Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++SCHWEIZ
Nachgefragt: Bezahlen Basel, Bern und Luzern während Corona finanzielle Nothilfe an Sans-Papiers?
Wegen Corona kündigten zahlreiche Firmen und Haushalte ihren
angestellten Sans-Papiers fristlos. Ohne das geringe Einkommen gerieten
viele Sans-Papiers direkt in eine finanzielle Notlage. In der Stadt
Zürich wurde eine Art Lösung für diese Situation gefunden. Das
städtische Sozialdepartement bezahlt für die betroffenen Sans-Papiers
eine finanzielle Nothilfe. Bzw. leitet sie Geld an die Zürcher
Anlaufstelle für Sans-Papiers, die es dann direkt an die Sans-Papiers
weiterleitet. Es handelt sich dabei nicht um einen einmaligen Betrag,
sondern um Geld «in dem Umfang, den es jetzt braucht», sagt das
Sozialdepartement gegenüber den Medien. Laut Studien leben in der Stadt
Zürich 20000 Sans-Papiers.
https://antira.org/2020/04/23/nachgefragt-bezahlen-basel-bern-und-luzern-waehrend-corona-finanzielle-nothilfe-an-sans-papiers/
Notverordnungsrecht im Asyl- und Ausländerbereich
Die Kommission hat sich von einer Vertretung des Bundesrates über die
aktuelle Situation im Asyl- und Ausländerbereich informieren lassen. Sie
hat feststellen können, dass sich die Situation in der Schweiz momentan
weitgehend unproblematisch darstellt. Der Bundesrat hat die notwendigen
Massnahmen getroffen, so dass Asylverfahren auch in der gegenwärtigen
Pandemiesituation nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchgeführt werden
können.
Zu diskutieren gab die Situation der Flüchtlinge in Griechenland. Die
Kommission anerkennt, dass die Schweiz in diesem Bereich schon viel
unternommen hat. Sie möchte jedoch ein klares Signal für ein weiterhin
engagiertes Verhalten der Schweiz senden. Sie hat deshalb mit 15 zu 9
Stimmen eine Kommissionsmotion beschlossen, wonach der Bundesrat
beauftragt werden soll, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen,
dass die Situation auf den ägäischen Inseln substanziell verbessert
wird. Der Bundesrat soll sich für eine Reform des Dublin-Abkommens
einsetzen, so dass die Flüchtlinge gleichmässiger und gerechter verteilt
werden (20.3143 Mo. SPK-NR. Aufnahmen von Flüchtlingen aus Griechenland
sowie Reform des Dublin-Abkommens).
Bezüglich des Aufenthaltsrechts von sich in der Schweiz aufhaltenden
Ausländerinnen und Ausländern möchte die Kommission sicherstellen, dass
den betroffenen Personen aus einer pandemiebedingten Arbeitslosigkeit
oder Sozialhilfeabhängigkeit keine Nachteile entstehen, wenn sie zum
Beispiel ein Einbürgerungsgesuch stellen. Die Kommission hat mit 16 zu 9
Stimmen beschlossen, ein entsprechendes Schreiben an den Bundesrat zu
richten.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-n-2020-04-23.aspx?lang=1031
Motion: Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland sowie Reform des Dublin-Abkommens
Der Bundesrat wird beauftragt, sich auf europäischer Ebene dafür
einzusetzen, dass die Situation auf den ägäischen Inseln substanziell
verbessert wird. Zudem soll die Schweiz auch eigene
Solidaritätsleistungen ergreifen. Weiter wird der Bundesrat damit
beauftragt, sich auf europäischer Ebene für eine Reform des
Dublin-Abkommens einzusetzen, hin zu einer gerechteren und
gleichmässigeren Verteilung unter Sicherstellung einer menschenwürdigen
Behandlung der Flüchtlinge.
