Medienspiegel 03. Mai 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Gefangen im alten Asylsystem – Bei 8 Franken am Tag zum Nichtstun verdammt
Shewit Tesfay lebt ein Leben auf dem Abstellgleis. In Oberscherli bei Bern will man ihm und anderen Betroffenen helfen.
https://www.srf.ch/news/schweiz/gefangen-im-alten-asylsystem-bei-8-franken-am-tag-zum-nichtstun-verdammt



bernerzeitung.ch 03.05.2020

Gegen den Willen der Behörden: Wieder Asylsuchende im Dorf

Die Kaserne in Boltigen wird vorübergehend als Bundesasylzentrum wiedereröffnet. Das passt den lokalen Behörden aber nicht.

Kerem S. Maurer

Laut einer Medienmitteilung vom 21. April hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) im Einvernehmen mit dem Kanton Bern entschieden, in der ehemaligen Kaserne Boltigen «befristet ein Bundes-Asylzentrum (BAZ) zu eröffnen». Damit werden die Unterbringungskapazitäten im Asylwesen erhöht, denn auch in den BAZ gelten die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zum Schutz vor einer Ansteckung mit Covid-19. Deshalb sollen in Boltigen nur 50 anstelle der möglichen 120 Asylsuchenden untergebracht werden.

Diese Nutzung sei für ein Jahr befristet, heisst es in der Medienmitteilung, doch ein verbindliches Schliessungsdatum gibt es nicht. «Derzeit kann niemand sagen, wie lange die Pandemie anhält und wie sich deren Auswirkungen auf unser aller Leben auswirken», schreibt Reto Kormann, Stv. Leiter Stabsbereich Information und Kommunikation im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), auf Anfrage. Ebenso wenig lasse sich vorhersagen, ob das BAZ vornehmlich mit Familien, Frauen oder Männern belegt werde und aus welchen Ländern diese stammen. Sicher ist, dass die Vorbereitungsarbeiten noch einige Zeit in Anspruch nehmen. «Wir gehen von einem Bezug des BAZ Boltigen in der zweiten Hälfte Mai aus», so Kormann.

Kann den Leuten «nicht mehr zugemutet werden»

Nachdem man sich eingehend mit dem Sachverhalt und den möglichen Konsequenzen befasst habe, sei man zum Schluss gekommen, eine erneute Unterbringung von Asylsuchenden in der Gemeinde Boltigen abzulehnen, gibt Gemeindeschreiber Rudolf Matti auf Anfrage bekannt. Der Gemeinderat vertrete die Ansicht, eine erneute Nutzung der Kaserne als BAZ könne der Bevölkerung nicht mehr zugemutet werden. Schliesslich sei es nach 2004 und 2011 (Militäranlage Jaunpass) und nach 2016 in der Kaserne bereits die 4. Belegung. Damit hätte Boltigen seinen Auftrag für Bund, Kanton und alle Gemeinden des oberen Simmentals erfüllt. Der Gemeinderat frage sich, ob die Solidarität der Bevölkerung und der Behörde von Boltigen gegenüber Bund und Kanton diesbezüglich nicht bereits überstrapaziert sei.

«Eingriff in das Dorfleben»

Da man Asylsuchende nicht in der Kaserne einsperren könne, sei diese erneute Belegung ein Eingriff in das Dorfleben, erklärt Gemeindeschreiber Matti. Ausserdem bezweifle der Gemeinderat, dass die Asylsuchenden, die «aufgrund ihrer Erfahrungen und Erlebnisse grössere Probleme hätten als die Normalbürger», in der Lage seien, die geltenden Vorschriften des BAG zu verstehen oder einzuhalten. Damit werde die Dorfbevölkerung neben der allgemeinen Covid-19-Ausnahmesituation noch mit einer weiteren Ausnahmesituation konfrontiert, was eine Zumutung sei. Der Gemeinderat habe gegenüber Bund und Kanton seine ablehnende Haltung kundgetan, doch stünden ihm keine rechtlichen Mittel zur Verfügung, die erneute Nutzung der militärischen Anlage als BAZ zu verhindern.

Bleibt also nur der Biss in den sauren Apfel. Gemeinderatspräsident Fred Stocker (SVP) lässt die Bevölkerung in einer entsprechenden Mitteilung wissen: «Mangels weiterer rechtlicher Möglichkeiten wird sich der Gemeinderat auf das Wesentliche konzentrieren und sich für einen möglichst reibungslosen und sicheren Betrieb einsetzen.» Ferner hoffe er, dass sich mögliche «Befürchtungen über negative Folgen des erneuten eidgenössischen Eingriffes in unsere Gemeinde nicht bewahrheiten werden.»
(https://www.bernerzeitung.ch/gegen-den-willen-der-behoerden-wieder-asylsuchende-im-dorf-609378840882)


+++GRIECHENLAND
Athen bringt Hunderte Flüchtlinge aus Lesbos zum Festland
Athen handelt im Kampf gegen das Coronavirus. Hunderte Migranten wurden von den überfüllten Camps in Lesbos auf das Festland gebracht.
https://www.nau.ch/news/europa/athen-bringt-hunderte-fluchtlinge-aus-lesbos-zum-festland-65702105


+++MITTELMEER
EU-Flüchtlingspolitik auf dem Mittelmeer: Verstoß gegen EU-Haushaltsrecht
NGOs erheben Beschwerde gegen die EU-Zusammenarbeit mit der Libyschen Küstenwache. Sie verstoße gegen Menschenrechte.
https://taz.de/EU-Fluechtlingspolitik-auf-dem-Mittelmeer/!5679772/


Alan Kurdi: Heute endet die Corona-Quarantäne
Für 146 gerettete Flüchtlinge des deutschen Schiffes “Alan Kurdi” und die 17-köpfige Besatzung endet am Sonntag die Quarantäne wegen Corona. Am 6. April hatte das Schiff die Migranten aufgenommen. Ihr weiteres Schicksal ist ungewiss.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/alan-kurdi-heute-endet-die-corona-quarantaene,RxqDijZ


+++GASSE
Lebensmittelaktion für die Ärmsten: «Hätten nie gedacht, das eines Tages in Genf zu tun»
Bilder, die man sonst nur aus Krisenregionen kennt: 2500 Leute stehen in Genf in einer kilometerlangen Schlange, um Nahrungsmittel zu erhalten.
https://www.derbund.ch/nahrungsmittel-fuer-die-aermsten-von-genf-564642403969


Corona-Krise: Hilfe für die Bedürftigsten in Genf – Tagesschau
Seit mehreren Wochen verteilt die Vereinigung «Caravane de Solidarité» in Genf Taschen mit Grundnahrungsmitteln für die Bedürftigsten. Jedes Mal werden es mehr Leute – der Grossteil hat keinen legalen Status.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/corona-krise-hilfe-fuer-die-beduerftigsten-in-genf?id=273f1d7c-3acc-4730-b26e-2101b74ad20d


