Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BERN
Interpellation Grüne: Umgang mit jungen Menschen aus Safe Countries
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-b1e7c5a9234647cbaf6880e849b73fd3.html
+++AARGAU
Im Notfall sollen 230 Aslysuchende unterkommen – Unsicherheit im Quartier ist gross
In den militärischen Hallen in Brugg sollen im Notfall 230 Asylsuchende unterkommen – das sagen die Anwohner.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/im-notfall-sollen-230-aslysuchende-unterkommen-unsicherheit-im-quartier-ist-gross-138063120
+++ZÜRICH
Corona und Asyl: Zürich lässt die Verletzlichsten im Stich
Zahlreiche Medienberichte und Dokumente von ÄrztInnen,
Hilfsorganisationen und abgewiesenen AsylbewerberInnen belegen: In den
fünf Rückkehrzentren im Kanton Zürich herrschten mindestens bis Anfang
April bezüglich Coronamassnahmen unhaltbare Zustände. Vergangene Woche
haben daher die Demokratischen JuristInnen, Solidarité sans frontières
und sechs AsylbewerberInnen Beschwerde gegen Regierungsrat Mario Fehr
und weitere Führungsverantwortliche der Sicherheitsdirektion des Kantons
sowie der Betreibergesellschaft ORS eingereicht. Angezeigt werden sie
unter anderem wegen Nötigung, Körperverletzung oder vorsätzlicher
Widersetzung gegen die Covid-19-Verordnung.
https://www.woz.ch/2023/corona-und-asyl/zuerich-laesst-die-verletzlichsten-im-stich
+++SCHWEIZ
derbund.ch 04.06.2020
Datenschützer wehrt sich für Privatsphäre von Flüchtlingen
Die bürgerlichen Parteien wollen systematisch die Smartphones von
Asylbewerbern auswerten. Gegner der Vorlage warnen jetzt vor einem
Dammbruch beim Datenschutz.
Markus Häfliger
Im Schatten der Corona-Krise treibt die Staatspolitische Kommission des
Nationalrats eine brisante Gesetzesrevision voran: Die Schweizer
Asylbehörden sollen künftig im grossen Stil Handys, Tablets und andere
Datenträger von Asylbewerbern durchsuchen. Eine entsprechende
Gesetzesänderung hat die Kommission in eine Vernehmlassung geschickt,
die heute Donnerstag abläuft.
Doch nun meldet der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Adrian
Lobsiger grundlegende Einwände an. «Das ist ein schwerer Eingriff in die
Privatsphäre von Tausenden von Menschen», sagt Lobsiger gegenüber
dieser Zeitung. Zwar stehe es dem Parlament frei, einen derartigen
Eingriff per Bundesgesetz zu legitimieren, «es ist aber nicht
unbedenklich, dass eine Verwaltungsbehörde routinemässigen Vollzugriff
auf die Handys erhalten soll». Selbst in einem Strafprozess dürften
Handydaten nur nach einem Gerichtsverfahren verwertet werden, so
Lobsiger.
Bürgerliche geschlossen
Trotz solcher Einwände hat die Gesetzesrevision politisch gute Chancen.
Alle bürgerlichen Parteien äussern sich in der Vernehmlassung positiv.
Ihr Hauptargument ist, dass rund drei Viertel aller Asylsuchenden keine
Ausweispapiere vorlegen. Deshalb sei es legitim, auch auf ihren
elektronischen Geräten nach ihrer Identität, ihrer Nationalität und
ihrem Reiseweg zu fahnden.
Angestossen hat die Gesetzesrevision der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor
Rutz mit einer parlamentarischen Initiative. Rutz bezeichnet es als
«widersinnig», dass die Asylbehörden die Identität von Flüchtlingen
oftmals nicht ermitteln könnten, ihre elektronischen Geräte aber nicht
auswerten dürften.
Dieser Sichtweise schliessen sich FDP und CVP nun weitgehend an. Der
Eingriff in die Privatsphäre der Flüchtlinge sei «absolut vertretbar und
verhältnismässig», schreibt die FDP. Die Befürworter argumentieren
auch, dass die Handydaten laut Gesetzesentwurf nur ausgewertet werden
dürfen, wenn die Identität der Gesuchsteller nicht auf andere Weise
festgestellt werden könne.
Der SVP geht der Gesetzesentwurf der Kommission aber zu wenig weit. Sie
verlangt, dass die Handys der Flüchtlinge auch zwangsweise eingezogen
werden dürfen. Explizit gegen einen solchen Zwang spricht sich in der
Vernehmlassung die CVP aus. Allerdings müsse ein Asylsuchender, der sein
Handy nicht abgebe, mit negativen Folgen für sein Asylverfahren
rechnen, stellt die Mittepartei klar.
Werden Handys präpariert?
Auch ohne Zwang sieht Datenschützer Lobsiger grundlegende Probleme. Er
bezweifelt, dass der Eingriff in die Privatsphäre verhältnismässig sei,
weil der Nutzen der neuen Gesetzesbestimmung sehr fraglich sei. Ein
Asylsuchender könne einfach ein altes, gelöschtes oder gar zur
Irreführung der Behörden präpariertes Handy abgeben, sagt Lobsiger.
Benachteiligt seien dann jene Gesuchsteller, welche bereitwillig mit den
Behörden kooperieren. «Damit steht die Gesetzesbestimmung in einem
Spannungsverhältnis mit dem Gleichheitsgebot in der Verfassung.»
Gegen die Gesetzesänderung sprechen sich auch die SP, die Grünen sowie
die Schweizerische Flüchtlingshilfe aus. Die SP warnt vor einem
«datenschutzpolitischen Dammbruch», wenn die Handyauswertung in einem
administrativen Asylverfahren künftig einfacher sei als bei der
Aufklärung einer Straftat. Auch die Grünen fordern, dass die
Datenanalysen im Minimum gerichtlich abgesegnet werden müssten.
Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) schaltet sich mit einer
14-seitigen Stellungnahme in die Debatte ein. Die Organisation spricht
von einem «schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre». Auf Handys und
Computern seien sehr persönliche Daten abgelegt – etwa Fotos von
Freunden, Nachrichten an Partnerinnen oder frühere Aufenthaltsorte,
schreibt das UNHCR. Der Gesetzesentwurf garantiere nicht, dass Daten,
die mit der Identitätsfeststellung nichts zu tun hätten, ausgesondert
würden.
Viel Aufwand, wenig Nutzen
Erste Erfahrungen hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) bereits
gesammelt. In den Jahren 2017 und 2018 wertete das Staatssekretariat in
einem Pilotprojekt 565 Datenträger aus, welche Asylbewerber freiwillig
abgegeben hatten. Laut SEM enthielten 15 Prozent dieser Geräte nützliche
Hinweise für das Asylverfahren (lesen Sie den Bericht dazu).
Die Befürworter der Vorlage verweisen auch auf Deutschland und andere
EU-Länder, welche die Handys von Flüchtlingen bereits auswerten. Dieses
Argument lässt die Schweizerische Flüchtlingshilfe aber nicht gelten.
Sie schreibt, die Erfahrung namentlich in Deutschland habe bereits
gezeigt, dass die Handyauswertung aufwendig, der Nutzen aber gering sei.
Die Gesetzesrevision könnte schon bald Realität werden. Spätestens Ende
dieses Jahres soll die Vorlage in den Nationalrat kommen und
anschliessend in den Ständerat.
