Medienspiegel 18. Oktober 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
«Gefängnis» Schweiz: Sie dürfen das Land nicht verlassen
Der Bundesrat will vorläufig Aufgenommenen verbieten, ins Ausland zu reisen. Dagegen regt sich Widerstand.
https://www.blick.ch/politik/gefaengnis-schweiz-sie-duerfen-das-land-nicht-verlassen-id16149529.html


+++GRIECHENLAND
Inselkoller
Auf Samos wird das Versagen der EU-Migrationspolitik ausgetragen. Mittlerweile haben dort alle dasselbe Ziel: Die Geflüchteten sollen die griechische Insel verlassen.
https://daslamm.ch/inselkoller/


Neues Flüchtlingslager auf Lesbos: „Wir hatten es besser in Moria“
Nach dem Großbrand in Moria wurde auf Lesbos ein neues Lager errichtet. Doch die Lebensbedingungen für die 7500 Asylsuchenden sind noch immer schlimm. Viele vermissen sogar das berüchtigtste Flüchtlingslager Europas.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-auf-lesbos-wir-hatten-es-besser-in-moria-a-37bc3f47-1317-407d-acb1-3441de91e559


Athen will Grenze zur Türkei am Fluss Evros weiter verstärken
Im Februar 2020 hatte sich dort Krise entzündet / Verhältnis an EU-Außengrenze zwischen verfeindeten Staaten bleibt angespannt
Im Februar verschärften sich die Spannungen an der griechisch-türkischen Grenze bis hin zum Schusswaffengebrauch. Nun will Athen die Zäune entlang des Grenzflusses bis zum nächsten Frühjahr weiter verstärken.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1143263.griechisch-tuerkische-grenze-athen-will-grenze-zur-tuerkei-am-fluss-evros-weiter-verstaerken.html


+++REPRESSION DE
Ein Angriff auf die Demonstrationsfreiheit
Prozesse zum Hamburger G20-Gipfel könnten weitreichende Auswirkungen haben
Bald stehen Aktivist*innen vor Gericht, denen vorgeworfen wird, sich am Rande des G20-Gipfels an einer Demonstration beteiligt zu haben, aus der heraus Steine auf Polizeibeamte geworfen wurden.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1143280.anti-g-prozesse-ein-angriff-auf-die-demonstrationsfreiheit.html


+++BIG BROTHER
Studie: Regierungen nutzen Coronakrise als Vorwand für Überwachung und Zensur
Die US-Organisation Freedom House sieht die Pandemie als Sargnagel für die Freiheit des Internets – und untermauert ihre These mit zahlreichen Beispielen.
https://www.heise.de/news/Studie-Regierungen-nutzen-Coronakrise-als-Vorwand-fuer-Ueberwachung-und-Zensur-4931353.html


+++RECHTSEXTREMISMUS
Lisa Licentia: Vom rechtsextremen Poster-Girl zur Aussteigerin
In der Pro7-Reportage «Rechts.Deutsch.Radikal» tritt Lisa Licentia als rechtsextreme Influencerin auf. Die Szene war ein Sprungbrett für ihre YouTube-Karriere. Plötzlich bricht sie mit all dem, weil sie es nicht mehr vertreten kann. Ein Porträt über eine Aussteigerin voller Widersprüche.
https://www.watson.ch/!382230647


Gugge Gülle Schlüch im Umbruch – neuer Präsident stellt sich gegen frühere rechtsextreme Symbolik
Der Präsident verlässt den Verein, zwölf Mitglieder folgen. Als Grund wird hinter vorgehaltener Hand eine rechtsradikale Tendenz genannt.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/gugge-guelle-schluech-im-umbruch-neuer-praesident-stellt-sich-gegen-fruehere-rechtsextreme-symbolik-139529300


