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+++BERN
bernerzeitung.ch 10.05.2020
Wenn das Geld nicht fürs Essen reicht
Durch die Corona-Krise verloren viele Sans-Papiers ihre Arbeit. Jetzt
fehlt ihnen Geld für Essen und Miete. Daran werden die Lockerungen nicht
viel ändern.
Edith Krähenbühl
Sicher habe er sich nie gefühlt, auch vor der Corona-Pandemie nicht,
sagt Juan Torres: «Alles, was ich will, ist, Probleme zu vermeiden.»
Doch mit Corona sei alles schwieriger. «Es gibt keine Arbeit mehr. So
gibt es keine Möglichkeit, Geld zu verdienen.» Juan Torres heisst
eigentlich anders. Er lebt ohne Aufenthaltsgenehmigung irgendwo in der
Region Bern, als sogenannter Sans-Papiers. Das Gespräch mit ihm findet
über Videotelefonie statt, die Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers
hat dafür einen Raum zur Verfügung gestellt. Torres spricht Englisch.
Laut einer Studie des Staatssekretariates für Migration arbeiten 86
Prozent der geschätzt 76’000 Personen, die sich rechtswidrig in der
Schweiz aufhalten. Da ein Grossteil dieser Sans-Papiers aber in
Privathaushalten oder in Gastronomie und Baugewerbe arbeitet, hat die
Corona-Krise ihnen die Existenzgrundlage entzogen.
Putzen oder Kinderbetreuung in Privathaushalten bedeuten oft engen
Kontakt mit anderen Menschen. Aus Angst vor Ansteckung verzichten
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber seit Beginn der Corona-Krise weitgehend
auf solche Dienstleistungen. Das wird sich wohl auch nach der Lockerung
der Corona-Massnahmen nicht ändern. Ohne Aufenthaltsbewilligung gibt es
für Sans-Papiers keine Möglichkeit, sich für diesen Fall abzusichern.
«Meine ganze Welt dreht sich um meinen Sohn»
«Bei uns melden sich Menschen, die kein Geld mehr haben, um sich etwas
zu essen zu kaufen und die Miete zu bezahlen», sagt Karin Jenni von der
Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers. Die Anfragen von Personen,
denen das Geld zum Leben ausgeht, hätten sich in den letzten Wochen
gehäuft. Die Beratungsstelle, die als solche bisher ausschliesslich
beratend tätig war, hat deshalb einen Weg gesucht, wie sie Not leidende
Sans-Papiers unterstützen kann, und dafür einen Corona-Nothilfe-Fonds
geschaffen (siehe Infobox). Laut Jenni wenden sich Sans-Papiers erst an
die Beratungsstelle, wenn sie keine anderen Möglichkeiten mehr sehen:
«Ihr Stolz ist recht gross. Die meisten haben es sehr lange alleine
geschafft.» Die Menschen, die sie aus ihren Beratungen kennt, hätten vor
der Corona-Krise etwa 1000 bis 2000 Franken im Monat verdient, sagt
Jenni. Es sei nicht möglich, unter diesen Umständen etwas für schlechte
Zeiten zu sparen. Sie rechnet damit, dass auch nach der Lockerung der
Corona-Massnahmen viele Sans-Papiers weiter auf Unterstützung angewiesen
sein werden.
Auch Juan Torres hat sich bei der Beratungsstelle gemeldet. «Meine
grösste Angst ist, dass ich mein Zimmer nicht mehr bezahlen kann», sagt
der Mann, der ursprünglich aus Mittelamerika stammt. «Ich habe diese
Erfahrung noch nie gemacht. Bisher fand ich immer einen Weg aus einer
schwierigen Situation heraus. Aber nun bin ich wirklich besorgt.» Sorgen
macht er sich auch um seinen kleinen Sohn, den er zusammen mit einer
Schweizerin hat. Normalerweise darf er ihn zweimal im Monat sehen,
während des Lockdown fielen die Treffen für mehrere Wochen aus. «Es war
sehr hart, ihn nicht zu sehen. Was, wenn er an Corona erkrankt und ich
nichts dagegen tun kann? Meine ganze Welt dreht sich um meinen Sohn. Die
Tage mit ihm sind die einzig wichtigen im Monat.»
Vor der Pandemie hat Juan Torres auch Alimente für seinen Sohn gezahlt.
Schon damals gab es Monate, in denen er nicht den vollen Betrag
aufbringen konnte. «In diesen Monaten bezahle ich, was ich kann. Das ist
sehr schwierig.»
Auf keinen Fall ins Spital
In den sechs Jahren, in denen Juan Torres laut seinen Angaben in der
Schweiz lebt, hat er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten.
«Ich hatte nicht Arbeit, aber Dinge zu tun, wissen Sie», erklärt er. «Es
funktioniert nicht so, dass ich vorher sage, wie viel eine
Dienstleistung kostet.» Er helfe jemandem, repariere Dinge, baue Möbel
auf und bekomme dann etwas Geld dafür. Seine Aufträge erhalte er über
Freunde von Freunden. «Wenn du für jemanden etwas erledigst und er
zufrieden ist, ruft er dich wieder an.»
Doch seit Anfang der Corona-Krise haben ihn seine Bekannten nur noch
angerufen, um Aufträge abzusagen. «Wenn es so weitergeht und ich mein
Zimmer verliere, habe ich keine andere Wahl, als aufzugeben. Dann muss
ich mich den Behörden stellen.» Er könne jetzt nicht auf der Strasse
leben. Auch bei Freunden könne er nicht unterkommen. «Sie haben Angst
vor Corona, das ist natürlich.»
