Medienspiegel 19. Oktober 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Regierungsratsantwort auf Interpellation 166-2020 Ammann (Bern, AL) Zugang zu geeigneter Unterkunft, Beratung und Übersetzung für Betroffene von Menschenhandel mit Tatort Ausland (inkl. Personen aus dem Asylbereich) im Kanton Bern.
https://www.rr.be.ch/rr/de/index/rrbonline/rrbonline/suche_rrb/beschluesse-detailseite.gid-59f448b8106142f3bfe27e26e3389a84.html


+++THURGAU
«Nicht seine Aufgabe»: Kreuzlinger SVP reagiert empört auf den ‹Alleingang› des Stadtrats bei der Aufnahme von Flüchtlingen
Der Stadtrat bot dem Bund an, Flüchtlinge aus Moria in Kreuzlingen aufzunehmen. Die Rüge der städtischen Volkspartei kommt postwendend. Die SVP möchte sogar das derzeit nicht ausgelastete Bundesasylzentrum schliessen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/nicht-seine-aufgabe-kreuzlinger-svp-reagiert-empoert-auf-den-alleingang-des-stadtrats-bei-der-aufnahme-von-fluechtlingen-ld.1269326


+++ZUG
Durchgangsstation Steinhausen: Nächtliche Lebensmittel-Lieferungen für Asylsuchende wecken Misstrauen
Ein St. Galler Lieferdienst bringt regelmässig Waren zur Durchgangsstation Steinhausen. Zwei SVP-Kantonsräte wollten wissen, ob es dabei mit rechten Dingen zugeht. Die Polizei konnte aber bisher keine strafbaren Handlungen feststellen.
https://www.zentralplus.ch/naechtliche-lebensmittel-lieferungen-fuer-asylsuchende-wecken-misstrauen-1919891/


+++ZÜRICH
Geflüchtete sind Menschen und Menschen haben Rechte
In einer Fraktionserklärung kritisiert AL-Kantonsrätin Melanie Berner das Vorgehen der Sicherheitsdirektion und fordert die Einhaltung der BAG-Richtlinien bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen.
https://al-zh.ch/artikel/news/gefluechtete-sind-menschen-und-menschen-haben-rechte/


+++SCHWEIZ
Sind profitorientierte Firmen mit traumatisierten Kriegsflüchtlingen überfordert?
Ein Syrer mit Kriegstrauma behauptet, dass er in der Schweiz nicht adäquat behandelt worden sei. Sein Fall führt zur Frage, ob ihr Programm zur Aufnahme von verletzlichen Kriegsflüchtlingen systemische Fehler beinhaltet.
https://www.swissinfo.ch/ger/asylwesen_sind-profitorientierte-firmen-mit-traumatisierten-kriegsfluechtlingen-ueberfordert-/46100888


+++MITTELMEER
„Seapunks“ über Seenotrettung: „Punk bedeutet selber machen“
Drei Brüder nennen sich Sea Punks und wollen mit einem Schiff Geflüchtete im Mittelmeer retten. Sie sprechen über Ungerechtigkeit, Aktivismus – und Punk.
https://taz.de/Seapunks-ueber-Seenotrettung/!5718203/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Manifestons pour Mike !
Rendez-vous le 31 octobre à 16h à la place de l’Europe ! // See you on October 31st at 4pm at Place de l’Europe !
EN SUISSE AUSSI LA POLICE TUE
En mars 2018, Mike Ben Peter est arrêté près de la gare de Lausanne par 6 policiers. Frappé et maintenu durant plusieurs minutes en position de plaquage ventral ; il perd connaissance puis décède quelques heures plus tard au CHUV.
https://renverse.co/infos-locales/article/lausanne-manifestons-pour-mike-et-pour-toutes-les-victimes-de-violences-2789


Regierungsratsantwort auf Interpellation 193-2020 Freudiger (Langenthal, SVP) Bedeutung der linksextremen Szene im Kanton Bern.
https://www.rr.be.ch/rr/de/index/rrbonline/rrbonline/suche_rrb/beschluesse-detailseite.gid-1ea201e691cf4e5f9a72ba18dcc388e7.html


