Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++SCHWEIZ
Entwurf zum Covid-19-Gesetz enthält keine Präzisierungen für Asylbereich
Der Bundesrat hat am 12. August die Botschaft zum Covid-19-Gesetz dem
Parlament übergeben. Die Anliegen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe
(SFH) sind im Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/im-fokus/entwurf-zum-covid-19-gesetz-enthaelt-keine-praezisierungen-fuer-asylbereich
IsolationWatch: Aufruf – Call – Appel
Aufruf zum Sammeln von Infos über Isolationsstrukturen
Wir versuchen zurzeit eine Website zu gestalten, die einen Überblick
über das Schweizer Migrationsregime (Camps, Ausschaffungsknäste), anhand
einer interaktiven Karte verschaffen soll. Konkret geht es in einem
ersten Schritt darum, sämtliche Asylcamps und Ausschaffungsknäste der
Schweiz auf einer Karte abzubilden. Dafür brauchen wir Hilfe.
https://barrikade.info/article/3779
+++BALKANROUTE
Serbien baut Zaun an Grenze zu Nordmazedonien
Der Zaun soll Migranten von Grenzübertritten abhalten. Nach Angaben des
Bürgermeisters der Stadt Presevo soll der Bau mit der EU vereinbart
worden sein
https://www.derstandard.at/story/2000119458789/serbien-baut-zaun-an-grenze-zu-nordmazedonien?ref=rss
+++MITTELMEER
Schiffsunglück vor Libyen: UNHCR und IOM sprechen von 45 Toten
Das Unglück ist offenbar der größte registrierte Schiffbruch vor der Küste Libyens in diesem Jahr
https://www.derstandard.at/story/2000119465717/schiffsunglueck-vor-libyen-unhcr-und-iom-sprechen-von-45-toten?ref=rss
Wie involviert ist Deutschland bei illegalen Pushbacks in der Ägäis?
Griechenland ist hinsichtlich der Push Backs in eine neue Phase
eingetreten: die Refugees werden nachts und heimlich auf Rettungsinseln
in offene Meer geschleppt. Auf den Bericht in der NYT vom 14.08. hatten
wir hingewiesen. Offenbar sind bis jetzt alle betroffenen Menschen von
der türkischen Küstenwache an Land gebracht worden.
Mare Liberum stellt nun die Frage nach der Beteiligung von Schiffen der deutschen Marine und von FRONTEX.
https://ffm-online.org/wie-involviert-ist-deutschland-bei-illegalen-pushbacks-in-der-aegaeis/
+++TUNESIEN
Tunis unter Druck
EU-Delegation drängt tunesische Regierung zu noch mehr Kooperation bei Abschottungspolitik. Flüchtlingszahlen steigen
https://www.jungewelt.de/artikel/384662.eu-abschottungspolitik-tunis-unter-druck.html
+++FREIRÄUME
bernerzeitung.ch 19.05.2020
Überbauung in der Lorraine: Ein weiterer Anlauf in der ideologischen Kampfzone
Nach zehnjährigem Hickhack beugt sich der Stadtrat über einen neuen
Vorschlag für die Überbauung am Berner Centralweg. Dieser löst keine
Begeisterung aus, dafür könnte er gebaut werden.
Benjamin Bitoun
Das kleine Stück Land am Centralweg 9 im Berner Lorrainequartier gehörte
in den letzten Jahren zu den wohl am härtesten umkämpften Orten der
Stadt.
Protagonisten traten seit 2008 zuhauf in Erscheinung. Da gibt es den
umtriebigen Rotlicht-Unternehmer von nebenan, der immer wieder die
Bauabsichten der Stadt durchkreuzte. Dann die GLP Stadt Bern, die – eher
unerwartet – durchbrachte, dass die auf dem Grundstück geplanten
Wohnungen zu Marktpreisen vermietet werden müssen. Ferner ein
Quartierverein und Politiker, die sich dagegen zur Wehr setzten, auf dem
Bau von günstigerem Wohnraum bestanden und versuchten, den unliebsamen
Stadtratsbeschluss rückgängig zu machen. Einer von ihnen, Alt-Stadtrat
Luzius Theiler (GaP), ging dafür bis vor Bundesgericht.
Abstriche beim Baustandard
Trotz der belasteten Vorgeschichte hat es der Stadtrat am Donnerstag in
der Hand, für die Politquartiergeschichte Centralweg doch noch ein Happy
End zu schreiben: Dann nämlich beugt er sich über den neuesten
Lösungsvorschlag des Gemeinderats – ein Bauprojekt von dreizehn
Wohnungen, die gegenüber den ursprünglich geplanten deutlich abgespeckt
daherkommen.
Präsentiert hat der Gemeinderat das Projekt Anfang März, nur wenige
Wochen nachdem der städtische Finanzdirektor Michael Aebersold (SP)
angekündigt hatte, anlässlich der klammen Stadtfinanzen bei Bauprojekten
künftig genau hinschauen zu wollen, ob es nicht auch billiger ginge.
Im Fall des Centralwegs kam die Stadtregierung zum Schluss: Es geht
durchaus billiger. Denn obwohl das überarbeitete Bauvorhaben mit der
bestehenden Bewilligung realisiert werden kann, blieb kaum etwas übrig
vom architektonischen Hingucker-Projekt, das der Gemeinderat vor nunmehr
zehn Jahren präsentierte. Auf die ovalen, frei stehenden Balkone, denen
das Projekt seinen wohlklingend grünen Namen «Baumzimmer» verdankte,
wurde ebenso verzichtet wie auf die Verwendung des Baumaterials Holz.
Selbst das prestigeträchtige Minergie-Label wurde aus Kostengründen
eingespart.
Billiger bauen für niedrigere Mieten
Der Spareffekt ist massiv: Insgesamt konnten die geplanten Baukosten von
8,8 Millionen Franken um rund eine Million auf knapp 7,8 Millionen
Franken gesenkt werden. Das sei möglich, weil das ursprüngliche
Bauprojekt nicht auf Zweckmässigkeit und Kosteneffizienz ausgerichtet
gewesen sei, sondern durch Gestaltung, Bauweise, Energetik und
Ausbaustandard besonderen Ansprüchen habe genügen müssen, begründet die
Stadt.
