Medienspiegel 4. April 2020

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+++BERN
Coronavirus in Herrenschwanden: Asylunterkunft unter Quarantäne gestellt
Ein Mann, der in der Kollektivunterkunft in Herrenschwanden lebt, ist positiv auf Covid-19 getestet worden. 55 Personen leben dort nun unter Quarantäne.
https://www.bernerzeitung.ch/asylunterkunft-unter-quarantaene-gestellt-538188527939
-> Bericht Regionaljournal BE: https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/corona-uebersicht-kanton-be-eine-ganze-asylunterkunft-steht-unter-quarantaene



bernerzeitung.ch 04.04.2020

Heilsarmee muss ORS Platz machen: 46 Personen verlieren ihre Stelle

Die Heilsarmee-Flüchtlingshilfe hat ihre Beschwerde zur Auftragsvergabe zu spät eingereicht. Die Folge: 46 Entlassungen im Raum Emmental-Oberaargau.

Sabine Gfeller

Nun ist endgültig klar: Nach 32 Jahren überlässt die Heilsarmee-Flüchtlingshilfe die Asylunterkunft Aarwangen am 1. Juli der ORS Service AG. Mit dem Auftragswechsel verlieren in der Region Oberaargau-Emmental 46 Personen ihre Stelle. Die Heilsarmee hat den Entscheid des Kantons vor dem Verwaltungsgericht angefochten. Sie blitzte jedoch mit ihrer Beschwerde ab. «Gewisse Kritikpunkte der Heilsarmee sind zwar möglicherweise berechtigt», sagt Bettina Arn, die zuständige Richterin. «Aber sie kamen zu spät.»

Die angesprochenen Kritikpunkte betreffen die Bewertung der Offerten durch die Vergabebehörde: «Es besteht eine gewisse Diskrepanz zwischen der ausgeschriebenen Dienstleistung und den Bewertungskriterien», sagt Arn. Übersetzt heisst das: Falls sich Bereiche wie Unterbringung und Betreuung der verschiedenen Anbieterinnen, hier die ORS und die Heilsarmee, qualitativ unterscheiden würden, wäre das von der Vergabebehörde nicht bewertet worden.

Die Vergleichbarkeit der Offerten von ORS und Heilsarmee ist für Lukas Flückiger, Geschäftsleiter der Heilsarmee-Flüchtlingshilfe, fragwürdig. Doch die Heilsarmee hat laut Richterin Arn ohnehin zu spät reagiert: Um Chancen auf einen positiven Entscheid zu haben, hätte die Heilsarmee die Ausschreibungskriterien der Vergabebehörde früher anfechten müssen. Also vor der Auftragsvergabe im letzten Jahr.

Wertebasis geht über Profit

Die Heilsarmee muss also das Feld räumen. Mit dem Auftragswechsel gehen Arbeitsplätze verloren. Gemäss Lukas Flückiger, Geschäftsleiter der Heilsarmee-Flüchtlingshilfe, verlieren in Aarwangen 14 Mitarbeitende per Ende Juni ihre Stellen, in Schafhausen im Emmental sind es 11. Doch nicht nur in den Unterkünften werden Leute entlassen, sondern auch auf den Regionalstellen: In Langenthal seien es 12, in Burgdorf 9 Angestellte. Für die Region Oberaargau-Emmental sind das insgesamt 46 Entlassungen. «Einige der betroffenen Personen haben noch keine Anschlusslösung», sagt Flückiger. Doch die Unterstützung sei gross: Es gebe etwa eine Bewerbungswerkstätte oder Coachingangebote.

Bei den anderen Regionalpartnern werden neue Stellen geschaffen. Doch nur einzelne Mitarbeitende der Heilsarmee wechseln zum neuen Regionalpartner ORS Service AG. «Eine grössere Anzahl der Betroffenen wechselt zum Schweizerischen Roten Kreuz.» Ob es damit zusammenhängt, dass die ORS, anders als die Heilsarmee, ein profitorientiertes Unternehmen ist, darauf will Flückiger nicht eingehen. Er verweist stattdessen auf die ähnliche Wertebasis des Schweizerischen Roten Kreuzes.

