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+++BERN
bernerzeitung.ch 05.10.2020
Asylsuchende in Rudolf-Steiner-Schulen: Bern befürchtet «Bevorteilung»
Der Besuch einer Privatschule soll Asylsuchenden grundsätzlich verwehrt
bleiben. Die Kantonsregierung begründet das auch mit der
Chancengleichheit.
Kathrin Holzer
Mehrere unbegleitete minderjährige Asylsuchende ab 16 Jahren besuchen
zusammen mit anderen Jugendlichen den Unterricht der
Rudolf-Steiner-Schulen im Kanton Bern. Das hat die Berner Regierung so
offenbar nicht geplant gehabt. Der Regierungsrat liess das Parlament im
September wissen, dass die zuständige Gesundheits-, Sozial- und
Integrationsdirektion (GSI) «die notwendigen Schritte» unternehmen
werde. Schliesslich erachte die GSI den Besuch von Privatschulen durch
die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden «ganz grundsätzlich als
stossend».
Ein Covid-19-Fall an der Langenthaler Steiner-Schule war es, der den
Ball im Spätsommer überhaupt ins Rollen gebracht hatte. Weil es sich
beim betroffenen Schüler um einen unbegleiteten Minderjährigen aus dem
Asylzentrum in Huttwil handelte (lesen Sie hier mehr darüber), wollte es
der Huttwiler SVP-Grossrat Andreas Schüpbach in der Herbstsession
genauer wissen: Aus welchem Grund werden Asylbewerber in Privatschulen
unterrichtet?
Was genau bei der Direktion am schon 2018 lancierten schulischen
Austauschprojekt Anstoss erregt und ihr Gerechtigkeitsempfinden
verletzt, liess der Regierungsrat in seiner Antwort ans Parlament indes
erst einmal offen. Vielmehr bezog man sich auch hier auf den
«Grundsatz», nachdem Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und
Flüchtlinge nicht an Privatschulen unterrichtet würden.
«Es gilt das Primat der Regelstrukturen»
An der Grundsätzlichkeit hielt die GSI auch in der Folge fest.
«Grundsätzlich werden schulpflichtige Asylsuchende während der
obligatorischen Schulzeit in den öffentlichen Schulen beschult», liess
sie auf Anfrage Ende September wissen. Sobald die unbegleiteten
Minderjährigen in die kantonale Zuständigkeit kämen, würden sie «in der
Regel» in den internen Strukturen der Zentrum Bäregg GmbH beschult,
wobei es um den Erwerb grundlegender Deutschkenntnisse gehe.
Anschliessend wechselten sie «in der Regel» an die Volksschule.
Ausgenommen seien unbegleitete Minderjährige, welche in Pflegefamilien
platziert sind. «Diese besuchen in der Regel von Beginn weg die
Volksschule.»
Und was ist mit der Ausnahme? Gibt es denn eine konkrete Vorschrift, die
einen (privat)schulischen Austausch wie denjenigen zwischen den
Rudolf-Steiner-Schulen und der Zentrum Bäregg GmbH explizit untersagt?
Nein, gebe es nicht, räumt die GSI auf neuerliches Nachfragen ein. «Im
gesamten Asyl- und Flüchtlingsbereich gilt jedoch das Primat der
Regelstrukturen, die zu nutzen sind.» Jene Strukturen also, die gemäss
kantonalem Sozialamt der gesamten Bevölkerung offenstehen. «Ergänzende
Angebote kommen nur subsidiär zur Anwendung.»
Der Regierungsrat sei der Meinung, dass das Missachten dieses Primats
stossend sei. Würden unbegleitete minderjährige Asylsuchende ausserhalb
von vorhandenen Regelstrukturangeboten beschult, könne dies «zudem eine
Bevorteilung gegenüber den anderen Kindern und Jugendlichen im Kanton
darstellen».
Die Kirche zahlt mit
Bei der Zentrum Bäregg GmbH will man aktuell nicht öffentlich Stellung
nehmen zur Antwort der Berner Regierung. Es sei den Verantwortlichen ein
Anliegen, diese Angelegenheit zunächst mit der zuständigen Direktion zu
besprechen. Und auch bei der Rudolf-Steiner-Schule Oberaargau in
Langenthal will man aktuell nichts zur offenbar laufenden Diskussion mit
der GSI sagen.
Tatsache ist, dass für den Kanton durch das Austauschprojekt keine
Mehrkosten anfallen. Die zusätzlichen Kosten wurden bisher
ausschliesslich mit Spendengeldern finanziert, wie Kanton und Schule
beide bestätigen. So haben im Oberaargau unter anderem die Heilsarmee
oder die katholische Kirchgemeinde Langenthal Geld gespendet für das
Projekt, das einigen unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden den
Zugang zur Steiner-Schule und den dortigen Schulabschluss ermöglichen
soll.
(https://www.bernerzeitung.ch/bern-befuerchtet-bevorteilung-687091562313)
—
derbund.ch 05.10.2020
So sollen in Bern Flüchtlinge integriert werden
Das neue bernische Asylregime soll aufgenommene Flüchtlinge besser in
den Arbeitsmarkt integrieren. Wie genau, zeigt der Vertrag zwischen
Stadt und Kanton Bern, der dem «Bund» vorliegt.
Andres Marti
Wer als Asylsuchender oder vorläufig Aufgenommener dem Kanton Bern
zugewiesen wird, kommt zuerst in einer Kollektivunterkunft unter. Das
war schon bisher so, neu geregelt ist im neuen Regime hingegen der
Austritt: In eine Wohnung umziehen darf nur, wer bestimmte
Integrationsvorgaben erfüllt. Wer eine Landessprache nicht zumindest
rudimentär beherrscht, keine Ausbildung absolviert oder keine
Arbeitsstelle vorweisen kann, muss bis auf weiteres in der
Asylunterkunft wohnen bleiben.
Länger in der Unterkunft
«Ich gehe davon aus, dass die Flüchtlinge mit dem neuen Regime nun
insgesamt länger in den Kollektivunterkünften bleiben», sagt Ursula
Heitz, Leiterin des städtischen Kompetenzzentrums Integration. Für eine
über 55-jährige Person etwa, die Mühe hat, Neues zu lernen, sei es nun
schwieriger, aus der Unterkunft herauszukommen. «Die Mehrzahl der
Flüchtlinge ist aber sehr motiviert und hat gerade auch durch ihre
Fluchterfahrung viele Ressourcen.»
Die Überlegung hinter der neuen Regelung: Den Flüchtlingen soll ein
Anreiz geboten werden, sich aktiver zu integrieren. Obwohl für
sogenannte «vulnerable Personen» und Familien Ausnahmen gelten, sorgte
insbesondere die Vorgabe der Erwerbstätigkeit (mindestens ein
60-Prozent-Pensum) für Kritik.
Schliesslich schaffen Anreize allein noch keine Jobs für Flüchtlinge.
Zudem, so kritisierten SP und Grüne das neue Asylregime, lerne man eine
Sprache schneller im Kontakt mit der restlichen Bevölkerung – und nicht
in einer Asylunterkunft, wo niemand Deutsch spricht.
Detaillierte Vorgaben
Die Kritiker der stark auf Anreize ausgerichteten bernischen Asylreform
konnten sich im Grossen Rat nicht durchsetzen. Nun ist die Asyl-Reform
im Kanton Bern abgeschlossen, die Leistungsverträge unterzeichnet.
In der Stadt Bern und Umgebung ist nun allein das Kompetenzzentrum
Integration für die Umsetzung der neuen Asylregeln zuständig. Das Amt
von Sozialdirektorin Franziska Teuscher (GB) hatte sich bei der Vergabe
gegen Caritas, SRK und ORS durchgesetzt. Vor der Mandatsvergabe war die
Stadt für 750 Personen zuständig. Jetzt sind es 2000.
Der «Bund» hat den Leistungsvertrag von der Stadt angefordert. Das
Dokument gibt einen Einblick, wie künftig im Kanton Bern integriert
werden soll. Bis auf wenige Punkte unterscheidet sich der
Leistungsvertrag der Stadt nicht von demjenigen, den die anderen Partner
unterschrieben haben.