Anlass für die baulichen Abstriche gab indes nicht in erster Linie die
klamme Stadtkasse, sondern ein Streit über die Höhe der Mieten. 2013
überwies der Stadtrat einen Vorstoss der GLP, wonach die neuen Wohnungen
am Centralweg zu Marktmieten abzugeben seien und nicht von der Stadt
subventioniert werden dürften. In der Folge hagelte es aus der Politik
und aus dem Quartier Kritik an den teuren «Luxuswohnungen», die zur
rasanten Gentrifizierung der Lorraine beitragen würden.
Die Kosteneinsparungen beim neuen Projekt ermöglichen der Stadt nun, den
Kritikern entgegenzukommen und das geplante Mietzinsniveau deutlich zu
senken. Anstatt knapp 2600 Franken kostet eine 4½-Zimmer-Wohnung im
Erdgeschoss dadurch nur noch knapp 1900 Franken, was als preisgünstig
gilt.
Noch mehr günstige Wohnungen gefordert
Catherine Weber vom Quartierverein Läbigi Lorraine zeigt sich damit
zufrieden – zumindest teilweise. «Unsere Hauptforderung nach billigeren
Wohnungen wurde erfüllt», sagt sie. Aber im Grunde sollte die Stadt alle
Wohnungen am Centralweg als günstigen Wohnraum mit Vermietungskriterien
(GüWR) vermieten, fordert Weber und spricht damit auf einen
entsprechenden Antrag der vorberatenden Kommission an. Sie sagt: «Würde
die Stadt ihre Renditeerwartungen noch ein wenig weiter senken, dann
wären alle in der Lorraine glücklich.»
Darüber dürften die Meinungen an der kommenden Stadtratssitzung
auseinandergehen. «Zusätzlich Wohnungen im GüWR-Segment anzubieten, ist
für unsere Fraktion bei diesem komplexen Projekt nicht angezeigt», sagt
etwa Lukas Gutzwiller, Präsident der GFL/EVP-Fraktion. Seine Fraktion
unterstütze deshalb das Projekt so, wie es durch den Gemeinderat
angepasst worden sei.
Die Wohnungen würden zu Kostenmieten vergeben und damit voraussichtlich
unter Marktniveau liegen, so Gutzwiller. Dadurch werde die Rendite für
den Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik bereits um rund ein Viertel oder
100’000 Franken pro Jahr geschmälert, was einer Quersubvention
entspreche. Er betont aber: «Es ist ein akzeptabler Klimmzug, der hier
dem Gemeinderat gelungen ist.»
Bei der Forderung nach einem noch grösseren Anteil an günstigen
Wohnungen gehe es dem Quartierverein nicht zuletzt auch um die Akzeptanz
der Überbauung im Quartier, hält Catherine Weber dagegen. Schliesslich
seien die Mieten immer noch eher hoch. «Wir wollen keine Farbanschläge
wie bei den teuren Wohnungen auf dem Serini-Areal an der
Lorrainestrasse.»
(https://www.bernerzeitung.ch/ein-weiterer-anlauf-in-der-ideologischen-kampfzone-744734053869)
—
Stadtratssitzung 20.08.2020
https://ris.bern.ch/Sitzung.aspx?obj_guid=9d0121c1fa66410cb26bdf8123612ea9
Centralweg 15, 3013 Bern: Bericht zur Überprüfung der Kosten Bauprojekt und Vorschlag zum weiteren Vorgehen; Baukredit
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=2a8ecaae4705426499980d1f4581dfaf
Interfraktionelle Motion GB/JA!, SP (Stéphanie Penher, GB/Lena Sorg,
SP/Luzius Theiler, GPB-DA/Christa Ammann, AL): Bauprojekt Centralweg:
günstigen Wohnraum möglich machen; Fristverlängerung
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=c824ad466b0a4d119b4da3c07b4f418d
Interfraktionelle Motion GB/JA!, SP (Stéphanie Penher, GB/Lena Sorg,
SP/Luzius Theiler, GPB-DA/Christa Ammann, AL): Bauprojekt Centralweg:
günstigen Wohnraum möglich machen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=c824ad466b0a4d119b4da3c07b4f418d
Interfraktionelle Interpellation SP, GB/JA! (Johannes Wartenweiler,
SP/Stéphanie Penher, GB/Luzius Theiler, GPB-DA/Melanie Mettler,
GLP/Christa Ammann, AL/Daniel Egloff, PdA/Mess Barry, parteilos):
Centralweg – neue Komplikationen bei einem vermurksten Projekt
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=dc4362d6cfb84389a4a13c0a540ba3bc
Audio-Live-Übertragung: https://www.bern.ch/politik-und-verwaltung/stadtrat/sitzung-geschaeft/audio-uebertragung-auswaerts
+++GASSE
Basel braucht den Bettelboss
Wir belügen uns selbst. Das Märchen von der organisierten Bettelbande
kommt uns wie gerufen. Es erlaubt uns, zu verdrängen, worum es wirklich
geht: die Armut – die wir unterstützen.
https://bajour.ch/a/ySsQfIKTraTrOYmo/basel-braucht-den-bettelboss
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Türkische Rechtshilfegesuche – Erdogans langer Arm reicht bis in die Schweiz
Im Kampf gegen Anhänger der PKK oder der Gülen-Bewegung stellt die Türkei immer mehr Rechtshilfegesuche an die Schweiz.
https://www.srf.ch/news/schweiz/tuerkische-rechtshilfegesuche-erdogans-langer-arm-reicht-bis-in-die-schweiz
Aux interpellé.e.x.s de la Critical Mass du 31 juillet 2020 – Conseils Antirep
En mai, la Critical Mass avait été empêchée par la police. En juin, 23
interpellations étaient effectuées. En juillet, au moins 9
interpellations ont été effectuées par les flics. Voici quelques
conseils antirep pour organiser une défense collective.
