Medienspiegel 19. August 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Entwurf zum Covid-19-Gesetz enthält keine Präzisierungen für Asylbereich
Der Bundesrat hat am 12. August die Botschaft zum Covid-19-Gesetz dem Parlament übergeben. Die Anliegen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) sind im Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/im-fokus/entwurf-zum-covid-19-gesetz-enthaelt-keine-praezisierungen-fuer-asylbereich


IsolationWatch: Aufruf – Call – Appel
Aufruf zum Sammeln von Infos über Isolationsstrukturen
Wir versuchen zurzeit eine Website zu gestalten, die einen Überblick über das Schweizer Migrationsregime (Camps, Ausschaffungsknäste), anhand einer interaktiven Karte verschaffen soll. Konkret geht es in einem ersten Schritt darum, sämtliche Asylcamps und Ausschaffungsknäste der Schweiz auf einer Karte abzubilden. Dafür brauchen wir Hilfe.
https://barrikade.info/article/3779


+++BALKANROUTE
Serbien baut Zaun an Grenze zu Nordmazedonien
Der Zaun soll Migranten von Grenzübertritten abhalten. Nach Angaben des Bürgermeisters der Stadt Presevo soll der Bau mit der EU vereinbart worden sein
https://www.derstandard.at/story/2000119458789/serbien-baut-zaun-an-grenze-zu-nordmazedonien?ref=rss


+++MITTELMEER
Schiffsunglück vor Libyen: UNHCR und IOM sprechen von 45 Toten
Das Unglück ist offenbar der größte registrierte Schiffbruch vor der Küste Libyens in diesem Jahr
https://www.derstandard.at/story/2000119465717/schiffsunglueck-vor-libyen-unhcr-und-iom-sprechen-von-45-toten?ref=rss


Wie involviert ist Deutschland bei illegalen Pushbacks in der Ägäis?
Griechenland ist hinsichtlich der Push Backs in eine neue Phase eingetreten: die Refugees werden nachts und heimlich auf Rettungsinseln in offene Meer geschleppt. Auf den Bericht in der NYT vom 14.08. hatten wir hingewiesen. Offenbar sind bis jetzt alle betroffenen Menschen von der türkischen Küstenwache an Land gebracht worden.
Mare Liberum stellt nun die Frage nach der Beteiligung von Schiffen der deutschen Marine und von FRONTEX.
https://ffm-online.org/wie-involviert-ist-deutschland-bei-illegalen-pushbacks-in-der-aegaeis/


+++TUNESIEN
Tunis unter Druck
EU-Delegation drängt tunesische Regierung zu noch mehr Kooperation bei Abschottungspolitik. Flüchtlingszahlen steigen
https://www.jungewelt.de/artikel/384662.eu-abschottungspolitik-tunis-unter-druck.html


+++FREIRÄUME
bernerzeitung.ch 19.05.2020

Überbauung in der Lorraine: Ein weiterer Anlauf in der ideologischen Kampfzone

Nach zehnjährigem Hickhack beugt sich der Stadtrat über einen neuen Vorschlag für die Überbauung am Berner Centralweg. Dieser löst keine Begeisterung aus, dafür könnte er gebaut werden.

Benjamin Bitoun

Das kleine Stück Land am Centralweg 9 im Berner Lorrainequartier gehörte in den letzten Jahren zu den wohl am härtesten umkämpften Orten der Stadt.

Protagonisten traten seit 2008 zuhauf in Erscheinung. Da gibt es den umtriebigen Rotlicht-Unternehmer von nebenan, der immer wieder die Bauabsichten der Stadt durchkreuzte. Dann die GLP Stadt Bern, die – eher unerwartet – durchbrachte, dass die auf dem Grundstück geplanten Wohnungen zu Marktpreisen vermietet werden müssen. Ferner ein Quartierverein und Politiker, die sich dagegen zur Wehr setzten, auf dem Bau von günstigerem Wohnraum bestanden und versuchten, den unliebsamen Stadtratsbeschluss rückgängig zu machen. Einer von ihnen, Alt-Stadtrat Luzius Theiler (GaP), ging dafür bis vor Bundesgericht.

Abstriche beim Baustandard

Trotz der belasteten Vorgeschichte hat es der Stadtrat am Donnerstag in der Hand, für die Politquartiergeschichte Centralweg doch noch ein Happy End zu schreiben: Dann nämlich beugt er sich über den neuesten Lösungsvorschlag des Gemeinderats – ein Bauprojekt von dreizehn Wohnungen, die gegenüber den ursprünglich geplanten deutlich abgespeckt daherkommen.

Präsentiert hat der Gemeinderat das Projekt Anfang März, nur wenige Wochen nachdem der städtische Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) angekündigt hatte, anlässlich der klammen Stadtfinanzen bei Bauprojekten künftig genau hinschauen zu wollen, ob es nicht auch billiger ginge.

Im Fall des Centralwegs kam die Stadtregierung zum Schluss: Es geht durchaus billiger. Denn obwohl das überarbeitete Bauvorhaben mit der bestehenden Bewilligung realisiert werden kann, blieb kaum etwas übrig vom architektonischen Hingucker-Projekt, das der Gemeinderat vor nunmehr zehn Jahren präsentierte. Auf die ovalen, frei stehenden Balkone, denen das Projekt seinen wohlklingend grünen Namen «Baumzimmer» verdankte, wurde ebenso verzichtet wie auf die Verwendung des Baumaterials Holz. Selbst das prestigeträchtige Minergie-Label wurde aus Kostengründen eingespart.

Billiger bauen für niedrigere Mieten

Der Spareffekt ist massiv: Insgesamt konnten die geplanten Baukosten von 8,8 Millionen Franken um rund eine Million auf knapp 7,8 Millionen Franken gesenkt werden. Das sei möglich, weil das ursprüngliche Bauprojekt nicht auf Zweckmässigkeit und Kosteneffizienz ausgerichtet gewesen sei, sondern durch Gestaltung, Bauweise, Energetik und Ausbaustandard besonderen Ansprüchen habe genügen müssen, begründet die Stadt.

