Medienspiegel 23. Oktober 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++OBWALDEN
FC Tibet gibt Flüchtlingen eine Heimat
https://www.tele1.ch/nachrichten/fc-tibet-gibt-fluechtlingen-eine-heimat-139578909


+++SOLOTHURN
Hansruedi Gunziger, der Co-Pilot: Wie man in einem Projekt der Caritas einem Asylbewerber helfen kann
Vor einem Jahr hat die Caritas Solothurn zusammen mit dem Naturpark Thal das Projekt Co-Pilot im Thal ins Leben gerufen.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/thal-gaeu/hansruedi-gunziger-der-co-pilot-wie-man-in-einem-projekt-der-caritas-einem-asylbewerber-helfen-kann-139569471


+++ZÜRICH
«Die 5000 Portionen waren innerhalb von zwei Tagen verteilt»
Im Frühling stellte der 22-jährige, aus Guinea stammende Amine Diare Conde das Projekt «Essen für Alle» auf die Beine. Jeden Samstag verteilt er zusammen mit freiwilligen HelferInnen Essenspakete an Sans-Papiers, abgewiesene Asylsuchende und andere armutsbetroffene Menschen. Warum wir in der Schweiz endlich hinschauen und unseren Umgang mit Sans-Papiers überdenken müssen, erklärt er im Gespräch mit Fabienne Grimm.
https://www.pszeitung.ch/die-5000-portionen-waren-innerhalb-von-zwei-tagen-verteilt/#top


Rückkehrzentrum: Der Regierungsrat muss zu gleich zwei Anfragen Stellung nehmen
Ein SVP-Kantonsrat will unter anderem Genaueres zu den Ausgaben für die Bewachung wissen, eine SP-Kantonsrätin hingegen, ob der Regierungsrat zu einer Schliessung des Rückkehrzentrums bereit sei.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/region-limmattal/rueckkehrzentrum-der-regierungsrat-muss-zu-gleich-zwei-anfragen-stellung-nehmen-139565497


+++SCHWEIZ
Asylstatistik 3. Quartal 2020
Von Juli bis September 2020 wurden in der Schweiz 3161 Asylgesuche eingereicht, 14,3 Prozent weniger als im dritten Quartal 2019. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden 7753 Gesuche registriert, was einem Rückgang von 27,7 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode entspricht. Im September 2020 gingen 1131 Gesuche ein, 16 Prozent mehr als im Vormonat und 5,5 Prozent weniger als im September 2019.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-80827.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/asylstatistik-september-starker-rueckgang-bei-asylgesuchen
-> https://www.watson.ch/schweiz/migration/767936203-asylgesuche-sind-um-ueber-einen-viertel-eingebrochen


+++ITALIEN
Seenotretter kämpfen vor Gericht gegen Festsetzung von Sea-Watch 4
Die italienischen Behörden werfen der NGO unter anderem vor, dass das Schiff zu viele Rettungswesten an Bord habe
https://www.derstandard.at/story/2000121181022/seenotretter-kaempfen-vor-gericht-gegen-festsetzung-von-sea-watch-4?ref=rss


+++MITTELMEER
spiegel.de 23.10.2020

Verbrechen im Mittelmeer: Frontex in illegale Pushbacks von Flüchtlingen verwickelt

Griechische Grenzschützer schleppen massenhaft Flüchtlinge aufs offene Meer zurück. Recherchen des SPIEGEL und seiner Partner zeigen, welche Rolle EU-Beamte dabei spielen.

Von Giorgos Christides, Emmanuel Freudenthal, Steffen Lüdke und Maximilian Popp

Jouma al-Badi wähnte sich in Sicherheit, als er am 28. April erstmals europäischen Boden betrat. Er war gemeinsam mit 21 weiteren Flüchtlingen in einem Schlauchboot aus der Türkei auf die griechische Insel Samos übergesetzt. Nun wollte der junge Syrer Schutz beantragen. Er dokumentierte seine Ankunft auf Videos, auch Anwohner erinnern sich an die Flüchtlinge.

Griechische Sicherheitskräfte griffen die Migranten auf. Es wäre nun nach internationalem Recht ihre Pflicht gewesen, die Neuankömmlinge anzuhören, ihre Asylgesuche aufzunehmen. Stattdessen schleppten die Beamten die Schutzsuchenden zurück aufs offene Meer, setzten sie auf einem aufblasbaren Gummifloß aus. So berichtet es al-Badi, auch Videos, die dem SPIEGEL vorliegen, zeigen ihn auf dem Floß.

Eine Nacht und einen Morgen lang drängten griechische Grenzschützer die Frauen und Männer ab, immer wieder fuhren sie Kreise um das Gummifloß. Die türkische Küstenwache filmte das Manöver.

Über die Flüchtlinge zog zudem ein Flugzeug hinweg, das von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex genutzt wird. Die Besatzung des Überwachungsflugzeugs „G-WKTH“ war Teil einer EU-Operation in Griechenland. Zweimal überflog das Flugzeug die Meerenge von Mykali, in der sich al-Badi und die anderen Migranten befanden. Das erste Mal um 2.41 Uhr, das zweite Mal um 3.18 Uhr, das belegen Flugdaten, die der SPIEGEL einsehen konnte.

