Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BERN
Darum zündete er sich an: Flüchtling erzählt von Protestaktion
Am Montagnachmittag zündete sich ein Demonstrant bei einer Protestaktion
auf dem Bundesplatz in Bern selbst an. Der Kurde kam mit Verletzungen
davon. Laut ihm handelte es sich um eine Verzweiflungstat, weil er in
den Iran zurückgeschickt werden soll, wo ihn angeblich die Todesstrafe
erwartet.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/darum-zuendete-er-sich-an-fluechtling-erzaehlt-von-protestaktion-138523376
-> https://www.letemps.ch/suisse/une-immolation-place-federale-beaucoup-questions
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/habe-genug-von-diesem-leben-jetzt-spricht-der-fluechtling-der-sich-in-bern-angezuendet-hat-id16004758.html
-> https://www.20min.ch/story/warum-sich-der-fluechtling-auf-dem-bundesplatz-angezuendet-hat-808811209793
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bernerzeitung.ch 21.07.2020
Nach Demo auf dem BundesplatzFlüchtling zündete sich aus Verzweiflung an
Die Polizei will sich nicht zum Fall äussern, doch der Mann, der sich am Montag angezündet hatte, meldet sich selbst zu Wort.
Brandspuren zeugten danach vom schrecklichen Vorfall, der sich am
Montagnachmittag auf dem Bundesplatz ereignet hatte. An einer
Demonstration gegen die bernische Asylpolitik hatte sich ein Mann
unvermittelt selber angezündet. Die Sanitätspolizei brachte ihn mit der
Ambulanz ins Spital und gab später an, er sei «nicht lebensbedrohlich»
verletzt.
Am Tag danach wollte sich die Kantonspolizei Bern nicht weiter zum
Vorfall sowie zur Identität des Mannes äussern. «Mit Blick auf die
Persönlichkeitsrechte» mache man keine weiteren Angaben. Der Iraner
meldet sich allerdings selbst zu Wort: «Ich habe genug von diesem
Leben», sagt B. K.* am Dienstag in einem Interview gegenüber «TeleBärn».
Er sei verzweifelt, weil er in den Iran zurückkehren müsse, dort aber
die Todesstrafe auf ihn warte, weil er Kurde ist.
Gemäss dem Fernsehbeitrag befinde sich der 34-Jährige die nächsten Tage
in einer psychiatrischen Einrichtung. Danach komme er wieder ins
Rückkehrzentrum in Biel-Bözingen – nach eigenen Aussagen mit ein Grund
für K.s Verzweiflung: «In unserem Zentrum ist es dreckig, fast alle WCs
und Duschen sind kaputt», sagt er. «Wir wohnen wie in einem Gefängnis.»
Verbrennungen an den Beinen
Laut dem «Migrant Solidarity Network», das die Demonstration
mitveranstaltete, habe der versehrte Mann Verbrennungen an den Beinen,
seine Situation sei aber stabil. Das Netzwerk vermeldete dies am
Dienstagmorgen auf Twitter, laut eigenen Angaben gestützt auf Bekannte
des Mannes.
Derweil kritisiert das «Megafon», die Zeitschrift der Reitschule, die
Sanitätspolizei via Twitter dafür, dass diese erst nach zwölf Minuten
auf dem Bundesplatz eingetroffen sei, obwohl schon drei Minuten vorher
ein Sanitätswagen in der Bundesgasse gewesen sei. An sie sei offiziell
keine Kritik herangetragen worden, hiess es bei der Sanitätspolizei,
weshalb man sich dazu nicht äussere.
* Name der Redaktion bekannt
(hae / mb)
(https://www.bernerzeitung.ch/polizei-aeussert-sich-nicht-zum-mann-der-sich-angezuendet-hat-648596042335)
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bernerzeitung.ch 21.07.2020
Nach Demo auf dem Bundesplatz: Polizei äussert sich nicht zum Mann, der sich angezündet hat
Mit Verweis auf dessen Persönlichkeitsschutz lassen Kantons- und
Sanitätspolizei Fragen zum Brandopfer von der Demonstration am Montag
unbeantwortet.
Christoph Hämmann
Brandspuren zeugten danach vom schrecklichen Vorfall, der sich am
Montagnachmittag auf dem Bundesplatz ereignet hatte. An einer
Demonstration gegen die bernische Asylpolitik hatte sich ein Mann
unvermittelt selber angezündet. Die Sanitätspolizei brachte ihn mit der
Ambulanz ins Spital und gab später an, er sei «nicht lebensbedrohlich»
verletzt.
Am Tag danach wollte sich die Kantonspolizei Bern nicht weiter zum
Vorfall sowie zur Identität des Mannes äussern. «Mit Blick auf die
Persönlichkeitsrechte» mache man keine weiteren Angaben. Die Aussage
eines Kundgebungsteilnehmers, wonach es sich beim Verletzten um einen
Iraner handle, der nach einem negativen Asylentscheid in einem Berner
Rückkehrzentrum lebe, bleibt deshalb von Behördenseite unbestätigt.
Mit der gleichen Argumentation lehnt auch die Sanitätspolizei weitere
Auskünfte ab. Diese war auf Twitter vom «Megafon», der Zeitschrift der
Reitschule, dafür kritisiert worden, erst nach 12 Minuten auf dem
Bundesplatz eingetroffen zu sein, obwohl schon 3 Minuten vorher ein
Sanitätswagen in der Bundesgasse gewesen sei. An sie sei offiziell keine
Kritik herangetragen worden, hiess es bei der Sanitätspolizei, weshalb
man sich auch dazu nicht äussere.
Laut dem «Migrant Solidarity Network», das die Demonstration
mitveranstaltete, habe der versehrte Mann Verbrennungen an den Beinen,
seine Situation sei aber stabil. Das Netzwerk vermeldete dies am
Dienstagmorgen auf Twitter, laut eigenen Angaben gestützt auf Bekannte
des Mannes.
