Medienspiegel 30. September 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++THURGAU
Der nächste Appell nach Bern: Kreuzlingen könnte im Bundesasylzentrum Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufnehmen
Nach dem Drama von Moria zeigt sich die Grenzstadt solidarisch und schreibt Bundesrätin Karin Keller-Sutter einen Brief. Zwei Petitionen gelangten an den Stadtrat, mit der Bitte, das Engagement zugunsten der Geflüchteten zu erhöhen. Die Stadtregierung gibt dieses Begehren, mit Nachdruck und angereichert mit konkreten Vorschlägen weiter.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/der-naechste-appell-nach-bern-kreuzlingen-koennte-im-bundesasylzentrum-fluechtlinge-von-den-griechischen-inseln-aufnehmen-ld.1263032


+++DEUTSCHLAND
»Einseitig und politisiert«
Aktivistin Fatuma Musa Afrah erklärt, warum es inklusiver ist, Newcomer anstelle von Flüchtling zu sagen
Geflüchtete Frauen sind besonders schutzbedürftig. Fatuma Musa Afrah spricht über ihre eigenen Erfahrungen und über die Arbeit des von ihr gegründeten Vereins »United Action«.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142431.gefluechtete-frauen-einseitig-und-politisiert.html


+++GRIECHENLAND
Das Elend der anerkannten Flüchtlinge auf dem griechischen Festland
Weil die griechische Regierung Programme gekürzt hat, sind tausende Flüchtlinge obdachlos geworden und hausen an Orten wie dem Viktoria-Platz in Athen
https://www.derstandard.at/story/2000120349076/das-elend-der-anerkannten-fluechtlinge-auf-dem-griechischen-festland?ref=rss


Drei Wochen nach dem Brand auf Lesbos: Schweiz beendet Soforthilfeaktion
Nach den verheerenden Bränden im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos leistete die Schweiz humanitäre Hilfe, Fachleute halfen beim Aufbau des neuen Zentrums. Am Mittwoch endete die Soforthilfeaktion.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/drei-wochen-nach-dem-brand-auf-lesbos-schweiz-beendet-soforthilfeaktion-139342009
-> https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-80570.html


+++EUROPA
Flüchtlingspolitik: Wenn Staaten Ausschaffungen sponsern
Die EU-Kommission hat in Brüssel ihren lang erwarteten Migrationspakt vorgestellt. Im Zentrum stehen Schnellverfahren in geschlossenen Lagern, ein zynischer Mechanismus – und ein überraschender neuer Posten.
https://www.woz.ch/2040/fluechtlingspolitik/wenn-staaten-ausschaffungen-sponsern


+++GASSE
Studios in der Romandie: Obdachlose in Genf erhalten eine mobile Bleibe
Im Westschweizer Kanton wird intensiv über die Betreuung von Menschen ohne festen Wohnsitz debattiert. Eine Stiftung bietet nun eine Lösung an.
https://www.derbund.ch/eine-mobile-bleibe-fuer-obdachlose-in-genf-741852760383


Wie Graz mit den Bettler*innen leben lernte
Wer nach Graz reist, kann die Basler Bettel-Debatte im Zeitraffer erleben. Und lernen, wie eine bürgerlich regierte Stadt mit armutsbetroffenen Roma umgeht, ein Verbot einführte, wieder aufhob – und dank der Initiative eines Einzelnen ihre humanistische Fassung nicht verlor.
https://bajour.ch/a/doHZgGdAEVUl6cmf/wie-graz-die-bettlerinnen-akzeptieren-lernte


+++DEMO/JUSTIZ/REPRESSION
Protest und Repression: Der grosse Schweizer Landfriedensbruch
Die Besetzung des Bundesplatzes war nur das letzte Beispiel: Wer hierzulande demonstriert, wird immer stärker kriminalisiert. RechtsexpertInnen kritisieren die Härte von Polizei und Justiz. Bei manchen AktivistInnen zeigt sie psychische Folgen.
https://www.woz.ch/2040/protest-und-repression/der-grosse-schweizer-landfriedensbruch


