Medienspiegel 24.04.2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Asylunterkünfte im Kanton Bern: Mehr Raum, damit auch Asylsuchende Distanz wahren können
Der Kanton Bern öffnet drei Asylunterkünfte zusätzlich. Damit sei Social Distancing möglich, sagt der bernische Sicherheitsdirektor Philippe Müller.
https://www.derbund.ch/mehr-platz-schaffen-damit-auch-asylsuchende-distanz-wahren-koennen-556391698778


+++GRAUBÜNDEN
Südostschweiz 24.04.2020
„Die Unterkunft wird geschätzt“
Marcel Suter, Leiter des kantonalen Amtes für Migration und Zivilrecht, nimmt Stellung zu den Vorwürfen zweier Freiwilligenorganisationen im Zusammenhang mit dem Bündner Asylsystem.
https://www.vmv.ch/images/medienberichte/so_200424.pdf


+++URI
Uri – Asylheime in Coronazeiten
https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#538754_3


+++ZÜRICH
Kanton Zürich entlässt mehrere Personen aus Ausschaffungshaft
Sieben abgewiesene Asylbewerber aus Auschaffungshaft entlassen: Weil derzeit die Grenzen geschlossen sind und der Flugverkehr eingeschränkt ist, sind Ausschaffungen kaum möglich. Die abgewiesenen Asylbesucherinnen und -besucher sind derweil im Flughafengefängnis Zürich inhaftiert. Nun hat das Zürcher Migrationsamt sieben Personen aus der Ausschaffungshaft entlassen. Es handelt sich um Menschen, die bereits in einem anderen Land ein Asylgesuch gestellt haben.
Wie der «Zürcher Unterländer» schreibt, befinden sich aktuell 47 Personen in der Administrativhaft des Flughafengefängnisses. Asylorganisationen fordern, sie alle zu entlassen. «Im Moment können Ausschaffungen nicht durchgeführt werden», sagt Lea Hungerbüehler, Präsidentin des Vereins Asylex. «Deshalb ist es nicht zulässig, Menschen zu inhaftieren, die auf ihre Ausschaffung warten.» Laut dem Zürcher Migrationsamt werden derzeit sämtliche Fälle abgewiesener Asylbewerber geprüft.
https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/corona-uebersicht-zh-und-sh-kanton-zuerich-entlaesst-mehrere-personen-aus-ausschaffungshaft
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/7-ausschaffungshaeftlinge-wegen-corona-krise-freigelassen-137718493



landbote.ch 24.04.2020

Geflüchtet in Corona-Zeiten – «Lockdown Switzerland»: Fünf Flüchtlinge erzählen

Asylsuchende mit hängigem und abgelehntem Verfahren verbringen ein Leben in der Schwebe. Die Corona-Krise hat diesen Zustand noch verstärkt, aber auch den Glauben an die Solidarität. Fünf Betroffene im O-Ton.

Marc Leutenegger

– Kungkar C. aus Tibet, sechs Jahre in der Schweiz, Asylantrag abgelehnt –

«Eines Tages habe ich einen Brief vom Staatssekretariat für Migration erhalten. Darin stand, dass ich die Schweiz verlassen müsse, weil mein Asylantrag abgelehnt worden sei. Das hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen. In einem Tag verlor ich meinen Job, das Studio, meine Versicherungen. Ich wusste aber, dass ich immerhin noch den Anspruch auf ein Härtefallgesuch hatte. Ich nahm mir vor, bis zum Antrag möglichst gut Deutsch zu lernen. So kam ich zum Solinetz in Winterthur – für mich eine der besten Sprachschulen überhaupt. Die Lehrkräfte arbeiten tagein, tagaus für uns, stellen Lernmaterial zur Verfügung und organisieren nach jedem Abschluss eine Klassenfahrt. Das gibt uns Mut und hilft uns dabei, den Glauben an die Menschlichkeit zu bewahren.

Wegen der Pandemie ist unsere Schule nun aber zu. Die ersten Tage nach der Schliessung waren sehr langweilig. Dann organisierten die Lehrkräfte einen Fernunterricht. Jetzt beschäftigen sich alle täglich dreieinhalb Stunden mit Deutsch wie vorher. Ich selbst habe ausserdem angefangen, auf Deutsch Geschichten zu schreiben. Das macht mir viel Freude in dieser ungewöhnlichen Zeit.

Es beruhigt mich, dass meine Heimat Tibet vom Coronavirus nicht hart getroffen ist. Deshalb mache ich mir keine Sorgen um die Gesundheit meiner Familie, zumindest nicht wegen des Virus. Aber ich empfinde ein grosses Mitleid für alle, die einen Angehörigen wegen des Coronavirus verloren haben.

