Medienspiegel 25. Mai 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern: Rechtliche Grundlagen zur Umsetzung verabschiedet
Der Regierungsrat des Kantons Bern hat das Inkrafttreten zweier Gesetze und die damit zusammenhängenden Verordnungen zur Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern beschlossen. Damit wechselt die Zuständigkeit für den Asylsozialhilfebereich per 1. Juli 2020 von der Sicherheitsdirektion (SID) zur Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI). Hauptziel der GSI ist die verbesserte Arbeitsmarktintegration von Personen aus dem Asylbereich.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/mm/2020/05/20200520_1111_rechtliche_grundlagenzurumsetzungverabschiedet
-> https://www.derbund.ch/nach-kritik-mildert-regierungsrat-kuerzungen-fuer-fluechtlinge-258018763836
-> https://www.bernerzeitung.ch/kanton-bern-strukturiert-das-asylwesen-neu-478473261144
-> https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2020/05/25/kanton-bern-regelt-asyl-und-fluechtlingsbereich-neu.html
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/182161/


Regierungsratsantwort auf Motion SP: Asylsozialhilfe für Vorläufig Aufgenommene nicht unter dem Existenzminimum
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-e06b036a32e64d699fe43aff6b22cca8.html


+++ST. GALLEN
Im luftleeren Raum
Auf einen Schlag ohne Arbeit, ohne Geld, ohne Perspektive – die Ostschweizer Sans-Papiers Sarnai und TseTseg* erzählen, welche Folgen die Coronakrise für sie hat.
https://www.saiten.ch/im-luftleeren-raum/


+++ZÜRICH
«Du meinst wohl, wir sind hier in einem Hotel»
In den neuen Bundesasylzentren wird systematisch Gewalt gegen Geflüchtete ausgeübt. Betroffene in Embrach berichten.
https://papierlosezeitung.ch/de/artikel/du-meinst-wohl-wir-sind-hier-in-einem-hotel


+++ÖSTERREICH
Zweiter Corona-Lockdown im Asylzentrum Traiskirchen
Zwei Neuzugänge positiv, Insassen und Mitarbeiter flächendeckend getestet, NGO fordert Aufteilung auf andere Quartiere
https://www.derstandard.at/story/2000117670849/zweiter-corona-lockdown-im-asylzentrum-traiskirchen


+++MITTELMEER
«Namen statt Nummern» – RaBe-Info 25.05.2020
Vor der europäischen Haustüre spielt sich eine menschliche Tragödie ab, denn seit 2001 sind rund 30’000 Menschen auf der Flucht kläglich im Mittelmeer ertrunken. Oftmals werden diese toten Bootsflüchtlinge nicht identifiziert, sondern namenlos begraben; ihre Verwandten erfahren nie, was mit ihren Liebsten geschehen ist.
https://rabe.ch/2020/05/25/neue-allianz-der-gewerkschaften/


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Von Nidau nach Orpund: Fahrenden-Gruppe ist umgezogen
Ausländische Fahrende machten letzte Woche auf dem Expo-Areal zwischen Nidau und Biel Halt. Nachdem die beiden Städte ein Ultimatum zum Verlassen des Platzes gestellt hatten, befindet sich die Gruppe nun in einer Schleife des Autobahnanschlusses in Orpund.
https://www.bernerzeitung.ch/fahrenden-gruppe-ist-umgezogen-542253610321


+++FREIRÄUME
Räumung des Juch-Areals sorgt weiter für Zündstoff
Die Polizei hat das Juch-Areal geräumt, doch die Diskussion um die Aktion ebbt nicht ab. Dass die Stadt die Besetzer ausgerechnet während der Corona-Krise auf die Strasse stellt, brachte ein Hickhack zwischen linken und rechten Politikern ins Rollen.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/raeumung-des-juch-areals-sorgt-weiter-fuer-zuendstoff-137945961


+++GASSE
derbund.ch 25.05.2020

Armut in der Corona-KriseSie gehen lieber auf die Gasse als aufs Sozialamt

Aus Angst vor einer Ausweisung versorgen sich auch legal in der Schweiz lebende Ausländer eher mit kostenlosen Lebensmittelpaketen, statt staatliche Hilfe zu beantragen. Nun schaltet sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter ein.

Philippe Reichen

Armut ist Schwester Ariane Stocklin gewohnt. «Doch nie war die Not so gross wie in der aktuellen Corona-Krise», sagt die 47-jährige Zürcher Theologin und Gassenarbeiterin. In der Langstrasse, mitten in Zürich, verteilen sie und ihr 2001 gegründeter Verein Incontro Lebensmittelpakete an Bedürftige. Etwa 900 Pakete verschenkt sie momentan jeden Samstag, 200 weitere unter der Woche. 70 waren es vor dem Ausbruch der Krise. Darüber hinaus serviert Incontro allabendlich warme Mahlzeiten, 250 aktuell. 50 Mahlzeiten waren es vor zehn Wochen.

Die Bedürftigen stehen vor der Lebensmittelabgabe Schlange. Die Armut trifft vor allem Frauen, aber auch ganze Familien. In den sozialen Medien wurde über die Bilder aus dem Zürcher Stadtzentrum heftig diskutiert. Man verglich sie mit jenen aus Genf, wo jeden Samstag 2000 Personen vor dem Eishockeystadion Les Vernets für ein Lebensmittelpaket anstehen. Am letzten Samstag waren es sogar rund 3000 Personen. In Genf besitzt ein Drittel der Bedürftigen eine Aufenthaltsbewilligung und hätte damit das Recht auf staatliche Hilfe. In der Zürcher Langstrasse dürfte die Situation ähnlich sein.

Angst vor einer Ausweisung

Schwester Ariane interessieren Aufenthaltspapiere wenig. Sie betont: «Meine Arbeit besteht darin, zu den Menschen eine Beziehung aufzubauen und Vertrauen zu schaffen. Die Leute brauchen sehr viel Überwindung, um zu uns zu kommen, weil sie sich schämen.» Bea Schwager von der Zürcher Anlaufstelle für Sans-Papiers sagt: «Die Leute in der Langstrasse sind keine Papierlosen. Diese hätten zu grosse Angst, dort von der Polizei kontrolliert zu werden.»

Doch warum stellen sich Bedürftige trotz gültiger Aufenthaltspapiere lieber auf Strassen in Menschenschlangen und versorgen sich mit kostenlosen Lebensmitteln statt sich vom Staat helfen zu lassen? «Schuld sind das Ausländer- und Integrationsgesetz und die jahrelange Behördenpraxis», sagt SP-Nationalrätin Samira Marti. Wenn Ausländerinnen und Ausländer in den vergangenen Jahren als Working Poor Ergänzungsleistungen beantragten, oder wenn sie wegen eines Jobverlusts in die Sozialhilfe rutschten, haben die Behörden das Gesetz oft mit aller Härte angewandt und den Betroffenen kurzerhand das Aufenthaltsrecht entzogen.

Selbst Arbeiter, die vor Jahrzehnten als Saisonniers in die Schweiz gekommen waren und kurz vor der Pensionierung ihre Stelle verloren, mussten das Land verlassen. Das hat sich in ausländischen Arbeiterkreisen herumgesprochen und verunsichert reihum. Samira Marti sagt: «Das Vertrauen in den Staat ist angeschlagen. Niemand will in der aktuellen Krise riskieren, nach einem Jobverlust gleich auch noch aus der Schweiz geworfen zu werden und damit endgültig vor dem Nichts zu stehen.»