(https://www.bernerzeitung.ch/polizei-aeussert-sich-nicht-zum-mann-der-sich-angezuendet-hat-648596042335)
+++AARGAU
Gewisse Flüchtlinge erhalten zu wenig Geld vom Kanton – das soll sich nun ändern
Die Aargauer Praxis ist widerrechtlich. Das hält der kantonale
Sozialdienst in einer Nachricht fest. Nun wird per Oktober angepasst und
mehr Geld ausgezahlt.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/gewisse-fluechtlinge-erhalten-zu-wenig-geld-vom-kanton-das-soll-sich-nun-aendern-138515366
+++ZÜRICH
Zürcher Asylbehörden streiten weiter für Geheimniskrämerei
Die Republik erkämpfte sich Einsicht in die Millionenverträge des
Zürcher Asylwesens. Doch Regierungsrat Mario Fehr setzt sich persönlich
dafür ein, dass das Sozialamt die Verträge unter dem Deckel halten kann.
https://www.republik.ch/2020/07/21/zuercher-asylbehoerden-streiten-weiter-fuer-geheimniskraemerei
+++SCHWEIZ
NKVF: Bericht über die Überwachung der zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg
In ihrem heute veröffentlichten Bericht publiziert die Nationale
Kommission zur Verhütung von Folter (NKFV) ihre Empfehlungen zu den 34
polizeilichen Zufüh-rungen und den 34 zwangsweisen Rückführungen auf dem
Luftweg, welche sie von April 2019 bis März 2020 begleitet hat. Die
Kommission stellte insgesamt im Bereich der Anwendung polizeilichen
Zwangs eine zufriedenstellende Entwick-lung fest. Bestimmte polizeiliche
Vorgehensweisen beurteilt sie jedoch weiter-hin als problematisch.
Ausserdem zieht die Kommission in ihrem Bericht Bilanz über ein
Pilotprojekt zum Monitoring der Übergabe der Rückzuführenden an die
Behörden im Zielstaat.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79906.html
„Die Angst, die Schweiz verlassen zu müssen, wächst“
„Die Pandemie hat die Befürchtungen vieler Einwanderer in der Schweiz
verstärkt, ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren“, sagt Francesca
Chukwunyere. Die Integrationsexpertin setzt sich dafür ein, die
rechtlichen Einschränkungen von Ausländern, die Sozialhilfe beziehen,
auszusetzen. Zumindest in der Wirtschaftskrise, die durch die
Covid-19-Pandemie verursacht worden ist.
https://www.swissinfo.ch/ger/-die-angst–die-schweiz-verlassen-zu-muessen–waechst-/45907516
+++FRANKREICH
Massive Räumungen in Calais
In Calais ist ein paar Tage nach der Ernennung des neuen französischen
Innenministers Darmanin zu einer heftigen Räumungswelle gekommen, die am
10.7. begann und mindestens bis zum 17.7. andauerte. Dabei wurden
mehrere Camps geräumt, über 500 Leute in Zentren außerhalb der Region
gebracht und die Verbliebenen/Zurückkehrenden in noch prekärere
Verhältnisse gezwungen, als es bisher schon der Fall war. Es ist die
einschneidenste Entwicklung seit der medienwirksamen Räumung des
damaligen Jungle von Calais im Oktober 2016. Diese aktuelle Entwicklung
geht über die alltäglichen Räumungen weit hinaus (auch in ihrer
politischen Dimension).
https://ffm-online.org/massive-raeumungen-in-calais/
-> Calais-Blog: https://calais.bordermonitoring.eu/2020/07/20/rekonstuktion-einer-raeumugswoche/
+++GRIECHENLAND
„+++ BREAKING +++
(Großbrand in #Moria. Hubschrauber im Einsatz. Unbestätigten Meldungen zufolge sollen Faschisten das Feuer gelegt haben.“
https://twitter.com/SEENOTRETTUNG/status/1285641620470353921)
+++GASSE
«Basel droht zum Bettler-Mekka der Schweiz zu werden»
Mehr Bettelei in Basel: SVP fordert, dass Polzei schwerpunkt¬mässige Personen¬kontrollen durch¬führt.
https://primenews.ch/news/2020/07/basel-droht-zum-bettler-mekka-der-schweiz-zu-werden
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/in-der-innenstadt-und-einkaufszonen-buergerliche-klagen-ueber-bettelbanden-in-basel-138514746
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Alles klar Herr Kommissar?!
Am Abend des 29.06.20 haben wir, Einzelpersonen mit befreundeten Crews,
den Brückenpfeiler bei der Reitschule neu gestaltet. Repression betrifft
uns alle ob an Demos, beim Sprayen oder anderen Aktionsformen oder
einfach beim Existieren mit «falschen» oder fehlenden Papieren. Der
Staat will uns zu verstehen geben, dass wir uns dem kapitalistischen,
patriarchalen und rassistischen Zwang unterwerfen sollen. Wir sagen es
reicht uns!
https://barrikade.info/article/3703
Aufruf: 1. August Demo Bern
16.00 Uhr, Bahnhofplatz Bern
Auf der ganzen Welt gehen verschiedenste Bewegungen auf die Strasse, um
mit der Geschichte von Jahrhunderten der andauernden Unterdrückung
abzurechnen. Der 1. August stellt den Feiertag der Schweizer Nation und
dessen Geschichte dar. Ein Tag, der vom Staat willkürlich ausgewählt
wurde, um den Gründungsmythos durch den sogenannten Rütlischwur zu
erschaffen. Eine Geschichte, die für Gewalt, Ausbeutung und
Unterdrückung steht. Deswegen auf zur Demo gegen den Mythos Schweiz.
https://barrikade.info/article/3702
Anti – Repressions Treffpunkt
Jeden letzten Samstag im Monat von 15.00 – 20.00 Uhr in der anarchistischen Bibliothek Fermento Zureich.
Gemeinsam wollen wir uns über die verschiedenen Formen von staatlichen
Unterdrückungen und ihren Auswirkungen auf unsere Leben austauschen.
Durch gemeinsame Analysen und Diskussionen wollen wir mögliche Ansätze
für einen Umgang und Wege finden, die Repression offensiv bekämpfen.