Die Pandemie hat die Wirtschaft der Schweiz beschädigt, davon ist viel die Rede. Was man kaum hört, ist, dass auch die Asylsuchenden unter dem Virus leiden, die auf einen Entscheid des Staatssekretariats für Migration warten. Darüber wird kaum geredet, viele Leute interessieren sich nur für die Asylzahlen und die Kosten. Laut den Nachrichten ist diese Krise, in der wir uns befinden, die zweitgrösste nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich betrachte sie als die zweitgrösste Chance, die wir je hatten, uns Gedanken zu machen. Sei es über den Klimawandel, die Familie oder das eigene Verhalten gegenüber anderen.»

– Ecrin I. (Name geändert) aus der Türkei, seit knapp zwei Jahren in der Schweiz, Asylantrag hängig –

«Ich bin ehemalige Richterin, und bis zum sogenannten Putschversuch habe ich neun Jahre lang als Richterin gearbeitet. Dann musste ich die Türkei mit meiner Familie aus politischen Gründen verlassen. Nach einer gefährlichen Reise bin ich über Griechenland in die Schweiz gekommen. Mit dem N-Ausweis bin ich noch kein anerkannter Flüchtling. Das heisst, ich muss auf meine Anhörung warten und darf in der Schweiz in der Zwischenzeit keine Erwerbstätigkeit ausüben. Ich habe jetzt zwar eine ungewisse Zukunft, schätze mich aber trotzdem glücklich, weil ich mit meiner Familie zusammen und frei bin.

Seit einigen Wochen erleben wir nun eine aussergewöhnliche Zeit. Wer hätte gedacht, dass wir eines Tages einmal alle zu Hause bleiben sollen? Wenn wir doch einmal nach draussen gehen, halten wir zwei Meter Abstand voneinander, tragen Masken und Handschuhe. Es kommt mir so vor, als müssten wir noch für eine Weile weiter so leben.

Das Beste an diesen schwierigen Tagen ist, dass die ganze Menschheit gegen einen gemeinsamen Feind kämpft. Vielleicht ist es das erste Mal, dass die Menschheit ausnahmslos im gleichen Rang steht. Jeder träumt von besseren Tagen und arbeitet für eine gesündere Welt. Das tröstet mich. Vielleicht haben wir, nachdem wir diesen Prozess überwunden haben, erkannt, dass wir auch viele andere Probleme gemeinsam lösen müssen.

Vor dem Coronavirus kümmerte ich mich morgens um meine drei Kinder und den Haushalt. Nachmittags überliess ich die Kinder meinem Mann, der vom Deutschkurs nach Hause kam, und ging nach Winterthur, um selbst im Kurs Deutsch zu lernen. Wenn ich nach Hause zurückkam, hütete ich wieder die Kinder und lernte weiter Deutsch, nachdem die Kinder eingeschlafen waren. Die Pandemie hat nun alles verändert. Ich habe mich mit meinem Mann sehr bemüht, das Richtige zu tun. Wie Millionen von Menschen bleiben wir zu Hause. Kurse, Schulen und alle gemeinsam besuchten Orte wurden geschlossen. Wir haben jetzt mit Heimunterricht angefangen. Gleichzeitig soll ich meinen drei Kindern beim Deutschunterricht helfen. Im Moment lerne ich Deutsch und unterrichte Deutsch. Ich verbringe meine Tage also zu Hause auf Deutsch.

Wenn ich Zeit habe, gehe ich spazieren, vor allem bei schlechtem Wetter, weil dann die Strassen leer sind. Auch verständige ich mich mit meinen Eltern über das, was bei uns und bei ihnen in der Türkei passiert. Dort wird die Lage wegen des Virus immer schlimmer. Meiner Familie geht es gut, aber mir bereiten die Gefängnissen in der Türkei Sorgen. Tausende unschuldige Menschen werden aus politischen Gründen festgehalten, darunter Frauen mit ihren Babys.

Ich hoffe, dass die Schweizer, denen ich dankbar bin, und alle Völker der Welt, diese Epidemie so schnell wie möglich loswerden. Ich hoffe, wir sehen uns bald an gesunden Tagen wieder auf der Strasse und in Parks, geben uns die Hand und umarmen uns ohne Angst.»

