Medienspiegel 9. August 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++FRIBOURG
Breite Unterstützung für Asylbewerber
Asylbewerber aus dem Asylzentrum Guglera sollen trotz erstatteten Anzeigen gegen Personal einer privaten Sicherheitsfirma das Land verlassen. Gegen diesen Entscheid regt sich Widerstand.
https://www.freiburger-nachrichten.ch/sense/breite-unterstutzung-fur-asylbewerber


+++GROSSBRITANNIEN
Ärmelkanal: Großbritannien will maritime Grenzüberwachung verschärfen
Um unregulierte Migration über den Ärmelkanal einzudämmen, erwägt die britische Regierung einen Einsatz der Marine. Juristen halten den Plan für illegal und gefährlich.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-08/grossbritannien-regierung-illegale-migration-priti-patel-dan-o-mahony
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-08/aermelkanal-grossbritannien-frankreich-illegale-migration-haerteres-vorgehen
-> https://calais.bordermonitoring.eu/2020/08/08/sommer-der-passagen/


+++GRIECHENLAND
derbund.ch 09.08.2020

Flüchtlingselend in Griechenland: Nachts werden die Babys von Ratten gebissen

Eine Hebamme aus der Schweiz hilft auf Samos geflüchteten Frauen, die im völlig überfüllten Flüchtlingscamp ausharren. Oft ist sie die erste, welche die Geschichten der Frauen zu hören bekommt.

Janine Hosp

Manchmal verzieht sie das Gesicht wie zu einem Lächeln, aber es ist keines. Als wollte sie sagen: Ist das nicht unfassbar? Etwa als sie erzählt, wie Mitarbeiter der europäischen Grenzwache Frontex Flüchtlinge daran hinderten, ans rettende Ufer zu gelangen. Oder wie Kinder nachts auf dem langen Weg zu den Toiletten sexuell missbraucht werden. «Wie will ich einem Kind, das vor mir steht, erklären, was ihm ein Erwachsener angetan hat? Und weshalb wir es als Gesellschaft nicht davor schützen?» In Momenten wie diesen fühlt sie nur noch Ohnmacht.

Ursula Böhme, die Hebamme, sitzt in ihrem Gästehaus auf der griechischen Insel Samos, hinter ihr ein langer Arbeitstag, vor ihr das Handy. Sie spricht per Videoanruf mit Zürich. Auf ihrer Stirn glänzen Schweissperlen. Auch jetzt am Abend ist es noch drückend heiss. Sie hat das Fenster weit geöffnet, und wenn ein Windstoss durch den Vorhang fährt, wird sie von der untergehenden Sonne angeleuchtet. So erhellt, sagt sie: «Ich habe damit gerechnet, dass es schlimm sein wird. Aber es ist noch schlimmer.»

Die Zürcherin kam Ende Februar nach Samos, um sechs Monate im Day Care Center von Médecins sans Frontières zu arbeiten. Hier, im Dorf Vathi, betreut sie Frauen während der Schwangerschaft und nach der Geburt. Sie berät sie bei der Empfängnisverhütung und versorgt sie, wenn sie eine Geschlechtskrankheit haben.

Eine Toilette für 100 Menschen

Manchmal kommen aber auch Kinder in ihre Sprechstunde, die sexuell missbraucht worden sind. Bei manchen sieht sie an Armen und Beinen, dass sie sich selber Verletzungen zugefügt haben – weil sie sich schämen. Andere missbrauchte Kinder haben Albträume, können nicht schlafen, nässen wieder. Die Frauen und Kinder im Camp können nur eines tun, um sich auf dem Weg zur Toilette nicht sexueller Gewalt auszusetzen: Sie legen ihr Geld zusammen und kaufen sich einen Eimer für die Notdurft.

Oft kommen auch Frauen mit Harnweginfektionen ins Day Care Center. Im Camp teilen sich 100 Personen eine – schmutzige – Toilette. Der Abfall wird nicht entsorgt und zieht Ratten an – und die wiederum Schlangen. Die Schlangen sind lästig, aber nicht giftig. Die Ratten aber beissen nachts die Babys.

Auch die Kleinen sollten im Day Care Center behandelt werden. Ein Baby wurde von seinen Eltern jedoch, erst fünf Tage nachdem es gebissen wurde, gebracht; die Eltern mussten nur schon fürs Essen jeden Tag über Stunden anstehen, sodass sie nicht früher kommen konnten. Seit einem Monat nun impfen die Médecins sans Frontières alle Säuglinge und kleinen Kinder im Camp.

Das offizielle Flüchtlingscamp ist für 600 Geflüchtete gebaut, zurzeit leben aber gegen 7000 Menschen darin. Die Neuangekommenen haben begonnen, um das Camp herum Zelte und Hütten in die Hänge zu bauen mit dem, was sie finden konnten: Plastikplanen, alte Teppiche, Bretter, Äste. So ist oberhalb des Dorfes Samos ein zweites entstanden – ein Zeltdorf, in dem eine Parallelgesellschaft lebt, die etwa gleich gross ist wie die Bevölkerung im Dorf unten.