Auch Torres hat sich Gedanken gemacht, was er bei einer Ansteckung mit
dem Coronavirus tun würde. «Ich würde in meinem Zimmer bleiben und
versuchen, mich selbst zu kurieren.» Ins Spital möchte er auf keinen
Fall, da dort seine Daten registriert würden.
Rückkehr nicht möglich
Sans-Papiers versuchen, in der Öffentlichkeit nicht aufzufallen, in der
Masse unterzutauchen. Nach dem Lockdown war die Masse nicht mehr da, die
Polizei dafür überall präsent. Doch selbst wenn jemand ohne gültige
Aufenthaltsbewilligung aufgegriffen wird oder sich aus Verzweiflung
freiwillig den Behörden stellt: Eine Rückreise ins Herkunftsland ist
zurzeit nicht möglich. Weil der Flugbetrieb weitgehend eingestellt ist,
können keine Personen auf dem Luftweg ausgeschafft werden. Laut
Alexander Ott, Leiter der Fremdenpolizei Bern, melden sich Personen auf
der Fremdenpolizei, die wegen der Corona-Krise ihre Arbeit im
Gastgewerbe verloren haben und ihre Miete nicht mehr bezahlen können.
«Sie möchten in ihre Heimatländer zurückkehren, können dies aber zurzeit
nicht. Diese Personen befragen wir, registrieren ihre Daten und bringen
sie bis auf weiteres bei Hilfswerken unter.»
Juan Torres will unter keinen Umständen zurück nach Mittelamerika. «Die
Schweiz ist ein gutes Land. Mein Sohn ist hier. Ich will nicht, dass er
mit dem Gedanken aufwachsen muss, dass ich für ihn nicht da war. Das
Mindeste, was ich tun kann, ist, da zu sein.» Dank der Unterstützung der
Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers kann Torres seine Miete für
diesen Monat bezahlen. Trotzdem ist seine Zukunft ungewiss. «Wenn ich
ehrlich bin, sieht es so aus, als wäre es fast unmöglich, meinen Status
zu legalisieren. Ein Weg wäre, zu heiraten.» Er wünsche sich, Liebe zu
finden, doch er wolle nicht heiraten, und schon gar nicht wegen der
Papiere. «Deshalb warte ich, ich warte auf…», er stockt. «Für mich gibt
es keine Papiere, weil ich aus einem bestimmten Land komme. Das ist
meine Welt.»
–
Stadt unterstützt Sans-Papiers
Um Sans-Papiers vor Hunger und Obdachlosigkeit zu bewahren, hat die
Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers einen Corona-Nothilfe-Fonds
geschaffen. Das Geld dafür kommt unter anderem aus dem Corona-Hilfspaket
der Katholischen Kirche Region Bern und von der Glückskette. Auch die
Stadt Bern hat dafür aus dem Hilfsfonds der Direktion Bildung, Soziales
und Sport 30’000 Franken gesprochen. Das Geld in diesem Fonds spendeten
Privatpersonen, um Not leidenden Personen, welche keine öffentliche
Unterstützung erhalten, zu helfen. «Sans-Papiers befinden sich im Moment
in einer sehr schwierigen Situation, da viele von ihnen ihre Arbeit
verloren haben. Sie arbeiten illegal und haben daher keinen Zugang zu
Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe», sagt die Stadtberner
Sozialdirektorin Franziska Teuscher (Grünes Bündnis). «Sans-Papiers
leben mitten unter uns, und auch diese Menschen haben ein Anrecht
darauf, dass man sie in der Not unterstützt.» (kra)
(https://www.bernerzeitung.ch/wenn-das-geld-nicht-fuers-essen-reicht-677308743764)
+++SCHWEIZ
In Genf stehen 2500 Menschen für Gratis-Essen an – und bei uns? «In der
Deutschschweiz haben Sans-Papiers Angst, stundenlang Schlange zu stehen»
2500 Menschen, die stundenlang für Gratis-Essen anstehen – und das in
Genf, in der reichen Schweiz. Wie ist das möglich? Und wieso gibt es
solche Bilder in der Deutschschweiz nicht? Bea Schwager (59), Leiterin
der Sans-Papiers-Anlaufstelle Zürich, kennt die Antworten.
https://www.blick.ch/news/in-genf-stehen-2500-menschen-fuer-gratis-essen-an-und-bei-uns-in-der-deutschschweiz-haben-sans-papiers-angst-stundenlang-schlange-zu-stehen-id15883614.html
+++GASSE
Almosen auf Abstand. Gabenzäune für Obdachlose in der Corona-Pandemie
Obdachlose, die nicht „zuhause bleiben“ können, sind von der Pandemie
noch stärker bedroht als andere. Daher sind an vielen Orten neue
Gabenzäune entstanden, um ihnen zu helfen. Doch diese Almosen auf
Abstand „helfen“ den Helfern mindestens ebenso wie den Bedürftigen.
https://geschichtedergegenwart.ch/almosen-auf-abstand-gabenzaeune-fuer-obdachlose-in-der-corona-pandemie/
Corona als Therapiehelfer für Suchterkrankte in Luzern: «Es scheint fast, als ob es eine Krise gebraucht hat»
Die Coronakrise sorgt im Luzerner Suchtbehandlungszentrum «Akzent» für positive Effekte. Klienten haben kaum Rückfälle.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/corona-als-therapiehelfer-fuer-suchterkrankte-in-luzern-es-scheint-fast-als-ob-es-eine-krise-gebraucht-hat-ld.1219339
+++BIG BROTHER
tagesanzeiger.ch 10.05.2020
Datenschutz bei Corona-Warnung«Die Contact-Tracing-App ist keine digitale Stasi»
Für eine App, die vor einer Corona-Ansteckung warnt, soll nun eine
gesetzliche Grundlage ausgearbeitet werden. Dabei stellen sich eine
Reihe von rechtlich heiklen Fragen.