Diese Situation haben Samira Marti und weitere SP-Vertreter vor vier Wochen in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats angesprochen. In einer Kommissionsmotion verlangten sie, dass der Bundesrat dafür sorgt, dass die Corona-Krise keine negativen Auswirkungen auf das Aufenthaltsrecht von Ausländerinnen und Ausländern hat und auch Einbürgerungsverfahren nicht tangiert. SP-Nationalrat Cédric Wermuth sagt: «Es darf nicht sein, dass der Staat die Armen bekämpft anstatt die Armut.» Die Motion blieb trotzdem chancenlos. Doch die Kommission leitete das Anliegen in einem Brief an Justizministerin Karin Keller-Sutter weiter. Jetzt hat die St. Gallerin reagiert.

Das Karin Keller-Sutter unterstellte Staatssekretariat für Migration (SEM) wandte sich in einer Direktive an die Kantone. Das SEM hielt die Kantone an, bei Dossiers von Ausländern, die von der Sozialhilfe abhängig sind, besonders genau hinzuschauen und kulant zu sein, falls die Abhängigkeit mit der Corona-Pandemie in Verbindung steht. Das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) biete einen genügend grossen Ermessensspielraum, Corona-bedingten Krisensituationen und Härtefällen Rechnung zu tragen, so das SEM. Fristen könnten problemlos erstreckt werden.

Bereits Anfang April hat das Migrationsamt des Kantons Zürich in einer öffentlichen Stellungnahme betont, «der Sozialhilfebezug von ausländischen Personen führt nicht automatisch zum Verlust der ausländerrechtlichen Bewilligung. Um die gesetzlichen Widerrufskriterien zu erfüllen, muss der Sozialhilfebezug erheblich und dauerhaft sowie dem Ausländer oder der Ausländerin vorwerfbar sein.» Falls jemand wegen der Corona-Krise Sozialhilfe benötige, sei dies «nicht selbst verschuldet und damit nicht vorwerfbar».

Warum stehen in Zürich trotzdem Hunderte für kostenlose Nahrungsmittel an?

SP will Ausländer informieren

«Bei den Betroffenen ist das nicht angekommen. Sie brauchen etwas Handfestes, Schriftliches, 100 Prozent Sicherheit, sonst gehen sie dem Staat aus dem Weg», sagt Nationalrätin Samira Marti und nimmt auch den Bund in die Pflicht. «Wir sehen an jeder Ecke Plakate für die Corona-Schutzmassnahmen. Der Bund sollte die Ausländerinnen und Ausländer genauso offensiv und klar darüber informieren, dass sie aufs Sozialamt gehen können, wenn sie Hilfe benötigen.»

Die SP Schweiz hat kurzerhand entschieden, die Kommunikation in die eigenen Hände zu nehmen. Ihre Kantonalparteien werden betroffene Ausländer aktiv über die Direktive des Bundes informieren. Damit soll der Druck auch auf die kantonalen Migrationsämter steigen, damit diese so handeln, wie das SEM es verlangt.
(https://www.derbund.ch/sie-gehen-lieber-auf-die-gasse-als-aufs-sozialamt-373483578461)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Feuer gegen Securitas
In der Nacht vom 20. auf den 21. Mai, haben wir bei einer Station des Jail-Transport-System Feuer gelegt. Leider brannte die Station nicht ab und wir verursachten nur minimalen Schaden am Gebäude.
https://barrikade.info/article/3550


Uni Zürich will Geldstrafen für Studenten einführen – Schweiz Aktuell
Plagiate oder politische Störaktionen könnten an der Universität Zürich neu mit Geldstrafen von bis zu 5’000 Franken bestraft werden. Der Verband der Studierenden wehrt sich gegen die geplante neue Disziplinarordnung.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/schweiz-aktuell-vom-25-05-2020-1900?id=051820c8-731f-4b46-b5d0-0f2111a55e72


+++JUSTIZ
bernerzeitung.ch 25.05.2020

Unerlaubte HandyauswertungVerfahren gegen Drogenhandel kommt ins Stocken

Die Berner Staatsanwaltschaft darf ausgewertete Handydaten eines Drogenhändlers nicht auch für dessen mutmasslichen Komplizen vor Gericht verwenden. Eine Genehmigung wurde zu spät eingeholt.

Michael Bucher

Bei Ermittlungen im Drogenhandel pfeift die Berner Justiz die Strafverfolgungsbehörden zurück. Die Beschwerdekammer des Obergerichts untersagt der Staatsanwaltschaft, in einem Strafverfahren gegen einen mutmasslichen Drogenhändler Erkenntnisse aus einer Handyüberwachung zu verwenden, wie aus einem kürzlich publizierten Leitentscheid hervorgeht.
«Grössere Mengen Kokain»

Wie kam es dazu? Die Berner Staatsanwaltschaft verdächtigte einen Mann des Drogenhandels. Im August 2018 holte sie sich beim kantonalen Zwangsmassnahmegericht die Genehmigung ein, für die zurückliegenden sechs Monate die Handydaten des Beschuldigten auszuwerten. Bei dieser sogenannten Erhebung der Randdaten – also wann der Mann wo war und mit wem er kommuniziert hat – tauchte ein neuer Verdächtiger auf. Die Auswertung zeigte, dass die zwei Männer häufig Kontakt miteinander hatten.

Nach seiner Verhaftung im Oktober 2018 gab der Beschuldigte an, beim Kontaktmann habe es sich um einen Abnehmer seiner Ware gehandelt. Später identifizierte er diesen auch anhand von Fotos. Laut Staatsanwaltschaft geht es bei den Lieferungen um «grössere Mengen Kokain». Im November 2018 eröffnete die Staatsanwaltschaft deshalb auch ein Verfahren gegen den neu aufgetauchten Verdächtigen. Bei der Einvernahme informierte sie diesen über die Telefonüberwachung seines mutmasslichen Kokainzulieferers.
Kein Freifahrtschein

Im Gegensatz zum Lieferanten streitet der Mann jedoch bis heute ab, in Drogengeschäfte verwickelt zu sein. Abgesehen von einer «kleineren Menge Kokain» zum Eigenkonsum, will er nichts beim Hauptbeschuldigten bezogen haben. Zehn Monate später – im August 2019 – beantragte die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmegericht, dass sie die Erkenntnisse aus der Handyüberwachung auch im Verfahren gegen den nachträglich ermittelten Beschuldigten verwerten darf. Dafür gab man ihr grünes Licht. Gegen diesen Entscheid wehrte sich der Mann, der auf seine Unschuld pocht.

