Medienspiegel 29. September 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
«Integration kann man nicht kaufen» – SVP-Nationalrätin Bircher führt den Kampf der Gemeinden an
Der Bund will für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge nur noch während fünf Jahren Sozialhilfe zahlen. Der Schweizerische Gemeindeverband bekämpft diese Pläne.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/integration-kann-man-nicht-kaufen-svp-nationalraetin-bircher-fuehrt-den-kampf-der-gemeinden-an-139319914


+++DEUTSCHLAND
Rechtsbruch: Deutschland verweigert Flüchtlingen aus Griechenland Familiennachzug
Je stärker sich die Lage in den griechischen Flüchtlingslagern zuspitzt, desto öfter lehnt Deutschland Anträge aus Griechenland auf Familienzusammenführung ab. Hilfsorganisationen attestieren dieser Deutschland Rechtsbruch, Linkspolitikerin Akbulut spricht von “Blockadehaltung”.
https://www.migazin.de/2020/09/29/rechtsbruch-deutschland-fluechtlingen-griechenland-familiennachzug/


+++FRANKREICH
French police clear migrant camp at launch point for Britain
About 700 people moved from Calais camp where thousands have sought to cross Channel
https://www.theguardian.com/world/2020/sep/29/french-police-clear-calais-migrant-camp-launch-point-britain
-> https://de.euronews.com/2020/09/29/calais-schluss-mit-den-wilden-fluchtlingslagern


+++GRIECHENLAND
Moria: «Selbstverständlich ist das keine Dauerlösung» – Echo der Zeit
Die Schweizer Aufbauhilfe im neuen Flüchtlingslager auf Lesbos wurde kritisiert. Sie helfe die missliche Lage der Migranten zu zementieren. Manuel Bessler, Chef des Korps für humanitäre Hilfe nimmt Stellung dazu. Er ist auf Lesbos.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/moria-selbstverstaendlich-ist-das-keine-dauerloesung?id=127abe3f-bed6-4cce-95ec-603f503ef0a0


Schließung von PIKPA: Griechenland will Elendscamps alternativlos machen
Derzeit gibt es auch auf Lesbos noch humanitäre Gegenentwürfe zu den katastrophalen Bedingungen in Massenlagern wie Moria 2.0: Das selbstorganisierte Camp »PIKPA«, aber auch die reguläre Einrichtung »Kara Tepe«. Die griechische Regierung hat nun angekündigt, diese zu schließen – ein Vorgeschmack auf die Neuausrichtung der europäischen Asylpolitik.
https://www.proasyl.de/news/schliessung-von-pikpa-griechenland-will-elendscamps-alternativlos-machen/


Flüchtlingslager Kara Tepe “Alles leere Versprechungen”
Im neuen Lager auf Lesbos sind Trinkwasser, Essen und Medikamente noch immer knapp. Tausende Männer, Frauen und Kinder sind größtenteils weiter auf sich allein gestellt.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/lesbos-das-leben-im-neuen-fluechtlingslager-kara-tepe-ist-und-bleibt-der-horror-a-eb1015b8-f6fa-4dc4-aa3c-e6903bcb8c92


+++FLUCHT
Flüchtlinge ohne Bildungschancen: Es droht eine Pandemie der Armut
Die Hälfte aller Flüchtlingskinder hat keinen Zugang zu Bildung. Corona verschlimmert die Situation zusätzlich. Ohne Bildung droht ihnen Armut – ein Leben lang.
https://www.nau.ch/blog/charity_partner/fluchtlinge-ohne-bildungschancen-es-droht-eine-pandemie-der-armut-65778888


+++FREIRÄUME
Keine Einigung mit der Stadt Luzern:  «Familie Eichwäldli» muss definitiv aus der Soldatenstube ausziehen
Der Stadtrat hat entschieden, dass die «Familie Eichwäldli» bis Ende Januar 2021 aus der einsturzgefährdeten ehemaligen Soldatenstube am Murmattweg 2 ausziehen muss. Das Gebäude soll danach abgerissen werden. Auf Vorschläge der Stadt hat die Gruppe nicht reagiert.
https://www.zentralplus.ch/familie-eichwaeldli-muss-definitiv-aus-der-soldatenstube-ausziehen-1904193/
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/machtwort-in-luzern-bewohner-muessen-soldatenstube-verlassen?id=11850022
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/die-familie-eichwaeldli-muss-per-ende-januar-aus-der-soldatenstube-raus-diese-soll-abgerissen-werden-ld.1262491
-> https://www.stadtluzern.ch/aktuelles/news/1046215


+++SEXWORK
Debatte um Coronamassnahmen im Zürcher Sexgewerbe – Schweiz Aktuell
Nach einem Beschluss des Regierungsrats soll es im Zürcher Sexgewerbe wegen Corona mehr Kontrollen geben, Freier müssen ihre Kontaktdaten offenlegen und neue Aufenthaltsbewilligung werden keine mehr vergeben. Das sorgt für Kritik.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/debatte-um-coronamassnahmen-im-zuercher-sexgewerbe?urn=urn:srf:video:219beda5-0b0f-472f-8af6-06600ecb6794
-> https://www.telezueri.ch/talktaeglich/schutzkonzepte-in-sexclubs-139167454