(https://www.derbund.ch/datenschuetzer-wehrt-sich-fuer-privatsphaere-von-fluechtlingen-961640774968)
—
Überprüfung der Mobiltelefone Asylsuchender: UNHCR sieht Recht auf Privatsphäre gefährdet
UNHCR nimmt im Rahmen der Vernehmlassung Stellung zu einem Gesetz, das
die Überprüfung der Mobiltelefone von Asylsuchenden vorsieht.
https://www.unhcr.org/dach/ch-de/44923-ueberpruefung-der-mobiltelefone-asylsuchender-unhcr-sieht-recht-auf-privatsphaere-gefaehrdet.html
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/handydaten-von-fluechtlingen-uno-organisation-kritisiert-schweizer-plaene-138081606
-> https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/unverhaeltnismaessiger-eingriff-in-die-privatsphaere-von-schutzsuchenden
+++MITTELMEER
Außer Sichtweite: Auf dem Mittelmeer wird immer brutaler gegen Flüchtlinge vorgegangen
Europa schiebt Geflüchtete illegal in die Türkei zurück. Oder setzt sie auf aufblasbaren Plattformen im Meer aus.
Wenn keiner hinschaut: Das Mittelmeer wird immer brutaler. Die
griechische Küstenwache schiebt Geflüchtete illegal in die Türkei
zurück. Oder setzt sie einfach auf aufblasbaren Plattformen im Meer aus.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137480.seenotrettung-ausser-sichtweite-auf-dem-mittelmeer-wird-immer-brutaler-gegen-fluechtlinge-vorgegangen.html
Über 400 Bootsflüchtlinge sitzen vor Malta fest
Mehr als 400 Flüchtlinge sitzen auf Kreuzfahrtschiffen vor Malta fest –
manche von ihnen bereits seit mehr als einem Monat. Hilfsorganisationen
werfen EU-Staaten vor, die Menschen für politische Verhandlungen zu
benutzen.
https://www.migazin.de/2020/06/04/hilfsorganisation-400-bootsfluechtlinge-sitzen-vor-malta-fest/
+++FREIRÄUME
Vorplatz Reitschule: Erste Erkenntnisse zum Lärmschutz
Der Gemeinderat hat von ersten Abklärungen betreffend
Lärmschutzmassnahmen im Bereich des Vorplatzes der Reitschule und des
Eisenbahnviadukts Kenntnis genommen. Vorgesehen ist, die Lärmemissionen
auf diesem Areal einzudämmen. Die Abklärungen dienen der Erarbeitung
einer Machbarkeitsstudie bis Ende 2020. Gestützt darauf will der
Gemeinderat einen Kreditantrag zur Realisierung der geeigneten
Lärmschutzmassnahmen beschliessen.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/vorplatz-reitschule-erste-erkenntnisse-zum-laermschutz
-> https://www.derbund.ch/stadt-will-eisenbahnviadukt-vor-reitschule-einmanteln-251966958908
-> https://www.bernerzeitung.ch/so-will-die-stadt-den-laerm-dem-vorplatz-der-reitschule-eindaemmen-954961221511
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Interpellation FDP: Anschlag auf Bundesasylzentrum Lyss/Kappelen
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-db1e84ead4cf486299065be18a12501c.html
Répression policière de l’appel du 1er juin
Suite à un appel de la People’s Strike aux USA appelant à la solidarité
internationale le 1er juin et dans le contexte de soulèvement populaire
en cours suite à la mort de George Floyd aux mains de la police, une
quarantaine de personnes se sont retrouvées au jardin anglais à Genève
pour témoigner de leur colère face aux violences policières et racistes.
https://renverse.co/infos-locales/article/repression-policiere-de-l-appel-du-1er-juin-2625
—
derbund.ch 04.06.2020
Linksextremismus in Bern: Al-Qaida, Islamischer Staat – Antifa?
Bern ist ein Hotspot der antifaschistischen Szene in der Schweiz.
Derweil möchte US-Präsident Trump die Antifa verbieten. Die Analyse
einer Bewegung, die gerne im Dunkeln bleibt.
Mathias Streit, Sven Niederhäuser
Der Aufschrei unter den Linken war gross: «Die USA werden die Antifa als
Terrororganisation einstufen», twitterte US-Präsident Donald Trump am
vergangenen Sonntag. Er sieht in der Antifa die Rädelsführer hinter den
aktuellen sozialen Unruhen in Amerika. Die Ankündigung dürfte eine leere
Drohung bleiben. Trotzdem steht plötzlich eine Bewegung im
Scheinwerferlicht, die genau dieses meidet. Wer ist diese Antifa, die
auch in Bern äusserst aktiv ist?
«Antifa ist keine greifbare Gruppierung, sondern eine Haltung.» Das sagt
ein Szenekenner, der anonym bleiben will. Die Revolutionäre
Jugendgruppe Bern (RJG) wird da schon deutlicher: «Wir sind junge
Menschen, die eines eint: Wir wollen in einer Welt leben, in der weder
Ausbeutung noch Unterdrückung existieren.» Die RJG ist Teil der grossen
antifaschistischen Szene in Bern. Zu der gehört auch die Gruppierung
Antifa Bern. Diese entstand im Februar 1996 aus dem Zusammenschluss
dreier Gruppierungen aus dem Umfeld der Reitschule. Auch wenn ihr Name
täuscht: Eine einheitliche Organisation «Antifa» gibt es nicht. Das
bestätigt auch Dirk Baier, Extremismusexperte an der Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften: «Strenge Organisation, Befehl und
Gehorsam sind gerade das, wogegen sich die Antifa wehrt.» Wer von Antifa
spreche, meine deshalb meist ein Netzwerk, bestehend aus mehreren
kleineren linken Gruppierungen.
Kontakte in die USA
Zentren der Schweizer Antifa-Bewegung sind Bern, Zürich und Basel. Wie
viele Leute der Berner Szene angehören, ist unklar. Sicher ist, dass die
Gruppierungen untereinander vernetzt sind. Das bestätigen Vertreter der
RJG auf Anfrage. Sogar in die USA bestünden «immer mal wieder» lose
Kontakte zu einzelnen Gruppen. «Eine organisatorische Zusammenarbeit
gibt es aber nicht.»
Ihren Ursprung hat die Antifa-Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts im
Kampf gegen faschistische Diktatoren wie Mussolini oder Hitler.
Inzwischen hat die lose Organisationsstruktur aber innerhalb der
Bewegung zu einer grossen inhaltlichen Themendiversität geführt: «Es
gibt nicht das eine Ziel der Antifa», sagt Baier. Stattdessen handle es
sich um einen Mix an Zielen, die «je nach politischer Grosswetterlage»
unterschiedlich gewichtet würden. So kommt es, dass Anti-Rassismus und
Anti-Imperialismus, aber auch Anliegen wie radikaler Tierschutz und
Umweltschutz in den Agenden von Antifa-Gruppierungen auftauchen. Baier
betont, dass es nicht allen militanten Antifaschisten um idealistische
Motive geht: «Einigen geht es allein darum, Krawall zu machen.»
Jagd auf Neonazis
Immer wieder kommt es im Zusammenhang mit Antifa-Gruppierungen zu
Gewaltdelikten. Ziel der Angriffe sind dabei meist Polizisten – als
Repräsentanten der Staatsmacht – sowie Neonazis. So auch in Bern: In den
Nullerjahren gab es eine antifaschistische Schlägertruppe, die aktiv
gegen Neonazis im öffentlichen Raum vorging. Das bestätigen mehrere
Szenekenner. Weil sich die Neonazis seither vermehrt in den Untergrund
zurückgezogen haben, gibt es diese militante Truppe heute so nicht mehr.
Stattdessen kommt es immer wieder zum Konflikt mit der Polizei – meist
während bewilligter oder unbewilligter Demonstrationen. Die letzte
grössere Auseinandersetzung war anlässlich der «Solidaritätsdemo für
Afrin» im April 2018. Damals reichte die Kantonspolizei im Anschluss 147
Anzeigen gegen Demoteilnehmerinnen und -teilnehmer ein. Auch im Rahmen
von Anti-WEF-Demos oder «antifaschistischen Abendspaziergängen» kam es
in den letzten Jahren wiederholt zu Sachbeschädigungen und Scharmützeln.
