Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BASEL
Basel soll sich in Bern für Flüchtlingsaufnahmen einsetzen
Die Basler Regierung soll sich beim Bund für eine Aufnahme von
Flüchtlingen aus Griechenland starkmachen. Der Grosse Rat hat der
Exekutive einen Vorstoss für eine entsprechende Standesinitiative
überwiesen.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/basel-soll-sich-in-bern-fuer-fluechtlingsaufnahmen-einsetzen-139493500
+++LUZERN
luzernerzeitung.ch 14.10.2020
Asylzentren zur Hälfte leer: Immer weniger Asylsuchende im Kanton Luzern
Die Belegung der Luzerner Asylzentren erreicht einen rekordverdächtigen
Tiefstand. Während die Stadt die Bereitschaft signalisiert, mehr
Asylsuchende aufzunehmen, gibt sich der Kanton zurückhaltend.
Niels Jost und Pascal Studer
Die Anzahl der Asylsuchenden im Kanton Luzern nimmt rapide ab. Wie
aktuelle Zahlen der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF)
zeigen, befinden sich per 30. September noch 261 Asylsuchende im Kanton.
Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren ebenfalls im September mehr
als doppelt so viele – nämlich 642. Im September 2016 waren es sogar
1799. Seither nimmt die Zahl kontinuierlich ab
Silvia Bolliger, Leiterin der DAF, kennt die Gründe für diesen
Tiefststand: «Aufgrund der Grenzschliessungen bedingt durch die
Covid-19-Situation gingen in ganz Europa die Asylgesuchszahlen zurück»,
erklärt sie. Tatsächlich betont auch das Staatssekretariat für Migration
(SEM), dass die Coronapandemie für die Asylmigration eine Zäsur
bedeutet. So wurden schweizweit in den ersten sechs Monaten dieses
Jahres 4592 Asylgesuche eingereicht, was im Vergleich zur gleichen
Vorjahresperiode einem Rückgang von 34,7 Prozent entspricht.
Jeder zwanzigste Asylsuchende kommt nach Luzern
Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf den Kanton Luzern. Gemäss
Schweizerischen Asylgesetzes nimmt nämlich der Bund die Zuweisung der
Asylsuchende auf die Kantone vor. Dies geschieht anhand eines
bevölkerungsproportionalen Verteilschlüssels, welcher in der
Asylverordnung 1 festgelegt ist. Während der Kanton Luzern 4,8 Prozent
der vom SEM anerkannten Asylsuchenden aufnehmen muss, haben die
einwohnerstarken Kantone Zürich (17,8 Prozent), Bern (12,1 Prozent) und
Waadt (9,4 Prozent) eine bedeutend grössere Verantwortung zu schultern.
Dennoch dürften sämtliche Kantone weniger ausgelastet sein. Bolliger
sagt dazu: «Die Coronapandemie macht sich im Kanton Luzern insofern
bemerkbar, als dass in dieser Zeit deutlich weniger Personen durch den
Bund zugewiesen wurden.»
Doch Covid-19 reicht nicht als alleiniger Grund, um die stark sinkenden
Zahlen zu erklären. Die Lage im Asylwesen habe sich nach der
Flüchtlingskrise im Jahr 2015 generell verändert, führt Bolliger aus.
«Seit der Schliessung der Balkanroute und dem Abkommen der EU mit der
Türkei hat sich die Situation stark beruhigt», erklärt sie. Entsprechend
seien die Gesuchszahlen in der Schweiz kontinuierlich gesunken.
Kantonale Asylzentren sind zur Hälfte ausgelastet
Logischerweise hat diese Entwicklung Auswirkungen auf die Auslastung
hiesiger Asylzentren. So liegt diese gemäss Bolliger derzeit bei rund 50
Prozent. Zum Vergleich: Im Juli 2019 war sie noch 20 Prozent höher, im
Januar 2019 belief sie sich auf 79 Prozent und im Sommer 2018 gar auf 85
Prozent.
Auch hier verzeichnet die DAF also eine sukzessive Abnahme – und
begründet diese wiederum mit dem Coronavirus. «Die reduzierte Belegung
in den Zentren ist eine der Schutzmassnahmen in Bezug auf Covid-19»,
sagt Bolliger. Dies bedeutet: Die Behörden wenden derzeit ein
Schutzkonzept an, welches die Kapazitäten der Asylzentren limitiert.
«Solange sich die Situation nicht ändert, werden wir weiterhin an diesem
Schutzkonzept festhalten und die Belegung in den Zentren zum Schutz der
Klientel und der Mitarbeitenden reduziert halten», stellt Bolliger
klar.
Dennoch habe man noch keine Obergrenze erreicht. Auch wenn gemäss
Bolliger klar ist, dass eine vollständige Auslastung derzeit nicht
möglich ist, hätte der Kanton Luzern theoretisch noch Platz. Dies ist
allerdings davon abhängig, in welchen Konstellationen die Asylsuchenden
um Schutz ersuchen. «Kommen beispielsweise viele Einzelpersonen, können
wir aufgrund der Schutzbestimmungen weniger Personen aufnehmen, als wenn
ganze Familien Asyl erhalten haben», erklärt Bolliger. Wie fest die
Asylzentren maximal ausgelastet werden könnten, sei daher schwer
einzuschätzen, so Bolliger weiter.
Klar ist jedoch, dass der Bund dem Kanton Luzern in den nächsten Wochen
sogenannte Resettlement-Flüchtlinge zuweisen wird – also Personen, die
vom UNO-Flüchtlingswerk UNHCR gemäss Flüchtlingskonvention bereits als
Flüchtling anerkannt und besonders schutzbedürftig sind. Gemäss SEM
nimmt die Schweiz für die Periode 2020/2021 insgesamt 1600
Resettlement-Flüchtlinge auf. «Dies wird unsere Auslastung weiter
erhöhen», erklärt Bolliger. Insgesamt 21 Resettlement-Flüchtlinge sind
in den letzten Tagen bereits nach Luzern gekommen.
Kein grünes Licht vom Bund: Stadt Luzern blitzt ab
Laut Schweizerischen Bundesverfassung ist die Gewährung von Asyl Sache
des Bundes. Kantone und Gemeinden können also ohne Bundesbeschluss nicht
selbstständig Schutzsuchende aufnehmen. Trotzdem sind als Reaktion auf
die Brände in Moria viele Schweizer Städte – neben Zürich und Bern unter
anderem auch Luzern – vorgeprescht und haben ein «sofortiges Handeln»
verlangt. Der Luzerner Sicherheitsdirektor Martin Merki fordert in
Anbetracht der «dramatischen Situation», die Direktaufnahme von
Flüchtlingen aus Moria zuzulassen.