Die Besatzung hat standardmäßig eine MX-15-Kamera an Bord, mit Infrarotsensor und einem Sensor für schwierige Lichtverhältnisse, selbst nachts kann sie damit kleine Objekte auf dem Wasser ausmachen. Laut einem Frontex-Werbevideo werden die Bilder der Kamera live in die Frontex-Zentrale in Warschau gestreamt. Doch Frontex schickte keine Hilfe.

Dem Syrer schlugen die Wellen ins Gesicht. Die Kraft ging ihm aus. Er glaubte, sterben zu müssen.

Die griechische Regierung bestreitet, Flüchtlinge in die Türkei zurückzuschaffen, und das, obwohl der SPIEGEL und andere Medien mehrere dieser sogenannten Pushbacks dokumentiert haben. Griechische Grenzschützer gehen immer skrupelloser vor. Inzwischen schieben sie, wie im Fall al-Badi, selbst jene Flüchtlinge aufs Meer zurück, die bereits griechische Inseln erreicht haben. Solche Operationen sind nach internationalem Recht illegal.

Frontex-Offizielle behaupten öffentlich, nichts von Pushbacks griechischer Grenzschützer zu wissen. Dabei hat die Agentur 600 Beamte in Griechenland im Einsatz sowie Schiffe, Drohnen, Flugzeuge.

Der SPIEGEL hat gemeinsam mit den Medienorganisationen Lighthouse Reports, Bellingcat, dem ARD-Magazin „Report Mainz“ und dem japanischen Fernsehsender tv Asahi über mehrere Monate hinweg in der Ägäis recherchiert. Die Reporter verfolgten die Positionen von Frontex-Einheiten und glichen sie mit Positionsdaten von Pushbacks ab, die NGOs und Migranten aufgezeichnet hatten. Sie sprachen mit Augenzeugen, Flüchtlingen und Frontex-Mitarbeitern. Sie sichteten interne Dokumente sowie Dutzende Videos und Satellitenfotos.

Die Recherchen belegen erstmals, dass Frontex-Beamte von den illegalen Praktiken der griechischen Grenzschützer wissen – und zum Teil selbst in die Pushbacks verwickelt sind. Der Rechtsbruch ist Alltag geworden an Europas Grenzen. Und die EU lässt es geschehen.

Samira Mohammad konnte Lesbos schon sehen, als die Männer mit den Masken kamen. Die Frau aus Syrien, die ihren wirklichen Namen nicht nennen möchte, ist 45 Jahre alt, sie saß an diesem Morgen des 15. August mit Dutzenden anderen Menschen auf einem Schlauchboot. Griechische Grenzschützer hätten vergebens versucht, die Ankommenden zu stoppen, so erinnert sie sich. Sie hätten auf das Boot zugesteuert und es Richtung Türkei gedrängt, immer wieder. Die türkische Küstenwache habe dagegengehalten. „Griechischer Wasserball“ nennen Einheimische das zynische Spiel inzwischen.

Die griechischen Beamten hätten ihnen das Benzin abgenommen und den Motor zerstört, so Mohammad. Dann seien maskierte griechische Grenzschützer aufs Schlauchboot gestiegen. Mit vorgehaltener Waffe, so erinnern sich mehrere Flüchtlinge, zwangen sie die Migranten, das wackelige Schlauchboot an ein Schnellboot zu binden. Dann zogen die Grenzschützer das Boot Richtung Türkei. Videos belegen die Aussagen der Flüchtlinge, der zerstörte Motor ist klar zu erkennen.

Mohammad hatte in diesen Momenten Todesangst. Ihre gesamte Familie war an Bord, die Schwiegertochter war schwanger, später sei sie mit starken Blutungen ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Das Manöver vor der Küste von Lesbos dauerte über Stunden an. Erst am Mittag barg die türkische Marine die Flüchtlinge.

Auch ein rumänisches Frontex-Boot war an dem Vormittag vor Ort. Die „MAI 1102“ lag nur wenige Hundert Meter vom Flüchtlingsboot entfernt. Auf einem Foto lässt sich das Boot eindeutig identifizieren. Ein deutsches Marineschiff im Nato-Einsatz beobachtete den Zwischenfall ebenfalls, meldete ihn an die Bundesregierung, ebenso wie die Anwesenheit der Frontex-Leute. Das geht aus einem internen Dokument hervor, das dem SPIEGEL vorliegt. Trotzdem wurde der Pushback bis heute nicht öffentlich.

Am 8. Juni gingen Frontex-Beamte noch einen Schritt weiter. Das Schiff „MAI 1103“, das ebenfalls unter rumänischer Flagge fährt, blockierte direkt ein Flüchtlingsboot. Mehrere Videos, die die türkische Küstenwache aufgenommen hat und die der SPIEGEL verifizieren konnte, zeigen den Vorfall: Die Beamten stehen an Deck, kommunizieren offensichtlich mit den Flüchtlingen, die vor ihnen im Wasser treiben.

Später fährt die „MAI 1103“ in hohem Tempo an den Flüchtlingen vorbei, die Wellen schlagen gegen das Boot. Anschließend ziehen sich die rumänischen Beamten zurück, die griechische Küstenwache übernimmt die Aktion.