Une distribution massive de nourriture aux plus démunis à Genève
Les images de distribution de nourriture aux plus démunis ne sont pas rares dans les pays en guerre, mais elles sont frappantes en plein coeur de Genève. En cette période de crise majeure, plus de 2000 personnes vont recevoir un colis durant la journée.
https://www.rts.ch/info/regions/geneve/11293705-une-distribution-massive-de-nourriture-aux-plus-demunis-a-geneve.html


Drogendealer liefern Heroin nach Hause
Die Genfer Polizei berichtet von Dealern, die Abhängigen die Drogen nach Hause bringen oder dort an andere verkaufen. Das birgt besondere Gefahren.
https://www.20min.ch/story/drogendealer-liefern-heroin-nach-hause-804950279918


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
tagesanzeiger.ch 03.05.2020

Regierungsrätin Fehr fordert vom Bundesrat klare Demo-Regeln

Darf man trotz Corona unter Einhaltung von Hygienevorschriften demonstrieren? Diese Frage sorgt für Unklarheit. Justizdirektorin Jacqueline Fehr will das ändern.

Corsin Zander

Die Polizei hatte am Tag der Arbeit viel zu tun. Obwohl die Stadtzürcher Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) im Vorfeld angekündigt hatte, Demonstrationen jeglicher Art zu unterbinden, gingen Hunderte mit politischen Botschaften auf die Strasse. Die grosse Mehrheit dieser Männer und auffallend zahlreichen Frauen demonstrierten friedlich und hielten sich an die Distanz- und Hygienevorschriften. Vereinzelt kam es zu Sachbeschädigungen.

Die Bilanz der Polizei: 24 Festnahmen, 40 Verfahren bei der Staatsanwaltschaft wegen Widerhandlung gegen die Covid-Verordnung, 8 Anzeigen wegen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration, 2 wegen Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz. Gegen insgesamt 113 Personen wurde eine Wegweisung ausgesprochen. Ganz anders in Basel, wo es die Polizei tolerierte, dass mehrere Hundert Personen am Tag der Arbeit demonstrierten.

Kritik am Bundesrat

Die kantonale Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) äussert sich nicht zum Zürcher Polizeieinsatz. Sie sei nicht für die Polizei zuständig und habe keinen Einblick in die entsprechende Strategie. Sie hält aber fest, die Bundesbehörden hätten es bisher unterlassen, das Versammlungsverbot in Bezug auf politische Zusammenkünfte zu präzisieren: «Der Bundesrat muss möglichst bald Klarheit schaffen.» Schliesslich gehe es bei den Grundrechten um einen Kernbereich der Bundesverfassung. Der Bundesrat könne diesen Entscheid nicht an die Städte und Kantone abschieben, meint Fehr.

Deshalb sei es an der Zeit, parallel zur Lockerung der Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus ab dem 11. Mai auch die politischen Rechte wieder zu stärken – und zwar nicht nur jene der Parlamente. «Wenn die Beizen wieder öffnen, muss es auch möglich sein, politische Manifestationen im öffentlichen Raum durchzuführen», sagt Fehr. Sie denke dabei nicht an grosse Demonstrationen, sondern an andere Formen: zum Beispiel, indem Schuhe auf einen Platz gestellt werden, wie dies Klimaaktivistinnen in Zürich kürzlich taten. Selbstverständlich seien dabei die Vorgaben des Bundesamt für Gesundheit (BAG) einzuhalten.

Die Justizdirektorin will am Montag einen offiziellen Brief an den Bundesrat schreiben. Das BAG dem «Tages-Anzeiger» vor dem Tag der Arbeit, der Bundesrat werde «voraussichtlich Ende Mai über Lockerungsschritte im Bereich der politischen Manifestationen entscheiden». Das sei zu spät, sagt Fehr. Nötig sei eine Klärung zum Versammlungsverbot noch vor dem nächsten Lockerungsschritt am 11. Mai.

Auch Polizeivorsteherin will Klarheit

Karin Rykart begrüsst das Vorgehen der Justizdirektorin: «Es wäre hilfreich, wenn der Bundesrat Klarheit schaffen würde.» Zum Polizeieinsatz am 1. Mai sagt sie, die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft habe vorgegeben, wie ihre Polizei die Covid-Verordnung am durchsetzen müsse. «Diese Vorgaben sind strikt, und die Polizei musste restriktiv gegen entstehende Demonstrationen und Aktionen vorgehen», sagt Rykart.

Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr, der für die Kantonspolizei zuständig ist, findet nicht, dass die Situation bezüglich der politischen Veranstaltungen unklar sei: «Die entsprechenden Regeln sind glasklar und gelten für alle, auch für Autonome. Veranstaltungen sind derzeit in der ganzen Schweiz verboten».

Wie seine Regierungsratskollegin ist er aber dafür, die Einschränkungen der Grundrechte zu lockern. Deshalb fordert Mario Fehr, das schweizweite Notrecht so rasch wie möglich aufzuheben – bestenfalls per 8. Juni, also auf den übernächsten Lockerungstermin des Bundesrates. «Die Demokratie und unsere Freiheitsrechte sind von zentraler Bedeutung», sagt Mario Fehr. Zum Einsatz der Zürcher Stadtpolizei am 1. Mai sagt er, die Zürcher Polizeien hätten in Absprache mit der Oberstaatsanwaltschaft die Regeln korrekt durchgesetzt: «Das ist gut so, schafft Vertrauen und ist wichtig für die Akzeptanz.»

Scharfe Kritik von links

Die Stadtpolizei Zürich ist nach ihrem Einsatz am 1. Mai zum Teil scharf kritisiert worden. Gemeinderat Luca Maggi, wie Rykart Mitglied der Grünen, sprach von einem «Armutszeugnis». Die Alternative Liste kündete in der NZZ an, man wolle im Gemeinderat eine schriftliche Anfrage zum Thema «Grundrechte in Coronazeiten» einreichen. Von bürgerlichen Politikern gab es hingegen Applaus. Vertreter der FDP und SVP lobten den Einsatz der Polizei.

Für diese Reaktionen zeigt Rykart Verständnis. Die aktuelle Situation sei für alle einmalig, weil es bisher keine Erfahrung gab, wie mit Demonstrationen unter einer solchen Notverordnung umzugehen sei. «Die Kritik, die jetzt an mich herangetragen wird, prüfe ich sorgfältig», sagt Rykart.
(https://www.tagesanzeiger.ch/regierungsraetin-fehr-fordert-vom-bundesrat-klare-demo-regeln-371404103903)



Luzerner 1.-Mai-Demo soll nachgeholt werden
Die Organisatoren wollen einen Ersatztermin finden, sobald es die Lage zulässt.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/luzerner-1-mai-demo-soll-nachgeholt-werden-ld.1217079



derbund.ch 03.05.2020

DEMO GEGEN CORONA-MASSNAHMEN – EIN BUNTER HAUFEN LÄUFT STURM GEGEN DEN NOTSTAND

Hinter dem Protest gegen den Corona-Notstand auf dem Bundesplatz steht ein loses Netzwerk von Globalisierungs-, 5G- und «Impfzwang»-Gegnern.

