Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BERN
Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern: Rechtliche Grundlagen zur Umsetzung verabschiedet
Der Regierungsrat des Kantons Bern hat das Inkrafttreten zweier Gesetze
und die damit zusammenhängenden Verordnungen zur Neustrukturierung des
Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern beschlossen. Damit wechselt
die Zuständigkeit für den Asylsozialhilfebereich per 1. Juli 2020 von
der Sicherheitsdirektion (SID) zur Gesundheits-, Sozial- und
Integrationsdirektion (GSI). Hauptziel der GSI ist die verbesserte
Arbeitsmarktintegration von Personen aus dem Asylbereich.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/mm/2020/05/20200520_1111_rechtliche_grundlagenzurumsetzungverabschiedet
-> https://www.derbund.ch/nach-kritik-mildert-regierungsrat-kuerzungen-fuer-fluechtlinge-258018763836
-> https://www.bernerzeitung.ch/kanton-bern-strukturiert-das-asylwesen-neu-478473261144
-> https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2020/05/25/kanton-bern-regelt-asyl-und-fluechtlingsbereich-neu.html
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/182161/
Regierungsratsantwort auf Motion SP: Asylsozialhilfe für Vorläufig Aufgenommene nicht unter dem Existenzminimum
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-e06b036a32e64d699fe43aff6b22cca8.html
+++ST. GALLEN
Im luftleeren Raum
Auf einen Schlag ohne Arbeit, ohne Geld, ohne Perspektive – die
Ostschweizer Sans-Papiers Sarnai und TseTseg* erzählen, welche Folgen
die Coronakrise für sie hat.
https://www.saiten.ch/im-luftleeren-raum/
+++ZÜRICH
«Du meinst wohl, wir sind hier in einem Hotel»
In den neuen Bundesasylzentren wird systematisch Gewalt gegen Geflüchtete ausgeübt. Betroffene in Embrach berichten.
https://papierlosezeitung.ch/de/artikel/du-meinst-wohl-wir-sind-hier-in-einem-hotel
+++ÖSTERREICH
Zweiter Corona-Lockdown im Asylzentrum Traiskirchen
Zwei Neuzugänge positiv, Insassen und Mitarbeiter flächendeckend getestet, NGO fordert Aufteilung auf andere Quartiere
https://www.derstandard.at/story/2000117670849/zweiter-corona-lockdown-im-asylzentrum-traiskirchen
+++MITTELMEER
«Namen statt Nummern» – RaBe-Info 25.05.2020
Vor der europäischen Haustüre spielt sich eine menschliche Tragödie ab,
denn seit 2001 sind rund 30’000 Menschen auf der Flucht kläglich im
Mittelmeer ertrunken. Oftmals werden diese toten Bootsflüchtlinge nicht
identifiziert, sondern namenlos begraben; ihre Verwandten erfahren nie,
was mit ihren Liebsten geschehen ist.
https://rabe.ch/2020/05/25/neue-allianz-der-gewerkschaften/
+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Von Nidau nach Orpund: Fahrenden-Gruppe ist umgezogen
Ausländische Fahrende machten letzte Woche auf dem Expo-Areal zwischen
Nidau und Biel Halt. Nachdem die beiden Städte ein Ultimatum zum
Verlassen des Platzes gestellt hatten, befindet sich die Gruppe nun in
einer Schleife des Autobahnanschlusses in Orpund.
https://www.bernerzeitung.ch/fahrenden-gruppe-ist-umgezogen-542253610321
+++FREIRÄUME
Räumung des Juch-Areals sorgt weiter für Zündstoff
Die Polizei hat das Juch-Areal geräumt, doch die Diskussion um die
Aktion ebbt nicht ab. Dass die Stadt die Besetzer ausgerechnet während
der Corona-Krise auf die Strasse stellt, brachte ein Hickhack zwischen
linken und rechten Politikern ins Rollen.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/raeumung-des-juch-areals-sorgt-weiter-fuer-zuendstoff-137945961
+++GASSE
derbund.ch 25.05.2020
Armut in der Corona-KriseSie gehen lieber auf die Gasse als aufs Sozialamt
Aus Angst vor einer Ausweisung versorgen sich auch legal in der Schweiz
lebende Ausländer eher mit kostenlosen Lebensmittelpaketen, statt
staatliche Hilfe zu beantragen. Nun schaltet sich Bundesrätin Karin
Keller-Sutter ein.
Philippe Reichen
Armut ist Schwester Ariane Stocklin gewohnt. «Doch nie war die Not so
gross wie in der aktuellen Corona-Krise», sagt die 47-jährige Zürcher
Theologin und Gassenarbeiterin. In der Langstrasse, mitten in Zürich,
verteilen sie und ihr 2001 gegründeter Verein Incontro
Lebensmittelpakete an Bedürftige. Etwa 900 Pakete verschenkt sie
momentan jeden Samstag, 200 weitere unter der Woche. 70 waren es vor dem
Ausbruch der Krise. Darüber hinaus serviert Incontro allabendlich warme
Mahlzeiten, 250 aktuell. 50 Mahlzeiten waren es vor zehn Wochen.
Die Bedürftigen stehen vor der Lebensmittelabgabe Schlange. Die Armut
trifft vor allem Frauen, aber auch ganze Familien. In den sozialen
Medien wurde über die Bilder aus dem Zürcher Stadtzentrum heftig
diskutiert. Man verglich sie mit jenen aus Genf, wo jeden Samstag 2000
Personen vor dem Eishockeystadion Les Vernets für ein Lebensmittelpaket
anstehen. Am letzten Samstag waren es sogar rund 3000 Personen. In Genf
besitzt ein Drittel der Bedürftigen eine Aufenthaltsbewilligung und
hätte damit das Recht auf staatliche Hilfe. In der Zürcher Langstrasse
dürfte die Situation ähnlich sein.
Angst vor einer Ausweisung
Schwester Ariane interessieren Aufenthaltspapiere wenig. Sie betont:
«Meine Arbeit besteht darin, zu den Menschen eine Beziehung aufzubauen
und Vertrauen zu schaffen. Die Leute brauchen sehr viel Überwindung, um
zu uns zu kommen, weil sie sich schämen.» Bea Schwager von der Zürcher
Anlaufstelle für Sans-Papiers sagt: «Die Leute in der Langstrasse sind
keine Papierlosen. Diese hätten zu grosse Angst, dort von der Polizei
kontrolliert zu werden.»
Doch warum stellen sich Bedürftige trotz gültiger Aufenthaltspapiere
lieber auf Strassen in Menschenschlangen und versorgen sich mit
kostenlosen Lebensmitteln statt sich vom Staat helfen zu lassen? «Schuld
sind das Ausländer- und Integrationsgesetz und die jahrelange
Behördenpraxis», sagt SP-Nationalrätin Samira Marti. Wenn Ausländerinnen
und Ausländer in den vergangenen Jahren als Working Poor
Ergänzungsleistungen beantragten, oder wenn sie wegen eines Jobverlusts
in die Sozialhilfe rutschten, haben die Behörden das Gesetz oft mit
aller Härte angewandt und den Betroffenen kurzerhand das
Aufenthaltsrecht entzogen.
Selbst Arbeiter, die vor Jahrzehnten als Saisonniers in die Schweiz
gekommen waren und kurz vor der Pensionierung ihre Stelle verloren,
mussten das Land verlassen. Das hat sich in ausländischen
Arbeiterkreisen herumgesprochen und verunsichert reihum. Samira Marti
sagt: «Das Vertrauen in den Staat ist angeschlagen. Niemand will in der
aktuellen Krise riskieren, nach einem Jobverlust gleich auch noch aus
der Schweiz geworfen zu werden und damit endgültig vor dem Nichts zu
stehen.»