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20203143
+++DEUTSCHLAND
In Unterkunft jede*r Dritte infiziert: Lecker Essen gegen Corona
In einem Bremer Flüchtlingsheim sind 120 Bewohner*innen mit Corona
infiziert. Statt das Lager aufzulösen, speist man Betroffene mit
besserem Essen ab.
https://taz.de/In-Unterkunft-jeder-Dritte-infiziert/!5678268/
Unterkünfte: Wie Hamburg versucht, Geflüchtete vor Corona zu schützen
Risikogruppen aus den Sammelunterkünften evakuieren – das fordert der
Hamburger Flüchtlingsrat von der Stadt. Was tun die Behörden, um
Geflüchtete vor einer Infektion zu schützen?
https://www.hinzundkunzt.de/wie-hamburg-versucht-gefluechtete-vor-corona-zu-schuetzen/
Sachsen-Anhalt: Quarantäne in einer Massenunterkunft
Hunderte Menschen dürfen die Flüchtlingsunterkunft in Halberstadt wegen
Corona nicht verlassen. Auf dem Gelände ist es eng, die Geflüchteten
fürchten um ihre Gesundheit.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-04/zast-coronavirus-erstaufnahme-asylsuchende-sachsen-anhalt/komplettansicht
Corona in Flüchtlingsunterkünften: Der fehlende Abstand wird zum tödlichen Risiko
In Bayern starb ein Asylbewerber am Coronavirus. In Sachsen erstritt ein
Flüchtling seine Verlegung aus einer Massenunterkunft. Und jetzt?
https://www.tagesspiegel.de/politik/corona-in-fluechtlingsunterkuenften-der-fehlende-abstand-wird-zum-toedlichen-risiko/25766136.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135835.corona-und-fluechtlinge-gericht-pocht-auf-einhaltung-von-abstandsregeln-in-asylunterkunft.html
Brief an Merkel und Seehofer: Linke fordern 1500 Euro Corona-Hilfe für Menschen ohne Papiere
In Deutschland leben vermutlich mehrere Hunderttausend Menschen ohne
Aufenthaltsgenehmigung. Linkenabgeordnete fordern jetzt Corona-Hilfen –
und ihre schnelle Legalisierung.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-virus-linken-politiker-fordern-1500-euro-hilfe-fuer-menschen-ohne-papiere-a-f0152034-ec78-4e60-b7fc-a958c9dad9fd
+++UNGARN
Flüchtlingsunterkunft: Ungarisches Transitlager Röszke laut EU-Gutachter rechtswidrig
Seit 2017 hält Ungarn Asylbewerber in dem Camp im Niemandsland an der
Grenze zu Serbien fest – unter denselben Bedingungen wie in Haft,
bescheinigt nun ein Gutachten.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-04/fluechtlingsunterkunft-transitlager-ungarn-rechtswidrige-lebensbedingungen
-> https://www.spiegel.de/politik/ausland/ungarn-eugh-gutachter-nennt-transitlager-fuer-asylbewerber-rechtswidrig-a-21582bd5-9032-4e0f-a35c-b4a1de3c157a
+++GRIECHENLAND
Lesbos: Schüsse auf Asylbewerber – Polizei nimmt 55-jährigen Griechen fest
Nahe dem Flüchtlingscamp Moria auf der Insel Lesbos sind ein Afghane und
ein Iraner mit einer Schusswaffe leicht verwundet worden. Nun hat die
griechische Polizei einen Verdächtigen festgenommen.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/lesbos-polizei-nimmt-55-jaehrigen-griechen-nach-schuessen-auf-asylbewerber-fest-a-3254bdde-fdb5-4e3b-a229-ac3a99140cef
Griechenland: Zwei Migranten auf Lesbos durch Schüsse verletzt
Auf der griechischen Insel Lesbos wurden zwei Migranten durch Schüsse
aus einer Jagdflinte leicht verletzt. Im März hatten Extremisten dort
Flüchtlinge angegriffen.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-04/griechenland-lesbos-moria-fluechtlinge-angeschossen
-> https://www.spiegel.de/politik/ausland/moria-zwei-fluechtlinge-auf-lesbos-angeschossen-a-b93043f5-8a20-4479-9b37-fab69e85a462
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135837.moria-fluechtlinge-auf-lesbos-angeschossen.html
+++FREIRÄUME
Münsterplattform ab Montag wieder offen
Ab Montag, 27. April, wird die Münsterplattform der Bevölkerung wieder
zur Verfügung gestellt. Die anderen wegen des Corona-Virus geschlossenen
Parkanlagen folgen schrittweise und nach Beobachtung der Lage. Wichtig
bleibt, dass die Bevölkerung weiterhin Abstand hält und sich im
öffentlichen Raum nicht grössere Gruppen bilden.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/muensterplattform-ab-montag-wieder-offen
+++GASSE
Prostituierte, Junkies und eine Nonne: Wie Schwester Ariane die Randständigen der Zürcher Langstrasse umsorgt
Durch die Pandemie werden Menschen am Rande der Gesellschaft noch weiter
ins Abseits gedrängt. Für sie dürften die letzten Wochen erst der
Anfang der Krise gewesen sein.
