber gerade kein Anlass ersichtlich. Das blosse Senken des Blicks genüge auf jeden Fall nicht.

Dass der Hauptbahnhof «ein latent deliktträchtiger Ort» sei, ist für das Verwaltungsgericht, anders als für das Bundesgericht, kein Argument, um Personen ohne weiteren Grund zu kontrollieren: Damit würden die Reisenden «geradezu einem Generalverdacht» ausgesetzt.

Die entscheidende Frage, ob die Kontrolle allein aufgrund der Hautfarbe erfolgte und damit diskriminierend war, umschifft das Verwaltungsgericht: Sie könne offen bleiben, heisst es im Urteil, weil die Kontrolle ohnehin nicht rechtmässig gewesen sei.

Justiz drückt sich vor Rassismus-Frage

Die beiden Organisationen, die Wa Baile unterstützen, bedauern, dass sich das Verwaltungsgericht nicht zur Rassismus-Frage geäussert hat. «Das eigentliche Unrecht, das Wa Baile angetan wurde, wird nicht ernst genommen», sagt Jurist Tarek Naguib von der Allianz gegen Racial Profiling. Und das sei leider eine weitverbreitete Haltung in der Schweizer Justiz. Gina Vega, Leiterin der Fachstelle Diskriminierung und Rassismus bei Humanrights.ch, sieht das ähnlich: «Die Justiz ist nach wie vor nicht bereit, sich mit der Frage des institutionellen und strukturellen Rassismus zu beschäftigen. Damit ist die Schweiz weit davon entfernt, dem diskriminierenden Verhalten der Polizei entgegenzuwirken.»

Dennoch begrüsst Vega das Urteil: «Es ist ein deutlicher Wink an die Polizei.» Tarek Naguib nennt den Entscheid brisant. Damit sei erstmals klar definiert, dass ein alltägliches Verhalten kein ausreichender Grund sei, die Identität einer Person zu prüfen: «Wir schätzen, dass damit etwa die Hälfte aller in der Schweiz durchgeführten Polizeikontrollen rechtswidrig sind.»

Stadtpolizei hat Vorgehen angepasst

Zu einem ganz anderen Schluss kommt Daniel Blumer, Kommandant der Zürcher Stadtpolizei. Zwar müsse man das Urteil zuerst genau analysieren, weshalb er erst eine vorläufige Beurteilung abgeben könne: «Aber wir gehen davon aus, dass das Urteil im Moment keine grossen Auswirkungen auf unsere geltende Praxis hat.» Andernfalls stelle sich die Frage, ob der Stadtrat das Urteil weiterziehen würde.

Vor drei Jahren hat die Stadtpolizei klare Kriterien definiert, wann Personenkontrollen zulässig sind: «Wegschauen allein ist selbstverständlich kein Grund.» Und auch ein blosses Bauchgefühl reicht nicht mehr. Die Beamten müssen der kontrollierten Person seither angeben, warum sie deren Identität überprüfen, und sie müssen jede Kontrolle samt Begründung elektronisch erfassen.

Auch Strassburg wird sich äussern

Abgeschlossen ist die Geschichte aber auch mit diesem Urteil noch nicht. Auch Wa Baile – der sich in den Medien nicht mehr äussern will, weil es hier nicht um ihn gehe, sondern um ein grösseres Problem – und seine Unterstützer prüfen einen Weiterzug. Sie erhoffen sich endlich auch eine gerichtliche Stellungnahme zum Thema Diskriminierung, Rassismus und Racial Profiling.

Möglich ist allerdings, dass eine andere Instanz den Schweizer Gerichten zuvorkommt. Wa Baile hat das Bundesgerichtsurteil vom März 2018 in Strassburg am Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angefochten. Das Verfahren dort ist seit September um einen entscheidenden Schritt weitergekommen: Die Strassburger Richter haben den Bundesrat um eine Stellungnahme gebeten, bis am 2. Dezember hat dieser Zeit für eine Antwort.

Der Vorgang zeigt, dass die Richter am EGMR die Klage zumindest nicht als chancenlos ansehen. Denn eine solche Stellungnahme holen die Richter nur in etwa jedem zwanzigsten Fall ein. Und in etwa der Hälfte dieser Fälle urteilt der EGMR zumindest teilweise zugunsten des Beschwerdeführers.
(https://www.tagesanzeiger.ch/nur-weil-er-den-blick-abwendete-galt-er-als-verdaechtig-318585579324)

-> https://www.nzz.ch/zuerich/racial-profiling-gericht-heisst-beschwerde-gegen-polizei-gut-ld.1585279
-> Entscheid Verwaltungsgericht ZH: https://www.zh.ch/de/politik-staat/streitigkeiten-vor-verwaltungsgericht/rechtsprechung-des-verwaltungsgerichts.html (In der Suchmaske 1.10.2020 eingeben)
-> https://www.20min.ch/story/polizei-kontrolliert-dunkelhaeutigen-weil-er-blick-abwandte-510635782833
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/grundlose-polizeikontrolle-eines-dunkelhaeutigen-mannes-stadtpolizei-erhaelt-rueffel-139743017



