Medienspiegel 31. Juli 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++ITALIEN
Salvini muss sich in zwei Prozessen wegen Schiffblockade verantworten
Der Senat hat die Immunität von Ex-Innenminister Matteo Salvini zum zweiten Mal aufgehoben. Er muss sich nun offiziell den Vorwurf der Freiheitsberaubung gefallen lassen
https://www.derstandard.at/story/2000119087670/salvini-muss-sich-in-zwei-prozessen-wegen-schiffblockade-verantworten?ref=rss
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139904.matteo-salvini-lega-chef-kann-angeklagt-werden.html


+++GRIECHENLAND
Flüchtlingslager Moria: Hinter jeder Überfahrt steht ein Schlepper
Der Weg nach Lesbos ist gespickt von Hindernissen. Hinter jeder gefährlichen Überfahrt steht der Schlepper, der für die Organisation und für gefälschte Papiere mehrere tausend Euro verlangt. Unter den Geflüchteten ist es ein Tabu, Informationen über den Schlepper preiszugeben.
https://www.arte.tv/de/videos/094279-091-A/fluechtlingslager-moria-hinter-jeder-ueberfahrt-steht-ein-schlepper/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/383385.italien-prozess-gegen-faschisten.html


+++MITTELMEER
Italien ruft Tunesien zur Zerstörung von Flüchtlings-Booten auf
Die kleinen Schlauchboote seien am Radar nicht zu sehen, so der italienische Außenminister Luigi Di Maio. Deshalb müsse man sie beschlagnahmen und zerstören
https://www.derstandard.at/story/2000119085221/italien-ruft-tunesien-zur-zerstoerung-von-fluechtlings-booten-auf?ref=rss


Migration: Geflüchtet aus Tunesien
Das zerfallene Libyen ist eines der wichtigsten Transitländer für Migranten. Doch seit Kurzem überqueren viele das Mittelmeer von Tunesien aus. Das liegt auch an Corona.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-07/migration-tunesien-fluechtlinge-transitland-mittelmeer


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Demos am 1. August: Demonstranten künden unbewilligte Proteste an
Trotz abgesagter Bundesfeier und Zurückhaltung bei der möglichen YB-Meisterfeier wollen diverse Gruppen in Bern demonstrieren. Die Polizei und die Stadt Bern fordern Solidarität.
https://www.derbund.ch/demonstranten-kuenden-unbewilligte-proteste-an-387412428644


YB-Fans feiern, als gäbe es kein Corona
Die Berner Young Boys gewinnen die Schweizer Fussball-Meisterschaft – das wird gehörig gefeiert. Die Kantonspolizei sperrt für kurze Zeit die Berner Aarbergergasse, gibt dann aber nach.
https://www.derbund.ch/yb-fans-feiern-als-gaebe-es-kein-corona-490419593260
-> https://www.bernerzeitung.ch/so-fiebert-die-stadt-bern-mit-yb-mit-266159713930
-> https://www.20min.ch/story/yb-fans-feiern-meisterschaft-von-abstand-keine-spur-171977239287
-> https://www.watson.ch/sport/schweiz/726209620-berner-polizei-bremst-yb-meisterfreude-in-der-innenstadt
-> https://www.blick.ch/sport/fussball/superleague/super-league-sion-vs-yb-id16021069.html
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/euphorie-beim-public-viewing-ist-stark-aber-kurz-138623945
-> https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=4f7b31e4-7340-4e18-8482-b7b25d3faaf6&startTime=120.32


Wagenplatzbesetzung in Zureich
Wir haben uns heute, am 31.07.2020, den Platz zwischen Bernerstrasse, Aargauerstrasse und Depotweg genommen, um hier einen Wagenplatz ins Leben zu rufen. Hier entsteht nun ein Zuhause, ein unkommerzieller Ort, wo wir selbstbestimmt leben wollen. Wir wollen hiermit auch der durch die Stadt aktiv angetriebenen Vertreibung der Mittel- und Wenigverdienenden aus den Quartieren und dem Stadtzentrum ein starkes Zeichen entgegensetzen.
https://barrikade.info/article/3745
-> https://www.nzz.ch/zuerich/besetzer-nehmen-areal-beim-zuercher-strichplatz-in-beschlag-ld.1569187


+++REPRESSION DE
Berlin: „Wir werden unsere Projekte verteidigen“
Aktuell sind in Berlin mehrer linke Projekte von Räumungen bedroht. Unser Autor Thomas Morich sprach mit Caro von der Liebig34 und Dirk von der vom Friedel54-Kollektiv darüber, warum wir linke, selbstverwaltete Projekte brauchen, über die Interkiezionale, Gentrifizierung in Berlin und die anstehende Demo am 01. August.
https://lowerclassmag.com/2020/07/31/berlin-wir-werden-unsere-projekte-verteidigen/