+++REPRESSION DE
Plastikvisier als Waffe
Sich vor Polizeigewalt zu schützen, ist strafbar. Ein Aktivist will das ändern
Benjamin Ruß führt seit fünf Jahren einen Rechtsstreit, weil er sich mit einer Folie vor dem Gesicht gegen Pfefferspray geschützt hat.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1143344.pfefferspray-plastikvisier-als-waffe.html


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
SVP verlangt Abschaffung der Härtefallklausel – Kantonsrat hält dagegen
Die SVP/EDU-Fraktion ist unzufrieden mit der Tatsache, dass 58 Prozent der kriminellen Ausländer nicht ausgeschafft werden. Als straffällig gelten hierbei auch schon Asylbewerber, deren Gesuch abgelehnt wurde.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/svp-verlangt-abschaffung-der-haertefallklausel-kantonsrat-haelt-dagegen-139536635
-> https://www.zsz.ch/svp-will-haertefallklausel-kippen-708237668014
-> https://www.landbote.ch/svp-will-haertefallklausel-kippen-708237668014


+++BIG BROTHER
Freiheit des Internets leidet massiv unter der Corona-Pandemie
Immer mehr Staaten greifen zu Überwachung und Zensur – und schränken den Kontakt zum Ausland unter dem Deckmantel der „digitalen Souveränität“ ein
https://www.derstandard.at/story/2000121036917/freiheit-des-internets-leidet-massiv-unter-der-corona-pandemie?ref=rss


Bundesregierung will Abhör-Abteilung bei Europol installieren
Die Bundesregierung nutzt ihren EU-Vorsitz zur Neuordnung der digitalen Überwachung in Europa. Eine vom BKA temporär eingerichtete 5G-Arbeitsgruppe wird nun bei Europol verstetigt. Sie soll die „operativen Fähigkeiten“ in den Mitgliedstaaten koordinieren und das Abhören durch neue Gesetzesvorschläge erleichtern.
https://netzpolitik.org/2020/bundesregierung-will-abhoer-abteilung-bei-europol-installieren/


+++KNAST
Regierungsratsantwort auf Interpellation 102-2020 Geissbühler-Strupler (Herrenschwanden, SVP) Die Kosten im Justizvollzug müssen hinterfragt werden.
https://www.rr.be.ch/rr/de/index/rrbonline/rrbonline/suche_rrb/beschluesse-detailseite.gid-dcea10af715d4a8ea360d384478877b0.html


+++POLIZEI DE
Olaf Scholz: Vize-Kanzler kündigt Rassismus-Studie bei der Polizei an
Olaf Scholz zeigt sich in einem Podcast zuversichtlich, dass Rassismus bei der Polizei bald erforscht wird. Er sei dazu mit Horst Seehofer im Gespräch, wird er zitiert.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-10/olaf-scholz-polizei-rassismus-studie
-> https://www1.wdr.de/nachrichten/rassismusstudie-seehofer-polizei-scholz-100.html


Vergehen bei der Polizei: Mehrheit für unabhängige Beschwerdestelle
Zwei von drei Bundesbürgern fordern, eine unabhängige Beschwerdestelle solle mutmaßliche Polizeivergehen untersuchen. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des WDR. Bislang ermitteln Polizisten gegen Polizisten.
https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/polizei-rassismus-umfrage-101.html


«Vielen reicht es nicht, ein paar Hakenkreuze per Whatsapp rumzuschicken»
Sie schlagen zu, verschicken Hitler¬grüsse in Chat¬gruppen und horten Munition für den Umsturz: Hat Deutschland ein Polizei¬problem? Ja, findet Oliver von Dobrowolski. Er ist Kriminal¬hauptkommissar in Berlin, Antifaschist – und schreckt nicht vor Kritik an seinem Berufs¬stand zurück.
https://www.republik.ch/2020/10/19/vielen-reicht-es-nicht-ein-paar-hakenkreuze-per-whatsapp-rumzuschicken


