Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++SCHWEIZ
Asyl: Bundesverwaltungsgericht hält neue Fristen weitgehend ein
Das Bundesverwaltungsgericht hat im ersten Jahr nach revidiertem
Asylgesetz in 70 Prozent der Fälle die gesetzlich vorgeschriebenen
Behandlungsfristen eingehalten. In weiteren 20 Prozent der Fälle wurde
sie nur um wenige Tage überschritten. 15 Prozent der Beschwerden, welche
nach revidiertem Asylrecht zu behandeln waren, wies das Gericht zur
Neubeurteilung an das Staatssekretariat für Migration zurück.
https://www.bvger.ch/bvger/de/home/medien/medienmitteilungen-2019/mm-asylbilanz-0320.html
-> https://www.nzz.ch/schweiz/neues-asylrecht-bundesverwaltungsgericht-weist-mehr-faelle-an-das-sem-zurueck-ld.1548012
Alle hängigen Asylverfahren sollen bis nach der Corona-Krise pausiert werden
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) stellt Asylanhörungen während
einer Woche ein — und muss deshalb Kritik einstecken. Solidarité sans
frontières genügen diese Massnahmen zum Schutz von Asylsuchenden nicht.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/alle-haengigen-asylverfahren-sollen-bis-nach-der-corona-krise-pausiert-werden-137330721
+++DEUTSCHLAND
Wegen Coronavirus: Seehofer stoppt Dublin-Abschiebungen
Die Corona-Krise setzt auch das deutsche Asyl-System unter Zugzwang.
Nach Informationen von NDR, WDR und SZ werden ab sofort alle
Abschiebungen in EU-Staaten gestoppt.
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-abschiebungen-103.html
+++GRIECHENLAND
Wie schützt man Flüchtlingslager vor Coronaviren?
Humanitäre Organisationen bereiten sich auf einen Ausbruch der Epidemie
in Idlib oder auf Lesbos vor. Viele notwendige Massnahmen lassen sich
kaum umsetzen.
https://www.nzz.ch/international/wie-schuetzt-man-fluechtlingslager-vor-corona-ld.1547867
+++GRIECHENLAND-TÜRKEI-EU
Umgang mit Flüchtlingen: UN-Menschenrechtsexperte kritisiert griechischen Grenzeinsatz
Nach Berichten über ein drastisches Vorgehen griechischer Grenzschützer
gegen Flüchtlinge erinnert der Sonderbeauftragte das Land an dessen
Pflichten
https://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-griechenland-un-1.4854422
Adieu Menschlichkeit, adieu Europa
Die EU-Außengrenze ist Schauplatz eines brutalen Abwehrkampfes. Die
vorübergehende Aussetzung des Asylrechts markiert eine historische
Zäsur. Warum sich Europa jetzt auf seine Werte besinnen und
Verantwortung in der Welt übernehmen muss.
https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/sendung-vom-22032020-100.html
+++SYRIEN
Angst und Hoffnung im syrischen Idlib – Echo der Zeit
Seit zwei Wochen herrscht Waffenruhe in der syrischen Provinz Idlib.
Eine wichtige Verschnaufpause. Ausgerechnet jetzt kommt aber eine neue
Sorge dazu: die Angst vor dem Coronavirus. Gespräch mit Ahmed, dem
Leiter eines kleinen Hilfswerks, mit dem SRF regelmässig Kontakt hat.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/angst-und-hoffnung-im-syrischen-idlib?id=dca04f0f-2f55-40ab-b595-906ae6a2bb48
Corona-Gefahr in Idlib: „Bitte vergesst die Syrer nicht“
Mehr als eine Million Vertriebene harren in der syrischen Provinz Idlib
unter elenden Bedingungen aus. Die Menschen sind dem Coronavirus nahezu
schutzlos ausgeliefert, warnt der Nothelfer Fadi Al-Dairi.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/corona-in-idlib-syrien-wir-schlittern-in-eine-katastrophe-a-e1689813-7e80-4843-8302-2f20759f43f2
Corona-Gefahr in Idlib „Bitte vergesst die Syrer nicht“
Mehr als eine Million Vertriebene harren in der syrischen Provinz Idlib
unter elenden Bedingungen aus. Die Menschen sind dem Coronavirus nahezu
schutzlos ausgeliefert, warnt der Nothelfer Fadi Al-Dairi.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/corona-in-idlib-syrien-wir-schlittern-in-eine-katastrophe-a-e1689813-7e80-4843-8302-2f20759f43f2
+++FLUCHT
Vermisst: Flüchtling
Nach Europa zu gelangen, ist für viele Flüchtlinge Hoffnung und Ziel.