Die strittige Frage ist: Taucht bei der rechtmässigen Überwachung eines Drogenhändlers ein der Polizei unbekannter Komplize auf, braucht es in dem Fall eine separate Genehmigung, um die Ermittlungen auf jene Person auszuweiten? Die Staatsanwaltschaft bezweifelt dies. Bei einer Überwachung eines mutmasslichen Drogenhändlers liege es in der Natur der Sache, dass sich diese auf weitere Personen beziehe. Denn bei einem Handel sei immer mehr als eine Person beteiligt, so die Staatsanwaltschaft. Der Beschwerdeführer meint dagegen: Das grundsätzliche Ziel der Randdatenerhebung, weitere Verdächtige ausfindig zu machen, könne nicht als Freifahrtschein verstanden werden, gegen jede Person, die aufgrund der Datenauswertung bekannt werde, eine Strafuntersuchung eröffnen zu dürfen.
Zehn Monate zu spät

Die Beschwerdekammer des Obergerichts stützt nun die Sicht des Beschuldigten. Die ursprüngliche Genehmigung zur Überwachung eines Verdächtigen schliesse nicht automatisch auch sämtliche Personen ein, welche bei der Datenauswertung neu auftauchen. «Daran ändert die Tatsache, dass die Ermittlung von Kontaktpersonen das eigentliche Ziel der Randdatenerhebung ist, nichts», halten die Richter fest.

Dass die Staatsanwaltschaft die notwendige Genehmigung dann doch einholte, allerdings erst 10 Monate nach der Eröffnung eines Strafverfahrens, ist für die Beschwerdekammer ebenso unbegreiflich. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, ein Tatverdacht könne sich im Verlauf einer Überwachung stetig verdichten. Deshalb lasse sich im Nachhinein oftmals nicht genau definieren, wann die Einleitung des Genehmigungsverfahrens geboten gewesen wäre. Doch die Richter bleiben dabei: Eine Genehmigung hätte es gebraucht – noch bevor die Ermittler den zweiten Verdächtigen erstmals ins Verhör nahmen und zu ermitteln begannen.

Dass sich ein Strafverfahren gegen den Mann aufdrängte, daran zweifelt auch die Beschwerdekammer nicht – zumal der mutmassliche Geschäftspartner diesen ja belastet hatte. Doch wegen der zu spät eingeholten Genehmigung fehlen der Staatsanwaltschaft nun die wichtigen Erkenntnisse aus der Handyüberwachung als Beweismittel.
(https://www.bernerzeitung.ch/verfahren-gegen-drogenhandel-kommt-ins-stocken-545275655020)
-> BK 2019 67 – Verwertbarkeit von Zufallsfunden: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/


+++KNAST
Strafanzeige eingereicht: Juristen fordern Untersuchung der Fälle im Bässlergut
Anfang Mai berichteten die SRF-Sendung «Rundschau» sowie die «Wochenzeitung» über Gewalt im Bundesasylzentrum Bässlergut in Basel. Securitas-Mitarbeitende sollen Asylsuchende geschlagen haben. Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Basel haben nun Strafanzeige eingereicht.
https://www.bzbasel.ch/basel/strafanzeige-eingereicht-juristen-fordern-untersuchung-der-faelle-im-baesslergut-137943189
-> http://www.onlinereports.ch/News.117+M5d98f0f358c.0.html
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/strafanzeige-gegen-unbekannt-wegen-gewalt-im-baesslergut/?channel=105100


Corona führt zu verzögerter Ausschaffung Krimineller aus dem Kanton
Ausländische Straftäter, die auf ihre Rückweisung warten, werden nicht freigelassen. Auch wenn sie ihre Strafe abgesessen haben.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/corona-fuehrt-zu-verzoegerter-ausschaffung-krimineller-aus-dem-kanton-137942472


+++BIG BROTHER
SwissCovid App startet in die Pilotphase
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 13. Mai 2020 eine befristete Verordnung für eine Pilotphase verabschiedet, damit in der Schweiz die SwissCovid App getestet werden kann. Diese Pilotphase wurde am Montag, 25. Mai 2020, gestartet. Die SwissCovid App kann mit den aktuellsten iOS- und Android-Versionen benutzt werden. Sie enthalten mit der gemeinsam von Google und Apple entwickelten Exposure Notification API neu eine Schnittstelle für die SwissCovid App. Damit ist die Schweiz das erste Land weltweit, das die Schnittstelle von Google und Apple für das Proximity-Tracing nutzt. Gemäss einer Umfrage begrüssen 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung die Einführung der App.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79229.html
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/tracing-app-schweiz-weltweit-fuehrend-pilotversuch-gestartet-ld.1223164
-> https://www.higgs.ch/die-drei-wichtigsten-antworten-zum-neuen-coronavirus-in-china/28227/
-> https://www.higgs.ch/die-drei-wichtigsten-antworten-zum-neuen-coronavirus-in-china/28227/
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/mit-der-swisscovid-app-ist-keine-ueberwachung-der-nutzer-moeglich
-> https://www.watson.ch/!854505441
-> https://www.srf.ch/sendungen/focus/adrienne-fichter-politologin-die-tracing-app-ich-bin-dabei
-> https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#542446_4
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/dem-virus-auf-der-spur-schweiz-startet-als-erstes-land-mit-contact-tracing-app-137946182
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/bund-startet-pilot-phase-der-corona-app-137945946
-> https://www.telem1.ch/aktuell/so-funktioniert-die-corona-warn-app-137946072
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/keine-lohnfortzahlung-bei-freiwilliger-quarantaene-nach-app-alarm/?channel=105105
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/mit-der-swisscovid-app-ist-keine-ueberwachung-der-nutzer-moeglich/?channel=105105
-> https://telebasel.ch/2020/05/25/bag-koch-wir-muessen-jeden-einzelnen-fall-entdecken/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos%204&channel=105105
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/corona-krise-137945913
-> https://www.blick.ch/digital/apps/erfreuliche-bag-panne-schweizer-tracing-app-schon-jetzt-erhaeltlich-id15906524.html
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/coronavirus-bag-koch-und-co-erklaren-tracing-app-65712949
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/coronavirus-bundesrat-vor-aufhebung-der-5-personen-regel-65713141
-> https://www.watson.ch/schweiz/liveticker/951776109-coronavirus-gastrosuisse-fordert-mehr-lockerungen
-> https://www.watson.ch/digital/schweiz/854505441-coronavirus-das-ist-die-verrueckte-geschichte-hinter-der-schweizer-corona-app
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-25-05-2020-hauptausgabe?id=8a91b1c0-02b5-4c06-b2e0-3cbc5231fe8c
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-25-05-2020-hauptausgabe?id=8a91b1c0-02b5-4c06-b2e0-3cbc5231fe8c
-> https://www.watson.ch/!706311686
-> https://www.tagesanzeiger.ch/wer-in-quarantaene-geht-riskiert-lohnausfall-213644251723


ROG warnt Medienschaffende vor Überwachung via Tracing-App – RaBe-Info 25.052020
Quellenschutz ist eine der wichtigsten Säulen der Pressefreiheit. Durch die zunehmender Überwachung der Medienschaffenden ist diese deutlich ins Wanken geraten. Mit dem gestrigen Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgerichts, wurde die Bundesregierung beauftragt, die Presse- und Telekommunikationsfreiheit besser vor Überwachung des Nachrichtendienstes zu schützen. Reporter ohne Grenzen sieht das Urteil als „Meilenstein für die Pressefreiheit“. Gleichzeitig beschleunigt die Corona-Krise die Entwicklung digitaler Technologien zur Verfolgung von Kontakten und Bewegungsströmen. Tracing- und Trackingapps werden entwickelt, um die Ansteckungen mit Covid-19 zurückzuverfolgen. Doch die so gesammelten Daten würden viel mehr als nur Krankheitsverläufe zeigen. Einst für das Gesundheitssystem entwickelt, gerieten die Daten Schnell in die Hände der Nachrichtendienste. Dies betreffe auch die Pressefreiheit, denn würden einmal Kontaktdaten und Treffpunkte von Journalist*innen bekannt, sei die unabhängige Berichterstattung nicht mehr garantiert, sagt Lisa Dittmer von Reporter ohne Grenzen Deutschland im Interview mit Noëlle Grossenbacher.