Vom Ringen um ein Recht – Willkür bei der Staatsanwaltschaft?
Ein Zürcher Staatsanwalt gewährt einem SVP-Kantonsrat, was er einem Betroffenen verweigert: Einblick in Strafbefehle nach dem aufsehenerregenden Klimaprotest vor dem CS-Hauptsitz.
https://www.republik.ch/2020/09/30/vom-ringen-um-ein-recht-willkuer-bei-der-staatsanwaltschaft


(Von Ex-Weltwoche-Journi…)
Linksextremismus – Bund warnt: Linksextreme unterwandern friedliche Demos
Die Hemmschwelle für Gewaltanwendung durch Linksradikale vor allem gegenüber der Polizei ist offenbar gesunken.
https://www.srf.ch/news/schweiz/linksextremismus-bund-warnt-linksextreme-unterwandern-friedliche-demos


+++REPRESSION DE
Jurist über Polizeieinsatz bei S-21-Demo: „Plötzlich kam ein Wasserwerfer“
Am „Schwarzen Donnerstag“ vor 10 Jahren ging die Polizei hart gegen Stuttgart-21-Gegner vor. Dieter Reicherter geriet zufällig in den Gewaltausbruch.
https://taz.de/Jurist-ueber-Polizeieinsatz-bei-S-21-Demo/!5717908/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142456.stuttgart-polizeieinsatz-mit-spaetfolgen.html


+++SEXWORK
Verstösst der Kanton gegen das Freizügigkeitsabkommen? Zürich benachteiligt EU-Prostituierte
Angeblich zum Schutz der öffentlichen Gesundheit verweigert der Kanton Zürich Prostituierten aus der EU seit kurzem die Aufenthaltsbewilligung. Das ist rechtlich mehr als heikel.
https://www.blick.ch/politik/verstoesst-der-kanton-gegen-das-freizuegigkeitsabkommen-zuerich-benachteiligt-eu-prostituierte-id16119429.html


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Tamilischer Familienvater aus Luzern muss die Schweiz nach 28 Jahren verlassen
Ein Mann aus Sri Lanka kämpft bis vor Bundesgericht um die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Zum Verhängnis wird ihm der Bezug von Sozialhilfe.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/tamilischer-familienvater-aus-luzern-muss-die-schweiz-nach-28-jahren-verlassen-ld.1262840
-> Urteil Bundesgericht: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://05-08-2020-2D_21-2020&lang=de&zoom=&type=show_document


+++POLIZEI AT
Pläne für Untersuchungsstelle bei Vorwürfen gegen Polizisten sollen bald vorliegen
Das Innenministerium arbeitet an der Umsetzung eines Vorhabens aus dem Regierungsprogramm. Ein Konzept soll diesen Herbst präsentiert werden
https://www.derstandard.at/story/2000120336525/plaene-fuer-untersuchungsstelle-bei-vorwuerfen-gegen-polizisten-sollen-bald-vorliegen?ref=rss


+++POLIZEI DE
Neue Polizeigesetze: Berlin und Bremen sind besser als Bayern
In Berlin und in Bremen soll die Polizei neue Überwachungs-Werkzeuge an die Hand bekommen. Mit dem exzessiven Aufrüsten der letzten Jahre haben diese Gesetze wenig zu tun. Sie schlagen einen anderen Weg ein.
https://netzpolitik.org/2020/neue-polizeigesetze-berlin-und-bremen-sind-besser-als-bayern/#vorschaltbanner


+++POLICE FR
Polizeigewalt: Frankreich – „Ein braves Land?“
War der Polizeieinsatz während den Gelbwestenprotesten angemessen oder hat der französische Staat sein Gewaltmonopol missbraucht? Dieser Frage geht Filmemacher David Dufresne in seinem Film „Un pays qui se tient sage“, zu Deutsch: „Ein braves Land“, nach.
https://www.arte.tv/de/videos/099989-000-A/polizeigewalt-frankreich-ein-braves-land/