„Diese Pushbacks verstoßen gegen das Verbot der kollektiven Zurückweisung und gegen Seerecht“, sagt Dana Schmalz, Völkerrechtlerin am Max-Planck-Institut in Heidelberg. Wenn Frontex-Beamte ein völlig überfülltes Schlauchboot stoppten, müssten sie die Menschen sofort retten. „Wenn sie das nicht tun, stattdessen sogar noch Wellen machen, wegfahren und dann die Griechen die Drecksarbeit machen lassen – dann sind sie in den illegalen Pushback involviert.“

Die Recherchen des SPIEGEL und seiner Partner zeigen, dass Frontex seit April bei mindestens sechs Pushbacks mit einem Überwachungsflugzeug, portugiesischen oder rumänischen Schiffen in der Nähe war. Die Dunkelziffer könnte noch viel höher sein.

Die allermeisten Frontex-Schiffe in der Ägäis patrouillieren mit ausgeschalteten oder nicht nachverfolgbaren AIS-Transpondern, die ihre Positionen verraten würden. Ihre Anwesenheit lässt sich nur mühsam über Videos und Fotos nachweisen.

Frontex dementierte die einzelnen Vorfälle auf SPIEGEL-Anfrage nicht, sondern teilte mit, dass die Beamten die Grundrechte von Migranten schützten und das Recht auf Nichtzurückweisung respektierten. Alle gemeldeten Vorfälle seien an die griechische Küstenwache weitergeleitet worden, die habe eine interne Untersuchung eingeleitet. Die griechische Regierung wies die Vorwürfe pauschal zurück. Sie halte sich an die Gesetze und führe keine illegalen Abschiebungen durch.

Nach den Frontex-Statuten müssen Polizisten Rechtsverstöße in sogenannten Serious Incident Reports vermerken. Die Berichte allerdings, so sagen mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen übereinstimmend, werden immer seltener geschrieben. Unter den Grenzschützern, die aus ganz Europa für einige Monate nach Griechenland geschickt werden, sei es verpönt, das Gastgeberland durch solche Meldungen in Schwierigkeiten zu bringen.

Auch die Befragungen von Migranten werden offenbar zensiert. Immer wieder berichten Asylbewerber den Frontex-Beamten von Pushbacks durch griechische Sicherheitskräfte, so geht es aus Dokumenten hervor, die der SPIEGEL einsehen konnte. Das Wort Pushback jedoch meiden Frontex-Beamte in ihren Berichten, stattdessen ist von „returns“ die Rede. Zudem würden griechische Polizisten die Berichte gegenlesen.

In einem internen Schreiben an einen Europaabgeordneten, das dem SPIEGEL vorliegt, hat Frontex-Chef Fabrice Leggeri eingeräumt, dass seine Agentur einen Pushback aus der Luft aufgezeichnet habe. Die Menschen seien auf ein Gummiboot ausgesetzt und später von der türkischen Küstenwache gerettet worden. Auch in diesem Fall, sagt Völkerrechtlerin Dana Schmalz, hätte Frontex ein in der Nähe befindliches Schiff schicken müssen, um die Flüchtlinge zu retten.In den kommenden Jahren soll Frontex weiter ausgebaut werden, mehr Geld und mehr Mitarbeiter erhalten, um die Kontrollen an Europas Grenzen zu unterstützen. Frontex Komplizenschaft bei Verbrechen in der Ägäis weckt neue Zweifel, ob die Behörde dafür geeignet ist.

Der Syrer Jouma al-Badi musste mehr als 17 Stunden bangen, nachdem ihn die griechischen Sicherheitskräfte auf dem Gummifloß ausgesetzt hatten. Erst dann barg ihn die türkische Küstenwache.

Monate später schaffte er es doch noch nach Griechenland und von dort weiter nach Deutschland. Inzwischen hat er einen Asylantrag gestellt. Er fühlt sich sicher. Doch bis heute lässt ihn die Nacht auf dem Floß nicht los. Die Stunden im Meer, sagt al-Badi, seien die dunkelsten seines Lebens gewesen.

Lighthouse Reports und Bellingcat wurden bei der Recherche mit einem Stipendium des Programms „Investigative Journalism for Europe“ unterstützt.
(https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-frontex-in-griechenland-in-illegale-pushbacks-verwickelt-a-00000000-0002-0001-0000-000173654787)
-> https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/frontex-pushbacks-101.html
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-10/migration-frontex-fluechtlinge-illegale-pushbacks-griechische-kuestenwache
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/frontex-pushbacks-migration-griechenland-100.html


+++ALGERIEN
Massenabschiebungen aus Algerien: In die Wüste und aus dem Land
Seit Ende September hat Algerien mehr als 5.000 Menschen abgeschoben. Beobachter sprechen von einer „Kriegserklärung an Migrant*innen“.
https://taz.de/Massenabschiebungen-aus-Algerien/!5723213/


+++GASSE
Das Bettelverbot soll wieder kommen: Basler Regierung muss Wiedereinführung prüfen
Der Basler Grosse Rat beriet am späten Mittwochabend über die Wiedereinführung des Bettelverbots. Gefordert wurde dies von SVP-Grossrat Joël Thüring. Das Parlament diskutierte hitzig darüber.
https://www.bzbasel.ch/basel/das-bettelverbot-soll-wieder-kommen-basler-regierung-muss-wiedereinfuehrung-pruefen-139559749