https://renverse.co/infos-locales/article/aux-interpelle-e-x-s-de-la-critical-mass-du-31-juillet-2020-conseils-antirep-2719
+++KNAST
Brand in einer Zelle des Untersuchungsgefängnisses – Häftling leicht verletzt
Am frühen Mittwochmorgen kam es in einer Zelle im Untersuchungsgefängnis
Solothurn zu einem Brand. Der Zelleninsasse zog sich dabei leichte
Verletzungen zu und musste zur Kontrolle in ein Spital gebracht werden.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/lebern-bucheggberg-wasseramt/brand-in-einer-zelle-des-untersuchungsgefaengnisses-haeftling-leicht-verletzt-138810522
+++BIG BROTHER
Polizei in New York City machte mit Gesichtserkennung Jagd auf einen Aktivisten
Während der Black-Lives-Matter-Proteste soll der Beschuldigte einem Beamten mit einem Megafon ins Ohr geschrien haben
https://www.derstandard.at/story/2000119455516/polizei-in-new-york-city-machtemit-gesichtserkennung-jagd-auf-aktivisten?ref=rss
+++POLICE BE
derbund.ch 19.08.2020
Tod im Gefängnis: Schwieriger Entscheid zwischen Haft und Spital
Im Fall von Kilian S. hat das Obergericht einen Arzt entlastet. Nach
welchen Kriterien entscheiden Polizei und Medizin, ob jemand ins Spital
oder in die Zelle muss?
Simon Wälti, Brigitte Walser
Den Arzt, der die Inhaftierung von Kilian S. guthiess, trifft keine
Schuld an dessen Tod, er hat sich nicht der fahrlässigen Tötung schuldig
gemacht. Zu diesem Schluss kam das bernische Obergericht. Der
20-jährige Kilian S. wurde am Morgen des 26. Dezembers 2018 tot in der
Gefängniszelle der Polizeiwache am Waisenhausplatz in Bern aufgefunden.
Gemäss einem Gutachten hätte eine Hospitalisierung nach menschlichem
Ermessen den Todesfall nur «möglicherweise» verhindern können. Die Frage
bleibe hypothetisch und lasse sich nicht mit erforderlicher Sicherheit
beurteilen.
Der Arzt hatte den jungen Mann beurteilt, der diverse Drogen konsumiert
hatte, und befunden, eine Verlegung ins Spital sei nicht notwendig. Er
führte bei der Einvernahme in erster Linie medizinische Gründe an. Er
verwies aber auch auf die Ressourcen. «Wenn ich jemanden einfach
leichtsinnig ins Spital schicke, blockiere ich für zehn bis zwanzig
Stunden eine Koje im Notfall, beschäftige meine Kollegen dort, und es
müssen sich zwei Polizeibeamte für die ganze Zeit nebendranstellen.»
Diese Überlegung müsse er «gezwungenermassen» machen. «Ich weiss nicht,
ob das pietätlos ist, aber es kostet auch eine Menge Geld.»
Gehörts zum Auftrag?
Für Markus Mohler fällt die finanzielle Frage bei der Prüfung der
sogenannten Hafterstehungsfähigkeit ausser Betracht. Mohler ist
ehemaliger Rechtsdozent an den Universitäten Basel und St. Gallen sowie
früherer Kommandant der Kantonspolizei Basel-Stadt. Er sagt: «Solche
Überlegungen sind meiner Meinung nach nicht zulässig, denn nach diesem
Kriterium bedeutete dies, dass jemand in Haft die schlechtere
medizinische Versorgung erhält als andere.» Es gelte ja auch die
Unschuldsvermutung. Es handle sich daher um eine Diskriminierung. Die
medizinische Triage folge anderen Kriterien, denn just in einem solchen
«Sonderstatusverhältnis» trage der Staat eine besondere Verantwortung.
Das Gericht meinte zu den Aussagen des Arztes: «Dass er dabei auch
Überlegungen zu den verfügbaren Ressourcen angestellt hat, mag die
Beschwerdeführerin irritieren, gehört aber bis zu einem gewissen Grad zu
seinem Auftrag.» Die Beschwerdeführerin ist die Mutter von Kilian S.
Keine einfache Situation
Sind Polizisten unsicher, ob eine Person in eine Zelle gebracht werden
kann, ziehen sie ärztlichen Rat bei. In einigen Regionen fahren sie mit
der betreffenden Person in eine Notfallstation. In Bern übernehmen
Ärzte, die gerade Notfalldienst leisten, diese Überprüfung. Sie kommen
auf die Wache, theoretisch könnte die Abklärung aber auch in ihrer
Praxis stattfinden, wie Bidisha Chatterjee sagt. Die Ärztin hat
langjährige Erfahrung in der Gefängnismedizin. Dann gehe es darum,
festzustellen, ob jemand ohne medizinische Überwachung in die Zelle
gebracht werden könne. Dabei zählen laut der Ärztin medizinische
Kriterien, und zwar die gleichen wie ausserhalb der Haft: «Wenn jemand
Spitalpflege braucht oder weitere Abklärungen, muss der Notfallarzt
diese in die Wege leiten.» Diesen «Anspruch auf eine gleichwertige
Behandlung» halten auch die Richtlinien der Akademie der medizinischen
Wissenschaften fest, «abgesehen von einer Einschränkung des Rechts auf
freie Arztwahl».
Es gibt dabei allerdings Herausforderungen, die Chatterjee erwähnt:
Aufgrund der Situation seien die Personen häufig nicht sehr kooperativ.
Da sei es nicht einfach, den Verlauf des Allgemeinzustandes für die
nächsten 24 oder gar 48 Stunden abzuschätzen und auch die
Verhältnismässigkeit zu prüfen. Ausserdem sei es von Vorteil, wenn man
als Arzt mit den Haftbedingungen vertraut sei.