Corona-Bekämpfung in Südkorea: Her mit den Bewegungsdaten!
Schon früh setzte Südkorea eine Tracking-App ein, um Infizierte zu lokalisieren. Das funktioniert – taugt als Vorbild aber nur, wenn man Datenschutzbedenken über Bord wirft.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/suedkorea-tracking-app-gegen-das-coronavirus-a-d834c63d-d308-466c-a77f-51d6c23e5e10


+++POLICE BE
Adelboden: Schusswaffe in Zimmer sichergestellt – Untersuchung dauert an
In der Wohnung des Mannes, der am Donnerstag bei einem Dienstwaffeneinsatz tödlich getroffen wurde, ist eine Schusswaffe sichergestellt worden. Der Verstorbene ist ein 44-jähriger Schweizer. Der genaue Hergang der Ereignisse wird durch die Kantonspolizei Zürich unter der Leitung Staatsanwaltschaft für besondere Aufgaben des Kantons Bern weiter untersucht.
https://www.police.be.ch/de/start/themen/news/medienmitteilungen.html?newsID=724b810f-856a-4e7a-94aa-e899c60e427e
-> https://www.bernerzeitung.ch/polizei-stellte-waffe-sicher-246720716873
-> https://www.20min.ch/story/kapo-findet-schusswaffe-im-haus-des-erschossenen-adelbodners-265930735801
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/182164/


+++POLIZEI BS
Heikles Training der Basler Polizei-Sondereinheit – Organisator hatte Kontakt zu teils rechtsextremer Gruppe
Mitglieder von der Basler Polizei-Sondereinheit Basilisk nahmen regelmässig an Wettkämpfen im Rahmen eines Special Forces Workshops teil. Alle möglichen Spezialeinheiten aus dem internationalen Raum kamen zu diesen Treffen.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/heikles-training-der-basler-polizei-sondereinheit-organisator-hatte-kontakt-zu-teils-rechtsextremer-gruppe-137937369
-> https://www.woz.ch/2021/sondereinsatzgruppen/ruag-munition-bei-den-preppern



Basler Zeitung 25.05.2020

BilderverbotPolizei mit Zensur-Allüren

In ihrem Korps beschäftigt die Basler Polizei einige Beamte, die das Filmen auf öffentlichem Grund verbieten. Rechtsgrundlagen für ihre Anordnungen kann die Behörde keine geben. Dafür viele Ausreden.

Daniel Wahl

Vor einigen Tagen sorgte ein Verwirrter auf dem Dach eines Hochhauses am Kannenfeldplatz für Alarmstimmung. Er rief sich am helllichten Tag in aller Öffentlichkeit als Inkarnation eines Modedesigners aus, während die Passanten auf der Strasse die Antäuschungen eines Sprungs und das Beinaheverlieren des Gleichgewichts an der Dachkante gebannt und entsetzt verfolgten. Bei solchen aussergewöhnlichen Ereignissen, die meist mit Verkehrsbehinderungen, Feuerwehr- und Polizeiaufgeboten auf Kosten der Steuerzahler einhergehen, zücken heute viele die Handys und drücken den Aufnahmeknopf. In manchen Fällen werden solche Bilder zu wichtigen Beweisstücken. In anderen Fällen dienen sie bloss dem billigen Voyeurismus.

Dass die BaZ die Bilder beim Sprung nicht veröffentlicht hätte, ist selbstverständlich. Aber subito stand die Basler Polizei an der Seite des Informanten der BaZ und unterband das Filmen auf öffentlichem Grund.
Zensurbeamter unterwegs

Noch vor einer Redaktionssitzung griff der Polizist zur Zensurschere: Bilder seien zu löschen, sonst würde er das Handy einziehen. Mit den hastig eingetippten Worten «Muss löschen alles, journalistisch ist jetzt nichts mehr» brach die Konversation mit der Redaktion ab.

Der Situation am Kannenfeldplatz lässt sich mit dem Ziegelwerfer im Gundeli vergleichen, der die Stadt 2011 «unterhalten» hatte – mit einem grossen Unterschied: Während das Filmen 2020 polizeilich verboten wurde, hatten die Sicherheitskräfte damals eine Zone in sicherer Wurfdistanz für die Medien ausgesondert, um damit das Festhalten des Ereignisses zu ermöglichen. Unabhängig von allen Überlegungen, ob das Filmen solcher Aktionen sinnvoll ist oder nicht, stellt sich die Frage, ob die Polizei über Rechtsgrundlagen verfügt, das Filmen im öffentlichen Raum verbieten zu können – insbesondere von Polizeieinsätzen. Dabei ist zwischen Journalisten und Passanten kein Unterschied zu machen. Die Medien geniessen auf Allmend nicht mehr Rechte als andere Personen.

Solche Aufnahmen der Gesellschaft können nicht selten zu Beweismitteln werden, die die Polizei entlasten oder belasten können, wie die vielen Handy- und Dashcamfilme aus den USA zeigen, welche üble Polizeigewalt dokumentieren. Immer wieder sind später einmal Strafverfolgungsbehörden an Bildern interessiert – beispielsweise wenn bei Hooligan-Exzessen im Umfeld von Fussballstadien mit den Dokumenten die sinnlose Gewalt gegen Polizeibeamte personalisiert und bewiesen werden kann.

Allerdings stellen selbst die BaZ-Fotografen immer öfter Zensurallüren im öffentlichen Raum fest (siehe Box). Zur Rechtfertigung des polizeilichen Filmverbots legt Polizeisprecher Martin Schütz zunächst einen für die Polizeiarbeit nicht dienlichen Artikel aus dem Zivilgesetzbuch (ZGB) zu Persönlichkeitsrechten vor. Es sind Rechte, die nur der Direktbetroffene vor einem Zivilrichter geltend machen darf. Als Martin Schütz erklärt wird, dass Persönlichkeitsrechte nicht durch Dritte wie einen Polizisten wahrgenommen werden können, stimmt er zu.

Von Einräumen eines Fehlverhaltens oder entsprechender Schulung des Personals ist keine Rede. Vielmehr macht Schütz darauf aufmerksam, dass das Thema rechtlich komplex sei und auch schon die Gerichte beschäftigt habe. Als Beispiel führt er an, dass das Obergericht des Kantons Bern einen Polizisten vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen habe, der von einem Demonstranten die Löschung von Aufnahmen des Polizeieinsatzes verlangt hatte.

Gleichzeitig erklärt Schütz: «Für die Basler Polizei stellt die Medienfreiheit ein hoch zu wertendes und schützenswertes Gut dar und damit verbunden die Dokumentationsaufgabe von Journalistinnen und Journalisten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, dass sie bei ihren Einsätzen im öffentlichen Raum gefilmt oder fotografiert werden können. Und dass sie dies in aller Regel zu dulden haben.»