Aktivismus am Computer
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) stuft das Gewaltpotenzial
linksextremer Kreise denn auch als «erhöht» ein. Das steht im seinem
aktuellsten Lagebericht zur Sicherheit in der Schweiz. Als Beleg führt
der NDB unter anderem einen Brandanschlag auf das Staatssekretariat für
Wirtschaft in Bern auf. Dieser wurde im Mai 2018 verübt. Die
Kantonspolizei Bern fügt auf Anfrage an, dass sie insbesondere in der
Stadt Bern Straftaten im Zusammenhang mit extremistisch motiviertem
Zusammenhang feststelle.
Sind folglich alle Antifa extremistische Linke? «Nein», sagt
Extremismusexperte Baier: «Die Antifa als Bewegung ist per se nicht
gewalttätig.» Es gebe auch Antifaschisten, die Gewalt ablehnen. Ein
Beispiel dafür ist die eingangs erwähnte Berner Gruppierung mit dem
verwirrenden Namen «Antifa Bern». Deren Hauptarbeit besteht in der
Dokumentation von rechtsextremen Hassverbrechen und dem Aufdecken
rechter Netzwerke. Ihre Erkenntnisse publiziert die Gruppe ein- bis
zweimal jährlich im Magazin «Lautstark!» und auf ihrer Internetseite.
Verbot kaum möglich
Doch wäre ein Antifa-Verbot, wie es Trump in den USA will, in der
Schweiz überhaupt möglich? Hierzulande sind bisher einzig die al-Qaida
und der Islamische Staat als Terrororganisationen eingestuft. Um diese
ausländischen Gruppierungen zu verbieten, musste der Bundesrat einst auf
Notrecht zurückgreifen. Noch schwieriger dürfte es bei einer
einheimischen Gruppe werden: «Es besteht daher keine ordentliche
Rechtsgrundlage dafür, antifaschistische Bewegungen als
Terrororganisationen einzustufen», sagt Jörg Künzli, Professor für
Staatsrecht an der Universität Bern.
(https://www.derbund.ch/al-qaida-islamischer-staat-antifa-228985461844)
—
Reaktionen Polizei auf Vorfall
https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#543648_2
Nach Verhaftung: Ex-Kantonsrätin erhebt schweren Vorwürfe gegen die Polizei
Die Verhaftung einer Frau in Luzern wirft hohe Wellen: Die 65-jährige
Ex-Kantonsrätin Heidi Joos nahm am letzten Samstag an einer Mahnwache
gegen die Corona-Massnahmen teil. Da sie sich gegen die Anordnungen der
Polizisten wehrte, wurde sie verhaftet und erhebt nun schwere Vorwürfe.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/nach-verhaftung-ex-kantonsraetin-erhebt-schweren-vorwuerfe-gegen-die-polizei-138084294
-> https://www.zentralplus.ch/vorwurf-der-polizeigewalt-nun-ermittelt-die-staatsanwaltschaft-luzern-1811363/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/nach-vorwuerfen-wegen-polizeigewalt-polizei-leitet-den-fall-an-die-staatsanwaltschaft-weiter-ld.1226057
+++REPRESSION DE
Unruhe stiften
Hamburg: Polizei tritt vor G-20-Mammutverfahren in ZDF-Sendung
Öffentlichkeitsfahndung los. Konstruierter Zusammenhang mit
Gipfelprotesten
https://www.jungewelt.de/artikel/379599.vor-rondenbarg-prozess-unruhe-stiften.html
+++KNAST
Lockerungen hinter Gitter – Gefängnisse auf dem Weg zurück zur Normalität
Die Corona-Massnahmen in den Gefängnissen werden laufend gelockert. Ein Besuch im Regionalgefängnis Bern.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/lockerungen-hinter-gitter-gefaengnisse-auf-dem-weg-zurueck-zur-normalitaet
+++BIG BROTHER
#digi: Knackpunkt Quarantäne
Die viel diskutierte Contact-Tracing-App nimmt weitere Hürden. Nachdem
National- und Ständerat vom Bundesrat eine gesetzliche Grundlage
gefordert hatten, legte dieser einen Entwurf zur Änderung des
Epidemiengesetzes vor. Ab Mitte Juni soll der Einsatz der offiziellen
App zur digitalen Kontaktverfolgung geregelt sein. Die Gesetzesänderung
wird aktuell im Parlament beraten.
https://www.woz.ch/2023/digi/knackpunkt-quarantaene
Corona-Warn-App: Quellcode-Analyse eines beispiellosen Open-Source-Projektes
Bisher gibt es nichts, was dagegen spricht, die Corona-Warn-App der
Bundesregierung zu installieren. Ob sie wirklich hilft, steht auf einem
anderen Blatt.
https://www.heise.de/hintergrund/Corona-Warn-App-Quellcode-Analyse-eines-beispiellosen-Open-Source-Projektes-4774655.html
+++POLICE BE
Gewalt verhindern ist ein Ziel der Berner Polizei
Brennende Häuser, Plünderungen, Ausgangssperren und Demonstrationen. Die
Polizeigewalt gegen den Afro-Amerikaner George Floyd, macht in den USA
und in der ganzen Welt grosse Schlagzeilen. George Floyd wurde bei einem
brutalen Polizeieinsatz getötet. Aber könnte dies auch in der Schweiz
passieren?
https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2020/06/04/gewalt-verhindern-ist-ein-ziel-der-berner-polizei.html
+++POLICE VD
Schwarzer starb bei Polizeikontrolle in Lausanne: «Gut, dass es zum Prozess kommt»
Auch die Schweiz hat einen Fall «George Floyd»: Sechs Polizeibeamte
drückten 2018 in Lausanne den Nigerianer Mike Ben Peter minutenlang zu
Boden, worauf dieser einen Herzstillstand erlitt. Eine Expertin von
Amnesty International schätzt den Vorfall ein.
https://www.watson.ch/!504796811
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/tod-nach-polizeigewalt-in-lausanne-auch-die-schweiz-hat-einen-george-floyd-fall-id15921105.html
+++POLIZEI AUT
Black-Lives-Matter-Proteste erreichen Wien
Der Tod des Afroamerikaners George Floyd hat weltweit Proteste gegen
rassistisch motivierte Polizeigewalt ausgelöst. Auch in Wien wird
demonstriert
https://www.derstandard.at/story/2000117877949/black-lives-matter-proteste-erreichen-wien
+++ANTIRA
«Black Lives Matter» – «Hört uns zu, informiert euch und unterstützt uns»
Schwarze Anliegen, weisse Solidarität: Sind die #BlackLivesMatter-Kampagnen in den sozialen Medien sinnvoll?
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/black-lives-matter-hoert-uns-zu-informiert-euch-und-unterstuetzt-uns
Schlieremer Politikerin Brändle-Amolo: «Rassismus ist kein US-amerikanisches Problem»
Die Schlieremer SP-Gemeinderätin Yvonne Brändle-Amolo wehrt sich gegen
die Diskriminierung Schwarzer. Sie erzählt, wie man das Problem angehen
sollte.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/region-limmattal/schlieremer-politikerin-braendle-amolo-rassismus-ist-kein-us-amerikanisches-problem-138054252
«Euer Pass macht euch nicht zu besseren Schweizer*innen»
Checkt eure Swissness, Papierlischweizer*innen. Ein Ex-Ausländer teilt aus.
https://bajour.ch/a/UQ0jnBZaotmM3BFU/euer-pass-macht-euch-nicht-zu-besseren-schweizerinnen
Colonial Bar: Erich Hess findets absurd – SP begrüsst Diskussion
Die Berner Colonial Bar heisst seit Mittwoch nicht mehr so. Ein
Beschwerdebrief hat die Betreiber dazu veranlasst. Erich Hess findet das
ein «Theater».
https://www.nau.ch/news/schweiz/colonial-bar-erich-hess-findets-absurd-sp-begrusst-diskussion-65718248
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/wegen-rassismus-vorwurf-colonial-bar-aendert-namen-138084188
«Du bist doch das Braune, das für die Schweiz rennt»
Gruusig, was grad in den USA passiert! Rassismus gibt’s in der Schweiz
nicht? Pirintha, Aleksandra und Mardo erzählen von ihren Erfahrungen.