Anlass für die baulichen Abstriche gab indes nicht in erster Linie die klamme Stadtkasse, sondern ein Streit über die Höhe der Mieten. 2013 überwies der Stadtrat einen Vorstoss der GLP, wonach die neuen Wohnungen am Centralweg zu Marktmieten abzugeben seien und nicht von der Stadt subventioniert werden dürften. In der Folge hagelte es aus der Politik und aus dem Quartier Kritik an den teuren «Luxuswohnungen», die zur rasanten Gentrifizierung der Lorraine beitragen würden.

Die Kosteneinsparungen beim neuen Projekt ermöglichen der Stadt nun, den Kritikern entgegenzukommen und das geplante Mietzinsniveau deutlich zu senken. Anstatt knapp 2600 Franken kostet eine 4½-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss dadurch nur noch knapp 1900 Franken, was als preisgünstig gilt.

Noch mehr günstige Wohnungen gefordert

Catherine Weber vom Quartierverein Läbigi Lorraine zeigt sich damit zufrieden – zumindest teilweise. «Unsere Hauptforderung nach billigeren Wohnungen wurde erfüllt», sagt sie. Aber im Grunde sollte die Stadt alle Wohnungen am Centralweg als günstigen Wohnraum mit Vermietungskriterien (GüWR) vermieten, fordert Weber und spricht damit auf einen entsprechenden Antrag der vorberatenden Kommission an. Sie sagt: «Würde die Stadt ihre Renditeerwartungen noch ein wenig weiter senken, dann wären alle in der Lorraine glücklich.»

Darüber dürften die Meinungen an der kommenden Stadtratssitzung auseinandergehen. «Zusätzlich Wohnungen im GüWR-Segment anzubieten, ist für unsere Fraktion bei diesem komplexen Projekt nicht angezeigt», sagt etwa Lukas Gutzwiller, Präsident der GFL/EVP-Fraktion. Seine Fraktion unterstütze deshalb das Projekt so, wie es durch den Gemeinderat angepasst worden sei.

Die Wohnungen würden zu Kostenmieten vergeben und damit voraussichtlich unter Marktniveau liegen, so Gutzwiller. Dadurch werde die Rendite für den Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik bereits um rund ein Viertel oder 100’000 Franken pro Jahr geschmälert, was einer Quersubvention entspreche. Er betont aber: «Es ist ein akzeptabler Klimmzug, der hier dem Gemeinderat gelungen ist.»

Bei der Forderung nach einem noch grösseren Anteil an günstigen Wohnungen gehe es dem Quartierverein nicht zuletzt auch um die Akzeptanz der Überbauung im Quartier, hält Catherine Weber dagegen. Schliesslich seien die Mieten immer noch eher hoch. «Wir wollen keine Farbanschläge wie bei den teuren Wohnungen auf dem Serini-Areal an der Lorrainestrasse.»
(https://www.bernerzeitung.ch/ein-weiterer-anlauf-in-der-ideologischen-kampfzone-744734053869)



Stadtratssitzung 20.08.2020
https://ris.bern.ch/Sitzung.aspx?obj_guid=9d0121c1fa66410cb26bdf8123612ea9

Centralweg 15, 3013 Bern: Bericht zur Überprüfung der Kosten Bauprojekt und Vorschlag zum weiteren Vorgehen; Baukredit
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=2a8ecaae4705426499980d1f4581dfaf

Interfraktionelle Motion GB/JA!, SP (Stéphanie Penher, GB/Lena Sorg, SP/Luzius Theiler, GPB-DA/Christa Ammann, AL): Bauprojekt Centralweg: günstigen Wohnraum möglich machen; Fristverlängerung
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=c824ad466b0a4d119b4da3c07b4f418d

Interfraktionelle Motion GB/JA!, SP (Stéphanie Penher, GB/Lena Sorg, SP/Luzius Theiler, GPB-DA/Christa Ammann, AL): Bauprojekt Centralweg: günstigen Wohnraum möglich machen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=c824ad466b0a4d119b4da3c07b4f418d

Interfraktionelle Interpellation SP, GB/JA! (Johannes Wartenweiler, SP/Stéphanie Penher, GB/Luzius Theiler, GPB-DA/Melanie Mettler, GLP/Christa Ammann, AL/Daniel Egloff, PdA/Mess Barry, parteilos): Centralweg – neue Komplikationen bei einem vermurksten Projekt
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=dc4362d6cfb84389a4a13c0a540ba3bc

Audio-Live-Übertragung: https://www.bern.ch/politik-und-verwaltung/stadtrat/sitzung-geschaeft/audio-uebertragung-auswaerts


+++GASSE
Basel braucht den Bettelboss
Wir belügen uns selbst. Das Märchen von der organisierten Bettelbande kommt uns wie gerufen. Es erlaubt uns, zu verdrängen, worum es wirklich geht: die Armut – die wir unterstützen.
https://bajour.ch/a/ySsQfIKTraTrOYmo/basel-braucht-den-bettelboss


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Türkische Rechtshilfegesuche – Erdogans langer Arm reicht bis in die Schweiz
Im Kampf gegen Anhänger der PKK oder der Gülen-Bewegung stellt die Türkei immer mehr Rechtshilfegesuche an die Schweiz.
https://www.srf.ch/news/schweiz/tuerkische-rechtshilfegesuche-erdogans-langer-arm-reicht-bis-in-die-schweiz