Bilder könnten auch nützlich sein

Für den promovierten Juristen und langjährigen Kommandanten der Basler Polizei Markus Mohler ist die Rechtslage klar: Im öffentlichen Raum darf an sich gefilmt und fotografiert, aber nicht alles. Zum einen setzt das Recht am eigenen Bild (Art. 28 ZGB) Grenzen. Dieses Recht haben auch Angehörige der Sicherheitskräfte für ihre Person. Das betrifft Nahaufnahmen, besonders des Gesichtes. Strenger sieht es mit der Veröffentlichung gemachter Aufnahmen aus. Bilder mit identifizierbaren Personen dürfen nicht «an Aussenstehende» bekannt gegeben werden (Art. 2 Abs. 2 Bst. a des Bundesdatenschutzgesetzes).

Mit «an Aussenstehende» ist auch das Hochladen in sozialen Medien gemeint. Aber auch das private Weitergeben von Fotos, auf denen zum Beispiel Polizeiangehörige leicht erkennbar sind, fällt unter dieses Verbot. Entsprechend laute eine korrekte Anweisung der Polizei zum Beispiel: «Denken Sie daran, dass Sie Bilder nicht veröffentlichen oder weitergeben dürfen, auf denen die Personen erkennbar sind. Ohne deren Einwilligung verstösst dies gegen das Datenschutzgesetz.»

Bilder der Bevölkerung von Einsätzen könnten umgekehrt auch immer im Dienste der Polizei sein – zum Beispiel zu Schulungszwecken, gibt Mohler zu bedenken. Unter Umständen kann aber die Polizei das Fotografieren oder Filmen bei Einsätzen im Einzelfall verbieten, sei es aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes Dritter oder aus Gründen der angewandten Taktik und Methodik.

Notizen auch nicht öffentlich

Dieselben Bestimmungen wie für Bilder, so Mohler, gelten übrigens auch für Notizbucheinträge. Alles könne unbedenklich notiert werden, aber nicht alle Notizen wie persönliche Daten, Adressen et cetera dürften an Dritte ausgehändigt werden.

Als wäre es gestern gewesen, bleibt der früheren Korrespondentin der «Basellandschaftlichen Zeitung» Doris Rieder die Situation unvergessen, wie sie im Kleinbasel einen Einsatz zu filmen begann. Die Polizei hatte ein halbes Dutzend Russen an die Wand gestellt und begann in deren Rücken zu schlagen. Rieder filmte das Geschehen diskret von der gegenüberliegenen Strassenseite und wurde dann von einem Beamten aufgefordert, die Kamera auszuhändigen. Vor Ort löschte ihr der Polizist sämtliche Bilder zum hässlichen Einsatz. Für diese «Beweismittelvernichtung» entschuldigte sich der frühere Sprecher Klaus Mannhart im Sender Telebasel.



Presse auch direkt betroffen

BaZ-Fotograf Dominik Plüss erlebt immer wieder, wie die Arbeit der Presse auf öffentlichem Grund behindert wird. «Es ist nicht per se die Polizei; es können auch Grenzschützer oder Sportverbandsfunktionäre sein, die sich aufspielen und diktieren wollen, was man fotografieren darf und was nicht», sagt Plüss. Manchmal schreibe die Polizei vor, von wo er die Aufnahmen machen müsse, und schreibe so den Blickwinkel vor – Auflagen, die ihm nicht selten willkürlich vorkämen. Von ähnlichen Erfahrungen kann auch BaZ-Fotograf Florian Bärtschiger berichten: Er hatte das Auto auf dem öffentlichen Parkplatz des Corona-Abklärungszentrums in Lausen noch nicht verlassen und seine Kamera noch nicht am Auge, da wurde ihm das Fotografieren auf dem öffentlichen Parkplatz verboten. Das Fotoverbot wurde wohl präventiv ausgesprochen, damit die Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden könnten. Dies zu beurteilen, ist aber nicht Sache der Sicherheitskräfte. (wah)
(https://www.bazonline.ch/polizei-mit-zensur-allueren-682044290504)


+++POLICE CH
Der oberste Schweizer Polizist Urs Hofmann blickt mit Sorge auf den nächsten Lockerungsschritt
Mit jedem weiteren Lockerungsschritt der Coronamassnahmen werde die Aufgabe für die Polizei schwieriger. Gleichzeitig verteidigt Urs Hofmann das bisherige Vorgehen der Polizei bei Missachtung der Abstandsregel.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/der-oberste-schweizer-polizist-urs-hofmann-blickt-mit-sorge-auf-den-naechsten-lockerungsschritt-137942003


+++ANTIRA
antira-Wochenschau: Migrantische Streiks in Italien und Deutschland, rassistischer Mob in Guben, Freispruch in Frankreich
https://antira.org/2020/05/25/antira-wochenschau-migrantische-streiks-in-italien-und-deutschland-rassistischer-mob-in-guben-freispruch-in-frankreich/


Ist Graubünden ein weisser oder brauner Fleck?
22 Kantone haben eine Beratungsstelle gegen Rassismus, Graubünden nicht. Angesichts der markant steigenden Zahlen wäre aber eine solche Beratungsstelle sehr wichtig, wie unter anderem Alma Wiecken, Geschäftsführerin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus sagt. Die politische Diskussion über eine Melde- und Beratungsstelle für rassistische Vorfälle in Graubünden ist lanciert. Im Interview mit Simon Lechmann erklärt Justizdirektor Peter Peyer die aktuelle Lage im Kanton.
https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/2020-05-25/ist-graubuenden-ein-weisser-oder-brauner-fleck


+++RECHTSPOPULISMUS
Vorbereitung auf die Konterrevolution
Der Soziologe Andreas Kemper warnt vor rechten Protagonisten der Firma Degussa Goldhandel
Eine nähere Beschäftigung mit der Firma Degussa zeigt, wie gefährlich auch das Umfeld der Neoliberalen in der AfD ist. Der Soziologe Andreas Kemper warnt im nd-Interview vor rechten Protagonisten aus dem Umfeld des Goldlieferanten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137068.degussa-goldhandel-vorbereitung-auf-die-konterrevolution.html


Trotz mehrfacher Verurteilung hetzt Polizist Adrian Spahr munter weiter
Nils Fiechter und Adrian Spahr haben gemäss beiden Instanzen (Regionalgericht Bern-Mittelland und Obergericht), gegen die Rassismusstrafnorm verstossen, als sie fünf Wochen vor den Grossratswahlen 2018 eine Karikatur auf der Facebook-Seite der Jungen SVP veröffentlichten. Sie zeigt einen Schweizer im Sennenchutteli vor einem Müllberg, im Hintergrund eine Wagenburg. Er hält sich angewidert die Nase zu, nebenan erleichtert sich ein Mann in den Büschen. «Millionenkosten für Bau und Unterhalt, Schmutz, ¬Fäkalien, Lärm, Diebstahl etc. gegen den Willen der Bevölkerung» steht auf dem Flyer. «Wir sagen Nein zu Transitplätzen für ausländische Zigeuner!»
https://www.mittellaendische.ch/breaking-news/trotz-mehrfacher-verurteilung-hetzt-polizist-adrian-spahr-munter-weiter/