+++ANTIRA
antira-Wochenschau: Brandanschläge in Niedersachsen, Rassismus in „Polizeilehrbüchern“, Wellen-Maschinen im Ärmelkanal
https://antira.org/2020/10/19/brandanschlaege-in-niedersachsen-rassismus-in-polizeilehrbuechern-wellen-maschinen-im-aermelkanal/


+++RECHTSEXTREMISMUS
Am Rande des Aufstands
Trump stachelt sie an, Polizei und Spezialeinheiten lassen sie gewähren: In den USA treten faschistische Milizen immer offener auf. Der gemeinsame Feind ist die »Black Lives Matter«-Bewegung
https://www.jungewelt.de/artikel/388671.usa-vor-den-wahlen-am-rande-des-aufstands.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
«Plumpe Angstmacherei»: Corona-Skeptiker beschimpfen Spital Schwyz wegen Video-Appell
Das Video des Spitals Schwyz mit dem Aufruf, die Corona-Schutzmassnahmen einzuhalten, kommt nicht überall gut an. Auf Social Media gibt es viel Kritik.
https://www.20min.ch/story/corona-leugner-beschimpfen-spital-schwyz-wegen-video-appell-978357458133
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/zentralschweiz/shitstorm-auf-google-wegen-hilferuf-video-corona-skeptiker-attackieren-spital-schwyz-id16152025.html


Verschwörungstheorien – Ein Fall für Lesch & Steffens | Ganze Folge Terra X
„Alternative Fakten“ haben Konjunktur. Die Wahrheit kommt dabei unter die Räder. Harald Lesch und Dirk Steffens verfolgen Verschwörungsideologien und entdecken immer die gleichen Muster. Dabei gewinnen die großen Fragen an Bedeutung: Woran glauben wir? Was können wir wissen – und wem vertrauen?
https://youtu.be/f7UvligKPCE


12 Lügen über den PCR-Test der Rechtsextremen Naomi Seibt zerlegt
Stell dir vor du studierst jahrelang, stehst tausende Stunden im Labor, nutzt die komplexesten Technologien, die die Menschheit je hervorgebracht hat, und dann kommt eine 20-jährige mit Abitur und lügt auf einer AfD-Tagung dreist irgendeinen Schwachsinn über deine Arbeit zusammen, dass sich die Balken biegen. Und andere Rechtsextreme und viele Pandemie-Leugner:innen halten das auch noch für ernstzunehmend! Genau das ist passiert auf einer Konferenz von AfD-Nahen Desinformations-Portalen im Bundestag. Diese Lügnerin heißt Naomi Seibt.
https://www.volksverpetzer.de/corona-faktencheck/pcr-test-naomi-seibt/


QAnon: Ein Spiel, das schief gelaufen ist?
Immer mehr versuchen Unbekannte, Nutzer zu radikalisieren, indem sie beispielsweise Cicada-Rätsel instrumentalisieren
https://www.derstandard.at/story/2000121032972/qanon-ein-spiel-das-schief-gelaufen-ist?ref=rss


Hausverbot missachtet: Maskenverweigerer wird von Polizei aus Emmen Center abgeführt
Ein Besucher des Manor Restaurants wollte keine Maske anziehen. Gegen ihn wurde ein Hausverbot ausgesprochen. Davon wollte er aber nichts wissen. Schliesslich wurde er in Handschellen und im Rollstuhl abgeführt.
https://www.zentralplus.ch/maskenverweigerer-wird-von-polizei-aus-emmen-center-abgefuehrt-1919801/
-> https://www.20min.ch/video/luzerner-polizei-verhaftet-maskenverweigerer-481357898756


Corona-Skeptikerin: Regierungratskandidatin Schöni verweigerte Maske, Polizei musste sie wegtragen
Am Wahlsonntag kam es beim Grossratsgebäude zu einem Zwischenfall. Theres Schöni, welche als Aussenseiterin für den Regierungsrat kandidierte, verweigerte offenbar die Maskenpflicht und musste von der Polizei gewaltsam aus dem Gebäude gebracht werden.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/regierungratskandidatin-schoeni-verweigerte-maske-polizei-musste-sie-wegtragen-139537083