Aux interpellé.e.x.s de la Critical Mass du 31 juillet 2020 – Conseils Antirep
En mai, la Critical Mass avait été empêchée par la police. En juin, 23 interpellations étaient effectuées. En juillet, au moins 9 interpellations ont été effectuées par les flics. Voici quelques conseils antirep pour organiser une défense collective.
https://renverse.co/infos-locales/article/aux-interpelle-e-x-s-de-la-critical-mass-du-31-juillet-2020-conseils-antirep-2719


+++KNAST
Brand in einer Zelle des Untersuchungsgefängnisses – Häftling leicht verletzt
Am frühen Mittwochmorgen kam es in einer Zelle im Untersuchungsgefängnis Solothurn zu einem Brand. Der Zelleninsasse zog sich dabei leichte Verletzungen zu und musste zur Kontrolle in ein Spital gebracht werden.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/lebern-bucheggberg-wasseramt/brand-in-einer-zelle-des-untersuchungsgefaengnisses-haeftling-leicht-verletzt-138810522


+++BIG BROTHER
Polizei in New York City machte mit Gesichtserkennung Jagd auf einen Aktivisten
Während der Black-Lives-Matter-Proteste soll der Beschuldigte einem Beamten mit einem Megafon ins Ohr geschrien haben
https://www.derstandard.at/story/2000119455516/polizei-in-new-york-city-machtemit-gesichtserkennung-jagd-auf-aktivisten?ref=rss


+++POLICE BE
derbund.ch 19.08.2020

Tod im Gefängnis: Schwieriger Entscheid zwischen Haft und Spital

Im Fall von Kilian S. hat das Obergericht einen Arzt entlastet. Nach welchen Kriterien entscheiden Polizei und Medizin, ob jemand ins Spital oder in die Zelle muss?

Simon Wälti, Brigitte Walser

Den Arzt, der die Inhaftierung von Kilian S. guthiess, trifft keine Schuld an dessen Tod, er hat sich nicht der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht. Zu diesem Schluss kam das bernische Obergericht. Der 20-jährige Kilian S. wurde am Morgen des 26. Dezembers 2018 tot in der Gefängniszelle der Polizeiwache am Waisenhausplatz in Bern aufgefunden. Gemäss einem Gutachten hätte eine Hospitalisierung nach menschlichem Ermessen den Todesfall nur «möglicherweise» verhindern können. Die Frage bleibe hypothetisch und lasse sich nicht mit erforderlicher Sicherheit beurteilen.

Der Arzt hatte den jungen Mann beurteilt, der diverse Drogen konsumiert hatte, und befunden, eine Verlegung ins Spital sei nicht notwendig. Er führte bei der Einvernahme in erster Linie medizinische Gründe an. Er verwies aber auch auf die Ressourcen. «Wenn ich jemanden einfach leichtsinnig ins Spital schicke, blockiere ich für zehn bis zwanzig Stunden eine Koje im Notfall, beschäftige meine Kollegen dort, und es müssen sich zwei Polizeibeamte für die ganze Zeit nebendranstellen.» Diese Überlegung müsse er «gezwungenermassen» machen. «Ich weiss nicht, ob das pietätlos ist, aber es kostet auch eine Menge Geld.»

Gehörts zum Auftrag?

Für Markus Mohler fällt die finanzielle Frage bei der Prüfung der sogenannten Hafterstehungsfähigkeit ausser Betracht. Mohler ist ehemaliger Rechtsdozent an den Universitäten Basel und St. Gallen sowie früherer Kommandant der Kantonspolizei Basel-Stadt. Er sagt: «Solche Überlegungen sind meiner Meinung nach nicht zulässig, denn nach diesem Kriterium bedeutete dies, dass jemand in Haft die schlechtere medizinische Versorgung erhält als andere.» Es gelte ja auch die Unschuldsvermutung. Es handle sich daher um eine Diskriminierung. Die medizinische Triage folge anderen Kriterien, denn just in einem solchen «Sonderstatusverhältnis» trage der Staat eine besondere Verantwortung.

Das Gericht meinte zu den Aussagen des Arztes: «Dass er dabei auch Überlegungen zu den verfügbaren Ressourcen angestellt hat, mag die Beschwerdeführerin irritieren, gehört aber bis zu einem gewissen Grad zu seinem Auftrag.» Die Beschwerdeführerin ist die Mutter von Kilian S.

Keine einfache Situation

Sind Polizisten unsicher, ob eine Person in eine Zelle gebracht werden kann, ziehen sie ärztlichen Rat bei. In einigen Regionen fahren sie mit der betreffenden Person in eine Notfallstation. In Bern übernehmen Ärzte, die gerade Notfalldienst leisten, diese Überprüfung. Sie kommen auf die Wache, theoretisch könnte die Abklärung aber auch in ihrer Praxis stattfinden, wie Bidisha Chatterjee sagt. Die Ärztin hat langjährige Erfahrung in der Gefängnismedizin. Dann gehe es darum, festzustellen, ob jemand ohne medizinische Überwachung in die Zelle gebracht werden könne. Dabei zählen laut der Ärztin medizinische Kriterien, und zwar die gleichen wie ausserhalb der Haft: «Wenn jemand Spitalpflege braucht oder weitere Abklärungen, muss der Notfallarzt diese in die Wege leiten.» Diesen «Anspruch auf eine gleichwertige Behandlung» halten auch die Richtlinien der Akademie der medizinischen Wissenschaften fest, «abgesehen von einer Einschränkung des Rechts auf freie Arztwahl».

Es gibt dabei allerdings Herausforderungen, die Chatterjee erwähnt: Aufgrund der Situation seien die Personen häufig nicht sehr kooperativ. Da sei es nicht einfach, den Verlauf des Allgemeinzustandes für die nächsten 24 oder gar 48 Stunden abzuschätzen und auch die Verhältnismässigkeit zu prüfen. Ausserdem sei es von Vorteil, wenn man als Arzt mit den Haftbedingungen vertraut sei.