Diesen Samstag möchten wir uns der revolutionären Solidarität widmen.
https://barrikade.info/article/3696
Sexismus-Vorwürfe: «Kill All Rapists»-Graffito sorgt für Streitigkeiten in der linken Szene
Eine feministische Frauengruppe wirft der linksautonomen Szene in Bern
vor, sich nicht genügend gegen Sexismus auszusprechen. Sie kritisieren,
dass ihre Forderungen von Männern aus der Szene nicht ernst genommen
werden.
https://www.20min.ch/story/kill-all-rapists-graffito-sorgt-fuer-streitigkeiten-in-der-linken-szene-504373669266
+++BIG BROTHER
Messengerdienst: BKA kann bei WhatsApp mitlesen
Verschlüsselte Kommunikation stellt die Sicherheitsbehörden vor große
Probleme. Nach Recherchen von WDR und BR kann das BKA jedoch längst
Chats über WhatsApp mitlesen – über eine reguläre Funktion.
https://www.tagesschau.de/inland/bka-whatsapp-101.html
-> https://www.20min.ch/story/der-staat-kann-bei-whatsapp-mitlesen-435666433433?utm_term=Autofeed&utm_medium=Social&utm_source=Twitter#Echobox=1595354025
+++POLICE VD
Verfahren gegen Aufseher nach Tod von Gambier in Polizeizelle
2017 starb ein 23-jähriger Gambier an Folgen eines epileptischen Anfalls
in einer Lausanner Polizeizelle. Einem Polizisten wird fahrlässige
Tötung vorgeworfen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/verfahren-gegen-aufseher-nach-tod-von-gambier-in-polizeizelle-65747458
+++POLIZEI ZG
Diskussion um Auswertung von DNA-Spuren: Zuger Regierung will von Hooligan-Jagd nichts wissen
Wie sieht eine Verdächtige aus? Dies soll die Polizei künftig aus
DNA-Spuren vom Tatort herauslesen dürfen. Allerdings nur bei schweren
Verbrechen, findet der Zuger Regierungsrat. Er hat damit eine andere
Haltung als die Amtskollegen in Luzern.
https://www.zentralplus.ch/zuger-regierung-will-von-hooligan-jagd-nichts-wissen-1847793/
+++REPRESSION DE
….knickt de.indymedia.org ein ?
NEIN. Genau das war und ist es, was wir tun.
Wir kämpfen mit dem 6. DDoS – Angriff in diesem Jahr und wehren auch
diesen ab. Das braucht Zeit und Energie, da die Infrastruktur angepasst
werden muss.
https://barrikade.info/article/3706
+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Nur 58 Prozent der Kriminellen werden ausgeschafft: «Das ist eine Missachtung des Volkswillens!»
Erstmals liefert der Bund genaue Zahlen, wie viele kriminelle Ausländer
einen Landesverweis kassieren. Das Ergebnis empört nicht nur die
Rechten. Nun steht eine Verschärfung der Härtefallklausel zur
Diskussion.
https://www.blick.ch/politik/nur-58-prozent-der-kriminellen-werden-ausgeschafft-das-ist-eine-missachtung-des-volkswillens-id16003100.html
-> https://www.blick.ch/politik/das-meint-blick-zu-den-ausschaffungsquoten-das-hat-mit-haertefaellen-nichts-zu-tun-id16003095.html?utm_source=twitter&utm_medium=social&utm_campaign=share-button
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/umsetzung-ausschaffungen-138523302
+++POLIZEI DE
Die Polizei, dein Feind und Risiko
Der Skandal um rechtsextreme Umtriebe in der deutschen Polizei weitet
sich aus. Wieweit muss das Bild vom «Freund und Helfer» korrigiert
werden?
https://www.republik.ch/2020/07/21/die-polizei-dein-feind-und-risiko
Nach Absage von Rassismus-Studie: Berlin könnte mit eigener Untersuchung der Polizei vorangehen
Berlin will sich dem Vorschlag von Niedersachen anschließen und eine
eigene Studie zu Rassismus in der Polizei starten. Besonders die
Linkspartei macht Druck.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-absage-von-rassismus-studie-berlin-koennte-mit-eigener-untersuchung-der-polizei-vorangehen/26021492.html
Ignorierte Diskriminierung
Das Bundesinnenministerium sieht keinen Handlungsbedarf beim Thema
Racial Profiling. Doch von internationaler Seite wird Deutschland schon
lange für rassistische Polizeikontrollen kritisiert
https://www.jungewelt.de/artikel/382601.racial-profiling-ignorierte-diskriminierung.html
+++POLICE USA
Trumps Truppen in US-Städten: „Faschismus fürs Fernsehen“
Bundespolizisten in Kampfmontur, verletzte Protestler, demonstrierende
Mütter: Die Bilder aus Portland sind dramatisch – und womöglich erst der
Anfang. Was hat Donald Trump vor?
https://www.spiegel.de/politik/ausland/portland-chicago-donald-trump-schickt-bundespolizei-in-us-staedte-a-bb43c4ce-b861-46a3-ae31-32d45b2f3148
-> https://www.stern.de/panorama/gesellschaft/-mauer-aus-muettern–schuetzt-protestierende-bei-us-protesten-9345656.html
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-07/proteste-usa-donald-trump-bundespolizei
-> https://www.heise.de/tp/features/Trump-plant-Einsatz-von-Bundesspezialkraeften-in-Chicago-und-New-York-4849229.html
-> https://www.20min.ch/story/wer-ist-die-schwer-bewaffnete-spezialeinheit-die-portland-nicht-will-383674292387
-> https://www.heise.de/tp/features/Ausgerechnet-Trump-schafft-den-Alptraum-der-amerikanischen-Konservativen-4849435.html
—
tagesanzeiger.ch 21.07.2020
Trumps Sonderpolizei in Portland: Womöglich ist das erst der Anfang
Die Bilder sind dramatisch: Truppen ohne Kennzeichnung gehen in den USA
gegen Demonstranten vor. Donald Trump macht damit Wahlkampf – und er
will die umstrittene Aktion ausweiten.