Rassismus mit System: Einzelfälle bei der Polizei
Manchmal nimmt man sich einen Apfel aus der Obstschale und denkt: Na, der hat zwar drei, vier braune Stellen, aber essen kann man ihn schon noch. Wenn man dann reinbeißt, stellt man fest, dass das Fruchtfleisch fast durchweg braun und der Apfel mithin ungenießbar ist. Dieses Bild verdeutlicht vielleicht ganz gut, wie es sich mit der Polizei in diesem Land verhält. Auch wenn die Meldungen über rechte Polizisten nicht abreißen, werden diese Fälle gemessen an der Gesamtzahl von Polizeibeamten zwar noch eher als vereinzelte „braune Stellen“ wahrgenommen. Aber immer mehr drängt sich doch die Frage auf: Ist der „Apfel“, sprich: die Polizei, nicht von innen heraus schon längst braun, verfault, also von rechtem Gedankengut infiziert?
https://lowerclassmag.com/2020/09/29/einzelfaelle-mit-system-rechtsradikale-bei-der-polizei-rassismus-polizeigewalt/


+++RECHTSPOPULISMUS
SVP-Grossrat schlägt Migrant Faust ins Gesicht
Ein langjähriger Basler SVP-Politiker soll einem Ausländer einen Faustschlag verpasst und ihn beleidigt haben. Letzte Woche verurteilte ihn das Strafgericht Basel-Stadt wegen einfacher Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe. Er kann das Urteil noch anfechten. Brisant: Der Politiker hat eine Kampfsportvergangenheit.
https://www.20min.ch/video/svp-grossrat-schlaegt-migranten-faust-ins-gesicht-428190657452
-> https://telebasel.ch/2020/09/30/svp-grossrat-wegen-koerperverletzung-verurteilt/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%200&channel=105100


Nach Streit um Bundesplatz-Besetzung: Krebsliga wirft Kampagne mit Andreas Glarner über Bord
Für eine Kampagne der Krebsliga stieg der Aargauer Nationalrat sogar in ein Boot. Nun wirft die Krebsliga die gesamte Kampagne wieder über Bord. Grund dafür ist der Streit rund um die Besetzung des Bundesplatzes. Die Krebsliga will sich nun von Andreas Glarner distanzieren. Der ist sichtlich vom Entscheid betroffen.
https://www.telem1.ch/aktuell/nach-streit-um-bundesplatz-besetzung-krebsliga-wirft-kampagne-mit-andreas-glarner-ueber-bord-139343950


Die SVP provoziert im Wahlkampf mit Mohrenkopf-Plakaten – Kantonalpräsident Glarner hat sie abgenickt
Im Grossratswahlkampf macht die SVP Bezirk Bremgarten neben Kandidatenköpfen mit einem umstrittenen Süssgebäck Werbung.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/freiamt/die-svp-provoziert-im-wahlkampf-mit-mohrenkopf-plakaten-kantonalpraesident-glarner-hat-sie-abgenickt-139340310


+++RECHTSEXTREMISMUS
Wer sind die «Proud Boys», an die sich Trump heute wendete?
Der 29. September ist ein denkwürdiger Tag. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Land of the Free, wendet sich in der wichtigsten politischen Debatte des Jahres direkt an eine rechtsextreme Organisation und bittet sie, Abstand zu nehmen – aber auch, sich bereitzuhalten. Denn irgend jemand müsse ja etwas gegen die Antifa und die Linke unternehmen.
https://www.watson.ch/!460866301
-> https://taz.de/US-Praesident-Trump-und-die-Proud-Boys/!5713246/
-> https://www.tagblatt.ch/international/donald-trump-und-die-proud-boys-ein-gefaehrlicher-praesident-ld.1263054
-> https://www.blick.ch/news/ausland/der-us-praesident-ueber-die-rechte-schlaegertruppe-stand-back-and-stand-by-formiert-sich-hier-gerade-trumps-privatarmee-id16120243.html


Todesopfer rechter Gewalt: 187 Schicksale
Wer sind die vielen Menschen, die seit der Wiedervereinigung von rechten Gewalttätern umgebracht wurden? Wir dokumentieren alle Opfer und Taten.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/todesopfer-rechte-gewalt-karte-portraet