Bernhard Kislig
Smartphones liefern elektronische Nutzerinformationen, die zur
Bekämpfung der Corona-Pandemie beitragen können. Doch bei der Umsetzung
solcher Projekte stellen sich eine Reihe Fragen, die für Konsumentinnen
und Konsumenten in verschiedenen Rechtsbereichen Folgen haben.
Sobald Daten gesammelt werden, ist beispielsweise das Datenschutzrecht
betroffen. Behörden wollten Wirte verpflichten, ihre Kunden zu erfassen.
Doch der eidgenössische Datenschutzbeauftragte ist eingeschritten,
worauf die Pflicht zur Herausgabe persönlicher Daten aufgehoben wurde.
Zur Contact-Tracing-App, die der Bundesrat einführen will, hat sich der
Datenschutzbeauftragte noch nicht abschliessend geäussert. Die App
stellt über Bluetooth-Funktechnologie fest, welche Personen sich nahe
kommen. Wird eine Person infiziert, so kann sie dies melden. Alle
anderen, die in den zurückliegenden Tagen Kontakt zu dieser Person
hatten, erhalten daraufhin eine Warnung. Die Daten werden nach 21 Tagen
gelöscht.
Die App soll freiwillig sein
Der oberste Datenschutzbeauftragte legt Wert darauf, dass folgende
Punkte eingehalten werden: Für die Contact-Tracing-App braucht es eine
Rechtsgrundlage, sie muss für alle Nutzer freiwillig sein,
höchstmögliche Datensicherheit ist Pflicht, und schliesslich muss ein
solches Vorhaben verhältnismässig umgesetzt werden. Das Kriterium
Verhältnismässigkeit bedeutet beispielsweise, dass Daten nur so lange
wie nötig gespeichert werden dürfen und dass sie einzig für den
vorgesehenen und klar definierten Zweck verwendet werden dürfen.
Das Parlament beschloss vor wenigen Tagen in der Corona-Sondersession,
in der nächsten Session im Juni für die Contact-Tracing-App eine
gesetzliche Grundlage zu schaffen. Im Parlament zeichnet sich eine klare
Mehrheit dafür ab, dass die Nutzung der App freiwillig sein soll. Der
Bundesrat will aber schon bald mit der App Testläufe durchführen, was in
der Parlamentsdebatte begrüsst worden ist.
Mit der gesetzlichen Grundlage und der Freiwilligkeit sind wichtige
Forderungen des Datenschutzbeauftragten erfüllt. Nationalrat Balthasar
Glättli (Grüne, ZH), der sich mit der App auseinandergesetzt hat, sieht
auch keine weiteren gravierenden datenschutzrechtlichen Probleme: «Das
ist keine digitale Stasi, denn von infizierten Personen wird nur ein
anonymisierter Code zentral erfasst.»
Gibt es eine Quarantäne-Pflicht?
Die grösseren rechtlichen Baustellen bei der Umsetzung der
Contact-Tracing-App sieht Glättli ausserhalb des Datenschutzes. Macht
sich zum Beispiel jemand strafbar, der sich nicht in Quarantäne begibt
oder dem Arbeitgeber nicht meldet, wenn er von der App eine
Kontaktwarnung erhalten hat? Nach geltendem Recht ist es strafbar, eine
Krankheit wissentlich weiterzuverbreiten. Dennoch geht Glättli davon
aus, dass eine Kontaktwarnung keine gesetzlichen Pflichten zur Folge
hat. Denn eine Warnung sei noch kein Beweis dafür, dass jemand infiziert
sei.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob jemand auch bei
vollem Lohn zu Hause bleiben darf, sobald eine Warnung der App
eingetroffen ist. Glättli verweist auf das ohne App manuell
durchgeführte Contact-Tracing, bei dem Fachleute eine Quarantäne
anordnen könnten. Doch bei der App sei die Rechtslage in diesem Punkt
noch unklar.
Glättli warnt schliesslich vor übertriebenen Erwartungen an die App.
Tatsächlich macht diese das Social Distancing nicht überflüssig. Sie ist
allenfalls eine sinnvolle Ergänzung zu den Hygienevorschriften, die
weiterhin konsequent einzuhalten sind.
(https://www.tagesanzeiger.ch/die-contact-tracing-app-ist-keine-digitale-stasi-378075605482)
+++WORLD OF CORONA
Pjotr Kropotkin: Mit Anarchie gegen Corona
Nur die Fittesten überleben? Ja, aber fit bedeutet nicht rücksichtslos.
Warum uns ausgerechnet ein beargwöhnter Naturforscher lehren kann, den
Rückzug zu akzeptieren
https://www.zeit.de/kultur/literatur/freitext/pjotr-kropotkin-intellektueller-coronavirus/komplettansicht
Anlässe unter 1000 Leuten: Bühne frei ab Ende Mai?