Christian Zaschke aus New York
Nachdem US-Präsident Donald Trump am Montag gesagt hat, er wolle
Einheiten der Bundespolizei in grosse amerikanische Städte senden, um
dort für Recht und Ordnung zu sorgen, steht die Frage im Raum: Meint der
Präsident diese beispiellose Ankündigung ernst? Oder ist das bloss
Wahlkampf? Sollte Trump seinen Worten Taten folgen lassen, wäre das ein
Novum in der jüngeren US-Geschichte, denn bisher hat kein Präsident
Truppen in Städte entsandt, die sich explizit gegen eine Intervention
verwahrt haben.
«Ich werde etwas tun – so viel kann ich Ihnen sagen», hatte Trump im
Oval Office gesagt, «denn wir werden nicht zulassen, dass New York und
Chicago und Philadelphia und Detroit und Baltimore und all diese –
Oakland ist ein Chaos. Wir werden das nicht zulassen in unserem Land.»
All die genannten Städte werden von Demokraten regiert. Trump nannte sie
«radikale Linke». Mit Blick auf seinen demokratischen Herausforderer
Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen im November sagte Trump: «Wenn
Biden gewinnt, wäre das im ganzen Land so. Das ganze Land würde vor die
Hunde gehen. Und wir werden es nicht vor die Hunde gehen lassen.»
Was kommt nach Portland?
Der Einsatz von Bundespolizei in Städten ist ein Thema im Land, seit aus
Portland, Oregon, Ende vergangener Woche gemeldet wurde, dass nicht
näher identifizierte Sondertruppen Demonstranten festnahmen und in nicht
markierten Fahrzeugen abtransportierten. In Portland wird
ununterbrochen protestiert, seit vor zwei Monaten der Afroamerikaner
George Floyd in Minneapolis von einem weissen Polizisten getötet wurde.
Zwar wurden die Proteste mit der Zeit kleiner, doch sie fanden
allabendlich statt.
Der Einsatz von Bundespolizisten in Städten und Gemeinden ist – selbst
wenn diese das nicht wollen – legal, wenn es darum geht, zum Beispiel
Gebäude im Besitz des Bundes zu schützen. In Portland hatten die
Demonstranten ein Bundesgericht mit Feuerwerkskörpern beschossen. In
solchen Fällen kann das Heimatschutzministerium den Einsatz von
Sondertruppen anordnen. Diese rekrutieren sich aus Mitgliedern anderer
Einsatzkräfte wie zum Beispiel der Grenzpolizei, der Verkehrspolizei
oder der Küstenwache.
«Krasser Machtmissbrauch»
Trump sagte, die Bundespolizisten hätten in Portland «einen
fantastischen Job» gemacht. Das sehen die lokalen Politiker anders.
Oregons Gouverneurin Kate Brown sprach von einem «krassen
Machtmissbrauch». Bürgermeister Ted Wheeler nannte den unerwünschten
Einsatz einen «Angriff auf unsere Demokratie». Er führte aus, die
Bundespolizisten hätten die Lage verschlimmert, weil viele Demonstranten
jetzt erst recht auf die Strasse gingen.
In einem nächsten Schritt plant Trumps Regierung, 150 Sonderbeamte des
Heimatschutzministeriums nach Chicago zu entsenden. Diese sind auf
langfristige Ermittlungen spezialisiert, zum Beispiel in Bezug auf
Menschenhandel und Terrorismus. Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot
sagte: «Wir brauchen keine Bundespolizisten, die Leute von den Strassen
holen und, wie ich meine, unrechtmässig festhalten.»
Nach Angaben der «New York Times» hat sie einen Brief an Trump
geschrieben. Wenn er Chicago helfen wolle, heisse es darin, solle er
mehr in Bezug auf Waffenkontrollen und im Kampf gegen das Coronavirus
unternehmen und mehr in Nachbarschaftsprogramme investieren. Chicago ist
eine der gewalttätigsten Städte der USA. Am vergangenen Wochenende
wurden 12 Menschen in der Stadt erschossen, 51 weitere wurden bei
Schiessereien verletzt.
Die Bürgermeister der von Trump genannten Städte haben den Einsatz von
Bundespolizisten unisono abgelehnt. Manche behalten sich rechtliche
Schritte vor. Doch falls Trump wirklich ernst machen sollte, ist es
zumindest zweifelhaft, ob sie juristisch etwas dagegen ausrichten
könnten.
«Nicht sicher in Bidens Amerika»
Das alles wirkt wie eine geplante Wahlkampfaktion, weil die Republikaner
Anfang der Woche parallel zu Trumps Äusserungen einen Werbespot
geschaltet haben, in dem eine ältere Frau während eines Einbruchs
versucht, die Polizei zu erreichen. Sie landet jedoch in der
Warteschleife, weil die Polizei unterbesetzt ist. «Sie werden nicht
sicher sein in Joe Bidens Amerika», heisst es in dem Spot. Trump hatte
zuletzt mehrmals behauptet, Biden wolle die Polizeibudgets kürzen,
obwohl dieser nichts dergleichen gesagt hat.
Trump liegt in fast allen Umfragen hinter Biden zurück. Es scheint, als
habe er sich daher dazu entschlossen, zumindest rhetorisch in die
Offensive zu gehen. Seit diesem Dienstag hält er wieder Briefings zum
Coronavirus ab. Diese Briefings hatte er im April gestoppt. Es waren bis
zu zwei Stunden lange Veranstaltungen gewesen, in denen Trump über
alles Mögliche redete und mit Reportern stritt. Unter anderem hatte er
in einem Briefing gefragt, ob es sinnvoll sein könnte, sich
Desinfektionsmittel gegen das Coronavirus zu spritzen.
Briefings statt Grossveranstaltungen
Damals hatten ihn seine Berater davon überzeugen können, dass er sich
mit diesen Briefings selbst schade. Dass er sie nun wieder einführt, mag
auch damit zu tun haben, dass er eine Plattform sucht, um zu seiner
Basis zu sprechen. Wegen der Pandemie ist es derzeit kaum möglich,
grosse Wahlkampfveranstaltungen abzuhalten.
