Medienspiegel 6. Oktober 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

++BERN
DEMO THUN #evakuierenJETZT
Wir fordern den Gemeinderat Thun auf, sich mit weiteren Städten für eine Direktaufnahme von Menschen auf der Flucht, welche an Europas Aussengrenzen festsitzen, einzusetzen.
Anschliessend reisen wir gemeinsam an die nationale Demo in Bern.
https://barrikade.info/article/3910


+++AARGAU
Deutschkurse und gemeinsame Spiele: Das Integrationsprojekt Contact sucht Freiwillige
Im Contact Brugg treffen sich Einheimische und Asylbewerber zum kulturellen Austausch, wegen der Coronakrise fehlen aber Helfer.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/deutschkurse-und-gemeinsame-spiele-das-integrationsprojekt-contact-sucht-freiwillige-139401113


+++GENF
Pas d’accueil carcéral, ni au Grand-Saconnex ni ailleurs
le 3 octobre 2020, plus de 1’500 personnes ont défilé dans la rue contre les centres fédéraux et contre le centre de renvoi du Grand-Saconnex. Compte rendu, extraits et images.
https://renverse.co/infos-locales/article/pas-d-accueil-carceral-ni-au-grand-saconnex-ni-ailleurs


+++SCHWEIZ
Offizielle Schweiz begrüsst neuen EU-Migrationspakt – RaBe-Info 06.10.2020
Die EU-Kommission hat kürzlich den neuen EU-Migrationspakt vorgestellt. Er entstand in der Einsicht, dass das Dublin-System, wonach in aller Regel der europäische Erstaufnahmestaat für die Geflüchteten zuständig ist, versagt hat. Länder an den EU-Aussengrenzen wie Griechenland oder Italien tragen derzeit eine ungleich höhere Verantwortung als ihre nördlichen Nachbarn.
https://rabe.ch/2020/10/06/schweiz-zum-eu-migrationspakt/


Keine Flüchtlinge aus abgebrannten Lagern?
Die Aargauer SVP-Nationalrätin Martina Bircher verlangt mit einem Vorstoss, dass die Schweiz keine Asylsuchende aus abgebrannten Lagern aufnehmen darf. Die 20 Kinder und Jugendlichen, welche die Schweiz aufnehmen möchte, seien genug. Der Verein Netzwerk Asyl ist schockiert von der krassen Forderung.
https://www.telem1.ch/talktaeglich/keine-fluechtlinge-aus-abgebrannten-lagern-139168136


+++ÖSTERREICH
Die österreichischen »Rückkehrberatungszentren« für abgelehnte Asylbewerber sollen verstaatlicht werden
Die Rückkehrbereitschaft optimieren
Die sogenannten Rückkehrberatungszentren für abgelehnte Asyl¬bewerber in Österreich werden bereits seit einiger Zeit kritisiert. Die geplante Verstaatlichung der Asylberatung in einer neuen Agentur dürfte kaum Verbesserungen für die Betroffenen bringen.
https://jungle.world/artikel/2020/40/die-rueckkehrbereitschaft-optimieren


+++GROSSBRITANNIEN
Flüchtlingslager im Südatlantik oder auf Ölplattformen? Die britische Innenministerin plant eine Abschottungspolitik nach australischem Vorbild
Die britische Regierung schlägt sich mit rekordhohen Flüchtlingszahlen im Ärmelkanal herum. Nun will Innenministerin Priti Patel die Asylpolitik reformieren und die Bootsmigration rigoros eindämmen – wobei in der Verwaltung abenteuerliche Ideen zirkulieren.
https://www.nzz.ch/international/fluechtlingslager-im-suedatlantik-oder-auf-oelplattformen-ld.1580130