Der Vertrag beinhaltet über zwei Dutzend «Wirkungs- und Leistungsziele»,
über deren Erreichen die Stadt dem Kanton detailliert Rechenschaft
ablegen muss. Oberste Priorität hat die Ablösung der Flüchtlinge von der
Sozialhilfe.
Zum Betreuungsauftrag gehört aber etwa auch das Auszahlen eines
Taschengeldes, das Organisieren von Beschäftigungsprogrammen, die
Vermittlung der «wichtigsten Verkehrsregeln» oder das Informieren über
«die Gefahren des Flussschwimmens».
Quoten müssen erfüllt werden
Zentral sind die Bereiche Spracherwerb, das Aufnehmen einer Ausbildung
oder Erwerbstätigkeit und das «Erreichen finanzieller
Selbstständigkeit». Werden die Quoten hier nicht erreicht, zahlt die
Stadt drauf: 60 Prozent der Kantonsgelder sind im neuen Regime an das
Erreichen dieser Ziele gekoppelt. Im schlimmsten Fall muss die Stadt so
jährlich 420’000 Franken selber bezahlen.
So müssen 60 Prozent der 16- bis 25-Jährigen spätestens sieben Jahre
nach ihrer Einreise entweder eine Ausbildung absolvieren oder einen
anerkannten Abschluss vorweisen können. Mindestens 70 Prozent der
«arbeitsmarktfähigen» Erwachsenen (26- bis 60-Jährige) sollen zu diesem
Zeitpunkt erwerbstätig sein.
Grundsätzlich sei sie davon überzeugt, dass die Stadt die Vorgaben des
Kantons erfüllen werde, sagt Ursula Heitz. Für eine Beurteilung des
neuen Regimes sei es aber noch zu früh. Gegenwärtig erreichten zudem nur
wenige Geflüchtete überhaupt die Schweiz. Im ersten Quartal sei der
Stadt nur eine Handvoll Flüchtlinge zugewiesen worden.
Nicht alle sind tauglich
Auch Raphael Strauss von der kirchlichen Kontaktstelle für
Flüchtlingsfragen sagt, es sei zu früh für eine Bilanz. Ob mit dem neuen
Regime mehr Flüchtlingen die Ablösung von der Sozialhilfe gelinge,
werde man wohl erst erst in ein paar Jahren beurteilen können. «Für die
Jungen und Gesunden stehen die Chancen aber insgesamt gut.» Laut Strauss
besteht aber die Gefahr, dass beim Fokus aufs Fordern und Fördern
diejenigen auf der Strecke bleiben, die schwierigere Voraussetzungen für
den Eintritt in den Arbeitsmarkt mitbringen: Kranke, traumatisierte,
bildungsferne oder ältere Menschen. Für diese Geflüchteten brauche es
mehr spezifische Angebote.
–
Ein holpriger Start
Seit Juli sind im Kanton Bern nur noch vier Partner für die Integration
und Flüchtlingsbetreuung verantwortlich: Die Stadt Bern, das
Schweizerische Rote Kreuz, Asyl Berner Oberland und die
gewinnorientierte ORS . Laut Medienberichten verlief der Start holprig.
SRF berichtete etwa von verunsicherten Flüchtlingen und fehlerhaften
Dossiers. Zudem gab es offenbar weder eine Übergangsphase noch Gespräche
mit den alten Partnern. Auch bei der Digitalisierung hapert es: Die
Einführung einer neuen Fallführungs-Software verzögert sich um mehr als
ein Jahr. Bis dahin müssen die Partner die Daten für den Kanton
teilweise manuell auf Excel-Tabellen erfassen.
(https://www.derbund.ch/so-sollen-in-bern-fluechtlinge-integriert-werden-523159286067)
+++APPENZELL
«Teufen kann sich das leisten»: Petition für die Aufnahme von Flüchtlingen eingereicht
Maya Leu hat beim Teufner Gemeinderat eine Petition eingereicht, welche
die Aufnahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln fordert. Mit
diesem Wunsch steht die 70-Jährige nicht alleine da: In zahlreichen
Gemeinden der Schweiz soll demnächst das gleiche Begehren eingehen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/appenzellerland/teufen-kann-sich-das-leisten-petition-fuer-die-aufnahme-von-fluechtlingen-eingereicht-ld.1264452
+++SCHWEIZ
Exklusiv: Staatssekretär Mario Gattiker tritt in Ruhestand
In Keller-Sutters Justizdepartement kommt es auf einer Schlüsselposition
zum Wechsel. Mario Gattiker, Staatssekretär für Migration, lässt sich
pensionieren.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/exklusiv-staatssekretar-mario-gattiker-tritt-zuruck-65794897
-> https://www.derbund.ch/sem-staatssekretaer-geht-2021-in-pension-802997020692
+++GRIECHENLAND
„Unsere Regierung verhält sich psychopathisch“
Dorothee Wilhelm ist Psychotherapeutin und leistet unterstützende Arbeit
in Moria. Im Interview mit das Lamm spricht sie über die Vorgänge nach
dem Brand, Self-Care inmitten der Dystopie – und erzählt, dass sie die
Brandstiftung versteht.
https://daslamm.ch/unsere-regierung-verhaelt-sich-psychopathisch/
The story of Moria
If you want to know the whole story of how #Moria could happen, you should watch this video we produced. #LeaveNoOneBehind
https://youtu.be/ijWOts9xsyY
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tagblatt.ch 05.10.2020
Grabser Helfer Ralf Eggenberger war fünfzehn Monate in der Hölle auf
Erden: «Flüchtende sind keine Kriminelle, werden aber so behandelt»
Ralf Eggenberger berichtet über seine Zeit als Helfer im
Flüchtlingslager Moria auf der Griechischen Insel Lesbos, wo er
dreizehn Monate verbrachte und mit eigenen Augen
Menschenrechtsverletzungen gesehen hat.
Michael Braun
Ralf Eggenberger sah die Hölle auf Erden, wie Moria oft bezeichnet
wird, mit eigenen Augen. Anstatt ursprünglich geplanten zwei Wochen,
verbrachte der Grabser als freiwilliger Helfer der Organisation
«Schwizerchrüz »von Juni 2016 bis Januar 2017 zwei Monate in Sindos und
anschliessend dreizehn Monate auf der Insel Lesbos, nahe dem
Flüchtlingscamp Moria. «Ich hatte riesiges Glück, dass ich bei der
Arbeit zwei sehr gute Vorgesetzte hatte, die mir das ermöglichten.» Die
Eindrücke, die er sammelte, prägten ihn und seine Weltsicht.
Eggenberger sagt: «Wenn man das ganze Elend sieht, kann man nicht nach
Hause und normal weitermachen»
Daher gründete er nach seiner Rückkehr in die Schweiz eine eigene
Hilfsorganisation «Human Riddim Care» und unterstützt die Menschen in
Moria und Athen auch heute noch von der Schweiz aus. Auch heute hat er
noch Kontakt zu vielen Flüchtenden und Helfern, wodurch er ständig sehr
gut über die Lage vor Ort informiert ist. Im Interview gibt er
Auskunft über seine Zeit und die Zustände im Flüchtlingslager.
Eggenberger sagt: «Man muss einfach aufhören, die Menschen mit
Kriminellen gleichzusetzen»
Die Menschen würden wohl kaum ohne Gründe aus ihrem Land fliehen und sich in so grosse Gefahr begeben.
Verlust der Papiere schmerzt die Flüchtlinge
«Als ich vom Brand in Moria erfahren habe, war ich erfüllt von blankem
Entsetzen», so Eggenberger. «Auch weil ich weiss, was da unten bei
solchen Geschehnissen los ist», fügt er an. Die Menschen hätten alles
verloren. Ihr Hab und Gut und ihre Papiere, die sie für den Asylprozess
dringend benötigten.« Andererseits weiss man aber bereits seit 2016,
welche Zustände dort herrschen und sich immer noch verschlimmert haben.»