Lange Wartezeiten

Die bernische Polizei ist bei Festnahmen häufig mit der Frage konfrontiert, ob eine Person ohne ernste Gefahr für Gesundheit und Leben in Haft bleiben kann. 2018 wurden bei gut 2100 vorläufigen Festnahmen in 250 bis 300 Fällen diese Frage geprüft. Dabei besteht Zeitdruck, denn es ist im Kanton Bern innert 24 Stunden zu entscheiden, ob die festgehaltene Person in Untersuchungshaft versetzt oder entlassen wird. «Es muss schnell gehen, denn sowohl für eine medizinische Beurteilung der Haftfähigkeit als auch für erste polizeiliche Befragungen und Abklärungen steht aus unterschiedlichen Gründen nur wenig Zeit zur Verfügung», sagt Markus Mohler. Gebe es Zweifel am gesundheitlichen Zustand, physisch oder psychisch, dann müsse die Polizei sofort und zwingend eine medizinische Fachperson kommen lassen. Ganz überwiegend werde dies auch korrekt gehandhabt. Die Polizei könne ja keine Verantwortung für von ihr fachlich nicht zu beantwortende medizinische Fragen übernehmen. Daran habe sie auch keinerlei Interesse, so Mohler.

Dass die Zeit entscheidend sein kann, ist auch dem bernischen Regierungsrat bewusst. In einer Antwort auf einen Vorstoss im Grossen Rat machte er vor zwei Jahren auf die Schwierigkeit von langen Wartezeiten aufmerksam, «die vor allem nachts und in Randzeiten oftmals entstehen», bis eine Prüfung durch die ärztlichen Notfalldienste erfolgen könne.
(https://www.derbund.ch/schwieriger-entscheid-zwischen-haft-und-spital-923872781712)


+++POLIZEI BL
Baselbieter Polizei soll Bodycams einsetzen dürfen
Die Regierung will eine gesetzliche Grundlage für Körperkameras schaffen, die bei Einsätzen verwendet werden können.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/baselland-baselbieter-polizei-soll-bodycams-einsetzen-duerfen


+++POLIZEI AT
Polizeiarbeit: Österreich testet Grenzüberwachung mit Drohnen
Drohnen sollen der Polizei in Österreich helfen, die Grenzen zu überwachen und gegen Schlepper vorzugehen. Ein entsprechendes Pilotprojekt soll bis Jahresende laufen.
https://www.zeit.de/politik/2020-08/drohnen-polizeiarbeit-oesterreich-grenzen-ungarn-slowenien-testprojekt


+++POLIZEI DE
Polizeigewalt in Deutschland – Kriminologe: «Polizei hat kein strukturelles Gewaltproblem»
Mangelnde Aufarbeitung, fehlende Transparenz: Kriminologe Feltes kritisiert die deutsche Polizei nach Gewaltexzessen.
https://www.srf.ch/news/international/polizeigewalt-in-deutschland-kriminologe-polizei-hat-kein-strukturelles-gewaltproblem


Polizei: Weg mit dem Heiligenschein
Polizeigewerkschaften haben zusammen mit Innenpolitikern und medialen Scharfmachern eine Atmosphäre geschaffen, in der die Polizei geradezu religiös verehrt wird. Wer die Polizei kritisiert oder gar reformieren will, gilt als Häretiker. Dabei sind dringend Lösungen gefragt. Ein Kommentar.
https://netzpolitik.org/2020/polizei-weg-mit-dem-heiligenschein/


Polizeieinsatz: Drei Polizisten aus Frankfurt nach Gewaltvideos vom Dienst suspendiert
Der Mann lag schon am Boden, drei Beamte traten auf ihn ein: Nach dem umstrittenen Einsatz in Frankfurt am Main gegen einen 29-Jährigen wurden drei Beamte suspendiert.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/polizeieinsatz-frankfurt-sachsenhausen-festnahme-polizeigewalt-videos-polizisten-suspendiert
-> https://www.spiegel.de/panorama/frankfurt-drei-polizisten-nach-gewaltvideos-suspendiert-a-78d4257c-897e-430a-a75d-c1776728ad0c
-> https://taz.de/Brutale-Festnahme-in-Frankfurt-am-Main/!5708681/


Polizeigewalt: Wenn die Polizei gegen die Polizei ermittelt
Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg: Nach den jüngsten Fällen von Polizeigewalt wird erneut eine unabhängige Beschwerdestelle gefordert. Wie hilfreich wäre das?
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-08/polizeigewalt-beschwerdestelle-unabhaengig-polizeieinsaetze-politik-kriminologe/komplettansicht
-> https://netzpolitik.org/2020/hamburger-polizei-auf-twitter-keine-nachfragen-zugelassen/


Racial Profiling: Politiker sehen in Satirevideo Verunglimpfung der Polizei
Ein Satireclip des öffentlich-rechtlichen Angebots Funk zum Thema Rassismus in der Polizei hat für Empörung unter Innenpolitikern gesorgt. Der Autor verteidigt den Film.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/racial-profiling-video-aurel-mertz-funk-satire-polizeigewalt
-> https://www.funk.net/channel/aurel-12064/racial-profiling-1701278


Rassismus und Polizeigewalt: Grüne Jugend will Polizei umfassend reformieren
Für ihr Positionspapier zu einer Neuausrichtung der Polizei wurde die Jugendorganisation vielfach kritisiert – selbst aus der eigenen Partei. Dabei bringt das Papier die wichtigsten Probleme der Polizei auf den Punkt und zeigt Wege auf, wie diese gelöst werden können.
https://netzpolitik.org/2020/rassismus-und-polizeigewalt-gruene-jugend-will-polizei-umfassend-reformieren/


Blaise Francis El Mourabit über Polizeigewalt
Kulturzeit-Gespräch mit Menschenrechtsanwalt Blaise Francis El Mourabit über Handy-Videos von Polizeigewalt in den sozialen Medien.
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/gespraech-mit-blaise-francis-el-mourabit-100.html


++RASSISMUS
bernerzeitung.ch 19.08.2020

Muss das rassistische Alphabet weg?