Trump liebt diese Grossveranstaltungen vor Publikum, sie geben ihm
sichtlich Energie. Als er jüngst auf einer solchen Veranstaltung in
Tulsa, Oklahoma, auftrat, war die Halle jedoch nur zu einem Drittel
gefüllt – womöglich hatten seine Anhänger Sorge, sich mit dem Virus
anzustecken. Es wird in Washington erwartet, dass Trump die wieder
angesetzten Briefings als Ersatz für die Grossveranstaltungen nutzen
will.
(https://www.tagesanzeiger.ch/trump-macht-wahlkampf-mit-sonderpolizei-265382213853)
—
Soziologe über Polizei in den USA: „Polizisten sind Gewaltarbeiter“
Die Polizei muss aus dem Alltag der Menschen rausgehalten werden, sagt
Alex Vitale. Der Soziologe fordert zudem eine reduzierte Bewaffnung.
https://taz.de/Soziologe-ueber-Polizei-in-den-USA/!5695764/
+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: „Einzelfälle“ bei der Polizei, Dubler beim SEM, verzerrte Darstellungen in den Medien
https://antira.org/2020/07/21/antira-wochenschau-einzelfaelle-bei-der-polizei-dubler-beim-sem-verzerrte-darstellungen-in-den-medien/
Ombudsstelle: Die «Arena» zu Rassismus war nicht sachgerecht besetzt
Die Diskussionsrunde der «Arena» des Schweizer Fernsehens SRF zum Thema
Rassismus und zum Tod von George Floyd in den USA war nicht sachgerecht
zusammengesetzt. Das hält die Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz fest.
https://www.nzz.ch/schweiz/ombudsstelle-arena-zu-rassismus-war-nicht-sachgerecht-besetzt-ld.1567372
-> https://www.derbund.ch/212-beanstandungen-gegen-rassismus-arena-811882296845
-> https://www.srgd.ch/de/aktuelles/news/2020/07/20/ombudsfall-arena-war-nicht-sachgerecht/
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/srg-ombudsstelle-ruffelt-erste-rassismus-arena-des-srf-65747362
Rassismus im Bild: Blind für schwarze Menschen
Ein Fotoautomat des Hamburger Landesbetriebs für Verkehr kann nur weiße
Menschen fotografieren. Das Problem ist seit Monaten bekannt.
https://taz.de/Rassismus-im-Bild/!5700872/
Zürcher Quarantäne-Kampagne erntet Rassismus-Vorwürfe
Die Zürcher Gesundheitsdirektion hat eine neue Kampagne zu
Quarantäne-Vorschriften lanciert. Deren Plakate richten sich im
Speziellen an Einreisende aus neun Ländern. Menschen aus den betroffenen
Nationen finden das rassistisch.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/zuercher-quarantaene-kampagne-erntet-rassismus-vorwuerfe-138523387
+++RECHTSPOPULISMUS
SVP-Nationalrat provoziert auf Facebook: Andreas Glarner löst aus Versehen Lovestorm für Luzerner Lehrlinge aus
SVP-Politiker Andreas Glarner ist um keine Aktion verlegen, wenn es
darum geht, auf «Überfremdung» aufmerksam zu machen. Nun hat er dazu die
erfolgreichen Lehrlinge von Aldi in Perlen missbraucht. Diese werden
nun mit Glückwünschen überschüttet.
https://www.zentralplus.ch/andreas-glarner-loest-aus-versehen-einen-lovestorm-aus-1848495/
SVP-Zoff um Lehrlinge: Roger Köppel geht auf Andreas Glarner los
Andreas Glarner prangert Aldi-Lehrabgänger mit ausländisch anmutenden
Namen an. Es folgt ein «Lovestorm» – sogar Roger Köppel widerspricht
«seinem» Asylchef.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/svp-zoff-um-lehrlinge-roger-koppel-geht-auf-andreas-glarner-los-65747303
-> https://www.watson.ch/schweiz/svp/783757078-svp-glarner-stellt-lehrabgaenger-an-den-pranger-schuss-geht-nach-hinten-los
-> https://www.blick.ch/community/nach-ueberfremdungs-post-blick-leser-wollen-glarner-nicht-als-svp-praesidenten-er-tanzt-von-fettnapf-zu-fettnapf-id16004496.html
-> https://www.tagesanzeiger.ch/aldi-kontert-social-media-eintrag-von-svp-politiker-837572752183
-> https://www.blick.ch/politik/facebook-user-koeppel-und-aldi-alle-stellen-sich-hinter-die-lehrlinge-fuer-glarner-hagelts-kritik-id16003809.html
+++RECHTSEXTREMISMUS
Anonymous knöpft sich Schweizer Sektenführer vor und hackt Verschwörungs-Webseite
Nach Attila Hildmann nimmt sich Anonymous den Schweizer Sektenführer Ivo
Sasek zur Brust. Die Netzaktivisten haben eine seiner
Verschwörungs-Webseiten gehackt und kündigen weitere Aktionen gegen
Saseks Sekte «Organische Christus-Generation» (OCG) an.
https://www.watson.ch/!932618990
Prozessauftakt gegen den Attentäter von Halle – Zeugin und Nebenklägerin blickt kritisch zurück
Der Prozess gegen den Attentäter von Halle beginnt am 21. Juli 2020.