https://www.nzz.ch/zuerich/coronavirus-in-zuerich-schwester-ariane-und-die-randstaendigen-ld.1552632
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Die Autodemo zeigte: Die Corona-Regeln gelten für alle ausser die Polizei
Unter dem Motto „Safety for all Refugees“ wurde in Zürich am Samstag
eine Autodemonstration veranstaltet. Schon im Vorfeld hatte die Stadt
repressive Massnahmen angekündigt. Dabei stützte sie sich auf das
Corona-Veranstaltungsverbot. Die Schutzmassnahmen missachtete dann aber
vor allem die Polizei.
https://daslamm.ch/die-auto-demo-zeigte-die-corona-regeln-gelten-fuer-alle-ausser-die-polizei/
Videobotschaft vom besetzten Juch Squat
https://barrikade.info/article/3417
Besetzer müssen Juch-Areal räumen – die Stadt hält sich über die Pläne für das Gelände bedeckt
Die links-grüne Stadtregierung und linke Aktivisten liegen sich in den
Haaren. Grund des Disputs ist ein besetztes Areal in Altstetten. Es
fällt auf, dass die Hausbesetzer-Szene derzeit sehr aktiv ist.
https://www.nzz.ch/zuerich/coronavirus-in-zuerich-besetzer-muessen-juch-areal-raeumen-ld.1553249?mktcid=smsh&mktcval=Twitter
+++BIG BROTHER
Zentrale Überwachung bevorzugt
Pläne des Gesundheitsministers sehen immer mehr Corona-Apps vor. Opposition kritisiert intransparentes Vorgehen
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bleibt in seinen Aussagen zu
Corona-Apps vage. Seine anvisierten Lösungen lassen mehr staatliche
Überwachung erwarten. In Hessen sucht sich das umstrittene
US-Unternehmen Palantir seinen Weg in die Corona-Verwaltung.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135874.datenschutz-zentrale-ueberwachung-bevorzugt.html
Corona-Apps: Die Wahl zwischen Pest und Corona
In der Schlammschlacht um die richtige Corona-App geht das Augenmaß
verloren. Der Streit könnte die Akzeptanz der Apps gefährden und damit
das bisher wichtigste Versprechen: dass die Nutzung freiwillig bleibt.
https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/corona-apps-der-streit-um-die-richtige-app-gefaehrdet-das-ziel-a-0acd38fe-e59c-4a20-bb5e-c3dd9de0a76e
Coronavirus-App Infizierte nachverfolgen, Datenschutz wahren
Streitigkeiten zwischen Wissenschaftlern und Regierungen verzögern die
Entwicklung einer Corona-App. Nach SWR-Recherchen haben ausgerechnet
zwei große Technologiekonzerne den Richtungsstreit möglicherweise schon
entschieden.
https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/tracking-app-101.html
Coronavirus: Experten und Datenschützer streiten über Download-Zwang
Mehrere Rechtsexperten sagen: eine Tracing-App könnte in Zeiten des
Coronavirus für obligatorisch erklärt werden. Der Datenschützer stellt
sich klar dagegen.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/coronavirus-experten-und-datenschutzer-streiten-uber-download-zwang-65697092
Coronavirus: Anwendung von Contact-Tracing-App nur mit gesetzlicher Grundlage
Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates hat sich mit dem
Notverordnungsrecht des Bundesrates in ihrem Zuständigkeitsbereich
befasst. Im Bereich Datenschutz hat sie eine Kommissionsmotion
eingereicht, welche eine gesetzliche Grundlage für Contact-Tracing-Apps
fordert. Im Migrationsbereich fordert sie ein Engagement des Bundesrates
für eine Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in Griechenland.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-n-2020-04-23.aspx?lang=1031
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derbund.ch 23.04.2020
Zur Verfolgung von Infektionen: Bund könnte Corona-App für obligatorisch erklären
Eine Handy-App soll die Schweizer Bevölkerung nach dem Kontakt mit
Infizierten vor einer Ansteckung warnen. Die App solle Pflicht werden,
schlägt CVP-Fraktionspräsidentin Andrea Gmür vor. Das verhindere
drastischere Massnahmen.
