Medienspiegel 21. Juli 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Darum zündete er sich an: Flüchtling erzählt von Protestaktion
Am Montagnachmittag zündete sich ein Demonstrant bei einer Protestaktion auf dem Bundesplatz in Bern selbst an. Der Kurde kam mit Verletzungen davon. Laut ihm handelte es sich um eine Verzweiflungstat, weil er in den Iran zurückgeschickt werden soll, wo ihn angeblich die Todesstrafe erwartet.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/darum-zuendete-er-sich-an-fluechtling-erzaehlt-von-protestaktion-138523376
-> https://www.letemps.ch/suisse/une-immolation-place-federale-beaucoup-questions
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/habe-genug-von-diesem-leben-jetzt-spricht-der-fluechtling-der-sich-in-bern-angezuendet-hat-id16004758.html
-> https://www.20min.ch/story/warum-sich-der-fluechtling-auf-dem-bundesplatz-angezuendet-hat-808811209793



bernerzeitung.ch 21.07.2020

Nach Demo auf dem BundesplatzFlüchtling zündete sich aus Verzweiflung an

Die Polizei will sich nicht zum Fall äussern, doch der Mann, der sich am Montag angezündet hatte, meldet sich selbst zu Wort.

Brandspuren zeugten danach vom schrecklichen Vorfall, der sich am Montagnachmittag auf dem Bundesplatz ereignet hatte. An einer Demonstration gegen die bernische Asylpolitik hatte sich ein Mann unvermittelt selber angezündet. Die Sanitätspolizei brachte ihn mit der Ambulanz ins Spital und gab später an, er sei «nicht lebensbedrohlich» verletzt.

Am Tag danach wollte sich die Kantonspolizei Bern nicht weiter zum Vorfall sowie zur Identität des Mannes äussern. «Mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte» mache man keine weiteren Angaben. Der Iraner meldet sich allerdings selbst zu Wort: «Ich habe genug von diesem Leben», sagt B. K.* am Dienstag in einem Interview gegenüber «TeleBärn». Er sei verzweifelt, weil er in den Iran zurückkehren müsse, dort aber die Todesstrafe auf ihn warte, weil er Kurde ist.

Gemäss dem Fernsehbeitrag befinde sich der 34-Jährige die nächsten Tage in einer psychiatrischen Einrichtung. Danach komme er wieder ins Rückkehrzentrum in Biel-Bözingen – nach eigenen Aussagen mit ein Grund für K.s Verzweiflung: «In unserem Zentrum ist es dreckig, fast alle WCs und Duschen sind kaputt», sagt er. «Wir wohnen wie in einem Gefängnis.»
Verbrennungen an den Beinen

Laut dem «Migrant Solidarity Network», das die Demonstration mitveranstaltete, habe der versehrte Mann Verbrennungen an den Beinen, seine Situation sei aber stabil. Das Netzwerk vermeldete dies am Dienstagmorgen auf Twitter, laut eigenen Angaben gestützt auf Bekannte des Mannes.

Derweil kritisiert das «Megafon», die Zeitschrift der Reitschule, die Sanitätspolizei via Twitter dafür, dass diese erst nach zwölf Minuten auf dem Bundesplatz eingetroffen sei, obwohl schon drei Minuten vorher ein Sanitätswagen in der Bundesgasse gewesen sei. An sie sei offiziell keine Kritik herangetragen worden, hiess es bei der Sanitätspolizei, weshalb man sich dazu nicht äussere.

* Name der Redaktion bekannt

(hae / mb)
(https://www.bernerzeitung.ch/polizei-aeussert-sich-nicht-zum-mann-der-sich-angezuendet-hat-648596042335)



bernerzeitung.ch 21.07.2020

Nach Demo auf dem Bundesplatz: Polizei äussert sich nicht zum Mann, der sich angezündet hat

Mit Verweis auf dessen Persönlichkeitsschutz lassen Kantons- und Sanitätspolizei Fragen zum Brandopfer von der Demonstration am Montag unbeantwortet.

Christoph Hämmann

Brandspuren zeugten danach vom schrecklichen Vorfall, der sich am Montagnachmittag auf dem Bundesplatz ereignet hatte. An einer Demonstration gegen die bernische Asylpolitik hatte sich ein Mann unvermittelt selber angezündet. Die Sanitätspolizei brachte ihn mit der Ambulanz ins Spital und gab später an, er sei «nicht lebensbedrohlich» verletzt.

Am Tag danach wollte sich die Kantonspolizei Bern nicht weiter zum Vorfall sowie zur Identität des Mannes äussern. «Mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte» mache man keine weiteren Angaben. Die Aussage eines Kundgebungsteilnehmers, wonach es sich beim Verletzten um einen Iraner handle, der nach einem negativen Asylentscheid in einem Berner Rückkehrzentrum lebe, bleibt deshalb von Behördenseite unbestätigt.

Mit der gleichen Argumentation lehnt auch die Sanitätspolizei weitere Auskünfte ab. Diese war auf Twitter vom «Megafon», der Zeitschrift der Reitschule, dafür kritisiert worden, erst nach 12 Minuten auf dem Bundesplatz eingetroffen zu sein, obwohl schon 3 Minuten vorher ein Sanitätswagen in der Bundesgasse gewesen sei. An sie sei offiziell keine Kritik herangetragen worden, hiess es bei der Sanitätspolizei, weshalb man sich auch dazu nicht äussere.