«Es war für mich gewissermassen auch eine Überraschung, dass es erst jetzt passiert ist»
Neues Lager mit noch grösseren Misständen
Ein neues Flüchtlingslager, Moria 2.0, welches direkt am Meer liegt,
kritisiert Eggenberger stark. «Dort geht im Winter ein eiskalter Wind
und im Sommer, bei sengender Sonne, hat es nirgendwo Schatten.»
«Am Anfang mussten die Menschen auf Steinen schlafen, da die
Materiallieferungen gestockt haben. Es gibt keine Duschen und sehr
wenig Elektrizität.»
Zudem brauche man eine Bewilligung um das Camp zu verlassen. «Es gibt
einmal am Tag eine Mahlzeit, für die man mehrere Stunden anstehen muss.
Auch das Wasser ist enorm knapp.
Das neue Camp sei früher ein Schiessplatz des griechischen Militärs
gewesen, so Eggenberger. «Noch jetzt suchen Regierungsangestellte auf
dem Gelände nach Munition.» Das Gelände sei für fünf Jahre von der
Regierung gemietet worden. Zudem habe er am letzten Mittwoch erfahren,
dass der Gefängnistrakt des abgebrannten Flüchtlingscamps
wiedereröffnet wurde, um die Leute einsperren zu können. Eggenberger
resümiert:
«Die Lage ist prekär.»
Waren Sie schon immer ein Mensch, der andern Menschen helfen wollte?
Nein, das ist mit der Zeit in mir gewachsen. Es ist nicht so, dass ich
das bereits von klein auf in mir hatte. Ich gehöre zu den Menschen, die
sich mit der grossen weiten Welt auseinandersetzen und sich fragen:
Warum geht es gewissen Menschen so gut auf unserem Planeten und
anderen wirklich schlecht? Das hat bei mir einen gewissen Reifeprozess
gebraucht. Irgendwann wollte ich Taten folgen lassen und nicht nur
davon reden.
Warum blieben Sie so viel länger als geplant in Moria?
Die Flüchtlinge sind Menschen wie Sie und ich, doch sie werden
behandelt wie Kriminelle. Wenn du jeden Tag mit diesen Leuten zusammen
bist und sie nicht als Insassen ansieht, wie dies einige tun, baut man
eine gewisse Beziehung zu ihnen auf. So bekam ich einen anderen Kontakt
zu den Menschen. Aber ab da musste ich dann auch aufpassen, dass es
mir selbst nicht zu nahe ging.
War das kein Problem für die Beziehungen zu Ihrem Umfeld?
Natürlich vermisst man zwischendurch sein Zuhause. Man vermisst nicht
nur die Menschen, sondern auch mal einen guten Wasserdruck in der
Dusche. Man muss aber auch ehrlich sagen, dass wenn man den ganzen Tag
auf den Beinen ist, man gar nicht gross dazukommt im Heimweh zu
versinken. Ich weiss nicht wie viele Male ich eingeschlafen bin,
während ich noch eine Nachricht nach Hause schrieb.
Wie kann man sich das Flüchtlingslager vorstellen?
«Die Menschen kriegen wenig zu Essen und müssen für ihre Mahlzeiten, die kaum essbar sind, stundenlang anstehen.»
Die Leute leben unter absolut menschenunwürdigen Bedingungen. Moria
ist wortwörtlich ein Gefängnis. Ausserdem kursieren Krankheiten und es
herrscht ein extremer psychischer Druck. Die Menschen kommen bereits
aus einem Krisenland,wo sie bereits psychischen Druck hatten, welcher
auch auf der Reise nicht abnimmt. Dann kommen Sie an einen Ort, an dem
sie denken, dass sie endlich in Sicherheit sind und doch bleibt der
psychische Druck vorhanden.
Wie schwierig war es für Sie einen gewissen Abstand zu wahren?
Natürlich gingen mir gewisse Sachen sehr nahe. Wenn ein Vater vor dir
steht und dir Bilder seiner toten Kinder zeigt, ist das extrem hart.
Ich musste dabei einfach immer wieder weitermachen und versuchen, den
Rucksack nicht auf mich zu nehmen. Denn man kann nichts dafür, dass
solche Sachen passieren. Es ist wie es ist. Und ich half einfach da und
probierte alles zu machen, dass die Menschen anständige und
lebenswürdige Bedingungen bekamen.
Wie konnten Sie den Menschen konkret helfen?
Es gibt verschiedenste Dinge, die Hilfsorganisationen machen, das
kommt auch stark auf die Art der Organisationen an. Gewisse haben
Lagerhäuser für Sachspenden, andere haben Community Centers, in denen
die Menschen etwa Kleider aussuchen können, wo es Coiffeurs oder
Sprachlektionen gibt. Ich habe während meiner Zeit auf Lesbos geholfen,
ein solches Community Center, nahe dem Camp Moria, aufzubauen. Das
Elementare dabei ist, dass die Flüchtlinge miteinbezogen werden.
Wie haben Sie das gemacht?
Wir sind zu Beginn hingegangen und haben angefangen das Center
aufzubauen. Dann kamen relativ schnell Menschen und fragten uns was wir
hier tun. Als wir ihnen erklärten, dass wir etwas für sie tun, kamen
bereits die Ersten, die sagten, sie können betonieren oder mauern. Wir
bezogen diese Menschen mit ein und sie halfen mit. Das ist, so einfach
es tönt, genau das, was nützt.
Was haben Sie von den Spannungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen mitbekommen?
Die Stimmung vor Ort war damals bereits explosiv, uferte aber meist
nur verbal aus. Ich wurde selbst zweimal von Griechen angegriffen.
Dann merkte man aber schon, dass sich das Ganze drastisch änderte. Wir
versuchten immer wieder ein Treffen zu arrangieren, wo man sich
aussprechen kann. Ich selbst bin oft zwischen die Fronten gegangen und
habe versucht klar zu machen, dass beide das Gleiche wollen. Die
Flüchtlinge wollten von der Insel und die Einheimischen wollten das sie
verschwinden.
Wie ist die Situation der Frauen im Camp?
Die Camps sind sehr unsicher für Frauen. Die Frauen werden oftmals, auf
der Reise oder im Lager, Opfer von Vergewaltigungen. Sie sind
besonders schutzbedürftig. Kein Mensch sollte unter den Umständen in
Moria leben müssen, aber für Frauen mit Kindern ist die Situation
prekär.
Haben Sie negative Erfahrungen mit den Sicherheitskräften gemacht?
Die Monate März, April und Mai im Jahr 2017 waren sehr eindrücklich.
In dieser Zeit gab es sehr viele Demonstrationen. Die Leute haben laut
Gesetz das Recht, auf Missstände aufmerksam zu machen und wenn die
Situation im Moria kein Missstand ist, weiss ich auch nicht mehr
weiter. Während die Demonstrationen von Syrern, Irakern und Afghanen
keine Konsequenzen hatten, wurde eine friedliche – ich war selber dabei
– Demonstration der Afrikaner gewaltvoll aufgelöst. Die Polizei schoss
mit Tränengas auf die Leute und in die Container. Sie schlugen sogar
eine schwangere Frau.
Die Polizisten schlugen Menschen mit Knüppeln zusammen, standen ihnen auf den Kopf und brachen ihnen die Arme.
Die Leute rannten, gefolgt von der Polizei, davon. Das war wirklich
das Brutalste, was ich gesehen habe. Die Polizei warf sogar mit Steinen
auf die Flüchtlinge. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Danach
haben Sie wahllos 35 Menschen festgenommen, vorwiegend Afrikaner mit
dunkler Hautfarbe. Diese kamen vor Gericht, wo sie – nach mehreren
Tagen Haft– noch immer mit blutenden Wunden auftauchten. Sie konnten
zum Glück nach einigen Monaten Mithilfe der Anwälte von
Hilfsorganisationen wieder «befreit» werden.
Inwiefern fühlen sich die Flüchtlinge in Moria sicher?