Fabian Fellmann
Sie hat einen Nerv getroffen: die Angst vor dem Überwachungsstaat wegen
der Corona-Krise. CVP-Fraktionspräsidentin Andrea Gmür verfolgte am
Dienstag die Ankündigung des Bundes, er wolle bis zum 11. Mai von den
Eidgenössischen Technischen Hochschulen eine neue Corona-App für
Mobiltelefone entwickeln lassen. Die sogenannte Contact-Tracing-App
alarmiert den Nutzer, wenn er sich in der Nähe einer Person aufgehalten
hat, die das Coronavirus eingefangen hat. Allerdings ist die Bevölkerung
nur dann geschützt, wenn das Programm auf mehr als 60 Prozent der
Mobiltelefone installiert wird.
Doch wie soll das funktionieren in einem Land, in dem selbst die
meistgenutzte App nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung erreicht?
«Damit App volle Wirkung erzielen kann, muss sie während akuter Notphase
obligatorisch sein», tippte Andrea Gmür am Dienstagabend in ihr
Telefon.
Die Reaktionen darauf folgten schnell und heftig – und sie waren
einhellig negativ, quer durch die politischen Lager. SP-Nationalrat
Cédric Wermuth warnte, der «autoritäre Digitalüberwachungsstaat kann
doch schneller kommen, als man dachte. Und aus unterwarteter Ecke.»
Der freisinnige Berner Nationalrat Christian Wasserfallen kritisierte,
ein solches Obligatorium wäre «unverhältnismässig und
verfassungswidrig».
Und die grünliberale Zürcher Nationalrätin Corina Gredig warf ein, die
Schweiz sei kein Überwachungsstaat, es brauche weiterhin eine
Güterabwägung zwischen Freiheit und Sicherheit.
Selbst Vertreter der eigenen Partei reagierten skeptisch auf Gmürs
Vorschlag. Der Obwaldner CVP-Ständerat Erich Ettlin etwa sagt: «Ein
Obligatorium tönt für mich stark nach Überwachung wie in Nordkorea, da
sträuben sich meine Nackenhaare.» Zuerst sei an die Vernunft der Leute
zu appellieren, diese befolgten ja auch die Distanzregeln. «Wenn wir mit
Freiwilligkeit nur unbefriedigende Resultate erzielen, können wir uns
weitere Schritte überlegen», sagt Ettlin aber.
In der Bevölkerung würde ein App-Obligatorium jedoch Widerstand
auslösen. Darauf lassen die zahlreichen Reaktionen auf Twitter, aber
auch eine Umfrage in Bayern von Anfang April schliessen. Ein Drittel der
Befragten sieht in solchen Apps eine Verletzung der Privatsphäre, ein
Drittel zu starke staatliche Überwachung, 43 Prozent warnen vor dem
Risiko einer potenziellen Überwachung auch nach der Corona-Krise. Die
Nationale Ethikkommission kam Anfang April in einer Stellungnahme im
Auftrag des Innendepartements ebenfalls zur Schlussfolgerung: Eine
solche App dürfe nur auf freiwilliger Basis zum Einsatz kommen.
Genau das stellt CVP-Ständerätin Gmür infrage. «Die Diskussion wird gar
nicht erst geführt, die Frage sollte aber geprüft werden», sagt die
Luzernerin. «So klar ist es nicht, dass die App freiwillig sein muss.»
Auch sie selbst würde das Programm auf freiwilliger Basis wohl nicht
installieren, räumt sie ein. «Einen Überwachungsstaat will ich unter
keinen Umständen. Aber wenn die App noch grössere Eingriffe in unsere
Freiheit verhindern und das wirtschaftliche Leben wieder stärker in Gang
bringen kann, sollten wir ein Obligatorium ernsthaft diskutieren.»
Selbstverständlich müsse die Anordnung verhältnismässig sein, etwa mit
einer klaren zeitlichen und örtlichen Begrenzung. Ein Beispiel: Für den
Spaziergang im Wald wäre die App nicht nötig, wer aber zum Coiffeur, an
einen Fussballmatch oder an ein Konzert gehen will, müsste sie auf
seinem Telefon installieren. Die Pflicht würde sofort wieder
abgeschafft, sobald die Infektionszahlen unter einen bestimmten Stand
fielen. «Die Ausbreitung eines tödlichen Virus soll möglichst rasch
gestoppt werden. Da ist das Vorweisen einer App bei einer
stichprobenartigen Kontrolle während einer limitierten Phase für mich
zumutbar», sagt Gmür. «Wenn es um Leben und Tod geht, ist mir das eigene
Leben wichtiger als die eigenen Daten.»