Das SEM hält sich diesbezüglich jedoch bedeckt. Reto Kormann,
stellvertretender Leiter Stabsbereich Information und Kommunikation,
bestätigt zwar, dass entsprechende Gespräche stattgefunden hätten. «Der
Bund ist regelmässig mit den Städten zu diesem Thema in Austausch», sagt
er. Ob ein von den Städten geforderter Bundesbeschluss in absehbarer
Zeit realistisch ist, lässt er allerdings offen. Er fügt aber an: «Die
Schweiz wurde von Deutschland angefragt, sich bei der Evakuierung zu
beteiligen. Sie hat eine Beteiligung mit der Aufnahme von rund zwanzig
Minderjährigen in Aussicht gestellt.»
Gemäss Martin Merki hat der Bund das Angebot der Städte, zusätzliche
Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen, «klar abgelehnt». Für den
FDP-Stadtrat ein stossender Entscheid. Er sagt: «Die Schweiz kann und
muss mehr tun.» Die aufnahmebereiten Städte würden sich deshalb weiter
gemeinsam dafür einsetzen, dass die direkte Aufnahme durch die Städte
möglich werde. Wie viel das explizit seien, lässt er jedoch offen. Er
sagt allerdings: «Die Stadt Luzern hat 2015 und 2016 gezeigt, dass sie
innert Monaten die Unterbringung und Betreuung vieler Geflüchteter
organisieren kann.» Die Stadt Luzern hält also den Druck auf den Bund
aufrecht.
–
Luzerner Sans-Papiers-Stelle: «Wir mussten Anwälte einschalten.»
Auf die Anzahl Asylgesuche hat die Coronapandemie massive Auswirkungen.
Doch was bedeutet dies für die Geflüchteten selber – etwa für
Migrantinnen und Migranten ohne geregelten Aufenthaltsstatus? «Ein
grosses Problem ist die Krankenversicherung», sagt Nicola Neider,
Präsidentin der Sans-Papiers-Stelle in Luzern. «Die meisten Sans-Papiers
sind nicht versichert. Da mussten wir viel Aufklärungsarbeit leisten»,
so Neider, die bei der Katholischen Kirche Luzern den Bereich Migration
und Integration leitet. Ein Krankheitsfall ist der Theologin nicht
bekannt.
Ein weiteres Problem sei die Unterbringung. So mussten Sans-Papiers,
welche einen negativen Asylentscheid erhalten haben, in Notunterkünfte
untergebracht werden – für unbestimmte Zeit. Denn Flüge in die
Heimatländer gab es während des Höhepunkts der Pandemie keine. «Unsere
Gesuche um eine Fristverlängerung für den Aufenthalt in der Schweiz
wurden vom Amt für Migration erst bewilligt, als wir Anwälte
einschalteten», so Neider. Diesbezüglich hätte sie sich mehr Kulanz
seitens der Behörden gewünscht.
Tatsächlich gab es gemäss Staatssekretariat für Migration (SEM) ab der
ausserordentlichen Lage am 17. März fast keine Rückführungen mehr. Haben
die Behörden im März noch insgesamt 182 durchgeführt, waren es im April
nur noch 11, im Mai immerhin 26. Gründe dafür sind gemäss SEM
einerseits die temporären Grenzschliessungen vieler Länder, andererseits
aber vor allem die fast vollständig wegfallenden Flüge. Laut
SEM-Sprecher Reto Kormann hat sich die Lage inzwischen aber wieder
geändert: «Die Situation in der Luftfahrt hat sich in den letzten Wochen
wieder verbessert, Rückführungen können wieder stattfinden», sagt er.
So ist die Anzahl Rückführung inzwischen wieder im dreistelligen
Bereich: Im Juli waren es 256, im August 228. (jon/stp)
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/kanton-luzern-immer-weniger-asylsuchendeasylzentren-zur-haelfte-leer-immer-weniger-asylsuchende-im-kanton-luzern-asylzentren-zur-haelfte-leer-ld.1262095)
+++ST. GALLEN
St. Galler Asylzentrum Thurhof unter Quarantäne
Im Asylzentrum Thurhof wurden elf Personen positiv auf das Coronavirus
getestet. Die St. Galler Asylunterkunft wurde unter Quarantäne gestellt.
https://www.nau.ch/news/schweiz/st-galler-asylzentrum-thurhof-unter-quarantane-65800851
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/asylzentrum-thurhof-steht-unter-quarantaene-qGv4koK
-> https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/gesamtes-asylzentrum-in-oberbueren-sg-in-quarantaene-00143271/
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wil/wegen-mehrerer-coronakranken-oberbuerer-asylzentrum-thurhof-unter-quarantaene-ld.1267578
+++ZÜRICH
Geflüchtete nach Urdorf zurückverlegt
Sonntag Abend haben sich die die Zürcher Behörden still und heimlich
daran gemacht, die rund 36 geflüchteten Menschen aus dem Notspital
Erlenhof gegen ihren Willen in den Bunker Urdorf zurück zu
transportieren. An genau jenen Ort also, wo zuvor eine grosse Anzahl an
Geflüchteten sich mit dem Coronavirus infiziert hatte.
https://barrikade.info/article/3928
+++SCHWEIZ
derbund.ch 14.10.2020
Mängel im neuen Asylsystem: Sie haben die Hölle überlebt – jetzt sollen sie zurück
Der Bund will Opfer von Menschenhandel ohne Schutz in jene Länder
abschieben, in denen sie ausgebeutet wurden. Die Fälle häufen sich mit
dem neuen Asylsystem. Das zuständige Gericht rügt die Migrationsbehörden
scharf.
Raphaela Birrer
Sie hat eine qualvolle Zeit hinter sich, als sie in der Schweiz ankommt:
Die 26-jährige Caroline (Name geändert) entflieht in ihrer Heimat Togo
einer Zwangsehe. Auf der Flucht verkaufen die Schlepper sie an eine
reiche Familie in Marokko, wo sie als Haushaltssklavin schuften muss. In
Italien, ihrer nächsten Station, wird sie in einem Bordell eingesperrt
und zur Prostitution gezwungen.
Bei einer Polizeikontrolle stellt Caroline ein Asylgesuch. Weil sie sich
im Asylzentrum vor ihren Peinigern fürchtet, flieht sie erneut – in die
Schweiz. Hier entscheidet das Staatssekretariat für Migration (SEM),
nicht auf ihr Gesuch einzutreten, weil sie bereits im
Dublin-Erstaufnahmestaat Italien registriert wurde. Als Caroline von der
Rückführung nach Italien erfährt, bricht sie zusammen und wird in die
Psychiatrie eingeliefert.