Die Flüchtenden kommen an einen solchen Ort wie Moria, der den
Menschen erneut extrem auf die Psyche schlägt. In diesen Camps geht es
einzig ums Überleben.
Wie kann man den Menschen wirklich helfen?
Das Problem ist, dass es immer schwieriger wird, vor Ort zu helfen.
Auch wenn es natürlich immer noch Organisationen vor Ort gibt, wird es
immer schwerer für sie zu operieren. Leider kann man fast nur noch
über Geldspenden helfen. Wenn irgendwie möglich , sind auch
Sachspenden hilfreich, aber dabei ist die Verteilung natürlich
schwierig und wird auch von der griechischen Regierung erschwert.
Wer ist Ihrer Meinung nach für diese Krise verantwortlich?
Der Brand war ein typisches Beispiel für die weit verbreitete
Denkweise. Die erste Frage, die aufkam, war: «Wer hat es angezündet.
Das waren sicher die Flüchtlinge oder die Einheimischen.» Die
Verantwortlichen für den Brand, dass sind die Menschen in Brüssel oder
in Bern. Diese Menschen wissen seit Jahren um die Umstände in Moria
Bescheid. Als ich auf Lesbos war, waren bereits Politiker da, die sich
das Ganze ansahen. In der Schweiz und der EU wissen die Politiker
haargenau, wie es da unten aussieht und es wird nichts gemacht. Es wird
nur zugeschaut.
Wird denn politisch nichts gemacht um den Menschen zu helfen?
Im Gegenteil man will ja mit dem neuen Migrationspakt noch schneller
Abschieben können. Man stärkt die Frontex, die nicht wirklich
zimperlich mit den Flüchtlingen auf See umgeht. Der Guardian berichtete
2018, dass Frontex im Verdacht steht, mit Hilfe von Drohnen der
lybischen Küstenwache die Positionen der Flüchtlingsboote durchgab.
Somit konnten diese wieder in lybische Aufnahmezentren, die eigentlich
Folterkammern sind, gebracht werden.
Und was macht die Schweiz?
Sie unterstützt Frontex und die sogenannte lybische Küstenwache. Das
ist Abschottung pur. Man hätte jetzt, nach dem Brand, Zeit gehabt zu
reagieren und die 10000 Flüchtlinge von der Insel herunterzuholen. Das
wollte man aber nicht, da man weiterhin, auf Kosten von Menschen, die
alles verloren haben abschrecken will. Ich finde das sehr traurig.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/werdenberg/grabser-helfer-war-fuenfzehn-monate-in-der-hoelle-auf-erden-fluechtende-sind-keine-kriminelle-werden-aber-so-behandelt-ld.1264468)
–
Hinweis
Für weitere Auskünfte und Kontakt: info@humanriddimcare.com
https://www.humanriddimcare.com/home/deutsch-home/wer-ist-hrc/
+++MALTA
Kein Sonnenlicht – UN: Malta hält Flüchtlinge unter schockierenden Bedingungen fest
UN-Ermittler werfen Malta vor, Flüchtlinge unter „schockierenden“
Bedingungen festzuhalten. Die Menschen lebten in einem überfüllten
Flüchtlingszentrum mit kaum Sonnenlicht, ohne sauberes Wasser und
sanitären Einrichtungen.
https://www.migazin.de/2020/10/05/kein-sonnenlicht-un-malta-fluechtlinge
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Strafgericht nimmt Stellung nach Kritik
Nach scharfer Kritik der Verteidigerinnen und Verteidiger in den
Prozessen im Nachgang zur Basler Nazifrei Demonstration im November
2018, nimmt nun das Strafgericht Stellung. Es ginge nicht, dass die
Fälle von einem anderen Gericht übernommen würden.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/strafgericht-nimmt-stellung-nach-kritik?id=11852911
-> https://bajour.ch/a/fYEsEixms2eKZA6h/jetzt-redet-die-anwaltschaft-das-basler-strafgericht-auf-abwegen
Grüsse ans Strafgericht Basel Stadt
Neues Musikvideo zu den Basel Nazifrei Prozessen aufgetaucht!
„Wir haben keine Gerichte, keine bewaffneten Gangs, keine willfährigen Provinzschmierblätter um Menschen zur Sau zu machen.“
https://barrikade.info/article/3905
-> Video: https://vimeo.com/464769466
Berner Regierung muss sich zu Wegweisung von watson-Journalist erklären
Die Regierung des Kantons Bern muss sich zu einem Polizeieinsatz
erklären. Zwei Grossrätinnen fordern Antworten, nachdem die Polizei
mehrere Journalisten bei ihrer Arbeit störte.
https://www.watson.ch/schweiz/bern/970850628-bern-muss-sich-zu-wegweisung-von-journalist-erklaeren
-> Interpellation AL/SP: Pressearbeit bei Polizeieinsätzen –
Wegweisungen von Journalist*innen und Hinderung am Filmen der
Polizeiarbeit: https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-25a7969de81141c087988a373f8cf710.html
Klimaaktivisten bekommen für grüne Limmat keine Strafe
Im September 2019 haben Klimaaktivisten von Extinction Rebellion die
Limmat in Zürich grün gefärbt. Zum Ärger bürgerlicher Politiker hat die
Aktion keine strafrechtlichen Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft
konnte keine verantwortliche Person finden.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/klimaaktivisten-bekommen-fuer-gruene-limmat-keine-strafe-139400732
Fässler pfeift Räbsamen zurück – Nach «All cops are bastards»-Post:
SP-Regierungsrat fordert Juso-Parlamentarier zum Parteiwechsel auf
Happige Post für den frisch gewählten Wiler Stadtparlamentarier Timo
Räbsamen von der Juso. Sein Eintrag auf Facebook landete auf dem Tisch
von SP-Regierungsrat Fredy Fässler. Dieser fordert den Juso-Politiker
nun auf, die Partei zu wechseln.
https://www.dieostschweiz.ch/artikel/nach-all-cops-are-bastards-post-sp-regierungsrat-fordert-juso-parlamentarier-zum-parteiwechsel-auf-mmlJnYJ
Infotour zum neuen Polizeigesetz (Kt. Bern)
Seit dem 1. Januar 2020 ist im Kanton Bern das revidierte Polizeigesetz in Kraft getreten.
Das AntiRep Bern informiert über die relevanten Änderungen sowie
darüber, was die Polizei grundsätzlich für Möglichkeiten hat, um
Repression auszuüben.
https://barrikade.info/article/3907
—
landbote.ch 05.10.2020
Hausbesetzung in Winterthur: Die Besetzer sind schon wieder weg
Am Freitagabend besetzte ein «antikapitalistisches» Kollektiv
ehemalige Sulzerbüros in Oberwinterthur. Laut der Stadtpolizei sind die
Besetzer bereits wieder abgezogen.
Delia Bachmann
Die Besetzung des einstigen Bürogebäudes von Sulzer in Oberwinterthur
dürfte als eine der kürzesten in die Stadtgeschichte eingehen. Am
Freitagabend zog ein «antikapitalistisches» Kollektiv in die
Liegenschaft an der Talackerstrasse 99 ein. Sie kamen mit einem dichten
Programm fürs Wochenende – Kaffee und Kuchen, Workshops (Jonglieren!
Ausbildung zum Rebellen-Clown!), Konzerte – und offenbar mit der
Absicht zu bleiben. Dies geht aus dem Flugblatt hervor, welches das
Kollektiv unter anderem auf Barrikade.info veröffentlichte: «Nachdem es
seit mehr als 3 Jahren leer steht, wollen wir das ehemalige
Sulzer-Bürogebäude neu beleben und ein soziales und kulturelles Zentrum
aufbauen», heisst es da.
Als die Stadtpolizei am Sonntagabend eine Kontrollfahrt machte, waren
die Besetzer allerdings schon wieder weg. Laut Stapo-Sprecher Adrian
Feubli gab es übers Wochenende knapp eine Hand voll Lärmklagen mit
Bezug zur Hausbesetzung. Die Stadtpolizei steht in Kontakt mit der
Eigentümerin des Hauses. Bis jetzt ging jedoch keine Strafanzeige ein.