Diese Situation haben Samira Marti und weitere SP-Vertreter vor vier
Wochen in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats
angesprochen. In einer Kommissionsmotion verlangten sie, dass der
Bundesrat dafür sorgt, dass die Corona-Krise keine negativen
Auswirkungen auf das Aufenthaltsrecht von Ausländerinnen und Ausländern
hat und auch Einbürgerungsverfahren nicht tangiert. SP-Nationalrat
Cédric Wermuth sagt: «Es darf nicht sein, dass der Staat die Armen
bekämpft anstatt die Armut.» Die Motion blieb trotzdem chancenlos. Doch
die Kommission leitete das Anliegen in einem Brief an Justizministerin
Karin Keller-Sutter weiter. Jetzt hat die St. Gallerin reagiert.
Das Karin Keller-Sutter unterstellte Staatssekretariat für Migration
(SEM) wandte sich in einer Direktive an die Kantone. Das SEM hielt die
Kantone an, bei Dossiers von Ausländern, die von der Sozialhilfe
abhängig sind, besonders genau hinzuschauen und kulant zu sein, falls
die Abhängigkeit mit der Corona-Pandemie in Verbindung steht. Das
Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) biete einen genügend grossen
Ermessensspielraum, Corona-bedingten Krisensituationen und Härtefällen
Rechnung zu tragen, so das SEM. Fristen könnten problemlos erstreckt
werden.
Bereits Anfang April hat das Migrationsamt des Kantons Zürich in einer
öffentlichen Stellungnahme betont, «der Sozialhilfebezug von
ausländischen Personen führt nicht automatisch zum Verlust der
ausländerrechtlichen Bewilligung. Um die gesetzlichen Widerrufskriterien
zu erfüllen, muss der Sozialhilfebezug erheblich und dauerhaft sowie
dem Ausländer oder der Ausländerin vorwerfbar sein.» Falls jemand wegen
der Corona-Krise Sozialhilfe benötige, sei dies «nicht selbst
verschuldet und damit nicht vorwerfbar».
Warum stehen in Zürich trotzdem Hunderte für kostenlose Nahrungsmittel an?
SP will Ausländer informieren
«Bei den Betroffenen ist das nicht angekommen. Sie brauchen etwas
Handfestes, Schriftliches, 100 Prozent Sicherheit, sonst gehen sie dem
Staat aus dem Weg», sagt Nationalrätin Samira Marti und nimmt auch den
Bund in die Pflicht. «Wir sehen an jeder Ecke Plakate für die
Corona-Schutzmassnahmen. Der Bund sollte die Ausländerinnen und
Ausländer genauso offensiv und klar darüber informieren, dass sie aufs
Sozialamt gehen können, wenn sie Hilfe benötigen.»
Die SP Schweiz hat kurzerhand entschieden, die Kommunikation in die
eigenen Hände zu nehmen. Ihre Kantonalparteien werden betroffene
Ausländer aktiv über die Direktive des Bundes informieren. Damit soll
der Druck auch auf die kantonalen Migrationsämter steigen, damit diese
so handeln, wie das SEM es verlangt.
(https://www.derbund.ch/sie-gehen-lieber-auf-die-gasse-als-aufs-sozialamt-373483578461)
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Feuer gegen Securitas
In der Nacht vom 20. auf den 21. Mai, haben wir bei einer Station des
Jail-Transport-System Feuer gelegt. Leider brannte die Station nicht ab
und wir verursachten nur minimalen Schaden am Gebäude.
https://barrikade.info/article/3550
Uni Zürich will Geldstrafen für Studenten einführen – Schweiz Aktuell
Plagiate oder politische Störaktionen könnten an der Universität Zürich
neu mit Geldstrafen von bis zu 5’000 Franken bestraft werden. Der
Verband der Studierenden wehrt sich gegen die geplante neue
Disziplinarordnung.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/schweiz-aktuell-vom-25-05-2020-1900?id=051820c8-731f-4b46-b5d0-0f2111a55e72
+++JUSTIZ
bernerzeitung.ch 25.05.2020
Unerlaubte HandyauswertungVerfahren gegen Drogenhandel kommt ins Stocken
Die Berner Staatsanwaltschaft darf ausgewertete Handydaten eines
Drogenhändlers nicht auch für dessen mutmasslichen Komplizen vor Gericht
verwenden. Eine Genehmigung wurde zu spät eingeholt.
Michael Bucher
Bei Ermittlungen im Drogenhandel pfeift die Berner Justiz die
Strafverfolgungsbehörden zurück. Die Beschwerdekammer des Obergerichts
untersagt der Staatsanwaltschaft, in einem Strafverfahren gegen einen
mutmasslichen Drogenhändler Erkenntnisse aus einer Handyüberwachung zu
verwenden, wie aus einem kürzlich publizierten Leitentscheid hervorgeht.
«Grössere Mengen Kokain»
Wie kam es dazu? Die Berner Staatsanwaltschaft verdächtigte einen Mann
des Drogenhandels. Im August 2018 holte sie sich beim kantonalen
Zwangsmassnahmegericht die Genehmigung ein, für die zurückliegenden
sechs Monate die Handydaten des Beschuldigten auszuwerten. Bei dieser
sogenannten Erhebung der Randdaten – also wann der Mann wo war und mit
wem er kommuniziert hat – tauchte ein neuer Verdächtiger auf. Die
Auswertung zeigte, dass die zwei Männer häufig Kontakt miteinander
hatten.
Nach seiner Verhaftung im Oktober 2018 gab der Beschuldigte an, beim
Kontaktmann habe es sich um einen Abnehmer seiner Ware gehandelt. Später
identifizierte er diesen auch anhand von Fotos. Laut Staatsanwaltschaft
geht es bei den Lieferungen um «grössere Mengen Kokain». Im November
2018 eröffnete die Staatsanwaltschaft deshalb auch ein Verfahren gegen
den neu aufgetauchten Verdächtigen. Bei der Einvernahme informierte sie
diesen über die Telefonüberwachung seines mutmasslichen
Kokainzulieferers.
Kein Freifahrtschein
Im Gegensatz zum Lieferanten streitet der Mann jedoch bis heute ab, in
Drogengeschäfte verwickelt zu sein. Abgesehen von einer «kleineren Menge
Kokain» zum Eigenkonsum, will er nichts beim Hauptbeschuldigten bezogen
haben. Zehn Monate später – im August 2019 – beantragte die
Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmegericht, dass sie die
Erkenntnisse aus der Handyüberwachung auch im Verfahren gegen den
nachträglich ermittelten Beschuldigten verwerten darf. Dafür gab man ihr
grünes Licht. Gegen diesen Entscheid wehrte sich der Mann, der auf
seine Unschuld pocht.
Die strittige Frage ist: Taucht bei der rechtmässigen Überwachung eines
Drogenhändlers ein der Polizei unbekannter Komplize auf, braucht es in
dem Fall eine separate Genehmigung, um die Ermittlungen auf jene Person
auszuweiten? Die Staatsanwaltschaft bezweifelt dies. Bei einer
Überwachung eines mutmasslichen Drogenhändlers liege es in der Natur der
Sache, dass sich diese auf weitere Personen beziehe. Denn bei einem
Handel sei immer mehr als eine Person beteiligt, so die
Staatsanwaltschaft. Der Beschwerdeführer meint dagegen: Das
grundsätzliche Ziel der Randdatenerhebung, weitere Verdächtige ausfindig
zu machen, könne nicht als Freifahrtschein verstanden werden, gegen
jede Person, die aufgrund der Datenauswertung bekannt werde, eine
Strafuntersuchung eröffnen zu dürfen.