Veranstalter fordern vom Bundesrat Lockerungen. Und legen ein Massnahmenkonzept vor.
https://www.blick.ch/news/anlaesse-unter-1000-leuten-buehne-frei-ab-ende-mai-id15883593.html
-> https://expo-event.ch/de
Coronavirus: Roboterhund Spot soll in Singapur für Einhaltung des Mindestabstands sorgen
Dreht zunächst in einem Pilotversuch seinen Runden durch einen städtischen Park – Bei Erfolg soll Programm ausgeweitet werden
https://www.derstandard.at/story/2000117393485/coronavirus-roboterhund-spot-soll-in-singapur-fuer-einhaltung-des-mindestabstands
-> https://youtu.be/2DJmIjKtVkA
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Ein Kardinal auf wirren Abwegen: Angekommen im braunem Milieu
Einst war Gerhard Ludwig Müller einer der Top-Männer in der katholischen
Kirche. Jetzt warnt der Kardinal vor einer vermeintlichen
Weltverschwörung.
https://taz.de/Ein-Kardinal-auf-wirren-Abwegen/!5681562/
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN 2
BE:
Nach Corona-Demo: Wer sind die Skeptiker?
Hunderte demonstrierten am Samstag in der Schweiz gegen die
Corona-Massnahmen. Ein Psychologe ist schockiert über die Aussagen der
Lockdown-Gegner und Roger Schawinski erklärt, wieso auch die Medien
immer wieder angegriffen werden.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/nach-corona-demo-wer-sind-die-skeptiker-137845908
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srf.ch 10.05.2020
Dutzende Anzeigen nach Corona-Demonstration
Nach den Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen des Bundes in vier
Deutschschweizer Städten am Samstag, haben die Stadtpolizeien in Bern
und St. Gallen gemäss Nachrichtenagentur SDA-Keystone «mehrere Dutzend»
Anzeigen ausgesprochen.
In Bern sei die genaue Zahl der Anzeigen noch nicht bekannt, weil der
Einsatz lange gedauert habe und zahlreiche Polizisten involviert gewesen
seien, so eine Sprecherin der Polizei. In St. Gallen seien von 32
Demonstranten die Personalien aufgenommen worden. Sie dürften mit einer
Anzeige wegen Verstosses gegen die Covid-19-Verordnung rechnen. Neben
dem Veranstaltungsverbot hätten sie zum Teil auch die Abstandspflicht
von zwei Metern verletzt. Ausserdem hätten die Demonstranten auch in
normalen Zeiten eine Bewilligung für die Kundgebung benötigt.
In Zürich und Basel hatten die Ordnungskräfte auf Wegweisungen oder
Bussen verzichtet. Aber auch in diesen beiden Städten hatten sich am
Samstagnachmittag je über hundert Menschen versammelt und gegen den
Lockdown demonstriert. In Zürich löste sich die Kundgebung auf dem
Sechseläutenplatz nach der Aufforderung der Polizei selber auf. In
Basel, wo sich auf dem Marktplatz rund hundert Personen versammelt
hatten, schritt die Polizei nicht ein.
(https://www.srf.ch/news/schweiz/das-neueste-zur-coronakrise-dutzende-anzeigen-nach-corona-demonstrationen-in-der-schweiz)
-> Interview mit Jolanda Egger, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern: https://www.srf.ch/play/radio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/audio/anzeigen-fuer-demonstranten-in-bern?id=433914b2-950a-4503-918e-c21c5db1dd6a
-> https://www.20min.ch/story/wollen-wir-uns-wirklich-einsperren-lassen-251108406487
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/polizei-raeumt-demos-hunderte-demonstrieren-in-der-schweiz-gegen-corona-verbote-id15883390.html
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SG:
Dutzende Anzeigen nach Corona-Demos in Bern und St. Gallen
Nach den Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen des Bundes in vier
Deutschschweizer Städten am Samstag, haben die Stadtpolizeien in Bern
und St. Gallen «mehrere Dutzend» Anzeigen ausgesprochen.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/dutzende-anzeigen-nach-corona-demos-in-bern-und-st-gallen-00134041/
-> https://www.stadt.sg.ch/news/13/2020/05/aktion-beim-vadiandenkmal-aufgeloest.html
ZH:
Nach Anti-Lockdown-Demo: Wieder Kritik an Zürcher Polizei
Wie schon am 1. Mai griff die Zürcher Stadtpolizei auch vor einer Woche
bei einer Versammlung von Lockdown-Gegnern durch. Gestern Abend jedoch
liess sie die genau gleiche Demo anderthalb Stunden gewähren. Deswegen
gibt es nun Schelte aus der Politik.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/nach-anti-lockdown-demo-wieder-kritik-an-zuercher-polizei-137846147
Hunderte Demonstranten fordern Aufklärung der «Corona-Lüge» und werden vielerorts gebüsst – in Zürich gehen sie straffrei aus
Zahlenmässig sind die Demonstrationen gegen das Corona-Notrecht zwar
klein. Bedenklich aber ist die Mischung aus politischem Protest und
abstrusen Theorien, die dort vertreten wird. In Zürich sorgt das
zurückhaltende Eingreifen der Polizei für Kritik.