Einladung Medienkonferenz – Mohamed Wa Baile gewinnt am Verwaltungsgericht – damit wird ein grosser Anteil der Personenkontrollen in der Schweiz rechtswidrig

Einladung zur Medienkonferenz im Fall Mohamed Wa Baile

Donnerstag, 5. November 2020, 09.00
Per Zoom:
Meeting Link: https://us02web.zoom.us/j/86148664603
Meeting ID: 861 4866 4603
Kennwort: 938418

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat die Kontrolle von Mohamed Wa Baile als rechtwidrig beurteilt. Das blosse «Abwenden des Blicks» sei auch am Hauptbahnhof Zürich kein Verhalten, das eine polizeiliche Kontrolle rechtfertige. Die Allianz gegen Racial Profiling begrüsst das Zeichen des Gerichts an die Polizei, dass Kontrollen Grundrechtseingriffe sind, die nur vorgenommen werden dürfen, wenn sie zur Gefahrenabwehr notwendig sind. Damit wird der überwiegende Anteil der Personenkontrollen in der Schweiz rechtswidrig; geschätzt betrifft das schweizweit etwa die Hälfte der Kontrollen. Alleine in Zürich sind das pro Tag etwa 30-50.

Aber, das Urteil zeigt leider auch, dass die Schweizer Justiz nach wie vor nicht bereit ist, institutionellen Rassismus beim Namen zu nennen: es lässt die Frage, ob Racial Profiling vorlag, ungeklärt. Obschon das Verwaltungsgericht feststellt, dass Mohamed Wa Baile sich absolut unverdächtig verhalten habe, zieht es nicht die zwingende Schlussfolgerung. Denn es ist kein Zufall, dass Mohamed Wa Baile kontrolliert wurde, auch wenn er sich wie alle anderen Pendler*innen verhalten hat. Es ist seine Hautfarbe, die immer wieder dazu führt. Dieser strukturelle Rassismus muss nun endlich auch von den Gerichten und Behörden aner-kannt und ihm auch mit den Mitteln des Rechts entgegengewirkt werden. Gibt es Hinweise auf Racial Profiling, reichen fadenscheinige oder vorgeschobene Gründe nicht: Die Polizei muss darlegen, weshalb die jeweilige Kontrolle objektiv notwendig war. Nur so kann institu-tioneller Rassismus gestoppt werden.

Solange Justiz, Bundesrat, kantonale und kommunale Regierungen nicht bereit sind, den Rassismus der Polizei als institutionelles und systemisches Problem anzuerkennen und tief-greifende Massnahmen einzuleiten, bleibt die Allianz gegen Racial Profiling aktiv und ihr Einsatz notwendig – mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, in der Schweiz und dar-über hinaus. Ein mutmachendes Zeichen kam auch vom Europäischen Gerichtshof für Men-schenrechte aus Strassbourg: Die Schweiz wurde eingeladen, zur von Mohamed Wa Baile in der Strafsache eingereichten Beschwerde Stellung zu nehmen und die Fragen zu beantwor-ten, ob die Kontrolle diskriminierend war, ob die Schweiz genügende Mittel ergriffen hat, um rassistische Kontrollen zu verhindern und ob Racial Profiling von der Schweiz genügend untersucht wurde.

Was wollen wir erreichen?

Ziel 1: Die Beschwerden sollen an die Politiker*innen sowie politische und operative Polizei-führung das Signal senden, dass Menschen, die rassistische Kontrollen erfahren, nicht mehr bereit sind, dies widerstandslos zu akzeptieren.

Ziel 2: Mit den Beschwerden soll gegenüber den Institutionen des Schweizer Rechtsstaats klargestellt werden, dass gemäss Völker- und Verfassungsrecht die Hautfarbe und andere sensible Persönlichkeitsmerkmale nicht als Motiv für eine Polizeikontrolle herangezogen werden dürfen.

Ziel 3: Mit den Beschwerden soll die Bevölkerung dazu aufgerufen werden, verstärkt Ver-antwortung für den strukturellen Rassismus zu übernehmen und willkürliche und unver-hältnismässige Polizeikontrollen zu beobachten, zu dokumentieren und zu melden.

Ziel 4: Mit den Beschwerden soll die Schweizer Justiz darüber aufgeklärt werden, wie eine menschenrechtlich fundierte Beweiswürdigung zu erfolgen hat, nämlich: Eine Polizeikontrol-le gilt als rechtswidrig, wenn aufgrund der Faktenlage die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Hautfarbe ein zentrales Motiv der Kontrolle war und es der Gegenpartei nicht gelingt, dies mit einem Entlastungsbeweis zu widerlegen.