Die Stadt Bern versucht, mit künstlerischen Ideen einen zeitgemässen Umgang zu finden mit einem umstrittenen Wandbild im Schulhaus Wylergut. Das geht nicht, ohne zu schwitzen.

Jürg Steiner

Tropische Luftfeuchtigkeit, gleissende Bühnenbeleuchtung, strenge Maskenpflicht: Nicht nur die Auftretenden kamen ziemlich rapide ins Schwitzen gestern abend im Kornhausforum. Konkurrierende «interdisziplinäre Künstlerteams» präsentierten in einem öffentlichen Hearing der Jury ihre Ideen, wie sie das rassistische Wandbild im Schulhaus Wylergut in eine konstruktive öffentliche Debatte überführen würden.

Genau das war der ambitionierte Auftrag, den die städtische Kulturabteilung vor einem Jahr ausschrieb. Aus den eingereichten Ideenskizzen nominierte die von Architekt Stanislas Zimmermann präsidierte Jury fünf Teams für die Endrunde (siehe Kasten), aus der sich in zwei Etappen bis Oktober 2020 das Siegerprojekt herauskristallisieren sollte.

Am Mittwochabend performten die ersten drei Teams mit ihren Ideen. Was sich als erster Eindruck schnell zeigte: Die Stadt Bern wagt sich mit diesem Kunstwettbewerb an eine hochkarätige Auseinandersetzung mit Rassismus und den lange verdrängten kolonialen Spuren vor der eigenen Haustür. Der Tatbeweis, dass diese Debatte aus der Blase der intellektuellen Avantgarde in den lokalen Alltag vordringt, ist allerdings noch zu erbringen. Der künstlerische Zugang zum Alltagsrassismus fliegt mitunter hoch über dem Erdboden.

Immerhin stellt sich die rot-grün regierte Stadt mit dieser Auseinandersetzung ihrem eigenen Anspruch, «Menschen mit Migrationshintergrund» gleichberechtigte Teilhabe an der Kultur zu ermöglichen. Was nicht funktioniert, ohne dass man sich mit Rassismus beschäftigt und damit, wie die koloniale Vergangenheit die Gegenwart prägt. Und im vorliegenden Fall bedeutet das auch, selbstkritisch in der linken Geschichte zu graben.

Gegenstand der Diskussion ist das farbenprächtige Wandalphabet aus dem Jahr 1949, das im Wylergut-Schulhaus über der Treppe und dem Tischfussballkasten prangt. Jedem Buchstaben ist ein Sinnbild zugeordnet. Beim Z ist es eine Ziege, beim T eine Taube, beim I findet man einen rothäutigen «Indianer». Bei C taucht ein gelbhäutiger Chinese auf. Und beim N sieht man einen Menschen mit schwarzer Hautfarbe, dargestellt als exotisch geschmückten Wilden. Das Wort, das damit verbunden wird, gilt heute als rassistisch. Der weisse Mensch, der diese Sicht auf die Welt geschaffen hat, kommt nirgends vor.

Erstaunlicherweise handelt es sich bei den Erschaffern des Werks um Linke. Die beiden Künstler Eugen Jordi (1894–1983) und Emil Zbinden (1908–1991) waren sozial engagiert, das Bild überzeugt gemäss Experten mit «hoher malerischer Qualität». Und vor allem: Das Œuvre ist von der Denkmalpflege integral als erhaltenswert eingestuft worden.

Aus diesem Grund steht die Frage im Fokus, ob eine konstruktive Auseinandersetzung möglich ist, wenn das Alphabet bleibt, wo es ist. Der städtische Denkmalpfleger Jean-Daniel Gross hatte gegenüber der Zeitung «Bund» bereits klargestellt, dass problematische Inhalte von Kunst am Bau «nicht in der Kompetenz der Denkmalpflege» lägen. Mit Bezug darauf plädiert die Künstlergruppe «Das Bild muss weg» explizit für die sachgerechte Entfernung des Wandbilds Richtung Historisches Museum. Der geschützte, letztlich nur halb öffentliche Raum der Schule sei als Ausgangspunkt einer Rassismusdebatte der falsche Ort.

Zudem versteht die Gruppe die Demontage des Alphabets auch als Referenz der Stadt Bern an die «Black Lives Matter»-Proteste. Es wäre eine Geste, finden die Künstler, mit der sich Bern für ein Kulturerbe ausspräche, das sich dem Gefühl von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit verpflichte und sich gegen diskriminierende Darstellungen unmissverständlich verwahre. Etwas, das zweifellos zu den Kernanliegen der rot-grünen Stadt gehört, bei denen man ins Schwitzen kommen kann, wenn man sie einlösen will.



Die fünf Finalprojekte

Die Jury, bestehend aus Rohit Jain (Rassismusforscher), Jürg Lädrach (Schulleiter Lorraine/Wylergut), Kathrin Oester (Anthropologin), Yvonne Wilhelm (Künstlerin) und Stanislas Zimmermann (Architekt) kürt das Siegerteam aus folgenden fünf Vorschlägen:

Z.B. Wylergut: Die Künstler wollen die Buchstabenreihenfolge des Alphabets vor Ort erhalten, die Bildinhalte aber mit Spiegelflächen ersetzen. Künstlerinnen und Künstler bespielen im Quartier aufgestellte Kästen, die den Buchstabenkacheln des Alphabets ähneln.

N wie Neu: Das Alphabet soll an Ort und Stelle erhalten bleiben, davor soll aber ein genau gleich dimensionierter Wechselrahmen aufgehängt werden, der mit einem Wimmelbild gefüllt wird, das im Bedarfsfall wieder ausgewechselt werden kann.

