Islamistische und anti-muslimische Gewalt in Frankreich, 50 Jahre Gefängnisstrafe gegen Geflüchtete in Griechenland, Drohnen über dem Mittelmeer

Flüchtende zu 50 Jahren Gefängnis wegen „Menschenschmuggels“ verurteilt | Islamistische Attentate und anti-muslimischer Rassismus in Frankreich | Vier Menschen ertrinken im Ärmelkanal | Drohnen über dem Mittelmeer | Abschottung durch die „Operative Mittelmeer Initiative“ | Ursprünge und Ideologie der Fratelli d’Italia | Neuer antirassistischer Medien-Blog | SEM will Handys und Tablets von geflüchteten Menschen systematisch erfassen | Der ORS AG sind die Covid-Schutzmassnahmen egal | Petition fordert die Legalisierung der tibetischen Sans-Papiers | Mit der Balkanbrücke gegen die tägliche Gewalt auf der Fluchtroute | Anonyme Meldestelle stop-racism.ch ist online

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Quelle Titelbild: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/frankreich-terror-hoechste-warnstufe-100.html

Was ist neu?

Flüchtende zu 50 Jahren Gefängnis wegen „Menschenschmuggels“ verurteilt
„Amir und Razuli versuchten im März 2020 auf einem Schlauchboot Griechenland zu erreichen. Sie wurden von der griechischen „Küstenwache“ angegriffen, die versuchte, sie unter Gewaltanwendung zurück in türkische Gewässer zu drängen. Die „Küstenwache“ beschädigte das Boot dabei so, dass es unterzugehen drohte und sie die Menschen letztlich an Bord nehmen musste. Amir und Razuli wurden festgenommen und willkürlich des „Schmuggels“ und der „Gefährdung von Menschenleben“ angeklagt, ausserdem für ihre eigene Einreise. Am 8. September wurden sie zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt. […]
Fast täglich werden Menschen für ihre eigene Flucht kriminalisiert und willkürlich zu langen Haft- und hohen Geldstrafen verurteilt (siehe z.B. der Fall von Hamza und Mohamed). Angeklagte haben in der Regel nur begrenzt Zugang zu Rechtsbeistand; Urteile werden oft trotz fehlender Beweise und mangelhafter oder gar fehlender Übersetzung gefällt. In Griechenland dauert ein derartiges Gerichtsverfahren im Schnitt lediglich 30 Minuten und mündet in einer durchschnittlichen Gefängnisstrafe von 44 Jahren und einer Geldstrafe von 370.000 Euro. Die so verurteilten Menschen machen laut offiziellen Zahlen des griechischen Justizministeriums derzeit die zweitgrösste Gruppe aller Inhaftierten aus. Die Schicksale dieser Menschen sind jedoch nur selten bekannt. Sie werden meist unmittelbar nach ihrer Ankunft verhaftet und unbemerkt weggesperrt, ohne dass ihre Namen bekannt sind und ohne Zugang zu Unterstützung von aussen.“
https://www.borderline-europe.de/unsere-arbeit/solidarit%C3%A4tsstatement-freiheit-f%C3%BCr-amir-und-razuli?l=de&fbclid=IwAR0F6Ud9KqCKkOhUFZyHWZeIx8yo9qneGa8_B5GGJG-Z1zvWMlDqHF_1WjY
Hintergrundbericht: https://dm-aegean.bordermonitoring.eu/2019/07/15/the-war-against-smuggling-incarcerating-the-marginalized/
Finanzielle Unterstützung: https://www.betterplace.org/de/projects/79969-solidarisch-gegen-die-kriminalisierung-von-flucht-und-migration