Die Implenia «bespricht derzeit das weitere Vorgehen», sagt deren
Sprecherin Natascha Mathyl. Infrage käme eine Anzeige wegen
Hausfriedensbruch und allenfalls auch wegen Sachbeschädigung.
Unklar ist, was hinter dem plötzlichen Auszug steckt. Die Besetzer waren für den «Landboten» bisher nicht zu erreichen.
(https://www.landbote.ch/die-besetzer-sind-schon-wieder-weg-773064389732)
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/besetzer-des-sulzer-buerogebaeudes-in-oberwinterthur-sind-wieder-abgezogen-00142968/
+++REPRESSION DE
Adbusting : Verändertes Bundeswehr-Plakat: Razzia bei Studentin
Eine 24-Jährige hat mit einer Freundin ein Werbeposter umgestaltet und
damit mehrere Hausdurchsuchungen ausgelöst. Juraprofessoren werten den
Eingriff der Polizei in die Privatsphäre der Betroffenen als
unverhältnismäßig.
https://www.berliner-zeitung.de/news/veraendertes-bundeswehr-plakat-loest-razzia-bei-studentin-aus-li.108834
+++KNAST
Todesfall in Zürcher GefängnisHäftling tot in Zelle aufgefunden
In der Justizvollzugsanstalt Pöschwies ist ein Gefangener ums Leben gekommen. Er ist eines natürlichen Todes gestorben.
https://www.tagesanzeiger.ch/haeftling-tot-in-zelle-aufgefunden-910555619652
-> https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2020/10/todesfall-in-der-jva-poeschwies.html
-> https://www.nzz.ch/zuerich/haeftling-in-der-jva-poeschwies-tot-aufgefunden-ld.1580150
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/haeftling-im-gefaengnis-poeschwies-tot-aufgefunden-139399464
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/haeftling-in-der-poeschwies-tot-aufgefunden-00142977/
+++BIG BROTHER
Trotz Ausfuhrverbot erhält die Crypto International AG in Zug weiterhin Aufträge aus aller Welt in Millionenhöhe
Es ist paradox: Ende August besiegelte der Bundesrat das Aus des
umstrittenen Herstellers von Chiffriergeräten. Daraufhin musste die
gesamte Belegschaft entlassen werden. Doch während der dreimonatigen
Kündigungsfrist produziert die Crypto International AG weiterhin ihre
weltweit gefragten Hightech-Produkte.
https://www.nzz.ch/schweiz/crypto-international-produziert-trotz-exportverbot-weiter-ld.1579374
+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: Meloni vor Salvini, Bleiböden nach Moria, Sozialhilfe statt Nothilfe
https://antira.org/2020/10/05/meloni-vor-salvini-bleiboeden-nach-moria-sozialhilfe-statt-nothilfe/
+++RECHTSPOPULISMUS
Zürichsee-Zeitung 05.10.2020
Ratskollegin bei Kesb angeschwärzt: SVP-Gemeinderat droht Rüge
Ein Zürcher SVP-Gemeinderat machte eine Gefährdungsmeldung bei der
Kesb, weil die Tochter einer Ratskollegin beim Klima-Camp auf dem
Bundesplatz verhaftet worden war. Die Ratspräsidentin will dem Vorfall
nachgehen.
Katrin Oller
Die 14-jährige Tochter der Zürcher Gemeinderätin Julia Hofstetter
(Grüne) hat am Klima-Camp auf dem Bundesplatz in Bern teilgenommen und
ist bei dessen Räumung verhaftet worden. Dass sie ihre Tochter auf dem
Polizeiposten abholen musste, war Teil einer persönlichen Erklärung,
die die Politikerin am 23. September im Zürcher Stadtparlament verlas.
Darauf machte der SVP-Gemeinderat Derek Richter eine Gefährdungsmeldung
bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) gegen Hofstetter.
Die Kesb habe das Verfahren abgeschlossen, da keine Gefährdung des
Kindeswohls bestehe, schreibt die Politikerin, die den Vorfall
vergangene Woche auf Facebook publik machte.
Kontaktdaten auf Facebook gepostet
Es ist nicht das erste Mal, dass Derek Richter und eine Ratskollegin
des gegenüberliegenden politischen Spektrums aneinandergeraten. Vor
knapp einem Jahr erhielt die AL-Gemeinderätin Ezgi Akyol Beschimpfungen
und einen Drohbrief, weil sie auf TeleZüri die Zustände im Zürcher
Bundesasylzentrum kritisiert hatte. Derek Richter hatte Akyols
Gemeinderatsprofil samt Kontaktdaten auf der Facebook-Seite des
Lokalsenders gepostet. Die 34-jährige Akyol hat am vergangenen Mittwoch
ihren Rücktritt aus dem Gemeinderat bekannt gegeben, weil sie nach
sechs Jahren enttäuscht sei vom parlamentarischen Betrieb.
Solche Situationen seien schwierig, sagt Gemeinderatspräsidentin Helen
Glaser (SP), da die Aktionen des Ratsmitglieds ausserhalb des
Stadtparlaments passiert seien. Dennoch hat Glaser den Vorfall zwischen
Hofstetter und Richter für die nächste Sitzung des Ratsbüros mit den
Fraktionsvertretern nach den Herbstferien traktandiert: «Wir können
nicht einfach wegschauen und zum Alltag übergehen», sagt Glaser.
Richter muss mit einer Rüge oder mindestens mit einem Gespräch mit der
Ratspräsidentin rechnen.
«Unsägliche Reaktion»
Zwar könne man darüber diskutieren, wie geschickt es sei, die
Verhaftung der Tochter in einer persönlichen Erklärung zu
thematisieren, sagt Glaser. Aber damit habe Julia Hofstetter – die erst
seit August Gemeinderätin ist – lediglich ihr gutes Recht
wahrgenommen. Glaser persönlich hält Richters Reaktion für «unsäglich».
Dass er die Gefährdungsmeldung als seine Pflicht ansehe, sei weit
hergeholt: «Schliesslich handelt es sich bei einer 14-Jährigen nicht
mehr um ein kleines Kind.» Vielmehr hätte sich Richter laut Glaser
Gedanken machen müssen darüber, was für eine Belastung eine
Kesb-Untersuchung für eine Familie bedeute.
Julia Hofstetter wünscht ihrem Ratskollegen ausdrücklich «nichts
Böses». Die Grünen der Stadt Zürich hingegen forderten in einer
Mitteilung von Richter, aus dem Rat zurückzutreten. Dies ist für die
SVP-Fraktion keine Option. «Wir werden den Vorfall in der Fraktion
besprechen», sagt Fraktionspräsident Roger Bartholdi. Jedoch habe jeder
Bürger das Recht, eine Anzeige zu machen. Richter habe dies als
Privatperson getan, die Fraktion sei nicht involviert gewesen.
Bartholdi will sich persönlich nicht zum Vorfall äussern, weist aber
darauf hin, dass die SVP in der letzten Zeit von der rot-grünen
Mehrheit im Rat massiv attackiert worden sei – mit Beleidigungen unter
der Gürtellinie. Dennoch sei es schade, dass es zu einer Eskalation
gekommen sei.