+++ITALIEN
Salvini-Dekrete gekippt Italien senkt Strafen für Flüchtlingshelfer
Die italienische Regierung hat umstrittene Entscheidungen des früheren Innenministers Salvini rückgängig gemacht: Unter anderem müssen Flüchtlingsorganisationen künftig keine Millionenstrafen mehr fürchten.
https://www.tagesschau.de/ausland/italien-dekret-salvini-101.html
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-10/italien-migration-gesetze-seenotrettung-sicherheitsgesetze-geldstrafen-hilfsorganisationen


+++GRIECHENLAND
Flugzeug nach Lesbos: „Let’s bring them here“
Aus den Niederlanden ist ein Flugzeug nach Lesbos gestartet, um Geflüchtete direkt in die Niederlande zu holen. Die Initiative wird von zivilgesellschaftlichen Gruppen getragen. Das Flugzeug wurde im griechischen Luftraum gestoppt und zur Landung in Athen gezwungen. Hier Auszüge aus den Tagesmeldungen:
https://ffm-online.org/flugzeug-nach-lesbos-lets-bring-them-here/


»Lesbos ist für uns ein Gefängnis«
Nach dem Brand im Lager Moria: Das Leben vieler Geflüchteter hat sich trotz hehrer Versprechen weiter verschlechtert. Ein Gespräch mit Bahal
https://www.jungewelt.de/artikel/387801.festung-europa-lesbos-ist-f%C3%BCr-uns-ein-gef%C3%A4ngnis.html


+++LIBANON
Libanesen fliehen nach Zypern: «Erschiesst mich, aber bringt mich nicht zurück»
Vor einem Jahr schlug in Tripolis das Herz der libanesischen Revolution. Nun sehen viele nur noch einen hochriskanten Ausweg: Sie flüchten in Booten nach Zypern. Eine Mutter erzählt, wie sie dabei ihr Baby verlor.
https://www.nzz.ch/international/libanon-verzweifelte-buerger-fliehen-nach-zypern-ld.1578451


+++AFRIKA
Nouvelle vague d’expulsions: Plus que 2500 citoyen-ne-s de pays subsahariens expulsé-e-s de l’Algérie et du Maroc en grande échelle
Alarme Phone Sahara condamne le traitement raciste de migrant-e-s et réfugié-e-s par les états maghrebins et leur collaboration avec le régime frontalier européen
Avec l’assouplissement des mesures contre la pandemie de Covid-19, les pays africains ont également réouvert leurs frontières aux voyageurs et marchandises. Alarme Phone Sahara (APS) déplore que cette normalisation s’accompagne également d’une intensification des expulsions et refoulements. Pendant les jours de fin Septembre et début Octobre 2020, plus que 2500 citoyen-ne-s de différents pays de l’Afrique subsaharienne étaient victimes d’une nouvelle vague d’expulsions de l’Algérie et du Maroc.
https://alarmephonesahara.info/fr/reports/nouvelle-vague-d-expulsions-plus-que-2500-citoyen-ne-s-de-pays-subsahariens-expulse-e-s-de-l-algerie-et-du-maroc-en-grande-echelle


+++GASSE
Zürcher vs. Braun: Debatte um das Bettelverbot
Beat Braun (FDP) ist für eine Wiedereinführung des Bettelverbots, Tonja Zürcher (BastA!) dagegen. Telebasel hat die beiden zum Streitgespräch getroffen.
https://telebasel.ch/2020/10/06/zuercher-vs-braun-debatte-um-das-bettelverbot


+++SEXWORK
Prostitution während Corona – Milieu-Anwalt zerrt schärferes Bordell-Schutzkonzept vor Gericht
Anwalt Valentin Landmann wehrt sich auf juristischem Weg gegen Ausweispflicht und Handynummer-Kontrollen im Zürcher Sexgewerbe.
https://www.srf.ch/news/schweiz/prostitution-waehrend-corona-milieu-anwalt-zerrt-schaerferes-bordell-schutzkonzept-vor-gericht
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/zuercher-sexgewerbe-wehrt-sich-gegen-corona-vorschriften?id=11853073
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/sex-gewerbe-wehrt-sich-gegen-strengere-corona-massnahmen?id=11853208
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/bodensenkung-am-friesenberg-in-zuerich?id=11853355