Weiteführende Informationen

Zusammenfassung des Falles: https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/zugang-zum-recht/rassistisches-profiling-gerichtsverhandlung-praezedenzcharakter

Weiterführende Informationen und Studien: https://www.stop-racial-profiling.ch/de/home/
-> https://www.stop-racial-profiling.ch/de/2020/11/04/verwaltungsgericht


+++POLICE GB
Ex-wives of undercover police tell of marriages ‘based on lies’
Three women share ‘shattering’ experiences in statement made to public inquiry
https://www.theguardian.com/uk-news/2020/nov/04/ex-wives-undercover-police-inquiry-marriages-based-lies?CMP=share_btn_tw


+++RASSISMUS
Walliser Politiker Jean-Luc Addor: SVP-Nationalrat wegen Rassendiskriminierung verurteilt
Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung von Jean-Luc Addor. Der SVP-Nationalrat äusserte sich in einem Tweet auf rassistische Weise.
https://www.derbund.ch/svp-nationalrat-wegen-rassendiskriminierung-verurteilt-508750447611
-> Medienmitteilung Bundesgericht: https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/6B_644_2020_2020_11_04_T_d_11_09_08.pdf
-> Urteil Bundesgericht: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://14-10-2020-6B_644-2020&lang=de&zoom=&type=show_document
-> https://www.nzz.ch/schweiz/aktuell/svp-nationalrat-wegen-rassendiskriminierung-verurteilt-ld.1585266
-> https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/165401895-rassendiskriminierung-svp-nationalrat-jean-luc-addor-verurteilt
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/svp-nationalrat-jean-luc-addor-wegen-diskriminierung-verurteilt-65814559
-> https://www.blick.ch/politik/bundesgericht-bestaetigt-urteil-svp-nationalrat-addor-ist-offiziell-ein-rassist-id16178214.html
-> https://www.letemps.ch/suisse/tribunal-federal-confirme-condamnation-ludc-jeanluc-addor-discrimination-raciale


+++RECHTSPOPULISMUS
Die radikale Linke: «Die Antifa ist das ideale Feindbild»
Der Historiker Mark Bray hat sich eingehend mit dem antifaschistischen Widerstand in den USA beschäftigt: Er erläutert, warum Präsident Donald Trump immer wieder die Antifa attackiert – und weshalb die Befürchtungen um Gewaltausbrüche rund um die Wahlen absolut berechtigt sind.
https://www.woz.ch/2045/die-radikale-linke/die-antifa-ist-das-ideale-feindbild


+++RECHTSEXTREMISMUS
Frankreichs Regierung löst türkische «Graue Wölfe» auf
Frankreichs Regierung hat die ultra-nationalistische türkische Organisation «Graue Wölfe» aufgelöst. Sie schüre Diskriminierung und Hass und sei an Gewaltaktionen beteiligt, schrieb Innenminister Gérald Darmanin am Mittwoch auf Twitter.
https://www.luzernerzeitung.ch/newsticker/international/frankreichs-regierung-lost-turkische-graue-wolfe-auf-ld.1275382
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-11/rechtsextremismus-organisation-graue-woelfe-frankreich-tuerkei-terrorismus
-> https://taz.de/Verbot-in-Frankreich/!5722599/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Corona-Tote: Dubioses Video warnt vor falsch deklarierten Todesfällen
In einem Video behaupten Unbekannte, Spitäler würden Todesfälle falsch als Corona-Tote deklarieren, weil sie finanziell davon profitierten. Das Video verbreitet sich rasch auf Whatsapp.
https://www.beobachter.ch/digital/corona-tote-dubioses-video-warnt-vor-falsch-deklarierten-todesfallen


Corona-Skeptiker und die Polizei: „Nagelt den Wixer an ein Kirchentor“
Die Polizei im Einsatz gegen Corona-Leugner: Manche werden massiv bedroht. Andere Beamte aber zeigen Nachsicht mit „Querdenken“-Demonstranten.
https://www.tagesspiegel.de/politik/corona-skeptiker-und-die-polizei-nagelt-den-wixer-an-ein-kirchentor/26588630.html


Wie die extreme Verschwörungsbewegung QAnon erstmals in den US-Kongress einzieht
Eine neue Abgeordnete bringt eine radikale Verschwörungstheorie ins US-Repräsentantenhaus.
https://www.luzernerzeitung.ch/international/wie-die-extreme-verschwoerungsbewegung-qanon-erstmals-in-den-us-kongress-einzieht-ld.1275156
-> https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/qanon-unterstuetzerin-in-den-kongress-gewaehlt


+++HISTORY
Renversé s’intéresse au fascisme… se souvenir du 9 nov. 1932
Ce mois-ci Renversé s’intéresse au fascisme…
En souvenir des 13 militants antifascistes abattus le 9 novembre 1932 à par l’armée à Genève, Renversé propose ces prochaines semaines une sélection de textes sur le fascisme et, surtout, sur celles et ceux qui s’y sont opposé.es de tout temps et qui continuent à le faire aujourd’hui.
https://renverse.co/analyses/article/renverse-s-interesse-au-fascisme-se-souvenir-du-9-nov-1932-2808