Lange Wartezeiten
Die bernische Polizei ist bei Festnahmen häufig mit der Frage
konfrontiert, ob eine Person ohne ernste Gefahr für Gesundheit und Leben
in Haft bleiben kann. 2018 wurden bei gut 2100 vorläufigen Festnahmen
in 250 bis 300 Fällen diese Frage geprüft. Dabei besteht Zeitdruck, denn
es ist im Kanton Bern innert 24 Stunden zu entscheiden, ob die
festgehaltene Person in Untersuchungshaft versetzt oder entlassen wird.
«Es muss schnell gehen, denn sowohl für eine medizinische Beurteilung
der Haftfähigkeit als auch für erste polizeiliche Befragungen und
Abklärungen steht aus unterschiedlichen Gründen nur wenig Zeit zur
Verfügung», sagt Markus Mohler. Gebe es Zweifel am gesundheitlichen
Zustand, physisch oder psychisch, dann müsse die Polizei sofort und
zwingend eine medizinische Fachperson kommen lassen. Ganz überwiegend
werde dies auch korrekt gehandhabt. Die Polizei könne ja keine
Verantwortung für von ihr fachlich nicht zu beantwortende medizinische
Fragen übernehmen. Daran habe sie auch keinerlei Interesse, so Mohler.
Dass die Zeit entscheidend sein kann, ist auch dem bernischen
Regierungsrat bewusst. In einer Antwort auf einen Vorstoss im Grossen
Rat machte er vor zwei Jahren auf die Schwierigkeit von langen
Wartezeiten aufmerksam, «die vor allem nachts und in Randzeiten oftmals
entstehen», bis eine Prüfung durch die ärztlichen Notfalldienste
erfolgen könne.
(https://www.derbund.ch/schwieriger-entscheid-zwischen-haft-und-spital-923872781712)
+++POLIZEI BL
Baselbieter Polizei soll Bodycams einsetzen dürfen
Die Regierung will eine gesetzliche Grundlage für Körperkameras schaffen, die bei Einsätzen verwendet werden können.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/baselland-baselbieter-polizei-soll-bodycams-einsetzen-duerfen
+++POLIZEI AT
Polizeiarbeit: Österreich testet Grenzüberwachung mit Drohnen
Drohnen sollen der Polizei in Österreich helfen, die Grenzen zu
überwachen und gegen Schlepper vorzugehen. Ein entsprechendes
Pilotprojekt soll bis Jahresende laufen.
https://www.zeit.de/politik/2020-08/drohnen-polizeiarbeit-oesterreich-grenzen-ungarn-slowenien-testprojekt
+++POLIZEI DE
Polizeigewalt in Deutschland – Kriminologe: «Polizei hat kein strukturelles Gewaltproblem»
Mangelnde Aufarbeitung, fehlende Transparenz: Kriminologe Feltes kritisiert die deutsche Polizei nach Gewaltexzessen.
https://www.srf.ch/news/international/polizeigewalt-in-deutschland-kriminologe-polizei-hat-kein-strukturelles-gewaltproblem
Polizei: Weg mit dem Heiligenschein
Polizeigewerkschaften haben zusammen mit Innenpolitikern und medialen
Scharfmachern eine Atmosphäre geschaffen, in der die Polizei geradezu
religiös verehrt wird. Wer die Polizei kritisiert oder gar reformieren
will, gilt als Häretiker. Dabei sind dringend Lösungen gefragt. Ein
Kommentar.
https://netzpolitik.org/2020/polizei-weg-mit-dem-heiligenschein/
Polizeieinsatz: Drei Polizisten aus Frankfurt nach Gewaltvideos vom Dienst suspendiert
Der Mann lag schon am Boden, drei Beamte traten auf ihn ein: Nach dem
umstrittenen Einsatz in Frankfurt am Main gegen einen 29-Jährigen wurden
drei Beamte suspendiert.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/polizeieinsatz-frankfurt-sachsenhausen-festnahme-polizeigewalt-videos-polizisten-suspendiert
-> https://www.spiegel.de/panorama/frankfurt-drei-polizisten-nach-gewaltvideos-suspendiert-a-78d4257c-897e-430a-a75d-c1776728ad0c
-> https://taz.de/Brutale-Festnahme-in-Frankfurt-am-Main/!5708681/
Polizeigewalt: Wenn die Polizei gegen die Polizei ermittelt
Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg: Nach den jüngsten Fällen von
Polizeigewalt wird erneut eine unabhängige Beschwerdestelle gefordert.
Wie hilfreich wäre das?
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-08/polizeigewalt-beschwerdestelle-unabhaengig-polizeieinsaetze-politik-kriminologe/komplettansicht
-> https://netzpolitik.org/2020/hamburger-polizei-auf-twitter-keine-nachfragen-zugelassen/
Racial Profiling: Politiker sehen in Satirevideo Verunglimpfung der Polizei
Ein Satireclip des öffentlich-rechtlichen Angebots Funk zum Thema
Rassismus in der Polizei hat für Empörung unter Innenpolitikern gesorgt.
Der Autor verteidigt den Film.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/racial-profiling-video-aurel-mertz-funk-satire-polizeigewalt
-> https://www.funk.net/channel/aurel-12064/racial-profiling-1701278
Rassismus und Polizeigewalt: Grüne Jugend will Polizei umfassend reformieren
Für ihr Positionspapier zu einer Neuausrichtung der Polizei wurde die
Jugendorganisation vielfach kritisiert – selbst aus der eigenen Partei.
Dabei bringt das Papier die wichtigsten Probleme der Polizei auf den
Punkt und zeigt Wege auf, wie diese gelöst werden können.
https://netzpolitik.org/2020/rassismus-und-polizeigewalt-gruene-jugend-will-polizei-umfassend-reformieren/
Blaise Francis El Mourabit über Polizeigewalt
Kulturzeit-Gespräch mit Menschenrechtsanwalt Blaise Francis El Mourabit
über Handy-Videos von Polizeigewalt in den sozialen Medien.
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/gespraech-mit-blaise-francis-el-mourabit-100.html
++RASSISMUS
bernerzeitung.ch 19.08.2020
Muss das rassistische Alphabet weg?