Maulkorb für Heilsarmee

Mit der Mandatsübergabe an die ORS Service AG soll die Kollektivunterkunft in Aarwangen, in der momentan bereits abgewiesene Asylsuchende untergebracht sind, zu einem Rückkehrzentrum umgewandelt werden. Ursprünglich auf den 1. Juli angesetzt, wird dieses Vorhaben nun aufgeschoben, wie Hannes Schade, Kommunikationsleiter vom Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern, mitteilt. Wegen der anhaltenden ausserordentlichen Situation kann er kein Ersatzdatum nennen.

Welche Auswirkungen die Pandemie auf die Asylunterkunft Aarwangen hat, ist von Lukas Flückiger nicht in Erfahrung zu bringen. Hannes Schade sagt zwar, Asylsozialhilfestellen seien einzig angewiesen worden, Vor-Ort-Reportagen abzulehnen. Laut Lukas Flückiger dürfe die Heilsarmee aber gar keine Aussage zur momentanen Situation in den Asylunterkünften geben. Das sei eine Anweisung der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern.



Der Gemeindepräsident ist zuversichtlich

Nach Beginn der neuen Mandatsperiode in der Region wird die Kollektivunterkunft in Aarwangen zu einem Rückkehrzentrum umfunktioniert. Sobald das geschehen kann, werden an diesem Standort Menschen, deren Gesuch abgelehnt wird, auf die Rückkehr in ihre Heimatstaaten vorbereitet. Der Gemeindepräsident Kurt Bläuenstein (FDP) erwartet jedoch keine wesentlichen Veränderungen für das Dorf: «Das Zentrum hatte in den letzten zwanzig Jahren unterschiedliche Funktionen, unter anderem war es schon mal ein Rückkehrzentrum.» Momentan werde es als Mischzentrum geführt, unter den rund 170 Bewohnerinnen und Bewohnern befinden sich aber schon jetzt einige mit negativem Asylentscheid.

Man sei mit den zuständigen kantonalen Behörden in Kontakt, sagt der Gemeindepräsident: «Wir haben mit den Änderungen kein Problem. Wir haben jedoch konkrete Forderungen gestellt.» So soll das Zentrum eine 24-Stunden-Betreuung mit Fachpersonal haben, und nicht nur mit Sicherheitspersonal. Zudem habe man verlangt, dass der Kanton Ressourcen aufwendet, damit die abgewiesenen Asylbewerber Unterstützung für die Wiedereingliederung in ihrer Heimat erhalten. Denn: Die neu eingeführte Beschleunigung der Verfahren bringe wenig, wenn die Leute in den Zentren landen und dann nicht mehr weiterkommen. «Wir wollen keine Endstation Aarwangen.»

Bläuenstein betont, dass die Gemeinde bisher eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Heilsarmee hatte: «Wir haben im Moment keine Probleme und rechnen auch nicht damit, dass der Wechsel daran etwas ändern wird.» Er weist zudem darauf hin, dass der grösste Teil der Flüchtlinge in Aarwangen, diejenigen, die einen Aufenthaltsstatus erhalten haben, in Wohnungen leben. Auch diese werden bisher von der Heilsarmee betreut und werden ab Juli von der ORS Service AG übernommen.

Die Änderung werde jedoch die Schule durchaus tangieren, sagt Bläuenstein. Kinder, die mit ihren Eltern in die Heimat zurückkehren müssen, werden die reguläre Schule nicht mehr besuchen. Für sie sei Spezialunterricht im Zentrum angedacht. Der Gemeindepräsident rechnet damit, dass zwanzig bis dreissig Schülerinnen und Schüler weniger in die normale Schule gehen werden. (gm)
(https://www.bernerzeitung.ch/heilsarmee-muss-platz-machen-858119297760)


+++ZÜRICH
Social Distancing im Urdorfer Notbunker: Können die Abstandsregeln eingehalten werden?
Rechtsberaterin Jela Kistler verlangt, dass die Notunterkunft in Urdorf stillgelegt wird und die kantonale Sicherheitsdirektion eine andere Unterbringung für die abgewiesenen Asylsuchenden findet. Kürzlich stellte ein Hausarzt die gleiche Forderung.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/social-distancing-im-urdorfer-notbunker-koennen-die-abstandsregeln-eingehalten-werden-137596681