Laut dem «Migrant Solidarity Network», das die Demonstration mitveranstaltete, habe der versehrte Mann Verbrennungen an den Beinen, seine Situation sei aber stabil. Das Netzwerk vermeldete dies am Dienstagmorgen auf Twitter, laut eigenen Angaben gestützt auf Bekannte des Mannes.
(https://www.bernerzeitung.ch/polizei-aeussert-sich-nicht-zum-mann-der-sich-angezuendet-hat-648596042335)


+++AARGAU
Gewisse Flüchtlinge erhalten zu wenig Geld vom Kanton – das soll sich nun ändern
Die Aargauer Praxis ist widerrechtlich. Das hält der kantonale Sozialdienst in einer Nachricht fest. Nun wird per Oktober angepasst und mehr Geld ausgezahlt.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/gewisse-fluechtlinge-erhalten-zu-wenig-geld-vom-kanton-das-soll-sich-nun-aendern-138515366


+++ZÜRICH
Zürcher Asylbehörden streiten weiter für Geheimniskrämerei
Die Republik erkämpfte sich Einsicht in die Millionenverträge des Zürcher Asylwesens. Doch Regierungsrat Mario Fehr setzt sich persönlich dafür ein, dass das Sozialamt die Verträge unter dem Deckel halten kann.
https://www.republik.ch/2020/07/21/zuercher-asylbehoerden-streiten-weiter-fuer-geheimniskraemerei


+++SCHWEIZ
NKVF: Bericht über die Überwachung der zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg
In ihrem heute veröffentlichten Bericht publiziert die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKFV) ihre Empfehlungen zu den 34 polizeilichen Zufüh-rungen und den 34 zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg, welche sie von April 2019 bis März 2020 begleitet hat. Die Kommission stellte insgesamt im Bereich der Anwendung polizeilichen Zwangs eine zufriedenstellende Entwick-lung fest. Bestimmte polizeiliche Vorgehensweisen beurteilt sie jedoch weiter-hin als problematisch. Ausserdem zieht die Kommission in ihrem Bericht Bilanz über ein Pilotprojekt zum Monitoring der Übergabe der Rückzuführenden an die Behörden im Zielstaat.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79906.html


„Die Angst, die Schweiz verlassen zu müssen, wächst“
„Die Pandemie hat die Befürchtungen vieler Einwanderer in der Schweiz verstärkt, ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren“, sagt Francesca Chukwunyere. Die Integrationsexpertin setzt sich dafür ein, die rechtlichen Einschränkungen von Ausländern, die Sozialhilfe beziehen, auszusetzen. Zumindest in der Wirtschaftskrise, die durch die Covid-19-Pandemie verursacht worden ist.
https://www.swissinfo.ch/ger/-die-angst–die-schweiz-verlassen-zu-muessen–waechst-/45907516


+++FRANKREICH
Massive Räumungen in Calais
In Calais ist ein paar Tage nach der Ernennung des neuen französischen Innenministers Darmanin zu einer heftigen Räumungswelle gekommen, die am 10.7. begann und mindestens bis zum 17.7. andauerte. Dabei wurden mehrere Camps geräumt, über 500 Leute in Zentren außerhalb der Region gebracht und die Verbliebenen/Zurückkehrenden in noch prekärere Verhältnisse gezwungen, als es bisher schon der Fall war. Es ist die einschneidenste Entwicklung seit der medienwirksamen Räumung des damaligen Jungle von Calais im Oktober 2016. Diese aktuelle Entwicklung geht über die alltäglichen Räumungen weit hinaus (auch in ihrer politischen Dimension).
https://ffm-online.org/massive-raeumungen-in-calais/
-> Calais-Blog: https://calais.bordermonitoring.eu/2020/07/20/rekonstuktion-einer-raeumugswoche/


+++GRIECHENLAND
„+++ BREAKING +++
(Großbrand in #Moria. Hubschrauber im Einsatz. Unbestätigten Meldungen zufolge sollen Faschisten das Feuer gelegt haben.“
https://twitter.com/SEENOTRETTUNG/status/1285641620470353921)


+++GASSE
«Basel droht zum Bettler-Mekka der Schweiz zu werden»
Mehr Bettelei in Basel: SVP fordert, dass Polzei schwerpunkt¬mässige Personen¬kontrollen durch¬führt.
https://primenews.ch/news/2020/07/basel-droht-zum-bettler-mekka-der-schweiz-zu-werden
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/in-der-innenstadt-und-einkaufszonen-buergerliche-klagen-ueber-bettelbanden-in-basel-138514746


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Alles klar Herr Kommissar?!
Am Abend des 29.06.20 haben wir, Einzelpersonen mit befreundeten Crews, den Brückenpfeiler bei der Reitschule neu gestaltet. Repression betrifft uns alle ob an Demos, beim Sprayen oder anderen Aktionsformen oder einfach beim Existieren mit «falschen» oder fehlenden Papieren. Der Staat will uns zu verstehen geben, dass wir uns dem kapitalistischen, patriarchalen und rassistischen Zwang unterwerfen sollen. Wir sagen es reicht uns!
https://barrikade.info/article/3703


Aufruf: 1. August Demo Bern
16.00 Uhr, Bahnhofplatz Bern
Auf der ganzen Welt gehen verschiedenste Bewegungen auf die Strasse, um mit der Geschichte von Jahrhunderten der andauernden Unterdrückung abzurechnen. Der 1. August stellt den Feiertag der Schweizer Nation und dessen Geschichte dar. Ein Tag, der vom Staat willkürlich ausgewählt wurde, um den Gründungsmythos durch den sogenannten Rütlischwur zu erschaffen. Eine Geschichte, die für Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung steht. Deswegen auf zur Demo gegen den Mythos Schweiz.
https://barrikade.info/article/3702


Anti – Repressions Treffpunkt
Jeden letzten Samstag im Monat von 15.00 – 20.00 Uhr in der anarchistischen Bibliothek Fermento Zureich.
Gemeinsam wollen wir uns über die verschiedenen Formen von staatlichen Unterdrückungen und ihren Auswirkungen auf unsere Leben austauschen. Durch gemeinsame Analysen und Diskussionen wollen wir mögliche Ansätze für einen Umgang und Wege finden, die Repression offensiv bekämpfen. Diesen Samstag möchten wir uns der revolutionären Solidarität widmen.
https://barrikade.info/article/3696