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Luzerner Gericht schränkt die Medienarbeit ein
In zweiter Instanz verurteilt das Kantonsgericht Luzern eine Journalistin wegen Hausfriedens¬bruchs. Der Entscheid hat weitreichende Folgen für den Journalismus.
https://www.republik.ch/2020/09/29/luzerner-gericht-schraenkt-die-medienarbeit-ein
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/eklat-im-kantonsrat-valentin-landmann-leistet-sich-schluepfrigen-ausrutscher-139332921


Gewaltbereiter Linksextremismus nimmt in der Schweiz zu – 10vor10
Aggressive Präsenz an friedlichen Demonstrationen: ein Muster, das sich wiederholt – auch mit Angriffen gegen die Polizei. Die Hemmschwelle für Gewalt ist in den letzten Monaten weiter gesunken.
https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/gewaltbereiter-linksextremismus-nimmt-in-der-schweiz-zu?urn=urn:srf:video:03932cdb-67dd-4f5e-b591-ef6f0b6d992e


+++JUSTIZ
Kollusionsgefahr nach vier Jahren U-Haft?
Der ehemalige Innenminister von Gambia bleibt für weitere sechs Monate in Untersuchungshaft, welche im Januar 2017 angeordnet worden war. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts erkennt keine Gründe, welche gegen die Haftgründe der Flucht- und Kollusionsgefahr sprechen könnten (BStGer BH.2020.7 E. 7). Trotz notwendiger Verteidigung im Untersuchungsverfahren wird dem Ex-Minister die unentgeltliche Rechtspflege verweigert. Die Begründung ist in rechtlicher Hinsicht fast noch holpriger als sie es sprachlich ist:
https://www.strafprozess.ch/kollusionsgefahr-nach-vier-jahren-u-haft/


+++POLICE FR
Amnesty-Bericht wirft Frankreich Behördenwillkür bei Protesten vor
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft Frankreich Behördenwillkür und Gesetzesmissbrauch bei Protesten vor. In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht heisst es: «Sich durch Proteste und kollektive Aktionen politisch zu engagieren, ist seit Jahrhunderten Teil der politischen Kultur Frankreichs.» Festnahmen und Strafverfolgung hätten jedoch eine abschreckende Wirkung auf die Versammlungsfreiheit.
https://www.nzz.ch/international/amnesty-wirft-frankreich-behoerdenwillkuer-bei-protesten-vor-ld.1579026


+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: Verrat beim SEM, Schweigen bei der institutionellen Linken, unbedingte Haftstrafe bei Widerstand gegen Nazis
https://antira.org/2020/09/29/verrat-beim-sem-schweigen-bei-der-institutionellen-linken-unbedingte-haftstrafe-bei-widerstand-gegen-nazis/


Richterich streicht Mohrenkopf aus seinem Namen
Nach der Kritik an der Bezeichnung beschloss die Richterich AG, die Verpackung der Süssigkeit anzupassen.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/der-richterich-mohrenkopf-verliert-seinen-namen-ld.1262557
-> https://primenews.ch/articles/2020/09/richterich-verzichtet-auf-namen-mohrenkopf
-> https://www.bzbasel.ch/basel/baselbiet/richterich-streicht-das-umstrittene-wort-mohrenkopf-aus-seinem-produktnamen-139329748


+++RECHTSPOPULISMUS
Krasse Forderung: Martina Bircher will keine Flüchtlinge aus abgebrannten Lagern
Die Aargauer SVP-Nationalrätin Martina Bircher verlangt in einem Vorstoss, dass die Schweiz keine Asylsuchende aus abgebrannten Lagern aufnehmen darf. Die 20 Kinder und Jugendliche, welche die Schweiz aufnehmen möchte, sind ihrer Meinung nach genug. Denn sonst sendet die Schweiz laut Bircher ein falsches Signal aus.
https://www.telem1.ch/aktuell/krasse-forderung-martina-bircher-will-keine-fluechtlinge-aus-abgebrannten-lagern-139332701


Nach Eklat bei Klimademo: SVP-Glarner hetzt wieder gegen Arslan
SVP-Nationalrat Andreas Glarner giesst Öl ins Feuer. Nach dem Streit mit Grünen-Kollegin Sibel Arslan während der Klimademo greift er sie erneut an.
https://www.blick.ch/politik/nach-eklat-bei-klimademo-svp-glarner-hetzt-wieder-gegen-arslan-id16118670.html