Ein Gastbeitrag von baba news.
https://bajour.ch/a/UXYuWOpwbtbcUuqO/du-bist-doch-das-braune-das-fur-die-schweiz-rennt
Migrationspolitik: Schwarzenbachs langer Schatten
Vor fünfzig Jahren haben die Schweizer Männer die «Initiative gegen
Überfremdung» knapp verworfen. Die Erinnerung an die Opfer der damaligen
Hetzkampagnen ist umso wichtiger, wenn Ende September über die
«Begrenzungsinitiative» der SVP abgestimmt wird.
https://www.woz.ch/2023/migrationspolitik/schwarzenbachs-langer-schatten
50 Jahre Diskurse über das Fremde
Mit der Schwarzenbach-Initiative konnte sich die Stimmbevölkerung 1970
zum ersten Mal zu einer Vorlage äussern, welche die ausländische
Bevölkerung im Land zu begrenzen suchte. Seither ist die Zuwanderung in
regelmässigen Abständen Gegenstand hochemotionaler Debatten und
politischer Vorstösse. Die Studie der Eidgenössischen
Migrationskommission EKM zeichnet die Geschichte von Abwehr,
Fremdenfeindlichkeit und vom Mythos des autonomen, von niemandem
abhängigen Nationalstaats nach – und zeigt, dass es immer auch
Gegenentwürfe gab, zugunsten einer offenen und fortschrittlichen
Schweiz.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79333.html
-> Studie: https://www.ekm.admin.ch/ekm/de/home/dokumentation/studien.html
Gäste in TV-Talkshows Black Guests Matter
In Talkshows diskutieren fast nur weiße Menschen, selbst wenn es um
rassistische Polizeigewalt geht. Wer schwarze Personen einlädt, beendet
noch keine Diskriminierung, stärkt aber deren
gesellschaftlich-politische Position.
https://www.spiegel.de/kultur/tv/fall-george-floyd-in-talkshows-black-guests-matter-kolumne-a-79a7d292-dcf6-486a-bdec-1701959d2457
Basler Soziologe: «Das Rassismus-Problem muss gelöst werden»
Der Tod von George Floyd war Auslöser für eine der massivsten
Protestbewegungen in den USA der vergangenen Jahre. Auch in Basel
beschäftigt der Vorfall.
https://telebasel.ch/2020/06/04/basler-soziologe-das-rassismus-problem-muss-geloest-werden/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%202&channel=105100
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derbund.ch 04.06.2020
«Ich bin es leid, gefragt zu werden, ob ich Drogen verkaufe»
Was erleben People of Color im Alltag? Wie denken sie über Rassismus? Was sollten wir wissen? Ein Model,
eine Performerin, ein Rapper und ein Comedian erzählen.
Aleksandra Hiltmann
Martin Fischer, Aleksandra Hiltmann
Hunderte Schweizerinnen und Schweizer gingen am Pfingstmontag in Zürich,
Bern und Genf auf die Strassen, um ihre Solidarität mit dem getöteten
George Floyd zu bekunden und gegen Rassismus zu demonstrieren –
aufgerüttelt durch die Proteste, die seit Tagen die USA erschüttern.
Viele trugen selbst gebastelte Schilder mit Slogans wie «Stop Racial
Profiling» oder «Silence Is Violence». Begleitet wurden die
Demonstrationen von «Black Lives Matter»-Chören. Die Aussage ist klar:
Dass People of Color diskriminiert werden, ist kein USA-spezifisches
Thema. Rassismus ist auch in der Schweiz verbreitet und zeigt sich in
vielen Formen und auf verschiedenen Ebenen: bei Behörden, in Schulen, im
Ausgang, beim Einkaufen.
Davon erzählen das Model Saviour Anosike, die Performerin und Aktivistin
Brandy Butler, der Rapper Nativ und der Comedian Gabirano.
Saviour Anosike, 21, Model
Saviour Anosike gewann 2018 die Casting-Show «Switzerlands Next
Topmodel». Er kündigte seinen Job als Informatiker und konzentriert sich
nun voll aufs Modeln.
«Am meisten irritiert es mich, wenn Leute das N-Wort benützen. Viele
sind sich der Bedeutung des Wortes einfach nicht bewusst. Ich werde
immer wieder damit begrüsst, im Ausgang zum Beispiel. Es ist schwer zu
beschreiben, was es in mir auslöst. Ich fühle mich damit ausgegrenzt,
allein. Ich habe schon so viele Diskussionen geführt, warum man das Wort
nicht verwenden soll. Als Begründung muss genügen: Mich verletzt es. Da
muss man gar nicht weiterdiskutieren. Das sollte ja ganz allgemein
gelten: Was andere stört oder verletzt, hat keinen Platz. Das muss man
respektieren.
Ich habe nicht immer die Energie, etwas zu sagen oder zu erklären, das
hängt auch von meiner Tagesform ab. Oft schweige ich. Aber es ändert
nichts an meinem Gefühl. Dann denke ich immer: Wir sind noch nirgends.
Wenn ich neue Leute kennen lerne, kommt spätestens nach drei Minuten die
Frage: ‹Und, woher kommst du?› Ich verstehe, dass man das fragt. Was
viele aber nicht verstehen, ist, dass ich dadurch ständig daran erinnert
werde, dass ich anders angeschaut werde.
Ich bin auch immer ‹der grosse Schwarze›, und nicht ‹der Grosse mit den
Tattoos› oder ‹der Grosse mit den gefärbten Haaren›. Dieses Thema ist
für mich kein Trend. Das ist Alltag. Beim Arbeiten, im Bus, auf Social
Media: Ich spüre jeden Tag, dass ich anders bin, das ist immer präsent.
Meistens kann ich darüberstehen, oder ich ignoriere es. Mit den
aktuellen Protesten kommt das aber wieder häufiger hoch.
Ich bin froh, bin ich in Biel aufgewachsen. Die Stadt ist sehr divers.
In der Schule war ich zwar immer der einzige Schwarze in der Klasse. Es
ist aber nie etwas wirklich Schlimmes vorgefallen. Natürlich gab es
vereinzelt Sprüche über meine Haare oder so. Aber es kann auch ganz
anders sein, das weiss ich. Die allermeisten meiner Freundinnen und
Freunde haben Wurzeln in Afrika. Meine engste Freundin kommt aus einem
kleinen Dorf. Sie wurde dort auch schon bespuckt.
Ich bin mir sicher, dass ich in meinem Leben schon öfter aufgrund meiner
Hautfarbe oder meines Namens diskriminiert worden bin, ohne es mir
bewusst zu sein. Dass ich einen Job nicht bekommen habe. Oder dass mich
jemand ignoriert. Das Ziel muss doch sein, dass wir alle einander auf
Augenhöhe begegnen. Dass es okay ist, dass jeder und jede so ist, wie er
oder sie ist. Dass es keine Rolle spielt, dass wir verschieden sind,
und dass wir deswegen nicht komisch angeschaut oder anders behandelt
werden. Ich finde, in der Schweiz sind wir noch weit weg davon. Was ich
an den Kundgebungen besonders berührend und beeindruckend finde: Wie
viele ganz unterschiedliche Menschen zusammengekommen sind. Ich habe
gespürt, dass wir nicht alleine sind. Ich wünsche mir, dass wir mehr
aufeinander zugehen und einander zuhören. Ich fühle mich in der Schweiz
oft nicht gehört.»