Sexismus-Vorwürfe: «Kill All Rapists»-Graffito sorgt für Streitigkeiten in der linken Szene
Eine feministische Frauengruppe wirft der linksautonomen Szene in Bern vor, sich nicht genügend gegen Sexismus auszusprechen. Sie kritisieren, dass ihre Forderungen von Männern aus der Szene nicht ernst genommen werden.
https://www.20min.ch/story/kill-all-rapists-graffito-sorgt-fuer-streitigkeiten-in-der-linken-szene-504373669266


+++BIG BROTHER
Messengerdienst: BKA kann bei WhatsApp mitlesen
Verschlüsselte Kommunikation stellt die Sicherheitsbehörden vor große Probleme. Nach Recherchen von WDR und BR kann das BKA jedoch längst Chats über WhatsApp mitlesen – über eine reguläre Funktion.
https://www.tagesschau.de/inland/bka-whatsapp-101.html
-> https://www.20min.ch/story/der-staat-kann-bei-whatsapp-mitlesen-435666433433?utm_term=Autofeed&utm_medium=Social&utm_source=Twitter#Echobox=1595354025


+++POLICE VD
Verfahren gegen Aufseher nach Tod von Gambier in Polizeizelle
2017 starb ein 23-jähriger Gambier an Folgen eines epileptischen Anfalls in einer Lausanner Polizeizelle. Einem Polizisten wird fahrlässige Tötung vorgeworfen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/verfahren-gegen-aufseher-nach-tod-von-gambier-in-polizeizelle-65747458


+++POLIZEI ZG
Diskussion um Auswertung von DNA-Spuren: Zuger Regierung will von Hooligan-Jagd nichts wissen
Wie sieht eine Verdächtige aus? Dies soll die Polizei künftig aus DNA-Spuren vom Tatort herauslesen dürfen. Allerdings nur bei schweren Verbrechen, findet der Zuger Regierungsrat. Er hat damit eine andere Haltung als die Amtskollegen in Luzern.
https://www.zentralplus.ch/zuger-regierung-will-von-hooligan-jagd-nichts-wissen-1847793/


+++REPRESSION DE
….knickt de.indymedia.org ein ?
NEIN. Genau das war und ist es, was wir tun.
Wir kämpfen mit dem 6. DDoS – Angriff in diesem Jahr und wehren auch diesen ab. Das braucht Zeit und Energie, da die Infrastruktur angepasst werden muss.
https://barrikade.info/article/3706


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Nur 58 Prozent der Kriminellen werden ausgeschafft: «Das ist eine Missachtung des Volkswillens!»
Erstmals liefert der Bund genaue Zahlen, wie viele kriminelle Ausländer einen Landesverweis kassieren. Das Ergebnis empört nicht nur die Rechten. Nun steht eine Verschärfung der Härtefallklausel zur Diskussion.
https://www.blick.ch/politik/nur-58-prozent-der-kriminellen-werden-ausgeschafft-das-ist-eine-missachtung-des-volkswillens-id16003100.html
-> https://www.blick.ch/politik/das-meint-blick-zu-den-ausschaffungsquoten-das-hat-mit-haertefaellen-nichts-zu-tun-id16003095.html?utm_source=twitter&utm_medium=social&utm_campaign=share-button
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/umsetzung-ausschaffungen-138523302


+++POLIZEI DE
Die Polizei, dein Feind und Risiko
Der Skandal um rechtsextreme Umtriebe in der deutschen Polizei weitet sich aus. Wieweit muss das Bild vom «Freund und Helfer» korrigiert werden?
https://www.republik.ch/2020/07/21/die-polizei-dein-feind-und-risiko


Nach Absage von Rassismus-Studie: Berlin könnte mit eigener Untersuchung der Polizei vorangehen
Berlin will sich dem Vorschlag von Niedersachen anschließen und eine eigene Studie zu Rassismus in der Polizei starten. Besonders die Linkspartei macht Druck.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-absage-von-rassismus-studie-berlin-koennte-mit-eigener-untersuchung-der-polizei-vorangehen/26021492.html


Ignorierte Diskriminierung
Das Bundesinnenministerium sieht keinen Handlungsbedarf beim Thema Racial Profiling. Doch von internationaler Seite wird Deutschland schon lange für rassistische Polizeikontrollen kritisiert
https://www.jungewelt.de/artikel/382601.racial-profiling-ignorierte-diskriminierung.html


+++POLICE USA
Trumps Truppen in US-Städten: „Faschismus fürs Fernsehen“
Bundespolizisten in Kampfmontur, verletzte Protestler, demonstrierende Mütter: Die Bilder aus Portland sind dramatisch – und womöglich erst der Anfang. Was hat Donald Trump vor?
https://www.spiegel.de/politik/ausland/portland-chicago-donald-trump-schickt-bundespolizei-in-us-staedte-a-bb43c4ce-b861-46a3-ae31-32d45b2f3148
-> https://www.stern.de/panorama/gesellschaft/-mauer-aus-muettern–schuetzt-protestierende-bei-us-protesten-9345656.html
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-07/proteste-usa-donald-trump-bundespolizei
-> https://www.heise.de/tp/features/Trump-plant-Einsatz-von-Bundesspezialkraeften-in-Chicago-und-New-York-4849229.html
-> https://www.20min.ch/story/wer-ist-die-schwer-bewaffnete-spezialeinheit-die-portland-nicht-will-383674292387
-> https://www.heise.de/tp/features/Ausgerechnet-Trump-schafft-den-Alptraum-der-amerikanischen-Konservativen-4849435.html



tagesanzeiger.ch 21.07.2020

Trumps Sonderpolizei in Portland: Womöglich ist das erst der Anfang

Die Bilder sind dramatisch: Truppen ohne Kennzeichnung gehen in den USA gegen Demonstranten vor. Donald Trump macht damit Wahlkampf – und er will die umstrittene Aktion ausweiten.