Islamistische Attentate und anti-muslimischer Rassismus in Frankreich
Mit einem Messer ermordete ein Mann drei Menschen. Einen von ihnen enthauptete er. Das geschah in einer Kirche in Nizza am 29. Oktober. Am gleichen Tag rief der französische Präsident Macron die höchste Terrorwarnstufe aus und sprach davon, dass das gesamte Land angegriffen worden sei. Ebenfalls am gleichen Tag wurde in Saudi-Arabien ein Wachmann des französischen Konsulats mit einem Messer angegriffen. Er befindet sich mittlerweile ausser Lebensgefahr. Und in Avignon erschossen Polizist*innen einen mutmasslichen Anhänger der rassistischen Identitären. Dieser bedrohte eine BIPoC-Person mit einer Waffe. Nur zwei Wochen zuvor wurde der Lehrer Samuel Paty im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine enthauptet und im September griff ein Mann vor den ehemaligen Büroräumlichkeiten der Satirezeitschrift Charlie Hebdo zwei Personen mit einem Hackmesser an und verletzte sie schwer.
Laut bisherigen Informationen handelt es sich um islamistisch motivierte Morde. Die ersten beiden Angriffe standen im Zusammenhang mit Mohammed-Karrikaturen, die Anfang September von Charlie Hebdo veröffentlicht wurden. Die Gewalt ging scheinbar eher von Einzelpersonen, als von bekannten islamistischen Organisationen aus. Es wurden jeweils keine Schusswaffen oder Sprengsätze eingesetzt, sondern Messer, die in jedem Laden erhältlich sind. Auch sonst waren zur Ausübung dieser Taten keine grösseren finanziellen oder sonstigen Ressourcen nötig.
Nach der Enthauptung von Samuel Paty reagierte der französische Präsident Macron und sprach von einem «eindeutigen islamistischen Terroranschlag». An der Beerdigung von Samuel Paty versicherte Macron, dass an Mohammed-Karikaturen im Namen der Meinungsfreiheit festgehalten werden solle. Zudem kündigte er Massnahmen und Gesetzesverschärfungen an, damit «die Angst im Land das Lager wechseln» werde. Hierfür liess er Soldat*innen im gesamten Land aufstellen. Es kam zu Verhaftungen von Personen, die sich im Netz positiv zu den Attentaten geäussert hatten und es wurde gedroht, die CCIF, eine NGO, die sich gegen Islamfeindlichkeit einsetzt, aufzulösen.
Als Reaktion gegen Macron gingen in Bangladesch Tausende auf die Strasse und in der Türkei wirft ihm Erdogan Islamfeindlichkeit vor. Er bezeichnet europäische Politiker*innen als «Kettenglieder der Nazis» und ruft zu einem Boykott von Frankreich auf.
Derweilen scheint es auf der schiefen Bahn des antimuslimischen Rassismus in Frankreich keinen Halt mehr zu geben. Erniedrigungen, Bedrohungen und Angriffe gegen Muslim*innen oder Personen, die als solche gelesen werden, nehmen zu. Am 18. Oktober fand z.B. ein Messerangriff auf zwei muslimische Frauen in der Nähe des Eiffelturms statt. Der Angreifer stach offenbar zu, nachdem die Frauen ihn baten, seinen Hund an die Leine zu nehmen. Vorher beschimpfte er die Frauen. Nebst der Gewalt gegen Personen wurde in der Nacht nach der Enthauptung von Paty in Montélimar das Tor einer Moschee aufgebrochen und mit Farbe beschmiert. In Béziers zirkulierte auf Facebook ein Aufruf, die lokale Moschee «niederzubrennen», um «Samuel Paty zu huldigen». Und in Bordeaux wurden bei einer Moschee die Fenster eingeschlagen und die Wände mit Keltenkreuzen und den Sätzen «Mahomet = Feigling», «Vive la France» und «Entfernt den Schleier» beschriftet.
Diese Vorfälle stehen im Kontext des antimuslimischen Rassismus, der in Frankreich eine zunehmend bedeutsame Rolle spielt. Dieser brandmarkt Muslim*innen oder Personen, die als solche gelesen werden, als der französischen Nation „fremd“ und für diese „gefährlich“. Deshalb sei es nötig, sie zu überwachen und ihr Denken und Verhalten zu kontrollieren, um sich ständig zu versichern, dass sie die Werte der Republik wirklich teilen würden. Katalysator für den antimuslimischen Rassismus in Frankreich ist die Instrumentalisierung der „Laizität“ also der Trennung von Religion und Staat. Antimuslimische Rassist*innen dehnen das laizistische Gebot, das vor allem die „Neutralität“ der Behörden z.B. in der Schule oder in der Verwaltung verlangt, auf alle Bereiche des Lebens aus. Es wird zum zentralen Element der nationalen Identität Frankreichs oder sogar der „jüdisch-christlichen Zivilisation“ hochstilisiert. Das Tragen von muslimischen Zeichen reicht schon für den Verdacht oder den Vorwurf aus, die Person könne oder wolle sich nicht integrieren, wolle womöglich die Werte der Republik untergraben oder ihr sogar böswillig schaden. Wer als Muslim*in gelesen wird und sich gegen diese Instrumentalisierung der Laizität wehrt, läuft sofort die Gefahr, als „anti-republikanisch“, „antifranzösisch“ oder gar „islamistisch“ bezeichnet zu werden. Kommt die Kritik von Menschen, die nicht als Muslim*innen gelesen werden, werden diese schnell als blauäugig abgetan oder des „islamo-gauchisme“ beschuldigt. Ein Ausdruck der an das faschistische Phantasma des „Judäo-Bolschewismus“ erinnert.
https://www.mediapart.fr/journal/france/291020/des-attentats-de-faible-intensite-tres-fortes-repercussions?utm_source=article_offert&utm_medium=email&utm_campaign=TRANSAC&utm_content=&utm_term=&xtor=EPR-1013-%5Barticle-offert%5D&M_BT=2625040447453
http://www.islamophobie.net/2020/10/26/le-nouveau-depart-du-ccif-pour-preserver-sa-liberte-daction/?fbclid=IwAR37lfXX8Y8ZnoIxMt54N84hqpEp7DAsS2TLaQzifCAYrcaR0bBuJq_4p2A
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/frankreich-terror-hoechste-warnstufe-100.html
https://www.infosperber.ch/Artikel/Gesellschaft/Anschlage-in-Frankreich-Hassspirale-dreht-sich-weiter/&g=ad
https://www.contretemps.eu/islamophobie-offensive-raciste/