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
«Die Verunglimpfung ist scharf zu verurteilen»: Polizeichef Fässler weist Jungpolitiker nach «ACAB»-Post zurecht +++ Junge SVP fordert Rücktritt
Nach einem Eintrag auf Social Media legt Regierungsrat Fredy Fässler dem Wiler Juso-Politiker Timo Räbsamen einen Parteiwechsel nahe. Dieser verwendete auf Facebook den Begriff «ACAB» (All cops are bastards). Die beiden Parteikollegen wollen die Sache nun persönlich diskutieren. Derweil fordert die Junge SVP Räbsamens Rücktritt.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wil/juso-politiker-raebsamen-nach-ruege-von-sp-regierungsrat-fredy-faessler-werde-das-gespraech-suchen-ld.1264838
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/krach-bei-st-galler-sozial-demokraten-139411600
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/was-der-juso-politiker-von-faesslers-forderung-haelt-Bm9P6NN
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/ruecktritt-von-juso-politiker-gefordert-qGvlqEd
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/nach-all-cops-are-bastards-post-sp-regierungsrat-fordert-juso-parlamentarier-zum-parteiwechsel-auf-mmlJnYJ
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/wiler-stadtparlamentarier-findet-all-cops-are-bastards-7onDOD8


+++REPRESSION DE
Hausprojekt in Berlin-Friedrichshain: Liebig 34 rüstet sich für Räumung
Das Hausprojekt Liebig 34 in Berlin soll geräumt werden. Eine von der Polizei beendete Pressekonferenz gab einen Vorgeschmack darauf.
https://taz.de/Hausprojekt-in-Berlin-Friedrichshain/!5716120/
-> https://twitter.com/retep_kire
-> https://blog.interventionistische-linke.org/flaschenpost/die-liebig34-verteidigen
-> https://www.tagesspiegel.de/berlin/sprecherin-des-hausprojektes-trug-motorradhelm-polizei-nimmt-frau-bei-pressekonferenz-von-liebig-34-vorlaeufig-fest/26248848.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/387808.h%C3%A4userkampf-tag-x-steht-bevor.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/387809.immobilienspekulation-gesch%C3%A4ftspraktiken-padoviczs-entmietung-leerstand-und-ein-spottpreis-f%C3%BCr-die-liebig-34.html


Liebig34: „Die Räumung zum Desaster machen!“
Die Verdrängung selbstverwalteter Freiräume in Berlin geht weiter. Nach der brutal durchgesetzten Räumung der Kiezkneipe Syndikat im August diesen Jahres soll am 9. Oktober das seit 30 Jahren existierende anarcha-queer-feministische Hausprojekt Liebig 34 verschwinden.
https://lowerclassmag.com/2020/10/06/liebig34-die-raeumung-zum-desaster-machen/


Adbusterin klagt in Karlsruhe
Aktivistin reicht Verfassungsbeschwerde ein
Die Polizei geht massiv gegen Menschen vor, die in Berlin unter dem Verdacht standen, Plakate satirisch verändert zu haben. Dagegen setzt sich nun eine Betroffene juristisch zur Wehr.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142698.plakatsatire-adbusterin-klagt-in-karlsruhe.html