Christian Zaschke aus New York

Nachdem US-Präsident Donald Trump am Montag gesagt hat, er wolle Einheiten der Bundespolizei in grosse amerikanische Städte senden, um dort für Recht und Ordnung zu sorgen, steht die Frage im Raum: Meint der Präsident diese beispiellose Ankündigung ernst? Oder ist das bloss Wahlkampf? Sollte Trump seinen Worten Taten folgen lassen, wäre das ein Novum in der jüngeren US-Geschichte, denn bisher hat kein Präsident Truppen in Städte entsandt, die sich explizit gegen eine Intervention verwahrt haben.

«Ich werde etwas tun – so viel kann ich Ihnen sagen», hatte Trump im Oval Office gesagt, «denn wir werden nicht zulassen, dass New York und Chicago und Philadelphia und Detroit und Baltimore und all diese – Oakland ist ein Chaos. Wir werden das nicht zulassen in unserem Land.» All die genannten Städte werden von Demokraten regiert. Trump nannte sie «radikale Linke». Mit Blick auf seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen im November sagte Trump: «Wenn Biden gewinnt, wäre das im ganzen Land so. Das ganze Land würde vor die Hunde gehen. Und wir werden es nicht vor die Hunde gehen lassen.»

Was kommt nach Portland?

Der Einsatz von Bundespolizei in Städten ist ein Thema im Land, seit aus Portland, Oregon, Ende vergangener Woche gemeldet wurde, dass nicht näher identifizierte Sondertruppen Demonstranten festnahmen und in nicht markierten Fahrzeugen abtransportierten. In Portland wird ununterbrochen protestiert, seit vor zwei Monaten der Afroamerikaner George Floyd in Minneapolis von einem weissen Polizisten getötet wurde. Zwar wurden die Proteste mit der Zeit kleiner, doch sie fanden allabendlich statt.

Der Einsatz von Bundespolizisten in Städten und Gemeinden ist – selbst wenn diese das nicht wollen – legal, wenn es darum geht, zum Beispiel Gebäude im Besitz des Bundes zu schützen. In Portland hatten die Demonstranten ein Bundesgericht mit Feuerwerkskörpern beschossen. In solchen Fällen kann das Heimatschutzministerium den Einsatz von Sondertruppen anordnen. Diese rekrutieren sich aus Mitgliedern anderer Einsatzkräfte wie zum Beispiel der Grenzpolizei, der Verkehrspolizei oder der Küstenwache.

«Krasser Machtmissbrauch»

Trump sagte, die Bundespolizisten hätten in Portland «einen fantastischen Job» gemacht. Das sehen die lokalen Politiker anders. Oregons Gouverneurin Kate Brown sprach von einem «krassen Machtmissbrauch». Bürgermeister Ted Wheeler nannte den unerwünschten Einsatz einen «Angriff auf unsere Demokratie». Er führte aus, die Bundespolizisten hätten die Lage verschlimmert, weil viele Demonstranten jetzt erst recht auf die Strasse gingen.

In einem nächsten Schritt plant Trumps Regierung, 150 Sonderbeamte des Heimatschutzministeriums nach Chicago zu entsenden. Diese sind auf langfristige Ermittlungen spezialisiert, zum Beispiel in Bezug auf Menschenhandel und Terrorismus. Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot sagte: «Wir brauchen keine Bundespolizisten, die Leute von den Strassen holen und, wie ich meine, unrechtmässig festhalten.»

Nach Angaben der «New York Times» hat sie einen Brief an Trump geschrieben. Wenn er Chicago helfen wolle, heisse es darin, solle er mehr in Bezug auf Waffenkontrollen und im Kampf gegen das Coronavirus unternehmen und mehr in Nachbarschaftsprogramme investieren. Chicago ist eine der gewalttätigsten Städte der USA. Am vergangenen Wochenende wurden 12 Menschen in der Stadt erschossen, 51 weitere wurden bei Schiessereien verletzt.

Die Bürgermeister der von Trump genannten Städte haben den Einsatz von Bundespolizisten unisono abgelehnt. Manche behalten sich rechtliche Schritte vor. Doch falls Trump wirklich ernst machen sollte, ist es zumindest zweifelhaft, ob sie juristisch etwas dagegen ausrichten könnten.

«Nicht sicher in Bidens Amerika»

Das alles wirkt wie eine geplante Wahlkampfaktion, weil die Republikaner Anfang der Woche parallel zu Trumps Äusserungen einen Werbespot geschaltet haben, in dem eine ältere Frau während eines Einbruchs versucht, die Polizei zu erreichen. Sie landet jedoch in der Warteschleife, weil die Polizei unterbesetzt ist. «Sie werden nicht sicher sein in Joe Bidens Amerika», heisst es in dem Spot. Trump hatte zuletzt mehrmals behauptet, Biden wolle die Polizeibudgets kürzen, obwohl dieser nichts dergleichen gesagt hat.

Trump liegt in fast allen Umfragen hinter Biden zurück. Es scheint, als habe er sich daher dazu entschlossen, zumindest rhetorisch in die Offensive zu gehen. Seit diesem Dienstag hält er wieder Briefings zum Coronavirus ab. Diese Briefings hatte er im April gestoppt. Es waren bis zu zwei Stunden lange Veranstaltungen gewesen, in denen Trump über alles Mögliche redete und mit Reportern stritt. Unter anderem hatte er in einem Briefing gefragt, ob es sinnvoll sein könnte, sich Desinfektionsmittel gegen das Coronavirus zu spritzen.

Briefings statt Grossveranstaltungen

Damals hatten ihn seine Berater davon überzeugen können, dass er sich mit diesen Briefings selbst schade. Dass er sie nun wieder einführt, mag auch damit zu tun haben, dass er eine Plattform sucht, um zu seiner Basis zu sprechen. Wegen der Pandemie ist es derzeit kaum möglich, grosse Wahlkampfveranstaltungen abzuhalten.