– Mohammadreza S. aus dem Iran, knapp drei Jahre in der Schweiz, Asylantrag hängig –

«Meine Frau und ich leben seit bald drei Jahren in der Schweiz. Wir kommen aus dem Iran, wo ich als Tierarzt arbeitete und meine Frau in einem Reisebüro. Wegen meiner Aktivitäten als Menschenrechtler wurde ich vom Regime verfolgt und musste mit ihr in die Schweiz flüchten. Hier leben wir heute in einer Wohngemeinschaft.
Es dauerte nicht lange, bis uns nach unserer Ankunft klar war, dass wir unbedingt Deutsch lernen mussten. Wir haben verschiedene Kurse absolviert, seit einem Jahr sind wir nun beim Solinetz in Winterthur.

Das Coronavirus hat leider den Besuch der Kurse unterbrochen und auch sonst viel verändert in unserem Alltag. Ich glaube aber, dass wir uns mit dieser aussergewöhnlichen Situation gut abgefunden haben, obwohl uns oft die Freunde und Bekannten fehlen und uns die Quarantäne manchmal langweilt. Ich denke, man muss die Situation ernst nehmen, ohne Angst zu haben. Bevor die Krise die Schweiz heimsuchte, hatte sie bereits den Iran erreicht. Wir haben das beobachtet und wussten darum, dass Hamsterkäufe und Sorgen um die Verfügbarkeit von Desinfektionsmitteln keinen Sinn ergeben. Wir sorgen uns aber um unsere Eltern, weil sie zur Risikogruppe zählen.

Im Alltag beschäftigen wir uns derzeit vor allem mit dem Deutschunterricht, der dank der Bemühungen unserer Lehrkräfte online weitergeht. Und dann mit den sonst üblichen Dingen wie Kochen, Serien-Schauen und manchmal Spazieren. Und weil wir in einer Wohngemeinschaft wohnen und unsere Mitbewohner manchmal unvorsichtig sind, reinige ich die Gemeinschaftsräume jeweils extra.

Eine der grössten Konsequenzen des Virus für uns ist bisher, dass die Einladung zur Anhörung unserer Asylgründe annulliert wurde. Das macht für uns die Situation eher schwieriger. Wie gut wir Deutsch sprechen oder integriert sind, spielt leider keine Rolle, solange unsere Asylgründe nicht geprüft sind und wir keinen richtigen Aufenthalt erlangt haben. Trotz aller Schwierigkeiten verlieren wir unsere Geduld nicht und gehen hoffnungsvoll weiter. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass diese Situation schnell vorübergeht und alle Menschen die Sonne wieder zusammen geniessen können und dass wir lernen, für Humanität und Solidarität nicht nur in der Krise einzutreten.»

– Nima M.* (Name geändert) aus Tibet, seit 7 Jahren in der Schweiz, Asylantrag abgelehnt –

«Ich bin bereits seit über sieben Jahren in der Schweiz. 2015 ist mein Asylgesuch abgelehnt worden. Tibet ist meine Heimat, der Ort, wo meine Familie lebt. Leider musste ich meine Familie und meine Heimat verlassen, weil mein Leben in Gefahr war. Ich musste alles hinter mir lassen. Als Sans-Papiers fühle ich mich in der Schweiz nicht willkommen. Trotz all der Jahre, die ich hier bin, kann ich kein Härtefallgesuch einreichen, weil der Kanton, in dem ich wohne, sehr restriktiv ist. Ich habe mich stets bemüht, die Sprache zu erlernen und mich gut zu integrieren. Nun fehlt mir als Sans-Papiers eine Perspektive. Ich sehe mein Leben abrutschen. Ich hege Hoffnung, für mich selbst sowie für mein Land. Ich fürchte mich vor meinen Träumen.

Man sagt, dass in der Schweiz die Menschenrechte für alle gleichermassen gelten, aber Asylbewerber leben jeden Tag mit der Angst, dass sie plötzlich ins Gefängnis geschickt werden. Obwohl es sehr schwierig ist, mit der Nothilfe zu überleben, erhalten wir Strafbefehle wegen illegalen Aufenthalts, die es finanziell für uns noch schwerer machen.

Ich selbst war zwei Monate im Gefängnis. Und warum? Weil ich kein Geld hatte, einen Strafbefehl über fast 3000 Franken zu bezahlen. Diese Situation ist widersprüchlich, denn wir dürfen nicht arbeiten. All das setzt mich so sehr unter Druck, dass ich langsam meine Kraft verliere und sich meine Gesundheit verschlechtert. Ich bin immer noch in der gleichen Situation wie vor sieben Jahren, als ich hier ankam.