Vier Menschen ertrinken im Ärmelkanal
Auf der Überfahrt von Frankreich nach Grossbritannien sind am vergangenen Dienstagmorgen vier Menschen ertrunken. Sie befanden sich gemeinsam mit 16 weiteren auf einem Kutter, der bei stürmischer See kenterte. Eine weitere Person wird vermisst. Der seit einigen Monaten im Dienst stehende „clandestine Channel threat commander“ Dan O’Mahoney äussert sich bestärkt in seinem Kampf gegen „illegale Banden“, die Menschen zur Überfahrt drängen würden, um sich an ihnen zu bereichern. Dabei gibt es schlicht keine andere Möglichkeit, als diese lebensgefährliche Überfahrt, um als flüchtende Person nach Grossbritannien zu gelangen.
Beinahe wöchentlich müssen wir in der antira-Wochenschau über Verschärfungen der Grenzsicherung am Ärmelkanal und Todesfälle mitten in Europa berichten. 7 Todesfälle gab es dieses Jahr bereits, 292 Menschen sind in den letzten 20 Jahren beim Versuch, den Ärmelkanal mit einem Fahrzeug, durch den Tunnel oder über das Wasser zu überqueren, ums Leben gekommen. Bis 2018 betraf die Mehrheit der Todesfälle Flüchtende, die von Autos, Zügen und Lastwagen angefahren wurden, die im Ärmelkanaltunnel einen Stromschlag bekamen oder in Lastwägen starben. Bedingt durch strengere Sicherheitsvorkehrungen rund um den Hafen von Calais und die Einfahrt zum Eurotunnel nahmen nach 2018 die Todesfälle bei Lastwagen und Zügen ab.
Aber mehr Menschen haben gefährliche Überfahrten auf See unternommen. Die Menschen, die auf diesem Weg in Grossbritannien ankommen, werden zuerst nach Tug Haven in Dover gebracht. Das Gefängnisinspektorat hat dort bei einem unangekündigten Besuch vergangene Woche einige Missstände aufgedeckt: Das Auffanglager gleiche einer schuttbedeckten Baustelle. Es fehle an Dingen der Grundversorgung, sodass ankommende Menschen über Stunden oder tagelang in der Kälte im Freien oder in Containern gelassen würden. Zudem gebe es keine Isoliermöglichkeiten für Menschen mit Coronasymptomen. Eine Sprecherin des Innenministeriums kommentiert den Bericht so:  „Es ist positiv zu sehen, dass der Bericht anerkennt, dass unsere Kollegen die Gefangenen mit Respekt behandeln […]. Wir sind uns jedoch bewusst, dass es noch Bereiche gibt, an denen wir arbeiten müssen.“ Unser Vorschlag dazu. Europa, schaff sichere Fluchtwege, öffne deine Grenzen!
https://taz.de/Flucht-nach-Grossbritannien/!5724525/https://www.theguardian.com/uk-news/2020/oct/29/almost-300-asylum-seekers-have-died-trying-to-cross-the-channel-since-1999https://www.bbc.com/news/uk-england-54715864https://news.sky.com/story/migrants-being-processed-at-rubble-strewn-building-site-inspectors-find-12111782

Was ist aufgefallen?

Drohnen über dem Mittelmeer
Obwohl es auf der Fluchtroute übers Mittelmeer fast wöchentlich zu tödlichen Vorfällen kommt, gehört das Mittelmeer zu einer der am stärksten überwachten Gebiete. Nur dient die Überwachung nicht dem Zweck, Seenotfälle zu orten und zu verhindern, sondern der Migrationskontrolle und -abwehr. Nun wird die Überwachung mithilfe von Drohnen erneut ausgeweitet. Die Europäische Union hat die mehrjährige Stationierung grosser Drohnen im Mittelmeer bereits vor einiger Zeit beschlossen, jetzt zieht Italien nach. Das italienische Innenministerium stellt 7,2 Millionen Euro für den Betrieb der Drohnen zur Verfügung. Für die Polizei und die ebenfalls für die Grenzsicherung zuständige Finanzpolizei sollen die Luftfahrzeuge Tag und Nacht «irreguläre» Migration aus Ländern wie Libyen und Tunesien überwachen. Die EU-Kommission übernimmt die Hälfte der Kosten über den Fonds für innere Sicherheit. Den Auftrag für die Drohnen hat offenbar der italienische Rüstungskonzern Leonardo erhalten. Für zunächst ein Jahr soll die Firma bis zu 1.800 Flugstunden bereitstellen. Die italienischen und europäischen Grenzschutzbehörden werden nun also mindestens 1.800 zusätzliche Stunden Menschen beim Ertrinken zuschauen können.
Zum Vertrag mit Leonardo gehört auch die Installation von Bodenstationen zum Empfang des Videostreams, der in Echtzeit über das italienische nationale Kontaktzentrum in das von Frontex betriebene Überwachungsnetzwerk Eurosur eingespeist werden soll. Entdeckt eine Drohne ein Boot mit flüchtenden Menschen, wird dieses mit einem Laserzielbeleuchter markiert. Befindet sich das Boot in der libyschen Seenotrettungszone, informiert die italienische Leitstelle zur Seenotrettung die sog. libysche Küstenwache. Das Ziel der Datenbeschaffung wird somit einmal mehr sehr klar: Entweder sollen die Daten direkt der sog. libyschen Küstenwache weitergegeben werden, damit diese die Menschen zurück nach Libyen und somit zurück in die dortigen Haftlager bringt. Oder die Daten sollen an Frontex übermittelt werden, um dieser die Migrationsabwehr ausserhalb der libyschen Seenotrettungszone zu erleichtern.
Nebst Italien hat auch Frontex vergangene Woche über den langfristigen Einsatz von Drohnen im Mittelmeer entschieden. Einen ausgeschriebenen Auftrag über 50 Millionen Euro erhält der Rüstungskonzern Airbus in Bremen, der hierfür eine israelische „Heron 1“ von Israel Aerospace Industries (IAI) anmietet. Die bei den Missionen gewonnenen Informationen will Frontex ebenfalls an die libysche Küstenwache übermitteln.
Frontex mit Daten über die Standorte von Menschen auf der Flucht einzudecken, ist äusserst problematisch. Letzte Woche wurden erneut Vorwürfe laut, dass sich Frontex nicht nur im legalen Rahmen um die Migrationsabwehr kümmert (was an sich schon schlimm genug wäre), sondern diese auch mit völkerrechtswidrigen Push-backs (eigenhändige Abschiebung durch Beamt*innen ohne Möglichkeit auf einen Asylantrag) durchsetzt. Frontex-Beamt*innen waren demnach seit April nachweislich bei mindestens sechs Push-backs in der Ägäis in der Nähe. Teilweise gibt es Videos, die die Vorfälle dokumentieren. Die EU-Grenzschutzagentur soll zum Beispiel in einem Fall ein Boot zuerst blockiert haben und dann in hoher Geschwindigkeit an ihm vorbeigefahren sein – anstatt die Menschen darin aus der Seenot zu holen. Im Anschluss soll Griechenlands Küstenwache die Menschen auf der Flucht in Richtung Türkei zurückgedrängt haben. Frontex-Beamt*innen waren in allen sechs Fällen entweder direkt an den Push-backs beteiligt oder haben sie beobachtet, ohne sie zu unterbinden.
Die EU-Kommission fordert nun Rechenschaft von der Agentur. Nur wird dies wohl auch dieses Mal zu nichts führen. Seit einer gefühlten Ewigkeit gibt es Berichte über die illegalen Push-backs und NGOs beschuldigen die europäischen Grenzschützer*innen seit Langem, in diese Praxis verwickelt zu sein. Frontex hat jedenfalls eine interne Untersuchung zu den Vorwürfen der illegalen Zurückweisung von Menschen an der griechischen Grenze eingeleitet. Und wie immer wenn sich eine Behörde selbst untersucht, fand sie bisher «keine Beweise für die Vorwürfe».