Rechtsextremes Netzwerk
FAKT deckte Verbindungen der rechtsextremen Gruppierung “Jungsturm” in die Kampfsportszene auf. Recherchen zeigen, wie eng Mitglieder eines Kampfsportvereins in Halle mit der Neonaziszene in Cottbus verbunden sind.
https://www.ardmediathek.de/daserste/video/fakt/rechtsextremes-netzwerk/das-erste/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy80YTM1MjhjNS1lZWRjLTRhMjItOTVjZi1iZmY1YzhiYjA3OTk/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
“Corona-Kritiker”: Gezielte Gerüchte über Todesfälle durch Maske
“13 Jahre, zwei Kinder – tot wegen Maske” – mit solchen unbelegten Behauptungen versuchen “Corona-Kritiker”, gezielt Verunsicherung und Wut zu schüren. Rhetorik und Aufrufe werden radikaler.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-kritiker-101.html


Wissenschafter Bhakdi und Reiss sind bei Corona-Skeptikern Helden – ihre Kernaussagen im Faktencheck
Die deutschen Wissenschafter Sucharit Bhakdi und Karina Reiss haben umstrittene Aussagen gemacht. Der Faktencheck.
https://www.luzernerzeitung.ch/leben/wissenschafter-bhakdi-und-reiss-sind-bei-corona-skeptikern-helden-ihre-kernaussagen-im-faktencheck-ld.1263074


«Die Position von Verschwörungs¬theoretikern ist vor allem ideologisch, nicht das Ergebnis von Denkfehlern»
Die Covid-19-Krise hat Verschwörungstheorien neues Leben eingehaucht. Aber was ist in den Hirnen von Verschwörungstheoretikern los? Ein Gespräch mit dem Neurowissenschaftler Sebastian Dieguez.
https://www.higgs.ch/die-position-von-verschwoerungstheoretikern-ist-vor-allem-ideologisch-sie-ist-nicht-einfach-das-ergebnis-von-denkfehlern/36363/


QAnon: Wie eine gefährliche Verschwörungserzählung in Deutschland Fuß fassen konnte
Die Verschwörungstheorie ist von der Realität so weit entfernt, dass ihr Erfolg in Deutschland zu den politischen Überraschungen des ohnehin turbulenten Jahres 2020 gehört.
https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2020/09/qanon-wie-eine-gefaehrliche-verschwoerungserzaehlung-in-deutschland


Ausserrhoder Chauffeur (39) glaubt an Verschwörungstheorien. BLICK hat ihm zugehört: Erklären Sie uns Ihre Welt, Herr Signer
Verschwörungstheorien haben während der Corona-Krise Hochkonjunktur. Pascal Signer (39) aus dem Appenzellerland ist Anhänger der QAnon-Theorie. Er glaubt, die Welt wird von einer geheimen Elite regiert.
https://www.blick.ch/news/schweiz/ausserrhoder-chauffeur-39-glaubt-an-verschwoerungstheorien-blick-hat-ihm-zugehoert-erklaeren-sie-uns-ihre-welt-herr-signer-id16119469.html


Der britische DJ Mark Devlin auf »Covid-19 Truth Tour«
Vom DJ zum Truther
Der einst erfolgreiche britische DJ Mark Devlin verbreitet Verschwörungstheorien und ist derzeit auf einer »Covid-19 Truth Tour«.
https://jungle.world/index.php/artikel/2020/38/vom-dj-zum-truther



derbund.ch 30.09.2020

Undercover bei Verschwörern: Ein bisschen Kamikaze

Der  24-jährige Journalist Sami Zaïbi wird für seine Recherche über  Corona-Leugner rassistisch beleidigt. Überraschend findet er das nicht.

Beat Metzler

Die Beschimpfungen à la «racaille» (Abschaum) haben vielleicht auch etwas Gutes: Sie bestätigen die Recherchen von Sami Zaïbi.

Für zwei Monate hat sich der Lausanner Journalist in Gruppen eingeschleust, welche die Corona-Massnahmen  bekämpfen. Sein Befund: Viele der Mitglieder glauben an  Verschwörungstheorien mit religiösem, antisemitischem Einschlag.