Die Schweiz bedeutete für mich Freiheit und Gleichheit, und ich hoffte, hier eine Chance zu bekommen. Ich wurde bitter enttäuscht, aber ich habe meine Hoffnung noch nicht aufgegeben. Ich habe einige liebe Schweizer kennen gelernt, die sich sehr um mich gekümmert haben. Sie sind fest in meinem Herzen. Das ermutigt mich, weiterzumachen, und schafft mir ein positiveres Bild von der Schweiz: ein Land, in dem man solidarisch ist gegenüber Minderheiten und Schwächeren.

Jetzt stehen wir alle vor einer der grössten Herausforderungen des Jahrhunderts. Die Ausbreitung des Coronavirus hat sicherlich vielen Angst gemacht. Aufgrund meiner eigenen Erfahrung kann ich feststellen, dass sich manche Menschen unangemessen gegenüber anderen verhalten. Seit Beginn der Ausbreitung wurde ich von Jugendlichen ein paarmal gemobbt. Ich wurde im Zug sogar schon «Corona» genannt. Dabei fragte ich mich, was diesen Menschen Angst vor mir macht. Natürlich war ich beleidigt, wütend und traurig, aber meiner Meinung nach konnte das auch eine Gelegenheit für mich sein, meine eigene Würde zu bewahren, indem ich anständig reagierte. Was ich vermitteln möchte, ist, dass in dieser Zeit die wahre Solidarität am wichtigsten ist. Wichtig ist, zu erkennen, dass wir alle Menschen sind.»

– Roshna H. aus dem Nordirak, seit dreieinhalb Jahren in der Schweiz, Asylantrag abgelehnt –

Ich bin in Erbil geboren und aufgewachsen. Ich bin kurdischer Abstammung und lebe seit dreieinhalb Jahren in der Schweiz, zusammen mit meiner Familie. Das sind meine Eltern und meine beiden schulpflichtigen Geschwister. Ich habe noch eine ältere Schwester, die in Deutschland lebt. Wir haben uns allerdings schon lange nicht mehr gesehen. Ich vermisse sie.

Wir leben in einer Wohnung im schönen Trüllikon, wo wir uns sehr unterstützt fühlen. Deshalb betrachten wir uns auch nicht als Fremde. Wir finden, diese Gegend mit ihrer guten Luft und ihrem Wasser ist unserem Land sehr ähnlich. Im Irak war ich in der 11. Klasse des Gymnasiums. Ich hätte gerne die Matura gemacht und wäre dann zur Universität gegangen. Alles, was ich wollte, war, die Universität zu beenden, damit ich meinem Land hätte dienen können. Aber leider konnte ich meine Ausbildung aufgrund der politischen Situation, in der mein Vater war, nicht fortsetzen. Er war in Lebensgefahr. Und sein Leben war wichtiger als meine Ausbildung und meine Wünsche.

Die Schweiz ist ein schönes Land. Sie hat sich einen Namen gemacht für Gerechtigkeit, Menschenrechte und Demokratie. Wie alle Kinder hatten meine Geschwister das Recht, zur Schule zu gehen. Jetzt ist meine Schwester schon in der 1. Sekundarschule und mein Bruder in der 4. Klasse. Sie sind sehr glücklich mit ihrer Schule und ihren Freunden, sie lieben ihre Lehrerinnen und Lehrer sehr, und sie haben sehr gut Deutsch gelernt. Mein Bruder konnte Gitarrenstunden nehmen und ist darüber sehr glücklich.

Ich wurde aufgrund meines Alters einer regulären Ausbildung beraubt. Glücklicherweise konnte ich bei Solinetz Deutsch lernen, unterdessen habe ich das Goethe-B1-Zertifikat erlangt. Dann habe ich mein Studium auf B2-Niveau fortgesetzt. Mein Traum ist es, mich in der Schweiz zur Pharmaassistentin auszubilden.

Leider haben wir aber Ende Februar zum zweiten Mal einen negativen Asylentscheid bekommen, was heisst, dass wir das Land verlassen müssen. Wegen des Coronavirus ist nun alles aufgeschoben, und ich weiss nicht, was nach dem Ende der Krise mit mir geschehen wird. Werden wir bleiben können, oder werden wir in unser Land zurückgeschickt? Ich hoffe, dass wir in Zukunft gute Nachrichten erhalten, damit wir als normale Bürger leben und meine Geschwister ihre Ausbildung fortsetzen können.