(https://www.zsz.ch/svp-gemeinderat-droht-ruege-529734750780)
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Corona-Skepsis in der Schweiz: Ehemaliger SVP-Politiker lanciert Initiative gegen Corona-Impfung
Ein Verein bereitet die Initiative «Stopp Impfpflicht» vor. Eine solche
werde es in der Schweiz ohnehin nicht geben, entgegnen
Gesundheitspolitiker.
https://www.derbund.ch/jetzt-kommt-die-initiative-gegen-das-impf-obligatorium-431119286728
Jetzt kommt die Initiative gegen das Impf-Obligatorium
Die Lancierung der Initiative «Stopp Impfpflicht» steht unmittelbar
bevor. Die Horrorvorstellung der Initianten: eine Corona-Schweiz, in der
Nichtgeimpfte schikaniert werden.
https://www.20min.ch/story/jetzt-kommt-die-initiative-gegen-das-impf-obligatorium-702730593237
Bericht: Antifaschistischer Widerstand gegen „Querdenken“ am Bodensee
Mehrere hundert Menschen beteiligten sich am ersten Oktoberwochenende
2020 an Protesten gegen Aktionen der „Querdenken“-Bewegung in und um
Konstanz. Aufgerufen hatte, neben anderen AkteurInnen, das
deutsch-schweizer „Welcome to paradise“-Bündnis.
https://barrikade.info/article/3906
«Tod durch Maskenzwang»: Erstickte Kinder wegen Maske – Polizei warnt vor Fake News
In Blogs und auf Social Media kursieren Gerüchte, dass mehrere Kinder
erstickt seien, weil sie eine Schutzmaske getragen haben. Experten
kritisieren die Meldungen, die Polizei warnt vor der Weiterverbreitung.
https://www.20min.ch/story/tote-kinder-wegen-maske-polizei-warnt-vor-fake-news-539242685325
Polizei und Behörden ziehen positive Bilanz nach Corona-Demonstrationen in Konstanz und Kreuzlingen
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/alle-zuschauer-waren-rechtzeitig-im-stadion?id=11852383
Corona-Demonstrationen am Bodensee
Im Netz ist in den letzten Monaten eine Corona-Parallelwelt gewachsen.
Sie protestieren Seite an Seite – Linke, Rechte, Friedensbewegte,
Medizinskeptiker. Diesmal in Konstanz. Wie gelingt es dem Bündnis
„Querdenken“ so unterschiedliche Gruppen zu verein…
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/corona-demonstrationen-am-bodensee-100.html
Marco Rima wurde immer entweder ausgelacht oder belächelt. Bis Corona kam
Eigentlich würde er jetzt seine Comedy-Tour starten. Stattdessen steht
Marco Rima auf der Bühne der Corona-Skeptiker. Wie konnte das passieren?
https://www.nzz.ch/zuerich/marco-rima-und-corona-der-der-immer-belaechelt-wurde-ld.1579613
Verschwörungen und Legenden – was vor Trumps Militärspital so abgeht
https://www.watson.ch/international/donald%20trump/153444456-vor-trumps-spital-so-denken-die-fans
—
derbund.ch 05.10.2020
Extremismusforscherin im Interview: «Pharmakonzerne könnten zu neuen Anschlagszielen werden»
Julia Ebner recherchiert verdeckt in Anti-Corona-Netzwerken. Sie
erklärt, weshalb Neonazis und Impfgegner gemeinsam auf die Strasse
gehen und warum QAnon eine Gefahr darstellt.
Aleksandra Hiltmann
In der Schweiz und auch in Deutschland gehen an den Anti-Corona-Demos
QAnon-Anhänger, Rechtsextreme, die den Hitlergruss zeigen, und
Impfgegner gemeinsam auf die Strasse. Was ist da los?
Diese Art der Koalition überrascht auch mich – Neonazis, Reichsbürger,
dann aber auch Sorgenbürger und Verschwörungstheoretiker, von rechts
wie links. Sie sind sich dabei nicht einmal einig, wer der gemeinsame
Gegner ist. Die einen leugnen das Coronavirus, andere glauben, dass es
sich dabei um eine kinetische Biowaffe handelt, wieder andere, dass
Bill Gates versucht, die gesamte Bevölkerung unter seine Kontrolle zu
bringen, indem er den Leuten über Impfungen Mikrochips einpflanzt.
Was verbindet die Menschen?
Ausschlaggebend ist ein starkes Anti-Establishment-Ressentiment. Das
brachte bereits bei den Gelbwesten-Protesten in Frankreich Menschen
aus unterschiedlichsten ideologischen Ecken zusammen. Bei den
Anti-Corona-Demos kommt nun noch der Frust rund um den Lockdown und das
Maskentragen als einendes Element dazu.
Kann man bei diesen Demos bereits von einer Bewegung sprechen – vergleichbar mit der Fridays-for-Future-Bewegung?
Man kann mittlerweile durchaus von einer internationalen Bewegung
sprechen. Die Anti-Corona-Demos in Zürich, Berlin, Madrid, Melbourne
und Michigan folgen alle einem ähnlichen Muster: Man sieht dieselben
Slogans und Verschwörungstheorien auf den Postern, und die
Online-Mobilisierungskanäle sind teilweise stark global vernetzt.
Wieso eignet sich Corona so gut, um zu polarisieren?
Weil es wahrscheinlich die grösste Krise ist, die unsere Generation
direkt betrifft. Bereits in den letzten Jahren gab es Krisen, etwa die
Wirtschaftskrise. Die grossen Migrationsströme lösten bei vielen eine
Identitätskrise aus, andere befanden sich nach Terroranschlägen in
einer Sicherheitskrise. Und nun diese Gesundheitskrise, die
gleichzeitig auch eine ökonomische ist – und das auf globaler Ebene.
Mit so einer Situation hatten wir es zuvor noch nie zu tun. Und dazu
kommt ein riesiges Informationsvakuum. Dieses können
Verschwörungstheoretiker mit ihren eigenen Inhalten füllen.
Auf den Anti-Corona-Demos laufen ja nicht nur Extremisten mit. Wieso
lassen sich auch relativ «normale» Leute von Extrempositionen
ergreifen?
Viele Demonstrierende, ob Mitglieder von verschwörungstheoretischen
Netzwerken oder nicht, fürchteten sich bereits vor Corona, sozial
abzusteigen. Jetzt werden sie wirtschaftlich besonders hart getroffen.
Von ihren Regierungen haben sie nur bedingt Lösungsangebote erhalten.
Die Ängste dieser Leute sind riesig.
Trotzdem erstaunt es, dass das Misstrauen gegenüber den Regierungen so verbreitet ist.
In Ländern wie Deutschland und der Schweiz sind die Todeszahlen im
Vergleich zu anderen Ländern niedrig. Gerade hier ist das Misstrauen
sehr gross. Schauen wir nach Italien, stellen wir fest, dass es sehr
viel weniger QAnon-Anhänger gibt. Italien ist traumatisiert, besonders
im Norden kennt jeder jemanden, der an Corona erkrankte oder Angehörige
verloren hat. Da zu behaupten, Corona existiere nicht, ist schwierig.
Der relative Erfolg in der Corona-Bekämpfung verleiht Verschwörungstheorien und deren Anhängern also Auftrieb?
Ironischerweise ja.
Welche Gruppierung profitiert am meisten?
Stark profitiert haben alternative Mediennetzwerke und rechte
Onlinegruppen. Diese haben in den letzten Jahren stark daran
gearbeitet, das Vertrauen in die Demokratie, grosse Parteien und die
Wissenschaft zu untergraben. Gerade während der Migrationskrise haben
rechte Gruppierungen im deutschsprachigen Raum viele neue Kanäle
gegründet und mittlerweile ein eigenes alternatives
Informationsökosystem aufgebaut. Dieses wird nun eingesetzt, um zu
mobilisieren. Auch rechte Youtuber und Influencer profitieren. Sie
hatten bereits zuvor ein gewisses Publikum. Nun erhalten sie aber so
richtig Zulauf.
Besteht Grund zur Sorge?
Wir sollten extremistische und verschwörungstheoretische Netzwerke auf
keinen Fall unterschätzen. Das taten westliche Regierungen in der
Vergangenheit viel zu lange. Bis tatsächlich etwas passierte. Die
Alt-Right-Netzwerke, also rechtsextremen, weiss-nationalistischen
Gruppierungen, inspirierten eine ganze Reihe von Terroristen, die
Anschläge verübten. Das Attentat von Christchurch war für viele
Regierungen, nicht nur für die neuseeländische, ein Weckruf. Es könnte
auch im Zusammenhang mit Corona bei verschwörungstheoretischen
Gruppierungen dazu kommen, dass einzelne Mitglieder zu Gewalt
inspiriert werden. Etwa dann, wenn sich Feindbilder so stark
etablieren, dass sich daraus ganz neue Anschlagsziele ergeben.