Einige  der Beleidigungen, die über die sozialen Netzwerke auf ihn einprasseln,  sind offen rassistisch. Sie zielen auf Zaïbis tunesische Herkunft. Die  Schweizer Sektion von Reporter ohne Grenzen verurteilt diese «zutiefst schockierenden Kommentare» in einem Communiqué. Auch die Schweiz sei nicht immun gegen Rassismus und Hass auf Journalisten, heisst es.

Sami Zaïbi hat die Angriffe kommen sehen. «Diese Leute sind im Internet sehr aggressiv unterwegs.» Zum  Glück beschränke sich die Feindseligkeit auf den virtuellen Raum. Die  Lehrerin Chloé Frammery, eine der Köpfe der Bewegung, veröffentlichte  Zaïbis Handynummer. Bisher habe aber nur eine unterdrückte Nummer  angerufen, sagt der 24-jährige. «Für eine direkte Konfrontation fehlt den meisten der Mut.» Daher habe er auch keine Angst, auf die Strasse zu gehen. Umgekehrt habe er sehr viel Unterstützung erhalten, sagt Zaïbi. «Vor allem Journalisten gratulieren mit für den Mut.»

Ein  Teil des Hasses erkläre sich wohl auch aus persönlicher Kränkung, sagt  Zaïbi. Sehr viel Zeit habe er mit einer Gruppe verbracht, die Videos für  einen erfolgreichen Youtube-Kanal produziert. Dieser möchte den  Zuschauerinnen «Überlebenstipps für diese Welt in der Verdammnis» geben.  Mehrmals pro Woche traf sich Zaïbi mit den Mitgliedern, für drei Tage fuhr er mit ihnen nach Südfrankreich.

«Sie waren sehr nett, manche sahen in mir einen Freund», sagt Zaïbi. Verständlich,  dass sie sich betrogen fühlten. Er selber habe versucht, Distanz zu  wahren. Aber auch bei ihm hätten sich Sympathien entwickelt.

Heikle Undercover-Recherche

Undercover-Recherchen  und versteckte Kamera sind heikle journalistische Methoden. Der  Branchencodex und die Rechtsprechung erlauben sie nur in Ausnahmefällen:  Wenn die Informationen von besonderem öffentlichen Interesse sind und sich nicht anders beschaffen lassen. Zaïbis Beiträge erscheinen bei «Heidi.news»,  einem 2019 in Genf gegründeten Onlineportal. Chefredaktor Serge Michel  sieht beide Bedingungen gegeben. Die Anti-Corona-Kreise hätten  Journalisten ständig als «Schafe» beleidigt, aber auf Nachfragen nie reagiert, schreibt Michel in einem Artikel. Daher habe er im Frühling Sami Zaïbi angerufen und ihm eine Mission vorgeschlagen, die «ein bisschen Kamikaze» sei.

Michel kannte Zaïbi aus seiner Funktion als Dozent an der Journalismusschule in Neuenburg. Dort hatte Zaïbi sein Master-Studium abgeschlossen. Danach arbeitete er für verschiedene Zeitungen, aus der Panzerfahrer-RS schrieb er eine Kolumne, die «24 Heures» und «La Tribune de Genève» veröffentlichten. Michels «Kamikaze»-Auftrag überzeugte Zaïbi. In einer Gesundheitskrise seien solche wirren Theorien gefährlich, sagt er.

Seit Montag sind drei Teile seiner Serie online gegangen. Vier weitere folgen. Mindestens so lange werden die Beleidigungen nicht abflauen. Und Zaïbis Befund weiter bestätigen.
(https://www.derbund.ch/ein-bisschen-kamikaze-349687269621)
-> https://www.heidi.news/explorations/au-coeur-de-la-complosphere/nous-avons-infiltre-un-journaliste-chez-les-complotistes-acharnes-de-suisse-romande
-> https://www.heidi.news/explorations/au-coeur-de-la-complosphere/sortir-de-la-matrice-mode-d-emploi
-> https://www.heidi.news/explorations/au-coeur-de-la-complosphere/la-croisade-contre-l-app-swisscovid



tagblatt.ch 30.09.2020

Corona-Demonstration: Konstanz erwartet Zehntausende «Querdenker», auch in Kreuzlingen sind Kundgebungen geplant