+++BIG BROTHER
Was dürfen die Geheimdienste über ihre Bürger wissen? – Rendez-vous
Was ist das wichtigere Gut: der Datenschutz der Bevölkerung oder die Verfolgung von Straftätern? Dieses Dilemma musste der Europäische Gerichtshof lösen und entschied sich im Sinne des Datenschutzes. Gespräch mit Martin Steiger, Anwalt für Digitalrecht.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/was-duerfen-die-geheimdienste-ueber-ihre-buerger-wissen?id=56d996e6-afce-4787-b862-46978147fe51
-> https://www.zeit.de/digital/2020-10/datenschutz-vorratsdatenspeicherung-kommunikationsdaten-sicherheitsbehoerden-eugh
-> https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/eugh-erklaert-pauschale-vorratsdatenspeicherung-fuer-unzulaessig-a-587a1254-ccfa-48d2-b61a-92e46b5739b6
-> https://www.srf.ch/news/international/datenschutz-und-buergerrechte-vorratsdatenspeicherung-eugh-pfeift-geheimdienste-zurueck
-> https://netzpolitik.org/2020/bits-grundrechte-vs-vorratsdatenspeicherung-30/
-> https://netzpolitik.org/2020/eu-gericht-anlasslose-vorratsdatenspeicherung-bleibt-illegal/
-> https://www.heise.de/tp/features/Ein-Urteil-zwei-Lesarten-4922555.html
-> https://taz.de/Urteil-zur-Vorratsdatenspeicherung/!5718766/


Lieferkettengesetz
Auch Hersteller von Überwachungstechnologie müssen Menschenrechte einhalten
Auch Unternehmen müssen Menschenrechte achten, sei es bei der Produktion oder beim Export ihrer Produkte. Ein Lieferkettengesetz könnte sie dazu stärker verpflichten. Doch es gibt bereits Streit um die Eckpunkte.
https://netzpolitik.org/2020/lieferkettengesetz-auch-hersteller-von-ueberwachungstechnologie-muessen-menschenrechte-einhalten/


Null aufgeklärte Terroranschläge: Die verheerende Bilanz der Massenüberwachung
Vorratsdatenspeicherung und Co wurden immer wieder als Instrumente gegen Terrorismus beworben, versagten aber auf ganzer Linie
https://www.derstandard.at/story/2000120520993/null-aufgeklaerte-terroranschlaege-die-verheerende-bilanz-der-massenueberwachung?ref=rss


+++POLICE BE
derbund.ch 06.10.2020

Tod auf Berner Polizeiwache: Er will für Kilian S. vor den Europäischen Gerichtshof ziehen

Der bekannte Menschenrechtsanwalt Philip Stolkin hat in Strassburg bereits viermal gegen die Schweiz gewonnen. Nun vertritt er die Mutter von Kilian S., die weiter darum kämpft, dass der Tod ihres Sohnes aufgeklärt wird.

Simon Preisig

Sein Tod bewegte vor knapp zwei Jahren Bern: Der 20-jährige Kilian S. stirbt an Weihnachten 2018 auf der Polizeiwache am Waisenhausplatz. Kürzlich Entschied das Berner Obergericht, dass der Arzt – der der Polizei erlaubte, Kilian in eine Zelle statt ins Spital zu stecken – keine Schuld trägt. Dies, obwohl Kilian erkennbar lebensgefährliche Partydrogen eingenommen hatte, die gesundheitliche Probleme auslösten, an denen er schliesslich starb.

Mit diesem Urteil sind die Mutter von Kilian und dessen Angehörige nicht einverstanden, zu viele Fragen sind in ihren Augen noch offen. Sie wehren sich nun vor dem Bundesgericht dagegen, dass die Ermittlungen eingestellt werden – und können jetzt auf prominente Unterstützung zählen. Philip Stolkin, einer der profiliertesten Menschenrechtsanwälte der Schweiz, vertritt ab sofort die Familie. Für ihn geht es in dieser Sache um viel mehr als um den Einzelfall. Stolkin sagt: «Wenn in den Händen des Staates jemand stirbt, ist dies das Schlimmste, was in einer Demokratie passieren kann.» Ein solcher Todesfall müsse akribisch und unabhängig untersucht werden. Und dies sei im Fall von Kilian in keiner Weise geschehen.

Kritik an Ermittlungen

So sei etwa das Gutachten, worauf das Obergericht seinen Entscheid zur Ermittlungseinstellung abstellte, gar kein vollständiges Gutachten gewesen. «Für ein korrektes Gutachten müssen beide Seiten im Vorfeld ihre Fragen stellen können», sagt Stolkin. Und nicht wie im Fall von Kilian erst, wenn sich der Gutachter bereits festgelegt habe und dann logischerweise die entsprechende These verteidigen müsse.