Welche?
Pharmakonzerne, Wissenschaftlerinnen, die an Impfstoffen forschen,
Politiker, denen vorgeworfen wird, sie seien Teil dieser einen grossen
Verschwörung, sogar Künstlerinnen, denn auch Hollywood ist mit drin in
der QAnon-Verschwörungstheorie. Und Journalisten, denn die produzieren
laut QAnon Fake News. An den Anti-Corona-Demos in Deutschland haben
wir bereits gesehen, wie Medienteams angegriffen wurden. Andere
stürmten den Reichstag. Das sind alles erste Versuche, ein Zeichen zu
setzen. Es kann jederzeit eskalieren. Man sollte diese Netzwerke sehr
ernst nehmen.
Unsicherheit, aber auch falsche oder unzureichende Informationen
bieten extremistischen Gruppierungen einen Nährboden. Haben Politik,
Ämter und Medien in ihrer Kommunikation versagt?
Die Krise ist akut, niemand hat sie erwartet. Unter diesen Umständen
haben die Schweiz und Deutschland sehr gut und schnell reagiert. Nur
ist der Informationsbedarf der Bevölkerung einfach so gross, dass es
schwierig ist, ihn zu decken. Gleichzeitig gab es ein grosses
Informationsvakuum, in dem es wichtig gewesen wäre, von Anfang an sehr
konsistent zu kommunizieren. In Deutschland ging das schief:
Bundesländer, Regionalpolitiker, Lokalpolitiker widersprachen sich.
Davon haben Verschwörungstheoretiker profitiert.
Was können die Medien besser machen?
Das Problem ist, dass viele Anhänger von Verschwörungstheorien bereits
vor Corona in alternativen Medienkanälen unterwegs waren und
«Mainstream-Medien» ablehnten.
Gibt es trotzdem einen Weg, sie zu erreichen?
Das ist extrem schwierig. Wir vom Institut für Strategischen Dialog
haben beobachtet, dass es sogar noch schwieriger ist,
Verschwörungstheoretiker aus ihren Netzwerken rauszuholen, als
Rechtsextremisten oder generell Extremisten zu deradikalisieren. Es ist
wichtig, auf einer emotionalen Ebene zu arbeiten und wieder eine
Vertrauensbasis zu schaffen. Mit Fakten kommt man nicht weit.
Wieso nicht?
Weil die Informationsblase von verschwörungstheoretischen Gruppierungen
in sich geschlossen ist. Alle, die versuchen, von aussen etwas an sie
heranzutragen, werden als Teil der Verschwörung gesehen. Bei
Extremisten ist es oft so, dass sie eine positive Erfahrung mit dem
vermeintlichen «Feind» machen und danach ihre Denkmuster hinterfragen.
Etwa wenn ein Muslim einem Neonazi hilft. Das kann ein Fenster sein, um
mit der Deradikalisierung zu beginnen.
Und das funktioniert nicht bei QAnon?
Gerade QAnon ist eine komplexe Verschwörungstheorie. Es gibt nicht
einfach eine Eigen- und eine Feindgruppe. Bei QAnon gibt es viele
Feindgruppen. Deshalb ist es wichtig, mehr über die tiefer liegenden
Bedürfnisse dieser Menschen zu erfahren: Wieso haben sie sich dieser
Gruppierung angeschlossen? Viele fühlen sich nicht gehört, nicht
verstanden und im Stich gelassen. Dort muss man ansetzen.
Wie nachhaltig ist die aktuelle Mobilisierung dieser extremen Gruppierungen?
Das ist schwierig vorherzusagen. QAnon etwa verliert seit Jahren keine
Mitglieder. Wie sich diese Gruppe weiterentwickelt, hängt stark davon
ab, was sich ausserhalb ihrer Kreise in der Welt tun wird. Leider
werden die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona noch
lange nach der Gesundheitskrise zu spüren sein, was bedeutet: viel
Frustration, Angst und Ungewissheit. Ich vermute, dass sie eher
expandieren. Mittlerweile haben sie auch Celebrities und Influencer
dazugeholt, die ihnen zusätzliche Reichweite verleihen, etwa Xavier
Naidoo oder Attila Hildmann.
Welches Thema wird Sie künftig besonders beschäftigen?
Die Impfgegner. Sobald die Impfstoffe da sind, könnten die Spaltungen,
die sich bereits jetzt durch die Gesellschaft ziehen, zunehmen. Auf
der einen Seite stünden jene, die die gesamte Bevölkerung impfen
lassen wollen, damit wir immun werden. Auf der anderen Seite jene, die
sich vehement dagegen wehren. Dieser Konflikt zeichnete sich schon an
den vergangenen Protesten ab und könnte längerfristige Effekte auf die
Gesundheitsversorgung, das gesamte Gesundheitssystem und auch die
Corona-Krise haben.
Inwiefern?
Impfgegner-Netzwerke sind global. Wenn sich weltweit viele Menschen
nicht impfen lassen, kann es sein, dass das Virus mutiert und es immer
wieder zu Ausbrüchen kommt. Deshalb ist es wichtig, dass Impfstoffe
genug Vorlauf bekommen und seriös getestet werden. Viele Institute
arbeiten vertrauenswürdig. Aber wenn ein Impfstoff – wie in den USA –
politisch gepusht wird, damit er rechtzeitig zur Präsidentschaftswahl
auf den Markt kommt, verstehe ich, dass die Leute misstrauisch werden.
–
Die Undercover-Forscherin
Julia Ebner wurde 1991 in Wien geboren. Sie studierte Geschichte,
Internationale Beziehungen und Philosophie. Erst arbeitete sie bei der
Anti-Extremismus-Organisation Quilliam Foundation, heute forscht sie am
Institute for Strategic Dialogue in London zu Extremismus und
Radikalisierung.
Zudem berät sie parlamentarische Arbeitsgruppen und internationale
Organisationen im Bereich Terrorismusprävention und schreibt
regelmässig für englische Medien.
Ihr neustes Buch, «Radikalisierungsmaschinen» (Originaltitel: «Going
Dark»), wurde 2020 in Österreich vom Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung als Wissenschaftsbuch des Jahres ausgezeichnet. Die
Wissenschaftlerin schleuste sich für ihre Recherchen in zwölf radikale
Gruppierungen ein und beobachtete, wie diese Anschläge planen, falsche
Informationen verbreiten und Wahlen manipulieren. (Lesen Sie hier unser
Interview mit Julia Ebner zu diesem Buch.)
2018 veröffentlichte sie «Wut. Was Islamisten und Rechtsextreme mit uns
machen». Ebner erklärt darin, wie sich Strategien von Islamisten und
Rechtsradikalen gegenseitig ergänzen und verstärken.
–
Was ist QAnon?
QAnon bezeichnet eine Verschwörungslegende aus dem ideologisch rechten
Spektrum und auch deren Anhänger. Die Bewegung stammt ursprünglich aus
den USA und ist mittlerweile weltweit verbreitet, auch im
deutschsprachigen Raum.
Seit wann?
Ihren Anfang nahm QAnon mit einem Post im für extremistische Inhalte
bekannten Forum «4chan». 2017 schrieb ein User, dass Hillary Clinton
bald verhaftet werde. Der Autor behauptete, er sei ein
US-amerikanischer Geheimdienstagent mit Zugang zu nuklearen
Geheimnissen via der höchsten nicht militärischen US-Sicherheitsstufe
«Q».
Wer?
Anon steht für anonymous. Denn die User auf «4chan» posten anonym – es
kann also nicht festgestellt werden, ob die nachfolgenden Artikel, die
sogenannten «Q-Drops», die QAnon zugeordnet werden, von einer oder
mehreren Personen verfasst worden sind beziehungsweise verfasst werden.
Was?
QAnon verbinde unterschiedliche Verschwörungstheorien zu einer Art «Masterverschwörungstheorie», sagt Julia Ebner.
Die «Q-Drops» drehen sich um die Verschwörungserzählungen eines «deep
state», eines «tiefen Staates». In dessen Schattenregierung, die über
die USA herrsche, sitzen bekannte Persönlichkeiten, Reiche, Politiker.