Das Wandbild muss weg: Das Wandbild wird fachgerecht demontiert – mit den inzwischen schwarz übersprayten Kacheln – und dem Historischen Museum übergeben, das um das Alphabet eine Ausstellung aufgleist, die der kritischen Aufarbeitung der Berner Kolonialgeschichte dient.

Störung im Dorf: Die Künstlerinnen und Künstler wollen mit Interventionen die «beschauliche Ruhe» stören. Audioinstallationen, eine Website und spontane Aktionen sollen eine Gegenwelt zum Alphabet schaffen. Nach drei Jahren endet die Aktion, das Wandbild soll (reversibel) übermalt werden.

Wylerbet statt Alphabet: Das Wandbild im Schulhaus dient als Ausgangspunkt, damit mit Schülerinnen und Schülern eine alternative digitale Stadtkarte erarbeitet wird, die Orte der Auseinandersetzung mit Rassismus markiert. Das Wylerbet würde zu einer Art Abc der Rassismusdebatte in der Stadt Bern. Das ursprüngliche Alphabet würde nach Abschluss der Arbeit entfernt.
(https://www.bernerzeitung.ch/muss-das-rassistische-alphabet-weg-875999900838)



derbund.ch 19.08.2020

Umstrittenes Berner Wandbild: Muss es weg? Darf es unsichtbar sein?

Wie soll mit dem als rassistisch taxierten Wandbild im Schulhaus Wylergut verfahren werden? Die Stadt Bern hat einen Wettbewerb ausgeschrieben. Nun liegen die fünf ausgewählten Vorschläge auf dem Tisch.

Martin Bieri

Seit 1949 ist im Treppenhaus des Schulhauses Wylergut in Bern ein Wandbild zu sehen, das den Schülerinnen und Schülern das Alphabet beibringen soll. Jedem Buchstaben ist ein eigenes kleines Bild eines Objekts, eines Tiers oder einer Pflanze zugeordnet. Nur die Buchstaben C, I und N zeigen stereotypisierte Darstellungen von Menschen aus China, Amerika und Afrika.

Die Berner Künstler Emil Zbinden (1908–1991) und Eugen Jordi (1894–1983) hatten das Fresko im Auftrag der Stadt Bern geschaffen, das Inventar der Denkmalpflege stuft das Schulhaus integral als «erhaltenswert» ein. Weil aber das Wandbild «im Hinblick auf die notwendige gesellschaftliche Sensibilisierung für Rassismus und Diskriminierung problematisch» sei, soll es «in dieser Form nicht unkommentiert präsent bleiben», gab die Stadt Bern vor einem Jahr bekannt und schrieb einen Wettbewerb aus.

Die fünfköpfige Jury hat aus 25 eingereichten Vorschlägen 5 ausgewählt, welche nun im Stadtsaal des Kornhausforums öffentlich präsentiert und diskutiert werden. Die Präsentationen der Projektvorschläge (19.8. und 5.9.) stehen allen interessierten Personen offen. Vor einigen Wochen haben Unbekannte die drei fraglichen Bildteile mit schwarzer Farbe übermalt. Auf diesen veränderten Zustand des Bildes geht keiner der Wettbewerbsvorschläge ein.

1 «z.B. Wylergut»
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Das Wandbild wird mit einer ungleichmässigen Spiegelfläche ersetzt. Die Buchstabenfolge wird vom ursprünglichen Werk übernommen, das zwar unsichtbar gemacht, aber erhalten wird. Die Spiegel sollen dem «nicht mehr zeitgemässen Blick» von Zbinden und Jordi, der ein «Komplize gewaltvoller Machtausübung» sei, «eine Perspektive entgegensetzen, die auf die Betrachtenden selbst gerichtet ist».

Das Alphabet und das verzerrte Spiegelbild machten eine «Verständigung über Standpunkte und Wahrnehmung» notwendig. Zudem sollen ausserhalb des Schulhauses den Kacheln des Wandbilds nachempfundene Bildkästen aufgestellt werden für ständig wechselnde künstlerische Beiträge zur Dekolonialisierungsdebatte – damit mit dem neuen Werk keine erneute Ausschliessung erzeugt werde.

2 «N wie Neu»
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Ein Kollektiv namens «Kunst und Krise» will das Wandbild mit einem Wechselrahmen für Wimmelbilder überdecken, die «diverse Realitäten und Identitäten der Schweizer Gesellschaft» abbilden. Dieses Bild kann ersetzt werden, wenn es in «5 oder gar 50 Jahren» nicht mehr dem dann «aktuellen rassismuskritischen Diskurs» entspreche.

In Workshops mit den Schülerinnen und Schülern soll der Inhalt des Wimmelbilds erarbeitet werden. Verantwortlich für die Umsetzung wäre die junge Illustratorin Maeva Rubli aus Delémont. Begleitet würde das Bild von einem pädagogischen Narrativ, das mit einem audiovisuellen Lehrmittel und einem Erlebnisparcours in der Nähe des Schulhauses über «koloniale Verstrickungen der Schweiz» Auskunft geben soll.

3 «Das Wandbild muss weg»
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Eine interdisziplinäre Gruppe, der unter anderem die Autorin und Performerin Fatima Moumouni und der Historiker Bernhard Schär angehören, zeigt mittels eines anschaulichen Fragenkatalogs auf, warum das Wandbild «weg muss». Die Gruppe vertritt die Meinung, dass «Kulturerbe ein Gefühl von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit vermitteln» solle.

Das Fresko soll demontiert und dem Historischen Museum geschenkt werden. Verbunden wäre damit der Auftrag, eine Ausstellung zur Berner Kolonialgeschichte zu erarbeiten. Aus diesem Prozess soll ein Lehrmittel für alle Berner Schulen entstehen.