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Kritiker von Massnahmen: Rund 500 Personen an Corona-Mahnwache in Bern
Der Bundesrat hat sich heute zu einer Krisensitzung getroffen. Währenddessen fanden sich Corona-Skeptiker und Massnahmen-Kritiker auf dem Bundesplatz ein.
https://www.bernerzeitung.ch/rund-500-personen-an-corona-mahnwache-in-bern-918187865634
-> https://www.derbund.ch/ticker-corona-kanton-bern-594319178143
-> https://www.20min.ch/story/hunderte-menschen-bei-mahnwache-in-bern-mehrere-verhaftet-976055446031
-> https://www.blick.ch/news/coronavirus-schweiz-mehrere-hundert-bei-mahnwache-in-bern-gegen-coronamassnahmen-id16150059.html
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/mehrere-hundert-bei-mahnwache-in-bern-gegen-coronamassnahmen-65803176
-> https://telebasel.ch/2020/10/18/polizei-fuehrt-massnahmen-gegner-bei-demo-in-bern-ab/?channel=105105
-> https://twitter.com/__investigate__
-> Bittel TV: https://youtu.be/Y4EpGclGzJU



Nach Maskenärger Zugpersonal verklagt: Thurgauer SP distanziert sich von der eigenen Kantonsrätin Barbara Müller
Weil die Thurgauer SP-Kantonsrätin Barbara Müller partout keine Maske trägt im ÖV, hat sie regelmässig Ärger. Drei Zugbegleiterinnen hat sie deswegen schon angezeigt. Nun distanziert sich die Thurgauer SP von diesem Verhalten.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld/nach-maskenaerger-zugpersonal-verklagt-thurgauer-sp-distanziert-sich-von-der-eigenen-kantonsraetin-barbara-mueller-ld.1268918


Coronavirus: Wenn die Skepsis Familie und Freunde zu spalten droht
Das Coronavirus polarisiert. Von fremden «Corona-Leugern» kann man sich distanzieren. Aber von Familie und Freunden? Ein Sozialpsychologe rät zum Dialog.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-wenn-die-skepsis-familie-und-freunde-zu-spalten-droht-65800522



 Sonntagszeitung 18.10.2020

Corona-Skeptiker gründen Komitee: Unternehmer wehren sich gegen «übertriebene Massnahmen»

Die  neue Gruppierung Coronadialog befürchtet eine Eskalation an  alarmistischen Forderungen, die immer strengere Massnahmen hervorrufen.

Peter Burkhardt

Marcel  Dobler ist nicht irgendwer. 2015 wurde er für die FDP St. Gallen in den  Nationalrat gewählt. Er ist Gründungsmitglied des führenden  Elektronik-Onlinehändlers Digitec. Und er sitzt im Vorstand des  Unternehmensdachverbandes Economiesuisse.

Dobler  hat also einen Ruf zu verlieren. Und trotzdem wagt er sich aus der  Deckung. Er ist das Aushängeschild der kürzlich gegründeten Gruppierung  Coronadialog – einem Verbund von bekennenden Corona-Skeptikern. Nebst  Dobler gehören sechs weitere Unternehmer und ein Arzt zu den Initianten.  Drei Dutzend weitere Mitglieder haben sich bislang eingetragen, vor  allem KMU-Unternehmer und bürgerliche Wähler.

Sie  sind der Meinung, dass zu viel Panik gemacht werde. Die von den  Behörden getroffenen Corona-Massnahmen seien übertrieben – hätten jedoch  für viele Firmen und Arbeitsplätze tödliche Folgen.

Das  Komitee wendet sich gegen beide Seiten, die Verharmloser und die  Panikmacher. Marcel Dobler sagt: «Corona spaltet unsere Gesellschaft.  Auf der einen Seite sind die Covidioten, die alles negieren, auf der  anderen Seite die Alarmisten, die Wirtschaft und Gesellschaft ungeachtet  der Kosten herunterfahren wollen. Es scheint, als ob sie jedes Leben  retten wollen, während sie die Wirtschaft an die Wand fahren.»

Sich  selber sieht Dobler dazwischen. Er sagt: «In der Mitte sind die  Skeptiker, die zahlreicher sind, als man denkt, weil sie sich nicht an  die Öffentlichkeit wagen, aus Angst, mundtot gemacht zu werden. Ich  stelle in meinem Umfeld fest, dass viele Leute so denken.»

Bisher weniger schwere Fälle als im Frühling

Konkret  bezweifelt die Gruppierung, dass die geplanten Einschnitte ins private  Leben, etwa eine Maskenpflicht an einer Geburtstagsfeier mit mehr als 15  Personen, angesichts der aktuellen Zahl von schweren Verläufen  gerechtfertigt sind.

