Medienspiegel 28. März 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen: Heilsarmee blitzt mit Beschwerde gegen Auftragsvergabe ab
Es bleibt dabei: In der Region Emmental-Oberaargau behält die Firma ORS den Auftrag für die Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen. Die Heilsarmee geht leer aus, wie das Verwaltungsgericht entschieden hat. Die Heilsarmee verzichtet auf einen Weiterzug des Urteils.
https://www.bernerzeitung.ch/heilsarmee-blitzt-mit-beschwerde-gegen-auftragsvergabe-ab-100553023049


+++SCHWEIZ
Bund soll 5000 Flüchtlinge vor Corona schützen
Überfüllte Flüchtlingslager und Gefahr durch Corona: Politiker und Prominente üben auf Social Media Druck auf die Regierungen aus.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Fluechtlinge-duerfen-nicht-vergessen-werden–10356562


«Die Krise hat mich mit Haut und Haar erfasst»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter über die Coronapandemie
In der Sendung des Ostschweizer Fernsehens TVO «Zur Sache» erzählt die Justizministerin, wie sie mit der ausserordentlichen Lage umgeht und weshalb sie trotz geschlossener Grenzen die europäische Zusammenarbeit nicht gefährdet sieht.
„Ob man mit den geschlossenen Grenzen nicht Flüchtlinge bestrafe, die in der Schweiz Schutz suchen, wollte Schmid wissen. «In einer Notlage wie jetzt können Asylverfahren in sicheren Drittstaaten geführt werden», sagte Keller-Sutter. Das sei völkerrechtlich korrekt. Ausserdem kämen wegen der ausserordentlichen Situation in Europa gut halb so viele Flüchtlinge in die Schweiz wie üblich. Monatlich seien es gut 400. Das Dublin-System stehe aber ohnehin praktisch still. Allein, weil derzeit kaum Flugzeuge flögen.
Social Distancing in Asylzentren ist schwierig
Während die Welt mit dem Coronavirus beschäftigt ist, verschärft sich in Griechenland die Flüchtlingskrise. Ist die Schweiz bereit, Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufzunehmen? Die Schweiz sei seit 2015 mit Experten in Griechenland präsent, leiste ausserdem finanzielle Unterstützung, so Keller-Sutter. «Bereits im Januar haben wir angeboten, dass die Schweiz Kinder aufnimmt, die Verwandte in der Schweiz haben.» Das Angebot stehe. Es gehe derzeit um elf Fälle. Weil es keine Transportmöglichkeit gebe, seien die Kinder aber noch nicht in der Schweiz.
-Die Situation in Griechenland sei im Allgemeinen sehr schwierig. –
«Man muss verhindern, dass Flüchtlingslager zu Pandemieherden werden. Das wäre verheerend. Humanitär und gesundheitspolizeilich.»
Auch in der Schweiz sei es nicht einfach, in den Asylzentren die erforderlichen Distanzregeln einzuhalten. Es gehe jetzt darum die Asylsuchenden möglichst gut zu verteilen, um mehr Platz zu schaffen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) habe dazu stillgelegte Zentren reaktiviert. Unter den Asylsuchenden seien ausserdem sehr viele junge Leute, die kaum vom Virus bedroht seien.“
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/die-krise-hat-mich-mit-haut-und-haar-erfasst-bundesraetin-karin-keller-sutter-ueber-die-coronapandemie-ld.1208490
(Ausführlicher im Video)


+++GRIECHENLAND
Lesbos: Flüchtlingspolitik unter dem Druck der Pandemie
Mehr als 40.000 Menschen harren in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aus. Schutz vor dem Coronavirus gibt es nicht, die Menschen haben kaum Zugang zu sanitären Einrichtungen. Die EU ringt um Pläne für schnelle Hilfe – und gleichzeitig um Grundsatzfragen in der Flüchtlingspolitik.
https://www.deutschlandfunk.de/lesbos-fluechtlingspolitik-unter-dem-druck-der-pandemie.1773.de.html?dram:article_id=473512


Athen fordert EU-Hilfe für Flüchtlingslager
Die Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern sind untragbar. In der Corona-Krise fordert das Land EU-Hilfe, um «dramatische Folgen» verhindern zu können.
https://www.nau.ch/news/europa/athen-fordert-eu-hilfe-fur-fluchtlingslager-65685536


+++GASSE
Randständige leiden besonders unter Corona-Krise
Die Schwächsten der Gesellschaft leiden am meisten unter der aktuellen Situation. Der Shutdown zieht vielen Obdachlosen das letzte bisschen Boden unter den Füssen weg. Ohne die Gassenküche oder der Notschlafstelle stehen viele bedürftige Berner vor zusätzlichen Problemen.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/randstaendige-leiden-besonders-unter-corona-krise-137485066