Zehn Monate zu spät
Die Beschwerdekammer des Obergerichts stützt nun die Sicht des
Beschuldigten. Die ursprüngliche Genehmigung zur Überwachung eines
Verdächtigen schliesse nicht automatisch auch sämtliche Personen ein,
welche bei der Datenauswertung neu auftauchen. «Daran ändert die
Tatsache, dass die Ermittlung von Kontaktpersonen das eigentliche Ziel
der Randdatenerhebung ist, nichts», halten die Richter fest.
Dass die Staatsanwaltschaft die notwendige Genehmigung dann doch
einholte, allerdings erst 10 Monate nach der Eröffnung eines
Strafverfahrens, ist für die Beschwerdekammer ebenso unbegreiflich. Die
Staatsanwaltschaft argumentierte, ein Tatverdacht könne sich im Verlauf
einer Überwachung stetig verdichten. Deshalb lasse sich im Nachhinein
oftmals nicht genau definieren, wann die Einleitung des
Genehmigungsverfahrens geboten gewesen wäre. Doch die Richter bleiben
dabei: Eine Genehmigung hätte es gebraucht – noch bevor die Ermittler
den zweiten Verdächtigen erstmals ins Verhör nahmen und zu ermitteln
begannen.
Dass sich ein Strafverfahren gegen den Mann aufdrängte, daran zweifelt
auch die Beschwerdekammer nicht – zumal der mutmassliche
Geschäftspartner diesen ja belastet hatte. Doch wegen der zu spät
eingeholten Genehmigung fehlen der Staatsanwaltschaft nun die wichtigen
Erkenntnisse aus der Handyüberwachung als Beweismittel.
(https://www.bernerzeitung.ch/verfahren-gegen-drogenhandel-kommt-ins-stocken-545275655020)
-> BK 2019 67 – Verwertbarkeit von Zufallsfunden: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/
+++KNAST
Strafanzeige eingereicht: Juristen fordern Untersuchung der Fälle im Bässlergut
Anfang Mai berichteten die SRF-Sendung «Rundschau» sowie die
«Wochenzeitung» über Gewalt im Bundesasylzentrum Bässlergut in Basel.
Securitas-Mitarbeitende sollen Asylsuchende geschlagen haben. Die
Demokratischen Juristinnen und Juristen Basel haben nun Strafanzeige
eingereicht.
https://www.bzbasel.ch/basel/strafanzeige-eingereicht-juristen-fordern-untersuchung-der-faelle-im-baesslergut-137943189
-> http://www.onlinereports.ch/News.117+M5d98f0f358c.0.html
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/strafanzeige-gegen-unbekannt-wegen-gewalt-im-baesslergut/?channel=105100
Corona führt zu verzögerter Ausschaffung Krimineller aus dem Kanton
Ausländische Straftäter, die auf ihre Rückweisung warten, werden nicht freigelassen. Auch wenn sie ihre Strafe abgesessen haben.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/corona-fuehrt-zu-verzoegerter-ausschaffung-krimineller-aus-dem-kanton-137942472
+++BIG BROTHER
SwissCovid App startet in die Pilotphase
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 13. Mai 2020 eine befristete
Verordnung für eine Pilotphase verabschiedet, damit in der Schweiz die
SwissCovid App getestet werden kann. Diese Pilotphase wurde am Montag,
25. Mai 2020, gestartet. Die SwissCovid App kann mit den aktuellsten
iOS- und Android-Versionen benutzt werden. Sie enthalten mit der
gemeinsam von Google und Apple entwickelten Exposure Notification API
neu eine Schnittstelle für die SwissCovid App. Damit ist die Schweiz das
erste Land weltweit, das die Schnittstelle von Google und Apple für das
Proximity-Tracing nutzt. Gemäss einer Umfrage begrüssen 70 Prozent der
Schweizer Bevölkerung die Einführung der App.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79229.html
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/tracing-app-schweiz-weltweit-fuehrend-pilotversuch-gestartet-ld.1223164
-> https://www.higgs.ch/die-drei-wichtigsten-antworten-zum-neuen-coronavirus-in-china/28227/
-> https://www.higgs.ch/die-drei-wichtigsten-antworten-zum-neuen-coronavirus-in-china/28227/
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/mit-der-swisscovid-app-ist-keine-ueberwachung-der-nutzer-moeglich
-> https://www.watson.ch/!854505441
-> https://www.srf.ch/sendungen/focus/adrienne-fichter-politologin-die-tracing-app-ich-bin-dabei
-> https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#542446_4
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/dem-virus-auf-der-spur-schweiz-startet-als-erstes-land-mit-contact-tracing-app-137946182
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/bund-startet-pilot-phase-der-corona-app-137945946
-> https://www.telem1.ch/aktuell/so-funktioniert-die-corona-warn-app-137946072
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/keine-lohnfortzahlung-bei-freiwilliger-quarantaene-nach-app-alarm/?channel=105105
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/mit-der-swisscovid-app-ist-keine-ueberwachung-der-nutzer-moeglich/?channel=105105
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/bag-koch-wir-muessen-jeden-einzelnen-fall-entdecken/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%204&channel=105105
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/corona-krise-137945913
-> https://www.blick.ch/digital/apps/erfreuliche-bag-panne-schweizer-tracing-app-schon-jetzt-erhaeltlich-id15906524.html
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/coronavirus-bag-koch-und-co-erklaren-tracing-app-65712949
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/coronavirus-bundesrat-vor-aufhebung-der-5-personen-regel-65713141
-> https://www.watson.ch/schweiz/liveticker/951776109-coronavirus-gastrosuisse-fordert-mehr-lockerungen
-> https://www.watson.ch/digital/schweiz/854505441-coronavirus-das-ist-die-verrueckte-geschichte-hinter-der-schweizer-corona-app
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-25-05-2020-hauptausgabe?id=8a91b1c0-02b5-4c06-b2e0-3cbc5231fe8c
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-25-05-2020-hauptausgabe?id=8a91b1c0-02b5-4c06-b2e0-3cbc5231fe8c
-> https://www.watson.ch/!706311686
-> https://www.tagesanzeiger.ch/wer-in-quarantaene-geht-riskiert-lohnausfall-213644251723
ROG warnt Medienschaffende vor Überwachung via Tracing-App – RaBe-Info 25.052020
Quellenschutz ist eine der wichtigsten Säulen der Pressefreiheit. Durch
die zunehmender Überwachung der Medienschaffenden ist diese deutlich ins
Wanken geraten. Mit dem gestrigen Urteil des Deutschen
Bundesverfassungsgerichts, wurde die Bundesregierung beauftragt, die
Presse- und Telekommunikationsfreiheit besser vor Überwachung des
Nachrichtendienstes zu schützen. Reporter ohne Grenzen sieht das Urteil
als „Meilenstein für die Pressefreiheit“. Gleichzeitig beschleunigt die
Corona-Krise die Entwicklung digitaler Technologien zur Verfolgung von
Kontakten und Bewegungsströmen. Tracing- und Trackingapps werden
entwickelt, um die Ansteckungen mit Covid-19 zurückzuverfolgen. Doch die
so gesammelten Daten würden viel mehr als nur Krankheitsverläufe
zeigen. Einst für das Gesundheitssystem entwickelt, gerieten die Daten
Schnell in die Hände der Nachrichtendienste. Dies betreffe auch die
Pressefreiheit, denn würden einmal Kontaktdaten und Treffpunkte von
Journalist*innen bekannt, sei die unabhängige Berichterstattung nicht
mehr garantiert, sagt Lisa Dittmer von Reporter ohne Grenzen Deutschland
im Interview mit Noëlle Grossenbacher.