Zudem seien die beteiligten Polizisten, die Kilian in seiner Zelle betreuten, gar nie von der ermittelnden Staatsanwältin befragt worden. Diese habe sich schlicht auf deren Einträge in den Rapporten abgestützt, die aber auffälligerweise fast identisch seien. «Wenn jemand einvernommen wird, entsteht ein viel stärkerer Druck, die Wahrheit zu sagen», sagt Stolkin. Und die Staatsanwaltschaft habe nicht abgeklärt, ob die Wahrscheinlichkeit, gerettet zu werden, im Inselspital grundsätzlich höher sei als in einer Polizeistation, die nur mit einer Notapotheke ausgerüstet ist.

Stolkins fundamentalste Kritik betrifft aber die Unabhängigkeit der Untersuchung: Es könne nicht sein, dass eine Berner Staatsanwältin mit dem Fall betraut werde und das Berner Institut für Rechtsmedizin ein Gutachten verfasse, wenn gegen deren Berner Kollegen ermittelt werde. «Man kennt sich, ist aufeinander angewiesen, so ermittelt niemand gern», sagt Stolkin. Gerade im Juli hat Stolkin in einem ähnlich gelagerten Fall vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewonnen: 2014 erhängte sich im Kanton Zürich ein Mann in Polizeigewahrsam, nachdem er trotz suizidaler Äusserungen 40 Minuten ohne Überwachung in einer Einzelzelle allein gelassen worden war. Die Zürcher Behörden wollten gar nicht erst Ermittlungen aufnehmen, wurden vom Europäischen Gerichtshof aber nun verpflichtet, den Fall möglichst unabhängig untersuchen zu lassen.

Umstrittene Ansichten

Auch im Fall von Kilian glaubt Stolkin, dass ein Gang bis zum Europäischen Gerichtshof in Strassburg notwendig ist. «Wenn wir bereits vor dem Bundesgericht recht bekommen, umso besser», sagt er. Doch die Schweiz ist in den Augen von Stolkin oft zu kleinräumig für eine unabhängige Rechtsprechung, gerade wenn man sich gegen den Staat zur Wehr setze. «Leider besteht in der Schweiz meist die Tendenz, die Verwaltung vor Rechtsstaatlichkeit zu schonen, insbesondere, wenn Polizisten involviert sind», sagt Stolkin und erklärt mit diesem Satz auch gleich, was ihn als Anwalt antreibt. Warum er sich, wie im Fall von Kilian, vier Tage und Nächte hingesetzt hat und eine völlig neue Eingabe für das Bundesgericht und dann möglicherweise den Europäischen Gerichtshof verfasst hat.

Stolkins politische Ansichten sind nicht unumstritten. Er vertrete «die Mär vom pseudodemokratischen Rechtsstaat, der angeblich bloss die Interessen der Reichen schützt», kommentierte etwa die NZZ, als die Schweizer Bevölkerung 2018 den Schweizer Versicherungen wieder erlaubte, Spione einzusetzen. Eine Abstimmung, die nur notwendig wurde, weil Stolkin zwei Jahre früher vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfolgreich gegen die Schweiz geklagt hatte und dieser die fehlende Rechtsgrundlage für Versicherungsspione rüffelte. Insgesamt hat Stolkin bereits viermal gegen die Schweizer Behörden vor dem Europäischen Gerichtshof gewonnen.

Im Fall von Kilian S. dürfte das Ringen um Aufklärung also noch für Monate und Jahre weitergehen. Für Stolkin ist klar: «Diese Zeit müssen wir uns nehmen.» Und solange dies andauert, wollen die Angehörigen auch ihr Mahnmal auf dem Berner Waisenhausplatz weiter pflegen.



Die Akte Kilian S.