Simon Thönen

Der Protest schien aus dem Nichts zu kommen. Rund 300 Personen standen am Samstag auf dem Bundesplatz in Bern und forderten ein Ende des Corona-Notstands. «Ich will unsere Demokratie zurück! Stoppt den Machtmissbrauch!», stand etwa auf den oft handgeschriebenen Schildern. Die Kantonspolizei löste die Demo schliesslich auf. Mehrere Dutzend Demonstranten wurden kontrolliert und müssen mit einer Anzeige wegen Verstosses gegen das Versammlungsverbot rechnen.

Wer hat da demonstriert? Reitschulaktivisten nach der Auflösung der unbewilligten 1.-Mai-Demo am Vortag? Oder Trump-Fans, begeistert davon, dass der US-Präsident auf Twitter Demos gegen den Lockdown in US-Bundesstaaten anfeuert?

Die Demo glich eher einer Protestveranstaltung aufgebrachter Bürger gegen 5G-Antennen. Und tatsächlich waren auch Anti-5G-Plakate und solche gegen «Impfzwang» zu sehen. Argumentiert wurde grundrechtlich. «Ich bin hier, weil Demokratie, Freiheit und gesunder Menschenverstand nicht auf der Strecke bleiben dürfen wegen unfundierter Panikmache aufgrund von Pseudowissenschaft», sagte Michael Baumgartner aus Münchenbuchsee.

So zu sehen auf einem Youtube-Video der Zeitschrift «Zeitpunkt», einer Plattform für grün angehauchten Protest gegen Globalisierung, elektromagnetische Strahlung und Überwachung. Als Inspirator des Protests wird im Clip Alec Gagneux gefeiert.

Gesundheitsrisiko Demo?

Gagneux ist beruflich in Entwicklungshilfeprojekten tätig. Er organisiert Alternativveranstaltungen zum WEF und war Mitinitiant der Ecopop-Initiative gegen «Überbevölkerung». Sein Anliegen bei der Ecopop-Initiative war die Förderung der freiwilligen Familienplanung in Entwicklungsländern. Inzwischen hat er Ecopop verlassen, «weil man sich zu wenig gegen die Kriegstreiberei der Nato ausspricht».

Nun engagiert er sich gegen den Corona-Notstand. In einem offenen Brief an Bundspräsidentin Simonetta Sommaruga forderte er ein Ende der Einschränkung der Bürgerrechte. In einer Videoansprache an das Volk, die der Ansprache der Bundespräsidentin nachempfunden war, präsentierte er als Mahnung eine zerrissene Bundesverfassung.

Gagneux, der Gegen-Bundespräsident der Schweiz? Auf Anfrage fühlt er sich missverstanden. «Ich spreche nur als Individuum», betont er. «Bis die Bundesverfassung wieder respektiert wird, führe ich jeden Samstag eine Mahnwache auf dem Bundesplatz durch.» Es freue ihn aber natürlich, «wenn sich auch andere anschliessen».

Allerdings: Unter den Protestierenden waren auch ältere Semester, die zur Risikogruppe gehören. Der empfohlene Abstand von zwei Metern wurde an der Demo bestenfalls nachlässig eingehalten. Nimmt er nicht in Kauf, dass sich seine Mitstreiter mit dem Virus anstecken und vielleicht tödlich erkranken?

Er habe keine Demo organisiert und stehe nur für sich selber, sagt er. «Ich habe keine Verantwortung für andere, die ebenfalls protestieren.» Allerdings sagt er, habe er doch dazu aufgerufen, auf dem Bundesplatz «in einem Sicherheitsabstand von zwanzig Metern nebeneinander zu stehen». Was offensichtlich nicht beachtet wurde.

Gagneux bestreitet nicht, dass das Coronavirus eine Gefahr darstellt. «Ich finde es sinnvoll, die empfohlenen Verhaltensregeln wie Abstandhalten und Händewaschen zu beachten.» Aber das müsse freiwillig bleiben. Den Lockdown hält er dagegen für überflüssig «und wegen seiner sozialen Folgen für verheerend». Er verweist auf die ETH-Studie, gemäss der die Ansteckungsrate bereits vor dem Lockdown unter 1 sank. Falls die Ansteckungsrate entgegen seinen Erwartungen doch wieder ansteige, «dann müsste die Schweiz über die Bücher», räumt er ein. Das ändert aber nichts an seiner Empörung über die «Diktatur, die der Bundesrat errichtet hat».

Weitere Demos angekündigt

Zusätzlich zur «Mahnwache» von Gagneux ist in den sozialen Medien auf den 7. Juni eine weitere Demo auf dem Bundesplatz angekündigt – also einen Tag bevor der Bundesrat über weitere Lockerungen entscheiden will. Es wird dazu aufgerufen, «Freiheitstauben» mitzubringen und die Vögel dann fliegen zu lassen.

Auch diese Demo werde aufgelöst «und die Teilnehmer riskieren eine Anzeige», sagt der Stadtberner Polizeidirektor Reto Nause (CVP). «Das Veranstaltungsverbot ist nicht politisch, sondern epidemiologisch motiviert. Es geht darum, eine zweite Welle der Corona-Ansteckungen zu verhindern.»



Linke kritisiert «ungleiche» Polizeieinsätze

Nach der Demonstration von Gegnerinnen und Gegnern des bundesrätlichen Lockdowns vom Samstag rückt der Polizeieinsatz in den Fokus. Die Versammlung von Esoterikern und Verschwörungstheoretikern auf dem Bundesplatz wurde nicht auf Anhieb von der Polizei aufgelöst, sondern das brauchte seine Zeit. Dies finden insbesondere linke und linksalternative Parteien. Die Polizisten hätten die rund 300 Personen zu lange auf dem Bundesplatz gewähren lassen. Dies falle um so mehr auf, als die Polizei am Tag zuvor, also am 1. Mai, viel rigoroser gegen vereinzelte Paare mit Transparenten vorgegangen sei.

An jenem Freitag demonstrierten Einzelpersonen und Paare zum sozialistischen Tag der Arbeit. Hier sei die Polizei sofort eingeschritten und habe interveniert, obschon sich keine Gruppen gebildet hätten – im Gegenteil zur Anti-Notstand-Demo vom Samstag. Nun müsse sich der Gesamtgemeinderat zur unterschiedlichen Handhabung der Grundrechte in der Bundesstadt äussern und Verantwortung übernehmen.