Caritas Solothurn schliesst Supermarkt für Hilfsbedürftige in Olten: Das Engagement war zu teuer
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/nur-noch-1000-zuschauer-im-oltner-kleinholz?id=11863387


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Kommentar zu den neusten Prozessen gegen Baselnazifrei
Staatsanwalt Camilo Cabrera erschien gestern persönlich vor Gericht um 5 Jahre Landesverweis und 17-Monate bedingte Haftstrafe für einen Angeklagten zu fordern. Das Urteil: 9 Monate bedingt und kein Landesverweis. Im Prozess von letzter Woche wurde der Angeklagte statt den geforderten 11 Monaten bedingt „nur“ zu 7 Monaten bedingt verurteilt. Das ist eine klare Niederlage für den reaktionären Gesinnungstäter Cabrera. Es sind aber dennoch politisch zu bewertende Urteile.
https://barrikade.info/article/3945


+++POLIZEI BS
Basler Zeitung 23.10.2020

Misstrauen in den Staat: Basler Linke will neue Beschwerdestelle für Polizeigewalt

George Floyd in den USA und kleinere Fälle in Basel – das ist für 13 Grossräte ausreichend, um jetzt eine neue Instanz zu fordern. Die erste Hürde hat der Vorstoss genommen.

Mischa Hauswirth

Nach der Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA und den Vorwürfen von mutmasslicher Polizeigewalt in Basel sieht eine Gruppe aus 13 Grossrätinnen und Grossräten aus dem links-grünen Lager Handlungsbedarf. Die Vorfälle würden deutlich zeigen, «dass diese Probleme auch in der Schweiz und Basel existieren», heisst es in der «Motion betreffend einer unabhängigen Beschwerdestelle».

Am Mittwochabend beschloss der Grosserat knapp, mit 48 Ja- zu 45 Nein-Stimmen, diesen Vorstoss zu überweisen, obwohl Justizdirektor Baschi Dürr (FDP) in einem Votum schon klargemacht hat, dass die Regierung und auch die Kantonspolizei Basel-Stadt die Schaffung einer solchen Stelle für unnötig halten. Der Grund: Es gibt bereits eine Ombudsstelle. An diese können sich Personen wenden, wenn sie der Ansicht sind, sie würden von den Behörden ungerecht behandelt.

Die bestehende Struktur aber genüge nicht, so die Motionäre. «Opfer von diskriminierenden Personenkontrollen oder gar Polizeigewalt stehen vor grossen Hürden, wenn sie sich wehren wollen», heisst es. Diese Ombudsstelle solle Beschwerden im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen entgegennehmen, zum Beispiel, wenn sich jemand als Opfer von Gewalt oder diskriminierendem Verhalten von Polizisten sieht.

Bei Beschwerde keine Rechte?

Es geht bei der Motion auch um Rechtliches. Denn Personen, die eine Beschwerde einreichen, würden über keine Parteienrechte verfügen, die etwa Akteneinsicht gewährt oder ermöglicht, gegen Beschlüsse der Ombudsstelle Rechtsmittel zu ergreifen, heisst es. Und: Personen, die in Basel Opfer von Polizeigewalt oder Racial Profiling würden, hätten keine wirksame und unabhängige Ansprechstelle, an die sie sich ohne Angst vor einer Gegenanzeige wenden könnten. «Wir möchten, dass es künftig eine Beschwerdestelle gibt, die nicht im Justiz- und Sicherheitsdepartement angesiedelt ist», sagt Basta-Grossrätin Tonja Zürcher auf Anfrage. «Es muss eine unabhängige, mit Kompetenzen ausgestattete Stelle sein. Ob diese Beschwerdestelle dann einem anderen Departement angegliedert oder direkt dem Grossen Rat unterstellt wird, müsste der Regierungsrat in einem Vorschlag aufzeigen. Jedenfalls soll es sich um eine staatliche Stelle handeln.»

Das Argument, dass die bereits existierende Ombudsstelle unabhängig arbeitet, wollen die Motionäre bezüglich der Untersuchung von Polizeigewalt nicht gelten lassen. Der Fall von SP-Grossrätin Jessica Brandenburger gibt ihnen zumindest teilweise recht: Brandenburger hat sich wegen eines Polizeieinsatzes kritisch bei der Polizei gemeldet, wurde dann zur Aussage vorgeladen und erhielt aufgrund dieser Aussagen einen Strafbefehl wegen Landfriedensbruch; das Gericht sprach sie frei (BaZ berichtete).

«Permanente Kritik der Linken»

Schon während der Debatte im Grossen Rat kam der Widerstand vor allem von bürgerlicher Seite. Die FDP beispielsweise lehnt eine neue Beschwerdestelle kategorisch ab. «Der Vergleich mit dem Fall Floyd in den USA ist völlig deplatziert und einmal mehr eine Geringschätzung gegenüber unseren Polizistinnen und Polizisten», sagt Luca Urgese, Präsident der FDP Basel-Stadt. «Bereits heute hat der Kanton mit der Ombudsstelle eine unabhängige Beschwerdestelle. Es kann nicht sein, dass wir eine zusätzliche Stelle schaffen, die zwar Führungsaufgaben wie Disziplinaruntersuchungen wahrnehmen soll, aber keinerlei Führungsverantwortung trägt.»