In  Konstanz haben sich für das kommende Wochenende Tausende Demonstranten  und Gegendemonstranten angekündigt. In Kreuzlingen plant die  Kantonspolizei Thurgau ein Grossaufgebot. Ebenso soll am Wochenende eine  Menschenkette rund um den Bodensee gebildet werden. Ob diese auf der  Schweizer Seite zustande kommt, ist unklar.

Ida Sandl und Sabrina Manser

Konstanz  im Ausnahmezustand: Hinter den Kulissen arbeiten Stadt und Polizei  fieberhaft, damit das Wochenende vom 3. und 4. Oktober nicht aus den  Fugen gerät. Zehntausende selbsternannte «Querdenker» und  Gegendemonstranten haben sich angekündigt. Die Querdenker wehren sich  gegen die Beschränkungen zur Eindämmung der Coronapandemie. Sie sehen  sich dadurch in ihren Freiheitsrechten beraubt.

Menschenkette ist schwer einzuschätzen

Der  Zeitpunkt für die Kundgebung ist geschickt gewählt, denn am Samstag  feiert Deutschland den Tag der Deutschen Einheit. Ursprünglich sollten  deshalb auch am Samstag die Hauptkundgebungen stattfinden. Die  Organisatoren fürchteten aber, die Stadt könnte die Demos mit Verweis  auf den Nationalfeiertag zu stark beschränken. Sie verschoben deshalb  den Anlass auf Sonntag.

Nun  wird an beiden Tagen demonstriert. Für den Samstag sind bei der Stadt  Konstanz 16 Demonstrationsgesuche eingegangen, man rechnet mit 16’400  Besuchern. Für den Sonntag lagen elf Gesuche auf dem Tisch, es werden  immerhin noch knapp 10’000 Demonstranten erwartet.

Schweizer machen doch mit bei Menschenkette

Am  Samstagnachmittag ist zudem eine Menschenkette rund um den Bodensee  geplant. Organisator Gerry Mayr spricht gegenüber der Konstanzer  Tageszeitung «Südkurier» von 15’000 Menschen, die sich angemeldet  hätten. Wie viele Schweizer beteiligt sind, lässt sich nur erahnen, da  die Organisation sehr kurzfristig gewechselt hat.

SP will den Rechtsradikalen nicht das Feld überlassen

Nicht  nur die Querdenker werden die Konstanzer Innenstadt füllen, auch  Gegendemonstranten haben sich in Stellung ­gebracht. «Wir haben die  Befürchtung, dass die Bewegung extremistische Gruppierungen anzieht»,  sagt die Kreuzlinger SP-Präsidentin Charis Kuntzemüller. Die  Sozialdemokraten halten ihre Kundgebung an beiden Tagen auf der  Kreuzlinger Seite des Geländes Klein-Venedig ab. Die Bewilligung der  Stadt Kreuzlingen habe man erhalten. Die SP geht gemeinsam mit einem  Konstanzer Bündnis von 28 Parteien und Zivilorganisationen auf die  Strasse. Es trägt den Namen «Spread Love, Not Corona», was so viel  heisst wie «verbreite Liebe, nicht Corona».

Die Coronapandemie sei eine extreme Herausforderung für die Gesellschaft, sie treffe viele hart, sagt Charis Kuntzemüller. «Wir sind nicht gegen einen Diskurs.»

Doch die Querdenker würden sich unter anderem zu wenig von der  rechts­radikalen Szene abgrenzen. Daher distanziert sich die SP auch  klar von der geplanten Friedenskette. Einen genauen Zeitplan für die  Kundgebungen gibt es noch nicht, man warte auf die Zeitangaben des  Konstanzer Bündnisses.