Corona-Bekämpfung in Südkorea: Her mit den Bewegungsdaten!
Schon früh setzte Südkorea eine Tracking-App ein, um Infizierte zu
lokalisieren. Das funktioniert – taugt als Vorbild aber nur, wenn man
Datenschutzbedenken über Bord wirft.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/suedkorea-tracking-app-gegen-das-coronavirus-a-d834c63d-d308-466c-a77f-51d6c23e5e10
+++POLICE BE
Adelboden: Schusswaffe in Zimmer sichergestellt – Untersuchung dauert an
In der Wohnung des Mannes, der am Donnerstag bei einem
Dienstwaffeneinsatz tödlich getroffen wurde, ist eine Schusswaffe
sichergestellt worden. Der Verstorbene ist ein 44-jähriger Schweizer.
Der genaue Hergang der Ereignisse wird durch die Kantonspolizei Zürich
unter der Leitung Staatsanwaltschaft für besondere Aufgaben des Kantons
Bern weiter untersucht.
https://www.police.be.ch/de/start/themen/news/medienmitteilungen.html?newsID=724b810f-856a-4e7a-94aa-e899c60e427e
-> https://www.bernerzeitung.ch/polizei-stellte-waffe-sicher-246720716873
-> https://www.20min.ch/story/kapo-findet-schusswaffe-im-haus-des-erschossenen-adelbodners-265930735801
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/182164/
+++POLIZEI BS
Heikles Training der Basler Polizei-Sondereinheit – Organisator hatte Kontakt zu teils rechtsextremer Gruppe
Mitglieder von der Basler Polizei-Sondereinheit Basilisk nahmen
regelmässig an Wettkämpfen im Rahmen eines Special Forces Workshops
teil. Alle möglichen Spezialeinheiten aus dem internationalen Raum kamen
zu diesen Treffen.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/heikles-training-der-basler-polizei-sondereinheit-organisator-hatte-kontakt-zu-teils-rechtsextremer-gruppe-137937369
-> https://www.woz.ch/2021/sondereinsatzgruppen/ruag-munition-bei-den-preppern
—
Basler Zeitung 25.05.2020
BilderverbotPolizei mit Zensur-Allüren
In ihrem Korps beschäftigt die Basler Polizei einige Beamte, die das
Filmen auf öffentlichem Grund verbieten. Rechtsgrundlagen für ihre
Anordnungen kann die Behörde keine geben. Dafür viele Ausreden.
Daniel Wahl
Vor einigen Tagen sorgte ein Verwirrter auf dem Dach eines Hochhauses am
Kannenfeldplatz für Alarmstimmung. Er rief sich am helllichten Tag in
aller Öffentlichkeit als Inkarnation eines Modedesigners aus, während
die Passanten auf der Strasse die Antäuschungen eines Sprungs und das
Beinaheverlieren des Gleichgewichts an der Dachkante gebannt und
entsetzt verfolgten. Bei solchen aussergewöhnlichen Ereignissen, die
meist mit Verkehrsbehinderungen, Feuerwehr- und Polizeiaufgeboten auf
Kosten der Steuerzahler einhergehen, zücken heute viele die Handys und
drücken den Aufnahmeknopf. In manchen Fällen werden solche Bilder zu
wichtigen Beweisstücken. In anderen Fällen dienen sie bloss dem billigen
Voyeurismus.
Dass die BaZ die Bilder beim Sprung nicht veröffentlicht hätte, ist
selbstverständlich. Aber subito stand die Basler Polizei an der Seite
des Informanten der BaZ und unterband das Filmen auf öffentlichem Grund.
Zensurbeamter unterwegs
Noch vor einer Redaktionssitzung griff der Polizist zur Zensurschere:
Bilder seien zu löschen, sonst würde er das Handy einziehen. Mit den
hastig eingetippten Worten «Muss löschen alles, journalistisch ist jetzt
nichts mehr» brach die Konversation mit der Redaktion ab.
Der Situation am Kannenfeldplatz lässt sich mit dem Ziegelwerfer im
Gundeli vergleichen, der die Stadt 2011 «unterhalten» hatte – mit einem
grossen Unterschied: Während das Filmen 2020 polizeilich verboten wurde,
hatten die Sicherheitskräfte damals eine Zone in sicherer Wurfdistanz
für die Medien ausgesondert, um damit das Festhalten des Ereignisses zu
ermöglichen. Unabhängig von allen Überlegungen, ob das Filmen solcher
Aktionen sinnvoll ist oder nicht, stellt sich die Frage, ob die Polizei
über Rechtsgrundlagen verfügt, das Filmen im öffentlichen Raum verbieten
zu können – insbesondere von Polizeieinsätzen. Dabei ist zwischen
Journalisten und Passanten kein Unterschied zu machen. Die Medien
geniessen auf Allmend nicht mehr Rechte als andere Personen.
Solche Aufnahmen der Gesellschaft können nicht selten zu Beweismitteln
werden, die die Polizei entlasten oder belasten können, wie die vielen
Handy- und Dashcamfilme aus den USA zeigen, welche üble Polizeigewalt
dokumentieren. Immer wieder sind später einmal Strafverfolgungsbehörden
an Bildern interessiert – beispielsweise wenn bei Hooligan-Exzessen im
Umfeld von Fussballstadien mit den Dokumenten die sinnlose Gewalt gegen
Polizeibeamte personalisiert und bewiesen werden kann.
Allerdings stellen selbst die BaZ-Fotografen immer öfter Zensurallüren
im öffentlichen Raum fest (siehe Box). Zur Rechtfertigung des
polizeilichen Filmverbots legt Polizeisprecher Martin Schütz zunächst
einen für die Polizeiarbeit nicht dienlichen Artikel aus dem
Zivilgesetzbuch (ZGB) zu Persönlichkeitsrechten vor. Es sind Rechte, die
nur der Direktbetroffene vor einem Zivilrichter geltend machen darf.
Als Martin Schütz erklärt wird, dass Persönlichkeitsrechte nicht durch
Dritte wie einen Polizisten wahrgenommen werden können, stimmt er zu.
Von Einräumen eines Fehlverhaltens oder entsprechender Schulung des
Personals ist keine Rede. Vielmehr macht Schütz darauf aufmerksam, dass
das Thema rechtlich komplex sei und auch schon die Gerichte beschäftigt
habe. Als Beispiel führt er an, dass das Obergericht des Kantons Bern
einen Polizisten vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen habe,
der von einem Demonstranten die Löschung von Aufnahmen des
Polizeieinsatzes verlangt hatte.
Gleichzeitig erklärt Schütz: «Für die Basler Polizei stellt die
Medienfreiheit ein hoch zu wertendes und schützenswertes Gut dar und
damit verbunden die Dokumentationsaufgabe von Journalistinnen und
Journalisten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, dass sie
bei ihren Einsätzen im öffentlichen Raum gefilmt oder fotografiert
werden können. Und dass sie dies in aller Regel zu dulden haben.»