App speichert keine persönlichen Daten
Zu ähnlichen Schlüssen gelangen die Juristen Lukas Abegg und Raffael
Knecht in einem Aufsatz, der demnächst publiziert werden soll. Abegg ist
Gerichtsschreiber am Bundesverwaltungsgericht und im Vorstand der Swiss
Legal Tech Association, Knecht arbeitet als Jurist bei der
Eidgenössischen Zollverwaltung und ist Dozent an der Privaten Hochschule
PHW Bern. In ihrem Artikel, in dem die beiden ihre persönliche
Auffassung wiedergeben, kritisieren sie die Nationale Ethikkommission:
Diese habe vorschnell und ohne juristische Argumentation festgelegt,
eine App müsse freiwillig sein.
Die Stimmbürger hätten dem Bund mit dem Epidemiengesetz mit
«grösstmöglicher demokratischer Legitimation» die nötigen Kompetenzen
erteilt – mit 60 Prozent Zustimmung und nach einem Abstimmungskampf, in
dem die Datenschutzbestimmungen und Zwangsmassnahmen umfassend
diskutiert worden seien. Konkret hätten sich die Bürger bereit erklärt,
im Fall einer Infektion «Daten zur eigenen Identität, die eine
eindeutige Identifizierung und die Kontaktaufnahme ermöglichen, sowie
Angaben über Reisewege, Aufenthaltsorte und Kontakte mit Personen in ein
Informationssystem des Bundesamts für Gesundheit aufnehmen zu lassen,
damit die Identifizierung und Benachrichtigung von Personen, die
angesteckt oder ansteckungsverdächtig sind, möglich ist».
Heute seien Apps möglich, die datenschutzfreundlicher seien als
gesetzlich nötig. Jene der ETH etwa basiert auf Bluetooth-Technologie:
Geräte, die sich einander nähern, tauschen keine persönlichen Daten aus,
sondern nur zufallsgenerierte Zahlenkombinationen. Gespeichert werden
diese nur auf den Geräten, nicht aber auf einem zentralen Server. Wer
positiv auf Corona getestet wird, erhält einen Code, den er in der App
einträgt. Diese warnt danach Personen, die in der Nähe waren – ohne dass
der positiv Getestete oder die Behörden erfahren, wer dahintersteckt.
Die rechtlichen Grundlagen sind nicht geklärt
Die Juristen Abegg und Knecht sehen den Bund möglicherweise sogar in der
Pflicht, ein Obligatorium zu erlassen. Die Bundesverfassung erteile ihm
den Auftrag, die Volksgesundheit vor übertragbaren Krankheiten zu
schützen. In Südkorea habe das Digital Contact-Tracing gegen die
Pandemie Wirkung gezeigt, in Singapur hingegen sei eine freiwillige App
wenig genutzt worden und nicht besonders effektiv gewesen: «Es muss
daher die Frage aufgeworfen werden, ob der Bund seine Pflicht zum Schutz
der Volksgesundheit verletzt, wenn er die in der Schweiz aufgrund des
Epidemiengesetzes gegebene Möglichkeit des Einsatzes einer
obligatorischen Contact-Tracing-App unbenutzt lässt.» Verzichte der Bund
auf das Obligatorium, solle er aber wenigstens dafür sorgen, «dass
bestimmte Funktionen der App nötigenfalls zugeschaltet und gar für
obligatorisch erklärt werden können». Damit liesse sich sicherstellen,
dass im Falle eines erneuten Anstiegs der Infektionszahlen ein deutlich
milderes Mittel im Vergleich zum Lockdown zeitnah bereitstünde.
Die Argumentation der beiden Juristen ist jedoch umstritten. Als die
Sozialpolitiker des Ständerats am Dienstag der Bundesverwaltung Fragen
zu der App stellten, blieben sie mit dem Eindruck zurück, die
rechtlichen Grundlagen seien nicht geklärt, wie Kommissionspräsident
Paul Rechsteiner sagt. «Ein digitales Contact-Tracing geht viel weiter
als das, woran mit dem Epidemiengesetz gedacht wurde», sagt Rechsteiner.