+++BIG BROTHER
«Widerspruchslösung»: Taskforce will Tracing-App mit System-Update auf Handys bringen
Die Taskforce des Bundes hat eine Idee, um die Nutzung der Schweizer Tracing-App zu steigern : Mit dem Update von iOS oder Android soll auch die App installiert werden – es sei denn, der Nutzer deaktiviert ein Häkchen.
https://www.20min.ch/story/taskforce-will-tracing-app-mit-system-update-auf-handys-bringen-819679723313


Coronavirus: Bayerns Innenminister will Gästelisten zu Ermittlungszwecken nutzen
Joachim Herrmann kann die Kritik an der polizeilichen Verwendung von Gästelisten nicht nachvollziehen. Diese könnten “im Einzelfall wichtige Ermittlungsansätze liefern”.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-07/corona-testpflicht-joachim-herrmann-bayern-verhaeltnismaessigkeit
-> https://www.tagesschau.de/inland/corona-gaestelisten-polizei-101.html


Polizeigewerkschaften: Gesichtserkennung per PimEyes verbieten
Ermittler sehen mit der polnischen Gesichtssuchmaschine PimEyes nicht nur die Anonymität von Bürgern gefährdet, sondern auch die Identität von Polizisten.
https://www.heise.de/news/Polizeigewerkschaften-Gesichtserkennung-per-PimEyes-verbieten-4860800.html
-> https://netzpolitik.org/2020/pimeyes-saskia-esken-und-polizei-gewerkschaften-fordern-schutz-vor-gesichtserkennung/


+++ARMEE
Schweizer Armee kauft Mini-Drohnen der Firma Lockheed Martin
Der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin liefert der Schweizer Armee noch dieses Jahr eine Flotte von Mini-Drohnen. Die Beschaffung kostet 8 Millionen Franken.
https://www.nau.ch/news/schweiz/schweizer-armee-kauft-mini-drohnen-der-firma-lockheed-martin-65753309


+++POLIZEI DE
Polizei: Rote Ampel für Extremisten in Uniform
Das Land Berlin will die Verfassungstreue seiner Polizisten strenger überprüfen. Nach SPIEGEL-Informationen sollen Beamte künftig anonym Extremismus-Verdachtsfälle in den eigenen Reihen melden können.
https://www.spiegel.de/politik/polizei-berlin-rote-ampel-fuer-extremisten-in-uniform-a-00000000-0002-0001-0000-000172270202


+++RASSISMUS
Die, die niemand gefragt hat
Sieben Schaffhauser Künstler haben sich zusammengetan und einen Song veröffentlicht. Sie zeigen «Eier» gegen Rassismus. Direkt, hart und sehr persönlich.
https://www.shaz.ch/2020/07/31/die-die-niemand-gefragt-hat/
-> https://youtu.be/1dCeeWterUQ


Volg bezeichnet Süssigkeit als «Eiweissmasse mit Migrationshintergrund»
Shitstorm für Volg: Eine Filiale nannte Dubler-«Mohrenköpfe» auf einem Schild «mit Schoggi überzogni Eiwiissmassä mit Migrationshintergrund». Die Tafel wurde inzwischen entfernt.
https://www.20min.ch/story/volg-bezeichnet-suessigkeit-als-eiweissmasse-mit-migrationshintergrund-695149203982
-> https://www.tagblatt.ch/schweiz/in-einer-volg-filiale-gibt-es-sussigkeiten-mit-migrationshintergund-ld.1243037
-> https://www.watson.ch/schweiz/ostschweiz/583272571-ostschweizer-volg-filiale-tappt-in-rassismusfalle


+++RECHTSEXTREMISMUS
Wie ein rechtsextremer Rapper, AfD-Politiker und Neonazis in Ostsachsen zusammenfinden
https://www.bento.de/politik/chris-ares-wie-afd-politiker-und-neonazis-mit-rechtem-rap-geschaefte-machen-wollen-a-d1e549e0-9464-4cb8-afd3-363bb88e4d44


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Ex-Tagesschau-Sprecherin Eva Herman:  Einst beliebteste Moderatorin, jetzt Ikone der Verschwörungsszene
2007 flog Eva Herman bei der Tagesschau raus. Seitdem wurden Hermans Theorien immer kruder. Nun soll sie an einem rechten Netzwerk in Kanada beteiligt sein.
https://www.tagesspiegel.de/politik/ex-tagesschau-sprecherin-eva-herman-einst-beliebteste-moderatorin-jetzt-ikone-der-verschwoerungsszene/26038012.html