«Heute brennt die Weltwoche, morgen dann Roger Köppel»: Instagram-Post von Wiler Juso-Stadtparlamentarier Timo Räbsamen sorgt für Aufregung
Die Wiler Stadtparlamentswahlen interessieren auch in Luzern – zumindest die Junge SVP. Grund dafür ist ein inzwischen gelöschter Social-Media-Post des neu gewählten Juso-Stadtparlamentariers Timo Räbsamen vom Februar 2019. Die JSVP spricht von Aufruf zu Mord, Räbsamen von einer bewusst übertriebenen Aussage.
https://www.luzernerzeitung.ch/ostschweiz/wil/heute-brennt-die-weltwoche-morgen-dann-roger-koeppel-instagram-post-von-wiler-juso-stadtparlmanterier-timo-raebsamen-sorgt-fuer-aufregung-ld.1262482
-> https://www.zentralplus.ch/luzerner-jsvp-wirft-st-galler-juso-politiker-aufruf-zu-gewalt-vor-1905079/


Die Mär vom christlich-jüdischen Abendland
Ständig wird im Namen “unserer Wertegemeinschaft” vor “importiertem Antisemitismus” gewarnt. Doch die größte Gefahr für Juden kommt nicht von auswärts
https://www.derstandard.at/story/2000120268483/die-maer-vom-christlich-juedischen-abendland


+++RECHTSEXTREMISMUS
Hetze – Keine Hilfe unter 110
Vor unser aller Augen trachten rechte Polizisten Menschen nach dem Leben. Was hilft, das sind allein radikale Gegenmaßnahmen
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/keine-hilfe-unter-110


«Ich bin erschüttert»: ProSieben-Reportage über Rechtsextremismus bewegt Zuschauer
Schon im Vorfeld wurde die am Montagabend ausgestrahlte ProSieben-Reportage «Rechts. Deutsch. Radikal.» heiss diskutiert. 18 Monate lang recherchierte Reporter Thilo Mischke für die ProSieben Spezial-Folge in der rechten und der rechtsextremen Szene Deutschlands. Er zeigt, wie rechte und rechtsextreme Gruppen miteinander verwoben sind, wo sie sich unterscheiden und wo es keine Abgrenzungen mehr gibt.
https://www.watson.ch/!603433729
-> DokuPro7: https://www.prosieben.ch/tv/prosieben-spezial/video/prosieben-spezial-rechts-deutsch-radikal-ganze-folge
-> https://www.derbund.ch/es-braucht-eine-zivilbevoelkerung-die-wachsam-ist-346423779089
-> https://www.derstandard.at/story/2000120329827/zwei-stunden-ohne-werbung-quotenerfolg-fuer-prosieben-doku-rechts-deutsch?ref=rss
-> https://www.deutschlandfunkkultur.de/pro7-doku-rechts-deutsch-radikal-exotisierung-des.1013.de.html?dram:article_id=484888
-> https://www.belltower.news/propaganda-auf-youtube-lisa-licentia-frueher-ib-aktivistin-jetzt-extrem-rechte-youtuberin-94845/
-> https://www.zeit.de/kultur/film/2020-09/thilo-mischke-rechts-deutsch-national-dokumentation-prosieben/komplettansicht


„Hohe Wahrscheinlichkeit für Täterschaft“: Was im Soko-Abschlussbericht zur Neuköllner Anschlagsserie steht
Die drei Neonazis betrieben eine „systematische Aufklärung des politischen Gegners“, stellt die Soko fest. Hier die wichtigsten Zitate ihres Abschlussberichts
https://www.tagesspiegel.de/berlin/hohe-wahrscheinlichkeit-fuer-taeterschaft-was-im-soko-abschlussbericht-zur-neukoellner-anschlagsserie-steht/26224862.html
-> https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextremistische-anschlagsserie-in-neukoelln-immer-noch.1769.de.html?dram:article_id=484868


Interview mit Veronika Kracher: „Incels sind die Spitze des patriarchalen Eisbergs“
„Incel“ steht für „involuntary celibate“ – zu Deutsch „unfreiwillig zölibatär“. So heißt eine globale Online-Community, in der Zehntausende frustrierte junge Männer ihrem grassierenden Frauenhass freien Lauf lassen. Die Autorin Veronika Kracher hat die Szene in ihrem am 6. November 2020 erscheinenden Buch „Incels: Geschichte, Sprache und Ideologie eines Online-Kults“ genauer untersucht. Im Gespräch mit Belltower.News erzählt sie, warum Antifeminismus die Einstiegsdroge in rechtsradikales Denken ist, Incels oft an Selbsthass leiden und die Incel-Szene lediglich die Spitze des patriarchalen Eisbergs ist.
https://www.belltower.news/interview-mit-veronika-kracher-incels-sind-die-spitze-des-patriarchalen-eisbergs-104557/


Fred Perry stops selling polo shirt after it becomes associated with far-right group
The clothes brand has described the issue as “incredibly frustrating” and condemned the far-right views.
https://news.sky.com/story/fred-perry-stops-selling-polo-shirt-after-it-becomes-associated-with-far-right-group-12084253