Die Stadt Bern versucht, mit künstlerischen Ideen einen zeitgemässen
Umgang zu finden mit einem umstrittenen Wandbild im Schulhaus Wylergut.
Das geht nicht, ohne zu schwitzen.
Jürg Steiner
Tropische Luftfeuchtigkeit, gleissende Bühnenbeleuchtung, strenge
Maskenpflicht: Nicht nur die Auftretenden kamen ziemlich rapide ins
Schwitzen gestern abend im Kornhausforum. Konkurrierende
«interdisziplinäre Künstlerteams» präsentierten in einem öffentlichen
Hearing der Jury ihre Ideen, wie sie das rassistische Wandbild im
Schulhaus Wylergut in eine konstruktive öffentliche Debatte überführen
würden.
Genau das war der ambitionierte Auftrag, den die städtische
Kulturabteilung vor einem Jahr ausschrieb. Aus den eingereichten
Ideenskizzen nominierte die von Architekt Stanislas Zimmermann
präsidierte Jury fünf Teams für die Endrunde (siehe Kasten), aus der
sich in zwei Etappen bis Oktober 2020 das Siegerprojekt
herauskristallisieren sollte.
Am Mittwochabend performten die ersten drei Teams mit ihren Ideen. Was
sich als erster Eindruck schnell zeigte: Die Stadt Bern wagt sich mit
diesem Kunstwettbewerb an eine hochkarätige Auseinandersetzung mit
Rassismus und den lange verdrängten kolonialen Spuren vor der eigenen
Haustür. Der Tatbeweis, dass diese Debatte aus der Blase der
intellektuellen Avantgarde in den lokalen Alltag vordringt, ist
allerdings noch zu erbringen. Der künstlerische Zugang zum
Alltagsrassismus fliegt mitunter hoch über dem Erdboden.
Immerhin stellt sich die rot-grün regierte Stadt mit dieser
Auseinandersetzung ihrem eigenen Anspruch, «Menschen mit
Migrationshintergrund» gleichberechtigte Teilhabe an der Kultur zu
ermöglichen. Was nicht funktioniert, ohne dass man sich mit Rassismus
beschäftigt und damit, wie die koloniale Vergangenheit die Gegenwart
prägt. Und im vorliegenden Fall bedeutet das auch, selbstkritisch in der
linken Geschichte zu graben.
Gegenstand der Diskussion ist das farbenprächtige Wandalphabet aus dem
Jahr 1949, das im Wylergut-Schulhaus über der Treppe und dem
Tischfussballkasten prangt. Jedem Buchstaben ist ein Sinnbild
zugeordnet. Beim Z ist es eine Ziege, beim T eine Taube, beim I findet
man einen rothäutigen «Indianer». Bei C taucht ein gelbhäutiger Chinese
auf. Und beim N sieht man einen Menschen mit schwarzer Hautfarbe,
dargestellt als exotisch geschmückten Wilden. Das Wort, das damit
verbunden wird, gilt heute als rassistisch. Der weisse Mensch, der diese
Sicht auf die Welt geschaffen hat, kommt nirgends vor.
Erstaunlicherweise handelt es sich bei den Erschaffern des Werks um
Linke. Die beiden Künstler Eugen Jordi (1894–1983) und Emil Zbinden
(1908–1991) waren sozial engagiert, das Bild überzeugt gemäss Experten
mit «hoher malerischer Qualität». Und vor allem: Das Œuvre ist von der
Denkmalpflege integral als erhaltenswert eingestuft worden.
Aus diesem Grund steht die Frage im Fokus, ob eine konstruktive
Auseinandersetzung möglich ist, wenn das Alphabet bleibt, wo es ist. Der
städtische Denkmalpfleger Jean-Daniel Gross hatte gegenüber der Zeitung
«Bund» bereits klargestellt, dass problematische Inhalte von Kunst am
Bau «nicht in der Kompetenz der Denkmalpflege» lägen. Mit Bezug darauf
plädiert die Künstlergruppe «Das Bild muss weg» explizit für die
sachgerechte Entfernung des Wandbilds Richtung Historisches Museum. Der
geschützte, letztlich nur halb öffentliche Raum der Schule sei als
Ausgangspunkt einer Rassismusdebatte der falsche Ort.
Zudem versteht die Gruppe die Demontage des Alphabets auch als Referenz
der Stadt Bern an die «Black Lives Matter»-Proteste. Es wäre eine Geste,
finden die Künstler, mit der sich Bern für ein Kulturerbe ausspräche,
das sich dem Gefühl von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit verpflichte
und sich gegen diskriminierende Darstellungen unmissverständlich
verwahre. Etwas, das zweifellos zu den Kernanliegen der rot-grünen Stadt
gehört, bei denen man ins Schwitzen kommen kann, wenn man sie einlösen
will.
–
Die fünf Finalprojekte
Die Jury, bestehend aus Rohit Jain (Rassismusforscher), Jürg Lädrach
(Schulleiter Lorraine/Wylergut), Kathrin Oester (Anthropologin), Yvonne
Wilhelm (Künstlerin) und Stanislas Zimmermann (Architekt) kürt das
Siegerteam aus folgenden fünf Vorschlägen:
Z.B. Wylergut: Die Künstler wollen die Buchstabenreihenfolge des
Alphabets vor Ort erhalten, die Bildinhalte aber mit Spiegelflächen
ersetzen. Künstlerinnen und Künstler bespielen im Quartier aufgestellte
Kästen, die den Buchstabenkacheln des Alphabets ähneln.
N wie Neu: Das Alphabet soll an Ort und Stelle erhalten bleiben, davor
soll aber ein genau gleich dimensionierter Wechselrahmen aufgehängt
werden, der mit einem Wimmelbild gefüllt wird, das im Bedarfsfall wieder
ausgewechselt werden kann.