Ihre Anwältin rekurriert beim Bundesverwaltungsgericht – und erhält
recht: Das SEM muss Carolines Asylgesuch in der Schweiz behandeln. Die
Behörde hat gemäss Gerichtsentscheid den Gesundheitszustand unzureichend
abgeklärt. Vor allem aber hat das SEM nicht sichergestellt, dass
Caroline in Italien adäquat untergebracht und vor ihren Peinigern
geschützt wird.
Caroline ist bei weitem kein Einzelfall: Dieser Zeitung liegen mehrere
Urteile aus dem aktuellen und dem vergangenen Jahr vor, in denen das
Bundesverwaltungsgericht das SEM harsch rügt. Immer geht es bei den
gutgeheissenen Beschwerden um Opfer von Menschenhandel, immer werden die
– trotz dringendem Verdacht – mangelhaften Abklärungen scharf
angemahnt, und immer verweist das Gericht auf völkerrechtliche
Verpflichtungen, die der Schweiz einen besseren Opferschutz
vorschreiben.
Auch internationale Kritik an der Schweiz
Der Tenor der Urteile: Die Schweizer Migrationsbehörden dürfen Personen,
die auf der Flucht zum Beispiel als Zwangsprostituierte oder
Haushaltssklaven gehandelt wurden, nicht ohne speziellen Schutz in die
Länder zurückschicken, in denen sie ausgebeutet wurden. Sie müssen
entweder Garantien einholen, dass sie dort angemessen betreut werden,
oder selber auf das Asylgesuch eintreten.
Dieselbe Kritik übt die Expertengruppe des Europarats zur Bekämpfung von
Menschenhandel (Greta). Bereits zweimal hat das Gremium die Schweizer
Migrationsbehörden schriftlich aufgefordert, Opfer im Asylbereich besser
zu identifizieren und zu schützen. Dazu ist die Schweiz verpflichtet,
weil sie vor acht Jahren die Europaratskonvention gegen Menschenhandel
ratifiziert hat. Demnach haben potenzielle Opfer ein Anrecht auf
spezialisierte Beratung, sichere Unterbringung sowie psychologische und
medizinische Betreuung.
Auch das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge kommt in einer neuen
Studie zur Rechtslage und Praxis in der Schweiz zum Schluss, hier sei
«nicht gewährleistet», dass Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen –
wie Menschenhandels- oder Folteropfer – frühzeitig identifiziert und
gezielt unterstützt würden, etwa mit psychologischer Hilfe. Momentan
hänge es «weitgehend von den einzelnen Mitarbeitenden des SEM sowie der
Rechtsvertretung ab», ob solche Personen überhaupt erkannt würden,
heisst es in der UNHCR-Analyse. Es fehlten Standardabläufe und
Handlungsvorgaben.
Über 500 Betroffene – und eine hohe Dunkelziffer
Das Problem wird in der Schweiz umso dringlicher, als die Zahl der
Betroffenen stark gestiegen ist. In den vergangenen sieben Jahren hat
das SEM insgesamt 556 potenzielle Opfer von Menschenhandel im
Asylverfahren identifiziert, wie Sprecher Lukas Rieder sagt. «Die
Dunkelziffer dürfte allerdings um ein Vielfaches höher sein», sagt
Oliver Lüthi von der Flüchtlingshilfe. Auch die Fachstelle Frauenhandel
und Frauenmigration (FIZ) verzeichnet eine starke Zunahme von
Menschenhandelsfällen aus dem Asylbereich. Letztes Jahr betreute sie 94
Fälle – im laufenden Jahr sind es bereits 97, wie Sprecherin Doro
Winkler sagt.
Gemäss SEM sind 44 der 556 potenziellen Opfer von Menschenhandel direkt
in einen Dublin-Erstaufnahmestaat zurückgeschickt worden. Wie häufig
zudem die Rechtsvertretung per Rekurs eine vom SEM geplante Rückführung
verhindert hat, ist nicht statistisch erfasst. Bei der FIZ war dies laut
Winkler letztes Jahr bei 21 der 94 betreuten Personen der Fall, 4
Personen wurden trotzdem überstellt – trotz teils erheblicher
Suizidgefahr, wie Winkler sagt. Die Zahlen lassen sich jedoch nicht
linear hochrechnen.
Zu rasche Dublin-Entscheide?
Für sämtliche Fachstellen steht fest: Die gerichtlich gerügten
«voreiligen Entscheide» des SEM hängen mit der Neuorganisation des
Asylsystems zusammen. Per 1. März 2019 wurden in der Schweiz
beschleunigte Verfahren in Bundesasylzentren eingeführt. Diese dauern
gemäss SEM im Schnitt 59 Tage. Fälle, die weitere Abklärungen benötigen,
kommen in ein erweitertes Verfahren in den Kantonen mit einer
durchschnittlichen Dauer von 158 Tagen. Dublin-Fälle wie jener von
Caroline werden neu bereits in 45 Tagen erledigt.
Die Organisationen kritisieren, besonders die Dublin-Entscheide würden
neu «viel zu schnell» gefällt. «Die traumatisierten Opfer von
Menschenhandel werden ohne die nötigen Schutzgarantien direkt an den Ort
zurückgebracht, an dem sie ausgebeutet wurden. So ist die Gefahr gross,
dass sie den Tätern wieder in die Hände fallen», sagt Winkler.
«Potenzielle Opfer sollten zwingend in die erweiterten Verfahren kommen,
um eine bessere Abklärung zu ermöglichen», fordert auch Oliver Lüthi
von der Flüchtlingshilfe. «In der Regel wird jedoch der Tatbestand
Menschenhandel von den Behörden noch immer als nicht asylrelevant
betrachtet.»
Das hohe Tempo widerspiegelt sich in den Urteilen des
Bundesverwaltungsgerichts: Seit Einführung der neuen Verfahren hat es
mehr als doppelt so viele Beschwerden zur Neubeurteilung ans SEM
zurückgewiesen wie im alten System. Die Rückweisungsquote ist von 6,5
auf 15 Prozent gestiegen. Das hat eine Bilanz nach einem Jahr ergeben.
Im laufenden Jahr liegt der Wert bei 13 Prozent. In den weitaus meisten
Fällen hatte das SEM die Asylgründe sowie die medizinischen Probleme der
Asylsuchenden nicht ausreichend abgeklärt. Wie viele davon
Menschenhandelsopfer sind, lässt sich gemäss einem Gerichtssprecher
statistisch nicht aufzeigen.