Bilder könnten auch nützlich sein
Für den promovierten Juristen und langjährigen Kommandanten der Basler
Polizei Markus Mohler ist die Rechtslage klar: Im öffentlichen Raum darf
an sich gefilmt und fotografiert, aber nicht alles. Zum einen setzt das
Recht am eigenen Bild (Art. 28 ZGB) Grenzen. Dieses Recht haben auch
Angehörige der Sicherheitskräfte für ihre Person. Das betrifft
Nahaufnahmen, besonders des Gesichtes. Strenger sieht es mit der
Veröffentlichung gemachter Aufnahmen aus. Bilder mit identifizierbaren
Personen dürfen nicht «an Aussenstehende» bekannt gegeben werden (Art. 2
Abs. 2 Bst. a des Bundesdatenschutzgesetzes).
Mit «an Aussenstehende» ist auch das Hochladen in sozialen Medien
gemeint. Aber auch das private Weitergeben von Fotos, auf denen zum
Beispiel Polizeiangehörige leicht erkennbar sind, fällt unter dieses
Verbot. Entsprechend laute eine korrekte Anweisung der Polizei zum
Beispiel: «Denken Sie daran, dass Sie Bilder nicht veröffentlichen oder
weitergeben dürfen, auf denen die Personen erkennbar sind. Ohne deren
Einwilligung verstösst dies gegen das Datenschutzgesetz.»
Bilder der Bevölkerung von Einsätzen könnten umgekehrt auch immer im
Dienste der Polizei sein – zum Beispiel zu Schulungszwecken, gibt Mohler
zu bedenken. Unter Umständen kann aber die Polizei das Fotografieren
oder Filmen bei Einsätzen im Einzelfall verbieten, sei es aus Gründen
des Persönlichkeitsschutzes Dritter oder aus Gründen der angewandten
Taktik und Methodik.
Notizen auch nicht öffentlich
Dieselben Bestimmungen wie für Bilder, so Mohler, gelten übrigens auch
für Notizbucheinträge. Alles könne unbedenklich notiert werden, aber
nicht alle Notizen wie persönliche Daten, Adressen et cetera dürften an
Dritte ausgehändigt werden.
Als wäre es gestern gewesen, bleibt der früheren Korrespondentin der
«Basellandschaftlichen Zeitung» Doris Rieder die Situation unvergessen,
wie sie im Kleinbasel einen Einsatz zu filmen begann. Die Polizei hatte
ein halbes Dutzend Russen an die Wand gestellt und begann in deren
Rücken zu schlagen. Rieder filmte das Geschehen diskret von der
gegenüberliegenen Strassenseite und wurde dann von einem Beamten
aufgefordert, die Kamera auszuhändigen. Vor Ort löschte ihr der Polizist
sämtliche Bilder zum hässlichen Einsatz. Für diese
«Beweismittelvernichtung» entschuldigte sich der frühere Sprecher Klaus
Mannhart im Sender Telebasel.
–
Presse auch direkt betroffen
BaZ-Fotograf Dominik Plüss erlebt immer wieder, wie die Arbeit der
Presse auf öffentlichem Grund behindert wird. «Es ist nicht per se die
Polizei; es können auch Grenzschützer oder Sportverbandsfunktionäre
sein, die sich aufspielen und diktieren wollen, was man fotografieren
darf und was nicht», sagt Plüss. Manchmal schreibe die Polizei vor, von
wo er die Aufnahmen machen müsse, und schreibe so den Blickwinkel vor –
Auflagen, die ihm nicht selten willkürlich vorkämen. Von ähnlichen
Erfahrungen kann auch BaZ-Fotograf Florian Bärtschiger berichten: Er
hatte das Auto auf dem öffentlichen Parkplatz des
Corona-Abklärungszentrums in Lausen noch nicht verlassen und seine
Kamera noch nicht am Auge, da wurde ihm das Fotografieren auf dem
öffentlichen Parkplatz verboten. Das Fotoverbot wurde wohl präventiv
ausgesprochen, damit die Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden
könnten. Dies zu beurteilen, ist aber nicht Sache der Sicherheitskräfte.
(wah)
(https://www.bazonline.ch/polizei-mit-zensur-allueren-682044290504)
+++POLICE CH
Der oberste Schweizer Polizist Urs Hofmann blickt mit Sorge auf den nächsten Lockerungsschritt
Mit jedem weiteren Lockerungsschritt der Coronamassnahmen werde die
Aufgabe für die Polizei schwieriger. Gleichzeitig verteidigt Urs Hofmann
das bisherige Vorgehen der Polizei bei Missachtung der Abstandsregel.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/der-oberste-schweizer-polizist-urs-hofmann-blickt-mit-sorge-auf-den-naechsten-lockerungsschritt-137942003
+++ANTIRA
antira-Wochenschau: Migrantische Streiks in Italien und Deutschland, rassistischer Mob in Guben, Freispruch in Frankreich
https://antira.org/2020/05/25/antira-wochenschau-migrantische-streiks-in-italien-und-deutschland-rassistischer-mob-in-guben-freispruch-in-frankreich/
Ist Graubünden ein weisser oder brauner Fleck?
22 Kantone haben eine Beratungsstelle gegen Rassismus, Graubünden nicht.
Angesichts der markant steigenden Zahlen wäre aber eine solche
Beratungsstelle sehr wichtig, wie unter anderem Alma Wiecken,
Geschäftsführerin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus sagt.
Die politische Diskussion über eine Melde- und Beratungsstelle für
rassistische Vorfälle in Graubünden ist lanciert. Im Interview mit Simon
Lechmann erklärt Justizdirektor Peter Peyer die aktuelle Lage im
Kanton.
https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/2020-05-25/ist-graubuenden-ein-weisser-oder-brauner-fleck
+++RECHTSPOPULISMUS
Vorbereitung auf die Konterrevolution
Der Soziologe Andreas Kemper warnt vor rechten Protagonisten der Firma Degussa Goldhandel
Eine nähere Beschäftigung mit der Firma Degussa zeigt, wie gefährlich
auch das Umfeld der Neoliberalen in der AfD ist. Der Soziologe Andreas
Kemper warnt im nd-Interview vor rechten Protagonisten aus dem Umfeld
des Goldlieferanten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137068.degussa-goldhandel-vorbereitung-auf-die-konterrevolution.html
Trotz mehrfacher Verurteilung hetzt Polizist Adrian Spahr munter weiter
Nils Fiechter und Adrian Spahr haben gemäss beiden Instanzen
(Regionalgericht Bern-Mittelland und Obergericht), gegen die
Rassismusstrafnorm verstossen, als sie fünf Wochen vor den
Grossratswahlen 2018 eine Karikatur auf der Facebook-Seite der Jungen
SVP veröffentlichten. Sie zeigt einen Schweizer im Sennenchutteli vor
einem Müllberg, im Hintergrund eine Wagenburg. Er hält sich angewidert
die Nase zu, nebenan erleichtert sich ein Mann in den Büschen.
«Millionenkosten für Bau und Unterhalt, Schmutz, ¬Fäkalien, Lärm,
Diebstahl etc. gegen den Willen der Bevölkerung» steht auf dem Flyer.