Notorischer Holocaustleugner: Horst Mahler kommt frei
Zehn Jahre saß der Rechtsextreme im Gefängnis, nun wird er aus der Haft entlassen. Die Behörden aber wollen dem 84-Jährigen strenge Auflagen erteilen.
https://taz.de/Notorischer-Holocaustleugner/!5713119/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Referendum gegen Covid-Gesetz: Kampf gegen die «Machtballung» im Bundesrat
Die Gegner des Covid-19-Gesetzes sammeln ab nächster Woche Unterschriften für ihr Referendum. Auf Unterstützung aus der Politik können sie dabei kaum zählen.
https://www.tagesanzeiger.ch/kampf-gegen-die-machtballung-im-bundesrat-757852385814


Undercover mit Corona-Leugnern: Hetze gegen Genfer Journalisten nach Bericht über Verschwörungstheoretiker
Ein junger Journalist hat zwei Monate lang mit Corona-Leugnern aus der Romandie verbracht. Nach seinen Enthüllungen ist er beschimpft und rassistisch beleidigt worden.
https://www.derbund.ch/hetze-gegen-genfer-journalisten-nach-bericht-ueber-verschwoerungstheoretiker-601060833353
-> https://www.20min.ch/story/corona-skeptiker-attackieren-reporter-nach-enthuellungsbericht-325606355889
-> https://www.heidi.news/explorations/au-coeur-de-la-complosphere


Undercover-Journalist infiltriert Netzwerk von Schweizer Corona-Leugnern und deckt auf
Ein junger Westschweizer Journalist verbrachte zwei Monate «undercover» mit Verschwörungstheoretikern. Seine Enthüllungen werfen unbequeme Fragen auf.
https://www.watson.ch/!892261164


Die Schweiz scheint bei der Menschenkette um den Bodensee, wieder dabei zu sein – noch herrscht aber Wirrwarr
Am kommenden Samstag soll eine Menschenkette rund um den Bodensee gebildet werden. In der Schweiz herrscht aber Chaos: Nachdem das Schweizer Team des Organisationskomitees zurückgetreten ist, übernimmt nun ein neues Komitee die Koordination auf der Schweizer Seite. Und wieder ist das Kernteam uneins.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/solche-menschenverachtung-ist-das-gegenteil-von-engagement-fuer-den-frieden-der-widerstand-gegen-die-geplante-menschenkette-von-corona-skeptikern-am-bodensee-waechst-ld.1262496


Winterthurer Extremismus-Fachstelle ändert Fokus: Verschwörungstheoretiker lösen Islamisten ab
Die Winterthurer Extremismus-Fachstelle wurde als Antwort auf den gewaltbereiten Islamismus gegründet. Nun beschäftigt sie andere Fälle.
https://www.tagesanzeiger.ch/verschwoerungstheoretiker-loesen-islamisten-ab-914294747732
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/nach-abflauen-des-islamischen-extremismus-fachstelle-konzentriert-sich-neu-auf-verschwoerungstheoretiker-id16118356.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/der-schatten-des-sklavenhandels-ueber-alfred-escher?id=11848519
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/fachstelle-extremismus-will-verschwoerungstheoretiker-ins-visier-nehmen-139327956
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/verschwoerungstheorien-lassen-sich-nicht-ausrotten-00142602/


„Falsche Propheten“
Wieso finden Leute autoritäre Bewegungen attraktiv? Irrationales Verhalten lässt sich rational erklären, erläutert Katrin Henkelmann
https://www.freitag.de/autoren/lfb/falsche-propheten


+++HISTORY
Zürich war in Sklaverei verstrickt durch Staatsanleihen, Handel und Plantagen
Die Stadt Zürich stützte die Sklaverei und den Sklavenhandel im 18. Jahrhundert finanziell und war an der Verschleppung von tausenden Afrikanerinnen und Afrikanern beteiligt. Zürich war zudem über das Baumwollgewerbe mit der Sklaverei verwickelt, wie eine Studie von Historikern der Universität Zürich im Auftrag der Stadt Zürich zeigt.
https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2020/Sklaverei.html
-> Bericht zur Sklaverei: https://www.media.uzh.ch/dam/jcr:29963073-c0ef-4adf-954f-723b67f327cd/200902_Sklaverei_Bericht_UZH_def.pdf
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/stadt-zuerich-war-in-sklavenhandel-involviert?id=24b3441f-df70-4a4c-b0bb-0bba8d33d5d7
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/neue-studie-wie-zuerich-von-der-sklaverei-profitierte
-> https://www.watson.ch/wissen/schweiz/449269612-so-profitierte-zuerich-von-der-sklaverei
-> https://www.nzz.ch/zuerich/von-der-sklaverei-profitierten-die-stadt-zuerich-und-unternehmer-ld.1578519
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/der-schatten-des-sklavenhandels-ueber-alfred-escher?id=11848519
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/neue-studie-zeigt-stadt-zuerich-war-in-den-sklavenhandel-verstrickt-139326101
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuerich-hatte-vielfaeltige-und-relevante-verbindungen-zur-sklaverei-00142620/
-> https://www.nzz.ch/meinung/geschichte-von-zuerich-auch-die-sklaverei-gehoert-zu-uns-ld.1579120
-> https://www.nzz.ch/zuerich/alfred-escher-denkmal-in-zuerich-die-statue-gehoert-ins-museum-ld.1579108
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/aufarbeitung-in-zuerichs-verstrickung-in-sklavengeschaefte?urn=urn:srf:video:5a2f1090-c0b8-4cde-8fca-788a13296f56



tagesanzeiger.ch 29.09.2020

«Wir sollten akzeptieren, dass die Schweiz keine weisse Weste hat»