In den Zelten leben die Menschen eng zusammen, bei Hitze und Kälte. Abstand halten und regelmässig die Hände waschen ist nicht möglich – die Leute haben nicht einmal genug Wasser zum Trinken. «Das macht ihnen Angst», sagt Sibylle Berger, Delegierte von Médecins sans Frontières. Sie realisierten, dass sie sich nicht schützen könnten. Bis heute ist im Camp aber noch kein Corona-Fall bekannt geworden; es gilt auch eine Ausgangssperre.

Manche Geflüchtete sitzen mehrere Jahre fest, bis ihr Asylantrag entschieden ist. Angesichts dieser trostlosen Situation versuchen immer wieder Menschen, sich das Leben zu nehmen, wie Sibylle Berger sagt. Auch Kinder unter zehn Jahren.

Davon hat auch Ursula Böhme im Day Care Center gehört. «Für die Kinder ist die Situation aussichtslos», sagt sie. Sie hätten kaum Zugang zu Bildung und keine Zukunft. Manche hätten auf der Flucht ihre ganze Familie verloren, andere trügen schon die Verantwortung für Angehörige. Sie kennt eine kleine Halbwaise, die mit ihrem kleineren Bruder und der gebrechlichen Grossmutter flüchtete und zu ihrem Vater nach Deutschland will. Das Mädchen sagt jeweils sehr bestimmt, welche Pflege ihre Grossmutter braucht.

Frühere Probleme sind keine mehr

Hebamme Böhme erzählt nüchtern von ihren Tagen. Als wäre sie am allmorgendlichen Rapport. Nur ab und zu erhellt sich ihr Gesicht. Etwa wenn sie erzählt, wie sich Frauen vor der Abreise überschwänglich bedanken. «Das tut uns gut. Und es bedeutet auch, dass das bisschen, das wir tun konnten, wertgeschätzt wird.»

In den fünf Monaten, die Ursula Böhme nun auf Samos ist, hat sie von den Flüchtlingen viele Erzählungen gehört. Etliche ihrer Patientinnen sind durch das, was ihnen im Heimatland, auf der Flucht oder im Camp widerfahren ist, versehrt. Manche wurden gefoltert, vergewaltigt oder Zeuginnen von Gräueltaten. Oft sind Ursula Böhme und ihre Arbeitskolleginnen die ersten, die diese Erzählungen hören.

Man kann sich vorstellen, dass es eine Erleichterung für die Frauen ist, mit der Hebamme reden zu können. Sie wirkt gefestigt und strahlt selbst über den kleinen Handybildschirm Wärme aus. «Ich möchte den Frauen ein Ohr bieten», sagt sie. Aber auch für sie sind manche Erzählungen kaum zu ertragen. Etwa jene einer kongolesischen Journalistin, die – knapp der Tortur entkommen – mit ihrem zweijährigen Sohn flüchtet. Auf der Überfahrt fällt das Kind über Bord, und die Mutter muss zusehen, wie es ertrinkt.

Was macht Ursula Böhme, wenn solche Erzählungen in ihrem Kopf sind und nicht mehr verschwinden? Sie versucht, in ihrer freien Zeit Abstand zu gewinnen. Erst ging sie an den Strand der Ferieninsel, weg vom Camp, wo sie nicht mehr den strengen Geruch von Müll und Fäkalien in der Nase hat. Das aber verging ihr, als sie sah, wie Bistrobesitzer die gezeichneten Flüchtlinge wegwiesen, damit Touristen nicht mit dem Elend konfrontiert werden. Seither versucht sie, innerlich Abstand zu gewinnen, und liest philosophische Texte.

Bald wird sie zurück sein und wieder im Spital der reichen Zürcher Vorortsgemeinde Zollikerberg Frauen behandeln. Wird sie ihr vertrautes Umfeld mit anderen Augen sehen? «Ja. Ich realisiere, dass frühere Probleme keine mehr sind.» Sie haben sich wegrelativiert.



Video: https://unityvideo.appuser.ch/video/uv427810h.mp4



Schweiz hat 52 Minderjährige geholt

Wie konnte es so weit kommen, dass alleine auf den griechischen Inseln Lesbos und Samos gemäss UNHCR 28’000 Geflüchtete festsitzen? In Camps, die für 3650 Personen gebaut wurden? Das Dublin-System verlangt, dass Asylsuchende ihren Antrag in jenem europäischen Land stellen, auf das sie ihren Fuss als erstes setzen. So sind die Länder an den europäischen Grenzen völlig überlastet. Sie müssen die Menschen versorgen, bis deren Antrag entschieden ist. Die Schweiz hingegen profitiert davon, denn die allermeisten Geflüchteten kommen so gar nie hierher.

Die meisten Menschen, die seit Anfang Jahr auf den griechischen Inseln strandeten, kommen gemäss UNHCR aus Afghanistan, Syrien oder dem Kongo – Länder, in denen Krieg oder kriegsähnliche Zustände herrschen. Unter den Geflüchteten sind viele Familien – Frauen und Kinder sind in der Überzahl. Ursula Böhme, die Hebamme von Médecins sans Frontières, meint: «Wenn wir bereit sind, von Waffenexporten zu profitieren, dann sollten wir auch bereit sein, Menschen aufzunehmen, die vor Kriegen flüchten.»