So schreibt etwa die Alternative Linke (AL) in einer Mitteilung vom Sonntag: «Die AL fordert eine Klärung darüber, weshalb den zwei Aktionen völlig unterschiedlich begegnet wurde.» Weiter findet die AL, die auch im Stadtparlament vertreten ist: Die Demonstranten am Samstag hätten von «Gesundheitsfaschismus» gefaselt und die Massnahmen des Bundesrats kritisiert, während die 1.-Mai-Personengrüppchen die Distanzregeln problemlos eingehalten hätten.

Ähnlich urteilt auch das Grüne Bündnis der Stadt Bern: Die Risikoeinschätzung von Polizeidirektor Reto Nause (CVP) und der Berner Kantonspolizei sei politisch geprägt. Die Polizistinnen und Polizisten des Kantonalcorps seien zu wenig demokratisch kontrolliert, teilte die Stadtpartei bereits am Samstag auf Twitter mit. Daher, so wiederholt das GB eine alte Forderung, sei die Rückkehr einer eigenen Stadtpolizei notwendig. Nun müsse der Gesamtgemeinderat dazu Stellung nehmen und mehr Verantwortung übernehmen.

Polizeidirektor Reto Nause kontert die Kritik klar: Die 1.-Mai-Kundgebung habe die Polizei am Freitag aufgelöst, «weil das Kundgebungsverbot in der Covid-Verordnung des Bundes absolut ist». Zum Vorwurf, dies sei viel rascher erfolgt als die Auflösung der Anti-Notstandsdemo am Samstagnachmittag, sagt Nause: «Letzteres dauerte länger, weil diese Demonstranten sehr viel weniger Einsicht zeigten als die 1.-Mai-Demonstranten. Dies vermutlich, weil sie den Sinn des Gesundheitschutzes gar nicht einsehen». (mob/st)
(https://www.derbund.ch/ein-bunter-haufen-laeuft-sturm-gegen-den-notstand-894312594060)



Corona-Übersicht Kanton BE – Warum liess die Polizei die Demo auf dem Bundesplatz zu?
Am Samstag haben etwa 300 Personen für Grundrechte demonstriert. Hingegen waren 1.-Mai-Demos am Freitag nicht möglich.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/corona-uebersicht-kanton-be-warum-liess-die-polizei-die-demo-auf-dem-bundesplatz-zu



bernerzeitung.ch 03.05.2020

Nause zur Anti-Lockdown-Demo: «Wir werden auch eine künftige Kundgebung beenden»

Am Samstag liess die Polizei in Bern eine Kundgebung mit 300 Teilnehmern über Stunden gewähren, trotz Demonstrationsverbot. Warum eigentlich?

Michael Feller

Reto Nause, haben Sie schon einen erbosten Anruf der Bundespräsidentin erhalten?

Nein, warum?

Die Polizei hat 300 Menschen auf dem Bundesplatz gegen den Lockdown protestieren lassen, trotz Versammlungsverbot. Weshalb liess man sie gewähren?

Die Kundgebung wurde aufgelöst. Nur dauerte es eine Weile, bis das – mit verhältnismässigen Mitteln – gelang.

Die Polizei war vor den Demonstrierenden auf dem Platz, wieso hat sie denn nicht von Beginn weg die Versammlung verhindert?

Die Leute waren renitent und wollten den Platz nicht verlassen. Es waren Familien mit Kindern dabei. Ich weiss nicht, was Sie mich heute fragen würden, wenn wir mit dem Wasserwerfer eingefahren wären. Das hat mit Verhältnismässigkeit zu tun.

Das heisst, wenn ich eine unbewilligte Demo ungestört durchführen will, muss ich einfach meine Kinder mitnehmen?

Das hatten wir auch schon, etwa beim Protest der Tamilen auf dem Bundesplatz. Wir liessen mehrmals Demonstranten gewähren, obwohl keine Bewilligung vorlag. Weil Kinder involviert waren.

Gibt es nicht auch andere Mittel als Tränengas und Wasserwerfer, um eine Demo zu beenden?

Sagen Sie mir, welche!

Man könnte die Gruppe in Kleingruppen zersprengen.

Das hat die Polizei auch gemacht, man hat auch Trassierband gespannt, was aber wenig gewirkt hat. Ich war ja nicht vor Ort, aber laut der Polizei war der Einsatz ziemlich mühsam. Mit gutem Zureden war nichts zu holen.

Haben Sie Verständnis für die Demonstrierenden?

Nein. Es gibt ein Kundgebungsverbot, das epidemiologisch und nicht politisch motiviert ist. Eine solche Aktion finde ich völlig kontraproduktiv, zumal das Risiko besteht, dass so die Lockerungsschritte wieder rückgängig gemacht werden müssen.

Die Demonstranten haben weitere Kundgebungen angekündigt. Was unternehmen Sie?

Das sage ich Ihnen sicher nicht.

Also nehmen die Lockdown-Gegner wieder ihre Kinder und Enkel mit und demonstrieren erneut?

Wir werden auch eine künftige Kundgebung beenden. Ausserdem haben Teilnehmende mit einer Anzeige zu rechnen.

Sie haben von der Verhältnismässigkeit gesprochen. Am 1. Mai haben Sie Kleinstgruppen von weniger als fünf Personen angehalten. Weshalb?

Es gilt laut der Bundesratsverordnung ein Kundgebungsverbot. Es gilt auch für Kleinstgruppen. Wenn sie mit Transparenten und Fahnen durch die Stadt laufen, ist das eine Kundgebung.

Ich darf also nicht alleine mit meinem Transparent «Reto Nause hat übertrieben» durch die Stadt ziehen?

Nein. Weil sonst genau das passiert, was wir am Samstag gesehen haben. Plötzlich sind es 15, dann 35, dann 500 Personen. Das Verbot gilt absolut.
(https://www.bernerzeitung.ch/wir-werden-auch-eine-kuenftige-kundgebung-beenden-779414625294)



bernerzeitung.ch 03.05.2020

Kommentar zur illegalen Kundgebung: Nause muss das Verbot durchsetzen

Am Samstag demonstrierten rund 300 Menschen illegal gegen die Lockdown-Bestimmungen auf dem Bundesplatz. Der Kommentar von Wolf Röcken, stellvertretender BZ-Chefredaktor.

Wolf Röcken

Die Einsätze der Berner Polizei in den letzten Tagen werfen Fragen auf. Am 1. Mai hat ein Grossaufgebot bereits kleine Ansammlungen von Demonstranten mit Hinweis auf das Corona-bedingte Versammlungsverbot verhindert. Am Samstag nun demonstrierten rund 300 Menschen gegen die Lockdown-Bestimmungen des Bundesrats auf dem Bundesplatz – und die Polizei liess sie lange Zeit gewähren. Das ist unverständlich.