Wir haben uns im Moment wie alle unter Quarantäne gestellt. Ich hoffe, dass die Krankheit in allen Ländern so schnell wie möglich endet, insbesondere dass sich in der Schweiz alles möglichst schnell normalisiert.»
(https://www.landbote.ch/lockdown-switzerland-fuenf-fluechtlinge-erzaehlen-416330289117)


+++SCHWEIZ
JURISTISCHE STELLUNGNAHME ZU DEN MASSNAHMEN IM ASYLBEREICH IN BEZUG AUF DAS CORONA-VIRUS
Seit Beginn der durch das Corona-Virus ausgelösten Gesundheitskrise hat Solidarité sans frontières mehrfach die Fortsetzung der Asyl- und Wegweisungsverfahren kritisiert und darauf hingewiesen, dass es für die Bewohner*innen bestimmter Zentren unmöglich ist, den Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit Folge zu leisten. Zu diesem Thema veröffentlichen wir heute eine Stellungnahme von Prof. Thierry Tanquerel, Honorarprofessor für Verfassungsrecht an der Universität Genf. Seine Schlussfolgerungen bestätigen uns darin, weiterhin mit Nachdruck die Rücknahme bestimmter bundesrätlicher Entscheidungen zu fordern.
https://www.sosf.ch/de/themen/asyl/informationen-artikel/juristische-stellungnahme-zu-den-massnahmen-im-asylbereich.html?zur=41


+++DEUTSCHLAND
Geflüchtete in Zwangsisolierung
Beengte Wohnverhältnisse machen in Bayern die Einhaltung von Hygieneregeln in der Corona-Krise unmöglich
Für Flüchtlinge in Bayern hat die Corona-Krise gravierende Auswirkungen. Unterstützungsangebote fallen weg, die gängigsten Hygienevorgaben lassen sich in den Massenunterkünften nicht einhalten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135937.bayern-gefluechtete-in-zwangsisolierung.html


Papierlose ohne medizinische Versorgung: Behandlung nur gegen Daten
Das Hamburger Medibüro fordert anonyme Krankenscheine in der Coronakrise. Die Stadt verweist auf Angebote für jene, die sich registrieren lassen.
https://taz.de/Papierlose-ohne-medizinische-Versorgung/!5678215/
-> https://taz.de/Anonyme-Krankenscheine-fuer-Gefluechtete/!5678213/


Geburtsdatum von Flüchtlingen: Warum es oft der 1.1. ist
Deutschland nimmt Minderjährige aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern auf – die meisten seien jünger als 14 Jahre und Mädchen. Doch nun werden Bundesregierung und Flüchtlingen falsche Angaben vorgeworfen.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/geburtsdatum-fluechtlinge-101.html


+++SPANIEN
5400 Euro an Schlepper gezahlt Illegale fliehen aus Spanien nach Afrika
Normalerweise kennt der Strom illegaler Migration nur eine Richtung: nach Europa. Doch die Corona-Krise stellt auch hier die Verhältnisse auf den Kopf. Illegal eingewanderte Marokkaner fliehen aus Spanien zurück in ihre Heimat.
https://www.n-tv.de/panorama/Illegale-fliehen-aus-Spanien-nach-Afrika-article21738187.html


+++GRIECHENLAND
Draußen wartet der Hass
Lesbos: Schüsse auf Flüchtlinge. Mutmaßlich weit mehr Infektionen in Lagern. Solidarische Inselbewohner am Ende
https://www.jungewelt.de/artikel/377129.gefl%C3%BCchtete-in-griechenland-drau%C3%9Fen-wartet-der-hass.html


+++FREIRÄUME
bernerzeitung.ch 24.04.2020

Kurzarbeit in der Reitschule

Die geschlossene Reitschule kämpft mit finanziellen Problemen. «Ein Konkurs droht aber nicht unmittelbar», heisst es aus dem Kulturzentrum.

Jürg Steiner

Die Reitschule hat in Bern den Status der Unantastbarkeit. Das seit 1987 besetzte alternative Kulturzentrum überstand sechs Volksabstimmungen sowie Dutzende heftiger Ausschreitungen und politischer Debatten ohne ernsthafte Kratzer. Doch das Coronavirus macht jetzt auch der umstrittensten Berner Institution schwer zu schaffen.

Die Reitschule ist derzeit für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, die Tore sind verschlossen, alle Gastro- und Kulturbetriebe stehen still. Einzig die Bewohner der reitschuleigenen Wohngemeinschaft und die Mitarbeiter der Werkstatt sowie der Druckerei verkehren – unter Einhaltung der Richtlinien des Bundesamts für Gesundheit, wie betont wird – in den Reitschule-Gemäuern.