https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2020/10/heron1-iai-frontex-380x214.jpeg
Die „Heron 1“ im Frontex-Einsatz. Sie wird auch von der Bundeswehr geflogen

https://netzpolitik.org/2020/auftraege-an-ruestungskonzerne-italien-und-frontex-ueberwachen-das-mittelmeer-jetzt-mit-drohnen/
https://taz.de/Vorwuerfe-gegen-EU-Grenzschutzagentur/!5720908/
https://www.derstandard.at/story/2000121212460/eu-kommissarin-will-von-frontex-aufklaerung-zu-illegalenzurueckweisungen?ref=rss

https://www.theguardian.com/global-development/2020/oct/28/eu-accused-of-abandoning-migrants-to-the-sea-with-shift-to-drone-surveillance

Abschottung durch die „Operative Mittelmeer Initiative“
Mit der OMI (Operative Mittelmeer Initiative) verbünden sich sechs EU-Staaten und fünf nordafrikanische Herkunfts- und Transitstaaten zu einem weiteren Abschottungsprojekt. Diese Initiative soll die ‚Schleuser*innen‘-Bekämpfung vorantreiben. Somit werden weitere EU-Gelder z.B. in die Aufrüstung der sogenannten libyschen Küstenwache und in technische Grenzüberwachungstechnologien fliessen. Angestossen wurde die OMI bereits im Juli während einer Videokonferenz zum Thema »Verhütung und Bekämpfung der Schleusung von Migranten und zu Flüchtlingen in Nordafrika«. Daran teilgenommen hatten die Innenminister*innen Deutschlands, Italiens, Spaniens, Frankreichs und Maltas und hochrangige Regierungsvertreter der »Partnerländer« Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien und Tunesien. Immer wieder wurde kritisiert, dass der Ausbau von »Antischleusungsmassnahmen« zu kurz greift und an den Ursachen »irregulärer Migration« vorbeigeht. So würde eine verstärkte »Sicherheitskooperation« an der globalen Ungleichheit und der wirtschaftlichen Ausbeutung der jetzt erneut aufzurüstenden »Partnerländer« nichts ändern. Der Bundestagsabgeordnete der Partei «Die Linke» Andrej Hunko kritisiert die Aufrüstung der »Migrationsabwehr« in Nordafrika und fordert das Bundesinnenministerium dazu auf, sich aus seinen umfangreichen Abschottungsprojekten vor Ort zurückzuziehen. »Die EU muss zu einer Nachbarschaftspolitik gegenüber den nordafrikanischen Staaten finden, die auf Solidarität und der Beseitigung von Ungleichheit basiert«, so der Abgeordnete.
Die Studie „Human Rights Challenges to European Migration Policy“ – kurz „Remap“ genannt – des Deutschen Instituts für Menschenrechte zeigt, an welchen Stellen Menschenrechte und EU-Migrationspolitik besonders stark kollidieren. Besonders an den EU-Aussengrenzen zeige sich, dass die EU zwar einen Anspruch auf Einhaltung der Menschenrechte vorgebe, diesem aber nicht einmal ansatzweise gerecht werde. Die EU-Mitgliedsstaaten setzen verschiedene Strategien ein, um möglichst wenigen Menschen Zugang zum europäischen Asylsystem zu verschaffen. Das geschehe einerseits durch die Zusammenarbeit mit Drittstaaten wie Libyen, die den Zugang nach Europa verhinderten oder indem europäische Häfen für Rettungsschiffe geschlossen würden. Das entschieden zwar die Mitgliedsstaaten selbst, häufig toleriere aber die EU diese Entscheidung. In einem anderen Fall mache sich die EU aber direkt mitschuldig. „Wenn Positionsdaten von Schiffen an die libysche Küstenwache weitergegeben werden, begeht die EU aus unserer Sicht Beihilfe zur Handlung einer völkerrechtswidrigen Tat“, sagt Harbou. Bedeutet: Mit den Positionsdaten kann die libysche Küstenwache die Boote zurück nach Libyen bringen, wo den Menschen unter Umständen Folter droht.
https://www.jungewelt.de/artikel/389185.eu-und-fl%C3%BCchtlinge-aufr%C3%BCsten-und-ausbeuten.html
https://www.dw.com/de/migration-das-menschenrechts-dilemma-der-eu/a-55401177

Ursprünge und Ideologie der Fratelli d’Italia

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Das Logo der Fratelli d’Italia