«Die Antworten der Bundesverwaltung gingen eher in die Richtung, dass
der Einsatz der App per Notrecht geregelt werden soll.» Das sei aus
Sicht der Kommission allerdings nicht möglich, sagt Rechsteiner:
«Gründlichkeit und Rechtsstaatlichkeit müssen Vorrang haben gegenüber
dem Tempo.»
Nur ein Hype?
Bedenken wurden am Mittwochnachmittag auch in der Staatspolitischen
Kommission des Nationalrats laut. Viele Fragen seien noch offen, sagte
der Neuenburger FDP-Nationalrat Damien Cottier vor der Sitzung: «Die
Apps sind noch nicht fertiggestellt, der Datenschutz und die Speicherung
sind nicht abschliessend geklärt, das ist eine wichtige politische
Diskussion. Und nicht jeder hat ein Smartphone.» Auch stellten sich
zahlreiche weitere rechtliche, politische und technische Fragen – etwa,
ob Richter später auf die Daten der Telefone zugreifen könnten, wenn ein
Infizierter gegen die Person klage, die ihn angesteckt habe. «Diese App
zu benutzen, muss unbedingt eine freiwillige Entscheidung sein. Bisher
hat der Bund für die Corona-Massnahmen an den Gemeinsinn der Bürger
appelliert. Das hat gut funktioniert», sagt Cottier. «Warum sollten wir
das jetzt ändern?» Die Debatte über die Antwort beginnt erst.
Cédric Wermuth kam nach der Sitzung zum Schluss, die Diskussion sei vor
allem ein «Hype»: Die App sei nicht mehr als eine Erweiterung des
herkömmlichen Contact-Tracing, bei dem die Behörden mögliche Gefährdete
durch Befragungen ausfindig machen und telefonisch kontaktieren.
(https://www.derbund.ch/bund-koennte-corona-app-fuer-obligatorisch-erklaeren-494639239292)
—
Corona-Kontaktverfolgung: Apple-Schnittstelle kommt schon bald auf iPhones
Apple will die Schnittstelle, die eine Kontaktverfolgung per Bluetooth
ermöglicht, offenbar schon Ende April in iOS integrieren – deutlich
früher als geplant.
https://www.heise.de/mac-and-i/meldung/Corona-Kontaktverfolgung-Apple-Schnittstelle-kommt-schon-bald-auf-iPhones-4708472.html
Unschlüssige Politiker, zerstrittene Forscher – so ist die Schweizer Corona-Tracing-App zum Scheitern verurteilt
Schon in drei Wochen will das Bundesamt für Gesundheit eine
Handy-Anwendung präsentieren, über die Infektionen verfolgt werden
können. Doch der Erfolg ist schon jetzt in Gefahr.
https://www.nzz.ch/meinung/coronavirus-ohne-vertrauen-scheitert-die-tracing-app-ld.1553086
PEPP PT: Spahn entscheidet sich für umstrittene Corona-App
Contact-Tracing gilt als wichtiges Werkzeug, um das Coronavirus
einzudämmen. Eine App soll das einfacher machen. Doch für die Umsetzung
gibt es mehrere Ansätze. Gesundheitsminister Spahn hat sich nun für
einen umstrittenen entschieden.
https://www.stern.de/digital/smartphones/pepp-pt–spahn-entscheidet-sich-fuer-umstrittene-corona-app-9235748.html
Israel Suspends Police Phone-tracking for Coronavirus Quarantine
Law enforcement now to use surprise home visits, other means, to ensure coronavirus isolation orders are obeyed
https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-government-freezes-bill-that-would-let-police-track-phones-to-enforce-quarantine-1.8791702
+++RECHTSEXTREMISMUS
Rechtsextremismusforscher: „Statt von ‚Rasse‘ wird von ‚Kultur‘ und ‚Identität‘ gesprochen“
Wie und warum wird im österreichischen Nationalrat über
Rechtsextremismus gesprochen? Der Politikwissenschafter Matthias Falter
hat für sein Buch hunderte Debatten durchforstet
https://www.derstandard.at/story/2000116741797/rechtsextremismusforscher-statt-von-rasse-wird-von-kultur-und-identitaet-gesprochen
+++WORLD OF CORONA
Wo unsere Rechte eingeschränkt werden
Die Republik schreibt das laufende Protokoll einer überhaupt nicht normalen Zeit.
https://www.republik.ch/2020/04/23/watchblog-wo-unsere-rechte-eingeschraenkt-werden