Brandy Butler, 40, Contemporary-Arts-Performerin/Aktivistin
Brandy Butler hat in Philadelphia Jazz studiert. In der Schweiz war sie
erst Backgroundsängerin bei Stars wie Sophie Hunger, Stress oder Steff
la Cheffe und Kandidatin bei «The Voice of Switzerland». Heute verfolgt
sie ihre eigene Karriere als Performerin, tritt auch als Schauspielerin
auf
und unterrichtet Primarschüler in Musik.
«Wenn meine Gesellschaft leidet, betrifft mich das sehr. Ich bin
gebürtige Amerikanerin. Meine Familie ist sehr aktivistisch und hat in
mir früh den Sinn dafür geweckt, wie wichtig Community ist. Ich habe oft
erlebt, dass sich viele nicht bewusst sind, was Rassismus für Menschen
wie mich bedeutet. Vor ungefähr vier Jahren engagierte ich mich für eine
Petition. Es ging darum, rassistische Namen von Süssigkeiten zu
verbannen. Mohrenkopf zum Beispiel. Als Rückmeldung hiess es oft, das
habe nichts mit Rassismus zu tun. Ich aber finde das beleidigend. Es ist
nicht einmal mehr als Schimpfwort in Gebrauch – weil es zu rassistisch
ist. Und die Süssigkeiten sind kein Einzelfall.
Nachdem ich diese Meinung bereits damals geäussert hatte, erhielt ich
Morddrohungen. Als ich zur Polizei ging, fragte man mich dort, ob es
denn wirklich echte Morddrohungen seien. Zwei andere Beispiele: Ich
unterrichte an einer Primarschule. Im Lehrerzimmer fand ich eines Tages
das Spiel ‹Zehn kleine Negerlein›. ‹Was ist das?›, fragte ich eine
Lehrerin. ‹Wir entsorgen es gerade, mach kein Ding draus.› Das hat mich
getroffen.
Ein anderes Mal hat eine Lehrerin zum Geburtstag Schokoküsse
mitgebracht, auf deren Verpackung der rassistische Begriff stand.
Niemand hat sich Gedanken gemacht, ob das richtig oder falsch ist. Auch
wenn das mit den Süssigkeiten nicht böse gemeint war – die Ablehnung,
die mir jeweils entgegenkommt, wenn ich solche Vorfälle anspreche und
die Leute damit konfrontiere, ist gross. Nie fragt mich jemand, wie es
mir damit geht. Du wirst nicht wahrgenommen.
Rassistische Beleidigungen sind wie eine Lebensmittelvergiftung. Du
musst etwas schlucken, das dir nicht guttut. Es macht dich krank. Du
brauchst Zeit, um es zu verdauen. Die Zeit vergeht zwar, aber es hat
dich trotzdem verändert. Es braucht noch viel Sensibilisierung für die
Anliegen von People of Color. Schon die Formulierung ‹Dunkelhäutige›
finde ich problematisch. Die deutsche Sprache hat oft den richtigen Ton
noch nicht gefunden. Dabei wäre das so wichtig.
Auch müssen die Leute in der Schweiz endlich verstehen, dass Rassismus
hierzulande existiert. Nicht nur in den USA. Hier ist er anders, aber es
gibt Parallelen. Viele denken, die Schweiz hätte nichts damit zu tun,
weil sie nie Kolonialmacht war. Aber das stimmt nicht. Auch die Schweiz
war beispielsweise in den Sklavenhandel verwickelt. Nur wird das im
Geschichtsunterricht oder auch in den Medien oft ausgelassen.
Wir müssen mehr über Rassismus sprechen. In den USA hat man lange nicht
hingehört. Jetzt wird das Land von gewaltigen Protesten erschüttert.
Eigentlich hätte es nie so weit kommen müssen. Deshalb: Die Proteste
sind eine Warnung an alle Länder. Die eigene Gesellschaft, die
Bürgerinnen und Bürger, wahrzunehmen, ist wichtig.»
Nativ, 26, Rapper
Nativ ist als Teil des einstigen Berner Rap-Kollektivs S.O.S. bekannt
geworden. Als Solokünstler hat er seit 2018 vier Alben veröffentlicht.
Seine jüngste Single «Rollercoaster» ist im Mai erschienen. In seinen
Texten thematisiert Nativ auch immer wieder soziale Missstände.
«Ich zähle nicht jedes einzelne Mal. Aber ich mache jede Woche sicher
ein Mal Erfahrung mit Rassismus. Dafür, dass wir im Jahr 2020 sind und
ich seit knapp 27 Jahren – seit meiner Geburt – in der Schweiz lebe,
kommt es immer noch zu häufig vor. Ich werde in vielen Fällen auf
Hochdeutsch angesprochen. Ich werde immer wieder gefragt, woher ich denn
komme. Ich höre immer wieder das Wort Neger.
Am meisten nerven mich die ungerechtfertigten Kontrollen der Polizei.
Das ist mir persönlich zwar schon länger nicht mehr passiert. Aber jedes
Mal, wenn ich die Polizei sehe, fühle ich mich beobachtet und
verdächtigt. Sogar, wenn ich mit meiner vierjährigen Nichte durch die
Stadt gehe. Ich habe in meinem ganzen Leben keine positive Erfahrung mit
Rassismus gemacht. Denn es gibt keinen einzigen positiven Aspekt an
Rassismus.
Ich bin es leid, jemandem zu beweisen, dass ich nicht böse bin. Ich bin
es leid, gefragt zu werden, ob ich Gras oder sonstige Drogen verkaufe.
Ich bin es leid, dass Leute Afrika mit zwei f schreiben. Und ich bin es
leid, dass ich oder mein Vater kontrolliert werden, ohne Rechtfertigung.
Ich will Sprüche wie «Ich bin doch nicht der Neger, ich mache das
nicht» nicht mehr hören. Und ich will nicht mehr der Sündenbock für
Kriminalität jeglicher Art sein. Ich bin so vieles leid im Zusammenhang
mit rassistischen Erfahrungen. Ich bin es leid, all das leid zu sein.
Ich fühle mich oftmals missverstanden. Oftmals nicht ernst genommen. Je
nach Ort nicht willkommen. Trotzdem ist die Schweiz meine Heimat und
mein Zuhause, und ich gehe nirgendwohin. Ich werde meine Stimme immer
für die Stimmlosen erheben.
Viele Weisse fühlen sich angegriffen zurzeit. Die ganze Sache ist vielen
unangenehm. Ich sehe keinen Grund für weisse Personen, dass sie sich
nicht solidarisieren und aktiv etwas unternehmen. Informiert euch über
die Geschichte der Schwarzen innerhalb einer vorwiegend weissen
Gesellschaft. Expose Racism! Wenn ihr Rassismus erkennt oder miterlebt,
steht nicht nur rum, sondern traut euch und erhebt eure Stimme. Wenn ihr
Angst habt davor, dann holt euch Hilfe. Selbst wenn keine dunkelhäutige
Person im Raum steht, könnt – oder müsst – ihr die Person, die
rassistische Äusserungen macht, konfrontieren.»
Gabirano, 21, Comedian
Gabirano Guinand wurde mit kurzen Comedy-Clips schon als Teenager zum
Instagram-Star. Auf der Plattform folgen dem Berner aktuell knapp
160’000 Personen. Gabirano tritt auch regelmässig als Stand-up-Comedian
auf.