+++RECHTSEXTREMISMUS
SIG reicht Strafanzeige gegen PNOS ein
Die Partei National Orientierter Schweizer PNOS hat auf ihrer Website einen Text veröffentlicht, in dem eine jüdische Weltverschwörung propagiert und gegen Juden gehetzt wird. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund SIG hat gegen die PNOS-Verantwortlichen Strafanzeige nach Artikel 261bis StGB eingereicht.
https://www.swissjews.ch/de/news/sig-news/sig-reicht-strafanzeige-gegen-pnos-ein/
-> https://www.tachles.ch/artikel/news/strafanzeige-gegen-partei-und-einen-sektionsvorsitzenden
-> https://www.bzbasel.ch/schweiz/wegen-rassismus-israelitischer-gemeindebund-will-pnos-vor-gericht-bringen-137944835


+++VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN
«Verschwörungstheorien? Als ob man jemanden an eine Sekte verloren hat»
Der Psychoanalytiker und Satiriker Peter Schneider hat zu Verschwörungstheorien in Zeiten von Corona eine klare Haltung. Doch wie geht man mit Menschen um, die in eine extreme Richtung abzudriften drohen?
https://www.bluewin.ch/de/leben/lifestyle/verschwoerungtheorien-man-kommt-gegen-den-panzer-nicht-an-392884.html


Erschreckend viele US-Amerikaner glauben Verschwörungstheorie zu Bill Gates
Theorie, dass Tech-Milliardär mit einem Impfstoff Mikrochips einpflanzen will, ist besonders bei Republikanern und Fox-News-Zuschauern akzeptiert
https://www.derstandard.at/story/2000117686749/erschreckend-viele-us-amerikaner-glauben-verschwoerungstheorie-zu-bill-gates?ref=rss


Felix Roth über Verschwörungstheorien zu Coronazeiten: «Der Guru ist die beruhigendere Variante»
Weshalb stehen zwielichtige Experten und skurrile Theorien derzeit bei einigen hoch im Kurs? Freidenker und Wissenschaftler Felix Roth über Verschwörungstheorien und gesellschaftliche Ängste zu Coronazeiten.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/felix-roth-ueber-verschwoerungstheorien-zu-coronazeiten-der-guru-ist-die-beruhigendere-variante-137938330


Von der Alu-Bommel bis zur Zwangsimpfung: Was die derzeit gängigen Verschwörungsmythen bedeuten
In der Coronakrise sind plötzlich wieder Verschwörungsmythen zu hören. Ein Glossar der wichtigsten Begriffe, ihrer Bedeutung und ihrer Ursprünge.
https://www.tagesspiegel.de/politik/von-der-alu-bommel-bis-zur-zwangsimpfung-was-die-derzeit-gaengigen-verschwoerungsmythen-bedeuten/25854566.html


+++HISTORY
Motion-291-2019 SP-JUSO-PSA (Stucki, Bern) Ein «Haus der anderen Schweiz»: Ein Ort der Geschichte für Zwangsversorgte. Antwort des Regierungsrates
https://www.rr.be.ch/rr/de/index/rrbonline/rrbonline/suche_rrb/beschluesse-detailseite.gid-3f69116fd4a744a2ab5b028ae88efce3.html


Emma Goldman, „Die gefährlichste Frau Amerikas“
Ein Vortrag der Anarchistischen Gruppe Krefeld (AGKr) und der Technik gebenden Freien ArbeiterInnen-Union (FAU) Krefeld.
https://youtu.be/YiAbnGLeIoM


+++HOMOHASS
bielertagblatt.ch 23.25.2020

Gewalttat rüttelt 
Bieler Regierung auf

Seit Jahren regiert in Biel eine homosexuelle Mehrheit. Thema war das praktisch nie. Bis es in der Altstadt zu einem Vorfall kam. Jetzt erzählen Barbara Schwickert, Beat Feurer und Cédric Némitz ihre Geschichte.

Lino Schaeren

«Die sexuelle Orientierung ist persönlich und sollte es auch bleiben.» Das sagte Cédric Némitz (PSR) im September 2012. Mit ihm, der wiedergewählten Barbara Schwickert (Grüne) und Beat Feurer (SVP) waren soeben drei Homosexuelle in den fünfköpfigen Bieler Gemeinderat gewählt worden. Obschon die sexuelle Orientierung der drei im Wahlkampf noch kein Thema war, war Némitz’ Wunsch vergebens. Nach dem Urnengang sorgte die neue Minderheiten-Mehrheit in der Stadtregierung landesweit für Schlagzeilen. «Biel wird von Schwulen regiert» berichtete etwa die Boulevardzeitung «Blick» – auf rosa Hintergrund. Die Wahl von drei homosexuellen Gemeinderäten sorgte aber nicht nur kurzweilig in den Zeitungsspalten für Aufregung. Sie weckte auch Hoffnungen.

So glaubte die Schwulenorganisation «Pink Cross», dass sich der nun homosexuell dominierte Bieler Gemeinderat künftig stärker für die Anliegen von Schwulen und Lesben einsetzen werde. Dass homosexuelle Vorbilder in solch prominenter Position junge Menschen motivieren würden, sich zu outen. Es kam nach der Wahl auch tatsächlich zu einem Treffen mit Vertretern diverser Dachorganisationen. Viel resultierte daraus aber nicht. «Wir sind so verblieben, dass wir zur Verfügung stehen, wenn es uns einmal braucht», erinnert sich Schwickert. Keine aktive Rolle für die Community also, sondern eine abwartende. Ein, zwei Referate wurden gehalten, mehr nicht. Schnell waren die Schlagzeilen über die erste offen homosexuelle Regierungsmehrheit denn auch wieder vergessen. Was den Beteiligten eigentlich auch ganz recht war. Bis jetzt.

Vergangene Woche nämlich traten Barbara Schwickert, Beat Feurer und Cédric Némitz völlig überraschend gemeinsam vor die Medien, um städtische Massnahmen «gegen Homo- und Transfeindlichkeit im öffentlichen Raum» anzukünden. Eine übergeordnete Präventionskampagne, die normalerweise in die Zuständigkeit des Stadtpräsidenten fallen würde. Doch Sozial- und Sicherheitsvorsteher Feurer, Bildungsdirektor Némitz und Bauchefin Schwickert wollten acht Jahre nach besagter Wahlnacht ihre sexuelle Orientierung doch noch selbst öffentlich thematisieren.

«Das ist ein historischer Moment», sagte Beat Feurer vor den Medien einleitend, «weil es bisher in acht Jahren nie vorgekommen ist, dass wir als rosarote Regierungsmehrheit gemeinsam mit einem Thema an die Öffentlichkeit traten, das uns ganz persönlich betrifft.»

«Auftritt der letzten Chance»

Der erste offizielle Auftritt als rosarote Regierungsmehrheit dürfte zugleich auch der letzte gewesen sein. Während Beat Feurer am 27. September wieder zu den Gemeinderatswahlen antreten will, stellen sich Barbara Schwickert und Cédric Némitz nämlich nicht zur Wiederwahl. Es war also auch ein «Auftritt der letzten Chance» in dieser Konstellation, wie Feurer konstatierte. Auslöser für die Medienkonferenz war das aber nicht. Diese geht auf ein Brief eines Bieler Psychiaters zurück, der beim Gemeinderat grosse Betroffenheit auslöste. Der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie Rodolfo Borner berichtete von einem Angriff auf einen jungen Transmenschen im Juni 2018 in der Bieler Altstadt. Von jungen Männern, die seinen Patienten auf dem Heimweg zu später Stunde derart brutal attackiert hätten, dass er bleibende körperliche und psychische Schäden davongetragen habe. Die Attacke, sagt der Psychiater gegenüber dem BT, sei homo- und transphob motiviert gewesen; daran liessen die Äusserungen der Angreifer während des Überfalls keine Zweifel.