https://www.nzz.ch/zuerich/hunderte-demonstranten-fordern-aufklaerung-der-corona-luege-und-werden-vielerorts-gebuesst-in-zuerich-gehen-sie-straffrei-aus-ld.1555888?mktcid=smch&mktcval=twpost_2020-05-10
-> https://www.stadt-zuerich.ch/pd/de/index/stadtpolizei_zuerich/medien/medienmitteilungen/2020/mai/stadtpolizei_zuerichloestverbotenekundgebungimkreis1auf.html
Wohin steuert der Corona-Protest?: Eine toxische Mischung
Nach den bundesweiten Corona-Protesten kritisiert die Politik die
DemonstrantInnen teils scharf. Ein FDP-Mann reiht sich indes ein.
https://taz.de/Wohin-steuert-der-Corona-Protest/!5684188/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1136501.coronakrise-verschwoerung-mit-neonazis-wird-gewalttaetiger.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1136483.corona-skeptiker-diffuse-angst-tausende-menschen-demonstrieren-gegen-corona-auflagen.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/378025.querfront-gegen-beschr%C3%A4nkungen-distanzlos-gegen-coronaregeln.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/378061.sorgenp%C3%BCppchen-des-tages-grundgesetz-hools.html
Corona-Demonstrationen: Den Ton geben jetzt andere an
Wie schon in der Flüchtlingspolitik finde nun auch in der Coronakrise
eine Motiv-Umkehr statt, kommentiert Nadine Lindner. So sei es den
lauten Kritikern gelungen, den Schutz von Menschenleben in etwas
Bösartiges umzudeuten. Neben der AfD, Reichsbürgern und Antisemiten
mischen auch bekannte Gesichter mit.
https://www.deutschlandfunk.de/corona-demonstrationen-den-ton-geben-jetzt-andere-an.720.de.html?dram:article_id=476408
«Gib Gates keine Chance»: In Deutschland nutzen Verschwörungstheoretiker und Radikale die Gunst der Stunde
In Berlin, Stuttgart, München und anderswo haben am Wochenende Tausende
gegen die Corona-Regeln demonstriert. Während die einen nur gegen eine
unverhältnismässige Einschränkung ihrer Freiheitsrechte protestieren,
verbreiten andere extremistische Phrasen.
https://www.nzz.ch/panorama/corona-demonstrationen-in-deutschen-staedten-ld.1555876
Nein, Bill Gates will euch keinen Mikrochip einpflanzen
Woher das derzeit beliebte Verschwörungsmärchen von der Mikrochip-Impfung kommt – und wo Kritiker Recht haben.
https://www.vice.com/de/article/9359vv/bill-gates-coronavirus-mikrochip-impfzwang-ken-jebsen-verschwoerungstheorie
Die große Verschwörung: Josef Hader zieht Verschwörungstheoretiker durch den Kakao
Der österreichische Kabarettist meldet sich in Video auf Facebook zu
Wort – Wussten Sie, dass die Bevölkerung alle hundert Jahre komplett
ausgetauscht wird?
https://www.derstandard.at/story/2000117394082/die-grosse-verschwoerung-josef-hader-zieht-verschwoerungstheoretiker-durch-den-kakao
Die Achse der Idioten
Unser Kolumnist wundert sich über Wahnsinn, der quer durch alle
politischen und sozialen Schichten wuchert – und freut sich über die
Mehrheit der Vernünftigen.
https://www.nau.ch/news/stimmen-der-schweiz/die-achse-der-idioten-65705361
Tausende bei Anti-Corona-Protesten in Deutschland: Wo Xavier Naidoo ein Vordenker ist
Sie berufen sich auf die Meinungsfreiheit: In Deutschland protestieren
Tausende «Corona-Skeptiker» gegen Massnahmen der Regierung. Wie soll man
darauf reagieren? BLICK-Auslandsredaktorin Fabienne Kinzelmann hätte da
einen Vorschlag.
https://www.blick.ch/meinung/tausende-bei-anti-corona-protesten-in-deutschland-wo-xavier-naidoo-ein-vordenker-ist-id15884329.html
Coronavirus und Verschwörungsmythen Antisemitismus-Beauftragter warnt vor weiterer Eskalation
Baden-Württembergs Antisemitismus-Beauftragter Michael Blume befürchtet
eine Hochkonjunktur alter Verschwörungstheorien. In seinem Podcast
„Verschwörungsfragen“ erklärt er, was libertärer Antisemitismus ist und
was Xavier Naidoo mit Hexenverbrennungen zu tun hat.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.antisemitismus-beauftragter-michael-blume-ueber-verschwoerungstheorien-wir-werden-eine-weitere-eskalation-erleben.30079f2d-06d3-4364-9f9a-585e04a8a470._amp.html
Corona-Verschwörungstheorien in der katholischen Kirche „Das macht mich fassungslos“
Die Corona-Maßnahmen als Weltverschwörung: Katholische Geistliche
verbreiten in einem Text krude Theorien. Klaus Pfeffer, Generalvikar des
Bistums Essen, fürchtet um den Ruf der Kirche.