«Ich gehe gern snowboarden. Als ich zum Mittagessen in eine Bergbeiz
kam, hat einmal jemand gesagt: ‹Oh, ein Schwarzer.› Ich habe gelacht –
weil ich gemerkt habe, dass die Person es nicht böse gemeint hat. Was
ich schon öfter erlebt habe: Dass ich oder dunkelhäutige Freunde für
eine Personenkontrolle angehalten werden. Das ist schon unangenehm, wenn
man mitten auf der Strasse kontrolliert wird.
Ich bin 2,08 Meter gross, schon mit 17 Jahren war ich 1,90. Ich war
sowieso immer das Alien, nicht nur wegen meiner Hautfarbe. Deshalb ist
es für mich schwer zu sagen, warum mich Leute anschauen. Wenn jemand
einen Spruch über mein Aussehen macht, kann ich gut drüberstehen.
Menschen, die andere beleidigen oder diskriminieren, tun das, weil sie
selbst frustriert sind, Angst haben oder unsicher sind. So erkläre ich
mir das. Darauf will ich mich gar nicht einlassen.
Meine Mutter ist Burunderin, mein Vater Schweizer. Ich erinnere mich
daran, dass meine Mutter schon manchmal Sprüche anhören musste. Wenn wir
mit dem BMW einkaufen gefahren sind, hiess es auch mal: ‹Was macht die
in einem BMW?› So etwas passiert heute nicht mehr. Ich glaube, es
verändert sich was. Die Menschen lernen dazu. Und die aktuellen
Kundgebungen sind sicher gut, um Bewusstsein zu schaffen. Mir ist aber
wichtig, dass alles friedlich und sachlich verläuft. Mit Hass und Gewalt
kommen wir nirgends weiter.
Auf Instagram teile ich auch Videos von den Protesten in den USA, die
ich inspirierend finde, damit sich meine Follower ein eigenes Bild
machen können von der Situation. Ich sehe es so: Wir sind alle
unterschiedlich, aber trotzdem können wir doch respektvoll miteinander
umgehen.
In meinen Comedy-Videos hat meine Hautfarbe noch nie eine Rolle
gespielt. Ich will sie nicht zum Thema oder Problem machen, sie soll
keine Rolle spielen. In meinen Sketches gehts um Alltagssituationen, wie
wir sie alle erleben. 2020 ist ein krasses Jahr. Es passiert so viel.
Ich glaube daran, dass wir uns Ende Jahr alle umarmen werden.»
(https://www.derbund.ch/ich-bin-es-leid-gefragt-zu-werden-ob-ich-drogen-verkaufe-740269840233)
—
So erleben BLICK-Leser Rassismus: «Sie starren, als hätten sie noch nie einen Dunkelhäutigen gesehen»
Nicht nur in den USA, auch in der Schweiz werden Personen wegen ihrer
Hautfarbe oder Herkunft diskriminiert. BLICK-Leserinnen und -Leser
erzählen aus ihrem Alltag.
https://www.blick.ch/community/so-erleben-blick-leser-rassismus-sie-starren-als-haetten-sie-noch-nie-einen-dunkelhaeutigen-gesehen-id15921657.html
+++HOMOHASS
Interpellation Grüne: ABQ-Schulprojekte: nicht-heterosexuelle Orientierungen sollen an Berner Schulen authentische Präsenz haben
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-5e1b2105ddda407ab6c3b5a5513dd4f7.html
+++RECHTSEXTREMISMUS
‚Boogaloo‘ Explained: How an ’80s Movie Turned Into a Far-right Code for Civil War
They are heavily armed, wear Hawaiian shirts and want a race war: Meet the U.S. far-right extremists known as the boogaloo bois
https://www.haaretz.com/us-news/.premium-boogaloo-how-a-80s-movie-turned-into-a-far-right-code-for-civil-war-1.8890453
—
landbote.ch 04.06.2020
Neonazis in Winterthur«Ein gefährlicher Schritt – da hat sich was formiert»
Extremismus-Experte Dirk Baier von der ZHAW sieht bei den
Neonazi-Umtrieben in der Stadt Handlungsbedarf. Schweizweit befinde sich
die Szene im Aufwind.
Mirko Plüss
Die rechtsextreme Gruppe Nationalistische Jugend Schweiz (NJS) war in
den vergangenen Wochen mehrfach mit Aktionen in Winterthur präsent.
Unter anderem plant der FC Winterthur eine Strafanzeige, weil die Gruppe
ein Clubtransparent entwendet haben soll. Mitglieder posierten
kämpferisch mit Sturmhauben auf dem Sulzerareal – bereits im Februar
wurden antisemitische Kleber verteilt.
ZHAW-Extremismus-Experte Dirk Baier sagt, beim Vorgehen der NJS könne
man nicht mehr von «Jugendsünden» sprechen: «Wenn eine Gruppe sich so zu
organisieren beginnt, sich einen Namen gibt und symbolhafte Fotos und
Videos erstellt, dann ist das immer ein gefährlicher Schritt.» Kleinere
Aktionen könnten auch zu Gewalt führen. Auch wenn diese bislang
ausblieb, ist für Baier klar: «Da hat sich was formiert.» Selbst wenn
unklar sei, wie viele Personen tatsächlich aus Winterthur und Umgebung
stammen.
Erfreuliches «Brennglas»
Baier begrüsst, dass die Gruppe bereits in einem frühen Stadium in den
Fokus der Öffentlichkeit geriet: «Dieses Brennglas der Öffentlichkeit
kann im besten Fall zu einem gewissen Zerfall einer Gruppe führen.»
Mitglieder, die von Anfang an nicht ganz überzeugt waren, könnten sich
nun abwenden. Im schlechtesten Fall könne sich die Gruppe jedoch auch
verfestigen und ins Geheime zurückziehen.
So oder so seien nun aber die Behörden gefordert. Eine
Gefährderansprache durch die Polizei sieht Baier nicht als bestes
Mittel: «Auch wenn es die Gruppe nicht mehr geben sollte, sind ja die
Menschen mit ihren Problemen und Weltbildern noch da.» Hier brauche es
Gewalt- und Extremismusprävention. «Verwaltungsangestellte mit
sozialarbeiterischem Hintergrund sind hier gefragt, die das Problem
längerfristig im Auge behalten – gerade im Hinblick auf jugendliche
Mitglieder.»
Die rechtsextreme Szene sei schweizweit im Aufwind, sagt Baier. «Man
sieht das aber nicht, weil es sich nicht durch Gewalt und Übergriffe
zeigt.» Der Austausch passiere meistens online, bei Konzerten oder bei
regelmässigen «Strategietreffen». Auch an anderen Orten in der Schweiz
sei nun aber zu beobachten, dass vermehrt Aktionen in der Öffentlichkeit
stattfänden.
Als der Stadtrat handeln musste
Die NJS wird von der Polizei beobachtet, wie diese gegenüber dem
«Landboten» bestätigte. Grundsätzlich schätzen die Behörden die
rechtsextreme Szene in der Region seit Jahren als klein ein. Das war
nicht immer so.
Anfang der Nullerjahre beobachteten die Behörden rund 20 junge
Rechtsextreme in Winterthur, es gab an der Stadthausstrasse ein rege
besuchtes Szenelokal und eine Vereinigung namens «Patriotische Jugend
Winterthur». Immer wieder kam es zu Scharmützeln zwischen Autonomen und
Rechtsextremen und auch zu grösseren Schlägereien. In der Öffentlichkeit
ausgetragene Konflikte wie beispielsweise eine Grossschlägerei zwischen
Skinheads und «ausländischen Hip-Hoppern» in Oberwinterthur, zwangen
den Stadtrat damals zum Handeln. Neben mehr Polizeipräsenz wurde die
Jugendarbeit ausgebaut, und es wurden Fachstellen vernetzt.