Die Einschränkungen seit Beginn des Lockdowns sind einschneidend. Das temporäre Versammlungsverbot widerspricht den Grundrechten. Wichtig dabei ist: Die per Notrecht verhängten Regeln gelten für alle. Für das Open-Air, für das Schulfest, für die Grillparty im Eichholz und eben auch für Demonstrationen. Die Polizei und die politisch Verantwortlichen sind dafür zuständig, diese Regeln durchzusetzen.

Öffentliche Kritik am Lockdown-Kurs des Bundesrats soll und muss möglich sein. Es gibt dafür aber auch andere Formen als eine Platzdemonstration, bei der gleich mehrere Bestimmungen wie das Versammlungsverbot oder die Einhaltung von Mindestabständen missachtet werden.

Die Lockdown-Gegner haben für nächsten Samstag wiederum zum Treffen vor dem Bundeshaus aufgerufen. Die Polizei muss dann eine erneute Platzdemonstration verhindern, Polizeidirektor Reto Nause muss das durchsetzen. Sonst ist die Solidarität im grossmehrheitlichen Teil der Bevölkerung in Frage gestellt.
(https://www.bernerzeitung.ch/nause-muss-das-verbot-durchsetzen-176679274378)



derbund.ch 03.05.2020

Linke wittern politische Risikoeinschätzung nach Verschwörungs-Demo

Nach der Demonstration von Gegnerinnen und Gegnern des bundesrätlichen Lockdowns um Esoteriker und Verschwörungstheoretiker vom Samstag rückt der Polizeieinsatz in den Fokus. Dabei finden insbesondere linke und linksalternative Parteien, die Polizisten hätten die rund 300 Personen zu lange auf dem Bundesplatz gewähren lassen. Dies falle um so mehr auf, weil die Polizei am Tag zuvor, also am 1. Mai, viel rigoroser gegen vereinzelte Paare mit Transparenten vorgegangen sei, die am Tag der Arbeit protestieren wollten. Nun müsse sich der Gesamtgemeinderat zur unterschiedlichen Handhabung der Grundrechte in der Bundesstadt äussern und Verantwortung übernehmen.

So schreibt etwa die Alternative Linke (AL) in einer Mitteilung: «Die AL fordert eine Klärung darüber, weshalb den zwei Aktionen völlig unterschiedlich begegnet wurde.» Weiter findet die AL, die auch im Stadtparlament vertreten ist: Die Demonstranten am Samstag hätten von «Gesundheitsfaschismus» gefaselt und die Massnahmen des Bundesrats kritisiert, während die 1.-Mai-Personengrüppchen die Distanzregeln problemlos eingehalten hätten.

Ähnlich urteilt das Grüne Bündnis der Stadt Bern: Die Risikoeinschätzung von Polizeidirektor Reto Nause (CVP) und der Kantonspolizei sei politisch geprägt. Die Polizisten seien zu wenig demokratisch kontrolliert, teilt die Stadtpartei auf Twitter mit. Daher, so wiederholt das GB eine alte Forderung, sei die Rückkehr der Stadtpolizei notwendig. Nun müsse der Gesamtgemeinderat mehr Verantwortung übernehmen. (lok)
(https://www.derbund.ch/ticker-corona-kanton-bern-594319178143)



Kalkulierte Ungleichbehandlung? – Medienmitteilung zu den Polizeieinsaätzen vom 1. und 2. Mai 2020
Nach zwei völlig unterschiedlichen Einsätzen an zwei Demonstrationen müssen sich die Kantonspolizei Bern und der Gemeinderat unbequeme Fragen gefallen lassen. Die AL fordert eine Klärung darüber, weshalb den zwei Aktionen völlig unterschiedlich begegnet wurde, sowie ein klares Bekenntnis zur Wahrung der Grundrechte in der alltäglichen behördlichen Praxis in der Stadt Bern.
https://al-be.ch/kalkulierte-ungleichbehandlung-medienmitteilung-zu-den-polizeieinsaaetzen-vom-1-und-2-mai-2020


Nach Teilnahme an Demo: Parteileitung stellt sich vor Tonja Zürcher
Trotz Corona-Lockdown sei es legitim gewesen, an der 1.-Mai-Kundgebung mitzulaufen, sagt Basta-Co-Präsidentin Heidi Mück. Denn es gehe nicht an, die Versammlungsfreiheit einzuschränken, während gleichzeitig Gartencenter ihre Ware feilbieten dürften.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/nach-teilnahme-an-demo-parteileitung-stellt-sich-vor-tonja-zuercher-137778504


SVP-Fraktionschef Messerli: «Man hätte diese Versammlung sofort auflösen müssen»
Am 1. Mai gingen hunderte Menschen auf die Strasse – trotz Corona-Verordnung. Die Kritik am Polizeieinsatz liess nicht lange auf sich warten.
https://telebasel.ch/2020/05/03/svp-fraktionschef-messerli-man-haette-diese-versammlung-sofort-aufloesen-muessen/?channel=105100



Velo-Demo von Polizei verhindert
Die Kritik an der Einsatz-Doktrin der Polizei am 1. Mai hat offenbar schon erste Wirkung gezeigt. Denn für heute wäre schon die nächste Demo in Basel angesagt gewesen. Aktivisten vom Klimastreik Basel hätten eine Velo-Demo machen wollen, die auf dem Münsterplatz gestartet hätte. Um 14:00 Uhr hätten die Aktivisten gegen die 1,2 Milliarden-Bürgschaft des Bundes für die Airline Swiss demonstrieren wollen. Die Basler Polizei hat die Versammlung aber von Anfang an mit ihrer Präsenz verhindert. Leute, die mit dem Velo aufgetaucht sind, hat die Polizei weggeschickt.
Der Klimastreik Basel teilt in einer Medienmitteilung mit, «man musste befürchten, dass das eigentliche Thema im Kontext der kontroversen Diskussionen um Versammlungen in der Schweiz in den Hintergrund gerückt wäre.» Nun soll die Unterstützung laufender nationaler Protestformen im Internet im Zentrum stehen.
https://telebasel.ch/2020/05/01/polizei-verhindert-velo-demo-von-klimaaktivisten/?utm_source=lead&utm_medium=carousel&utm_campaign=pos+6&channel=105100



Demo 1. Mai 2020 in Bern
Sie hat stattgefunden! Wenn auch kleiner und etwas anders als üblich ….
https://youtu.be/Y1oK87UdNfY