Coronavirus: Bern bietet neu 29 Zimmer für Obdachlose mit Symptomen
Das Coronavirus kann auch Obdachlose treffen. Die Stadt Bern reagiert und bietet ab Montag 29 Zimmer zur Selbstisolation von Menschen ohne Zuhause an.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-bern-bietet-neu-29-zimmer-fur-obdachlose-mit-symptomen-65685372


Mehr Polizeikontrollen: Auch das Kasernenareal ist nun abgesperrt
Nach diversen Parkanlagen ist das Berner Kasernenareal ebenfalls für die Öffentlichkeit gesperrt worden. Die Polizei hat wegen des schönen Wetters die Patrouillen in der Stadt verstärkt.
https://www.bernerzeitung.ch/auch-das-kasernenareal-ist-nun-abgesperrt-842245344970


Günstige Nahrungsmittel – Grosse Nachfrage im Basler Caritas-Markt
Seit der Grenzschliessung kämen deutlich mehr armutsbetroffene Menschen einkaufen, die sich ihre Lebensmittel vorher in Deutschland besorgt hätten.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/guenstige-nahrungsmittel-grosse-nachfrage-im-basler-caritas-markt


+++KNAST
tagesanzeiger.ch 27.03.2020

Coronavirus im Justizvollzug: «Die Gefangenen können jetzt skypen»

Der Zürcher Justiz-Psychologe Jérôme Endrass erklärt, wie Social Distancing hinter Gittern funktioniert – und warum die Anstalt Pöschwies 25’000 Masken eingelagert hat.

Mario Stäuble, Oliver Zihlmann

Vor kurzem wurde beim Personal im Gefängnis Zürich ein erster Corona-Fall bekannt. Hatte das Konsequenzen?

Es besteht kein Anlass zur Beunruhigung, so viel können wir sagen. Aber wir sprechen nicht über Einzelfälle in den Haft- und Justizvollzugsanstalten. Auch die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt hier klar Zurückhaltung. Gerade in Gefängnissen können solche Meldungen rasch Beunruhigung oder sogar Angst auslösen unter den Insassen, selbst wenn es keinen Anlass dafür gibt.

Dann allgemein gefragt: Wie kriegen Sie einen grösseren Corona-Ausbruch in einem Gefängnis in den Griff?

Wir sind gut vorbereitet. Die Pöschwies hat zum Beispiel schon früh 25’000 hochwertige Masken eingelagert. Dort ist ein sehr gutes Pandemie-Konzept vorhanden, und die Verantwortlichen können rasch reagieren. Sollten sich zum Beispiel viele Betreuer anstecken, könnten wir schnell auf einen Minimalbetrieb herunterfahren, ohne die Sicherheit zu gefährden. Besonders anspruchsvoll ist die Situation in der Untersuchungshaft, welche die Leute ja direkt von der Strasse aus aufnehmen muss. Aber auch da ist es gelungen, die Betriebe laufend an die neuen Herausforderungen anzupassen.

Und was tun Sie, wenn sich Gefangene anstecken?

Dasselbe, was auch draussen passiert: Isolieren, die Kontakte nachverfolgen, wenn nötig medizinisch betreuen. Und: Wir haben jetzt den stillgelegten Standort Horgen reaktiviert und bauen dort eine Art Krankenstation. Infizierte Gefangene sollen dort isoliert und behandelt werden können. Später kann man auch Verdachtsfälle nach Horgen bringen.

Wie viele ältere Personen gibt es unter den Häftlingen?

In der Justizvollzugsanstalt Pöschwies zum Beispiel sind 13 Personen über 65 und drei über 70. Das sind etwa fünf Prozent der Häftlinge. Dazu kommen aber noch Personen mit Vorerkrankungen, die teilweise auch in jüngeren Jahren gefährdet sind.

Wie ist jetzt die Stimmung unter den Gefangenen?

Wie draussen gibt es auch in den Vollzugsanstalten Leute, welche die Massnahmen übertrieben finden. Aber gerade unter den Gefährdeten gibt es einige, die Angst haben, sich anzustecken. Man ist viel stärker fremdbestimmt in einem Gefängnis. Manche Gefangenen fühlen sich ausgeliefert und machtlos. Diese Personen wünschen sich, noch stärker geschützt zu werden.

Und kommen Sie dem nach?

Wo immer möglich. Manche wollen zum Beispiel von den anderen Gefangenen isoliert werden. Wir sorgen dafür, dass sie sich allein in einer Zelle aufhalten können oder sich sonst schützen können. Sie erhalten Zugang zum Fernseher, Computer, können lesen oder Musik hören, aber sie werden von den anderen Gefangenen abgetrennt.

Anders als draussen gehen die Gefangenen aber offenbar immer noch zur Arbeit in die Betriebsstätten.

Hier mussten wir einen pragmatischen Entscheid treffen. Wenn Sie die Menschen monatelang in Zellen einsperren, ohne Gelegenheit für eine sinnvolle Betätigung, hat das einen sehr negativen Einfluss auf sie. Das wissen wir aus zahlreichen Studien. Gerade die Anstalt Pöschwies ist aber sehr offen gestaltet. Man kann dort mit Social Distancing arbeiten. Deshalb erlauben wir das derzeit.