Nach einer Goaparty an Heilgabend 2018 greift die Polizei Kilian S. auf und nimmt ihn mit auf die Wache. Laut der Polizei, weil der 20-Jährige Drogen auf sich trägt, was von den Angehörigen von Kilian infrage gestellt wird. Ein Gutachten zeigt schliesslich, dass Kilian nicht regelmässig Drogen konsumierte und auch nicht süchtig danach war. Sicher ist: Kilian hatte an diesem Abend Partydrogen konsumiert und war laut Zeugenaussagen zeitweise nur schwer ansprechbar. Deswegen musste ein Arzt für die Polizei entscheiden, ob Kilian in Haft behalten werden durfte oder in eine spezielle Überwachungsstation im Spital gebracht werden sollte. Der Arzt verfügte, dass Kilian in eine Zelle gesteckt werden dürfe, wenn alle zwei Stunden nach ihm geschaut werden müsse. Ein fataler Entscheid, denn in der folgenden Nacht stirbt Kilian, höchstwahrscheinlich an durch die Partydrogen ausgelösten gesundheitlichen Komplikationen, weswegen die Staatsanwaltschaft auch Ermittlungen gegen den Arzt einleitet.

Im Frühling 2020 kommt die Staatsanwaltschaft aber zum Schluss, dass der Arzt keine Schuld trägt. Die Ermittler begründen ihren Entscheid zur Einstellung der Ermittlungen – der kürzlich auch vom Berner Obergericht gestützt wurde – mit einem Gutachten des Berner Instituts für Rechtsmedizin, wonach auch eine Spitaleinlieferung Kilian nicht sicher gerettet hätte. Der Strafbestand der fahrlässigen Tötung sei deswegen nicht erfüllt. Gegen diesen Ermittlungsstopp wehren sich die Angehörigen von Kilian nun vor dem Bundesgericht.

Hier gehts zum Artikel mit weiteren Informationen zum Tod von Kilian: https://www.derbund.ch/bern/stadt/der-einsame-tod-des-kilian-s/story/19847465

Hier gehts zum Artikel mit weiteren Informationen über das Mahnmal, das die Angehörigen vor der Polizeiwache pflegen: https://www.derbund.ch/bern/farbanschlag-auf-gedenkstaette-fuer-kilian-s/story/13256003
(https://www.derbund.ch/er-will-fuer-kilian-s-vor-den-europaeischen-gerichtshof-ziehen-511708636237)

-> https://www.20min.ch/story/wird-der-tod-von-kilian-s-20-bald-in-strassburg-verhandelt-417110931137

Bern: Tod in der Polizeizelle
(augenauf Bern) – An Weihnachten 2018 starb ein 20-jähriger Berner in einer Zelle der Waisenhaus-Polizeiwache. Angesichts der Umstände in diesem Fall muss mensch sich generell wieder einmal fragen, ob die Polizei bei Verhaftungen – insbesondere von Angehörigen bestimmter Bevölkerungsgruppen – ihre Sorgfaltspflicht genügend wahrnimmt.
https://barrikade.info/article/1918