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/corona-verschwoerungstheorien-in-der-katholischen-kirche-das-macht-mich-fassungslos-a-a7f6c3ed-d208-471f-9dc2-583a1b0d227e
Corona-Verschwörungstheorien Detlef, Ken und Attila wissen Genaueres
In den sozialen Medien und mittlerweile auch auf der Straße formiert
sich in Sachen Corona gerade eine Allianz des Schwachsinns. In Teilen
gewaltbereit. C-Prominente mit Sehnsucht nach Aufmerksamkeit machen mit.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/corona-verschwoerungstheorien-detlef-ken-und-attila-wissen-genaueres-kolumne-a-e10ce3d3-1826-467d-8d2a-204f304b1378
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tagesanzeiger.ch 10.05.2020
«The Final Countdown» – oder: Das jüngste Gerücht
Covid-19 sei nur eine Grippe, und Bill Gates will uns kontrollieren:
Wilde Theorien erleben goldene Zeiten. Der Fall des Zürcher
Grünen-Politikers Urs Hans.
Kevin Brühlmann
In Urs Hans’ Augen liegt die freudige Gewissheit, auch tausendteilige
Puzzles mit nur zwei Handgriffen zusammensetzen zu können. Und die
Erwartung, alle anderen könnten das auch, wenn sie nur ihre Augen
aufmachen würden.
Ende April tritt Urs Hans zum Rednerpult im Zürcher Kantonsrat. Der
Biobauer ist Mitglied der Grünen-Fraktion. Nachdem er 2015 abgewählt
worden war, gelang ihm 2019 die Rückkehr ins Parlament, als
Spitzenkandidat seines Wahlkreises.
Covid-19, holt Urs Hans aus, sei eine «hartnäckige Grippe, welche medial
gekrönt wurde»; er spricht von «Panikmache». Der Bundesrat agiere bloss
noch «als Statthalter für die Schweiz, und Genf wurde zur Hauptstadt» –
er meint den Sitz der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Und wer profitiert von der Krise, fragt Urs Hans, wer? Die «massgebenden
Multimilliardäre unseres Planeten»; sie besässen schliesslich die
grössten Aktienpakete «in der Internetbranche und in der Pharma».
Während man noch an den übrigen Teilen des Puzzles studiert, wird Urs
Hans auf Twitter geteert und gefedert. «Ein Grüner zeigt eindrücklich,
dass Dummheit gerecht ist: Sie trifft alle Parteien», schreibt Gerhard
Pfister, der Präsident der CVP. Urs Hans sei «Mitglied der
Aluhut-Fraktion». Andere wie der grüne Zürcher Gemeinderat Marcel Bührig
schreiben von «kruden Verschwörungstheorien».
Die Sache schien damit erledigt. Doch Fragen bleiben: Wie gelangen
solche Theorien in den Kantonsrat, in die Mitte der Gesellschaft? Woher
kommen die apokalyptischen Reiter des jüngsten Gerüchts?
Gegen das «Expertentum»
«Sie stören nicht», sagt Urs Hans ein paar Tage darauf am Telefon, er
habe eben den Motor seines Traktors abgestellt. Frage: In Ihrer Rede
verbreiteten Sie Verschwörungstheorien, wird kritisiert, kann man
darüber sprechen?
«Ach», sagt Hans gelassen, «die wollen mich mundtot machen. Die haben
sich einfach nicht informiert. Dabei hätten sie die Pflicht, sich eine
eigene Meinung zu bilden und nicht bloss auf Experten zu hören.» Er geht
seinen Arbeitsplan durch, dann sagt er: «Kommen Sie morgen um halb eins
zum Mittagessen. Meine Frau kocht.»
In einer Schlaufe des Tösstals, in Turbenthal, muss man links abbiegen,
ein kleineres Tal hinauf, bis zu einem Weiler namens Neubrunn. Noch ein
paar Hundert Meter weiter den Hang hinauf, und Urs Hans’ Pünthof
erscheint. Dahinter, verdeckt durch einen Hügel mit dichtem Wald,
beginnt bereits der Thurgau.
Urs Hans fuhrwerkt mit Traktor und Anhänger; er bittet um etwas Geduld,
er müsse noch Nahrung für seine Viecher mischen. Nach 20 Minuten
verstummt der Motor, der 68-Jährige klettert vom Traktor hinunter. In
seinem Gesicht hat sich die Sonne von 50 Jahren Feldarbeit eingegraben.
«Hier bei uns kann man sich noch die Hand geben», sagt er, wischt sich
seine Hände mit Stroh ab, das auf dem Boden liegt, und gibt einem die
Hand. Der Händedruck ist unerwartet sanft. «Der Hof ist mein Refugium.
In der Stadt bekomme ich Schübe. All die maskierten Vögel!»
Er hält um die 50 Angus-Kühe und -Rinder, deren Kälber er schlachten
lässt, selber verarbeitet und auf Märkten verkauft. «Mit dem Lockdown
war unser ganzer Absatz weg», sagt er, wie er durch den Stall geht. «Zum
Glück kamen wir per Zufall auf die Verteilerliste eines Biovertriebs.
Das hält uns jetzt über Wasser.»
Er geht auf das Wohnhaus zu, ein grosser Bau mit Holzfassade. Er habe es
2008 gebaut, nach einem dreijährigen Kampf gegen die Behörden, erzählt
er, die Pläne selber entworfen, ohne Architekt. «Ich habe eine Aversion
gegen das heutige Expertentum», sagt Hans.
Kampf dem Impfen
Er betritt das Haus und setzt sich an einen grossen Tisch in der Stube.
Nebenan, in der Küche, bereitet seine Tochter mit den beiden
Enkelkindern das Mittagessen zu. Sie sind zu Besuch.