Auch Felix Wehrli, SVP-Grossrat und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, sieht den Bedarf einer solchen Stelle nicht. «Es muss erstens klar festgehalten werden, dass die Polizei Fälle von mutmasslicher Gewalt oder Fehlverhalten intern untersucht. Davon auszugehen, dass sie dies nicht richtig macht, wäre falsch.
Zweitens gibt es die Ombudsstelle. Und man sollte nicht vergessen: Jedem steht offen, eine Strafanzeige zu machen.»

Urgese wie Wehrli fällt ein «tiefes Misstrauen» und «eine permanente Kritik der Linken gegenüber der Polizei und den Strafbehörden» auf. Vielleicht stehe dieses Misstrauen in Zusammenhang mit den unbewilligten Demos und dem konsequenten Durchgreifen bei Angriffen auf Polizisten und Sachbeschädigungen, so Urgese.
(https://www.bazonline.ch/basler-linke-will-neue-beschwerdestelle-fuer-polizeigewalt-565076942897)
-> Motion: http://www.grosserrat.bs.ch/de/geschaefte-dokumente/datenbank?such_kategorie=1&content_detail=200110393


+++RASSISMUS
Rassismus-Schock für Angélique Beldner bei SRF-Dreh: «Du bist eine schöne Brasilianerin – eben angebräunt»
In einem Dok-Film wollte Nachrichtenmoderatorin zeigen, wie sie in der Schweiz mit Rassismus konfrontiert wird und weshalb sie sich nun dagegen wehrt. Eine Situation beim Dreh sorgte auch bei der Moderatorin für einen Schock.
https://www.blick.ch/people-tv/tv/rassismus-schock-fuer-angelique-beldner-bei-srf-dreh-du-bist-eine-schoene-brasilianerin-eben-angebraeunt-id16158759.html


+++HOMOHASS
Homosexuelles Paar wird in Basler Bar verprügelt – und übt scharfe Kritik an der Polizei
«Ich muss vorher schauen, wo genau ich hingehe. Ich muss alle Online-Bewertungen der Bars durchlesen. Gibt es keine, werde ich hellhörig», sagt der US-Amerikaner Erich Mynock. Mynock ist schwul und lebt mit seinem Partner, Thomas Mathis, seit zwei Jahren in Basel. Er traue sich nicht mehr in eine unbekannte Bar zu gehen, sagt er. Der Hintergrund: Er und sein Partner wurden vor drei Wochen angegriffen.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/homosexuelles-paar-wird-in-basler-bar-verpruegelt-und-uebt-scharfe-kritik-an-der-polizei-139569587


+++RECHTSEXTREMISMUS
Wir freuen uns, dass Sie etwas gefunden haben, das Ihnen gefällt
Schweizer Onlineversandhändler bieten Naziliteratur an. Das ist gefährlich. Eine Reise durch die verstörende Welt rechtsextremer Verlage und ihre Vertriebswege.
https://daslamm.ch/wir-freuen-uns-dass-sie-etwas-gefunden-haben-das-ihnen-gefaellt/


Griechische Neonazipartei: Vizechef der Goldenen Morgenröte flieht vor Festnahme
Die Spitze der griechischen Neonazipartei Goldene Morgenröte ist wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden. Doch Vizechef Christos Pappas entzieht sich der Festnahme.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-vizechef-der-goldenen-morgenroete-flieht-vor-festnahme-a-b6b51da7-b4f1-4de0-8116-e320bb838614


Rechtsextremismus in Deutschland: Immer wieder diese «Einzelfälle»
Hitler-Bilder in Whatsapp-Chats, Morddrohungen und Terrorgruppen: Die deutschen Sicherheitsbehörden haben ein massives Problem in den eigenen Reihen. Innenminister Horst Seehofer scheint das allerdings wenig zu stören.
https://www.woz.ch/2043/rechtsextremismus-in-deutschland/immer-wieder-diese-einzelfaelle


Hakenkreuz und Hitlergruss: Unbekannte
versprayen Wohnquartier in Zuzwil mit Nazisymbolen und antisemitischen Zeichen
Die Tatwaffe ist eine Spraydose, der Tatort ein ruhiges Wohnquartier am Dorfrand Zuzwils. Unbekannte haben hier verschiedenenorts Hakenkreuze, SS-Runen und unleserliche Piktogramme auf Trottoire und Gartenmauern gesprüht. Ein provokanter Jugendstreich oder Ausdruck einer rechtsradikalen Gesinnung?
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wil/hakenkreuz-und-hitlergruss-unbekannte-versprayen-wohnquartier-in-zuzwil-mit-nazisymbolen-und-antisemitischen-zeichen-ld.1270739


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Spannungen in der Samsung Hall : Zuschauer sassen ohne Maske bei Premiere von «Unerhört!»
Am Freitagabend wurde der Film «Unerhört!» von Reto Brennwald in der Samsung Hall in Zürich-Stettbach mit einem Podium im Anschluss vorgeführt. Die Stimmung war aufgeheizt.
https://www.20min.ch/story/zuschauer-sassen-ohne-maske-bei-premiere-von-unerhoert-484746374620