+++GRIECHENLAND
Flüchtlingslager Moria: Sie waren schon als Gesunde nicht willkommen
Das Lager Moria kann zum Infektionsherd werden. Tausende könnten dort sterben. Die Menschen müssen in Sicherheit gebracht werden – auch das ist Pandemiebekämpfung.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-04/fluechtlingslager-moria-lesbos-griechenland-zustaende-coronavirus-solidaritaet


Griechenlands Kampf gegen Corona
Massive Einschränkungen der Freiheitsrechte führen auch zu absurden Bestrafungen von Obdachlosen. Es gibt zudem interessanten Änderungen in der Flüchtlingspolitik
https://www.heise.de/tp/features/Griechenlands-Kampf-gegen-Corona-4697231.html


+++EUROPA
EuGH: Kein Urteil im Interesse der Migranten
Der Gerichtshof entscheidet gegen Polen, Ungarn und die Tschechische Republik wegen der Verteilung der Flüchtlinge 2015 – doch die innenpolitischen Verhältnisse in der EU sind längst in einer anderen Realität
https://www.heise.de/tp/features/EuGH-Kein-Urteil-im-Interesse-der-Migranten-4697000.html


+++GASSE
Coronakrise trifft auch Zuger Obdachlose hart
Die Gassenarbeiterinnen im Kanton Zug haben derzeit alle Hände voll zu tun, um Personen am Rande der Gesellschaft beizustehen.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/zug/coronakrise-trifft-auch-zuger-obdachlose-hart-ld.1210346


+++SEXWORK
SexarbeiterInnen während der Coronakrise
Durch die Massnahmen vom Bundesrat zur Coronakrise haben SexarbeiterInnen im Moment nicht nur keine Arbeit, sondern laufen auch Gefahr, obdachlos zu werden.
https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2020/04/04/sexarbeiterinnen-waehrend-der-coronakrise.html


+++KNAST
Wegen Corona: Bern lässt Gefangene frei – Infektionen hinter Gittern nehmen zu
In 35 Fällen wurde das Coronavirus in Schweizer Justizvollzugsanstalten nachgewiesen. Einige schicken Insassen wegen der Pandemie nach Hause. Andere haben mehr Platz, weil die Kriminalität sinkt.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/wegen-corona-bern-laesst-gefangene-frei-infektionen-hinter-gittern-nehmen-zu-137596798


Häftling fordert wegen Corona Entlassungen
Zehntausende Gefangene werden auf der ganzen Welt wegen Corona entlassen – doch nicht so in der Schweiz. Man nehme in Kauf, dass sich Häftlinge mit dem Virus infizieren, befürchtet ein Insasse.
https://www.20min.ch/finance/news/story/Corona-im-Gefaengnis-30977181


+++BIG BROTHER
Sobotka: „Stopp Corona“-App soll verpflichtend sein
Derzeit wird geprüft, ob die Bewegungsfreiheit von Menschen eingeschränkt werden kann, die die App nicht installieren.
https://futurezone.at/netzpolitik/sobotka-stopp-corona-app-soll-verpflichtend-sein/400803092
-> https://kurier.at/politik/inland/sobotka-fuer-verpflichtende-corona-app/400803089


+++WORLD OF CORONA
Vereint gegen die Not: Die Riders von Turin
Im Corona-geplagten Turin kämpfen die Velokuriere mit sozialen Protestaktionen für bessere Arbeitsbedingungen und gegen die Not der Obdachlosen. Eine Reportage von Davide Tisato.
https://www.saiten.ch/die-riders-von-turin/


Worte: With physical distancing against social distancing
Mit Transparenten und je 2 Meter Abstand voneinander protestierten gestern antirassistische Aktivist*innen in Bern. Die Aktion sieht sich als Teil von #RiseAgainstBorders. Während der Bundesrat die Medien über seine neusten Beschlüsse informierte, hielten sie folgende Rede:
https://antira.org/2020/04/04/worte-with-physical-distancing-against-social-distancing/


Eine feministische Antwort auf Corona & die Kapitalismuskrise
Die Corona-Krise trifft uns nicht alle gleich. Gerade jetzt ist es wichtig eine feministische Antwort auf die Krise zu finden und uns weiter zu organisieren. Das feministische / Frauen*Streikkollektiv veröffentlicht folgenden Text zur Analyse der Corona-Krise & die andauernde Kapitalismuskrise.
https://barrikade.info/article/3336