4 «Störung im Dorf»
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Die Illustratorin Anna Albisetti, der Künstler Cat Tuong Nguyen und die Soziologin Simone Suter aus Bern schlagen eine Störung der «beschaulichen Stimmung» im Wylergut vor – und in der Schweiz, die sich «unbequemen Fragen zu Rassismus in Vergangenheit und Gegenwart lieber nicht stellen möchte».

Monitore, eine Audioinstallation, Workshops und spontane Aktionen sollen nebst vergammelnden Schweizklischees «Gegenbilder» schaffen und der «Wirkmächtigkeit» des Wandbilds «ein Ende setzen». Nach drei Jahren wird das Wandbild übermalt.

5 «Wylerbet statt Alphabet»
https://cdn.unitycms.io/image/ocroped/1600,1600,1000,1000,0,0/XGrHKA9xFk8/8r1mnl5AaUaBn6rl-57yUm.png

Ein «Wylerbet» anstelle des Alphabets schlägt eine internationale, eher pädagogisch ausgerichtete Arbeitsgruppe vor. Das «Wylerbet» bestünde aus einem «Logbuch» und einer Stadtkarte zur kolonialen Geschichte Berns. Im Logbuch würden künstlerisch-forschende Zugänge von Schülerinnen und Schülern festgehalten, die innerhalb des Lehrplans zu einer «machtkritischen Analyse» ihres Umfelds angehalten würden.

Mittels einer App und einer Website bliebe dieses Lehrmittel à jour. Das Wandbild im Wylergut wäre Ausgangspunkt alternativer Stadtrundgänge, die auch im Tourismusbüro angeboten würden.

Urheberrecht wird nicht verletzt

Die Vorschläge haben eine technische Prüfung durchlaufen, die eine Realisierung zumindest nicht ausschloss. Noch nicht abgeklärt sind die Absichten der weiteren Parteien, deren Beteiligung die Projekte zum Teil vorsehen. Rechtliche Abklärungen der Stadtkanzlei haben ergeben, dass das nach wie vor bestehende Urheberrecht, das von den Erben der Künstler gehalten wird, von keinem der Projekte schwerwiegend verletzt wird. Die Nutzungsrechte der Stadt Bern als Eigentümerin beinhalten offenbar die Entfernung des Werks – selbst wenn es, weil es ortsspezifisch ist, durch die Umplatzierung verändert würde.

Auffallend ist, dass keines der Projekte auf die Urheber und ihre Aussageabsicht eingeht. Und selbst unter Berücksichtigung eines sehr erweiterten Kunstbegriffs ist nicht bei jedem Vorschlag ersichtlich, wie er das in der Wettbewerbsausschreibung explizit geforderte Kriterium der «künstlerischen Arbeit» erfüllt.


Öffentliche Präsentation der Projekte: 19. August und 5. September im Kornhausforum. Podium und Diskussion am 1. September unter der Leitung der Kunsthistorikerin Bärbel Küster. Bekanntgabe des Gewinnerprojekts voraussichtlich Ende Oktober.
(https://www.derbund.ch/muss-es-weg-darf-es-unsichtbar-sein-691780239115)
-> Medienmitteilung Stadt Bern: https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/wandbild-wylergut-projektvorschlaege-werden-praesentiert
-> -> https://youtu.be/EkA0ed7srME


+++RECHTSPOPULISMUS
Cancel Culture bedroht Ihre Potenz, Ihren Job und überhaupt alles
Was bewirkt der Kampfbegriff der Cancel Culture wirklich? Und ist sie so neu, wie ihre Erfinder uns das glauben machen?
https://www.watson.ch/leben/analyse/345100615-allmaechtige-cancel-culture-lisa-eckhart-j-k-rowling-weinstein


Nils Fiechter neues Parteileitungsmitglied
An der Delegiertenversammlung der Jungen SVP Schweiz in Zürich wurde Nils Fiechter, Co-Parteipräsident Junge SVP Kanton Bern, als neues Mitglied der Parteileitung gewählt. Mit Fiechter nimmt eine der Öffentlichkeit nicht unbekannte Person Einsitz in der strategischen Führungsebene der Jungen SVP, welche in Vergangenheit bereits diverse Erfolge für die Jungpartei verbuchen konnte.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184033/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Nach Corona-Podium: «Nicht länger tragbar»: Juso Aargau fordert Jean-Pierre Gallati zum Rücktritt auf
Die Jungsozialisten kritisieren den Gesundheitsdirektor für seinen Auftritt am Podium der lösungsorientierten Volksbewegung. Jean-Pierre Gallati habe die Veranstaltungen weiterlaufen lassen, obwohl beispielsweise der Abstand nicht eingehalten wurde.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/nicht-laenger-tragbar-juso-aargau-fordert-jean-pierre-gallati-zum-ruecktritt-auf-138809637
-> https://www.telem1.ch/aktuell/juso-fordert-ruecktritt-von-gesundheitsdirektor-jean-pierre-gallati-138814991


So schafft Merkel durch Corona unser Grundgesetz ab!!
https://youtu.be/WJwOLcXITno


+++HISTORY
Zürcher Geschichtsstreit: Bührle wird beschönigt
Stadt und Kanton Zürich wollten die Geschichte von Naziwaffenhändler und Kunstsammler Emil Georg Bührle unabhängig aufarbeiten lassen. Dann entdeckte ein Forscher Verharmlosungen im Text. Ein Geschichtskrimi um Antisemitismus, Standortmarketing und die Wissenschaftsfreiheit.
https://www.woz.ch/2034/zuercher-geschichtsstreit/buehrle-wird-beschoenigt
-> https://www.woz.ch/2034/sammlung-emil-g-buehrle/durchs-hoellentor-ins-kunsthaus



tagesanzeiger.ch 19.08.2020

Zürcher Sammlung Bührle Knatsch um dunkle Vergangenheit

Bevor sie im Neubau des Zürcher Kunsthauses präsentiert wird, sollte die Geschichte der Sammlung Bührle aufgearbeitet werden. Dabei kam es zu Differenzen, wie eine WOZ-Recherche ergab.