Liquidität ist knapp

Der Lockdown bringe die Reitschule in existenzielle Schwierigkeiten, legt die Mediengruppe des alternativen Kulturzentrums auf Anfrage in einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme dar. Die finanzielle Situation sei in der komplexen Organisation der Reitschule zurzeit «enorm unübersichtlich». Klar ist aber: Weil die Einnahmen der grossen Kollektive – namentlich des Konzertlokals im Dachstock und des Restaurants Sous le pont – derzeit fehlten, stehe man einem Liquiditätsengpass gegenüber. Die Reitschule sei deshalb dringend auf Spenden angewiesen.

Im Unterschied zur Konkurrenz im Gastro- und Unterhaltungsbusiness hat die Reitschule einen grossen Vorteil: Den Mietzins, bei vielen Veranstaltern das finanzielle Hauptproblem während des Lockdowns, übernimmt im Fall der Reitschule die Stadt. Sie erleichtert damit den Aufwand der Reitschüler um rund 380’000 Franken jährlich. Auch wenn man bezüglich Miete «in einer unproblematischen Situation» sei, wie die Mediengruppe festhält, liefen indessen diverse Kosten weiter. Unter anderem Löhne.

Kollektive in Kurzarbeit

Die Reitschule pflegt zwar eine antikapitalistische Rhetorik, ihre Organisation kommt einem herkömmlichen KMU aber recht nahe: Der frühere Basler Stadtentwickler Thomas Kessler, der den Berner Gemeinderat bis 2019 in Reitschule-Fragen beriet, bezeichnete die Reitschule als «höchst erfolgreichen Grossbetrieb, dem in Bezug auf Kreativität und Kommerz in Bern niemand etwas vormacht». Die Unternehmensteile nennen sich in der Reitschule Kollektive. Die grossen, erfolgreichen (wie etwa der Dachstock) subventionieren die kleineren Kollektive quer. Sie bezahlen dem Gesamtbetrieb umsatzabhängige Mieten für die Raumbenutzung sowie eine Alkoholsteuer. Dieser interne Finanzkreislauf steht derzeit praktisch still.

Rund 500 Personen engagieren sich laut der Mediengruppe in der Reitschule, die meisten unentgeltlich, aber eine nicht genauer präzisierte Zahl – schätzungsweise ein paar Dutzend – ist mit Arbeitsverträgen ausgestattet. «Alle Kollektive haben dort, wo es möglich ist, Kurzarbeit beantragt», hält die Mediengruppe fest. Entschädigungen seien indessen noch keine geflossen, die Kollektive hätten die fällig gewordenen Löhne vorgeschossen. Weil die Angestellten der Reitschule ohnehin zu bescheidenen Löhnen arbeiteten, führe die Pensen- und Lohnreduktion um 20 Prozent «zu schwierigen Situationen». Man versuche einander, so gut es gehe, unter die Arme zu greifen.

«Too big to fail»?

Besonders komplex dürfte sich für die Reitschule der Ausstieg aus dem Lockdown gestalten, weil Betriebe mit unterschiedlichen Benutzergruppen auf einem kleinen Areal konzentriert sind. «Wir führen Diskussionen über verschiedene Szenarien, aber es erscheint uns unsinnig, uns auf eine bestimmte Form der Wiedereröffnung festzulegen, solange keine Vorgaben feststehen», schreibt die Mediengruppe.

Was allerdings für die Reitschüler jetzt schon klar ist: «Wir werden das finanzielle Minus, das durch die ausgefallenen Veranstaltungen entstanden ist, auch bei einer allfälligen Wiederaufnahme des Betriebs nicht aufholen können.» Obschon die Reitschülerinnen und Reitschüler «sehr viel Gratisarbeit leisten», werde sich das alternative Kulturzentrum finanziell nur über Wasser halten können, wenn die vor wenigen Tagen angelaufene Spendenaktion einträglich sei. Glücklicherweise, so die Mediengruppe, seien erste Zuwendungen bereits geleistet worden.