«Diese Vergiftung der Meinungsfreiheit stört mich»: Das sagt Reto Brennwald zu seinem Corona-Skeptiker-Film
Der ehemalige SRF-Journalist Reto Brennwald hat einen Dokumentarfilm zur Corona-Krise gedreht – und lässt darin vor allem Corona-Skeptiker zu Wort kommen. Die Podiums-Diskussion mit Daniel Koch, Hans-Ulrich Bigler und Stefan Büsser überträgt BLICK live (ab 20.30 Uhr).
https://www.blick.ch/people-tv/schweiz/diese-vergiftung-der-meinungsfreiheit-stoert-mich-das-sagt-reto-brennwald-zu-seinem-corona-skeptiker-film-id16159992.html


Ein einseitiger Film gegen die «Panikmache» – Eindrücke zum Corona-Film von Ex-SRF-Moderator Reto Brennwald
Der ehemalige SRF-Moderator lässt Kritiker der Corona-Massnahmen ausführlich zu Wort kommen. Der Film dürfte zum Hit unter den «Coronarebellen» werden.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/ein-einseitiger-film-gegen-die-panikmache-eindruecke-vom-corona-film-von-reto-brennwald-ld.1270895


Premiere des Corona-Skeptiker-Films von Ex-SRF-Mann Reto Brennwald: «Unerhört» gibt den Ungehörten eine Stimme
Der Corona-Skeptiker-Film «Unerhört!» feiert am Freitag Premiere. Er will erklären, dass bisher angeblich zu viele Ängste in der Bevölkerung geschürt wurden. Darin kommen bekannte Namen wie Daniel Koch, Marco Rima oder Pietro Vernazza vor.
https://www.blick.ch/news/schweiz/premiere-des-corona-skeptiker-films-von-ex-srf-mann-reto-brennwald-unerhoert-gibt-den-ungehoerten-eine-stimme-id16158208.html



tagesanzeiger.ch 23.10.2020

Doku über SkeptikerTV-Mann Brennwald inszeniert sich als Gegenstimme zur «Corona-Aufregung»

Der ehemalige «Arena»-Moderator Reto Brennwald hat einen Film über den Umgang mit der Corona-Pandemie in der Schweiz gedreht. Wir haben die Dokumentation bereits gesehen.

Philippe Zweifel

6634 neue Coronavirus-Ansteckungen wurden am Freitag gemeldet. Dazu kamen 10 neue Todesfälle und 117 Spitaleinweisungen. Die Corona-Taskforce schlägt Alarm. Die Schweiz ist in der zweiten Welle.

Ausgerechnet in dieser Situation, in der die Kontrolle über das Virus verloren zu gehen scheint, präsentiert der ehemalige SRF-Journalist Reto Brennwald einen Dokufilm, der die Wirksamkeit des Lockdown und der Massnahmen, die im Frühling ergriffen wurden, infrage stellt. «Unerhört!» heisst der Film, mit dem Brennwald Gegensteuer zum medialen «Alarmismus» geben will. Fünf Monate hat er daran gearbeitet, wie der selbstständige TV-Journalist an der Pressevisionierung sagte.

In seiner Doku präsentiert Brennwald viele Zahlen. Etwa jene der jährlichen Grippe-Todesopfer, von denen es im Jahr 2015 besonders viele gab, als Schweizer Krematorien an den Anschlag kamen. Oder eine Statistik, die zeigt, dass die Betten der Schweizer Intensivstationen während der Krise nie mehr als zur Hälfte belegt waren.

Auf diese Statistiken, aber auch auf die Experten, die im Film zu Wort kommen, bezieht sich der Titel der Doku «Unerhört!». Zum Beispiel auf Chemie-Nobelpeisträger Michael Levitt, der die Wirksamkeit von Lockdowns früh bezweifelte – aber in den Medien kaum zur Sprache gekommen sei. «Die Medien berichten einseitig über Corona, sie haben in der Gesellschaft zunehmend ein Glaubwürdigkeitsproblem», sagt Brennwald.

Die Doku zeigt auch Menschen, die mit den Massnahmen der Behörden nicht einverstanden waren und dagegen demonstrierten. Oder solche, die Angehörige in Spitälern verloren haben, wo Betroffene gegen ihren Willen isoliert gewesen seien. Staatsrechtler Andreas Kley kommt zu Wort, der das bundesrätliche «Notrecht» als verfassungswidrig kritisiert. Weiter wird das Schweden-Modell verteidigt und im Interview mit Daniel Koch die Wirksamkeit von Masken relativiert. Der Immunologe Beda Stadler und der Infektiologe Pietro Vernazza befinden, dass die Gefährlichkeit des Virus überschätzt wurde.

Nun sind zumindest letztere drei Experten nicht unerhört geblieben in den Medien; sie gehören zu den am meisten interviewten Personen zum Thema Corona. Brennwalds Film ist denn auch vor allem ein Best-of der Argumente der sogenannten Corona-Skeptiker. Gegen diese Bezeichnung wehrt sich der Filmemacher allerdings: Nicht die Existenz des Virus bezweifle er, sondern die Verhältnismässigkeit der Massnahmen dagegen.