1946 gründeten ehemalige Exponent*innen des faschistischen Regimes das neofaschistische Movimento Sociale Italiano – Destra Nazionale (MSI-DN), das sich mit der sogenannten Fiuggi-Wende 1995 den neuen Namen Alleanza Nazionale gab. Trotz einer weiterhin bestehenden Minderheit von ehemaligen MSI-DN-Leuten richtete sich die Partei unter dem neuen Namen zunehmend national-konservativ aus. 2009 schloss sich die Alleanza Nazionale mit Forza Italia zusammen. Die beiden wichtigsten rechten Regierungsparteien Italiens gründeten „Il popolo della libertà“. So verschwand die historisch grösste Partei der italienischen Rechten, die Alleanza Nazionale. Doch nachdem „Il popolo della libertà“ die Regierung Monti unterstützte, spaltete sich der rechte Flügel, also die Ehemaligen von Nationale Allianz, 2012 ab. Es war die Geburtsstunde der Fratelli d’Italia. Das Symbol der neuen Partei ist die dreifarbige Flamme, die historisch bereits von der MSI-DN verwendet wurde. 2013 gelang der Fratelli d’Italia bei den nationalen Wahlen mit 9 Abgeordneten und fast 2% der Stimmen der Einzug ins Parlament. Die Partei mobilisierte schnell. Der Erfolg begann in den historischen Hochburgen der italienischen Rechten im Süden Lazios und in einigen Gebieten Süditaliens und weitete sich allmählich auf das ganze Land aus.
Ganz nach der alten Schule hat die Partei nun Büros in ganz Italien und verfügt mit den Gioventù Nazionale (GN) über eine wachsende Jugendorganisation. Diese ist an den italienischen Universitäten unter dem Akronym Azione Universitaria und als Azione Studentesca in den Gymnasien präsent. Die GN hebt sich durch radikalere Ideologie, Symbolik und Handlungsmethoden von der Mutterpartei ab und steht in engen Austausch zu anderen faschistischen Parteien und Bewegungen wie Forza Nuova oder Casapound.
Die Fratelli d’Italia politisieren im Wesentlichen mit starkem Bezug auf den Nationalkonservatismus und souveränistische Thesen. Ihr Slogan „Gott, Heimat und Familie“ verweist auf ihre spirituelle Vorstellung des Lebens. Sie verfechten die „traditionelle Familie“ sowie die Werte der nationalistischen und volkstümlichen Traditionen.
Wirtschaftspolitisch stehen sie mit ihrem Slogan „Made in Italy“ für einen extremen Protektionismus ein. Gleichzeitig sind sie gegen gleichgeschlechtliche Ehen, eingetragene Partnerschaften, das Recht auf Adoption für homosexuelle Paare sowie gegen das Gesetz zur Bekämpfung und Verhinderung von Homophobie. Sie sind auch gegen die Legalisierung von Sterbehilfe, der ius soli, der ius culturae, des Cannabiskonsums oder der Leihmutterschaft. Leihmutterschaft wollen sie zu einem „universellen Verbrechen“ machen, um die Anwendung für Italiener*innen auch im Ausland zu bestrafen. Migrationspolitisch ist die Partei für die Kriminalisierung der „illegalen Einwanderung“ und schlägt „Marineblöcke“ im Mittelmeer vor. Auch fordert sie bessere Löhne und Ausrüstung bei der Polizei und den Einsatz der Armee bei der Verbrechensbekämpfung. Als EU-Kritiker*innen ist die Partei bei der europäischen Fraktion Europäische Konservative und Reformer (EKR) angegliedert, zusammen mit den britischen Konservativen, Recht und Gerechtigkeit aus Polen oder den Vox aus Spanien.
https://antira.org/2020/11/02/fratelli-ditalia/

Was war eher gut?

Neuer antirassistischer Medien-Blog
Es gibt einen neuen Blog: NCHM* oder die Neuen Schweizer Medienmacher*innen setzen sich für eine reflektierte und anti-rassistische Berichterstattung ein und fordern mehr Medienschaffende mit Migrationsgeschichte. Sie sind ein Netzwerk von Medienschaffenden mit und ohne Migrationsgeschichte, welche die Ausgangslage wie folgt beschreiben: „Vielfalt ist in der Schweiz allgegenwärtig: Sie ist ein selbstverständlicher Teil der eigenen Biografie, der Familie, der Beziehungen und Freundschaften. Über ein Drittel der Bevölkerung in der Schweiz hat Eltern, die nicht in der Schweiz geboren wurden. Wir leben längst in einer postmigrantischen Gesellschaft, doch diese widerspiegelt sich nur sehr beschränkt in der Schweizer Medien. Stimmen und Gesichter von Menschen mit Migrationsgeschichte kommen, gemessen an ihrem Anteil in der Bevölkerung, nur selten als Akteure in den Medien vor. Stattdessen dominiert das Sprechen «über» Migrant*innen und die Zweiteilung in «wir» und die «anderen» den medialen Diskurs. Es ist selbstredend, dass sich Menschen mit Migrationsgeschichte von einer tendenziösen und pauschalisierenden Berichterstattung weder repräsentiert noch angesprochen fühlen.“
Über den Blog begleiten sie kritisch den aktuellen Mediendiskurs. So gibt es z.B. einen Blog-Eintrag über eine SRF News-Sendung von letzter Woche: https://neuemedienmacherinnen.ch/srf-news-er-wurde-zum-tuerken/?fbclid=IwAR0xTuTW_4_SRAshJ4Ha_xr4pUf3gZw5HjyhMlq1FCm756a-RMgoQsJ5uNw

Was nun?