Die Tat wurde angezeigt, die angeblich jugendlichen Täter nie gefasst. In der Bieler LBGT+-Bewegung machte das im Sommer 2018 Vorgefallene schnell die Runde. Anders als bei ähnlichen Attacken in Zürich im selben Jahr, wurde der Angriff auf einen Transmenschen in Biel aber bisher nie publik. Auch der Bieler Gemeinderat hat erst durch den Brief von Rodolfo Borner davon erfahren. Der Psychiater arbeitet häufig mit jungen Menschen aus der LGBT+-Bewegung. LGBT+ steht für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle sowie für Menschen mit sexuellen Orientierungen oder geschlechtlichen Identitäten, die sich mit diesen Bezeichnungen nicht genügend identifizieren können. Auch der Begriff «Queer» wird oft verwendet, um all jene Personen zu beschreiben, die nicht heterosexuell sind.

Dass diese wegen ihrer Geschlechtsidentität auf der Strasse angepöbelt, beschimpft oder sogar angerempelt werden, komme auch bei seinen Patientinnen und Patienten vor, sagt Borner. Mit einem so heftigen körperlichen Angriff wie jenem im Juni 2018 sah sich der Bieler Therapeut aber nie zuvor konfrontiert. «Das war wie ein Donnerschlag», sagt er. Als der Patient während der Verarbeitung des Vorfalls laufend von neuen verbalen Attacken berichtet, schrieb Rodolfo Borner an die Stadtregierung. «Ich wollte aufzeigen, dass solche Dinge nicht nur in Zürich, Basel oder Genf passieren, sondern auch in Biel.»

Genauer hinschauen

Nun hätte der Gemeinderat den Eingang des Briefs mit einer unverbindlichen Antwort verdanken können. Wie es relativ oft geschieht. Vom Bericht des Bieler Psychiaters wurde die «rosarote Regierung» aber auf dem falschen Fuss erwischt. Schwickert, Némitz und Feurer wurden wegen ihrer sexuellen Orientierung in der Öffentlichkeit nie attackiert. Weder körperlich noch verbal. Und das, obschon sie sich als Exekutivmitglieder exponieren. «Wir erleben Biel als tolerant, auch gegenüber anderen Geschlechtsidentitäten», so Barbara Schwickert. Und SVP-Mann Beat Feurer sagt: «Auf der Strasse werde ich angefeindet. Insbesondere wegen meiner Parteizugehörigkeit. Nicht aber, weil ich homosexuell bin.» Dass es in «ihrer» Stadt auch anders geht und sie davon nichts mitbekommen haben, hat die Bieler Regierungsmitglieder offenkundig erschüttert. Feurer, Némitz und Schwickert fragten sich aufgrund der Berichte des Psychiaters und der Diskrepanz zu den eigenen Erfahrungen gegenseitig: «Kann das denn überhaupt sein?» Und entschieden, genauer hinzuschauen.

Das Problem: Zu Hassattacken auf Homosexuelle oder Transmenschen gibt es bei den Strafverfolgungsbehörden keine Zahlen. Nicht für Biel, nicht für den Kanton, nicht für die Schweiz. Weil sie nicht erhoben werden. Diesen März scheiterte im Ständerat ein Vorstoss, der die landesweite polizeiliche Erfassung von Hassverbrechen forderte. Zwar gibt es auf kantonaler und städtischer Ebene die Absicht, künftig Statistik zu führen. So hat etwa auch der Grosse Rat des Kantons Bern entschieden, dass künftig Zahlen zu homophoben Hassattacken erhoben werden sollen. Auch die Stadt Zürich hat bereits einen gleichlautenden Entscheid gefällt. Da es aber noch einige Zeit dauern wird, bis vergleichbare Zahlen vorliegen, mussten die Bieler Gemeinderäte ihre Antworten direkt bei Betroffenen suchen. So kam es kürzlich und acht Jahre nach dem ersten Austausch zu einem zweiten Treffen mit den Dachorganisationen. Mit dabei waren diesmal auch die beiden jungen Bieler LGBT+-Organisationen «Crazy Hearts» und «Queer Bienne».

Die Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen zeigten den Exekutivmitgliedern auf: Anfeindungen, Beleidigungen, Beschimpfungen oder gar Angriffe sind auch 2020 noch Bestandteil des Lebens von queeren Menschen. Und die Vorfälle sollen sogar zunehmen, so zumindest die Empfindung vieler Betroffener. Obgleich diese Entwicklung aufgrund der fehlenden offiziellen Zahlen mehr Bauchgefühl als Fakt ist. Immerhin stützen die neusten Erhebungen homophober Hassdelikte, die der Schweizer Dachverband für schwule und bi Männer «Pink Cross» diese Woche publiziert hat, diese Annahme. Sie basiert auf Meldungen, die bei der LGBT+-Helpline eingegangen sind. Und zeigt ein Drittel mehr Fälle im Jahr 2019 als im Vorjahr. Rund 30 Prozent der Meldenden berichtete von physischer Gewalt.

Parallelen zu MeToo?

Muriel Waeger glaubt, dass die Gründe für die Gewaltzunahme vielfältig sind. Sie ist Co-Geschäftsführerin bei der Lesbenorganisation Schweiz (LOS) sowie Geschäftsleiterin für «Pink Cross» in der Romandie; und hat für beide Organisationen am Runden Tisch in Biel teilgenommen. Waeger sagt: Die Gewaltzunahme sei auch darauf zurückzuführen, dass die LGBT+-Bewegung und deren Themen in den letzten Jahren an Sichtbarkeit gewonnen haben. «Das löst bei gewissen Personen Gegenreaktionen aus.» Sie unterstreicht dies mit Vorkommnissen, die noch nicht lange zurückliegen: Nachdem das Referendum für die Ausweitung der Anti-Rasissmusstrafnorm auf die sexuelle Orientierung zustande gekommen sei und in den Medien gross darüber berichtet wurde, hätten die Hassdelikte gegen LGBT+-Menschen im vergangenen Sommer stark zugenommen. Die erhöhte Präsenz in den Medien könnte zu mehr Gewalt geführt haben, so also die Theorie.

Muriel Waeger glaubt handkehrum aber auch, dass vermehrte Meldungen von Übergriffen in den Medien weitere Betroffene dazu motiviere, sich auch zu melden. Sie verweist auf die MeToo-Bewegung; der Aufruf von US-Schauspielerin Alyssa Milano an andere Frauen, unter dem Hashtag in sozialen Medien ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen, Missbrauch und Diskriminierung zu teilen, entwickelte sich schnell zu einer umfangreichen Auseinandersetzung über den Stand der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Kontraproduktiv, sagt Waeger, sei die neue Sichtbarkeit der LGBT+-Bewegung auf keinen Fall.