Auch im Parlament wächst der Unmut über den mangelhaften Opferschutz in
den neuen Asylverfahren. Mehrere Vorstösse verlangen Sicherheit für die
Betroffenen. Der neueste stammt von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf.
«Hier geht es nicht um Bagatellgeschichten – das sind gravierende
Verbrechen. Es ist beschämend für die Schweiz, dass wir diese Opfer zu
wenig schützen», sagt die Zürcherin. Nun müsse eine Lücke geschlossen
werden: Das Opferhilfegesetz mit den entsprechenden
Unterstützungsleistungen greife bislang nur, wenn der Tatort in der
Schweiz war. «Betroffene aus dem Asylbereich, die im Ausland ausgebeutet
wurden, fallen gesetzlich durch die Maschen», so Seiler Graf.
Das Staatssekretariat für Migration wehrt sich gegen die Vorwürfe: «Gibt
es Hinweise auf Menschenhandel, wird systematisch eine spezielle
Anhörung mit den potenziellen Opfern durchgeführt. Zudem gewähren wir
eine Erholungs- und Bedenkzeit», sagt Sprecher Lukas Rieder. In
Dublin-Verfahren werde der Erstaufnahmestaat zweifach über die
Problemlage informiert. «Für diese Praxis haben wir seit Anfang Jahr
einen klar definierten internen Prozess», betont Rieder. Die Prozesse
würden laufend an die Fortschritte bei der Bekämpfung des
Menschenhandels angepasst.
Die 26-jährige Caroline, die über Italien in die Schweiz geflohen war,
befindet sich immer noch hier. Sie wartet auf den neuen Entscheid der
Migrationsbehörden. Sie ist weiterhin in psychologischer Betreuung.
(https://www.derbund.ch/sie-haben-die-hoelle-ueberlebt-jetzt-sollen-sie-zurueck-842004011000)
+++DEUTSCHLAND
Human Rights Film Festival Berlin: Flucht ohne Ende
Erst zum dritten Mal fand 2020 das Human Rights Film Festival Berlin
statt, dieses Jahr unter der Schirmherrschaft von Nadia Murad. Dabei hat
sich das von der NGO Aktion gegen den Hunger initiierte Festival in
kürzester Zeit zu einem spannenden Event im deutschen Filmkalender
entwickelt.
https://de.qantara.de/inhalt/human-rights-film-festival-berlin-flucht-ohne-ende
+++GRIECHENLAND
Moria – Wo Europa versagt
Das Lager Moria auf Lesbos ist ein exemplarisches Beispiel für die
desaströse Flüchtlingspolitik in Europa. Nach den dramatischen Bildern
und Berichten vom Brand in Moria wächst der Druck auf die EU-Kommission,
nun endlich einen Flüchtlingspakt vorzulegen, der in die verfahrene
Lage Bewegung bringt. Schließlich sind die Probleme der
Flüchtlingspolitik seit Jahren bekannt: Viele Asylverfahren dauern
extrem lange, die anerkannten Flüchtlinge werden nur von einem Teil der
EU-Mitgliedsländer aufgenommen, und abgelehnte Asylbewerber können oft
nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. Doch wer hat
eigentlich Schuld an dem Drama in Moria? Ist es die EU oder sind es
einzelne Mitgliedstaaten, die jeden Kompromiss verweigern? Und gibt es
jetzt eine Chance darauf, nach Jahren des Stillstands eine Lösung in der
Flüchtlingsfrage zu finden?
https://www1.wdr.de/fernsehen/die-story/sendungen/moria-wo-europa-versagt-104.html
Eine Stimme aus Moria
Linda kam mit ihrer Familie – ihrem Mann und fünf Kindern – nach
Griechenland, in der Hoffnung „im Land von Sokrates“ eine Zukunft zu
finden. Linda hat acht Monate in Moria gelebt, nachdem das Camp Anfang
September abgebrannt ist und sie mehrere Tage auf der Straße lebte, ist
sie nun im neuen Camp untergekommen. Sie wünscht sich eine Perspektive
für ihre Kinder, will sie herausholen aus dem Elend des
Flüchtlingslagers. „Als ich gesehen habe, dass unbegleitete
Minderjährige aufs Festland gebracht werden, habe ich an Suizid
gedacht“, erklärt sie. Sie habe zu ihrem Mann gesagt, lass uns Suizid
begehen, dann werden sie sich um unsere Kinder kümmern.
https://youtu.be/sJReJ4ddgHk
+++EUROPA
Permanenter Rechtsbruch an Europas Grenzen? – Echo derZeit
Die neue Migrationspolitik der EU im Umgang mit Flüchtenden sieht vor
allem eines vor: besseren Grenzschutz. Gerald Knaus ist
Migrationsexperte. Mit der Frage des richtigen Grenzschutzes setzt sich
Knaus in seinem neusten Buch «Welche Grenzen brauchen wir?» auseinander.
Hat er Antworten?
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/permanenter-rechtsbruch-an-europas-grenzen?id=a420b62c-597a-4e0e-bd43-85fa0b663ab9
+++LIBYEN
Menschen unter katastrophalen Zuständen in libyschen Internierungslagern eingesperrt
Rund 60 Personen, unter ihnen 24 Kinder, werden zurzeit in Sabratah,
Libyen, unter schrecklichen Bedingungen festgehalten, nachdem sie in der
Nacht vom 27. September bei einer gewaltsamen Razzia verschleppt worden
waren. Sie gehörten zu einer Gruppe von 350 vorwiegend aus Westafrika
stammenden Menschen.
https://www.msf.ch/de/neueste-beitraege/artikel/menschen-unter-katastrophalen-zustaenden-libyschen-internierungslagern
Libyen: Ärzte ohne Grenzen fordert Rückführungen zu beenden
Die Europäische Union unterstützt und finanziert die libysche
Küstenwache seit rund drei Jahren, um Flüchtlinge, Migrantinnen und
Migranten auf See abzufangen und sie gewaltsam nach Libyen
zurückzubringen. Nicht zuletzt anlässlich des jüngsten
EU-Migrationspakts fordert Ärzte ohne Grenzen erneut, dass Leben
gerettet anstatt dass Schutzsuchende in ein Bürgerkriegsland
zurückgezwungen werden. Allein am vergangenen Wochenende wurden 390
Menschen nach Libyen zurückgebracht, obwohl Flüchtlinge, Migrantinnen
und Migranten dort in ständiger Gefahr leben.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/article/libyen-aerzte-ohne-grenzen-fordert-rueckfuehrungen-zu-beenden
+++FREIRÄUME
Holliger – Wohnlabor im Westen Berns
In Holligen, im «mittleren Westen Berns», hat der Bau eines völlig neuen
Stadtteils begonnen. Sechs verschiedene gemeinnützige Bauträger
realisieren am Warmbächliweg rund 330 preisgünstige Wohnungen für rund
800 bis 1000 BewohnerInnen. Das künftige Zusammenleben will geplant
sein.