«Wir sagen Nein zu Transitplätzen für ausländische Zigeuner!»
https://www.mittellaendische.ch/breaking-news/trotz-mehrfacher-verurteilung-hetzt-polizist-adrian-spahr-munter-weiter/
+++RECHTSEXTREMISMUS
SIG reicht Strafanzeige gegen PNOS ein
Die Partei National Orientierter Schweizer PNOS hat auf ihrer Website
einen Text veröffentlicht, in dem eine jüdische Weltverschwörung
propagiert und gegen Juden gehetzt wird. Der Schweizerische
Israelitische Gemeindebund SIG hat gegen die PNOS-Verantwortlichen
Strafanzeige nach Artikel 261bis StGB eingereicht.
https://www.swissjews.ch/de/news/sig-news/sig-reicht-strafanzeige-gegen-pnos-ein/
-> https://www.tachles.ch/artikel/news/strafanzeige-gegen-partei-und-einen-sektionsvorsitzenden
-> https://www.bzbasel.ch/schweiz/wegen-rassismus-israelitischer-gemeindebund-will-pnos-vor-gericht-bringen-137944835
+++VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN
«Verschwörungstheorien? Als ob man jemanden an eine Sekte verloren hat»
Der Psychoanalytiker und Satiriker Peter Schneider hat zu
Verschwörungstheorien in Zeiten von Corona eine klare Haltung. Doch wie
geht man mit Menschen um, die in eine extreme Richtung abzudriften
drohen?
https://www.bluewin.ch/de/leben/lifestyle/verschwoerungtheorien-man-kommt-gegen-den-panzer-nicht-an-392884.html
Erschreckend viele US-Amerikaner glauben Verschwörungstheorie zu Bill Gates
Theorie, dass Tech-Milliardär mit einem Impfstoff Mikrochips einpflanzen
will, ist besonders bei Republikanern und Fox-News-Zuschauern
akzeptiert
https://www.derstandard.at/story/2000117686749/erschreckend-viele-us-amerikaner-glauben-verschwoerungstheorie-zu-bill-gates?ref=rss
Felix Roth über Verschwörungstheorien zu Coronazeiten: «Der Guru ist die beruhigendere Variante»
Weshalb stehen zwielichtige Experten und skurrile Theorien derzeit bei
einigen hoch im Kurs? Freidenker und Wissenschaftler Felix Roth über
Verschwörungstheorien und gesellschaftliche Ängste zu Coronazeiten.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/felix-roth-ueber-verschwoerungstheorien-zu-coronazeiten-der-guru-ist-die-beruhigendere-variante-137938330
Von der Alu-Bommel bis zur Zwangsimpfung: Was die derzeit gängigen Verschwörungsmythen bedeuten
In der Coronakrise sind plötzlich wieder Verschwörungsmythen zu hören.
Ein Glossar der wichtigsten Begriffe, ihrer Bedeutung und ihrer
Ursprünge.
https://www.tagesspiegel.de/politik/von-der-alu-bommel-bis-zur-zwangsimpfung-was-die-derzeit-gaengigen-verschwoerungsmythen-bedeuten/25854566.html
+++HISTORY
Motion-291-2019 SP-JUSO-PSA (Stucki, Bern) Ein «Haus der anderen
Schweiz»: Ein Ort der Geschichte für Zwangsversorgte. Antwort des
Regierungsrates
https://www.rr.be.ch/rr/de/index/rrbonline/rrbonline/suche_rrb/beschluesse-detailseite.gid-3f69116fd4a744a2ab5b028ae88efce3.html
Emma Goldman, „Die gefährlichste Frau Amerikas“
Ein Vortrag der Anarchistischen Gruppe Krefeld (AGKr) und der Technik gebenden Freien ArbeiterInnen-Union (FAU) Krefeld.
https://youtu.be/YiAbnGLeIoM
+++HOMOHASS
bielertagblatt.ch 23.25.2020
Gewalttat rüttelt
Bieler Regierung auf
Seit Jahren regiert in Biel eine homosexuelle Mehrheit. Thema war das
praktisch nie. Bis es in der Altstadt zu einem Vorfall kam. Jetzt
erzählen Barbara Schwickert, Beat Feurer und Cédric Némitz ihre
Geschichte.
Lino Schaeren
«Die sexuelle Orientierung ist persönlich und sollte es auch bleiben.»
Das sagte Cédric Némitz (PSR) im September 2012. Mit ihm, der
wiedergewählten Barbara Schwickert (Grüne) und Beat Feurer (SVP) waren
soeben drei Homosexuelle in den fünfköpfigen Bieler Gemeinderat gewählt
worden. Obschon die sexuelle Orientierung der drei im Wahlkampf noch
kein Thema war, war Némitz’ Wunsch vergebens. Nach dem Urnengang sorgte
die neue Minderheiten-Mehrheit in der Stadtregierung landesweit für
Schlagzeilen. «Biel wird von Schwulen regiert» berichtete etwa die
Boulevardzeitung «Blick» – auf rosa Hintergrund. Die Wahl von drei
homosexuellen Gemeinderäten sorgte aber nicht nur kurzweilig in den
Zeitungsspalten für Aufregung. Sie weckte auch Hoffnungen.
So glaubte die Schwulenorganisation «Pink Cross», dass sich der nun
homosexuell dominierte Bieler Gemeinderat künftig stärker für die
Anliegen von Schwulen und Lesben einsetzen werde. Dass homosexuelle
Vorbilder in solch prominenter Position junge Menschen motivieren
würden, sich zu outen. Es kam nach der Wahl auch tatsächlich zu einem
Treffen mit Vertretern diverser Dachorganisationen. Viel resultierte
daraus aber nicht. «Wir sind so verblieben, dass wir zur Verfügung
stehen, wenn es uns einmal braucht», erinnert sich Schwickert. Keine
aktive Rolle für die Community also, sondern eine abwartende. Ein, zwei
Referate wurden gehalten, mehr nicht. Schnell waren die Schlagzeilen
über die erste offen homosexuelle Regierungsmehrheit denn auch wieder
vergessen. Was den Beteiligten eigentlich auch ganz recht war. Bis
jetzt.
Vergangene Woche nämlich traten Barbara Schwickert, Beat Feurer und
Cédric Némitz völlig überraschend gemeinsam vor die Medien, um
städtische Massnahmen «gegen Homo- und Transfeindlichkeit im
öffentlichen Raum» anzukünden. Eine übergeordnete Präventionskampagne,
die normalerweise in die Zuständigkeit des Stadtpräsidenten fallen
würde. Doch Sozial- und Sicherheitsvorsteher Feurer, Bildungsdirektor
Némitz und Bauchefin Schwickert wollten acht Jahre nach besagter
Wahlnacht ihre sexuelle Orientierung doch noch selbst öffentlich
thematisieren.
«Das ist ein historischer Moment», sagte Beat Feurer vor den Medien
einleitend, «weil es bisher in acht Jahren nie vorgekommen ist, dass wir
als rosarote Regierungsmehrheit gemeinsam mit einem Thema an die
Öffentlichkeit traten, das uns ganz persönlich betrifft.»
«Auftritt der letzten Chance»
Der erste offizielle Auftritt als rosarote Regierungsmehrheit dürfte
zugleich auch der letzte gewesen sein. Während Beat Feurer am 27.
September wieder zu den Gemeinderatswahlen antreten will, stellen sich
Barbara Schwickert und Cédric Némitz nämlich nicht zur Wiederwahl. Es
war also auch ein «Auftritt der letzten Chance» in dieser Konstellation,
wie Feurer konstatierte. Auslöser für die Medienkonferenz war das aber
nicht. Diese geht auf ein Brief eines Bieler Psychiaters zurück, der
beim Gemeinderat grosse Betroffenheit auslöste. Der Facharzt für Kinder-
und Jugendpsychiatrie Rodolfo Borner berichtete von einem Angriff auf
einen jungen Transmenschen im Juni 2018 in der Bieler Altstadt. Von
jungen Männern, die seinen Patienten auf dem Heimweg zu später Stunde
derart brutal attackiert hätten, dass er bleibende körperliche und
psychische Schäden davongetragen habe. Die Attacke, sagt der Psychiater
gegenüber dem BT, sei homo- und transphob motiviert gewesen; daran
liessen die Äusserungen der Angreifer während des Überfalls keine
Zweifel.