Auch  die Querdenker drängt es auf die Schweizer Seite. Auf der Website von  Organisator Gerry Mayr steht unter dem Stichwort «Querdenken 8280  Kreuzlingen»: «Auf der Bühne unserer Nachbarn geht es zur Sache.» Mehr  zum Programm erfährt man nicht, ausser dass zwei Moderatoren aufgeführt  sind, die jedoch keine bekannten Namen tragen. Ein Gesuch für die  Querdenker-Kundgebung sei eingegangen, aber noch nicht genehmigt, teilt  die Stadt Kreuzlingen mit.

Kantonspolizei geht von gewaltfreier Demo aus

Ebenfalls  involviert ist die Kantonspolizei Thurgau. Matthias Graf, Chef  Mediendienst, sagt, es werde eine grosse Anzahl an Einsatzkräften  aufgeboten. Dies insbesondere wegen der zahlreichen Aktionen in  Konstanz, teils in unmittelbarer Nähe zur offenen Grenze. «Wir gehen  grundsätzlich von einer weitgehend friedlichen und gewaltfreien  Demonstration aus», sagt Graf. Dennoch wolle man vorbereitet sein. Die  Polizei sei in enger Absprache mit der Konstanzer Polizei und der  Eidgenössischen Zollverwaltung.



«Chaos» auf der Schweizer Seite

(mas) Die  Schweiz will nun doch bei der Menschenkette rund um den Bodensee  mitmachen. Nachdem das erste Organisationskomitee den Bettel hinwarf,  meldet sich ein neues Team. Dieses neue Team hat sich bereits in zwei  Gruppen unterteilt. Auf einer der beiden Websites, die für die  Menschenkette auf der Schweizer Seite aufgeschaltet sind, tauchte am  Donnerstag die folgende Meldung auf: «Es haben sich nun 2 Teams  gebildet, was zurzeit ein bisschen zur Verwirrung führt.» Diese  Verwirrung ist auch in den zwei Telegram-Chats, über die sich die  Teilnehmenden austauschen, spürbar. Der eine Chat zählt 51 Mitglieder.  Dort wird regelmässig der Link für die Anmeldung geteilt.

Verunsicherung  taucht am Dienstag auf: Jemand fragt sich, warum denn zwei Websites und  zwei Chats bestünden. Unsicherheit herrscht offenbar auch im zweiten  Chat. Dort werden 188 Teilnehmer und Helfer angezeigt. In diesem  Telegram-Chat distanziert sich das «OK-Team» von der eingangs erwähnten  Website. Helfer und Teilnehmende in diesem Chat fragen, wo man sich  anmelden könne, oder sie melden, dass die Anmeldung nicht funktioniere.  Zudem wird von «Chaos» und «Puff» gesprochen und jemand fragt nach  «klaren» Angaben. In beiden Chats steht die Nachricht, dass die zwei  Gruppen, die nun entstanden sind, versuchen, wieder zusammenzufinden.  Ein anderer Teilnehmer schreibt zudem, dass im Hintergrund Arbeiten  laufen würden, um das Chaos zu beheben. Der Zeitdruck wächst, die  Unsicherheit auch. Trotzdem ist Zuversicht spürbar: Ideen kursieren,  auch positive Zusprüche lassen sich finden.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/corona-demonstration-konstanz-erwartet-zehntausende-querdenker-auch-in-kreuzlingen-sind-kundgebungen-geplant-ld.1263052)


+++WORLD OF CORONA
Menschliche Misere: Erschütternde Befunde einer Coronastudie aus Genf
In der Coronakrise hungern Mittellose lieber oder verschulden sich, statt staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das zeigt eine neue Studie von Soziologen der Universität Genf.
https://www.derbund.ch/erschuetternde-befunde-einer-coronastudie-aus-genf-676768878414


+++HISTORY
Linke Politiker wollen das Alfred-Escher-Denkmal in Zürich verbannen – der Stadtrat soll Reparationszahlungen prüfen
Die Stadtpolitik reagiert auf den Historikerbericht über Zürichs Verstrickungen in die Sklaverei. Das Denkmal des berühmten Industriellen wankt.
https://www.nzz.ch/zuerich/alfred-escher-denkmal-in-zuerich-die-statue-gehoert-ins-museum-ld.1579108