Aber Besuche von Angehörigen sind nun verboten.

Im Moment besteht die Gefahr vor allem darin, dass das Virus von aussen eingeschleppt wird. Deshalb müssen wir diese Kontakte strikt limitieren. Aber die Besuche wären für die Wiedereingliederung eigentlich entscheidend. Dieses Verbot macht also auch für uns die Arbeit sehr schwierig. Wir versuchen derzeit kreative Lösungen zu finden.

Nämlich?

Wir haben jetzt Videotelefon-Plätze eingerichtet in der Pöschwies. Damit können die Gefangen mit ihren Angehörigen skypen. Das war allerdings nicht ganz einfach – versuchen Sie einmal, in diesen Zeiten grössere Mengen an IT-Material zu bestellen. Wir haben zwölf Geräte bestellt, aber erst drei erhalten. Bei der Einrichtung der Plätze gab es dazu noch zahlreiche Hürden zu überwinden.

Zum Beispiel?

Zuerst wollten wir Tablets verteilen. Doch die hätte man nach jedem Gebrauch desinfizieren müssen. Nach zwei Monaten wären die Geräte dann wohl ruiniert. Also mussten wir berührungsfreie Terminals aufstellen. Dazu braucht es Personal. Dann müssen Sie den Zugang zu den Geräten auch noch gerecht verteilen. Sie brauchen genug Internet-Bandbreite. Und die Angehörigen müssen sich auch noch einloggen und mitmachen. Das alles ist nicht einfach.

Sie schränken auch Therapien ein. Das könnte dazu führen, dass Häftlinge erst später freikommen.

Die Verordnungen des Bundesrats sagen klar, dass man auf nicht essenzielle Behandlungen verzichten muss. Auf der anderen Seite haben wir auch einen Resozialisierungsauftrag. Beides widerspricht sich. Also haben wir die Therapien ausgedünnt und beschränken uns auf Krisenintervention. Wenn es jemandem wirklich schlecht geht, sind wir da. So versuchen wir, den Grundauftrag möglichst zu erfüllen.

Wie lange können Sie dieses Regime aufrechterhalten?

Wir haben keinen Shutdown bei der Resozialisierung. Aber die Dauer der Massnahmen macht uns schon Sorgen. Wenn sie deutlich länger als drei Monate dauern, wird die Lage für uns sehr schwierig.

Werden Straftäter bei knappen medizinischen Ressourcen benachteiligt?

Kein Mensch darf aufgrund seiner Vorgeschichte diskriminiert werden. Das sagen auch die entsprechenden medizinethischen Richtlinien. Wir vertrauen also darauf, dass Straftäter keine bessere und auch keine schlechtere medizinische Behandlung erhalten wie jeder andere auch.



Der Gefängnis-Psychologe

Jérôme Endrass ist der stellvertretende Leiter von Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich; seit 2003 arbeitet der Psychologe für das Amt. Der 49-Jährige studierte in Zürich; an der Universität Konstanz leitet der Professor heute die Arbeitsgruppe für forensische Psychologie. (ms/oz)
(https://www.tagesanzeiger.ch/die-gefangenen-koennen-jetzt-skypen-420801710228)



Die Gefangenengewerkschaft (GG/BO) über die aktuelle Situation in Gefängnissen
https://ggbo.de/linxxnet-talxx-3/


+++BIG BROTHER
Handydaten: Überwachung des BAG wirft Fragen auf
Das Bundesamt für Gesundheit nutzt Handydaten, um zu überprüfen, wie viele Menschen sich im öffentlichen Raum aufhalten. Das ist aus datenschutzrechtlicher Sicht beunruhigend.
https://nzzas.nzz.ch/schweiz/das-bag-nutzt-handydaten-zur-ueberwachung-das-wirft-fragen-auf-ld.1549052


Coronavirus: Deutscher Datenschützer warnt vor Zugriff auf Handydaten
Für die Bekämpfung der Pandemie dürften Grundrechte nicht “über den Haufen geworfen werden”
https://www.derstandard.at/story/2000116269180/coronavirus-deutscher-datenschuetzer-warnt-vor-zugriff-auf-handydaten


+++WORLD OF CORONA
Die Schweiz führte 2014 eine grosse Pandemie-Übung durch: Die Kantone erledigten aber nicht alle Hausaufgaben
Auf dem Papier waren alle Massnahmen vorhanden, doch nicht alle wurden umgesetzt. Experten erkannten die Defizite und arbeiteten Verbesserungsvorschläge aus. Mitten in diesem Prozess wurde ihr Szenario plötzlich Realität.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/pandemieplanung-ld.1208400


Aktivismus in der Coronakrise: Besetzen per Livestream
In Berlin werden Wohnungen besetzt, um sie Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Das Bündnis #besetzen überträgt die Aktion ins Netz.
https://taz.de/Aktivismus-in-der-Coronakrise/!5675015/