SEM will Handys und Tablets von geflüchteten Menschen systematisch erfassen
Die staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) will dafür eine gesetzliche Anpassung. Der Vorschlag kommt von SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Er begründet ihn damit, dass angeblich viele asylsuchende Personen ohne Ausweispapiere einreisen würden und deshalb ihre Identität nicht nachgewissen werden könne. Nach Angaben des Bundes trifft dies auf vier Fünftel der asylsuchenden Personen zu.
Die Mehrheit der Kommission, v.a. Vertreter*innen der SVP und Mitte-Fraktionen wie auch 24 Kantone begrüssen diesen Vorschlag. «Die Auswertung von mobilen Datenträgern ist eine effiziente Methode, um Informationen über die Identität einer Person zu erhalten.» Dies mag sein. Jedoch ist die Auswertung von Handydaten in erster Linie ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte. Laut Schweizerischer Flüchtlingshilfe (SFH) ist der Eingriff in die Privatsphäre unverhältnissmässig. Denn bereits jetzt können asylsuchende Personen freiwillig die Handy- und Computerdaten als Beweismittel geltend machen. Zudem könne das SEM niederschwelligere Prüfverfahren wie öffentlich zugängliche Social Media-Daten zur Prüfung beiziehen. Weiter sieht der Gesetzesentwurf gar vor, dass Personendaten von Drittpersonen ausgewertet werden können – ohne deren Einwilligung.
​​​​​​​Der Vorschlag geht weiter als die gesetzliche Grundlage in Bezug auf Datengenerierung in Strafverfahren. Zusammengefasst bedeutet der Vorschlag: Geflüchtet gleich verdächtig, gleich kriminell, gleich kein Recht auf Privatsphäre! Wieder werden fundamentale Rechte von geflüchteten Personen beschnitten.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-n-2020-10-26.aspx
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/privatsphaere-von-asylsuchenden-muss-gewahrt-werden
https://www.srf.ch/news/schweiz/identitaet-von-asylsuchenden-behoerden-wollen-handys-von-asylbewerbern-systematisch-auswerten

Der ORS AG sind die Covid-Schutzmassnahmen egal
Gemäss Aussagen von geflüchteten Aktvist*innen in den Asylcamps Aarwangen und Gampelen fördert die ORS AG die Verbreitung des Virus und gefährdet somit Leib und Leben von Menschen. Im Rückkehrzentrum Aarwangen wurden mehrere Mitglieder einer Familie positiv auf Covid getestet. Überall sonst müssten sich diese Personen nun in Quarantäne begeben, um keine weiteren Menschen anzustecken. Doch im Asylcamp muss der negativ getestete Teil der Familie weiterhin im gleichen Schlafraum mit den positiv getesteten Personen zusammenwohnen.
Auch im Rückkehrzentrum Gampelen verweigert die ORS AG den Menschen die Möglichkeit, sich vor dem Virus zu schützen. Nachdem eine Frau positiv auf Covid getestet wurde, kam es zu folgenden Fehlleistungen der ORS AG:
1. Den Frauen, die denselben Schlafraum teilen wie die positiv getestete Frau, verweigert die ORS AG die Möglichkeit, sich richtig zu isolieren. Gemäss BAG müssen Personen, die engen Kontakt mit der positiv getesteten Person hatten, zehn Tage in Isolation.
2. Nachdem das positive Testergebnis bekannt wurde, setzte die ORS AG den gesamten Trakt der Frauen im Camp unter Quarantäne. Gleichzeitig – am Mittwochmorgen – wurde ihnen gesagt, dass ihnen während der Quarantäne Essen geliefert würde. Bis am Freitag wurde kein Essen gebracht. Und auch dann nur von solidarischen Menschen ausserhalb des Camps, weil die ORS AG immer noch kein Essen geliefert hatte.
3. Die ORS AG informiert die Menschen im Camp völlig ungenügend über die Covid-Situation und den geplanten Umgang mit Erkrankungen im Camp. Der Zugang zu Informationen ist wichtig, um Ruhe bewahren zu können. Stattdessen ist die Stimmung nun aufgebracht und verunsichert. Dazu kommt, dass in Gampelen das WLAN seit Tagen nicht funktioniert, was die Informationsbeschaffung zusätzlich erschwert.
Die ORS AG nimmt durch ihr Handeln die Gefährdung von Menschen und die Verbreitung des Virus bewusst in Kauf, indem sie ihnen keine Möglichkeit zur Isolation / Quarantäne bietet, den Zugang zu Nahrungsmitteln verweigert und keine Informationenen zur Situation und den Umgang mit dem Virus weitergibt.
Letzte Woche wurden der Migrationsdienst und der Kantonsarzt über das grobe Fehlverhalten der ORS AG informiert. Wie zu erwarten, stellt sich der Migrationsdienst auf die Seite der ORS, statt sich solidarisch mit den Menschen in den Camps zu zeigen: Es handle sich um „Einzelfälle“ und „unbeabsichtigte Missverständnisse“. Auf die konkreten Vorwürfe wurde nicht reagiert.

Petition fordert die Legalisierung der tibetischen Sans-Papiers
Die Tibetische Sans-Papiers-Gemeinschaft Schweiz fordert in einer Petition von Bundesrätin Karin Keller-Sutter (EJPD) und vom Staatssekretariat für Migration (SEM):
1. Legalisierung aller Aufenthaltstitel der abgelehnten tibetischen Asylsuchenden
2. Gewährleistung von unabhängigen und rechtsstaatlichen Asylverfahren für tibetische Asylsuchende
3. Sofortiger Stopp der Erneuerung des geheimen Abkommens zwischen der Schweiz und China(*)
In ihrer Begründung schreiben sie: „Derzeit leben knapp 300 abgelehnte tibetische Asylbewerber als Sans-Papiers in der Schweiz. Die Asylgesuche wurden abgelehnt, weil das Staatssekretariat für Migration (SEM) vermutet, dass sie ausserhalb von Tibet sozialisiert wurden. Diese abgelehnten Asylsuchenden wurden aufgefordert, die Schweiz zu verlassen, was jedoch aufgrund fehlender Papiere nicht möglich ist. Sie erhalten Nothilfe und leben in Notunterkünften. Aufgrund ihres “illegalen” Aufenthalts werden sie mit Geld- und Haftstrafen, in einigen Kantonen auch mit einer Eingrenzung belegt.“
https://www.change.org/p/bundesr%C3%A4tin-karin-keller-sutter-legalisierung-der-tibetischen-sans-papiers
https://blogs.letemps.ch/jasmine-caye/2020/10/29/tibetains-deboutes-de-lasile-un-expert-pro-chinois-aurait-influence-le-sem/