Zürich  war in den Sklavenhandel verstrickt, wie eine neue Studie zeigt. Muss  das Escher-Denkmal nun weg? Einschätzungen eines Historikers.

Alexandra Bröhm

Investitionen  in Sklavenschiffe, Baumwolle aus den Südstaaten, eine Kaffeeplantage im  Besitz der Familie Escher. Zürich war mannigfach mit der  Sklavenwirtschaft verknüpft, wie eine Studie offenlegt. Lesen Sie weitere Beispiele in unserem Artikel.

Ihre neue Studie zeigt, dass Zürich im 18. Jahrhundert in die Sklaverei und den Sklavenhandel investierte. Waren Sie vom Ausmass überrascht?

Ich  habe das so erwartet. Es ist in der Öffentlichkeit einfach noch wenig  bekannt. Es herrschte lange die Meinung vor, weil die Schweiz keine  Kolonien hatte, wären wir auch nicht am Sklavenhandel beteiligt gewesen.

Was wusste man bisher zu wenig?

Zürich  war im 18. Jahrhundert stark mit der transatlantischen Wirtschaft  verflochten, das zeigen wir mit neuen Zahlen. Und der Sklavenhandel war  damals ein entscheidender Faktor. Auch die Schweizer Textilindustrie  profitierte von der Sklaverei, was bisher nicht so betont wurde. Zudem  lebten in Zürich selbst zeitweise Sklavenkinder, allerdings aus dem  Osmanischen Reich.

Wie stark beteiligten sich die Schweiz und insbesondere Zürich am transatlantischen Sklavenhandel?

Das  ist nicht einfach zu beziffern. Im globalen Zusammenhang hat die  Schweiz eine untergeordnete Rolle gespielt. Der Anteil an der  Finanzierung des weltweiten Sklavenhandels lag im einstelligen  Prozentbereich. Trotzdem war dies nicht unbedeutend, wenn man überlegt,  welche Grundgedanken hinter der Sklaverei stehen. Zudem war auch die  schweizerische Textilindustrie mit der Sklaverei verflochten.

Hätte es den Aufstieg der Schweizer Textilindustrie und die Industrialisierung ohne Sklaverei gegeben?

Man  kann nicht sagen, dass die gesamte Industrialisierung in der Schweiz  durch den Sklavenhandel finanziert war und sie ohne Sklaverei nicht  stattgefunden hätte. Trotzdem spielten die transatlantischen  Verbindungen und mit ihnen die Sklaverei eine Rolle bei der  Industrialisierung. Der grösste Teil der Baumwolle, die die Schweizer  Textilindustrie im 18. Jahrhundert verarbeitete, stammte beispielsweise  von Plantagen aus den US-Südstaaten, deren Besitzer Sklaven ausbeuteten.  Und auch die in der Schweiz hergestellten Indiennes – bedruckte  Baumwollstoffe – waren im Sklavenhandel ein wichtiges Element.

Wie muss man sich das vorstellen?

Indiennes  wurden an Sklavenhändler verkauft, die sie wiederum in Westafrika gegen  Sklaven eintauschten. Frankreich verbot diesen Handel mit den  Indiennes, die Schweiz sprang in die Bresche. Schweizer Produzenten  agierten als Zulieferer für den sogenannten Dreieckshandel zwischen  Europa, Afrika und Amerika.

Welche politischen oder gesellschaftlichen Konsequenzen sollte Ihr Bericht jetzt haben?

Als Erstes  ist es jetzt einfach mal wichtig, dass man all dies zur Kenntnis nimmt.  Diese Themen müssen eine grössere Öffentlichkeit bekommen, und wir  sollten über sie diskutieren. Auch wenn es unangenehm ist. Ich bin  gespannt, wie die Reaktionen auf den Bericht ausfallen.

Die  Black-Lives-Matter-Bewegung war im Juni nach dem Mord an George Floyd  in den USA ein grosses Thema. Bei uns ist es vergleichsweise still.  Warum?

Es  hat vermutlich auch mit der Pandemie zu tun. Im Moment sind wir einfach  anderweitig beschäftigt. Aber ich hoffe, das ändert sich wieder.