«Über sieben Milliarden haben wir bezahlt»
SVP-Grossrat befürwortet den Schutz jüdischer Einrichtungen. Parteisympathisanten sind nicht erfreut.
https://www.tachles.ch/artikel/news/ueber-sieben-milliarden-haben-wir-bezahlt



Zürichsee Zeitung 17.10.2020

Film zu Corona«Ein zweiter Lockdown wäre verheerend»

«Unerhört!» heisst der Dokumentarfilm, den Reto Brennwald über Corona und seine Auswirkungen gedreht hat. Der Zolliker erzählt, was ihn dazu bewogen hat und warum sein Film nichts mit Verschwörungstheorien zu tun hat.

Philippa Schmidt

Der ehemalige «Arena»-Moderator Reto Brennwald hat einen Film über die Corona-Krise aus einem etwas anderen Blickwinkel gedreht. Er selbst sieht sich nicht als Skeptiker, sondern bezeichnet sich als Journalisten, der Corona-Skeptikern Raum gewährt.

Als Dokumentarfilmer porträtieren Sie Menschen. Nun sind Sie wegen Ihres Films «Unerhört!» selbst in den Fokus der Medien gerückt. Was ist das für ein Gefühl?

Ich habe das nicht gesucht, und ich mache den Film auch nicht deswegen. Aber das Interesse ist gross geworden, und so nehme ich Stellung zu den Fragen, die das Projekt jetzt schon aufgeworfen hat.

Das tönt, als würde es Sie stören. Geniessen Sie die Aufmerksamkeit nicht doch ein bisschen?

Geniessen kann ich es im Moment nicht, weil die Situation sehr angespannt ist. Der Film ist entstanden, als die Krise am Abklingen war: Mich hat es in dieser Situation interessiert, dass Menschen nicht nur körperlich unter Corona, sondern auch sozial und wirtschaftlich unter dem Lockdown gelitten haben. Jetzt, da die Infektionszahlen steigen, ist es nicht einfacher geworden, den Film zu veröffentlichen.

Können Sie denn einen solchen Film verantworten vor dem Hintergrund, dass sich aktuell wieder sehr viel mehr Menschen infizieren und auch wegen Covid-19 im Spital behandelt werden müssen?

Das ist eine gute Frage. Aber es gibt trotz der Gesundheitskrise auch eine Verantwortung, das ganze Bild zu sehen. Ich habe fast als Erster in meinem Umfeld gesagt und auch auf Social Media gewarnt, dass Sars-Cov2 ein hoch ansteckendes und für Risikogruppen gefährliches Virus sein kann und wir uns alle vorsichtig verhalten müssen. So habe ich beispielsweise keine Hände mehr geschüttelt. Aber dann kam ein Zeitpunkt, drei, vier Wochen nach dem Lockdown, als die Pandemie am Abklingen war. Das sah man am R-Wert, der besagt, wie viele Leute ein Infizierter ansteckt. Schon vor dem Lockdown war der R-Wert fast wieder bei eins. Und um Ostern herum sagte etwa die Direktorin des Spitals Zollikerberg, dass es Zeit sei, zum Normalbetrieb zurückzukehren.

War dies das Schlüsselereignis, den Film zu drehen?

Genau, zuerst hatten wir alle Angst vor dem Unbekannten. Aber mit der Zeit hat man gesehen, dass im Durchschnitt ältere Leute und Menschen mit Vorerkrankung dem Virus zum Opfer fallen. Dann hörte man, dass ein Säugling an Corona gestorben sei, und erfuhr später, dass er auch eine schwere Hirnerkrankung hatte. Oder es hiess, es sei ein junger Mann gestorben. Später stellte sich heraus, dass das eine Falschinformation war. Solchen Sachen wollte ich als Journalist nachgehen.

Leere Betten auf Intensivstationen, sinkende Zahlen einige Wochen nach Beginn des Lockdown. Dass es in der Schweiz nicht so schlimm gekommen ist wie in Norditalien, zeigt doch, dass die Corona-Massnahmen erfolgreich waren.