http://www.journal-b.ch/de/082013/alltag/3715/Holliger-%E2%80%93-Wohnlabor-im-Westen-Berns.htm
+++GASSE
Verliebt in der Gassenküche: Heiko, Lilian und die Armut in Basel
«Leben und Liebe auf der Gasse»: Das Werk der zwei Filmstudenten Miguel Burger und Robert Ziska aus der Region berührt.
https://www.bazonline.ch/heiko-lilian-und-die-armut-in-basel-116796612055
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
«Krawall-Tourist» – Basler Strafgericht verurteilt Luzerner Steinewerfer von Nazifrei-Demo
Luzerner Demonstrant erhält vom Basler Strafgericht sieben Monate aufgebrummt.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/basler-strafgericht-verurteilt-luzerner-steinewerfer-von-nazifrei-demo-139494770
Credit-Suisse-Fassade verunreinigt: Gericht spricht Genfer Klimaaktivist
in zweiter Instanz wegen «rechtfertigendem Notstand» frei
In Genf ist ein Klimaaktivist in zweiter Instanz freigesprochen worden,
nachdem er die Fassade einer Credit-Suisse-Filiale mit roten Händen
beschmiert hatte. Das Berufungsgericht sah den rechtfertigenden Notstand
als gegeben.
https://www.nzz.ch/schweiz/genfer-klimaaktivist-in-zweiter-instanz-freigesprochen-ld.1581602
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/credit-suisse-unterliegt-genfer-kantonsgericht-gibt-klimaaktivist-recht
-> https://www.derbund.ch/genfer-klimaaktivist-in-zweiter-instanz-freigesprochen-312017200653
effy29 Besetzung
Die ehemalige Hausbesetzung an der Effingerstrasse 29, auch liebevoll
effi29 oder effy29 genannt, war aus vielerlei Hinsicht ein besonderes
Haus. Medial sorgte die militante Verteidigung für viele Schlagzeilen.
In Bern gab es zahlreiche Solidaritätsaktionen für den Verbleib des
Haues. Sogar internatioal wurde Bezug auf die effy29 genommen. Am 09.
November 2020 beginnen nun die Prozesse gegen 16 Angeklagte. Eine
Chronologie der Besetzung:
https://bernaktiv.ch/effy29/?fbclid=IwAR0p8D2BI4lxl36qN5hvZwHIr_iblmW_09pI7ZHDakg1Qc_V4MGeS9kWOvY
Le Laboratoire Autogéré de création (L.A.C) occupe un bâtiment de l’Etat
Le Collectif du L.A.C. (Laboratoire Autogéré de Création) occupe la rue
des Crêtets 91 à La Chaux-de-Fonds. Les échanges avec le Conseil
communal n’ayant amené aucune solution pérenne vis-à-vis de la situation
d’urgence et précaire du Collectif et le Conseil d’Etat n’ayant pas
donné suite aux demandes de dialogue à ce jour, le Collectif a pris la
décision d’occuper un bâtiment vacant ce vendredi 09 octobre 2020, afin
de permettre la survie de son offre culturelle et sociale. Le bâtiment
appartenant à l’Etat, le Collectif est dans l’espoir d’entamer un
dialogue direct avec ce dernier.
https://renverse.co/infos-locales/article/communique-de-presse-du-l-a-c-2785
+++REPRESSION DE
Security-Angestellte bedrohen Unterstützerin: Staatsschutz ermittelt nach Vorfall am geräumten Hausprojekt Liebig 34
Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma sind am Dienstagabend auf
Unterstützer der Liebig-34 losgegangen. Der Staatsschutz ermittelt wegen
Körperverletzung.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/security-angestellte-bedrohen-unterstuetzerin-staatsschutz-ermittelt-nach-vorfall-am-geraeumten-hausprojekt-liebig-34/26271752.html
+++BIG BROTHER
Verdacht auf illegale Exporte: Razzia bei Spionage-Firma FinFisher
Die Staatsanwaltschaft München hat nach Informationen von BR und NDR die
Firma FinFisher durchsuchen lassen. Der Hersteller von
Überwachungsprogrammen steht im Verdacht, illegal Software exportiert zu
haben.
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/spaehsoftware-finfisher-101.html
-> https://www.br.de/nachrichten/bayern/razzia-bei-muenchner-spionage-firma,SDJtroG
-> https://netzpolitik.org/2020/unsere-strafanzeige-razzia-bei-staatstrojaner-firma-finfisher-in-muenchen/
Massenhafte Handydaten-Abfrage durch Staatsanwälte: Die Blackbox öffnen!
Täglich greifen Staatsanwälte in der Schweiz tief in das Leben und die
Privatsphäre von Bürgern ein. Es braucht mehr Aufsicht und Transparenz.
https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/massenhafte-handydaten-abfrage-durch-staatsanwaelte-die-blackbox-oeffnen-139462230
+++POLICE BE
derbund.ch 14.10.2020
Ausländische Aktivisten: Polizei wegen Ausreiseformular in der Kritik
Nach der Räumung der Klimademo auf dem Bundesplatz hat die
Kantonspolizei ausländischen Protestierenden die sofortige Ausreise
nahegelegt. Ein Jurist wirft der Polizei Kompetenzüberschreitung vor.
Calum MacKenzie
Bei der Klimacamp-Räumung auf dem Bundesplatz landeten 85 Personen auf
dem Polizeiposten. Obwohl alle kurz darauf wieder entlassen wurden, gibt
das Geschehene in Aktivistenkreisen immer noch zu reden. Denn was in
Polizeigewahrsam geschah, wirft Fragen auf.
David Furger ist Rechtsanwalt und Mitglied der Demokratischen
Juristinnen und Juristen Bern. Er hat sich mit dreien der festgenommenen
Aktivistinnen und Aktivisten austauschen können. «Mehrere ausländische
Personen wurden mündlich dazu aufgefordert, die Schweiz umgehend zu
verlassen», sagt er. Für ihn ist klar: «Die Kantonspolizei hat ihre
Kompetenz überschritten. Das kommt einer Aufforderung zur Ausreise
gleich. Das darf sie nicht.»