Im  Juni sind in Grossbritannien und den USA mehrere Denkmäler von  Sklavenhändlern vom Sockel gestürzt. Auch die Zürcher Familie Escher war  in den Sklavenhandel verwickelt. Was soll mit der Escher-Statue in  Zürich geschehen?

Wir  stehen bei diesen Diskussionen erst am Anfang. Im angelsächsischen Raum  waren die gestürzten Denkmäler das Resultat einer schon länger  laufenden Debatte. Zudem lassen sich Alfred Escher und beispielsweise  der Sklavenhändler Edward Colston, dessen Statue Demonstranten in das  Hafenbecken von Bristol stürzten, nicht miteinander vergleichen.

Was war Alfred Eschers Rolle im Sklavenhandel?

Alfred  Escher selbst besass keine Sklaven und war auch nicht im Sklavenhandel  aktiv. Sein Grossvater investierte in Sklavenschiffe, sein Vater  handelte mit Kolonialwaren, und sein Onkel betrieb in Kuba eine Plantage, wo er Sklaven zur Arbeit  zwang. Alfred Escher half seinem Vater dabei, diese Plantage mit den  Sklaven, nachdem er sie geerbt hatte, weiterzuverkaufen. Es ist  allerdings noch zu früh, um die Vermögenswerte, die die Familie in  diesen Zusammenhängen erwirtschaftete, zu beziffern. Unklar ist auch,  welche Rolle dieses Kapital bei den Firmengründungen von Alfred Escher  spielte.

Aus der Textilindustrie entwickelte sich die Maschinenindustrie?

Zumindest  teilweise. Die Firma Escher Wyss entwickelte sich beispielsweise aus  einer Spinnerei heraus zu einem bedeutenden Maschinenbaukonzern. Somit  hatte auch die Maschinenindustrie, die in der Schweiz im 20. Jahrhundert  für Wohlstand sorgte, indirekt Verflechtungen mit der transatlantischen  Wirtschaft und dem Sklavenhandel.

In  diesem Zusammenhang kommt immer wieder das Argument, das war halt  damals so, man könne das nicht mit heutigen Massstäben beurteilen.

Dem  möchte ich widersprechen. Wir zeigen klar, dass der Sklavenhandel  bereits ab dem Jahr 1807 geächtet war. In diesem Jahr verbot  Grossbritannien den Handel mit Sklaven. Frankreich folgte im Jahr 1848.  Die Forderung nach Abschaffung von Sklavenhandel und Sklaverei war im  19. Jahrhundert eine zentrale politische Debatte. Unter anderem wurde  damals das Argument, man wolle den Sklavenhandel beenden, als  Rechtfertigung für die Kolonialisierung Afrikas verwendet. Auch Kuba, wo  Friedrich Ludwig Escher seine von Sklaven betriebene Plantage besass,  verbot den Sklavenhandel im Jahr 1820. Die Plantage war aber noch bis  Ende der 1840er-Jahre im Familienbesitz.

Finden Sie, die Stadt sollte die Escher-Statue entfernen?

Ich  bin kein Experte für Erinnerungskultur. Aber ich finde, wir sollten  einen Umgang finden, der eine Zwischenposition zwischen kritikloser  Ehrerbietung und dem Denkmalsturz bezieht. Es sind auf jeden Fall  wichtige Debatten. Wir haben am Historischen Seminar der Universität  Zürich schon im letzten Herbstsemester ein Seminar zu Zürich und der  transatlantischen Sklaverei veranstaltet, bevor die Black-Lives-Matter-Bewegung  zum grossen Thema wurde. Und wir wollen uns auch in Zukunft mit den  vielfältigen globalen Verflechtungen der Schweiz auseinandersetzen. Dazu  gehörten auch Kolonialismus und Sklaverei.

Warum tut sich die Schweiz mit diesen Themen schwer?

Wir  sollten akzeptieren, dass die Schweiz keine weisse Weste hat. Es  befremdet mich, wie emotional teilweise versucht wird, an diesem Bild  festzuhalten. Dass die Schweiz nicht immer die unschuldige  Beobachterrolle innehatte, sollten doch schon die Debatten um die von  den Nationalsozialisten geraubten und in der Schweiz versteckten  Vermögen der ermordeten Juden und Jüdinnen gezeigt haben.

Woher kommt dieser Abwehrreflex?

Es  hängt sicher auch mit der Überhöhung von einzelnen starken  Männerfiguren zusammen. Ich sehe nicht ein, warum diese Debatten das  Erfolgsmodell Schweiz infrage  stellen sollten. So funktioniert Geschichtsschreibung nicht. Im  Gegenteil: Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir offen, auch über  die düsteren Kapitel unserer Geschichte, diskutieren sollten. Das ist  ein Zeichen für eine starke offene Demokratie und kein Zeichen von  Schwäche.