Eine Zeugin spricht von dem Tag selber, dem medialen Umgang danach und
ihren Perspektiven auf den Anschlag, die Hintergründe und den
anstehenden Prozess.
https://youtu.be/AdqIecPj-LQ
-> https://taz.de/Prozess-zu-Anschlag-in-Halle/!5695684/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/382670.rassismus-killer-ohne-reue.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139437.attentat-in-halle-es-ist-unvorstellbar-grausam-welchen-judenhass-stephan-b-verbreitet-hat.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139461.halle-toedlicher-hass-auf-juden-und-fremde.html
-> https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-mordet-nur
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-07/anschlag-von-halle-gerichtsprozess-attentat-richterin-ursula-mertens/komplettansicht
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/attentaeter-von-halle-vor-gericht?id=3fbb82d2-8d04-48ee-b971-9947d5f7c96c
-> https://www.srf.ch/sendungen/kontext/zwischen-alltag-und-anschlag-antisemitismus-in-deutschland
-> https://www.srf.ch/news/international/prozessauftakt-halle-anschlag-angeklagter-stellt-rassistische-gesinnung-offen-zur-schau
Rechtsterrorismus: Wenn Politik tödlich werden kann
Der Mordprozess im Fall des vor einem Jahr getöteten CDU-Politikers
Walter Lübcke läuft seit letztem Monat. Er wirft ein Schlaglicht auf den
Rechtsterrorismus, der für LokalpolitikerInnen in ganz Deutschland ein
Leben in wachsender Ungewissheit bedeutet. Ein Besuch bei drei
Betroffenen.
https://www.woz.ch/-acb4
„NSU 2.0“ in Hessen Landeskriminalamt weiß von 69 rechtsextremen Drohmails
Hessens Innenminister Peter Beuth hat über den Stand der Ermittlungen
zum „NSU 2.0“ informiert: Demnach sind in acht Bundesländern 27 Personen
und Institutionen mit rechtsextremen Schreiben bedroht worden.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-2-0-landeskriminalamt-hessen-weiss-von-69-rechtsextremen-drohmails-a-35a3dab9-e60d-45aa-bce1-3e4d0a263d72
-> https://www.rnd.de/politik/nsu-20-mail-mit-morddrohungen-an-chebli-roth-goring-eckardt-und-kipping-versendet-E6MP6B7W67UAD65H3HDOUS7ELI.html
-> https://www.hessenschau.de/politik/jetzt-schon-69-rechtsextreme-drohschreiben-mit-nsu-20,innenausschuss-nsu-100.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139381.nsu-heikle-fragen.html
Deutschland: Der alltägliche Rechtsextremismus
Rechtsextremismus ist in Deutschland kein Phänomen mehr, das am Rande
der Gesellschaft stattfindet. Die Grenzen des Sagbaren und auch des
Machbaren haben sich in den letzten Jahre verschoben. Wie sehr
rechtsextremistische Agressionen vielerorts zum Alltag gehören, das
zeigt die Reportage aus dem Berliner Bezirk Neukölln.
https://www.arte.tv/de/videos/098997-000-A/deutschland-der-alltaegliche-rechtsextremismus/
Norwegens offene Wunde
Die Anschläge von Anders Breivik kamen nicht aus dem Nichts
Vor neun Jahren wurde Norwegen vom schlimmsten Terroranschlag seit dem
Zweiten Weltkrieg erschüttert. Bis heute streitet das Land um die
Einordnung der Tat.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139442.anders-breivik-norwegens-offene-wunde.html
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tagesanzeiger.ch 21.07.2020
Soziale Medien verbannen Rassisten und Rechtsradikale
Von Facebook bis Youtube löschen die grossen Plattformen reihenweise
Accounts von Extremisten und Verschwörungstheoretikern. Der Sinneswandel
ist überfällig.
Simon Hurtz
Es gibt Ereignisse, die keinen Zweifel lassen. Als die Mauer fiel, als
die Türme des World Trade Centers zusammenstürzten, als Lehman Brothers
pleiteging, war sofort klar: Was gerade passiert, schreibt Geschichte,
jetzt beginnt eine neue Ära. Solche Ereignisse sind selten. Meist knallt
es nicht, sondern es rumpelt und scheppert ein bisschen. Erst ein paar
Jahre später fällt auf: Was damals geschah, hat die Welt verändert.
In den vergangenen Wochen rumpelte es im Silicon Valley – so laut, dass
das Echo auch in Europa zu hören war. Die mächtigsten
Kommunikationsplattformen verbannten massenhaft rassistische und
rechtsradikale Konten und Kanäle. Wer jede Entscheidung einzeln
betrachtet, wird darin wenig Weltbewegendes sehen. Hier ein paar Nazis
weniger, dort ein paar Antisemiten, die ihr Gift woanders verbreiten
müssen. Doch in der Summe könnte es ein revolutionäres Rumpeln gewesen
sein. Im Sommer 2020 könnte die Zähmung des «Wild Wild Web» begonnen
haben, wie es der Journalist Kevin Roose in der New York Times nannte.
Wichtigste Waffen wegnehmen: Bühne, Reichweite, Publikum
Die Tragweite der Ereignisse versteht man am besten, wenn man erst
heranzoomt, um dann das grosse Ganze in den Blick zu nehmen. Der Fokus
liegt also auf Martin Sellner und Steve Huffman, einem rechtsextremen
Provokateur und dem Chef der Plattform Reddit. Der eine hat Zehntausende
Follower, der andere Hunderte Millionen Nutzer. Sellner missbraucht
soziale Medien, um Hass zu schüren. Huffman versucht zu verhindern, dass
sich Menschenfeinde auf Reddit vernetzen.
In kurzer Folge entzogen etliche Unternehmen Sellner das Mikrofon. Erst
sperrte Twitter sein Konto, kurz darauf machte Youtube seinen Kanal
dicht, schliesslich warf ihn Tiktok raus. Auch für seine eigene Webseite
muss sich der Rechtsradikale eine neue Heimat suchen. Sein Webhoster
kündigte ihm den Vertrag. «Der digitale Vernichtungsfeldzug der Eliten
geht weiter», beklagt der Österreicher auf seinem Telegram-Kanal,
schwadroniert von Totalitarismus und modernen stalinistischen
Säuberungen. Sellner erlebt, wie sich das sogenannte Deplatforming
anfühlt. Nachdem er sich jahrelang austoben durfte, nehmen ihm die
Konzerne seine wichtigsten Waffen weg: die Bühne, die Reichweite, das
Publikum.