Antisemitismus in der Pandemie: Alter Wahn, neues Gewand
In der Covid-19-Pandemie setzen Antisemiten ihre Wahngebilde aus alten Versatzstücken neu zusammen. Antisemitische Propaganda verlagert sich ins Internet, wird aber auch auf den Demonstrationen von Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern verbreitet.
https://jungle.world/artikel/2020/30/alter-wahn-neues-gewand?page=all


+++HISTORY
Luzerner Geschichten zum Koffeingetränk:  Wie das «Negerli ganz fein» Kolonialgeschichten erzählt
Der Luzerner Kaffeeröster Hochstrasser ersparte sich die Mohrenkopf-Debatte und trennte sich 2012 vom Markennamen «Negerli ganz fein». Die Spuren des Anbaus des Kolonialprodukts führen auch ins Quartier Untergrund und erklären, warum so viele tamilische Bürgerkriegsflüchtlinge dort ein neues Zuhause fanden.
https://www.zentralplus.ch/blog/damals-blog/wie-das-negerli-ganz-fein-kolonialgeschichten-erzaehlt/



derbund.ch 31.07.2020

Proteste in den USA: Hat der «Umbrella Man» die Plünderungen gestartet?

Ein weisser, rechter Biker hat laut der Polizei die Gewalt bei den ersten «Black Lives Matter»-Protesten entfacht. Das dürfte Präsident Trump nicht gefallen.

Jürgen Schmieder aus Los Angeles

«Umbrella Man» wird in den USA der Mann genannt, der von der Polizei von Minneapolis seit dieser Woche dringend gesucht wird. Auf Videos ist er komplett schwarz gekleidet. Er trägt eine Gasmaske und einen schwarzen Regenschirm. Er schlägt während der ersten Demonstrationen Ende Mai in der Nähe der Strassenecke, an der der Afroamerikaner George Floyd getötet wurde, mehrere Fensterscheiben einer Filiale der Kfz-Ersatzteile-Kette Autozone ein und sprüht an eine rote Doppeltür, dass alles umsonst zu haben sei. «Kurz darauf starteten die Plündereien», heisst es im Fahndungsaufruf, der der SZ vorliegt.

Die Polizei beschreibt den Umbrella Man als einen 32 Jahre alten weissen Mann mit Kontakt zur rechten Szene, und sie bestätigt damit indirekt eine Theorie, die in den USA angesichts der Proteste nach dem Tod Floyds immer wieder formuliert worden ist und die eine Gegenthese zum Narrativ von US-Präsident Donald Trump darstellt: Die Gewalt bei diesen Demonstrationen ging nicht oder nicht nur von Schwarzen oder Linksextremisten aus. Sondern eben auch von Weissen, die mit dem Ziel handeln, die Spaltung der US-Gesellschaft noch weiter voranzutreiben. Der Umbrella-Man habe mit dem Vandalismus «für die angespannte und feindselige Stimmung in der Stadt gesorgt», heisst es im Polizeibericht.

Die Bezeichnung Umbrella Man ist eine Anspielung auf den Mann, der bei der Ermordung des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy im Jahr 1963 mit aufgespanntem Regenschirm am Strassenrand gestanden war und Symbol zahlreicher Verschwörungstheorien wurde. Etwa jener, dass er mit dem Heben des Schirms einem Schützen die Ankunft des Präsidenten signalisiert oder ihn selbst mit Pfeilen betäubt habe.

Erst 15 Jahre später stellte sich heraus, dass Louie Steven Witt an dem sonnigen Tag mit dem Schirm als Symbol gegen den Präsidenten hatte protestieren wollen. Im Verhör sagte er: «Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort und habe das Falsche getan.»

Der Umbrella Man von Minneapolis war offenbar bewusst zu exakt dieser Zeit an exakt diesem Ort.

Der Gesuchte ist Mitglied der Motorradgang Hells Angels

Eine Sprecherin der Polizei sagt am Telefon, dass sie aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht mehr Informationen geben könne als die im Fahndungsaufruf vermerkten – doch zeichnet dieser bereits ein recht deutliches Bild des Gesuchten. Er ist nicht, wie zunächst in Verschwörungstheorien verbreitet, ein Polizist, sondern ein Mitglied der Motorradgang Hells Angels und ein Verbündeter der Aryan Cowboys – einer Vereinigung in den US-Bundesstaaten Kentucky und Minnesota, deren Mitgliedern nachgesagt wird, weisse Rassisten zu sein. Wer der Gruppe auf sozialen Netzwerken folgt und um Informationen bittet, der wird sogleich blockiert.