+++POLIZEI DE
Rechtsextreme Polizeibeamte – Korrespondentin: «Seehofer sieht kein strukturelles Problem»
Der Bericht zum Rechtsextremismus in der deutschen Polizei lässt viele Fragen offen. Erste Reaktionen fallen scharf aus.
https://www.srf.ch/news/international/rechtsextreme-polizeibeamte-korrespondentin-seehofer-sieht-kein-strukturelles-problem
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/deutschland-rechtsextremismus-bei-sicherheitsbehoerden?id=34efdd54-c753-46c5-9665-07e9f45b28ae
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/horst-seehofer-stellt-lagebericht-zu-rechtsextremismus-hunderte-verdachtsfaelle-in-sicherheitsbehoerden-a-3d025fc0-99bd-45d1-9316-6cf5044f80c6
-> Video Medienkonferenz: https://www.pscp.tv/w/1mrxmEEkPALxy
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/horst-seehofer-stellt-lagebericht-zu-rechtsextremismus-hunderte-verdachtsfaelle-in-sicherheitsbehoerden-a-3d025fc0-99bd-45d1-9316-6cf5044f80c6
-> https://www.derstandard.at/story/2000120521790/seehofer-kein-struktureller-rechtsextremismus-bei-der-deutschen-polizei?ref=rss
-> https://www.nzz.ch/meinung/deutsche-polizei-extremismus-ist-nicht-das-problem-ld.1580272
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-10/rechtsextremismus-dresden-polizei-suspendierung-chatgruppe-aeusserungen
-> https://www.tagesschau.de/inland/lagebericht-rechtsextremismus-101.html
-> https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextremisten-in-sicherheitsbehoerden-mihalic-gruene.694.de.html?dram:article_id=485327
-> https://taz.de/Rechtsextreme-in-Sicherheitsbehoerden/!5716068/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/387797.unterwanderung-das-bisserl-nazi.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142730.rechtsextremismus-seehofer-leugnet-ein-echtes-polizeiproblem.html
->https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/rechtsextremismus-in-der-polizei-100.html
-> https://www.arte.tv/de/videos/099188-002-A/deutschland-rechtsextremismus-bei-der-polizei-vox-pop/


Taser bei der Bundespolizei: Schüsse möglichst von hinten
In einem Jahr könnte das Bundesinnenministerium die flächendeckende Ausstattung der Bundespolizei mit „Elektroimpulsgeräten“ entscheiden. Bis dahin dürfen die Beamten in einem Pilotprojekt auch auf Kinder schießen
https://www.heise.de/tp/features/Taser-bei-der-Bundespolizei-Schuesse-moeglichst-von-hinten-4921696.html


+++RECHTSEXTREMISMUS
Urteil in Griechenland – «Goldene Morgenröte»: Partei oder kriminelle Vereinigung?
Gewalt gegen Linke und Migranten: Ein Athener Gericht klärt, ob die Führung der Faschisten-Partei hinter Gitter gehört.
https://www.srf.ch/news/international/urteil-in-griechenland-goldene-morgenroete-partei-oder-kriminelle-vereinigung
-> https://www.deutschlandfunk.de/goldene-morgenroete-eine-faschistische-partei-vor-gericht.795.de.html?dram:article_id=485305
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142753.goldene-morgenroete-totschlaeger-partei-vor-gericht.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Unterschriftensammlung für Referendum gegen Covid-19 Gesetz startet
Die Unterschriftensammlung für ein Referendum gegen das Covid-19-Gesetz läuft seit Dienstag. Das Referendumskomitee will verhindern, dass notrechtliche Kompetenzen des Bundesrates während der Pandemie nachträglich legitimiert und bis Ende 2021 verlängert werden.
https://www.nau.ch/news/schweiz/unterschriftensammlung-fur-referendum-gegen-covid-19-gesetz-startet-65795652
-> https://www.blick.ch/politik/live-ab-10-15-uhr-corona-skeptiker-lancieren-referendum-gegen-covid-gesetz-id16130027.html
-> https://www.derbund.ch/freunde-der-verfassung-gehen-politisch-in-die-offensive-337258453752
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/covid-19-gesetz-corona-massnahmen-gegner-lancieren-referendum-139408666
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/freunde-der-verfassung-kampf-gegen-das-covid-19-gesetz-139411144
-> https://www.tagesanzeiger.ch/jetzt-kommt-die-initiative-gegen-das-impf-obligatorium-431119286728


+++HISTORY
Im Gespräch mit der Archäologin Laura Muñoz-Encinar über franquistische Gewalt gegen Frauen
»Die Erniedrigungen nahmen kein Ende mit dem Tod«
Laura Muñoz-Encinar, Archäologin, spricht mit der »Jungle World« über Gewalt gegen Frauen im Spanischen Bürgerkrieg und während der Diktatur.
https://jungle.world/artikel/2020/40/die-erniedrigungen-nahmen-kein-ende-mit-dem-tod