Einer der Menschen, die dafür verantwortlich sind, dass gerade
reihenweise Rassisten ihre digitale Heimat verlieren, ist Steve Huffman.
«Als wir Reddit vor 15 Jahren gründeten, haben wir gar nichts
verbannt», sagte er in einem Interview mit der New York Times. «Damals
fehlte es mir an Perspektive und Lebenserfahrung.» Mit 36 Jahren hat er
davon offenbar genug gesammelt, um zu erkennen, dass «The_Donald» keinen
Platz auf Reddit haben sollte. Knapp 800’000 Trump-Anhänger bevölkerten
das Forum, seit Jahren loten sie die Grenzen der Plattform aus, oft
überschreiten sie Regeln und teils auch Gesetze. «The_Donald» ist einer
von circa 2000 Subreddits, die Huffman vor zwei Wochen von seiner
Plattform warf.
Selbst Facebook lässt Trump nicht mehr alles durchgehen
An Sellners Jammern und Huffmans Handeln zeigt sich der Sinneswandel der
Tech-Konzerne. Binnen weniger Tage löschten Facebook und Instagram
Hunderte gewaltverherrlichende Konten, Seiten und Gruppen, sperrte
Twitter Dutzende Konten, machte Youtube rechtsradikale Kanäle dicht,
verbannte Reddit hasserfüllte Foren.
Das Durchgreifen betrifft nicht nur kleine Nazis, sondern auch mächtige
Demagogen: Bereits im Mai hatte Twitter zum ersten Mal einen Tweet von
Donald Trump mit einem Faktencheck versehen und seine Aussagen als
falsch bezeichnet. Der US-Präsident tobte, doch das hinderte das
Unternehmen nicht daran, einen weiteren Tweet als gewaltverherrlichend
einzustufen und hinter einem Warnhinweis zu verbergen.
Daran nahm sich Snapchat ein Beispiel und schloss Trumps Videos von
seiner Discover-Seite aus, wo Nutzern Inhalte empfohlen werden.
Begründung: «Wir werden keine Stimmen verstärken, die rassistische
Gewalt befeuern.» Selbst Facebook, das Trump seit Jahren mit
Samthandschuhen anfasst, ist nicht mehr bereit, dem Präsidenten alles
durchgehen zu lassen. Nachdem Hunderte Mitarbeiter streikten, um gegen
den Kuschelkurs von Mark Zuckerberg zu protestieren, verschärfte der
Konzern seine Richtlinien.
Extremisten kaperten soziale Netzwerke
Das Umdenken ist überfällig. Facebook hat sich auf die Fahnen
geschrieben, Menschen zusammenzubringen und die Welt zu vernetzen.
Nutzer bekommen ein Megafon, mit dem sie ihre Botschaften global
verbreiten können. Viele Konzerne handeln so, als sei das ein Wert an
sich. Doch wer Nazis vernetzt und dabei hilft, den Hass in die Welt zu
tragen, spaltet die Gesellschaft. Die liberale Utopie eines
unregulierten Wild Wild Web droht in eine anarchische Dystopie
umzuschlagen. «Community» ist im Silicon Valley ein heiliges Wort. Aber
was nutzt Gemeinschaft, wenn dort Rassisten und Antisemiten den Ton
angeben?
Immer wieder betonen die grossen Plattformen, sie seien ein Spiegel der
Gesellschaft. Die Abgründe der analogen Welt zeigten sich eben auch im
Netz. Das stimmt – doch es ist noch mehr als das: Facebook und Youtube
spiegeln den Hass nicht nur wider, sie verstärken ihn. Extremisten haben
die sozialen Netzwerke gekapert und profitieren dabei von Algorithmen,
die Emotionen hervorheben und Nuancen unsichtbar machen. Im Zeitalter
der Aufmerksamkeitsökonomie gewinnt meist, wer am vehementesten meint,
am lautesten schreit oder am skrupellosesten auf Andersdenkende losgeht.
Die betroffenen Nutzer beschweren sich oft über angebliche Zensur. Das
ist Unsinn. Der erste Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten schützt
Bürger vor dem Staat. Kein Mensch der Welt, nicht mal der US-Präsident,
hat das Recht, dass ihm private Unternehmen ein Millionenpublikum zur
Verfügung stellen. Er darf immer noch sagen, was er will – nur eben
nicht überall. Mit Meinungsfreiheit hat das nichts zu tun: Hass ist
keine Meinung, Rassismus auch nicht. Wenn Plattformen ein Mindestmass an
Regeln durchsetzen und versuchen, Menschenrechte zu wahren, schränkt
das nur die Freiheit jener ein, die ungestört hetzen und pöbeln wollen.
Das ist keine Gefahr, sondern ein Segen.
Schliesslich hat das auch Reddit-Chef Huffman erkannt, aber es hat ihn
Überwindung gekostet. In einer Telefonkonferenz mit Journalisten sagte
er: «Ich muss zugeben, dass ich mir schwer damit getan habe, meine Werte
als Amerikaner, die sich um Redefreiheit und Meinungsfreiheit drehen,
mit meinen Werten und den Werten des Unternehmens in Einklang zu
bringen, die menschlichen Anstand betreffen.»
1000 Unternehmen boykottieren Facebook
Warum Huffman, Zuckerberg und die anderen verantwortlichen Manager
ausgerechnet jetzt ihren Kurs ändern, nachdem sie jahrelang zugeschaut
haben, lässt sich von aussen nur schwer beurteilen.
Natürlich spielen auch finanzielle Motive eine Rolle. Mehr als 1000
Unternehmen schalten derzeit keine Anzeigen auf Facebook. Sie haben sich
der Initiative «Stop Hate for Profit» angeschlossen, die zehn
Forderungen durchsetzen wollen. Facebook dürfe Hass keine Plattform mehr
bieten, fordern die Unterstützer. Auf den Umsatz wird sich der
Werbeboykott kaum niederschlagen, dennoch wirkt er: Öffentlich wird so
intensiv über Menschenrechte und die Verantwortung der sozialen
Netzwerke diskutiert wie selten zuvor.