Das sagt die Stadt dazu

Die  Universität Zürich hat die Ergebnisse der Studie während einer  Pressekonferenz präsentiert. Unter anderem war auch Zürcher  Stadtpräsidentin Corine Mauch anwesend. «Eine Arbeitsgruppe arbeitet  daran, den Umgang mit Denkmälern zu finden». Gemäss Mauch können 80  Denkmäler hinterfragt werden. In zwei Jahren sollen erste Ergebnisse  vorliegen. Die wichtigere Frage sei jedoch, wie man heute mit Opfern von  Zwangssituationen umgehen könne. Dazu lädt sie zu einem runden Tisch  ein.



Der Historiker hinter der Studie

Marcel Brengard ist Doktorand am  historischen Institut der Universität Zürich. Zusammen mit Frank  Schubert und Lukas Zürcher hat er den Bericht zu den Verknüpfungen der  Stadt Zürich mit dem Sklavenhandel und der Sklaverei verfasst. Der  Bericht erscheint heute.
(https://www.tagesanzeiger.ch/wir-sollten-akzeptieren-dass-die-schweiz-keine-weisse-weste-hat-684914186905)



tagesanzeiger.ch 29.09.2020

Diese Beispiele zeigen, wie Zürich vom Sklavenhandel profitiert hat

Sklavenschiffe,  Baumwolle aus den Südstaaten, eine Kaffeeplantage – Zürich profitierte  von der Sklaverei, wie eine Studie nun zeigt.

David Sarasin

Für viele Hundert Jahre lagen die Verknüpfungen der Stadt Zürich mit dem Sklavenhandel und der Sklaverei weitgehend im Dunkeln. Erst als 2017 bekannt wurde, dass der Vater von Alfred Escher in Kuba eine Plantage mit 80 Sklaven besass, wurde es plötzlich zum Thema. Black lives matter hat die Diskussion zusätzlich befeuert.

Daraufhin wollte die Stadt Zürich mehr zum Thema wissen und gab eine Studie in Auftrag. Der Bericht des historischen Seminars der Universität Zürich liegt nun vor. Und er zeigt, wie mannigfach die Stadt mit diesem dunklen Kapitel der Geschichte verbunden war. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse daraus.

Die Stadt machte mit Aktien von Sklavenhändlern Gewinn

Die  europäische Expansion nach Amerika, Afrika und Asien ab dem 16.  Jahrhundert eröffnete zahlreichen Zürcherinnen und Zürchern eine neue  koloniale Welt. Dies zeigte sich nicht nur in Produkten wie Kaffee,  Früchten oder Zucker, die die Zürcherinnen und Zürcher zu dieser Zeit  konsumierten. Es zeigte sich auch in den Finanzbüchern der Stadt. Auf  der Suche nach lukrativen Kapitalanlagen erwarb sie ab 1727 Anteile an  der South Sea Company. Die englische Firma war im Sklavenhandel tätig.  Wie die Historiker nachrechnen, war die Stadt damit an der Verschleppung  von 36’494  Afrikanerinnen und Afrikanern finanziell beteiligt. Einen Teil der  Aktien verlor die Stadt, als das involvierte Bankhaus bankrott ging. Die  restlichen Anteile aber warfen 100 Jahre lang Gewinn ab.

Zürcher Banken verwalteten Geld von Sklavenhändlern

Wer  Geld investiert, braucht auch Institute, die dieses Geld verwalten. Den  Rahmen für die Zürcher Investitionen bildete etwa die 1755 gegründete  Bank Leu, eine halbstaatliche Einrichtung. Sie hatte den Auftrag,  Staatsgelder gewinnbringend im Ausland anzulegen. Mit Blick auf  Sklaverei und Sklavenhandel werden in der Forschung zwei Beteiligungen  von Leu & Co. diskutiert: Erstens die Beteiligung an der  französischen Compagnie  des Indes, die von 1720 bis 1750 insgesamt 42’467 Sklaven nach Amerika  verschleppte. Auch wenn Zürich erst einige Jahre später bei der Firma  einstieg, fusste das Kapital der französischen Firma auf  Sklavenhandel. Der zweite Bereich betrifft den Kauf dänischer  Staatsanleihen durch die Bank Leu & Cie. Die dänische Krone erwarb  ebenfalls mithilfe von Zürcher Geldern 1754 die Karibikinseln St. John, St. Croix und St. Thomas. Dort arbeiteten mehrere Tausend Sklaven, St. Thomas entwickelte sich zum wichtigen Umschlagplatz für den Sklavenhandel.

900 Zürcher halfen mit bei der Unterwerfung von Sklaven

Es gab zahlreiche Zürcher Einzelpersonen, die mit der Sklavereiwirtschaft Geld verdienten. Dokumentiert sind 900 Zürcher, die zwischen 1638 und 1794 bei der Unterwerfung, Kolonialisierung und Verwaltung von Gebieten  Afrikas und Asiens mithalfen. Bekannt ist etwa die Geschichte Johann  Konrad Winz jun., der 1786 vom Zürcher Stadtrat aus politischen Gründen  verbannt worden war. Da der Bann europaweit galt, heuerte er auf einer  Plantage einer Schweizer Kaufmannsfamilie in Guyana, in Südamerika, an.  Dort machte Winz Karriere. Mit finanzieller Hilfe, die auch von der  Zürcher Regierung kam, erwarb er eine eigene Plantage mit 60 Sklavinnen  und Sklaven. Bekannt ist auch der Zürcher Banker Hans Konrad Hottinger,  der mehrere Finanzinstitute gründete, mit Baumwolle und Land handelte  und beim Sklavenaufstand in Haiti in den Jahren 1801 bis 1803 die Seite  der Sklavenhalter finanziell unterstützte.