Unter anderem glauben QAnon-Anhänger, dass US-Prominente wie Hillary
Clinton, Tom Hanks und Barack Obama – angeblich alles Satanisten –
geheimen Kinderhandel sowie einen Sex-Ring betreiben.
Medial bekannt wurde dieser Teil der Verschwörungstheorie als
Pizzagate. Ein bewaffneter Mann wollte den Keller, in dem die Kinder
mutmasslich gefangen gehalten worden seien, stürmen. Den Keller in der
Pizzeria in Los Angeles, welche der Mann überfiel, gab es nicht.
QAnon sieht auch Juden und Frauen als Teil der Elitenverschwörung und hetzt regelmässig gegen sie.
Bereits hat die Bewegung auch die Pandemie in ihre Theorien aufgenommen
und über die Angst vor Corona neue Mitglieder rekrutiert.
QAnon-Anhänger glauben, dass US-Präsident Donald Trump gegen die Elitenverschwörung ankämpft.
Wie weiter?
Mittlerweile geht Twitter als erste Onlineplattform gegen die
QAnon-Bewegung vor und hat mehrere Tausend Accounts von Anhängern
gesperrt sowie die Aktivitäten von 150’000 weiteren Profilen
eingeschränkt.
(https://www.derbund.ch/pharmakonzerne-koennten-zu-neuen-anschlagszielen-werden-477806703317)
—
tagblatt.ch 05.10.2020
Querdenker, Coronakritiker, Verschwörungstheoretiker: So verlief das Wochenende der Kundgebungen in Konstanz und Kreuzlingen
Weniger Querdenker als angekündigt demonstrierten am Wochenende in
Konstanz. Weder am Samstag noch am Sonntag meldet die Konstanzer Polizei
aussergewöhnliche Vorfälle oder grössere Verstösse. Einige Scharmützel
waren dennoch zu beobachten.
Urs Brüschweiler und Serafin Reiber
Am Sonntagnachmittag drohte die Lage kurzzeitig zu eskalieren. Eine
Gruppe teilweise vermummter Antifaschisten traf an der Hafenstrasse in
Konstanz auf die Querdenker. Es kam zu lauten Anfeindungen und
gegenseitigen Nazi-Vorwürfen. Doch die deutsche Polizei war mit mehreren
Hundertschaften vor Ort, kesselte die linke Gruppierung ein und
verhinderte, dass es zu einem direkten Aufeinandertreffen kam. In diesem
Zusammenhang setzten die Beamten auch Pfefferspray ein, da einige
Demonstranten die Absperrung durchbrechen wollten.
Das Wochenende verlief aber, bis auf wenige Scharmützel, friedlich. Zur
grossen Querdenker-Kundgebung am Sonntag und zur Friedenskette rund um
Bodensee kamen auch deutlich weniger Menschen als erwartet und
angekündigt. Von 60’000 Unterstützern, allein am Samstag, berichtete der
Konstanzer Demo-Organisator Gerry Mayr. Laut deutscher Polizei waren es
jedoch nur rund 11’000 Personen, die sich auf deutscher Seite um den
Bodensee versammelt hätten.
«Wir werden immer mehr», rief Mayr der Menschenmenge auf Klein Venedig
von der Bühne aus zu. Seine zahlreichen Zuhörer antworteten und
skandierten:
«Wir sind viele!»
Die meisten verzichteten auf das Tragen einer Schutzmaske. Allerdings
wurde von den Ordnern der Organisatoren stets Wert darauf gelegt, dass
die Mindestabstände eingehalten wurden.
Die von den Querdenkern auf Transparenten und Schildern präsentierten
oder in Rede- und Musikbeiträgen sowie Diskussionsrunden auf der Bühne
vorgetragenen Haltungen waren in einem Punkt einhellig: Die
Coronaschutzmassnahmen sind massiv übertrieben. Schutzmasken nützen
nichts, sondern schaden. In der Ausprägung setzten die
Kundgebungsteilnehmer und ihre Vordenker aber unterschiedliche Akzente –
von der Kritik am drohenden Impfzwang bis hin zu den lügenden
Mainstream-Medien und Regierungen.
Viele umstrittene Coronaskeptiker vor Ort
Nicht erst am Sonntag fanden sich unter den von der Menge bejubelten
Podiumsdiskutanten auch umstrittene Coronaskeptiker, wie etwa der
freigestellte Wattwiler Amtsarzt Rainer Schregel. Manche redeten sich
förmlich in Rage: «Wenn die Regierung Betrugstests benützt, dann sind in
der Regierung alles Betrüger.»
Und während Seifenblasen über den Platz schwebten und Peace-Fahnen
geschwenkt wurden, rief ein Mann ins Mikrofon: «Impfzwang ist Diktatur.»
Auch für obskurere Vorträge gab es Beifall. Ein ehemaliger bayerischer
Polizist erhob eine «öffentliche Anzeige» gegen die Verantwortlichen
dafür, dass die Regierungen den Boden der freiheitlichen und
demokratischen Grundordnung verlassen haben.
Ein anderer Redner erzählte von einem von der UNO anerkannten
Volkstribunal, bei welchem die Naturrechte über der Verfassung stünden.
Aufregung gab es am späteren Sonntagnachmittag, als eine Rauchbombe
hinter der Bühne gezündet wurde. Die Querdenker beschuldigten in der
Folge die Polizei. Diese würde sie zu wenig beschützen und sich nicht um
die Aufklärung des Vorfalles kümmern.
Ruhigeres Wochenende in Kreuzlingen
Auf Kreuzlinger Seite der Grenze war übers Wochenende deutlich weniger
los. Am Samstag führte die sogenannte Friedenskette von der Kunstgrenze
bis durch den Seeburgpark. Die Kantonspolizei Thurgau berichtete von
einigen hundert Personen, die sich dazu zwischen Romanshorn und
Kreuzlingen eingefunden hätten.
Beim Schifffahrtshafen hatte sich der 33-jährige Marcel mit
Gummistiefeln in die Kette eingereiht. «Es ist mir wichtig, für Frieden
und Liebe einzustehen. Und nein, ich bin kein Covid-19-Leugner», sagte
er. Das Virus könne gefährlich sein, «hat aber viel Ähnlichkeiten mit
einer Grippe». Er wolle selber denken – solange man das noch könne. Die
wenigsten Menschen in der Kette trugen eine Mund-Nasenbedeckung. Ein
Mann rief dem Journalisten zu:
«Die Maske nützt im Fall nüt.»
Die SP Kreuzlingen zog derweil in einem Demonstrationszug an der
Menschenkette vorbei Richtung Konstanz und skandierte: «Wer mit Nazis
Händchen hält, hat nix kapiert.»
Die bewilligte Erntedankdemo der Querdenker am Sonntagnachmittag auf dem
Kreuzlinger Hafenplatz begann um 16 Uhr mit verschiedenen Vorträgen.
Mehr als 50 Personen waren dort bis am frühen Abend aber nicht zugegen.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld/querdenker-coronakritiker-verschwoerungstheoretiker-so-verlief-das-wochenende-der-kundgebungen-in-konstanz-und-kreuzlingen-ld.1264366)
+++HISTORY
Marcel Brengard: Geschäfte mit Sklaven betraf alle Schichten – Rendez-vous-Tagesgespräch
Ein Blick auf die Stadt Zürich und ihre Bevölkerung zeigt, wie
vielfältig die Beteiligung an Geschäften mit Sklaven waren, auch in
einem Land ohne Kolonien. Was heisst das für andere Städte? Wie kann mit
diesem Erbe umgegangen werden? Der Autor Marcel Brengard gibt Antworten
im Tagesgespräch.
https://www.srf.ch/audio/tagesgespraech/marcel-brengard-geschaefte-mit-sklaven-betraf-alle-schichten?id=11852569
-> https://www.gemeinderat-zuerich.ch/geschaefte/detailansicht-geschaeft?gId=7e937b78-ad99-4a70-a54e-248ce76e706e