Der Druck kommt nicht nur von aussen, sondern auch von innen: Immer
lauter begehren Angestellte auf und wehren sich gegen die Tatenlosigkeit
ihrer Vorgesetzten. Die «Black Lives Matter»-Proteste haben die USA
weiter politisiert und polarisiert. Tech-Konzerne konkurrieren um die
klügsten Köpfe, und viele Entwickler im traditionell linksliberalen
Silicon Valley wollen Arbeitgeber, die nicht nur die nächsten
Quartalszahlen im Blick haben. Unternehmen, die talentierte Mitarbeiter
rekrutieren wollen, können nicht ignorieren, was die kommende Generation
der Uni-Absolventen fordert.
Vielleicht wird Geschichte geschrieben
Es wäre aber zu einfach zu unterstellen, es ginge nur um Geld und Image.
Manche Manager wollen tatsächlich die Welt verbessern. Man kann darüber
streiten, ob sie es tun, und man muss einige der Werte hinterfragen,
die sie vertreten. Aber der Idealismus, den sie zur Schau stellen, ist
nicht nur geheuchelt. Nilay Patel, der als Chefredakteur des
Tech-Portals The Verge nah an den Entscheidern der Branche ist, drückt
es auf Twitter so aus: «Manchmal betrachten Leute einfach nur die Dinge,
die sie gemacht haben, und entscheiden, dass sie dabei mehr Stolz
empfinden wollen.»
Dass die neue Entschlossenheit einsetzt, nachdem das Coronavirus eine
Welle gefährlicher Desinformation ausgelöst hat, ist kein Zufall. Die
Infodemie flutete soziale Netzwerke, und auf Worte folgten oft Taten:
Menschen weigern sich, Masken zu tragen, oder greifen Mobilfunkmasten
an, weil sie glauben, dass Covid-19 über 5G verbreitet wird.
«Man kann nicht einfach ‹Feuer› schreien, wenn man in einem vollen
Theater sitzt», sagte Zuckerberg. Das gilt nicht nur für
Verschwörungsideologen, die auf dem Höhepunkt einer Pandemie
unwissenschaftlichen Nonsens verbreiten, sondern auch für politische
Inhalte. Weltweit sind Populisten auf dem Vormarsch, der US-Wahlkampf
spitzt sich zu. Die sozialen Netzwerke scheinen allmählich zu erkennen,
dass sie in solchen Zeiten eine besondere Verantwortung haben.
Das Rumpeln im Internet muss noch lauter werden, es muss das Netz
gründlich durchschütteln. Dann heisst es vielleicht in ein paar Jahren:
Damals, im Sommer 2020, wurde Geschichte geschrieben.
(https://www.tagesanzeiger.ch/soziale-medien-verbannen-rassisten-und-rechtsradikale-520927839061)
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Referendum lanciert: Die irre Show der Corona-App-Gegner
Im Kampf gegen eine «digitale Diktatur» ergreift ein bunt
zusammengewürfeltes Komitee das Referendum gegen die SwissCovid App. Die
Lancierung ist bühnenreif.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/referendum-lanciert-die-irre-show-der-corona-app-gegner-65747092
-> https://www.20min.ch/video/das-sind-die-argumente-der-swiss-covid-app-gegner-474056940256
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/verschworungstheoretiker-mit-referendum-gegen-corona-app-65746558
-> https://www.derbund.ch/westschweizer-komitee-kaempft-mit-referendum-gegen-swiss-covid-app-578182952943
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/bedenken-beim-datenschutz-komitee-ergreift-referendum-gegen-swisscovid-app
-> https://www.20min.ch/story/schritt-hin-zu-totaler-kontrolle-komitee-ergreift-referendum-gegen-swisscovid-app-739751409112
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/jetzt-auch-noch-ein-referendum-der-naechste-rueckschlag-fuer-die-swisscovid-app-138512017
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/referendum-gegen-covid-app-gegner-befuerchten-ueberwachung-138523082
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/digitale-diktatur-komitee-plant-referendum-gegen-swisscovid-app-138523404
-> https://www.watson.ch/schweiz/kommentar/420337803-kommentar-zu-referendum-gegen-swisscovid-app
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-junge-ermutigen-zum-nutzen-der-covid-app-65746488
Attila Hildmann drohte mit Mord: Nun ermittelt der Staatsschutz gegen den veganen Koch
Attila Hildmann gilt in Deutschland als gewaltgeneigter Rechtsextremist,
der bislang unbehelligt wirken kann. Nach dessen Lynchmordphantasien
hat die Staatsanwaltschaft in Cottbus ein Verfahren eingeleitet. Und
auch in Berlin wird ermittelt.
https://www.derbund.ch/nun-ermittelt-der-staatsschutz-gegen-den-ehemals-veganen-koch-962167509899
-> https://www.n-tv.de/panorama/Beck-erstattet-Anzeige-gegen-Hildmann-article21921339.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139407.attila-hildmann-lederer-nach-drohungen-hildmanns-worte-sind-brandgefaehrlich.html
+++HISTORY
Das schwere Erbe des Kolonialismus – Rendez-vous-Tagesgespräch
Händler, Missionare oder Wissenschaftler brachten während der
Kolonialzeit Kulturgüter nach Europa. Ausgehend von dieser Raubkunst
zeigen Afrika-Korrespondentin Anna Lemmenmeier und EU-Korrespondent
Charles Liebherr auf, wie schwer das koloniale Erbe bis heute auf beiden
Kontinenten wiegt.
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/das-schwere-erbe-des-kolonialismus
Demonstrationen in Europa – Wut in Afrika – Rendez-vous-Tagesgespräch
Ein weisser Polizist drückt einem Afroamerikaner in Minneapolis
minutenlang sein Knie in den Nacken – bis dieser stirbt. Der Tod von
George Floyd hat weltweit zu Protesten geführt, zu Demonstrationen gegen
Polzeigewalt gegenüber Schwarzen, zu Protesten gegen Rassismus
allgemein.
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/demonstrationen-in-europa-wut-in-afrika