Trump liebt diese Grossveranstaltungen vor Publikum, sie geben ihm sichtlich Energie. Als er jüngst auf einer solchen Veranstaltung in Tulsa, Oklahoma, auftrat, war die Halle jedoch nur zu einem Drittel gefüllt – womöglich hatten seine Anhänger Sorge, sich mit dem Virus anzustecken. Es wird in Washington erwartet, dass Trump die wieder angesetzten Briefings als Ersatz für die Grossveranstaltungen nutzen will.
(https://www.tagesanzeiger.ch/trump-macht-wahlkampf-mit-sonderpolizei-265382213853)



Soziologe über Polizei in den USA: „Polizisten sind Gewaltarbeiter“
Die Polizei muss aus dem Alltag der Menschen rausgehalten werden, sagt Alex Vitale. Der Soziologe fordert zudem eine reduzierte Bewaffnung.
https://taz.de/Soziologe-ueber-Polizei-in-den-USA/!5695764/


+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: „Einzelfälle“ bei der Polizei, Dubler beim SEM, verzerrte Darstellungen in den Medien
https://antira.org/2020/07/21/antira-wochenschau-einzelfaelle-bei-der-polizei-dubler-beim-sem-verzerrte-darstellungen-in-den-medien/


Ombudsstelle: Die «Arena» zu Rassismus war nicht sachgerecht besetzt
Die Diskussionsrunde der «Arena» des Schweizer Fernsehens SRF zum Thema Rassismus und zum Tod von George Floyd in den USA war nicht sachgerecht zusammengesetzt. Das hält die Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz fest.
https://www.nzz.ch/schweiz/ombudsstelle-arena-zu-rassismus-war-nicht-sachgerecht-besetzt-ld.1567372
-> https://www.derbund.ch/212-beanstandungen-gegen-rassismus-arena-811882296845
-> https://www.srgd.ch/de/aktuelles/news/2020/07/20/ombudsfall-arena-war-nicht-sachgerecht/
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/srg-ombudsstelle-ruffelt-erste-rassismus-arena-des-srf-65747362


Rassismus im Bild: Blind für schwarze Menschen
Ein Fotoautomat des Hamburger Landesbetriebs für Verkehr kann nur weiße Menschen fotografieren. Das Problem ist seit Monaten bekannt.
https://taz.de/Rassismus-im-Bild/!5700872/


Zürcher Quarantäne-Kampagne erntet Rassismus-Vorwürfe
Die Zürcher Gesundheitsdirektion hat eine neue Kampagne zu Quarantäne-Vorschriften lanciert. Deren Plakate richten sich im Speziellen an Einreisende aus neun Ländern. Menschen aus den betroffenen Nationen finden das rassistisch.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/zuercher-quarantaene-kampagne-erntet-rassismus-vorwuerfe-138523387


+++RECHTSPOPULISMUS
SVP-Nationalrat provoziert auf Facebook:  Andreas Glarner löst aus Versehen Lovestorm für Luzerner Lehrlinge aus
SVP-Politiker Andreas Glarner ist um keine Aktion verlegen, wenn es darum geht, auf «Überfremdung» aufmerksam zu machen. Nun hat er dazu die erfolgreichen Lehrlinge von Aldi in Perlen missbraucht. Diese werden nun mit Glückwünschen überschüttet.
https://www.zentralplus.ch/andreas-glarner-loest-aus-versehen-einen-lovestorm-aus-1848495/


SVP-Zoff um Lehrlinge: Roger Köppel geht auf Andreas Glarner los
Andreas Glarner prangert Aldi-Lehrabgänger mit ausländisch anmutenden Namen an. Es folgt ein «Lovestorm» – sogar Roger Köppel widerspricht «seinem» Asylchef.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/svp-zoff-um-lehrlinge-roger-koppel-geht-auf-andreas-glarner-los-65747303
-> https://www.watson.ch/schweiz/svp/783757078-svp-glarner-stellt-lehrabgaenger-an-den-pranger-schuss-geht-nach-hinten-los
-> https://www.blick.ch/community/nach-ueberfremdungs-post-blick-leser-wollen-glarner-nicht-als-svp-praesidenten-er-tanzt-von-fettnapf-zu-fettnapf-id16004496.html
-> https://www.tagesanzeiger.ch/aldi-kontert-social-media-eintrag-von-svp-politiker-837572752183
-> https://www.blick.ch/politik/facebook-user-koeppel-und-aldi-alle-stellen-sich-hinter-die-lehrlinge-fuer-glarner-hagelts-kritik-id16003809.html


+++RECHTSEXTREMISMUS
Anonymous knöpft sich Schweizer Sektenführer vor und hackt Verschwörungs-Webseite
Nach Attila Hildmann nimmt sich Anonymous den Schweizer Sektenführer Ivo Sasek zur Brust. Die Netzaktivisten haben eine seiner Verschwörungs-Webseiten gehackt und kündigen weitere Aktionen gegen Saseks Sekte «Organische Christus-Generation» (OCG) an.
https://www.watson.ch/!932618990


Prozessauftakt gegen den Attentäter von Halle – Zeugin und Nebenklägerin blickt kritisch zurück
Der Prozess gegen den Attentäter von Halle beginnt am 21. Juli 2020. Eine Zeugin spricht von dem Tag selber, dem medialen Umgang danach und ihren Perspektiven auf den Anschlag, die Hintergründe und den anstehenden Prozess.
https://youtu.be/AdqIecPj-LQ
-> https://taz.de/Prozess-zu-Anschlag-in-Halle/!5695684/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/382670.rassismus-killer-ohne-reue.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139437.attentat-in-halle-es-ist-unvorstellbar-grausam-welchen-judenhass-stephan-b-verbreitet-hat.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139461.halle-toedlicher-hass-auf-juden-und-fremde.html
-> https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-mordet-nur
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-07/anschlag-von-halle-gerichtsprozess-attentat-richterin-ursula-mertens/komplettansicht
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/attentaeter-von-halle-vor-gericht?id=3fbb82d2-8d04-48ee-b971-9947d5f7c96c
-> https://www.srf.ch/sendungen/kontext/zwischen-alltag-und-anschlag-antisemitismus-in-deutschland
-> https://www.srf.ch/news/international/prozessauftakt-halle-anschlag-angeklagter-stellt-rassistische-gesinnung-offen-zur-schau