Statement der IWW Zürich zum 1. Mai 2020
Mehrere Mitglieder der Industrial Workers of the World (IWW) Ortsgruppe Zürich wurden am 1. Mai verhaftet und längere Zeit in Einzelzellen festgehalten. Einzelnen wurde ein Strafverfahren angedroht. Alle wurden aus dem inneren Stadtgebiet weggewiesen.
Die IWW Zürich wollte sich am 1. Mai 2020 solidarisch mit Arbeiter*innen zeigen, die, durch die Coronakrise verstärkt, aber auch allgemein in Konflikten und Kämpfen an ihren Arbeitsplätzen sind. Wir waren bedacht uns in Gruppen von weniger als 5 Personen zu bewegen und gebührend Abstand zueinander zu halten.
Bei unserer Kontrolle bzw. Verhaftung blieb trotz Nachfrage unklar, was der Grund dafür ist. Die Aussagen dazu waren “1. Mai” , “Sie wissen schon wieso” und “Verstoss gegen die Covid-Verordnung”. Auch die angedrohten Konsequenzen sind einigermassen wild ausgefallen: Es wurde mindestens eine Busse ausgesprochen, andere werden angezeigt und wieder andere wurden bis auf die Wegweisung kommentarlos entlassen. Die Gründe sind unterschiedlich und absolut willkürlich. Ausserdem hat sich die Polizei uns gegenüber mal wieder von der rassistischsten und sexistischsten Seite gezeigt und hat einzelne Mitglieder während der Verhaftung entsprechend beleidigt.
https://www.facebook.com/IWWJAM/posts/1134262266913239



Queerfeministische Grüsse
Zureich: In der Nacht vom 1.Mai wurde auf das Silo weitrum sichtbar ein Zeichen für den Queer*feminismus, gegen die beschissene unnötige Repression und für einen revolutionären 1.Mai gesetzt.
https://barrikade.info/article/3473


Spray beim chilenischen Honorar-Konsulat
Wir haben gestern Nacht in Wädenswil (ZH) das chilenische Honorar-Konsulat verschönert!
https://barrikade.info/article/3474


Gedenken an alle Opfer der Hexenprozesse
In der Nacht vom 30.April auf den 1.Mai ist die Walpurgisnacht, die Widerstandsnacht der Hexen, ihrer Schwestern und Töchtern. In dieser Nacht wollten wir den Opfern der Hexenprozesse gedenken und den Widerstand weiter leben lassen.
Wir, 5 Kinder der Hexen, haben in dieser Nacht den Brunnen beim Barfüsserplatz Rot gefärbt und ein Transpi gehängt mit der Aufschrift: “Wir sind die Töchter der Hexen, die ihr nicht ertränken konntet”, um den Opfern zu gedenken.
https://barrikade.info/article/3472


Demonstrieren ging am Sonntag nur per Videochat
Am Sonntag hat im Internet eine Kundgebung für den Klimaschutz stattgefunden. Eine geplante Velo-Demo in Basel wurde hingegen abgesagt.
https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/demonstrieren-ging-am-sonntag-nur-per-videochat-ld.1217373


+++BIG BROTHER
Corona-Infizierte erkennen: Welche Tracing-Apps weltweit zum Einsatz kommen
Ampel-System in China, Selfie-Zwang in Moskau und schnelle Lösung in Österreich: Sechs Beispiele wie Staaten die Pandemie eindämmen wollen.
https://www.derbund.ch/welche-tracing-apps-weltweit-zum-einsatz-kommen-111518888031


Dem Virus auf den Fersen: Contact Tracing rollt wieder an
Es wird zunehmend wichtig, die Infektionsketten von Covid-19-Patienten nachzuvollziehen. Das Contact Tracing soll daher wieder schweizweit aufgenommen werden. Die Lockerungen bergen aber Risiken.
https://www.blick.ch/news/schweiz/dem-virus-auf-den-fersen-contact-tracing-rollt-wieder-an-id15872746.html


Datenschutz: “Wenn Sie ein Handy haben, sind Sie doch ohnehin schon überwacht”
Früher brach Oxblood Ruffin in die Rechner großer Konzerne ein. Heute denkt der Hacker über die ideale App gegen das Coronavirus nach – und deren möglichen Missbrauch.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-05/datenschutz-interview-oxblood-ruffin-corona-app/komplettansicht


Auch Staatspolitische Kommission will Corona-Warn-App nicht per Notrecht
Auch die Staatspolitische Kommission (SPK-S) des Ständerates hat sich zur Corona-Warn-App, die am 11. Mai lanciert werden soll, geäussert.
http://www.kleinreport.ch/news/auch-staatspolitische-kommission-will-corona-warn-app-nicht-notrecht-94653/


+++ANTIRA
«Die Schweiz tut sich schwer damit, Rassismus anzuerkennen»
Wie äussert sich Rassismus in der Coronakrise? Und warum tut sich die Schweiz so schwer damit, ihre Kolonialgeschichte aufzuarbeiten? Ein Interview mit der Wissenschaftlerin Jovita dos Santos Pinto.
https://www.watson.ch/schweiz/wirtschaft/571655404-rassimus-in-coronakrise-die-coronakrise-akzentuiert-ungleichheiten


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
AZ auf die Ohren: Gespräch über «5G-Gegner und ihre Freunde»
Podcast in Zusammenarbeit mit Radio Rasa. Über die Recherche zu Verbindungen der Schaffhauser Anti-5G-Bewegung zum radikalen Sektenführer Ivo Sasek.
Hier hören Sie hinter die Kulissen der AZ. Heute Donnerstagmorgen in der Sendung «Easy Riser» lief auf Radio Rasa das Gespräch von Patricia Bechler mit Mattias Greuter über seinen Artikel «5G-Gegner und ihre Freunde» – jetzt hier als Podcast.
https://www.shaz.ch/2020/04/30/az-auf-die-ohren-gespraech-ueber-5g-gegner-und-ihre-freunde/


Corona-Skeptiker festgenommen: Demonstranten buhen Stadtpolizei aus
Ein paar dutzend Demonstranten versammeln sich am Sonntagnachmittag am Zürcher Bellevue. Zu einem unbewilligten Protest gegen die Corona-Massnahmen. Unter ihnen der Aargauer Arzt, der zuletzt im Netz Corona-Wahnvorstellungen verbreitet und Drohungen ausgesprochen hatte, bis er verhaftet wurde. Mittlerweile ist er offensichtlich wieder frei und unterstützt weiterhin die Corona-Skeptiker.
Die Stadtpolizei Zürich rückt mehrmals zum Bellevue aus. Sie ermahnt die Demonstranten, den Platz zu verlassen. Ein junger Mann weigert sich. Er trägt ein Schild mit der Aufschrift «Freiheit» um den Hals. Die Beamten packen ihn an den Armen und schleifen ihn ins Auto. Der Mann wehrt sich: «Ich sitze doch hier nur ganz alleine.» Die Polizisten lassen sich nicht beirren – auch nicht von den Buh-Rufen der übrigen Protestierenden.
Der Demonstrant wird vorläufig festgenommen. Die illegale Demo löst sich am Sonntagnachmittag aus.
(https://www.blick.ch/news/schweiz/aktuelle-news-zum-coronavirus-ticker-zum-sars-aehnlichen-virus-aus-china-id15715896.html)
-> https://www.20min.ch/story/polizei-verhaftet-teilnehmer-von-anti-corona-kundgebung-802971760222



Mein Onkel, die Verschwörungstheorien-Schleuder
Wie ist es, wenn in der Familie plötzlich Verschwörungstheorien die Runde machen? Ein Betroffener erzählt
https://www.derstandard.at/story/2000117219410/mein-onkel-die-verschwoerungstheorien-schleuder



NZZ am Sonntag 03.05.2020

Der Segen des Irrsinns: Warum wir Verschwörungstheorien für glaubhaft halten

Mittlerweile glauben selbst Leute, die man für rational gehalten hätte, an Verschwörungstheorien. Der Grund dafür ist eine wachsende Intoleranz gegen das Unerklärbare und Uneindeutige.