Das betont auch Gino Rösselet von der Bieler Jugendgruppe «Crazy Hearts». Dass nicht nur die LGBT+-Bewegung, sondern auch die homophoben Attacken auf sie im Bewusstsein der Bevölkerung ankommen, provoziere politische Reaktionen. So glaubt Rösselet etwa nicht, dass die polizeiliche Erfassung von Hassverbrechen ohne die neue Sichtbarkeit überhaupt zum Thema geworden wäre. Und die Schweizer Stimmbevölkerung hat im Februar die Ausweitung der Anti-Rassismusstrafnorm schliesslich deutlich angenommen. Gino Rösselet sagt: Die Anfeindung von queeren Menschen und die Folgen davon müssten so sichtbar sein wie möglich, damit sich in den Köpfen der Menschen etwas bewege. Auch in Biel. Denn die Situation in der Schweizer Uhrenstadt sei für queere Menschen nicht eine bessere als in Zürich, nur, weil hier die Szene kleiner ist. «Auch in Biel», so Rösselet, «gibt es Jugendliche, die wegen ihrer Geschlechtsidentität Gewalt erfahren.» Solche Vorfälle führten in der Bewegung zu Verunsicherung bis hin zu Angst; Angst, sich in der Öffentlichkeit so zu zeigen, wie man wirklich ist.

Kein Händchenhalten

Die Schilderungen aus der LGBT+-Bewegung haben beim Bieler Gemeinderat eingeschlagen. Dass queere Menschen auch in Biels Strassen immer noch regelmässig Hass ausgesetzt sind, sei «ein Schock» gewesen, sagt Cédric Némitz. «Ich dachte, das sei vorbei. Doch so einfach ist es nicht.» Mit dieser Einsicht begann Némitz, sein eigenes Verhalten in der Öffentlichkeit zu hinterfragen. Eigentlich, sagt er, fühle er sich ja völlig wohl. Aber als er eingehender über die Vorfälle nachgedacht habe, die ihm da geschildert worden sind, sei ihm klar geworden, «dass auch mein Partner und ich unsere Zuneigung füreinander öffentlich nicht zeigen». Kein Händchenhalten. Kein Küssen. Keine Zärtlichkeiten. «Auch wir haben verinnerlicht, dass wir andernfalls nicht akzeptiert würden – und haben unser Verhalten bereits vor Jahrzehnten angepasst», sagt der Bieler Bildungsdirektor.

Dass er und sein Partner nach rund 20 Jahren Beziehung schlagartig ihr Verhalten ändern, glaubt Némitz nicht. Wohl aber will er zusammen mit seinen Regierungskolleginnen und -kollegen jetzt auf politischem Weg gegen die Homo- und Transfeindlichkeit vorgehen. Die vom Gemeinderat initiierte Präventivkampagne beginnt in der Schule: Den Kindern und Jugendlichen soll mit dem Projekt «deine Freundin/dein Freund» aufgezeigt werden, dass jeder und jede betroffen sein könnte, sich aber nicht getraut, sich zu outen. Schliesslich sind rund zehn Prozent der Bevölkerung nicht heterosexuell. Das heisst aber auch, dass zuerst die Lehrer sensibilisiert werden müssen. Der Gemeinderat will zudem das städtische Personal ebenso schulen wie die Strafverfolgerinnen und Strafverfolger – in Zusammenarbeit mit der Polizei. Für das eigene Personal stellt er ein Manual zur Verfügung, das aufzeigt, wie Transmenschen begegnet werden soll. Und: Die Stadt erweitert die bereits bestehende Hotline gegen Gewalt und Extremismus auf LGBT+-Anliegen.

Massnahmen, die auf den Empfehlungen der verschiedenen Organisationen fussen, mit denen sich die Bieler Regierungsmitglieder getroffen haben. Es ist denn auch kein Zufall, dass sich der Bieler Ansatz praktisch mit den Massnahmen deckt, die «Pink Cross» in einem diese Woche präsentierten «Nationalen Aktionsplan» fordert. Muriel Waeger ist entsprechend zufrieden mit dem Gemeinderat. Zwar gibt es bereits einige Schweizer Städte, die auf eigene Initiative etwas gegen Homo- und Transfeindlichkeit tun. «Dass ein Massnahmenkatalog so umfassend ist wie in Biel, ist aber sehr selten», sagt sie. Und trotzdem: Das grösste Problem, sagt Waeger, sei nach wie vor, dass in der Schweiz nichts koordiniert passiere. Jede Stadt und jeder Kanton macht, wie ihm beliebt. Weshalb es eben auch einen nationalen Plan brauche.

Fehlende Räume

Auch Gino Rösselet ist zufrieden mit dem, was in Biel aus dem Diskurs resultierte. Er hadert allerdings damit, dass Massnahmen zum Schutz der LGBT+-Bewegung nicht schon früher ergriffen worden sind. Dass die homosexuelle Mehrheit der Bieler Stadtregierung die sexuelle Orientierung so lange zur Privatsache erklärt hat, kann der 23-Jährige «aus aktivistischer Sicht» nicht nachvollziehen. Sexuelle Orientierung, sagt Rösselet, habe vor allem für die Minderheiten immer auch eine politische Komponente. Gerade von einer homosexuell dominierten Regierung in einer Stadt, die sich Diversität auf die Fahne schreibt, hätte der LGBT+-Aktivist mehr Initiative erwartet. «Diversität muss umfassend gedacht werden, verschiedenste Minderheiten haben oft die gleichen Anliegen und Ziele», meint Gino Rösselet. Dabei sieht er durchaus Parallelen, etwa bei den fehlenden Räumen oder aber bei der Diskriminierung, die verschiedene Minderheiten, nicht nur queere Menschen, erfahren würden.

Dass sie mehr von «ihren» Gemeinderäten erwartet hätten, haben die Bieler Organisationen diesen am runden Tisch klargemacht. «Sie haben uns gesagt, dass wir diese spezielle Mehrheit besser hätten nutzen sollen, um Botschaften zu platzieren», so Cédric Némitz. Rückblickend gesteht er sich ein: «Ja, vielleicht haben wir etwas verpasst.» Gleichzeitig hält er fest, dass der Ruf nach einer politischen Reaktion in den letzten Jahren eben nie an ihn herangetragen worden sei. «Es gab schlicht keine Debatte über Probleme, die ergeben hätte, dass wir etwas machen könnten.» Das hat sich nun geändert.

Mit ihrem gemeinsamen Auftritt vergangene Woche haben Beat Feurer, Barbara Schwickert und Cédric Némitz vor allem ein Zeichen gesetzt. «Wir wollten hinstehen und damit zeigen: Schaut her, es gibt überall in der Gesellschaft queere Menschen, die ihre sexuelle Orientierung offen leben und nicht kaschieren, auch in einer Stadtregierung», sagt Schwickert. Und so wandte sich Feurer zum Schluss der Medienkonferenz doch noch mit jener symbolischen Botschaft an die Öffentlichkeit, die sich LGBT+-Organisationen schon vor acht Jahren gewünscht hätten: «Wir möchten nicht nur Massnahmen vorstellen», sagte der 60-Jährige. «Wir möchten auch hinstehen und sagen: Es ist ok, so zu sein, wie wir sind. Und es soll ok sein für alle, zu einer Minderheit zu gehören.»
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/gewalttat-ruettelt-bieler-regierung-auf)