Rechtsterrorismus: Wenn Politik tödlich werden kann
Der Mordprozess im Fall des vor einem Jahr getöteten CDU-Politikers Walter Lübcke läuft seit letztem Monat. Er wirft ein Schlaglicht auf den Rechtsterrorismus, der für LokalpolitikerInnen in ganz Deutschland ein Leben in wachsender Ungewissheit bedeutet. Ein Besuch bei drei Betroffenen.
https://www.woz.ch/-acb4


„NSU 2.0“ in Hessen Landeskriminalamt weiß von 69 rechtsextremen Drohmails
Hessens Innenminister Peter Beuth hat über den Stand der Ermittlungen zum „NSU 2.0“ informiert: Demnach sind in acht Bundesländern 27 Personen und Institutionen mit rechtsextremen Schreiben bedroht worden.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-2-0-landeskriminalamt-hessen-weiss-von-69-rechtsextremen-drohmails-a-35a3dab9-e60d-45aa-bce1-3e4d0a263d72
-> https://www.rnd.de/politik/nsu-20-mail-mit-morddrohungen-an-chebli-roth-goring-eckardt-und-kipping-versendet-E6MP6B7W67UAD65H3HDOUS7ELI.html
-> https://www.hessenschau.de/politik/jetzt-schon-69-rechtsextreme-drohschreiben-mit-nsu-20,innenausschuss-nsu-100.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139381.nsu-heikle-fragen.html


Deutschland: Der alltägliche Rechtsextremismus
Rechtsextremismus ist in Deutschland kein Phänomen mehr, das am Rande der Gesellschaft stattfindet. Die Grenzen des Sagbaren und auch des Machbaren haben sich in den letzten Jahre verschoben. Wie sehr rechtsextremistische Agressionen vielerorts zum Alltag gehören, das zeigt die Reportage aus dem Berliner Bezirk Neukölln.
https://www.arte.tv/de/videos/098997-000-A/deutschland-der-alltaegliche-rechtsextremismus/


Norwegens offene Wunde
Die Anschläge von Anders Breivik kamen nicht aus dem Nichts
Vor neun Jahren wurde Norwegen vom schlimmsten Terroranschlag seit dem Zweiten Weltkrieg erschüttert. Bis heute streitet das Land um die Einordnung der Tat.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139442.anders-breivik-norwegens-offene-wunde.html



tagesanzeiger.ch 21.07.2020

Soziale Medien verbannen Rassisten und Rechtsradikale

Von Facebook bis Youtube löschen die grossen Plattformen reihenweise Accounts von Extremisten und Verschwörungstheoretikern. Der Sinneswandel ist überfällig.

Simon Hurtz

Es gibt Ereignisse, die keinen Zweifel lassen. Als die Mauer fiel, als die Türme des World Trade Centers zusammenstürzten, als Lehman Brothers pleiteging, war sofort klar: Was gerade passiert, schreibt Geschichte, jetzt beginnt eine neue Ära. Solche Ereignisse sind selten. Meist knallt es nicht, sondern es rumpelt und scheppert ein bisschen. Erst ein paar Jahre später fällt auf: Was damals geschah, hat die Welt verändert.

In den vergangenen Wochen rumpelte es im Silicon Valley – so laut, dass das Echo auch in Europa zu hören war. Die mächtigsten Kommunikationsplattformen verbannten massenhaft rassistische und rechtsradikale Konten und Kanäle. Wer jede Entscheidung einzeln betrachtet, wird darin wenig Weltbewegendes sehen. Hier ein paar Nazis weniger, dort ein paar Antisemiten, die ihr Gift woanders verbreiten müssen. Doch in der Summe könnte es ein revolutionäres Rumpeln gewesen sein. Im Sommer 2020 könnte die Zähmung des «Wild Wild Web» begonnen haben, wie es der Journalist Kevin Roose in der New York Times nannte.

Wichtigste Waffen wegnehmen: Bühne, Reichweite, Publikum

Die Tragweite der Ereignisse versteht man am besten, wenn man erst heranzoomt, um dann das grosse Ganze in den Blick zu nehmen. Der Fokus liegt also auf Martin Sellner und Steve Huffman, einem rechtsextremen Provokateur und dem Chef der Plattform Reddit. Der eine hat Zehntausende Follower, der andere Hunderte Millionen Nutzer. Sellner missbraucht soziale Medien, um Hass zu schüren. Huffman versucht zu verhindern, dass sich Menschenfeinde auf Reddit vernetzen.

In kurzer Folge entzogen etliche Unternehmen Sellner das Mikrofon. Erst sperrte Twitter sein Konto, kurz darauf machte Youtube seinen Kanal dicht, schliesslich warf ihn Tiktok raus. Auch für seine eigene Webseite muss sich der Rechtsradikale eine neue Heimat suchen. Sein Webhoster kündigte ihm den Vertrag. «Der digitale Vernichtungsfeldzug der Eliten geht weiter», beklagt der Österreicher auf seinem Telegram-Kanal, schwadroniert von Totalitarismus und modernen stalinistischen Säuberungen. Sellner erlebt, wie sich das sogenannte Deplatforming anfühlt. Nachdem er sich jahrelang austoben durfte, nehmen ihm die Konzerne seine wichtigsten Waffen weg: die Bühne, die Reichweite, das Publikum.