Für jene auf den griechischen Inseln muss sich der Bundesrat nun einsetzen und zudem für eine gerechtere Verteilung in Europa sorgen. Der Nationalrat wie die zuständige Ständeratskommission haben eine entsprechende Motion unterstützt.

Der Bundesrat hat im Mai und Juni 52 unbegleitete Minderjährige aus Griechenland in die Schweiz holen lassen, die hier Verwandte haben. Grundsätzlich ist die Schweiz bereit, weitere aufzunehmen, die diese Bedingung erfüllen. Das sagt das Staatssekretariat für Migration auf Anfrage. Es prüft entsprechende Gesuche der griechischen Behörden oder informiert diese, wenn es von solchen Flüchtlingen erfährt. Die Schweiz hat der UNO und anderen Hilfsorganisationen 7 Millionen Franken für Projekte in Griechenland zukommen lassen – weitere 1,1 Millionen stehen für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bereit. (jho)
(https://www.derbund.ch/nachts-werden-die-babys-von-ratten-gebissen-758056085842)


+++POLIZEI DE
Die Macht steigt ihnen zu Kopf
Wieder einmal landet ein Fall von Polizeigewalt in der Öffentlichkeit. Die Nürnberger Nachrichten veröffentlichen einen Bericht, der die Betroffenen zu Wort kommen lässt. Es ist ein ganz normaler Sommerabend in einer Zeit, in der die Clubs geschlossen haben und sich junge Menschen eben hauptsächlich draußen treffen. Allein das ist Provokation genug für das Nürnberger USK. Ohne dass irgend etwas passiert ist, wird mit Schlagstöcken draufgehauen. Da drängt sich einem doch die Frage auf, wie es zu einem solchen wahnsinnigen Verhalten kommt?
https://www.autonomie-magazin.org/2020/08/09/die-macht-steigt-ihnen-zu-kopf/


+++RECHTSPOPULISMUS
Provokantes SVP-Plakat wird Grenchner Polizist zum Verhängnis
Adrian Spahr hat in Grenchen eine Stelle als Polizist bekommen. Die Stadtpolizei löste seinen Arbeitsvertrag jedoch noch vor seinem ersten Arbeitstag auf. Der SVP-Politiker verschwieg, dass er wegen einem kontroversen Plakat ein Verfahren am Hals hat.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/provokantes-svp-plakat-wird-grenchner-polizist-zum-verhaengnis-138711865
-> https://www.telem1.ch/aktuell/provokantes-svp-plakat-wird-grenchner-polizist-zum-verhaengnis-138711752
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/grenchen/svp-politiker-adrian-spahr-bewarb-sich-bei-stadtpolizei-grenchen-hat-diese-zu-wenig-genau-hingeschaut-138706158


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Tweet alarmiert Polizei: Unbekannte Masken-Gegner künden wöchentlichen Flashmob in Bern an
Jeden Donnerstagabend wollen sich künftig Masken-Gegner in Bern für eine gemeinsame Tramfahrt treffen. Wie ernst dieses Vorhaben ist, ist unbekannt. Doch die Polizei will sich der Sache nun annehmen.
https://www.20min.ch/story/unbekannte-masken-gegner-kuenden-woechentlichen-flashmob-in-bern-an-270943052720


1990er Weltmeister Berthold trat bei Demo gegen Corona-Maßnahmen auf
1990er-Weltmeister Thomas Berthold trat am Wochenende als Redner bei einer Demonstration von Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen in Stuttgart auf. Bereuen tue er nichts, sagte Berthold – im Gegenteil
https://www.derstandard.at/story/2000119255280/1990er-weltmeister-berthold-trat-bei-demo-gegen-corona-massnahmen-auf?ref=rss
-> https://www.spiegel.de/sport/fussball/fussball-weltmeister-thomas-berthold-querdenker-oder-querulant-a-51c40790-3ef2-4fed-9021-cade3f465bc1
-> https://de.euronews.com/2020/08/08/freiheit-ex-fu-baller-thomas-berthold-bei-demo-gegen-corona-regeln
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1140207.thomas-berthold-covidiot-mit-golfhandicap.html


+++KRIEG & LEICHEN
Sturmgewehre, Pistolen, Granaten: Milizen in Kriegsgebieten handeln mit Schweizer Waffen
Händler im Irak, im Jemen, in Syrien und Libyen verkaufen Kriegsmaterial aus der Schweiz. Das zeigen Fotos aus Online-Schwarzmärkten, die dem SonntagsBlick vorliegen.
https://www.blick.ch/news/schweiz/sturmgewehre-pistolen-granaten-milizen-in-kriegsgebieten-handeln-mit-schweizer-waffen-id16033983.html
-> https://www.toponline.ch/news/schaffhausen/detail/news/waffen-aus-neuhausen-in-kriegsgebieten-00139602/