Das Wandbild muss weg: Das Wandbild wird fachgerecht demontiert – mit
den inzwischen schwarz übersprayten Kacheln – und dem Historischen
Museum übergeben, das um das Alphabet eine Ausstellung aufgleist, die
der kritischen Aufarbeitung der Berner Kolonialgeschichte dient.
Störung im Dorf: Die Künstlerinnen und Künstler wollen mit
Interventionen die «beschauliche Ruhe» stören. Audioinstallationen, eine
Website und spontane Aktionen sollen eine Gegenwelt zum Alphabet
schaffen. Nach drei Jahren endet die Aktion, das Wandbild soll
(reversibel) übermalt werden.
Wylerbet statt Alphabet: Das Wandbild im Schulhaus dient als
Ausgangspunkt, damit mit Schülerinnen und Schülern eine alternative
digitale Stadtkarte erarbeitet wird, die Orte der Auseinandersetzung mit
Rassismus markiert. Das Wylerbet würde zu einer Art Abc der
Rassismusdebatte in der Stadt Bern. Das ursprüngliche Alphabet würde
nach Abschluss der Arbeit entfernt.
(https://www.bernerzeitung.ch/muss-das-rassistische-alphabet-weg-875999900838)
—
derbund.ch 19.08.2020
Umstrittenes Berner Wandbild: Muss es weg? Darf es unsichtbar sein?
Wie soll mit dem als rassistisch taxierten Wandbild im Schulhaus
Wylergut verfahren werden? Die Stadt Bern hat einen Wettbewerb
ausgeschrieben. Nun liegen die fünf ausgewählten Vorschläge auf dem
Tisch.
Martin Bieri
Seit 1949 ist im Treppenhaus des Schulhauses Wylergut in Bern ein
Wandbild zu sehen, das den Schülerinnen und Schülern das Alphabet
beibringen soll. Jedem Buchstaben ist ein eigenes kleines Bild eines
Objekts, eines Tiers oder einer Pflanze zugeordnet. Nur die Buchstaben
C, I und N zeigen stereotypisierte Darstellungen von Menschen aus China,
Amerika und Afrika.
Die Berner Künstler Emil Zbinden (1908–1991) und Eugen Jordi (1894–1983)
hatten das Fresko im Auftrag der Stadt Bern geschaffen, das Inventar
der Denkmalpflege stuft das Schulhaus integral als «erhaltenswert» ein.
Weil aber das Wandbild «im Hinblick auf die notwendige gesellschaftliche
Sensibilisierung für Rassismus und Diskriminierung problematisch» sei,
soll es «in dieser Form nicht unkommentiert präsent bleiben», gab die
Stadt Bern vor einem Jahr bekannt und schrieb einen Wettbewerb aus.
Die fünfköpfige Jury hat aus 25 eingereichten Vorschlägen 5 ausgewählt,
welche nun im Stadtsaal des Kornhausforums öffentlich präsentiert und
diskutiert werden. Die Präsentationen der Projektvorschläge (19.8. und
5.9.) stehen allen interessierten Personen offen. Vor einigen Wochen
haben Unbekannte die drei fraglichen Bildteile mit schwarzer Farbe
übermalt. Auf diesen veränderten Zustand des Bildes geht keiner der
Wettbewerbsvorschläge ein.
1 «z.B. Wylergut»
https://cdn.unitycms.io/image/ocroped/1600,1600,1000,1000,0,0/WSNODLMPG9k/Awe-DBZL4j38QnUmr3AZ_e.png
Das Wandbild wird mit einer ungleichmässigen Spiegelfläche ersetzt. Die
Buchstabenfolge wird vom ursprünglichen Werk übernommen, das zwar
unsichtbar gemacht, aber erhalten wird. Die Spiegel sollen dem «nicht
mehr zeitgemässen Blick» von Zbinden und Jordi, der ein «Komplize
gewaltvoller Machtausübung» sei, «eine Perspektive entgegensetzen, die
auf die Betrachtenden selbst gerichtet ist».
Das Alphabet und das verzerrte Spiegelbild machten eine «Verständigung
über Standpunkte und Wahrnehmung» notwendig. Zudem sollen ausserhalb des
Schulhauses den Kacheln des Wandbilds nachempfundene Bildkästen
aufgestellt werden für ständig wechselnde künstlerische Beiträge zur
Dekolonialisierungsdebatte – damit mit dem neuen Werk keine erneute
Ausschliessung erzeugt werde.
2 «N wie Neu»
https://cdn.unitycms.io/image/ocroped/1600,1600,1000,1000,0,0/p9QW-cevK_8/20v_gHypqzuBlttJohBrlZ.png
Ein Kollektiv namens «Kunst und Krise» will das Wandbild mit einem
Wechselrahmen für Wimmelbilder überdecken, die «diverse Realitäten und
Identitäten der Schweizer Gesellschaft» abbilden. Dieses Bild kann
ersetzt werden, wenn es in «5 oder gar 50 Jahren» nicht mehr dem dann
«aktuellen rassismuskritischen Diskurs» entspreche.
In Workshops mit den Schülerinnen und Schülern soll der Inhalt des
Wimmelbilds erarbeitet werden. Verantwortlich für die Umsetzung wäre die
junge Illustratorin Maeva Rubli aus Delémont. Begleitet würde das Bild
von einem pädagogischen Narrativ, das mit einem audiovisuellen
Lehrmittel und einem Erlebnisparcours in der Nähe des Schulhauses über
«koloniale Verstrickungen der Schweiz» Auskunft geben soll.
3 «Das Wandbild muss weg»
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Eine interdisziplinäre Gruppe, der unter anderem die Autorin und
Performerin Fatima Moumouni und der Historiker Bernhard Schär angehören,
zeigt mittels eines anschaulichen Fragenkatalogs auf, warum das
Wandbild «weg muss». Die Gruppe vertritt die Meinung, dass «Kulturerbe
ein Gefühl von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit vermitteln» solle.
Das Fresko soll demontiert und dem Historischen Museum geschenkt werden.
Verbunden wäre damit der Auftrag, eine Ausstellung zur Berner
Kolonialgeschichte zu erarbeiten. Aus diesem Prozess soll ein Lehrmittel
für alle Berner Schulen entstehen.