Diese Aufforderungen wurden offenbar nicht nur mündlich erteilt. Dem
«Bund» liegt eine sogenannte Ausreisemeldung vor, die von der Polizei an
ausländische Demonstrierende abgegeben wurde. Diese Formulare werden
für gewöhnlich von den Grenzbehörden ausgefüllt, um das Ausreisedatum
der betroffenen Person festzuhalten. In diesem Fall hat die
Kantonspolizei das Ausreisedatum bereits auf den Tag der Festnahme
festgelegt. Gemäss Formular wurde also der Nachweis gefordert, die
Schweiz noch am selben Tag verlassen zu haben.
Nachträglich gemeldet
Laut Berner Kantonspolizei liegen Landesverweise grundsätzlich nicht in
ihrer Kompetenz. Christof Scheurer, Informationsbeauftragter der
bernischen Staatsanwaltschaft, ergänzt: «Eine Wegweisungsverfügung kann
erlassen werden, wenn eine Ausländerin oder ein Ausländer eine Gefahr
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.» Die zuständige
Behörde sei die Fremdenpolizei der Stadt Bern.
Die Fremdenpolizei hat durchaus ein solches Formular ausgestellt. Jedoch
erst am Tag nach der Bundesplatzräumung, wie Alexander Ott, Co-Leiter
des Stadtberner Polizeiinspektorats, bestätigt. Wie er nach internen
Abklärungen feststellt, hat die Kantonspolizei aber tatsächlich einige
Ausreisemeldekarten ausgehändigt. «Sie verfügt über eine bestimmte
Anzahl von der Stadtberner Fremdenpolizei gestempelter Karten», sagt
Ott. «Sie kann diese ausländischen Personen aushändigen, wenn die
Fremdenpolizei der Stadt Bern dies anordnet.» Im vorliegenden Fall sei
dies seiner Behörde aber erst nachträglich gemeldet worden.
Ott teilt jedoch Furgers Ansicht nicht, dass das Formular einer
Aufforderung zur Ausreise gleichkommt. Die Aushändigung einer
Ausreisemeldekarte verpflichte niemanden rechtlich dazu, die Schweiz zu
verlassen, sagt Ott. Vielmehr diene die Karte der betroffenen Person als
Ausreisebestätigung. Ausländerrechtliche Wegweisungsverfügungen habe
man keine erlassen, auch nicht mündlich.
Globales Thema
Die Besetzung des Bundesplatzes zog aus bürgerlichen Kreisen heftige
Reaktionen auf sich. Dazu gehörte die Behauptung, der Protest sei
«mehrheitlich aus dem Ausland gesteuert» worden – wofür bislang keine
Beweise vorgebracht worden sind.
Dass bei Demonstrationen in der Schweiz auch Aktivistinnen und
Aktivisten aus dem Ausland dabei sind, ist nichts Neues. Für
Anti-WEF-Demos etwa reisen jährlich Teilnehmende aus ganz Europa an;
auch beim letztjährigen Klimaprotest vor dem Credit-Suisse-Hauptsitz in
Zürich wurden deutsche, französische und österreichische
Staatsangehörige festgenommen. In der Regel machen die ausländischen
Aktivisten allerdings einen Bruchteil der Demonstrierenden aus – wie
auch auf dem Bundesplatz. Eine Ausnahme bildete ein Protest in Basel
2019, bei dem unter neunzehn Angehaltenen nur fünf Schweizer waren.
Das Phänomen transnationaler Demonstrierender sei in der Klimabewegung
normal, sagt Frida Kohlmann. Sie ist die Sprecherin des Kollektivs
Climate Justice, das die Besetzung des Bundesplatzes mitorganisiert hat.
«Das Thema ist ja auch grenzübergreifend – unsere Atmosphäre geht um
den ganzen Globus», sagt sie. «Das brennt den Leuten auf den Nägeln, und
sie reisen an die Aktionen, die für sie erreichbar sind.» So hätten
auch schweizerische Aktivisten an Demos in Deutschland teilgenommen.
Die Vorwürfe zu schattigen ausländischen Drahtziehern findet Kohlmann
«lächerlich». «Viele Schweizer haben das Gefühl, sie würden
fremdbestimmt. Das wird hier ausgelebt.»
(https://www.derbund.ch/polizei-wegen-ausreiseformular-in-der-kritik-456191985394)
+++POLICE USA
Versuche, die US-amerikanische Polizei zu reformieren, scheitern häufig am Einfluss ihrer Gewerkschaften
Eine Bruderschaft in Uniform
Die Gewerkschaften und andere Interessenvertretungen der
US-amerikanischen Polizei sind mächtig. Reformversuche, etwa zur
Eindämmung von Polizeigewalt, scheitern häufig an ihrem Einfluss.
https://jungle.world/artikel/2020/41/eine-bruderschaft-uniform
+++RASSISMUS
Rassismus: Was hat das mit mir zu tun?
Sie werden grundlos von der Polizei kontrolliert, seltener zum
Vorstellungsgespräch eingeladen, seltener eine Empfehlung für das
Gymnasium bekommen.
Von solchen und anderen rassistischen Erfahrungen berichten viele
Menschen in Deutschland. Aber lässt sich gegen rassistische Strukturen
in unserer Gesellschaft wirklich nichts unternehmen? Und wie schwer ist
es für weiße Menschen, Rassismus-Erfahrungen nachzuvollziehen?
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/unterwegs-im-westen/video-rassismus-was-hat-das-mit-mir-zu-tun-102.html
«Manche glauben, dass man Krankheiten loswird, wenn man mit einer
schwarzen Frau schläft» – weshalb Tunesien sich mit dem Kampf gegen
Rassismus so schwertut
Seit zwei Jahren gibt es in Tunesien ein Antirassismusgesetz, das erste
in der arabischen Welt. Doch die Anwendung gestaltet sich schwierig, und
im Alltag bleiben zahlreiche Hürden bestehen.