Das wird sich zeigen. Für mich ist es völlig klar, dass man seine Hände wäscht, Abstand hält und je nach Situation eine Maske trägt. Aber ob ein Lockdown mehr schützt als langfristige Schäden bewirkt, können wir erst später beurteilen. Es zeigt sich jetzt, dass der Corona-Test auch positiv ausfällt, wenn Menschen gar nicht ansteckend sind.

Trotz all dieser Bedenken sind über 2000 Menschen in der Schweiz mit oder an Covid-19 gestorben. Und es gibt auch Jüngere beziehungsweise Menschen mittleren Alters, die einen schweren Krankheitsverlauf haben. Ist es da nicht wichtig, vorsichtig zu sein?

Absolut! Gerade jetzt müssen wir uns konsequent an die Hygieneregeln halten. Ein zweiter Lockdown wäre verheerend. Aber mittelfristig glaube ich, sollten wir eine Balance finden und lernen, mit dem Virus zu leben.

Sie haben für den Film mit Menschen gesprochen, die stark von den Massnahmen betroffen waren. Was ist Ihnen besonders eingefahren?

Mehrere Leute im Film erzählen, wie sie ihre Angehörigen nicht mehr besuchen konnten und diese dadurch sehr gelitten haben. Ich bekomme Mails von Leuten, die erstaunlicherweise immer noch so etwas erleben. Dessen ist man sich offenbar wenig bewusst, weswegen der Film «Unerhört!» heisst. Jemand hat mir von seinen zwei behinderten Kindern geschrieben, die im Wohnheim leben. Die Eltern durften sie nicht besuchen und auch nicht mit nach Hause nehmen. Die Kinder haben dies nicht verstanden und in der Folge psychische und gesundheitliche Schäden erlitten. Eine andere Frau hat sich bei mir gemeldet, weil sie ihre demente Mutter immer noch nicht besuchen darf, nicht einmal im Garten. Diese sei seit sieben Monaten eingesperrt und ihre Demenz dadurch weit fortgeschritten. Das ist die andere Seite der Geschichte. Ich finde, darüber muss man auch reden.

Wenn man sich die Corona-Diskussion anschaut, herrscht eine starke Polarisierung. Was bedeutet dies für die Demokratie?

Wenn ich sehe, welch absurde Aussagen zu Corona in den sozialen Medien geteilt werden, erschrecke ich. Es gibt dort aber auch hoch dotierte Fachleute, die andere Meinungen vertreten. Hier zu unterscheiden, ist schwer. Es erstaunt mich aber schon, dass man Wissenschaftler, die vor Alarmismus warnen, schon fast ausgrenzt.

Haben Sie keine Angst, mit dem Film Verschwörungstheoretikern Argumente zu liefern?

Doch, und ich habe darauf geachtet, dass ich keine Verschwörungstheorien bediene. Mein Anliegen ist es, eine differenzierte Diskussion zu führen, ohne dass Leute schlechtgemacht werden. Ich bin seit 30 Jahren Journalist, aber bei Covid-19 ist die Herausforderung, zwischen Fakten und Fake News zu unterscheiden, wirklich gross.

Was haben Sie für Reaktionen auf den Trailer zum Film erhalten?

Tatsächlich waren es unglaublich viele Reaktionen. Offensichtlich besteht ein Bedürfnis nach einer Betrachtung des ganzen Bildes. Danach, dass man nicht alarmistisch auf einzelne Fallzahlen schaut und eine sachliche Diskussion führt. Ich habe den Filmdreh ohne Budget angefangen und ein Crowdfunding aufgezogen. Hunderte von Leuten haben daraufhin kleine Beträge eingezahlt.

Haben Sie auch Reaktionen von Menschen erhalten, die Angehörige an das Virus verloren haben?

Ich habe Reaktionen von Menschen bekommen, die zur Risikogruppe zählen und nicht verstehen, warum ich diesen Film mache.

Was haben Sie ihnen gesagt?