«Ein Konkurs droht nicht unmittelbar», schreibt die Reitschule-Mediengruppe. Und fügt an: «Ein Bern ohne Reitschule wollen wir uns lieber nicht vorstellen.» Ein bisschen tönt es wie die Berner Version des «Too big to fail»-Ansatzes der internationalen Bankenwelt.
(https://www.bernerzeitung.ch/kurzarbeit-in-der-reitschule-356448502552)


+++GASSE
Luzerner Randständige in der Corona-Krise: «Sie kommen fast nicht mehr zur Ruhe, werden stets zurecht- und weggewiesen»
Anstatt Drogen werden Randständigen Kieselsteine oder Traubenzucker untergejubelt, sie werden zurecht- und weggewiesen. Untereinander herrscht ein «härterer Ton» – doch eine offene Drogenszene bahnt sich in Luzern trotzdem nicht an.
https://www.zentralplus.ch/sie-kommen-fast-nicht-mehr-zur-ruhe-werden-stets-zurecht-und-weggewiesen-1781033/


Während der Corona-Krise: Hier kommen Obdachlose in Zürich unter
«Bleiben Sie zu Hause» ist aktuell das oberste Gebot. Aber was tun, wenn man kein Zuhause hat? Für Obdachlose in Zürich wurde ein Zufluchtsort errichtet.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/waehrend-der-corona-krise-hier-kommen-obdachlose-in-zuerich-unter-id15859149.html


Kleine Anfrage Eva Gammenthaler (AL): Verstärkte Repression – trifft es alle gleich?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=062500112eec4254afbfd6471f899409


Kleine Anfrage Eva Gammenthaler (AL): Corona-Massnahmen legen soziale Gräben offen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=cf483744d9d94bcc8d5ad1de0c571f30


Kleine Anfrage Fraktion GB/JA! (Lea Bill, GB): Ungleichbehandlung bei Corona-Kontrollen durch die Polizei
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=4b4a714a542941d3bcd7450dbf407c75


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Interview: „Bei einer Räumung ist es relativ schwierig, zwei Meter Abstand zu halten“
Die Bewohner*innen des Juch-Areals in Zürich Altstetten erhielten letzten Montag einen Brief vom Sozialdepartement: bis heute Freitag müssen sie das ehemalige Asylzentrum verlassen haben. Aber wieso genau, und was sie auf dem Areal plant, gibt die Stadt nicht Preis. Nun sind diverse Existenzen bedroht. Doch ihr Zuhause widerstandslos hergeben werden die Bewohner*innen nicht, erzählt einer von ihnen im Exklusiv-Interview mit das Lamm.
https://daslamm.ch/interview-bei-einer-raeumung-ist-es-relativ-schwierig-zwei-meter-abstand-zu-halten/



tagesanzeiger.ch 24.04.2020

Zürcher Stadtregierung vollzieht Kehrtwende bei Besetzung

Die Linksaktivisten müssen das besetzte Juch-Areal nun doch nicht Freitagnacht verlassen. Die Stadt gibt dem Druck nach.

Thomas Zemp

Das Sozialdepartement der Stadt Zürich gibt den Besetzerinnen und Besetzern des Juch-Areals jetzt doch einen Monat länger Zeit, um das Gelände zu verlassen. Das Departement unter der Leitung von SP-Stadtrat Raphael Golta hatte die Linksaktivisten am Montag aufgefordert, die Baracken innerhalb von vier Tagen bis Freitag um Mitternacht freiwillig zu verlassen. Ansonsten drohe eine polizeiliche Räumung.

Die Aktivistinnen und Aktivisten verurteilten daraufhin dieses Vorgehen der Stadt während der Corona-Krise. Am Freitagmorgen erhielten sie Unterstützung von den linken Parteien. SP, Grüne und AL forderten in einer gemeinsamen Medienmitteilung von der Stadt einen Aufschub für die Juch-Besetzer.

Die Forderung wurde am Freitagnachmittag erfüllt. Das Sozialdepartement hatte die Lage neu beurteilt und die Frist bis zum 22. Mai verlängert. Die Stadt begründet die Kehrtwende in einer Mitteilung mit der aktuellen Situation während der Coronavirus-Krise. Auf dem Areal würden sich mehr Personen aufhalten als ursprünglich angenommen. «Der fristgerechte Auszug der Bewohnenden kann unter den aktuellen Corona-bedingten Einschränkungen und Verhaltensregeln nicht sichergestellt werden.» Die neue Frist sei mit allen involvierten Stellen abgesprochen – also auch mit den Besetzern und der neuen Mieterschaft.

SVP spricht von Erpressung

Wer das Areal künftig nutzt, hat die Stadt bisher verschwiegen. Dieses Schweigen beendet sie nun. Die Stadt teilt mit, dass die HRS Real Estate AG auf das Areal ziehen wird, die als Generalunternehmerin vom ZSC mit dem Bau der neue Eishockeyarena auf dem benachbarten Grundstück beauftragt ist. Die Verhältnisse auf dem Bauplatz seien eng. Darum miete das Unternehmen das Areal und nutze es für zweieinhalb Jahre für Bauplatzinstallationen. Der Stadtrat erachtet diese Nutzung gemäss Medienmitteilung als zweckmässig und zonenkonform. Die Übergabe des Areals an die HRS verzögere sich nun um einen Monat.