https://www.nzz.ch/international/kampf-gegen-rassismus-weshalb-tunesien-sich-so-schwertut-ld.1575037
+++RECHTSPOPULISMUS
US-Wahlkampf: Twitter sperrt Konten angeblicher schwarzer Trump-Unterstützer
Twitter-Konten erfundener afroamerikanischer Trump-Fans haben in wenigen
Tagen Tausende erreicht. Nun hat der Nachrichtendienst sie gesperrt –
doch der Schaden ist angerichtet.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/us-wahlkampf-twitter-sperrt-falsch-konten-angeblicher-schwarzer-trump-unterstuetzer-a-bddd262d-d129-4a6f-8c45-9bae2ff864ef
+++RECHTSEXTREMISMUS
Anführer der rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte muss 13 Jahre in
Haft, lebenslang für Mörder des linken Rappers Fyssas in Griechenland
Ein Gericht in Athen hat die Führungsspitze der rechtsextremen und
rassistischen griechischen Partei Goldene Morgenröte zu mehrjährigen
Gefängnisstrafen wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung
verurteilt. Der Anführer der Partei Nikos Michaloliakos bekam 13 Jahre
Gefängnis. Sechs weitere führende Mitglieder müssen zwischen zehn und 13
Jahren in Haft. Elf ehemalige Abgeordnete der Partei bekamen
Haftstrafen zwischen fünf und sieben Jahren. Dies berichtete das
Staatsfernsehen (ERT) am Mittwoch aus dem Gerichtsgebäude.
https://www.nzz.ch/international/mehrjaehrige-haftstrafen-fuer-rechtsextreme-in-griechenland-ld.1581622
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-10/griechenland-rechtsextremismus-partei-goldene-morgenroete-fuehrung-haftstrafe
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Theorie von Corona-Leugnern: Erklärung mit Hintergedanken
Die «Great Barrington Declaration» dreier Wissenschaftler von
Elite-Universitäten gegen Corona-Massnahmen hat Hunderttausende
Unterzeichner. Doch der Vorstoss ist medizinisch gefährlich, und die
Geldgeber haben eine eigene Agenda.
https://www.derbund.ch/erklaerung-mit-hintergedanken-981335650685
Les coronasceptiques suisse-romand.e.s et Qanon
Tour d’horizon de la présence de plus en plus marquée du mouvement
conspirationniste d’extrême droite Qanon dans les rangs des militant.e.s
coronasceptiques suisse-romand.e.s.
https://renverse.co/infos-locales/article/les-coronasceptiques-suisse-romand-e-s-et-qanon-2782
Neue Regeln Facebook verbietet Werbeanzeigen von Impfgegnern
Werbung, die verhindern könnte, dass sich Menschen impfen lassen, ist ab
sofort auf Facebook nicht mehr erlaubt. Eine wichtige Tür für
Verschwörungsmythen bleibt aber offen.
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/facebook-verbietet-werbeanzeigen-von-impfgegnern-a-290aa5f8-aa00-4a70-a82d-e876cf1d86aa
-> https://www.nzz.ch/international/qanon-holocaust-leugnungen-und-nun-anti-impfkampagnen-wie-facebook-einen-kurswechsel-seiner-inhaltspolitik-vollzieht-ld.1581590
Rechts, radikal, wirr und ein wenig naiv: Bilanz nach einem halben Jahr Corona-Demos
Corona-Demos können unterhaltsam sein, wenn man den braunen Hintergrund mancher Auftritte auszublenden vermag
https://www.derstandard.at/story/2000120813535/rechts-radikal-wirr-und-ein-wenig-naiv-bilanz-nach-einem?ref=rss
Querdenker in Auflösung: Die zweite Welle der Pandemie ist da, die Corona-Leugner verlieren an Zuspruch
Das Protestcamp der «Querdenken»-Plattform in Berlin wird abgebaut. Zu
deren Kundgebungen kamen jüngst deutlich weniger Menschen als noch im
Sommer.
https://www.nzz.ch/international/querdenker-in-aufloesung-corona-leugner-verlieren-an-zuspruch-ld.1581587
Neue Eskalationsstufeö: „Querdenken“ plant perfiden Protest gegen Maskenpflicht
Stuttgart – Die Stuttgarter Initiative „Querdenken 711“ plant eine neue
Eskalationsstufe im Kampf gegen die Corona-Politik der Regierung.
https://www.express.de/news/panorama/neue-eskalationsstufe–querdenken–plant-perfiden-protest-gegen-maskenpflicht-37483612
Falschaussagen: Bhakdi darf im MDR und HR Corona-Fakes verbreiten
Die ständige Hetze von Pandemie-Leugner:innen gegen den
Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunk, wie jüngstens die absurde
Verschwörungserzählung, WDR-Mitarbeiter hätten Reichsflaggen auf eine
Corona-Demo geschmuggelt, die sich als völlig frei erfunden
herausgestellt hat (mehr dazu), zeigt wohl genau die falsche Wirkung bei
den Verantwortlichen. Der vielfach widerlegte
Corona-Fake-News-Verbreiter (Hier, hier, hier und hier) und
Pandemie-Leugner Sucharit Bhakdi durfte beim MDR und beim HR unkritisch
seine Corona-Fakes im Interview präsentieren.
https://www.volksverpetzer.de/corona-faktencheck/bhakdi-mdr-hr-fakes/
Corona-Wahn: Michael Wendler verdeckte Handys mit Salatschüssel
Michael Wendler sorgt mit wirren Corona-Theorien für Furore. Sein
Reisemanager verrät nun, wie schlimm es um den Musiker wirklich steht.
https://www.nau.ch/people/welt/corona-wahn-michael-wendler-verdeckte-handys-mit-salatschussel-65800476
Marco Rima: Sohn (8) muss sich fiese Sprüche von Eltern anhören
Marco Rima setzt sich mit seinen Aussagen über Corona in die Nesseln.
Jetzt müssen sich seine Kinder fiese Sprüche bei Freunden anhören.
https://www.nau.ch/people/aus-der-schweiz/marco-rima-sohn-8-muss-sich-fiese-spruche-von-eltern-anhoren-65800412
NewsCheck: Lächerlich oder gefährlich? – Wenn sich Promis politisch äußern
DAS THEMA: Rapper, andere Promis und Verschwörungstheorien: Ist es
gefährlich, wenn Vorbilder abstruse Thesen verbreiten? Eine Analyse von
Max Leschanz.
https://www.derstandard.at/story/2000120903474/newscheck-laecherlich-oder-gefaehrlich-wenn-sich-promis-politisch-aeussern?ref=rss
+++HISTORY
Dhoruba bin Wahad: „Wir waren die einzige Schwarze Kaderorganisation“
Der Revolutionär Dhoruba bin Wahad ist ehemaliges Mitglied der Black
Panther Party (BPP) und der Black Liberation Army (BLA). Dhoruba war
eines der führenden Mitglieder des New Yorker Ortverband der BPP. 1971
wurde er im Rahmen des illegalen FBI Counter Intelligence Program
(COINTELPRO) festgenommen. Er verbrachte 19 Jahre in politischer
Gefangenschaft, wo er Opfer von Folter wurde. Am 03.10.2020 war er für
einen Vortrag in Berlin. Das LCM sprach mit ihm über Black Lives Matter,
die Besonderheiten der BPP und Organisierung in imperialistischen
Zentren.
https://lowerclassmag.com/2020/10/13/dhoruba-bin-wahad-wir-waren-die-einzige-schwarze-kaderorganisation/
—
derbund.ch 14.10.2020
Podcast über Protestbewegungen in Bern: Eine Maschine, die revolutionäre Gedanken aufspürt
Warum wurde das so beschauliche Bern in der Vergangenheit immer wieder
zum heissen Pflaster für Revoluzzer und Umstürzler? Dieser Frage gehen
Pascal Nater und Carol Rosa in ihrem Podcast «Drgäge» nach.