Dass ich mit Menschen gesprochen habe, die krank wurden, und weiss, was es bedeutet. Wer wirklich schwer erkrankt, leidet enorm. Das darf man nicht verharmlosen, aber das ist auch bei anderen Krankheiten so. Hingegen hat eine erdrückende Mehrheit der Positiven keine oder höchstens milde Symptome.

Könnte es sein, dass Sie den Film später bereuen, da er zu sehr in eine Richtung tendiert?

Ich hoffe nicht. In der NZZ hiess es, der Film lasse ausschliesslich Skeptiker zu Wort kommen. Das stimmt nicht und wird schon ersichtlich, wenn man den Trailer schaut. Der Film zeigt beide Seiten, aber, ja, ich möchte, dass wir uns nicht von Panik leiten lassen und auch gewisse Schattenseiten nicht ausser Acht lassen.

Tatsächlich interviewen Sie im Film Daniel Koch. Welchen Eindruck hatten Sie von «Mr. Corona»?

Daniel Koch hat eine ganz hohe Glaubwürdigkeit, weil er er selbst ist. Er hat auch gewisse Schwierigkeiten zu Beginn der Krise zugegeben. Ich habe ihn im Gespräch als sehr offen empfunden. Meiner Meinung nach hat er seine Aufgabe in der Krise nicht schlecht gemacht – sogar ziemlich gut.

Der Film transportiert keine Mainstreammeinung. Machen Sie sich deswegen Gedanken um Ihre weitere Karriere?

Ich bin mir bewusst, dass dieser Film in den Augen vieler Leute nicht zum richtigen Zeitpunkt erscheint. Darum wird die Premiere ergänzt durch ein Podium, an dem Daniel Koch, ein Hausarzt und ein Vertreter des Gewerbes anwesend sein werden. Damit wollen wir die aktuelle Situation auffangen.

«Unerhört!» feiert am 23. Oktober um 19.30 Uhr in der Samsung Hall in Dübendorf Premiere. Mehr Infos und Tickets unter www.unerhoert-der-film.ch.



Reto Brennwald

Reto Brennwald ist Moderator, Filmemacher und Kommunikationstrainer. Der gebürtige Winterthurer startete seine Karriere 1988 im Schweizer Radio DRS. Weitere Stationen waren Radio 24 und TeleZüri. Beim Schweizer Fernsehen moderierte er die «Rundschau» und bis 2010 die «Arena». Bevor er sich 2015 selbstständig machte, arbeitete er für «DOK» und «Reporter». Heute dreht der 57-Jährige Dokumentarfilme und moderiert «SonntagsZeitung Standpunkte» auf SRF1. Brennwald ist verheiratet, Vater eines Sohnes und wohnt in Zollikon. (phs)


Unerhört! Trailer: https://youtu.be/3xppGKMcq-k
(https://www.zsz.ch/ein-zweiter-lockdown-waere-verheerend-559694734095)


+++HISTORY
Black Panthers (1/2)
Kritisiert, bewundert und gefürchtet: Die Black Panther Party, gegründet im Kalifornien des Jahres 1967, sagte Rassismus und Unterdrückung den gewaltsamen Kampf an. Die zweiteilige Doku blickt hinter die Kulissen der legendären Gruppierung. Die erste Folge zeigt, wie sich die Black Panther Party formierte und die afroamerikanische Community zur Selbstverteidigung aufrief.
https://www.arte.tv/de/videos/098427-001-A/black-panthers-1-2/
-> https://www.arte.tv/de/videos/098427-002-A/black-panthers-2-2/


Vox pop Koloniale Amnesie: Was macht Europa?
Wie steht es angesichts der vielen begangenen Missbräuche und einer oft blutigen Entkolonialisierung um die Arbeit der Erinnerung und die Anerkennung der Unterdrückung? Ist es nicht an der Zeit, sich zu entschuldigen und Entschädigung zu leisten, wie es immer mehr Opfer, Historiker und Politiker fordern?
https://www.arte.tv/de/videos/100060-001-A/vox-pop-koloniale-amnesie-was-macht-europa/