Die  rasant steigenden Infektionszahlen führten nicht zur gleichen Zahl  schwerer Verläufe wie im März, begründet Dobler. Er verweist auf die  tiefe Zahl der Corona-Todesfälle (in den vergangenen zwei Wochen waren  es null bis acht pro Tag) und die Untersterblichkeit, die die Schweiz  immer noch hat.

Epidemiologen  warnen jedoch, dass es mit einer Verzögerung von zwei Wochen zu einem  Anstieg der Todesfälle und Spitaleinweisungen kommen werde.

Dobler  treibt eine ganz andere Angst um. «Ich befürchte eine Eskalation an  alarmistischen Forderungen, die immer strengere Massnahmen hervorrufen:  nach der Maskenpflicht in den Läden eine Maskenpflicht im ganzen  öffentlichen Raum, danach eine Maskenpflicht in den Büros.»

Doch  die Wirksamkeit der Maskenpflicht ist unter Fachleuten umstritten.  Dobler sagt voraus, deshalb werde der Ruf nach einer erneuten  Schliessung von Restaurants und Läden folgen. «Dann wird es ein  Massensterben unter den Unternehmen geben.»

Am  Freitag tritt das Komitee erstmals an die Öffentlichkeit – mit der  Erstaufführung des Dokumentarfilms «Unerhört» in Zürich. Im Film, den  der ehemalige «Arena»-Moderator Reto Brennwald gedreht hat, kommen vor  allem Corona-skeptische Personen zu Wort.

Weitere  Aufführungen und kontradiktorische Podiumsdiskussionen seien  schweizweit geplant, sagt Dobler. Wenn denn die Behörden solche  Veranstaltungen überhaupt noch zulassen, muss man sagen.
(https://www.derbund.ch/unternehmer-wehren-sich-gegen-uebertriebene-massnahmen-185490423455)



Sonntagszeitung 18.10.2020

Ärztin kämpft gegen Maskenpflicht: Bern eröffnet Verfahren gegen Corona-Skeptikerin

Das leichtfertige Ausstellen von Attesten gegen das Maskentragen hat Konsequenzen.

Cyrill Pinto

Wer aus  ideologischen Gründen keine Gesichtsmaske tragen will, konnte sich  bislang an die Berner Ärztin R. W. wenden. Sie stellte Dispensen aus,  ohne die Patienten überhaupt gesehen zu haben. Die Fachärztin FMH  verlangte bloss das Geburtsdatum und 20 Franken in einem Couvert –  einige Tage später hatte man das ärztliche Attest im Briefkasten, wie die SonntagsZeitung Anfang September berichtete.

Jetzt  hat die Berner Gesundheitsdirektion gegen die Frau formell ein  Aufsichtsverfahren eröffnet, wie sie auf Anfrage bestätigt. Denn ein  Attest ohne Konsultation auszustellen, stellt möglicherweise eine  Verletzung der ärztlichen Berufspflicht dar. Sollte sich der Verdacht  erhärten, kann die Behörde eine Sanktion aussprechen – im schlimmsten  Fall droht der Ärztin der Entzug ihrer Bewilligung zur Berufsausübung.

Polizei zeigt Verweigerer wegen Ungehorsam an

Die  Ärztin R. W. ist Teil eines Netzwerks von Corona-Skeptikern und  engagiert sich für das Referendum gegen das Corona-Notrecht. Auf ihrer  Website gibt sie Tipps, wie man die Pflicht zum Maskentragen umgehen  kann. Unter anderem sind Anleitungen verlinkt, wie man reagieren soll,  falls man vom Kontrollpersonal aufgefordert wird, ein ärztliches  Schreiben vorzulegen.

In der Empfehlung heisst es: «Das Zugpersonal hat keinerlei Rechtsgrundlage, nach Nachweisen zu fragen.» Tatsächlich  rufen Kondukteure bei renitenten Verweigerern die Polizei. Den  fehlbaren Passagieren droht eine Anzeige wegen Ungehorsam. Mehrere  Verfahren sind in diesem Zusammenhang offen, Zahlen nennen die SBB  keine.

Auch  die Berner Ärztin W. wird sich vor Gericht wehren können, sollte sie  die kantonale Gesundheitsdirektion sanktionieren. Ähnliche Verfahren  wegen der Maskenpflicht sind in mehreren Kantonen bereits eingeleitet  worden.