Mit der Balkanbrücke gegen die tägliche Gewalt auf der Fluchtroute
Was die Seebrücke ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Doch was ist die Balkanbrücke? Die Balkanbrücke macht ergänzend zur Seebrücke, welche die Situation auf dem Mittelmeer und in den griechischen Lagern beleuchtet, auf das vergessene Elend in den Ländern des Westbalkans aufmerksam, wo tausende Menschen an Landesgrenzen der EU vergeblich auf ein Weiterkommen hoffen und tagtäglich schwere Gewalt erleben.
Die Initiative hat sich als Reaktion auf die extreme Entrechtung gegründet, die flüchtende Menschen auf der Balkanroute erfahren. Ähnlich der Seebrücke versteht sie sich als Plattform, auf welcher Entwicklungen über die Menschenrechtsverletzungen an den Europäischen Aussengrenzen – in diesem Fall liegt der Fokus auf der so genannten Balkanroute – geteilt und in eine breite Öffentlichkeit getragen werden. Denn die Situation von Flüchtenden auf dem Balkan gerät mehr und mehr in Vergessenheit. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, gibt die Balkanbrücke einen Überblick über die sich immer wieder verändernden Umstände entlang der Route und übt damit gleichzeitig öffentlichen Druck auf politische Entscheidungsträger*innen aus. Sie steht dabei in engem Austausch mit Akteur*innen und Aktivist*innen vor Ort. Zudem organisiert die Balkanbrücke zusammen mit Künstler*innen Veranstaltungen, um Spenden für die aktiven Menschen vor Ort zu sammeln. Dabei geht es nicht ausschliesslich um Fundraising, sondern um die Verbindung gemeinsamer Kämpfe und das Teilen von Wissen und Ressourcen.
Die Beteiligung an der Balkanbrücke ist sehr erwünscht. Ob mit Appellen an Politiker*innen, Vorträge, Ausstellungen, Aktionen…
Die tägliche Gewalt, welcher Migrant*innen auf der Balkanroute ausgesetzt sind, ist massiv und brutalster Art: Illegale Push-Backs von Kroatien nach Bosnien; dort drohen Schläge und Folter durch Polizeieinheiten. Menschen werden verstümmelt, damit sie eine Zeit lang nicht mehr laufen können und somit den Grenzübertritt in die EU nicht antreten können. Zeug*innenberichte sowie Foto- und Videomaterial von Betroffenen liegt massenhaft vor. Eigentlich müssten alle Personen, die es nach Kroatien und damit in die EU schaffen, dort menschenwürdig behandelt werden und ein Asylverfahren bekommen. Stattdessen wird bewusst das Völkerrecht gebrochen. Menschen werden gepeinigt, um andere abzuschrecken. Kroatien bekommt vom Rest der EU grünes Licht für dieses Vorgehen. Von der europäischen Öffentlichkeit wird die grausame Praxis zudem nicht entschieden genug kritisiert. Wo bleibt der Aufschrei?
https://balkanbruecke.org/
https://www.sueddeutsche.de/politik/kroatien-grauenerregende-zeugenaussagen-1.5094756
https://www.tagesschau.de/ausland/bosnien-pushbacks-101.html

https://www.facebook.com/balkanbruecke/posts/200303304795148

Anonyme Meldestelle stop-racism.ch ist online
2019 wurden insgesamt 575 rassistische Fälle bei Schweizer Beratungsstellen gemeldet. Davon wurden 352 als rassistische Diskriminierung registriert. Die Dunkelziffer ist aber gewiss noch viel, viel höher. Woran liegt das?
Manchmal ist der Weg zu einer Anlaufstelle mit Hürden verbunden. Manchmal wissen Betroffene gar nicht, dass sie eine Möglichkeit haben, einen Vorfall zu melden. Manchmal trauen sie sich nicht, ihre Geschichte zu erzählen, weil sie Schamgefühle haben oder anonym bleiben möchten. Dem will Campax entgegenwirken. Mit stop-racism.ch haben wir ein Werkzeug entwickelt, das ermöglicht rassistische Diskriminierung einfach und anonym zu melden und Kontakt zu Beratungsstellen herzustellen.
Warum eine online Plattform?
Gemäss dem Rassismusbericht 2019 gibt es verschiedene Gründe, warum Beratungsstellen nicht aufgesucht werden. Einerseits fehlt die Kenntnis über die Stellen, oder das Vertrauen ist nicht vorhanden. Andererseits haben Betroffene oft aus unterschiedlichen Gründen Angst, solche Stellen aufzusuchen. Dies führt zu einer enorm hohen Dunkelziffer. Dazu kommt, dass Besucher von Beratungsstellen oft Menschen mit einem Schweizer Pass sind und nicht Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene oder Sans-Papiers. Besonders für letztere ist die Hemmschwelle für die Inanspruchnahme einer Beratung in der Regel sehr hoch. Deshalb ist eine anonyme online Meldestelle wie stop-racism.ch unverzichtbar. Von nun an sollen alle Menschen, die Opfer rassistischer Diskriminierung werden, möglichst niederschwellig von Zuhause aus ihren Vorfall melden können und ohne Angst mit den richtigen Fachpersonen verbunden werden.
Die gemeldeten Fälle können für Forschungszwecke ausserdem anonymisiert bei Campax eingeholt werden. Damit erlaubt die Plattform, dass die Fälle in einem breiteren Zusammenhang analysiert werden können. Sie verschwinden also nicht einfach von der Bildfläche, sondern werden ihren Teil zu einer rassismus- und diskriminierungsfreien Schweiz beitragen.
Damit wir die Plattform am Laufen halten und stetig verbessern können, brauchen wir Deine Hilfe. Wir benötigen Spenden, damit wir am Thema dranbleiben und den Menschen helfen können, die Opfer rassistischer und diskriminierender Übergriffe wurden. Wir wollen denen eine Stimme geben, denen sonst nicht zugehört wird. Sandra, hilfst Du uns, unsere online Meldekarte auf stop-racism.ch zu finanzieren? Schon ein kleiner Beitrag hilft enorm! Und am meisten helfen regelmässige Spenden, denn so ist der Betrieb der Plattform in der Zukunft gesichert!
Hier kannst du das Projekt unterstützen: https://campax.payrexx.com/de/pay: ?utm_source=campax&utm_medium=email&utm_campaign=blast2020-10-31&cid=f48dc650