Ermittlungen der Polizei ergaben, dass der Verdächtige einen Monat später an einem Vorfall in der Kleinstadt Stillwater etwa 40 Kilometer östlich vom Stadtzentrum von Minneapolis beteiligt gewesen war. Eine muslimische Frau und ihre vier Jahre alte Tochter waren von Mitgliedern der Aryan Cowboys belästigt und rassistisch beleidigt worden. Auf Fotos, die das Opfer auf dem sozialen Netzwerk Facebook veröffentlicht hat, ist auch der nun als Umbrella Man bekannte Mann zu sehen.

«Bis zu den Handlungen dieser Person waren die Demonstrationen relativ friedlich», schreibt Erika Christensen. Sie hat sich als Expertin der Polizei von Minneapolis eigenen Angaben zufolge Tausende von Fotos und Videos auf sozialen Medien auf der Suche nach dem Umbrella Man angesehen – ohne Erfolg. Dann habe es einen Tipp per E-Mail gegeben, wer der Mann sei und dass er «für Rassenunruhen und Zwietracht» habe sorgen wollen: «Es war dieses erste Feuer, das zu den anderen Feuern und Plündereien in der ganzen Stadt geführt hat.»

Gewalt rückt in ein neues Licht

Wohlgemerkt: Es gibt noch keinen Haftbefehl und keine Anklage, nur diesen Aufruf der Polizei. Anhand der Mobiltelefondaten soll festgestellt werden, ob sich der Verdächtige zu diesem Zeitpunkt an der Strassenecke in Minneapolis aufgehalten hatte. Wer die im Polizeibericht vermerkte Handynummer wählt, der erreicht über Stunden hinweg nur den Anrufbeantworter. Ein Journalist der New York Times hatte bei einem früheren Versuch jemanden erreicht, als Antwort allerdings lediglich «Sie haben die falsche Nummer gewählt» gehört – und die Bitte, ihm doch die Fahndung zuzusenden.

Die Suche nach einem hellhäutigen Mann rückt die Gewalt während der Proteste zuletzt in ein neues Licht. Justizminister William Barr hatte, ohne Beweise dafür vorzulegen, bereits zu Beginn der Demonstrationen gesagt: «An vielen Orten sieht es so aus, als wäre die Gewalt von anarchistischen und linksgerichteten extremistischen Gruppen organisiert und herbeigeführt worden – die dabei Taktiken der Antifa verwendet haben.» Erst in dieser Woche hatte Barr, der als Wachhund von Präsident Trump gilt, vor dem US-Kongress gesagt, dass Gewalt während der Proteste, vor allem in Portland, ein «Angriff auf die US-Regierung» sei.

Ein Problem für den Präsidenten

Es hat sich in den vergangenen Wochen gezeigt, dass Trump die Proteste für seinen Wahlkampf nutzen will und dass er dieses Brodeln durch das Entsenden von Bundespolizisten anfacht – stets verbunden mit dem Hinweis, dass demokratische Bürgermeister oder Gouverneure nicht in der Lage seien, Recht und Ordnung herzustellen. «Law & Order» schreibt der Präsident nun beinahe täglich in Grossbuchstaben bei Twitter, er stilisiert sich zum Retter eines Landes, das seinen Darstellungen zufolge untergehen wird, sollten «linke Anarchisten» die Macht übernehmen. Trump scheint den Kampf von Amerikanern gegen Amerikaner zu wollen, weil ihm so ziemlich jedes Mittel recht ist, die Wahl doch noch zu gewinnen.

Dieses Narrativ wird nun schwieriger zu verkaufen sein, weil als Initiator der Gewalt in genau der Gegend, in der ein paar Tage zuvor George Floyd getötet wurde, eben kein Mitglied einer linksgerichteten Vereinigung gesucht wird, sondern einer aus jener Gruppe, die als Trumps Kernwähler gelten. Jacob Frey, Bürgermeister von Minneapolis, hatte diese Vermutung bereits Ende Mai geäussert: «Wir gehen gegen weisse Rassisten vor, Mitglieder des organisierten Verbrechens, Anstifter von ausserhalb des Bundesstaates und sogar aus dem Ausland, die unsere Stadt destabilisieren wollen.»

Auch wenn es bislang weder einen Haftbefehl noch eine Anklage gibt – allein der Fahndungsaufruf ist ein Problem für den Präsidenten. Was für ein grosses, zeigt die Tatsache, dass Trump etwas tut, das völlig gegen seine Natur geht: Er schweigt.
(https://www.derbund.ch/hat-der-umbrella-man-die-pluenderungen-gestartet-510070479594)