Urs Hans beginnt von seinem Kampf zu erzählen. Alles fängt bei der
Impfung seiner Tiere vor 20 Jahren an, als er schwere Nebenwirkungen
bemerkt habe. 2008 verweigerte er eine Impfung, weshalb er wegen
Impfverweigerung und fahrlässiger Tierquälerei verurteilt wurde. Hans
wollte ein Rind, das an der unheilbaren Krankheit Paratuberkulose litt,
homöopathisch behandeln. Er zog keinen Tierarzt bei. Als das
Veterinäramt davon erfuhr, wurde das Rind sofort getötet.
Vorübergehend verlor er das Biolabel. «Während dreier Jahre fiel ein
Grossteil der Direktzahlungen weg», sagt Hans. «Das kostete uns 120’000
Franken. Wir waren nahe am Ende.»
Als sei das Urteil ein Schuss Öl in Hans’ Ofen, flammte sein Kampf in
den hellsten Farben auf. Und je mehr Gegenwehr er erfuhr, desto heller
schien sein Feuer zu brennen.
Impfung durch Fakten
In einem Interview mit der «Zeit» sagte Michael Butter, Professor an der
Uni Tübingen und Leiter eines Forschungsprojekts der EU zur Analyse von
Verschwörungstheorien: «Egal, ob der Feind die Pharmaindustrie, das
internationale Finanzkapital oder der Staat ist, der Hysterie erzeugt,
um seine Macht auszubauen: Das Coronavirus dient als neues Klötzchen
eines bestehenden Baukastens.»
Und warum glauben Menschen daran? «Für sie», antwortet Butter, «ist es
offensichtlich leichter zu ertragen, dass irgendwelche dunklen Mächte im
Hintergrund die Strippen ziehen, als nicht zu wissen, was vor sich
geht, oder zu akzeptieren, dass – zum Beispiel beim Coronavirus –
womöglich niemand verantwortlich ist.»
Gleichzeitig steckt man in einem Dilemma. Butter erklärt: «Bei
eingefleischten Verschwörungstheoretikern haben schlüssige Gegenbeweise
den gegenteiligen Effekt: Sie festigen die Überzeugung der Betroffenen.»
Allerdings seien Fakten «nicht völlig wirkungslos». «Wenn man sie früh
präsentiert, können sie bei Menschen, die noch nicht festgelegt sind,
wie eine Art Impfung wirken.»
«WHO gleich Gates»
Am Stubentisch erzählt Urs Hans weiter, schrittweise führt er hinab in
die Verwesungen der Welt. Er könne es zwar nicht beweisen, sagt er, aber
er könne sich gut vorstellen, dass Covid-19 aus einem Labor in Wuhan
komme. Jedenfalls sei das Virus nun da, und der Bill Gates erzähle
schon, dass man die ganze Menschheit dagegen impfen müsse, Stichwort
Zwangsimpfung.
Und weil der Gates mit seiner Stiftung der WHO mehr zahle als die USA
allein, «sagt er der WHO, wo es langgeht». Diese Stiftung habe «einen
solch gigantischen Einfluss auf die WHO, dass WHO gleich Gates ist
jetzt».
Und das alles habe man schon im Oktober 2019 an einem Treffen namens
Event 201 an der Johns-Hopkins-Universität in New York besprochen, woran
internationale Gesundheitsämter, die WHO und die Gates-Stiftung
teilnahmen (tatsächlich fand dort eine Pandemie-Simulation statt,
allerdings hatte jenes fiktive Virus keine Ähnlichkeiten zu Covid-19,
und die WHO war nicht vertreten). Das sei, sagt Hans, «die
Feuerwehrübung für das, was wir jetzt haben», gewesen, und «dieses Mal
wissen sie, dass es funktioniert, die Massen in Angst und Schrecken zu
versetzen». Auch der Bundesrat und das Bundesamt für Gesundheit seien
bloss noch Erfüllungsgehilfen.
Urs Hans’ Augen sind erfüllt von der freudigen Gewissheit, als er sein
Puzzle zusammenfügt: «BAG, WHO und Gates Foundation – die drücken die
Alternativmedizin an die Wand. Das ist ein Kampf, das müssen Sie schon
sehen. Und das ist jetzt natürlich der Final Countdown. Wenn der Bill
Gates kommt und alle Impfgegner zwangsimpfen kann. Ich meine, wo sind
wir dann?»
Es ist schon weit nach Mittag. Ein Enkelkind ruft zum Essen; das Tonband
wird gestoppt. Aber Urs Hans redet weiter, das Feuer brennt hell, es
geht um Nanotechnologie in Impfstoffen, und das Tonband wird wieder
eingeschaltet.
«Sie erwähnten Nanotechnologie in Impfstoffen», heisst es auf Band, «was meinen Sie damit?»
«Auf Deutsch gesagt: ein Chip. Es gibt Leute – das müssen Sie ja nicht
schreiben –, die nichts dagegen haben, gechippt zu werden.»
In dieses düstere Szenario spaziert Hans’ Tochter und fragt, ob er in
der Stube essen wolle. Nein, er komme gleich rüber, sagt Hans. Er ruft:
«Ich habe das Recht zu hinterfragen! – Und jetzt gehen wir essen.»
Am grossen Esstisch in der Küche sitzen zwei Aushilfen, die temporär auf
dem Hof arbeiten; daneben Urs Hans’ Frau, sein Sohn und die Tochter mit
ihren beiden Kindern. Es gibt Pizza und danach Aprikosenwähe. Es
schmeckt vorzüglich.