Die Tat wurde angezeigt, die angeblich jugendlichen Täter nie gefasst.
In der Bieler LBGT+-Bewegung machte das im Sommer 2018 Vorgefallene
schnell die Runde. Anders als bei ähnlichen Attacken in Zürich im selben
Jahr, wurde der Angriff auf einen Transmenschen in Biel aber bisher nie
publik. Auch der Bieler Gemeinderat hat erst durch den Brief von
Rodolfo Borner davon erfahren. Der Psychiater arbeitet häufig mit jungen
Menschen aus der LGBT+-Bewegung. LGBT+ steht für Lesben, Schwule, Bi-
und Transsexuelle sowie für Menschen mit sexuellen Orientierungen oder
geschlechtlichen Identitäten, die sich mit diesen Bezeichnungen nicht
genügend identifizieren können. Auch der Begriff «Queer» wird oft
verwendet, um all jene Personen zu beschreiben, die nicht heterosexuell
sind.
Dass diese wegen ihrer Geschlechtsidentität auf der Strasse angepöbelt,
beschimpft oder sogar angerempelt werden, komme auch bei seinen
Patientinnen und Patienten vor, sagt Borner. Mit einem so heftigen
körperlichen Angriff wie jenem im Juni 2018 sah sich der Bieler
Therapeut aber nie zuvor konfrontiert. «Das war wie ein Donnerschlag»,
sagt er. Als der Patient während der Verarbeitung des Vorfalls laufend
von neuen verbalen Attacken berichtet, schrieb Rodolfo Borner an die
Stadtregierung. «Ich wollte aufzeigen, dass solche Dinge nicht nur in
Zürich, Basel oder Genf passieren, sondern auch in Biel.»
Genauer hinschauen
Nun hätte der Gemeinderat den Eingang des Briefs mit einer
unverbindlichen Antwort verdanken können. Wie es relativ oft geschieht.
Vom Bericht des Bieler Psychiaters wurde die «rosarote Regierung» aber
auf dem falschen Fuss erwischt. Schwickert, Némitz und Feurer wurden
wegen ihrer sexuellen Orientierung in der Öffentlichkeit nie attackiert.
Weder körperlich noch verbal. Und das, obschon sie sich als
Exekutivmitglieder exponieren. «Wir erleben Biel als tolerant, auch
gegenüber anderen Geschlechtsidentitäten», so Barbara Schwickert. Und
SVP-Mann Beat Feurer sagt: «Auf der Strasse werde ich angefeindet.
Insbesondere wegen meiner Parteizugehörigkeit. Nicht aber, weil ich
homosexuell bin.» Dass es in «ihrer» Stadt auch anders geht und sie
davon nichts mitbekommen haben, hat die Bieler Regierungsmitglieder
offenkundig erschüttert. Feurer, Némitz und Schwickert fragten sich
aufgrund der Berichte des Psychiaters und der Diskrepanz zu den eigenen
Erfahrungen gegenseitig: «Kann das denn überhaupt sein?» Und
entschieden, genauer hinzuschauen.
Das Problem: Zu Hassattacken auf Homosexuelle oder Transmenschen gibt es
bei den Strafverfolgungsbehörden keine Zahlen. Nicht für Biel, nicht
für den Kanton, nicht für die Schweiz. Weil sie nicht erhoben werden.
Diesen März scheiterte im Ständerat ein Vorstoss, der die landesweite
polizeiliche Erfassung von Hassverbrechen forderte. Zwar gibt es auf
kantonaler und städtischer Ebene die Absicht, künftig Statistik zu
führen. So hat etwa auch der Grosse Rat des Kantons Bern entschieden,
dass künftig Zahlen zu homophoben Hassattacken erhoben werden sollen.
Auch die Stadt Zürich hat bereits einen gleichlautenden Entscheid
gefällt. Da es aber noch einige Zeit dauern wird, bis vergleichbare
Zahlen vorliegen, mussten die Bieler Gemeinderäte ihre Antworten direkt
bei Betroffenen suchen. So kam es kürzlich und acht Jahre nach dem
ersten Austausch zu einem zweiten Treffen mit den Dachorganisationen.
Mit dabei waren diesmal auch die beiden jungen Bieler
LGBT+-Organisationen «Crazy Hearts» und «Queer Bienne».
Die Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen zeigten den
Exekutivmitgliedern auf: Anfeindungen, Beleidigungen, Beschimpfungen
oder gar Angriffe sind auch 2020 noch Bestandteil des Lebens von queeren
Menschen. Und die Vorfälle sollen sogar zunehmen, so zumindest die
Empfindung vieler Betroffener. Obgleich diese Entwicklung aufgrund der
fehlenden offiziellen Zahlen mehr Bauchgefühl als Fakt ist. Immerhin
stützen die neusten Erhebungen homophober Hassdelikte, die der Schweizer
Dachverband für schwule und bi Männer «Pink Cross» diese Woche
publiziert hat, diese Annahme. Sie basiert auf Meldungen, die bei der
LGBT+-Helpline eingegangen sind. Und zeigt ein Drittel mehr Fälle im
Jahr 2019 als im Vorjahr. Rund 30 Prozent der Meldenden berichtete von
physischer Gewalt.
Parallelen zu MeToo?
Muriel Waeger glaubt, dass die Gründe für die Gewaltzunahme vielfältig
sind. Sie ist Co-Geschäftsführerin bei der Lesbenorganisation Schweiz
(LOS) sowie Geschäftsleiterin für «Pink Cross» in der Romandie; und hat
für beide Organisationen am Runden Tisch in Biel teilgenommen. Waeger
sagt: Die Gewaltzunahme sei auch darauf zurückzuführen, dass die
LGBT+-Bewegung und deren Themen in den letzten Jahren an Sichtbarkeit
gewonnen haben. «Das löst bei gewissen Personen Gegenreaktionen aus.»
Sie unterstreicht dies mit Vorkommnissen, die noch nicht lange
zurückliegen: Nachdem das Referendum für die Ausweitung der
Anti-Rasissmusstrafnorm auf die sexuelle Orientierung zustande gekommen
sei und in den Medien gross darüber berichtet wurde, hätten die
Hassdelikte gegen LGBT+-Menschen im vergangenen Sommer stark zugenommen.
Die erhöhte Präsenz in den Medien könnte zu mehr Gewalt geführt haben,
so also die Theorie.
Muriel Waeger glaubt handkehrum aber auch, dass vermehrte Meldungen von
Übergriffen in den Medien weitere Betroffene dazu motiviere, sich auch
zu melden. Sie verweist auf die MeToo-Bewegung; der Aufruf von
US-Schauspielerin Alyssa Milano an andere Frauen, unter dem Hashtag in
sozialen Medien ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen, Missbrauch
und Diskriminierung zu teilen, entwickelte sich schnell zu einer
umfangreichen Auseinandersetzung über den Stand der Gleichberechtigung
von Mann und Frau. Kontraproduktiv, sagt Waeger, sei die neue
Sichtbarkeit der LGBT+-Bewegung auf keinen Fall.