Was steht an?

Manifestation Solidaire
Sa, 14.11.2020 | 14.00 | Hôtel de ville Fribourg | Collectiv Poya Solidaire
Nous demandons:
– La regularisation de notre status (un permis de séjour)
– Le droit au travail et à la formation
– Une politique migratoire basée sur l accuueil, pas l exclusion, l enfermement et l expulsion!

Schaufenster-Rundgang «Securitas-Gewalt im Bundesasyllager Basel»
14.11.20 I 14.00 Uhr I Treffpunkt: Keck-Kiosk, Tramhaltestelle „Kaserne“
Eine Aktivist*innen-Gruppe hat eine Ausstellung zur Securitas-Gewalt im Camp 50 Basel aus Zitaten aus der Dokumentationsbroschüre «Sie finden immer einen Grund, uns zu schlagen» (Basel, Mai 2020) zusammengestellt:Im November rufen uns deswegen einige Schaufenster in Basel dazu auf, kurz innezuhalten. Wahrnehmen können wir in ihnen Stimmen von gewaltbetroffenen Asylsuchenden aus dem Bundesasyllager Basel. Im Mai 2020 wurden ihre mutigen und anklagenden Zeugnisse in der Dokumentationsbroschüre «Sie finden immer einen Grund uns zu schlagen» publiziert. Dabei ist Basel kein Einzelfall. Von Zürich über Embrach bis nach Giffers  – immer wieder erreichen uns aus den Asylunterkünften besorgniserregende Berichte über psychische Erniedrigung und physische Gewalt. Wir beobachten, wie die Schweiz das restriktive europäische Migrationsregime mitträgt und sich auch selber immer perfidere Mittel ausdenkt, damit geflüchtete Menschen nie und nirgends ankommen können. Wir wünschen uns einen starken Gegendiskurs und rufen alle Menschen dazu auf, nicht gleichgültig zu bleiben!
https://3rgg.ch/schaufenster-rundgang/

Nächste Prozesstermine zu Basel Nazifrei
Der nächste Termin ist am 17.11 um 7.30 beim Gericht (Schützenmattstrasse 20, Basel).
Wir rufen zur Demonstration auf. Für einen lebendigen Antifaschismus, gegen die verschärfte Repression und in Solidarität mit den Angeklagten.
https://barrikade.info/article/3924

Basel Nazifrei: Demo!
28.11.20 I 16.00 Uhr I Theaterplatz Basel
Genau zwei Jahre ist es her, dass die Neonazis von der PNOS aus Basel verjagt wurden – durch eine riesige Gegendemonstration mit rund 2‘000 Menschen. Im Nachgang der Basel Nazifrei Demo rollte eine riesige Repressionswelle an: über 60 Strafverfahren wurden eröffnet und etliche Hausdurchsuchungen durchgeführt. Seit Juli 2020 laufen die Prozesse und Demonstrierende wurden – teilweise aufgrund der schlichten Anwesenheit an der Demo – zu mehrmonatige Gefängnisstrafen verurteilt.Wir sehen die laufenden Prozesse als massiven politischen Angriff, als autoritären Einschüchterungsversuch. Dagegen müssen wir uns jetzt wehren – und zwar alle gemeinsam! Es gilt zu verhindern, dass sich neue Repressions-Standards durchsetzen und damit Protest auf der Strasse erschwert wird. Lassen wir die Kriminalisierung von sozialen Bewegungen nicht zu! Zeigen wir gemeinsam, dass diese Einschüchterung nicht funktioniert!
https://barrikade.info/article/3918

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Stichwort «Menschenzoo»
Vor dem Haus Luisenstrasse 20 im Kirchenfeld hängt unauffällig, doch nicht zu übersehen, eine feine kleine Ausstellung. Sie mahnt, dass scheinbar Vergangenes nicht vergangen ist. Und sie fordert uns heraus.
http://www.journal-b.ch/de/082013/kultur/3727/Stichwort-%C2%ABMenschenzoo%C2%BB.htm

Die unsichtbare Macht
Verschwörungsmythen haben Hochkonjunktur. Zwischen Verschwörungsmythen und Antisemitismus bestehen starke Verbindungen, Antisemitismus ist vielleicht der älteste Verschwörungsmythos überhaupt. Im Mittelpunkt antisemitischer Erzählungen steht »die jüdische Weltverschwörung«. Dieses Motiv wird in der Covid-19-Pandemie aktualisiert.
https://www.iz3w.org/zeitschrift/ausgaben/381-antisemitismus/verschwoerungsmythen

Right now, Fire in the new refugee camp on Lesvos island
Critical report of an activist on the participation of NGOs on the situation in the new camp on Lesbos: „Don’t come, stay home and send money to NGOs that are doing great work and knows what they are doing on the ground outside the camp, don’t come and make a mess or give problems.“
https://www.facebook.com/sk.aldeen.3/posts/1844058355752652