«Mächtiger als Hitler und Stalin»
Wenn Urs Hans spricht, greift er durchaus plausible Kritik heraus – am
Profitstreben der Pharmakonzerne oder an der Tatsache, dass die WHO zu
80 Prozent von freiwilligen Spenden abhängig ist. Die Teilchen verwendet
er jedoch, um das ganze Puzzle in ein Zerrbild zu verwandeln, worauf
die gesamte Welt wie ein einziges Lügengebilde aussieht.
Wo informiert er sich? Er sei schon fünfmal in die USA geflogen, sagt
Hans, an Konferenzen von Alternativmedizinern. Er zählt eine Reihe Namen
auf. Einer ist der britische Arzt Andrew Wakefield, der einen
Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus bei Kindern herstellte.
Später kam heraus: Seine Studie war gefälscht.
Als andere Quelle erwähnt er KenFM, einen deutschen Youtube-Kanal.
Gründer Ken Jebsen behauptete auch schon, die USA und die Massenmedien
seien von Zionisten unterwandert oder die Flüchtlingskrise sei bewusst
gesteuert worden zum Zweck der «Desorganisation» Deutschlands. Seit
Wochen ist auch die angebliche «Corona-Diktatur» Thema.
In einem Video sagt Jebsen, es sei inzwischen so, dass das Ehepaar Bill
und Melinda Gates «der ganzen Welt aufzwingt, wie sie zu leben hat». Es
habe «die WHO gekauft». Die Gates Foundation würde die WHO «zu über 80
Prozent» finanzieren (falsch: 9,8 Prozent der Spenden stammen von Gates’
Stiftung, weitere 8,4 Prozent von der Impfallianz Gavi, bei der Gates
ebenfalls beteiligt ist). Das Ehepaar Gates habe auch deutsche Medien
«gekauft» (völlig übertrieben: Die Stiftung finanzierte Projekte des
«Spiegels» und der «Zeit» mit 2,5 Millionen bzw. 300’000 Euro). Dennoch
sagt Jebsen: «Das Ehepaar Gates hat inzwischen mehr Macht als seinerzeit
Roosevelt, Churchill, Hitler und Stalin zusammen.»
Selber von Krebs heilen
Nach dem Essen mit Urs Hans’ Familie ein Kaffee und eine Frage, die reichlich abstrus klingt: Warum braucht es eine Pandemie?
Impfungen, meint Urs Hans, er sitzt wieder am Stubentisch. «Die Pharma
sagt: ‹Impfungen sind ein schlechtes Geschäft, daran verdienen wir
wenig.› Aber nachher wird verdient! Nämlich an den Schäden, die
Impfungen anrichten. Das ist ein Businessmodell: Schäden verursachen.
Wenn ich das so sage, tönt das wahnsinnig subversiv und weiss der Teufel
was.»
Er erzählt von erfolgreichen alternativen Covid-Heilmethoden, hoch
dosiertem Vitamin C zum Beispiel. Ein Doktor Brownstein habe so in
Amerika 100 Covid-Erkrankte geheilt (keine einzige Studie konnte die
Wirkung von Vitamin C bisher bestätigen). Und ein Doktor Rath würde
ebenfalls erfolgreich mit Vitamin C arbeiten (Matthias Rath versprach
auch, Krebs und Aids mit Vitaminpräparaten heilen zu können, obschon
Studien dies nicht nachweisen konnten; ungeachtet dessen betreibt er
einen erfolgreichen Handel).
Urs Hans berichtet weiter, dass er Leute aus Amerika kenne, die sich selber von Krebs geheilt hätten.
«Wie kann man sich selber von Krebs heilen?», so die Frage, die das Tonband festhält.
«Das hat sehr viel mit Ernährung zu tun. Und dann muss man Supplements
nehmen, um die Immunabwehr zu stärken. Ich nehme zum Beispiel immer
Kalziumbicarbonat [kohlensaurer Kalk] und Vitamin D. Damit du nicht ins
saure Milieu gerätst. Das hilft schon viel. Die Krebsmedizin ist eine
gigantische Geldmaschine, und Krebsmedikamente schwächen das
Immunsystem.»
Nach gut vier Stunden steht Urs Hans auf, zufrieden, das Puzzle gelöst
zu haben, und verabschiedet sich mit seinem sanften Händedruck.
Ein paar Minuten später klingelt das Handy. Urs Hans ruft an. «Wie
kommen Sie eigentlich wieder nach Hause? Mit dem Bus? Wann fährt er?
Okay, ich komme gleich, ich habe ein gutes Buch für Sie.» Kurz darauf
fährt er mit seinem Auto vor, kurbelt das Fenster herunter und übergibt
das Buch. Es heisst «Die Impf-Illusion», laut Untertitel geht es um
«unterdrückte Fakten».
Das Buch ist bei Kopp erschienen. Der deutsche Verlag wurde bekannt mit
Büchern, die die Existenz von UFOs enthüllten – und Adolf Hitlers Flucht
mit einer «nationalsozialistischen Reichsflugscheibe» ins Innere der
hohlen Erde.
«Sie wissen ja», sagt Urs Hans und winkt aus dem Auto, «die Sieger schreiben die Geschichte.»
(https://www.tagesanzeiger.ch/the-final-countdown-oder-das-juengste-geruecht-408423572560)