Xymna Engel
«Irgendwas muss in Bern in der Luft sein», sagt Linda Hertig,
Wissenschaftlerin an der Uni Bern, zu ihrem Assistenten Florian. «Wenn
wir die Daten vollständig gefiltert haben, wird vieles klar sein.»
Worum es hier geht? Eine «Jahrhundertgeschichte»: Hertig ist gerade
dabei, ausgehend von der Chaostheorie eine Maschine zu entwickeln, die
revolutionäre Gedanken in der Gesellschaft aufspürt. Doch erst muss
Florian sie mit historischem Material füttern: Konflikte um die
Reitschule etwa, die Jugendunruhen in den 80er-Jahren rund um die
alternative Wohnsiedlung Zaffaraya, die Partydemos «Tanz dich frei» in
den Nullerjahren oder die Geschichte des Revoluzzers Samuel Henzi, der
im 18. Jahrhundert die Berner Regierung aufschreckte – und dafür 1749
geköpft wurde.
Ja, liegt es an der Luft, dass ausgerechnet das sonst so beschauliche
Bern immer wieder zum heissen Pflaster für Aufrührerinnen, Revoluzzer
und Umstürzler wurde? Das fragen sich Pascal Nater und Carol Rosa in
ihrem Podcast «Drgäge». Oder wie es ein Protagonist an einer Stelle
formuliert: «Alles gemütlich, die Uhren laufen halb so schnell, aber
dann ticken sie doch alle paar Jahrzehnte aus.»
Ein Podcast im Podcast
Die Idee entwickelten Nater und Rosa im Rahmen des gross angelegten
Podcast-Projekts En Masse, welches im Mai startete und unter anderem
vom Sonohr-Festival und dem Berner Audioverlag Hörmal initiiert wurde.
Noch bis Februar 2021 kommen auf der Plattform laufend Hörstücke dazu,
die neue Perspektiven auf die Hauptstadt ermöglichen sollen.
Im Zentrum von «Drgäge» stehen die beiden Journalisten Tibor Nüssli und
Carla Trüeb, die auf Hertigs Erfindung gestossen sind und nun eine
Hörstück darüber machen wollen. Dabei streiten sich die beiden immer
wieder darüber, wie viel Zuspitzung (Tibor: «Das können wir einfach
schneiden») und Subjektivität (Carla: «Gehts jetzt um mich oder was?»)
der Beitrag verträgt. «Drgäge» ist also quasi ein Podcast im Podcast.
Und damit auch eine leise Persiflage auf das eigene Format. Podcast
seien heute oft persönlich geprägt, sagt Nater, der auch als
Journalist, Sounddesigner und Musiker tätig ist. Dies sei auf der einen
Seite erfreulich, kippe aber in vielen Fällen auch ins Narzisstische
und Unseriöse.
Als Dokufiktion angelegt, vereint «Drgäge» klassische Hörspielelemente
mit journalistischer Recherche. Letztere war in diesem Fall äusserst
umfangreich. Was Nater dabei überrascht hat, ist, wie schnell Proteste
vergessen gehen. «Viele Junge kennen das Zaffaraya gar nicht mehr,
geschweige denn die Henzi-Verschwörung. Ich denke, jede Generation
braucht ihre eigene Revolution, wie gerade jetzt die Klimabewegung.»
Es geht aber nicht nur um die Berner Revolutionen, die in dieser und
den drei folgenden Episoden auditiv zum Leben erweckt werden. Sondern
auch – ganz aktuell – um die Rolle der Wissenschaft. «Gerade in
Krisenzeiten hält der Mensch Uneindeutigkeiten nur schwer aus und
fordert von der Wissenschaft eindeutige Aussagen, der
Wissenschaftsjournalismus ist im Moment so gefragt wie nie», so Nater.
Ein ziemliches Chaos
Auch die beiden Journalisten in «Drgäge» kommen mit der Zeit immer mehr
mit ihrem Handeln in Konflikt. Und dann beginnt sich auch noch der
Geheimdienst für die ominöse Maschine zu interessieren, die Unruhen und
Protest vorhersagen kann, was eine Kettenreaktion auslöst, die in
einem ziemlichen Chaos mündet. Bei so viel höchst vergnüglicher
Fiktionalität räumen die beiden Macher aber auch der Realität ihren
Platz ein. So werden die einzelnen Episoden jeweils mit Live-Talks mit
Autoren, Wissenschaftlerinnen oder Politikern ergänzt, die das Ganze
einem Realitätscheck unterziehen. Zum Start der ersten Episode ist
Martin Bieri geladen, und das ist mehr als passend, schliesslich hat
der Berner Autor und «Bund»-Kunstkritiker im Februar ein Buch über den
«vergessenen Verschwörer» Samuel Henzi veröffentlicht.
«Sind es wirklich die einzelnen Momente, die alles verändern? Ich
glaube, die Geschichte spitzt das erst so zu (…). Es ist vielleicht
mehr die Summe von mehreren kleinen Revoluziönchen, die erst alle
zusammen etwas verändern», sagt eine Stimme zu Beginn des Podcasts. Es
folgt der Klang eines Streichholzes, das angezündet wird. Und hier ist
sie wieder, die Magie, die nur ein Hörstück entfachen kann.
–
Treffpunkt vor dem Uni-Hauptgebäude Grosse Schanze, Donnerstag, 15.
Oktober, 18 Uhr (eigenes Smartphone und Kopfhörer mitbringen). Im
Anschluss: Gespräch über Chaos und Ordnung, Demokratie und
Gewaltenteilung, Macht und Ohnmacht im 1. Stock des Progr.
(https://www.derbund.ch/eine-maschine-die-revolutionaere-gedanken-aufspuert-223368937413)
-> https://enmasse.ch/drgaege/