Katharina Bracher

«Warum werden wir NIE richtig informiert?», fragte meine Bekannte. Es war der Samstag, bevor der Bundesrat die landesweite Notlage ausrief. Zuvor hatten wir mit wenigen Zentimetern Distanz zueinander im Yoga-Studio geschwitzt. Sie spielte auf ihrem Smartphone eine Sprachnachricht ab.

Eine weibliche Stimme, angeblich die einer Pflegefachfrau aus Wuhan, berichtete mit alarmierter Stimme, dass die Einnahme des fiebersenkenden Schmerzmittels Ibuprofen die Symptome einer Infektion mit dem neuen Coronavirus stark verschlimmere. Die Tatsache werde aber von den Behörden verschwiegen.

Meine Bekannte war beunruhigt, und ehrlich gesagt, ich war es auch. Seit meiner letzten USA-Reise sass ich auf einem grossen Vorrat spektakulär billiger Ibuprofen-Kapseln. «Und die Sache mit den Masken?», gab mein Gegenüber zu bedenken. Warum genau werde behauptet, dass das Tragen von Gesichtsmasken durch gesunde Personen nichts nütze? Wenn man doch wisse, dass das nicht stimmen könne?

Für sie war klar: Da musste mehr dahinterstecken. Vermutlich etwas ganz Grosses: «Von der Sache mit dem Laboratorium hast du gehört, ja?», fragte sie. Ich verneinte. Da gebe es dieses Gerücht, wonach das Coronavirus eine biochemische Waffe sei, die von den Chinesen (oder Amerikanern?) für militärische Zwecke hergestellt worden sei.

Vermutlich schaute ich irritiert, und sie fügte an: «Mit der Möglichkeit muss man sich als vernünftiger Mensch befassen, bevor man das als crazy abtut!» Just in dem Moment fiel mir ein, dass ich noch ganz dringend vor Schalterschluss auf die Post musste. Wir verabschiedeten uns ohne Handschlag, aber mit den aufrichtigsten Wünschen für gute Gesundheit. Dann pedalte ich ohne Umweg nach Hause.

In den darauffolgenden Wochen kursierten die irrsten Theorien in den sozialen Netzwerken: Das Virus existiere gar nicht, in Wahrheit sei es die neue Mobilfunknetzgeneration 5G, die Menschen krank mache. Covid-19 sei eine Erfindung, um von dieser Tatsache abzulenken. In den USA, wo auffällig viele der absurdesten Verschwörungstheorien ihren Ursprung haben, verbreitete sich die Ansicht, wonach das neue Coronavirus ein liberaler Hoax sei, also eine Falschmeldung der Demokraten, um Donald Trump loszuwerden.

Verschwörungstheorien sind natürlich nicht neu. Gera­de Epidemien werden typischerweise von alternativen Deutungsmustern begleitet, deren verworrene Handlungen von jedem Hollywoodproduzenten als lachhaft abgetan würden. Eher jüngeren Datums ist allerdings die rasante Verbreitung verschwörungstheoretischer Erklärungsmodelle in den sozialen Netzwerken. Hinzu kommt der durch ­repräsentative Umfragen belegte Vertrauensverlust in die etablierten Medien, die Wissenschaft und in etwas geringerem Ausmass in staatliche oder überstaatliche Institutionen.

Und noch etwas fällt auf: Verschwörungstheorien erreichen zunehmend jüngere und gebildete Bevölkerungs­schichten. Jeder kennt das Phänomen aus seinem Umfeld. Die Nachbarin, die Kindheitsfreundin, die Zufallsbekannt­schaft auf Facebook: Plötzlich tauchen Verschwörungstheorien in zuvor überwiegend rational orientierten Kreisen auf.

Die Bekannte vom Yoga-Studio etwa ist aus einem westlichen Industrieland eingewandert, sie hat mindestens einen Hochschulabschluss, spricht vier Sprachen und arbeitet in leitender Position in einem international tätigen Unternehmen. Für Leute wie sie und eine wachsende Anzahl von Personen scheinen Verschwörungstheorien plausibler als die Informationen zur Pandemie von Wissenschaft und Behörden.

Obwohl Verschwörungstheorien so alt sind wie die Menschheit selbst, hat die Forschung erst in der letzten Dekade so richtig Fahrt aufgenommen – vornehmlich in der Sozialwissenschaft und der Psychologie. Sie haben sich vor allem mit der Anhängerschaft, ihren Motiven und Merkmalen befasst. Unbekannt ist, wie viele es überhaupt sind, die den Verschwörungstheorien zuneigen und sie ver­breiten. In den USA kursieren Schätzungen, wonach jeder Dritte den gängigsten Verschwörungstheorien zu­stimmt.

Aufschlussreicher ist aber nicht die Antwort auf die Frage nach dem Wieviel, sondern dem Warum.

«Viele Menschen haben eine Abneigung gegen den Zufall. Für grosse Ereignisse müssen grosse Erklärungen her», sagt Psychologe Roland Imhoff, der sich in mehreren Studien mit Verschwörungstheorien und ihren Anhängern befasst hat. Ein Virus, eine winzige, unsichtbare Entität, die sich über ein Wildtier auf den Menschen übertragen hat, soll für die weltweite Corona-Krise verantwortlich sein? Das ist den meisten eine zu banale Erklärung für die Tatsache, dass sich ihre Welt praktisch über Nacht auf den Kopf ge­stellt hat.

Alter und Intelligenz spielen laut Imhoff keine Rolle, ob jemand Verschwörungstheorien Glauben schenkt oder nicht. Bildung hingegen sei sehr wohl ein Faktor. Und zwar nicht, weil höher Gebildete die absurden Konstrukte besser durchschauen würden, sondern weil ein höherer Bildungsstand automatisch mit mehr Einflussmöglichkeiten auf das eigene Leben einhergeht.

Oder anders ausgedrückt: Wer tiefer gebildet ist, bekommt weniger Chancen, seinen Lebensweg aktiv zu gestalten. Verschwörungstheorien kompensieren diese relative Ohnmacht und verstärken das Gefühl, Kontrolle über sein eigenes Leben zu haben.