Einer der Menschen, die dafür verantwortlich sind, dass gerade reihenweise Rassisten ihre digitale Heimat verlieren, ist Steve Huffman. «Als wir Reddit vor 15 Jahren gründeten, haben wir gar nichts verbannt», sagte er in einem Interview mit der New York Times. «Damals fehlte es mir an Perspektive und Lebenserfahrung.» Mit 36 Jahren hat er davon offenbar genug gesammelt, um zu erkennen, dass «The_Donald» keinen Platz auf Reddit haben sollte. Knapp 800’000 Trump-Anhänger bevölkerten das Forum, seit Jahren loten sie die Grenzen der Plattform aus, oft überschreiten sie Regeln und teils auch Gesetze. «The_Donald» ist einer von circa 2000 Subreddits, die Huffman vor zwei Wochen von seiner Plattform warf.

Selbst Facebook lässt Trump nicht mehr alles durchgehen

An Sellners Jammern und Huffmans Handeln zeigt sich der Sinneswandel der Tech-Konzerne. Binnen weniger Tage löschten Facebook und Instagram Hunderte gewaltverherrlichende Konten, Seiten und Gruppen, sperrte Twitter Dutzende Konten, machte Youtube rechtsradikale Kanäle dicht, verbannte Reddit hasserfüllte Foren.

Das Durchgreifen betrifft nicht nur kleine Nazis, sondern auch mächtige Demagogen: Bereits im Mai hatte Twitter zum ersten Mal einen Tweet von Donald Trump mit einem Faktencheck versehen und seine Aussagen als falsch bezeichnet. Der US-Präsident tobte, doch das hinderte das Unternehmen nicht daran, einen weiteren Tweet als gewaltverherrlichend einzustufen und hinter einem Warnhinweis zu verbergen.

Daran nahm sich Snapchat ein Beispiel und schloss Trumps Videos von seiner Discover-Seite aus, wo Nutzern Inhalte empfohlen werden. Begründung: «Wir werden keine Stimmen verstärken, die rassistische Gewalt befeuern.» Selbst Facebook, das Trump seit Jahren mit Samthandschuhen anfasst, ist nicht mehr bereit, dem Präsidenten alles durchgehen zu lassen. Nachdem Hunderte Mitarbeiter streikten, um gegen den Kuschelkurs von Mark Zuckerberg zu protestieren, verschärfte der Konzern seine Richtlinien.

Extremisten kaperten soziale Netzwerke

Das Umdenken ist überfällig. Facebook hat sich auf die Fahnen geschrieben, Menschen zusammenzubringen und die Welt zu vernetzen. Nutzer bekommen ein Megafon, mit dem sie ihre Botschaften global verbreiten können. Viele Konzerne handeln so, als sei das ein Wert an sich. Doch wer Nazis vernetzt und dabei hilft, den Hass in die Welt zu tragen, spaltet die Gesellschaft. Die liberale Utopie eines unregulierten Wild Wild Web droht in eine anarchische Dystopie umzuschlagen. «Community» ist im Silicon Valley ein heiliges Wort. Aber was nutzt Gemeinschaft, wenn dort Rassisten und Antisemiten den Ton angeben?

Immer wieder betonen die grossen Plattformen, sie seien ein Spiegel der Gesellschaft. Die Abgründe der analogen Welt zeigten sich eben auch im Netz. Das stimmt – doch es ist noch mehr als das: Facebook und Youtube spiegeln den Hass nicht nur wider, sie verstärken ihn. Extremisten haben die sozialen Netzwerke gekapert und profitieren dabei von Algorithmen, die Emotionen hervorheben und Nuancen unsichtbar machen. Im Zeitalter der Aufmerksamkeitsökonomie gewinnt meist, wer am vehementesten meint, am lautesten schreit oder am skrupellosesten auf Andersdenkende losgeht.

Die betroffenen Nutzer beschweren sich oft über angebliche Zensur. Das ist Unsinn. Der erste Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten schützt Bürger vor dem Staat. Kein Mensch der Welt, nicht mal der US-Präsident, hat das Recht, dass ihm private Unternehmen ein Millionenpublikum zur Verfügung stellen. Er darf immer noch sagen, was er will – nur eben nicht überall. Mit Meinungsfreiheit hat das nichts zu tun: Hass ist keine Meinung, Rassismus auch nicht. Wenn Plattformen ein Mindestmass an Regeln durchsetzen und versuchen, Menschenrechte zu wahren, schränkt das nur die Freiheit jener ein, die ungestört hetzen und pöbeln wollen. Das ist keine Gefahr, sondern ein Segen.

Schliesslich hat das auch Reddit-Chef Huffman erkannt, aber es hat ihn Überwindung gekostet. In einer Telefonkonferenz mit Journalisten sagte er: «Ich muss zugeben, dass ich mir schwer damit getan habe, meine Werte als Amerikaner, die sich um Redefreiheit und Meinungsfreiheit drehen, mit meinen Werten und den Werten des Unternehmens in Einklang zu bringen, die menschlichen Anstand betreffen.»

1000 Unternehmen boykottieren Facebook

Warum Huffman, Zuckerberg und die anderen verantwortlichen Manager ausgerechnet jetzt ihren Kurs ändern, nachdem sie jahrelang zugeschaut haben, lässt sich von aussen nur schwer beurteilen.

Natürlich spielen auch finanzielle Motive eine Rolle. Mehr als 1000 Unternehmen schalten derzeit keine Anzeigen auf Facebook. Sie haben sich der Initiative «Stop Hate for Profit» angeschlossen, die zehn Forderungen durchsetzen wollen. Facebook dürfe Hass keine Plattform mehr bieten, fordern die Unterstützer. Auf den Umsatz wird sich der Werbeboykott kaum niederschlagen, dennoch wirkt er: Öffentlich wird so intensiv über Menschenrechte und die Verantwortung der sozialen Netzwerke diskutiert wie selten zuvor.