So  machte die Walliser Gesundheitsdirektorin Esther Waeber-Kalbermatten  letzte Woche öffentlich, dass mehrere Personen beim Kantonsgericht  Rekurse gegen die Maskenpflicht in Läden eingereicht hätten. Und im  Kanton Freiburg ist beim obersten Gericht ein Urteil gegen die  Maskenpflicht für das Personal in Kinderkrippen hängig. Dort stellt ein  Verein mit seinem Rekurs infrage, ob das Jugendamt überhaupt eine  Weisung zur Maskenpflicht erlassen kann.
(https://www.bernerzeitung.ch/bern-eroeffnet-verfahren-gegen-corona-skeptikerin-753842949146)


+++HISTORY
Sonntagszeitung 18.10.2020

Rassismus in der Wissenschaft: Der Fall Louis Agassiz

Es  gibt nicht nur ein Agassizhorn, selbst auf dem Mond gibt es einen Ort,  der dem Schweizer Naturkundler und Rassisten gewidmet ist. Das Komitee  «Démonter Louis Agassiz» protestiert dagegen.

Martin Läubli

Der  Schweizer Naturkundler, Glaziologe und Rassist Louis Agassiz ist 1873 im  amerikanischen Cambridge gestorben und hat heute noch nicht seine Ruhe  gefunden. Es sind seine Ehrungen, die bis dato anstossen. Diesmal geht  es um eine Erhebung auf dem Mond.

Die  International Astronomical Union (IAU) hat 1935 einen Gebirgszug nach  seinem Namen benannt – den «Agassiz Promontory». Das wollte das Komitee  «Démonter Louis Agassiz» um den Schweizer Historiker Hans Fässler  geändert haben. Drei Jahre liess sich die Arbeitsgruppe für die  Nomenklatur von Planetensystemen der IAU Zeit. Nun hat sie sich  entschieden: Der Name wird beibehalten. Und das ist das letzte Wort. Die  Akte sei damit geschlossen, heisst es in einem knappen Brief ohne  eigentliche Begründung.

Das  Komitee ist empört. Und diese Empörung kriegt nun die Akademie der  Wissenschaften Schweiz (SCNAT) in einem offenen Brief deutlich zu  spüren. Es wirft ihr vor, zu wenig getan zu haben. Erwartet hätten sie  von der Akademie einen eigenen Antrag um Umbenennung. Der Brief trägt  die Handschrift von Hans Fässler, dem unermüdlichen Kämpfer für den  Dialog über Rassismus in unserer Gesellschaft. Bereits wird ein  «SCNAT-Skandal» heraufbeschwört.

Abscheu vor dunkelhäutigen Menschen

Louis  Agassiz’ Karriere begann als Professor für Naturkunde an der Akademie  in Neuenburg. Einen grossen Namen machte er sich als Ichthyologe, als  Fischkundler. Seine Leistungen trugen ihm die Mitgliedschaft der  britischen Royal Society ein. Mitte des 19. Jahrhunderts berief ihn die  Harvard University in Cambridge zum Professor für Zoologie und Geologie.  «Kurz nach seiner Ankunft in den USA beschrieb Agassiz in einem Brief  an seine Mutter seine Abscheu vor dunkelhäutigen Menschen», heisst es im  «Historischen Lexikon der Schweiz».

Den  Eintrag, geschrieben von Hans Barth und Hans Fässler, gibt es so erst  seit 2018. Davor war keine Zeile über das rassistische Gedankengut von  Agassiz zu lesen. In dessen Aufsatz «The Diversity of Origin of the  Human Races 1850» stellte er eine Rassenhierarchie auf. Dunkelhäutige  Menschen stellten für ihn eine kulturunfähige Rasse dar, die nicht auf  derselben Stufe des weissen Mannes einzuordnen ist – und nur einfache  Arbeiten verrichten könne. Agassiz wurde zum verbissenen Verfechter der  These, der göttliche Schöpfungsakt habe getrennte Wege für Schwarze und  Weisse vorgesehen.