4 «Störung im Dorf»
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Die Illustratorin Anna Albisetti, der Künstler Cat Tuong Nguyen und die
Soziologin Simone Suter aus Bern schlagen eine Störung der
«beschaulichen Stimmung» im Wylergut vor – und in der Schweiz, die sich
«unbequemen Fragen zu Rassismus in Vergangenheit und Gegenwart lieber
nicht stellen möchte».
Monitore, eine Audioinstallation, Workshops und spontane Aktionen sollen
nebst vergammelnden Schweizklischees «Gegenbilder» schaffen und der
«Wirkmächtigkeit» des Wandbilds «ein Ende setzen». Nach drei Jahren wird
das Wandbild übermalt.
5 «Wylerbet statt Alphabet»
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Ein «Wylerbet» anstelle des Alphabets schlägt eine internationale, eher
pädagogisch ausgerichtete Arbeitsgruppe vor. Das «Wylerbet» bestünde aus
einem «Logbuch» und einer Stadtkarte zur kolonialen Geschichte Berns.
Im Logbuch würden künstlerisch-forschende Zugänge von Schülerinnen und
Schülern festgehalten, die innerhalb des Lehrplans zu einer
«machtkritischen Analyse» ihres Umfelds angehalten würden.
Mittels einer App und einer Website bliebe dieses Lehrmittel à jour. Das
Wandbild im Wylergut wäre Ausgangspunkt alternativer Stadtrundgänge,
die auch im Tourismusbüro angeboten würden.
Urheberrecht wird nicht verletzt
Die Vorschläge haben eine technische Prüfung durchlaufen, die eine
Realisierung zumindest nicht ausschloss. Noch nicht abgeklärt sind die
Absichten der weiteren Parteien, deren Beteiligung die Projekte zum Teil
vorsehen. Rechtliche Abklärungen der Stadtkanzlei haben ergeben, dass
das nach wie vor bestehende Urheberrecht, das von den Erben der Künstler
gehalten wird, von keinem der Projekte schwerwiegend verletzt wird. Die
Nutzungsrechte der Stadt Bern als Eigentümerin beinhalten offenbar die
Entfernung des Werks – selbst wenn es, weil es ortsspezifisch ist, durch
die Umplatzierung verändert würde.
Auffallend ist, dass keines der Projekte auf die Urheber und ihre
Aussageabsicht eingeht. Und selbst unter Berücksichtigung eines sehr
erweiterten Kunstbegriffs ist nicht bei jedem Vorschlag ersichtlich, wie
er das in der Wettbewerbsausschreibung explizit geforderte Kriterium
der «künstlerischen Arbeit» erfüllt.
–
Öffentliche Präsentation der Projekte: 19. August und 5. September im
Kornhausforum. Podium und Diskussion am 1. September unter der Leitung
der Kunsthistorikerin Bärbel Küster. Bekanntgabe des Gewinnerprojekts
voraussichtlich Ende Oktober.
(https://www.derbund.ch/muss-es-weg-darf-es-unsichtbar-sein-691780239115)
-> Medienmitteilung Stadt Bern: https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/wandbild-wylergut-projektvorschlaege-werden-praesentiert
-> -> https://youtu.be/EkA0ed7srME
+++RECHTSPOPULISMUS
Cancel Culture bedroht Ihre Potenz, Ihren Job und überhaupt alles
Was bewirkt der Kampfbegriff der Cancel Culture wirklich? Und ist sie so neu, wie ihre Erfinder uns das glauben machen?
https://www.watson.ch/leben/analyse/345100615-allmaechtige-cancel-culture-lisa-eckhart-j-k-rowling-weinstein
Nils Fiechter neues Parteileitungsmitglied
An der Delegiertenversammlung der Jungen SVP Schweiz in Zürich wurde
Nils Fiechter, Co-Parteipräsident Junge SVP Kanton Bern, als neues
Mitglied der Parteileitung gewählt. Mit Fiechter nimmt eine der
Öffentlichkeit nicht unbekannte Person Einsitz in der strategischen
Führungsebene der Jungen SVP, welche in Vergangenheit bereits diverse
Erfolge für die Jungpartei verbuchen konnte.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184033/
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Nach Corona-Podium: «Nicht länger tragbar»: Juso Aargau fordert Jean-Pierre Gallati zum Rücktritt auf
Die Jungsozialisten kritisieren den Gesundheitsdirektor für seinen
Auftritt am Podium der lösungsorientierten Volksbewegung. Jean-Pierre
Gallati habe die Veranstaltungen weiterlaufen lassen, obwohl
beispielsweise der Abstand nicht eingehalten wurde.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/nicht-laenger-tragbar-juso-aargau-fordert-jean-pierre-gallati-zum-ruecktritt-auf-138809637
-> https://www.telem1.ch/aktuell/juso-fordert-ruecktritt-von-gesundheitsdirektor-jean-pierre-gallati-138814991
So schafft Merkel durch Corona unser Grundgesetz ab!!
https://youtu.be/WJwOLcXITno
+++HISTORY
Zürcher Geschichtsstreit: Bührle wird beschönigt
Stadt und Kanton Zürich wollten die Geschichte von Naziwaffenhändler und
Kunstsammler Emil Georg Bührle unabhängig aufarbeiten lassen. Dann
entdeckte ein Forscher Verharmlosungen im Text. Ein Geschichtskrimi um
Antisemitismus, Standortmarketing und die Wissenschaftsfreiheit.
https://www.woz.ch/2034/zuercher-geschichtsstreit/buehrle-wird-beschoenigt
-> https://www.woz.ch/2034/sammlung-emil-g-buehrle/durchs-hoellentor-ins-kunsthaus
—
tagesanzeiger.ch 19.08.2020
Zürcher Sammlung Bührle Knatsch um dunkle Vergangenheit
Bevor sie im Neubau des Zürcher Kunsthauses präsentiert wird, sollte die
Geschichte der Sammlung Bührle aufgearbeitet werden. Dabei kam es zu
Differenzen, wie eine WOZ-Recherche ergab.