Der Druck kommt nicht nur von aussen, sondern auch von innen: Immer lauter begehren Angestellte auf und wehren sich gegen die Tatenlosigkeit ihrer Vorgesetzten. Die «Black Lives Matter»-Proteste haben die USA weiter politisiert und polarisiert. Tech-Konzerne konkurrieren um die klügsten Köpfe, und viele Entwickler im traditionell linksliberalen Silicon Valley wollen Arbeitgeber, die nicht nur die nächsten Quartalszahlen im Blick haben. Unternehmen, die talentierte Mitarbeiter rekrutieren wollen, können nicht ignorieren, was die kommende Generation der Uni-Absolventen fordert.

Vielleicht wird Geschichte geschrieben

Es wäre aber zu einfach zu unterstellen, es ginge nur um Geld und Image. Manche Manager wollen tatsächlich die Welt verbessern. Man kann darüber streiten, ob sie es tun, und man muss einige der Werte hinterfragen, die sie vertreten. Aber der Idealismus, den sie zur Schau stellen, ist nicht nur geheuchelt. Nilay Patel, der als Chefredakteur des Tech-Portals The Verge nah an den Entscheidern der Branche ist, drückt es auf Twitter so aus: «Manchmal betrachten Leute einfach nur die Dinge, die sie gemacht haben, und entscheiden, dass sie dabei mehr Stolz empfinden wollen.»

Dass die neue Entschlossenheit einsetzt, nachdem das Coronavirus eine Welle gefährlicher Desinformation ausgelöst hat, ist kein Zufall. Die Infodemie flutete soziale Netzwerke, und auf Worte folgten oft Taten: Menschen weigern sich, Masken zu tragen, oder greifen Mobilfunkmasten an, weil sie glauben, dass Covid-19 über 5G verbreitet wird.

«Man kann nicht einfach ‹Feuer› schreien, wenn man in einem vollen Theater sitzt», sagte Zuckerberg. Das gilt nicht nur für Verschwörungsideologen, die auf dem Höhepunkt einer Pandemie unwissenschaftlichen Nonsens verbreiten, sondern auch für politische Inhalte. Weltweit sind Populisten auf dem Vormarsch, der US-Wahlkampf spitzt sich zu. Die sozialen Netzwerke scheinen allmählich zu erkennen, dass sie in solchen Zeiten eine besondere Verantwortung haben.

Das Rumpeln im Internet muss noch lauter werden, es muss das Netz gründlich durchschütteln. Dann heisst es vielleicht in ein paar Jahren: Damals, im Sommer 2020, wurde Geschichte geschrieben.
(https://www.tagesanzeiger.ch/soziale-medien-verbannen-rassisten-und-rechtsradikale-520927839061)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Referendum lanciert: Die irre Show der Corona-App-Gegner
Im Kampf gegen eine «digitale Diktatur» ergreift ein bunt zusammengewürfeltes Komitee das Referendum gegen die SwissCovid App. Die Lancierung ist bühnenreif.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/referendum-lanciert-die-irre-show-der-corona-app-gegner-65747092
-> https://www.20min.ch/video/das-sind-die-argumente-der-swiss-covid-app-gegner-474056940256
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/verschworungstheoretiker-mit-referendum-gegen-corona-app-65746558
-> https://www.derbund.ch/westschweizer-komitee-kaempft-mit-referendum-gegen-swiss-covid-app-578182952943
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/bedenken-beim-datenschutz-komitee-ergreift-referendum-gegen-swisscovid-app
-> https://www.20min.ch/story/schritt-hin-zu-totaler-kontrolle-komitee-ergreift-referendum-gegen-swisscovid-app-739751409112
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/jetzt-auch-noch-ein-referendum-der-naechste-rueckschlag-fuer-die-swisscovid-app-138512017
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/referendum-gegen-covid-app-gegner-befuerchten-ueberwachung-138523082
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/digitale-diktatur-komitee-plant-referendum-gegen-swisscovid-app-138523404
-> https://www.watson.ch/schweiz/kommentar/420337803-kommentar-zu-referendum-gegen-swisscovid-app
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-junge-ermutigen-zum-nutzen-der-covid-app-65746488


Attila Hildmann drohte mit Mord: Nun ermittelt der Staatsschutz gegen den veganen Koch
Attila Hildmann gilt in Deutschland als gewaltgeneigter Rechtsextremist, der bislang unbehelligt wirken kann. Nach dessen Lynchmordphantasien hat die Staatsanwaltschaft in Cottbus ein Verfahren eingeleitet. Und auch in Berlin wird ermittelt.
https://www.derbund.ch/nun-ermittelt-der-staatsschutz-gegen-den-ehemals-veganen-koch-962167509899
-> https://www.n-tv.de/panorama/Beck-erstattet-Anzeige-gegen-Hildmann-article21921339.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139407.attila-hildmann-lederer-nach-drohungen-hildmanns-worte-sind-brandgefaehrlich.html


+++HISTORY
Das schwere Erbe des Kolonialismus – Rendez-vous-Tagesgespräch
Händler, Missionare oder Wissenschaftler brachten während der Kolonialzeit Kulturgüter nach Europa. Ausgehend von dieser Raubkunst zeigen Afrika-Korrespondentin Anna Lemmenmeier und EU-Korrespondent Charles Liebherr auf, wie schwer das koloniale Erbe bis heute auf beiden Kontinenten wiegt.
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/das-schwere-erbe-des-kolonialismus


Demonstrationen in Europa – Wut in Afrika – Rendez-vous-Tagesgespräch
Ein weisser Polizist drückt einem Afroamerikaner in Minneapolis minutenlang sein Knie in den Nacken – bis dieser stirbt. Der Tod von George Floyd hat weltweit zu Protesten geführt, zu Demonstrationen gegen Polzeigewalt gegenüber Schwarzen, zu Protesten gegen Rassismus allgemein.
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/demonstrationen-in-europa-wut-in-afrika