Die Baumwollindustrie: Bunte Tücher gegen Sklaven

Der Zürcher Baumwollindustrie kommt im Zusammenhang mit der Sklaverei eine besondere Rolle zu. Zürich und die ganze Schweiz waren ein  bedeutender Produktionsstandort für sogenannte Indienne-Stoffe. Das  sind bunt bedruckte Tücher, die nach Frankreich verkauft, von dort nach  Afrika ausgeschifft und in Sklaven umgetauscht wurden. Dieser  Tauschhandel spielte für die Stadt eine wichtigere Rolle als die direkte  finanzielle Beteiligung am Sklavenhandel. Rund ein Fünftel der gesamtschweizerischen Indienne-Produktion fiel auf die Stadt Zürich. Die grösste Schweizer Indienne-Druckerei stand in Zürich-Aussersihl.

Zu  nennen wäre etwa die Zürcher Baumwollspinnerei Escher, Wyss & Cie.,  gegründet von Alfred Eschers Vater Heinrich, die ihre Werke unmittelbar  vor den Toren der Stadt Zürich errichtete. Es ist ein Nachweis dafür,  dass die hiesige Industrie mit der atlantischen Wirtschaft und damit mit  der Skalverei verbunden war. Aus der Spinnerei erwuchs später die  Maschinenindustrie. Sie wurde zu einer führenden Schweizer Industrie und  trug massgeblich zum Schweizer Wohlstand bei.

Auch die Spinnereien waren mit der Sklavenwirtschaft verknüpft. Bereits 1830 fanden schweizerische Spinnereien Anschluss an die grossen Baumwollindustrien in England und im Elsass. Überall im Land wurden Spinnereien eröffnet. Da  Indien und das Osmanische Reich der grossen Nachfrage der Industrie  nach Rohbaumwolle zu dieser Zeit nicht mehr nachkommen konnten, begannen  die hiesigen Industrien auf die Baumwolle aus dem Süden der USA zurückzugreifen. Ein Wirtschaftszweig, der massgeblich auf Sklaverei beruhte.

Der Alltag in Zürich: Sklavenhandel wird angeprangert

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderte sich die öffentliche Meinung zur Sklaverei sukzessive, das galt auch für Zürich. Der Sklavenhandel wurde am Wiener Kongress (1814/15) verboten, und im Zuge der Anti-Sklaverei-Bewegung akzentuierte sich auch die öffentliche Kritik am Handel mit Menschen. In vielen Zeitungstexten aus der damaligen Zeit kommt die Empathie gegenüber Sklavinnen und Sklaven zum Ausdruck. Der Zürcher Oberländer Baumwollfabrikant und spätere Superreiche Adolf  Guyer-Zeller etwa reiste 1860 durch den Süden der USA. In seinem  Tagebuch hielt er die Schrecken fest, die er auf den Sklavenmärkten  erlebt hatte. Trotzdem argumentiert er unternehmerisch und beschrieb die Sklaverei schliesslich als «nothwendiges Übel».

Die Familie Escher: weitreichende Verstrickungen

Der grosse Unternehmer und Politiker Alfred Escher war zu Lebzeiten schon mit Kritik konfrontiert, die die Verstrickungen seiner Familie mit der Sklaverei betrafen. Belegt  ist, dass die Eschers in Sklavenhandel investierten, mit Gütern aus der  Sklavereiwirtschaft handelten sowie in Kuba die Kaffeeplantage «Buen  Retiro» besassen, auf der rund 80 Sklaven arbeiteten (lesen Sie dazu das Interview mit Historiker Marcel Brengard).   Die Verstrickungen betrafen nicht in erster Linie Alfred Escher  selber, er war einzig am Verkauf der kubanischen Kaffeeplantage  beteiligt, sondern seinen Grossvater Hans Caspar, den Vater Heinrich und Onkel Friedrich Ludwig. Wie viel geerbtes  persönliches Geld von Alfred Escher in die Gründung bedeutender  Schweizer Firmen floss, ist unklar. Die Angriffe tat er als politisch  motiviert ab. Vor Gericht wehrte sich Alfred Escher zu seiner Zeit  erfolgreich gegen «Verleumdung» und «Beschimpfungen».
(https://www.tagesanzeiger.ch/diese-beispiele-zeigen-wie-zuerich-vom-sklavenhandel-profitiert-hat-804645454867)