Damit  lieferte er den theoretischen Boden, um die Sklaverei, vor allem in den  amerikanischen Südstaaten, zu legitimieren. Die Evolutionstheorie von  Darwin lehnte er kategorisch ab. Zwar war er gegen die Sklaverei, doch  setzte er sich dafür ein, jegliche Vermischung der Rassen zu verhindern.  Agassiz’ These der Rassentrennung wird später auch zum theoretischen  Fundament für den Nationalsozialismus – und für die Kreationisten, die  überzeugt sind, die Entstehung des Lebens sei so vor sich gegangen, wie  es in den heiligen Schriften steht. Nun war Agassiz nicht der einzige  Wissenschaftler, der in dieser Zeit die Rassentheorie vertrat. Dennoch  werten Historiker wie Bernhard Schär von der ETH Zürich die Haltung des  Schweizer Wissenschaftlers schon damals als radikal.

Warum so lange geschwiegen?

Das  Komitee «Démonter Louis Agassiz», 2007 gegründet, treibt jedoch  letztlich etwas anderes um: Warum verschwieg man in der Schweiz bis in  die 2000er-Jahre die rassistische Prägung eines Mannes, dessen  wissenschaftliche Hochachtung immerhin weltweit zu Namensgebungen für  rund 80 Orte führte? Und hier kommt für das Komitee die Akademie der  Naturwissenschaften ins Spiel, in deren Geschichte die Rassenforschung  ein düsteres Kapitel bildet.

Die  Akademie hat denn auch prompt auf den offenen Brief reagiert. Das  Anliegen des Komitees findet sie gerechtfertigt – alle nach Agassiz  benannte Objekte sollen umbenennt werden. «Namensgebungen sind immer  auch eine Ehrung und haben eine starke Symbolik», schreibt sie. Bei  Agassiz seien fundamentale Fehlleistungen ans Licht gebracht worden.  «Die SCNAT hat es sich nicht einfach gemacht und den Fall Agassiz  intensiv diskutiert», sagt Marcel Falk, Kommunikationsleiter der SCNAT.  So bedauert sie auch, dass die International Astronomical Union so lange  mit dem Entscheid auf sich warten und im Schreiben keine eigentliche  Begründung verlauten liess.

Die  Anschuldigung des Komitees an ihre Adresse lässt sie jedoch nicht  gelten. «Die SCNAT hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass die  Namensgebung des «Agassiz Promontory» auf dem Mond neu beurteilt wird.  Der Entscheid ist negativ, was wir bedauern», heisst es in der  Entgegnung. Einen erneuten Antrag an die IAU zu stellen, erachtet die  Akademie als aussichtslos.

Auch das Agassizhorn bleibt

Das  Komitee muss somit in diesem Jahr einen weiteren Tiefschlag hinnehmen.  Im Juli teilten die Gemeinden Guttannen, Grindelwald und Fieschertal  mit, am damaligen gemeinsamen Beschluss vom Juli 2010 festzuhalten und  von einer Umbenennung des Agassizhorn abzusehen. Sie könne das in der  Geschichte Geschehene nicht ungeschehen machen. Die Gemeinden würden  jedoch «jeglichen Rassismus, welcher leider in der heutigen Zeit immer  noch passiert, verurteilen und setzten alles daran, diesen zu bekämpfen  und zu unterbinden».

Das  Komitee hatte im Juni vor dem Hintergrund der Ermordung des  Afroamerikaners George Floyd am 25. Mai in Minneapolis die Gemeinden  nochmals ersucht, den «wunderschönen Berggipfel» nicht «dem  bedeutendsten ‹wissenschaftlichen› Rassisten des 19. Jahrhunderts» zu  überlassen. Sie schlugen vor, das Agassizhorn in Rentyhorn umzubenennen,  nach dem Namen eines Sklaven, den Agassiz in den Augen des Komitees als  «Foto-Objekt missbrauchte».

Doch  ganz ohne Erfolg steht das Komitee nicht da: So änderte unter anderem  die Stadt Neuenburg 2019 die Universitätsadresse «Espace Louis Agassiz»  zu «Espace Tilo Frey», zu Ehren der ersten schwarzen Nationalrätin der  Schweiz. Die Stadt Lausanne brachte in diesem Jahr unter dem  Strassennamen «Avenue Louis Agassiz» eine Tafel an, auf der sie über den  Rassismus des Forschers aufklärte. Und auch in den USA kommt Agassiz  allmählich als Rassist in Verruf. Zum Beispiel verlangt das Departement  für Psychologie der Stanford University in Kalifornien, die Statue von  Louis Agassiz zu entfernen.
(https://www.derbund.ch/der-fall-louis-agassiz-905219299603)