Konflikte flammten erneut 2006 auf. In einer Nacht ereigneten sich ein
Angriff auf einen dunkelhäutigen Mann in der Altstadt und einer auf das
linke Lokal Widder, das mehrfach Ziel von Attacken wurde. In den
Folgejahren beruhigte sich die Situation. Im neuesten städtischen
Sicherheitsbericht heisst es, der Rechtsextremismus trete in Winterthur
kaum in Erscheinung. Auch bei den «30 bis 40 gewaltbereiten
Linksextremen» sei die Situation «ruhig».
Rechte «im Aufbruch»
Der Schweizer Nachrichtendienst schreibt, die rechtsextreme Szene
verhalte sich «konspirativ». Es seien allerdings grössere Mengen an
Waffen vorhanden. Und es würden Kampfsportarten trainiert – auch
Mitglieder der in Winterthur aktiven NJS besuchen ein Kampfsportstudio.
Grundsätzlich, schreibt der Nachrichtendienst, sei die rechte Szene
allerdings «im Aufbruch».
2018 wurden dem Nachrichtendienst 53 Ereignisse im Bereich
Rechtsextremismus und 226 Ereignisse im Bereich Linksextremismus
bekannt. Auf rechter Seite bedeutete dies mehr als eine Verdreifachung,
für den Linksextremismus eine Steigerung um 13 Prozent.
(https://www.landbote.ch/ein-gefaehrlicher-schritt-da-hat-sich-was-formiert-971948312975)
+++USA
Im Visier – Die Polizei
Amerika in Aufruhr. Die Tötung des Afroamerikaners George Floyd löst
Unruhen aus, wie es sie schon lange nicht mehr gab. Am Pranger steht
einmal mehr die Polizei. Was ist los? Der afroamerikanische Historiker
und Journalist Jelani Cobb blickt zurück und geht mit Polizisten auf
Streife. Der von Polizeibeamten verschuldete Tod unbewaffneter schwarzer
Männer löst in den USA immer wieder Diskussionen über Hautfarbe, das
Polizeiwesen und die Bürgerrechte aus. Das Justizministerium hat
verfügt, dass bei einer Reihe von Polizeidepartementen drastische
Reformen umgesetzt werden sollen.
https://www.srf.ch/play/tv/dok/video/im-visier—die-polizei?id=e29b4a2b-067c-4009-a99e-426736694e73
Angriffe auf Journalisten: Hat Trumps Fake-News-Rhetorik die Polizei angestachelt?
Noch nie habe es in den USA so viele Angriffe auf Journalisten gegeben,
sagt Katja Gloger, Vorstandsmitglied bei Reporter ohne Grenzen
Deutschland. Ein Interview über die Eskalation der Gewalt und die Rolle
des Präsidenten.
https://www.nzz.ch/international/proteste-in-den-usa-hat-donald-trump-die-polizei-angestachelt-ld.1559467
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/donald-trump-wahl-joe-biden-george-floyd-rassismus-coronavirus-pandemie-wirtschaftskrise-umfragen
«Der Cop sagte, er würde uns erschiessen»
Messiah Young und Taniyah Pilgrim wurden während der Proteste um den
getöteten George Floyd aus einem Auto gezerrt und getasert. Sie erzählen
nun von diesem traumatischen Moment.
https://www.20min.ch/story/der-cop-sagte-er-wuerde-uns-erschiessen-870877700813
FBI: Keine Hinweise für Antifa-Gewalt
Antifa war an den Unruhen nicht beteiligt, sagt das FBI. Twitter enttarnt vermeintliche Antifa-Konten von Neo-Nazis
https://www.heise.de/tp/features/FBI-Keine-Hinweise-fuer-Antifa-Gewalt-4774636.html
George Floyd: Es hört nicht auf
Woher der verbreitete Rassismus unter Amerikas Polizisten kommt – und was dagegen getan wird.
https://www.zeit.de/2020/24/george-floyd-rassismus-polizeigewalt-racial-profiling-usa/komplettansicht
Vom Stonewall Inn zu George Floyd
In New York wächst mit jedem Tag die Wut auf die städtische Polizeibehörde
Dort, wo vor über 50 Jahren die Polizei die Schwulengemeinde der
Metropole niederknüppelte, beginnen in diesen Tagen Proteste gegen
rassistische Gewalt der größten Polizeigemeinde der Welt.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137477.george-floyd-vom-stonewall-inn-zu-george-floyd.html
Polizeigewalt in den USA: New Yorker Bürgermeister verspricht Polizeireform
Bill de Blasio hat den Umgang der Polizei mit den Ausschreitungen
gelobt. Gleichzeitig kündigte er an, Gewalt gegen Demonstrierende
künftig härter ahnden zu wollen.
https://www.zeit.de/politik/2020-06/polizeigewalt-in-den-usa-new-york-polizei-reform-rassismus
Aufstand in den USA: Eskalation der Staatsgewalt
Die aktuellen Proteste richten sich gegen den rassistischen und
gewalttätigen Normalzustand – und stellen zunehmend die Frage: Lässt
sich die Polizei als Institution auch abschaffen?
https://www.woz.ch/2023/aufstand-in-den-usa/eskalation-der-staatsgewalt
Der gewaltsame Tod von George Floyd wühlt Thabo Sefolosha auf. Er sagt, er empfinde «Ärger. Fast schon Ekel»
Der Schweizer NBA-Basketballer war 2015 selber ein Opfer von
Polizeigewalt in den USA. Dass die Proteste nun teilweise ausarteten,
sei «eine normale Reaktion», meint Sefolosha.
https://www.nzz.ch/sport/thabo-sefolosha-ueber-polizeigewalt-und-proteste-in-den-usa-ld.1559544
+++HISTORY
Berner Bar ändert wegen Rassismus-Vorwürfen den Namen
Am Mittwoch postete eine Berner Bar ein schwarzes Bild, um ein Zeichen
gegen Rassismus zu setzten. Doch schliesslich erntete das Lokal einen
Shitstorm. Der Name des Cafes – Cafe Colonial – passte den Usern gar
nicht. Der Druck war gross, der Name wird nun geändert.
https://www.20min.ch/story/berner-bar-aendert-wegen-rassismus-vorwuerfen-den-namen-961779128852
Mitgehangen, Mitgefangen – Bern im kolonialen Netz
Die Schweiz besass keine eigenen Kolonien und hat somit keine
unmittelbare koloniale Vergangenheit. Nichtsdestotrotz war sie in das
koloniale System verwickelt. Die studizytig hat nachgeforscht, wo die
Spuren des Kolonialismus in Bern zu finden sind.
http://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3613/Mitgehangen-Mitgefangen-%E2%80%93-Bern-im-kolonialen-Netz.htm
Wie Demokratie die Schweizer Fremdenangst verdaut
Italiener zurück nach Italien! Das forderte die
„Überfremdungsinitiative“ vor 50 Jahren. Es war der Auftakt zu einer
Reihe von bis heute 42 Abstimmungen zum Verhältnis „Wir und die
Fremden“. Warum kehrt die Schweizer Fremdenangst immer wieder zurück?
http://www.swissinfo.ch/ger/direktedemokratie/abstimmung-17–mai_direkte-demokratie-verarbeitet-angst-der-menschen-vor-den-fremden/45614558
Das erste Nein gegen Schwarzenbachs „Überfremdungs-Initiative“
Am 7. Juni 1970 stimmten die Schweizer über eine Volksinitiative ab, die
eine Begrenzung des Ausländeranteils auf 10% der Bevölkerung forderte.