Das betont auch Gino Rösselet von der Bieler Jugendgruppe «Crazy
Hearts». Dass nicht nur die LGBT+-Bewegung, sondern auch die homophoben
Attacken auf sie im Bewusstsein der Bevölkerung ankommen, provoziere
politische Reaktionen. So glaubt Rösselet etwa nicht, dass die
polizeiliche Erfassung von Hassverbrechen ohne die neue Sichtbarkeit
überhaupt zum Thema geworden wäre. Und die Schweizer Stimmbevölkerung
hat im Februar die Ausweitung der Anti-Rassismusstrafnorm schliesslich
deutlich angenommen. Gino Rösselet sagt: Die Anfeindung von queeren
Menschen und die Folgen davon müssten so sichtbar sein wie möglich,
damit sich in den Köpfen der Menschen etwas bewege. Auch in Biel. Denn
die Situation in der Schweizer Uhrenstadt sei für queere Menschen nicht
eine bessere als in Zürich, nur, weil hier die Szene kleiner ist. «Auch
in Biel», so Rösselet, «gibt es Jugendliche, die wegen ihrer
Geschlechtsidentität Gewalt erfahren.» Solche Vorfälle führten in der
Bewegung zu Verunsicherung bis hin zu Angst; Angst, sich in der
Öffentlichkeit so zu zeigen, wie man wirklich ist.
Kein Händchenhalten
Die Schilderungen aus der LGBT+-Bewegung haben beim Bieler Gemeinderat
eingeschlagen. Dass queere Menschen auch in Biels Strassen immer noch
regelmässig Hass ausgesetzt sind, sei «ein Schock» gewesen, sagt Cédric
Némitz. «Ich dachte, das sei vorbei. Doch so einfach ist es nicht.» Mit
dieser Einsicht begann Némitz, sein eigenes Verhalten in der
Öffentlichkeit zu hinterfragen. Eigentlich, sagt er, fühle er sich ja
völlig wohl. Aber als er eingehender über die Vorfälle nachgedacht habe,
die ihm da geschildert worden sind, sei ihm klar geworden, «dass auch
mein Partner und ich unsere Zuneigung füreinander öffentlich nicht
zeigen». Kein Händchenhalten. Kein Küssen. Keine Zärtlichkeiten. «Auch
wir haben verinnerlicht, dass wir andernfalls nicht akzeptiert würden –
und haben unser Verhalten bereits vor Jahrzehnten angepasst», sagt der
Bieler Bildungsdirektor.
Dass er und sein Partner nach rund 20 Jahren Beziehung schlagartig ihr
Verhalten ändern, glaubt Némitz nicht. Wohl aber will er zusammen mit
seinen Regierungskolleginnen und -kollegen jetzt auf politischem Weg
gegen die Homo- und Transfeindlichkeit vorgehen. Die vom Gemeinderat
initiierte Präventivkampagne beginnt in der Schule: Den Kindern und
Jugendlichen soll mit dem Projekt «deine Freundin/dein Freund»
aufgezeigt werden, dass jeder und jede betroffen sein könnte, sich aber
nicht getraut, sich zu outen. Schliesslich sind rund zehn Prozent der
Bevölkerung nicht heterosexuell. Das heisst aber auch, dass zuerst die
Lehrer sensibilisiert werden müssen. Der Gemeinderat will zudem das
städtische Personal ebenso schulen wie die Strafverfolgerinnen und
Strafverfolger – in Zusammenarbeit mit der Polizei. Für das eigene
Personal stellt er ein Manual zur Verfügung, das aufzeigt, wie
Transmenschen begegnet werden soll. Und: Die Stadt erweitert die bereits
bestehende Hotline gegen Gewalt und Extremismus auf LGBT+-Anliegen.
Massnahmen, die auf den Empfehlungen der verschiedenen Organisationen
fussen, mit denen sich die Bieler Regierungsmitglieder getroffen haben.
Es ist denn auch kein Zufall, dass sich der Bieler Ansatz praktisch mit
den Massnahmen deckt, die «Pink Cross» in einem diese Woche
präsentierten «Nationalen Aktionsplan» fordert. Muriel Waeger ist
entsprechend zufrieden mit dem Gemeinderat. Zwar gibt es bereits einige
Schweizer Städte, die auf eigene Initiative etwas gegen Homo- und
Transfeindlichkeit tun. «Dass ein Massnahmenkatalog so umfassend ist wie
in Biel, ist aber sehr selten», sagt sie. Und trotzdem: Das grösste
Problem, sagt Waeger, sei nach wie vor, dass in der Schweiz nichts
koordiniert passiere. Jede Stadt und jeder Kanton macht, wie ihm
beliebt. Weshalb es eben auch einen nationalen Plan brauche.
Fehlende Räume
Auch Gino Rösselet ist zufrieden mit dem, was in Biel aus dem Diskurs
resultierte. Er hadert allerdings damit, dass Massnahmen zum Schutz der
LGBT+-Bewegung nicht schon früher ergriffen worden sind. Dass die
homosexuelle Mehrheit der Bieler Stadtregierung die sexuelle
Orientierung so lange zur Privatsache erklärt hat, kann der 23-Jährige
«aus aktivistischer Sicht» nicht nachvollziehen. Sexuelle Orientierung,
sagt Rösselet, habe vor allem für die Minderheiten immer auch eine
politische Komponente. Gerade von einer homosexuell dominierten
Regierung in einer Stadt, die sich Diversität auf die Fahne schreibt,
hätte der LGBT+-Aktivist mehr Initiative erwartet. «Diversität muss
umfassend gedacht werden, verschiedenste Minderheiten haben oft die
gleichen Anliegen und Ziele», meint Gino Rösselet. Dabei sieht er
durchaus Parallelen, etwa bei den fehlenden Räumen oder aber bei der
Diskriminierung, die verschiedene Minderheiten, nicht nur queere
Menschen, erfahren würden.
Dass sie mehr von «ihren» Gemeinderäten erwartet hätten, haben die
Bieler Organisationen diesen am runden Tisch klargemacht. «Sie haben uns
gesagt, dass wir diese spezielle Mehrheit besser hätten nutzen sollen,
um Botschaften zu platzieren», so Cédric Némitz. Rückblickend gesteht er
sich ein: «Ja, vielleicht haben wir etwas verpasst.» Gleichzeitig hält
er fest, dass der Ruf nach einer politischen Reaktion in den letzten
Jahren eben nie an ihn herangetragen worden sei. «Es gab schlicht keine
Debatte über Probleme, die ergeben hätte, dass wir etwas machen
könnten.» Das hat sich nun geändert.
Mit ihrem gemeinsamen Auftritt vergangene Woche haben Beat Feurer,
Barbara Schwickert und Cédric Némitz vor allem ein Zeichen gesetzt. «Wir
wollten hinstehen und damit zeigen: Schaut her, es gibt überall in der
Gesellschaft queere Menschen, die ihre sexuelle Orientierung offen leben
und nicht kaschieren, auch in einer Stadtregierung», sagt Schwickert.
Und so wandte sich Feurer zum Schluss der Medienkonferenz doch noch mit
jener symbolischen Botschaft an die Öffentlichkeit, die sich
LGBT+-Organisationen schon vor acht Jahren gewünscht hätten: «Wir
möchten nicht nur Massnahmen vorstellen», sagte der 60-Jährige. «Wir
möchten auch hinstehen und sagen: Es ist ok, so zu sein, wie wir sind.
Und es soll ok sein für alle, zu einer Minderheit zu gehören.»
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/gewalttat-ruettelt-bieler-regierung-auf)