«Unerhört!» ist handwerklich perfekt produziert, aber der Film tut just, was er anprangert: Er argumentiert einseitig. Gegenstimmen kommen in der Doku keine zu Wort. Dies streitet der Filmemacher nicht ab. Er habe, sagt Brennwald, einen anwaltschaftlichen Debattenbeitrag leisten wollen.

«Unerhört!» ist demnächst auf der Webplattform Vimeo zu sehen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/brennwald-inszeniert-sich-als-gegenstimme-zur-corona-aufregung-993778493533)



Heikle Aussagen: Coronaverlauf wird laut Infektologe milder
https://www.tvo-online.ch/aktuell/heikle-aussagen-coronaverlauf-wird-laut-infektologe-milder-139578859
-> Zur Sache: https://www.tvo-online.ch/zur-sache/zur-sache-coronastrategie-139392243


Folgen für Spenden: Verein von Corona-Rebellen verliert die Gemeinnützigkeit
Der Verein von Corona-Rebellen wie Sucharit Bhakdi kann keine Spendenquittungen fürs Finanzamt mehr ausstellen: Der MWGFD e.V. hat die Gemeinnützigkeit verloren. Bei den Gründen gehen die Angaben auseinander.
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_88792624/sucharit-bhakdi-und-co-verein-von-corona-rebellen-verliert-gemeinnuetzigkeit.html?fbclid=IwAR0DlusOaKhrXElAwngu9yBl0wF5-59yCLE7s37WBVzzxOpD88PBerprwGI


Corona-Skeptiker-Veranstaltung
Freiburger Polizei kapituliert vor Masken-Verweigerern
Die Kundgebung des Corona-Maßnahmen-Kritikers Bodo Schiffmann in Freiburg sorgt weiter für Diskussionen: Beobachter fragen sich, warum die Polizei die Maskenpflicht nicht durchsetzte.
https://www.badische-zeitung.de/freiburg/freiburger-polizei-kapituliert-vor-masken-verweigerern
-> https://www.badische-zeitung.de/freiburg/bei-roadshow-von-corona-leugnern-missachten-hunderte-die-maskenpflicht


Per Podcast gegen Rechts „Laut gegen Nazis“ schafft Podcast mit prominenten Gästen
Ottensen – Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen haben dazu geführt, dass sich rechtes Gedankengut unter Verschwörungstheorien mischt und somit mehr Zuhörer findet. Dem entgegenwirken will der Hamburger Verein „Laut gegen Nazis“ mit einer neuen Podcast-Reihe. Am Dienstag trafen sich Vereinsgründer Jörn Menge und Musiker Smudo von der Hip-Hop-Band Die Fantastischen Vier im Altonaer Kulturzentrum „Motte“, um die erste Folge aufzuzeichnen. Sie erscheint am 23. Oktober.
https://www.mopo.de/hamburg/per-podcast-gegen-rechts–laut-gegen-nazis–schafft-podcast-mit-prominenten-gaesten-37518096


Bill und die Biowaffe
Paul Schreyer will die Coronakrise erklären – und gerät auf Abwege.
Der Journalist und Autor Paul Schreyer hat ein Buch zur Coronakrise veröffentlicht. Es liefert vor allem eine Welterklärung für jene, die die Maskenpflicht ablehnen, Impfen für Teufelszeug halten und Bill Gates als heimlichen Weltenherrscher betrachten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1143540.coronakrise-bill-und-die-biowaffe.html


Verstörendes Video von Corona-Skeptiker-Demo in Ebikon LU aufgetaucht: «Die Maske tötet ihre Hirnzellen – unwiederbringlich!»
Rund 50 Teilnehmer gingen am Donnerstag in Ebikon LU vor einem Schulhaus wegen eines «Maskenzwangs» auf die Barrikaden. Die anwesenden Polizisten konfrontierten sie mit bizarren Ansichten.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zentralschweiz/verstoerendes-video-von-corona-skeptiker-demo-in-ebikon-lu-aufgetaucht-die-maske-toetet-ihre-hirnzellen-unwiederbringlich-id16159236.html



tagblatt.ch 23.10.2020

«Warum dürfen wir nicht an Corona sterben?» Auf der Facebookseite des Wittenbacher Gemeindeblatts tummeln sich wirre Köpfe – die Gemeinde sagt: «Das ist nicht unser Bier»

Alexander Fürer, der das Wittenbacher Gemeindeblatt «Gemeindepuls» herausgibt und auch für dessen Facebookseite zuständig ist, postet Beiträge rund um Corona. Darunter auch ein Video des umstrittenen Verschwörungstheoretikers Daniele Ganser. Gemeindepräsident Oliver Gröble betont, dass die Gemeinde nichts mit diesen Inhalten zu tun habe.

Melissa Müller

«Warum dürfen wir nicht an Corona sterben??!!??», postete ein junger Mann kürzlich auf der Facebookseite des Wittenbacher «Gemeindepuls». Darunter eine unbeholfene, kindlich wirkende Bleistifzeichnung eines Mädchens mit Maske. Dazu stehen Sätze wie: «Vor lauter Angst zu sterben lassen sie uns nicht mehr leben! 80 Prozent falsche Tests!» Oder: «Ich habe geniest! Ich habe Angst, dass mich die Polizei holt!»