Während sich die SP über den Entscheid des Stadtrats freut, kritisieren FDP und SVP die Regierung. Einmal mehr habe diese eine illegale Besetzung geduldet und sich jetzt auch noch erpressen lassen, sagt SVP-Parteipräsident Mauro Tuena. FDP-Präsident Severin Pflüger wirft dem Stadtrat vor, dass er sich mit seinem Vorgehen unglaubwürdig gemacht habe: «Wer ein Ultimatum ausspricht, muss es auch einhalten.» Der Stadtrat sei von Anfang an nicht konsequent gewesen, als er die Besetzer trotz Sicherheitsbedenken auf das Areal gelassen habe. Pflüger und Tuena befürchten nun, dass die Linksaktivisten auch in einem Monat nicht freiwillig abziehen werden.
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuercher-stadtregierung-vollzieht-kehrtwende-bei-besetzung-234574510401)

-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/stadt-zuerich-zieht-ultimatum-an-juch-besetzer-zurueck-137718433
-> https://www.nzz.ch/zuerich/coronavirus-in-zuerich-besetzer-des-juch-areals-bleiben-laenger-ld.1553505
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/panorama/besetztes-areal-in-zuerich-muss-wegen-corona-doch-nicht-geraeumt-werden-137717194
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/frist-fuer-besetzer-auf-dem-juch-areal-in-zuerich-wird-verlaengert-um-gestaffelter-auszug-zu-ermoeglichen-137717482
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/juchhof-besetzer-bekommen-gnadenfrist-00133063/
-> https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/247188713-besetztes-juch-areal-in-zuerich-muss-wegen-corona-doch-nicht-geraeumt-werden
-> https://twitter.com/JUCH26800203/status/1253695335752441858
-> https://www.stadt-zuerich.ch/sd/de/index/ueber_das_departement/medien/medienmitteilungen_aktuell/2020/april/200424a.html


AL, Grüne und SP gegen Räumung des Juch-Areals während Coronakrise
SP, Grüne und AL fordern vom Stadtrat, auf eine Räumung des Juch-Areals während der Coronakrise zu verzichten. Die Risiken bei einer Konfrontation und ein Abriss auf Vorrat sind zu vermeiden.
https://al-zh.ch/artikel/news/al-gruene-und-sp-gegen-raeumung-des-juch-areals-waehrend-coronakrise/
-> https://twitter.com/ajour_mag/status/1253617492381007872


+++JUSTIZ
Braucht die Schweiz ein Bundesverfassungsgericht? – Echo der Zeit
Wer garantiert, dass der Bundesrat sich mit seinen Notverordnungen in Sachen Corona-Krise immer im Rahmen der Verfassung bewegt? Was spräche für ein Verfassungsgericht und was dagegen?
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/braucht-die-schweiz-ein-bundesverfassungsgericht?id=7e0d133d-f017-449b-a569-907467ee3905
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/notverordnungen-des-bundesrats-wer-ueberprueft-eigentlich-die-verhaeltnismaessigkeit


+++BIG BROTHER
Datenschutz und Pandemie: Corona? Polizei weiß schon Bescheid
In mehreren Ländern meldeten Ämter Corona-Infizierte an die Polizei. Nach Protest von Datenschützern wurde die Praxis gestoppt – aber nicht überall.
https://taz.de/Datenschutz-und-Pandemie/!5680851/


CCC warnt Bundesregierung vor zentralistischer Corona-App
In einem offenen Brief rufen der Chaos Computer Club und weitere Organisationen die Bundesregierung zum Kurswechsel auf. Pläne für eine zentralisierte Speicherung der Daten von möglichen Infizierten seien gefährlich und zum Scheitern verurteilt.
https://netzpolitik.org/2020/ccc-warnt-bundesregierung-vor-zentralistischer-corona-app-covid19-contact-tracing-pepppt-dp3t/


+++VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN
Verschwörungstheorien um Handystrahlung: 5G-Gegner zünden Antennen an und lösen Schrauben von Masten
Die Zahl der 5G-Sendeanlagen in der Schweiz ist auf fast 2500 gestiegen. Doch wegen der Coronakrise bremsen die Behörden, und Verschwörungstheorien befeuern Anschläge auf Sendemasten.
https://www.luzernerzeitung.ch/wirtschaft/5g-und-corona-anschlaege-auf-masten-wegen-verschwoerungstheorien-ld.1213356