Andreas Tobler

Ein «international vorbildhaftes Projekt zum Umgang mit einer politisch ‹belasteten› Kunstsammlung» sollte es werden – die Aufarbeitung der Geschichte der Kunstsammlung von Emil Georg Bührle, die ab Ende 2021 im Neubau des Zürcher Kunsthauses zu sehen sein soll. Als belastet gilt die Sammlung, weil Bührle sein Vermögen mit dem Verkauf von Waffen gemacht hat, unter anderem mit der Aufrüstung von Nazi-Deutschland.

Insgesamt 180’000 Franken standen für das Forschungsprojekt zur Verfügung, um die Geschichte der Bührle-Sammlung aufzuarbeiten. An ihr beteiligt waren Matthieu Leimgruber, Professor an der Universität Zürich, und bis zuletzt auch noch der Historiker Erich Keller.

Ungebührliche Einmischung?

Trotz Versicherung des Zürcher Stadtrates, «von keiner Seite Einfluss» auf die Forschung zu nehmen, kam es anders: Wie die «Wochenzeitung» in ihrer morgigen Ausgabe berichtet, haben die Stadt Zürich und die Bührle-Stiftung «zahlreiche Änderungsvorschläge» in einer Zwischenfassung der Studie eingebracht.

Streit gab es unter anderem um Bührles Einsatz beim Freikorps, der nach dem Ersten Weltkrieg Demonstrationen und Aufstände von Kommunisten niederschlug. Lukas Gloor, Direktor der Bührle-Sammlung, wollte das Wort «Freikorps» in diesem Zusammenhang nicht lesen. «Freikorps ist, wie Sie wissen, ein zutiefst belasteter Begriff», schrieb Gloor dem Leiter der wissenschaftlich unabhängigen Studie.

Die Verwendung dieses Begriffs rücke Bührle in die Nähe der äusseren Rechten. Daher forderte Gloor dazu auf, ihn wegzulassen, wobei er sich bewusst war, dass er eine Grenze überschritt: «Bitte verzeihen Sie, wenn ich mich mit meinen Äusserungen in Ihre Arbeit ungebührlich einzumischen scheine», wird Gloor in der WOZ zitiert.

«Weglassen», schreibt Zürichs Kulturdirektor

An einer zweiten Stelle geht es um die Einordnung einer Auslassung Bührles gegenüber dem «Nebelspalter»: Die Satirezeitschrift, die zahlreiche jüdische Künstler beschäftigte, hatte Bührle schlafend zwischen Geldsäcken gezeichnet, worauf der Waffenfabrikant dem «Nebelspalter» schrieb, er solle nach Oerlikon kommen: «Vielleicht vergeht dir dann die fratzenhafte jüdische Vorstellung, die du von einem Industriellen zu haben scheinst.»

Die Verbindung von Marxismus und Judentum sei ein virulenter Topos der Zeit gewesen, hiess es in einer ersten Fassung der wissenschaftlichen Bührle-Studie; sein Brief an den «Nebelspalter» sei als «antisemitischer Ausfall» zu werten. Diese Wertung wollte Gloor gestrichen haben.

An einer dritten Stelle wurde Peter Haerle, Kulturdirektor der Stadt Zürich, aktiv: Jüdinnen, weibliche Sinti und Roma, die ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurden, mussten für die Firma Oerlikon-Bührle Waffen produzieren. In einer Passage der Studie wurde gemäss WOZ diskutiert, «was Bührle von dieser Zwangsarbeit gewusst haben könnte». Das wird von Haerle in einer Randbemerkung als «extrem spekulativ!» kritisiert. «Weglassen», fordert Zürichs oberster Kulturbeamter.

Keine Vorschriften, nur Anregungen

Bei allen drei Stellen wurde den Forderungen der Auftraggeber Folge geleistet. So wurde das Wort «Freikorps» und die Formulierung «antisemitischer Ausfall» gestrichen. Zudem sei die Passage zu Bührles Mitwisserschaft in Sachen Zwangsarbeit «kürzer gehalten» worden, schreibt die WOZ.

Matthieu Leimgruber findet die Kritik an den Änderungen gesucht: «Die Gewinne aus Zwangsarbeit seien schon bekannt gewesen und würden im Text auch erwähnt. Ob Bührles Verweis auf das Klischee des jüdischen Industriellen schon antisemitisch ist, findet Leimgruber nicht eindeutig. Er habe die Einordnung deshalb weggelassen», heisst es in der WOZ.

Peter Haerle verteidigt seine Eingriffe in die Arbeit der unabhängigen Historiker damit, dass es sich bei seinen Anmerkungen bloss um Anregungen gehandelt habe. «Ob die Autorenschaft sie übernimmt oder nicht, bleibt immer ihr Entscheid», wird Haerle zitiert. Lukas Gloor wollte sich gegenüber der «Wochenzeitung» nicht äussern. Auch gegenüber dem TA wollte er keine Stellung nehmen, solange der WOZ-Bericht nicht vorliege.

Uni setzt Untersuchungskommission ein

An die Öffentlichkeit kamen die Vorwürfe gegen die Stadt Zürich und die Bührle-Stiftung, weil der Historiker Erich Keller, der an der Studie beteiligt war, sich mit Leimgruber zerstritten hatte – und schliesslich seinen Namen zurückzog: «Ich kann und will nicht mit meinem Namen für eine Studie stehen, die nicht Ergebnis einer freien und offenen Forschung ist», lässt sich Keller von der WOZ zitieren.

Die Universität Zürich soll mittlerweile auf Kellers Kritik reagiert haben: Es wurde eine Untersuchung eingeleitet, um die Qualität des Bührle-Forschungsprojekts zu überprüfen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/knatsch-um-dunkle-vergangenheit-190041799464)