Eine grundlegendere Erklärung könnte lauten: Menschen haben von Natur aus eine Abneigung gegen Unklarheit. Sie vermeiden mehrdeutige, vage und widersprüchliche Informationen, wie sie die gegenwärtige Situation mit sich bringt. Die These geht zurück auf den deutschen Islamwissenschafter Thomas Bauer. Er nennt diese Eigenschaft «Ambiguitäts-Intoleranz». Gemeint ist die Intoleranz gegenüber Widersprüchen, die das Leben mit sich bringt. In seinem Essay «Die Vereindeutigung der Welt» beschreibt er diese Entwicklung als menschliche Mentalitätsgeschichte.

Weltreligionen etwa hätten früher weit mehr Ambiguität zugelassen. Als Beispiel nennt er die gleichgeschlechtliche Liebe, die im Islam einst toleriert worden sei. Unsere Zeit hingegen sei eine der geringen Ambiguitätstoleranz. In vielen Lebensbereichen, nicht nur in der Religion, erscheine das als attraktiv, was Erlösung von der «unhintergehbaren Ambiguität der Welt» verspreche. Vielfalt, Komplexität und Pluralität würden häufig nicht mehr als Bereicherung empfunden.

Hinzu komme der Wahn, jedes und alles bis aufs Letzte erklären zu müssen. Bauer beschreibt es als eine eigentliche Wahrheitsobsession: «Viele Menschen, denen immer alles erklärt wird und denen eine Welt ohne Geheimnisse, ohne Unerklärbares und Überkomplexes vorgegaukelt wird, glauben schliesslich selbst, alles zu verstehen.» Deshalb habe man heute immer und zu allem eine Meinung. Eine Meinung zu haben, werde geradezu vorausgesetzt.

Bauer bezieht die zeitgeistige Ambiguitäts-Intoleranz zwar nicht auf Verschwörungstheorien, doch die Anwendung ist naheliegend: Die Wissenschaft etwa steckt per Definition in der Ambiguität fest. Zu den gesundheitlichen Auswirkungen von 5G zum Beispiel gibt es keine eindeutigen wissenschaftlichen Befunde, schlimmer noch: Vielleicht wird es die nie geben. Von dieser Unsicherheit profitieren jene, die Verschwörungstheorien propagieren.

Ähnlich verhält es sich mit der Pandemie. Die umständlichen Erklärungen von Wissenschaftern unterschiedlicher Fachgebiete sind durchsetzt von zahlreichen Fremdwörtern, die man womöglich noch nachschlagen muss. Sie tragen nicht zur Eindeutigkeit bei, nach der sich die meisten Menschen sehnen, doch das ist auch nicht die Aufgabe der Wissenschaft.

Komplexe Kontextualisierung der Sachverhalte, kritische Betrachtung von inflationär verwendeten Begriffen, das Abwägen von Argument und Gegenargument: Das alles ist aufwendig und nervenaufreibend. Verschwörungstheorien machen die anstrengende Mehrdeutigkeit des Lebens erträglicher. Damit kommen wir allerdings der absoluten Wahrheit, nach der wir angeblich alle streben, keinen Schritt näher.



Die vier irrsten Verschwörungstheorien

Immer steckt eine reiche Elite dahinter, und meistens sind die Juden schuld: Das Weltbild der Verschwörungstheoretiker ist düster.

– Hillary Clinton hat 9/11 mitgeplant: Clinton soll unter anderem hinter den Plänen für 9/11 stecken. Der Beweis? Ihr Wahlkampf-Logo! Journalisten witzelten darüber, dass dieses eine Ähnlichkeit zu einem Flugzeug, das in die Zwillingstürme fliegt, aufweise. Verschwörungstheoretiker argumentieren noch heute mit diesem «Beleg».
– Reptilienmenschen regieren die Welt: Der englische Fussballer David Icke behauptet, dass sich ausserirdische Reptilienmenschen gegen uns verschwören. Seit Jahrhunderten würden sie dabei von Familiendynastien wie den jüdischen Rothschilds unterstützt. Vier Prozent der registrierten US-Wähler gaben 2013 an, diese Theorie für glaubwürdig zu halten.
– Chemikalien machen Männer schwul: Der in den USA populäre Radiomoderator Alex Jones, Impfgegner und Waffenenthusiast, glaubt, dass die Regierung das Trinkwasser absichtlich mit Stoffen versetze, um stramm heterosexuelle Männer schwul zu machen. Ausserdem sei Ex-Präsident Barack Obama in der Lage, das Wetter zu beeinflussen.
– Die Welt ist eine Scheibe: Die «Flat Earth Society» wurde 1956 in den USA von einem fundamentalistischen Christen gegründet. Inzwischen hat sich eine Gruppe abgespalten. Sie behauptet, die ursprüngliche Flat Earth Society werde von einer jüdischen Elite kontrolliert, die Argumente für eine flache Erde weit hergeholt aussehen lasse.


Katharina Bracher ist gemäss Exponenten der Szene eine Journalisten-Marionette der Bilderberg-Konferenz, die eine geheime Weltverschwörung plant. Wer sich ihr trotzdem zu schreiben getraut: katharina.bracher@nzz.ch
(https://nzzas.nzz.ch/magazin/verschwoerungstheorien-warum-wir-sie-fuer-glaubhaft-halten-ld.1554224)



Verschwörungstheorien – Darum sind sie gefährlich
Verschwörungstheorien erleben derzeit einen Boom: Außerirdische Reptilien beherrschen demnach die Welt. Flugzeuge versprühen Gift und andere Chemikalien am Himmel. Und die Bundesrepublik Deutschland gibt es gar nicht. Viele dieser Theorien verbreiten sich über das Internet rasant – und nicht immer sind sie harmlose Spinnerei, denn mit Verschwörungstheorien wird auch Politik gemacht.


+++WORLD OF CORONA
Ohne Impfpass kein Grenzübertritt: Wie Corona Grenzen militarisiert
Zäune wurden gebaut und Grenzbalken geschlossen. Wenn Staaten die Barrieren nach Abflauen der Coronakrise nicht rasch wieder abbauen, droht eine gefährliche Entfremdung
https://www.derstandard.at/story/2000117194363/ohne-impfpass-kein-grenzuebertritt-wie-corona-grenzen-mililtarisiert


+++HISTORY
Lange Nacht über Anarchismus: Kein Gott, kein Staat, kein Vaterland
Anarchie gleich Chaos – so ein sorgfältig gepflegtes Vorurteil. Aber Herrschaftsfreiheit heißt nicht unbedingt Unordnung. Tatsächlich bündelt der Anarchismus ein schillerndes Aufgebot utopischer Ideen – und ist damit hochaktuell.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/lange-nacht-ueber-anarchismus-kein-gott-kein-staat-kein.1024.de.html?dram:article_id=475678