Die Initiative – nach dem Namen des Initianten meist
„Schwarzenbach-Initiative“ genannt – konnte nur in sieben Kantonen
überzeugen und wurde mit 54% Nein-Stimmen abgelehnt. Doch der Feldzug
gegen die so genannte Überfremdung blieb nicht ohne Folgen.
https://www.swissinfo.ch/ger/vor-50-jahren_das-erste-nein-gegen-schwarzenbachs–ueberfremdungs-initiative-/45782628
+++POLIZEIWAFFEN
derbund.ch 04.06.2020
Umstrittene Exporte: Vor dieser Berner Waffe fürchten sich Hongkongs Studenten
Ein Oberaargauer KMU liefert hochpräzise Pfefferspray-Pistolen nach
China. Jetzt könnten die Waffen gegen die Studentenbewegung in Hongkong
eingesetzt werden. Politiker in Bern wollen das verhindern.
Christoph Lenz
Heute wird ein heisser Tag in Hongkong, ein potenziell gefährlicher.
Tausende Bürger werden auf die Strasse gehen. Sie werden daran erinnern,
dass China vor exakt 31 Jahren auf dem Tiananmen-Platz eine friedliche,
zivile Demokratiebewegung blutig niederschlug. Besonders brisant ist
das, weil China just in diesen Tagen versucht, endgültig die Kontrolle
über die autonome Sonderverwaltungszone Hongkong zu erringen.
Brisant sind die Proteste auch für die Schweiz. Der Hongkonger TV-Sender
TVB berichtete Mitte Mai, dass die regimetreue lokale Polizei mit einer
neuen Waffe ausgerüstet werde. Einer Pistole, die eine flüssige, hoch
konzentrierte Pfefferlösung abfeuere. Hergestellt wird die Pistole von
der Piexon AG, einem kleinen KMU im beschaulichen Aarwangen im Kanton
Bern. Die Firma produziert ausschliesslich Pfefferschussgeräte; zu ihren
Geldgebern gehört auch der Berner Milliardär und Kunstmäzen Willy
Michel.
«Extreme Schmerzen in Nase, Rachen und Lunge»
Die Hongkonger Studentenbewegung fürchtet sich vor dieser Waffe. Das
zeigt eine Online-Petition, die Joshua Wong, ein Anführer der Proteste,
und weitere Demokratie-Aktivisten am 20. Mai lanciert haben. Die
Pfefferlösung von Piexon könne zu vorübergehender Blindheit führen und
«extreme Schmerzen in Nase, Rachen und Lunge» verursachen, heisst es in
der Petition, die von über 57’000 Personen unterzeichnet wurde.
Der Verkauf dieser Waffen an die Regierung von Hongkong stehe im
Widerspruch mit dem Image der Schweiz als Friedensvermittlerin und Hort
der Menschenrechte, heisst es weiter. Die Schweiz verschliesse ihre
Augen vor der eskalierenden Polizeigewalt in Hongkong. «Shame on
Switzerland.»
Bei Piexon will man von einem Verkauf der Pfefferspray-Pistole an die
Hongkonger Sicherheitskräfte nichts wissen. «Die erwähnte Petition ist
haltlos», sagt Jürg Thomann, Gründer und CEO von Piexon. Die
Pfefferspray-Pistolen würden der Güterkontrollverordnung unterstehen.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) habe die Vorgänge überprüft.
«Die Piexon AG hat sich korrekt verhalten und keine Lieferung der
betreffenden Geräte an die Polizei von Hongkong getätigt.»
Thomann deutet an, dass möglicherweise eine Verwechslung vorliege. In
China seien «täuschend echte Kopien» der Piexon-Geräte auf dem Markt.
Im Bericht des Hongkonger TV-Senders ist aber eindeutig ein Modell von
Piexon erkennbar. Es handelt sich um die Pistole JPX4 mit vier
Reizstoffladungen. Sie zeichnet sich gemäss Onlinehändlern durch eine
grosse Reichweite und Treffsicherheit aus. Zudem werde die Pfefferlösung
mit so hoher Geschwindigkeit abgefeuert, dass beim Gegenüber eine
«Schockwirkung» entstehe.
Möglich ist, dass die Hongkonger Polizei die Piexon-Pistolen von einem
Zwischenhändler in China erwirbt. Schon seit 2008 rüstet Piexon
Polizeieinheiten in China direkt aus. In jüngster Vergangenheit hat die
Bedeutung des China-Geschäfts für Piexon noch zugenommen. So heisst es
im Geschäftsbericht 2019 eines Piexon-Investors, dass der Vertrieb von
Piexon-Produkten in China vielversprechend gestartet sei.
Piexon hat nicht zum ersten Mal geschäftliche Probleme wegen der
Proteste in Hongkong. Bereits letztes Jahr hat das Seco vorübergehend
die Ausfuhr der Pfefferpistolen nach China sistiert und rechtliche
Abklärungen vorgenommen. Seit Ende Jahr werden die Ausfuhren aber wieder
bewilligt. Doch wie viele Piexon-Waffen in den letzten Jahren nach
China geliefert wurden, will das Seco nicht bekannt geben. Zu
Ausfuhrgesuchen von Einzelfirmen äussere man sich nicht, teilt die
Medienstelle mit.
Schwierig, die Ausfuhr zu verhindern
Dass die Hongkonger Polizei mit Schweizer Waffen auf Demonstranten
losgehen könnte, beunruhigt SP-Sicherheitspolitiker Pierre-Alain Fridez.
«Es ist offensichtlich, dass es sich bei solchen Pistolen um repressive
Waffen handelt. Wenn sie dazu benutzt werden, eine friedliche
Demokratiebewegung zu zerschlagen, dann ist das ein Problem für die
Schweiz. Wir haben eine Verantwortung gegenüber den demokratischen
Kräften – auch in China.» Gestern hat Nationalrat Pierre-Alain Fridez
den Bundesrat mittels Vorstoss aufgefordert, zu den Ausfuhren von
Pfefferpistolen Stellung zu nehmen.
«Wenn Schweizer Güter in China zu repressiven Zwecken eingesetzt werden,
ist das zu verurteilen», sagt auch EVP-Nationalrat Nik Gugger. Jedoch
sei es mit dem problematischen Freihandelsabkommen und dem gültigen
Güterkontrollgesetz extrem schwierig, solche Ausfuhren zu unterbinden.
«Aber wenn wir hier eine gute Lösung finden, den Teufelskreis zu
durchbrechen, bin ich gerne dabei.»
Pfefferpistolen gelten nicht als Kriegsmaterial
Tatsächlich ist es für das Staatssekretariat für Wirtschaft derzeit gar
nicht möglich, Ausfuhrgesuche der Piexon nach China abschlägig zu
beantworten. Bei Pfefferspray-Pistolen handelt es sich um sogenannte
Dual-Use-Güter. Sie können sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt
werden. Sie unterstehen damit nicht dem Kriegsmaterialgesetz, sind auch
von der sogenannten Korrekturinitiative nicht tangiert.
Die Medienstelle des Seco schreibt: Ausfuhrgesuche für
Pfefferspray-Pistolen nach China könnten nur verweigert werden, wenn es
spezifische internationale Sanktionsmassnahmen gegen China gäbe. Ein
anderes passendes Verweigerungskriterium gibt es derzeit nicht.
Hier allerdings könnte das Parlament ansetzen: Es könnte das
Güterkontrollgesetz dahingehend ändern, dass für Pfefferspray-Pistolen
ein Exportgesuch verweigert werden kann, wenn Grund zur Annahme besteht,
dass die Produkte zu repressiven Zwecken genutzt werden.
Für Joshua Wong, den Anführer der Hongkonger Demokratiebewegung, wäre
ein Exportverbot nach China zwingend. Die Schweiz habe sich immer zur
Autonomie von Hongkong bekannt, schreibt er dieser Redaktion. «Indem sie
solche Geräte an China liefert, beerdigt sie nicht nur den Sonderstatus
von Hongkong. Sie bringt auch die Bewohner der Stadt in Gefahr.»
(https://www.derbund.ch/vor-dieser-berner-waffe-fuerchten-sich-hongkongs-studenten-510701180608)