Andreas Tobler
Ein «international vorbildhaftes Projekt zum Umgang mit einer politisch
‹belasteten› Kunstsammlung» sollte es werden – die Aufarbeitung der
Geschichte der Kunstsammlung von Emil Georg Bührle, die ab Ende 2021 im
Neubau des Zürcher Kunsthauses zu sehen sein soll. Als belastet gilt die
Sammlung, weil Bührle sein Vermögen mit dem Verkauf von Waffen gemacht
hat, unter anderem mit der Aufrüstung von Nazi-Deutschland.
Insgesamt 180’000 Franken standen für das Forschungsprojekt zur
Verfügung, um die Geschichte der Bührle-Sammlung aufzuarbeiten. An ihr
beteiligt waren Matthieu Leimgruber, Professor an der Universität
Zürich, und bis zuletzt auch noch der Historiker Erich Keller.
Ungebührliche Einmischung?
Trotz Versicherung des Zürcher Stadtrates, «von keiner Seite Einfluss»
auf die Forschung zu nehmen, kam es anders: Wie die «Wochenzeitung» in
ihrer morgigen Ausgabe berichtet, haben die Stadt Zürich und die
Bührle-Stiftung «zahlreiche Änderungsvorschläge» in einer
Zwischenfassung der Studie eingebracht.
Streit gab es unter anderem um Bührles Einsatz beim Freikorps, der nach
dem Ersten Weltkrieg Demonstrationen und Aufstände von Kommunisten
niederschlug. Lukas Gloor, Direktor der Bührle-Sammlung, wollte das Wort
«Freikorps» in diesem Zusammenhang nicht lesen. «Freikorps ist, wie Sie
wissen, ein zutiefst belasteter Begriff», schrieb Gloor dem Leiter der
wissenschaftlich unabhängigen Studie.
Die Verwendung dieses Begriffs rücke Bührle in die Nähe der äusseren
Rechten. Daher forderte Gloor dazu auf, ihn wegzulassen, wobei er sich
bewusst war, dass er eine Grenze überschritt: «Bitte verzeihen Sie, wenn
ich mich mit meinen Äusserungen in Ihre Arbeit ungebührlich
einzumischen scheine», wird Gloor in der WOZ zitiert.
«Weglassen», schreibt Zürichs Kulturdirektor
An einer zweiten Stelle geht es um die Einordnung einer Auslassung
Bührles gegenüber dem «Nebelspalter»: Die Satirezeitschrift, die
zahlreiche jüdische Künstler beschäftigte, hatte Bührle schlafend
zwischen Geldsäcken gezeichnet, worauf der Waffenfabrikant dem
«Nebelspalter» schrieb, er solle nach Oerlikon kommen: «Vielleicht
vergeht dir dann die fratzenhafte jüdische Vorstellung, die du von einem
Industriellen zu haben scheinst.»
Die Verbindung von Marxismus und Judentum sei ein virulenter Topos der
Zeit gewesen, hiess es in einer ersten Fassung der wissenschaftlichen
Bührle-Studie; sein Brief an den «Nebelspalter» sei als «antisemitischer
Ausfall» zu werten. Diese Wertung wollte Gloor gestrichen haben.
An einer dritten Stelle wurde Peter Haerle, Kulturdirektor der Stadt
Zürich, aktiv: Jüdinnen, weibliche Sinti und Roma, die ins
Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurden, mussten für die Firma
Oerlikon-Bührle Waffen produzieren. In einer Passage der Studie wurde
gemäss WOZ diskutiert, «was Bührle von dieser Zwangsarbeit gewusst haben
könnte». Das wird von Haerle in einer Randbemerkung als «extrem
spekulativ!» kritisiert. «Weglassen», fordert Zürichs oberster
Kulturbeamter.
Keine Vorschriften, nur Anregungen
Bei allen drei Stellen wurde den Forderungen der Auftraggeber Folge
geleistet. So wurde das Wort «Freikorps» und die Formulierung
«antisemitischer Ausfall» gestrichen. Zudem sei die Passage zu Bührles
Mitwisserschaft in Sachen Zwangsarbeit «kürzer gehalten» worden,
schreibt die WOZ.
Matthieu Leimgruber findet die Kritik an den Änderungen gesucht: «Die
Gewinne aus Zwangsarbeit seien schon bekannt gewesen und würden im Text
auch erwähnt. Ob Bührles Verweis auf das Klischee des jüdischen
Industriellen schon antisemitisch ist, findet Leimgruber nicht
eindeutig. Er habe die Einordnung deshalb weggelassen», heisst es in der
WOZ.
Peter Haerle verteidigt seine Eingriffe in die Arbeit der unabhängigen
Historiker damit, dass es sich bei seinen Anmerkungen bloss um
Anregungen gehandelt habe. «Ob die Autorenschaft sie übernimmt oder
nicht, bleibt immer ihr Entscheid», wird Haerle zitiert. Lukas Gloor
wollte sich gegenüber der «Wochenzeitung» nicht äussern. Auch gegenüber
dem TA wollte er keine Stellung nehmen, solange der WOZ-Bericht nicht
vorliege.
Uni setzt Untersuchungskommission ein
An die Öffentlichkeit kamen die Vorwürfe gegen die Stadt Zürich und die
Bührle-Stiftung, weil der Historiker Erich Keller, der an der Studie
beteiligt war, sich mit Leimgruber zerstritten hatte – und schliesslich
seinen Namen zurückzog: «Ich kann und will nicht mit meinem Namen für
eine Studie stehen, die nicht Ergebnis einer freien und offenen
Forschung ist», lässt sich Keller von der WOZ zitieren.
Die Universität Zürich soll mittlerweile auf Kellers Kritik reagiert
haben: Es wurde eine Untersuchung eingeleitet, um die Qualität des
Bührle-Forschungsprojekts zu überprüfen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/knatsch-um-dunkle-vergangenheit-190041799464)