Ein weiterer seltsamer Beitrag kursiert auf dem Wittenbacher Kanal: Ein Vortrag des umstrittenen Basler Historikers Daniele Ganser, der Fans in der rechten und antisemitischen Szene hat. So trat er zum Beispiel schon an einer Konferenz des Appenzeller Sektengurus Ivo Sasek auf.
Ein Elefant springt von der Klippe

Ganser vertritt in seiner Rede die Haltung, Corona sei «nicht so gefährlich, wie ursprünglich angenommen». Obschon noch keine Kinder daran gestorben seien, laufe man Gefahr, durch die Massnahmen ganze Generationen zu traumatisieren. Man drohe zu reagieren wie ein Elefant, der von einer Katze angegriffen wird und darob so erschreckt, dass er versehentlich von einer Klippe springt.

Diesen Youtube-Film gepostet hat Alexander Fürer, der den «Gemeindepuls» seit fast 20 Jahren als Zeitung im Auftrag der Gemeinde Wittenbach herausgibt. Die Gemeinde hat die Zusammenarbeit jedoch gekündet und den Auftrag an die Gossauer Cavelti AG vergeben – eine Beschwerde Fürers beim Verwaltungsgericht verhinderte bisher eine Vertragsunterzeichnung.

Historiker Daniele Ganser sei intelligent, lobt Fürer auf Facebook und empfiehlt, dessen Beitrag «auch in der Familie anzusehen oder zu hören». Gerade das Ende des Vortrags sei «brillant».

Teilt die Gemeinde subversive Haltungen?

Heikel ist, dass Fürer den Vortrag des Verschwörungstheoretikers im Namen des «Gemeindepuls» verbreitet. Das erweckt den Eindruck, dass die Gemeinde ihn gut findet und seine Haltung teilt. Der Wittenbacher Gemeindepräsident Oliver Gröble distanziert sich jedoch von jeglichen solchen Inhalten. Er sagt: «Der Facebookkanal des ‹Gemeindepuls› hat nichts mit der Gemeinde zu tun.»

Es sei ein Instrument, das von der Agentur Maxsolution und somit von Privaten bewirtschaftet werde. «Das ist nicht unser Bier.»

Die Pandemie sei ein ausserordentliches Ereignis. Es sei wichtig, dass Bund, Kantone und Gemeinden abgestimmte Massnahmen mit gebündelten Kräften umsetzen. Dabei sei eine neutrale Grundhaltung gefragt.

Was hält Gröble davon, dass einzelne Beiträge des Gemeindepuls die Coronamassnahmen infrage stellen? Gröble sagt: «Das ist Meinungsfreiheit.»

Hat er keine Bedenken, dass der Kanal unter dem Label «Gemeindepuls» amtlichen Charakter haben könnte? «Facebook hat keinen Behördencharakter», sagt Gröble.

Agenturchef wusste nicht von Gansers zweifelhaften Thesen

Alexander Fürer, Inhaber der Agentur Maxsolution, ist erstaunt. Es sei zufällig auf den Vortrag von Daniele Ganser gestossen, ein Arzt habe ihm diesen empfohlen. Er habe Ganser nicht gekannt und nicht gewusst, dass es sich um eine umstrittene Person handle. «Das tut mir leid, es ist unglücklich gelaufen. Ich wollte denn auch nicht Ganser als Person, sondern seine Informationen portieren.»

Der Historiker erkläre die Corona-Problematik treffend: «Er sagt, dass man lernen muss, mit Informationen richtig umzugehen, um sich ein Urteil zu bilden.»

Die Beiträge von anderen Nutzern, die auf der «Gemeindepuls»-Seite weiterverbreitet werden, wähle jeweils eine Mitarbeiterin aus. Etwa die Kinderzeichnung mit der Maske oder eine Karikatur einer Krankenschwester, die einem Monstervirus den Mittelfinger zeigt.

«Die Sachen werden nach bestem Wissen und Gewissen geprüft», sagt Fürer. Aus einem Impuls heraus könne auch einmal etwas in die Hose gehen. «Ich will den Ball flach halten und niemanden diffamieren.»

Er versuche, sachlich zu informieren. Zu diesen Versuchen passt ein Zitat von Schriftsteller Max Frisch, das Fürer auf der Facebookseite von Maxsolution gepostet hat: «Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.»
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/warum-duerfen-wir-nicht-an-corona-sterben-auf-der-facebookseite-des-wittenbacher-gemeindeblatts-tummeln-sich-wirre-koepfe-die-gemeinde-sagt-das-ist-nicht-unser-bier-ld.1270310)


+++HISTORY
Ausstellung: 50 Jahre Frauenstimmrecht – Schweiz Aktuell
Das Historische Museum Luzern illustriert den steinigen Weg der Luzerner Frauen für ihr Stimmrecht mit Gegenständen, Plakaten, und Bilddokumentationen.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/ausstellung-50-jahre-frauenstimmrecht?urn=urn:srf:video:4bb2fc2a-3dc3-4f38-bbb0-60e7f6650ae7