Für ihre Angehörigen wird dies zum Albtraum, wenn sich ihre Spur
verliert. Mit vermissten Personen befasst sich das Schweizerische Rote
Kreuz, aber auch eine Mailänder Rechtsmedizinerin, die tote
Bootsflüchtlinge identifiziert.
https://www.srf.ch/play/radio/kontext/audio/vermisst-fluechtling?id=1719bf96-621f-41eb-a30c-f8e270d896f4
Vermisst: Flüchtling
Nach Europa zu gelangen, ist für viele Flüchtlinge Hoffnung und Ziel.
Für ihre Angehörigen wird dies zum Albtraum, wenn sich ihre Spur
verliert. Mit vermissten Personen befasst sich das Schweizerische Rote
Kreuz, aber auch eine Mailänder Rechtsmedizinerin, die tote
Bootsflüchtlinge identifiziert.
https://www.srf.ch/sendungen/kontext/vermisst-fluechtling
+++FREIRÄUME
bernerzeitung.ch 23.03.2020
Kündigung nach 64 Jahren: «Der Hausbesitzerin sind die Menschen egal»
Allen Mietern der Liegenschaft am Hofweg in der Lorraine wurde die
Wohnung gekündigt. Besonders hart trifft es eine 88-Jährige, die seit
sechs Jahrzehnten hier wohnt.
Claudia Salzmann
Spiri Bach sitzt auf dem Bett. Geschlafen hat die 88-Jährige letzte
Nacht nicht, die davor auch nicht. Stattdessen habe sie Kreuzworträtsel
gelöst, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Die Bernerin wohnt seit 64
Jahren in ihrer Wohnung am Hofweg. Noch die Erbauer habe sie gekannt,
sämtliche Besitzerwechsel des Hauses kann sie aufzählen. Und jetzt
flatterte die Kündigung ins Haus. «Ich kann doch in meinem Alter nicht
umziehen», sagt sie und lässt ihre Schultern wieder hängen.
Die Seniorin ist eine der 18 Parteien, die ihre Wohnungen bis im Herbst
verlassen müssen. Die Liegenschaftsbesitzerin SIG will das ganze Haus
sanieren. Eine Alternative im Breitenrainquartier wurde Bach angeboten.
Zum gleichen Preis würde sie eine Wohnung ohne Balkon bekommen. Ihr
kleines Daheim ist als Einzimmerwohnung deklariert. In der Küche kann
man sich kaum drehen, der Ausbaustandard ist alt, und in den Jahrzehnten
hat sich einiges an Besitz angesammelt. 600 Franken beträgt die Miete,
gerade noch stemmbar mit ihrer Rente.
Auch Kinder betroffen
Hausbewohnerinnen stehen Bach zur Seite und trösten sie.
BeispielsweiseTea Batt, die eine Zweizimmerwohnung im ersten Stock
bewohnt, und Claudia Friedli, die mit ihrem Partner und ihrem Sohn hier
wohnt. Gemeinsam zogen sie letzte Woche vor die Schlichtungsbehörde.
Dort wurde ihnen eine Zahlung zugesichert, die sie beim Auszug
überwiesen bekommen. Aber für die Bewohnerinnen fühlt es sich an, als
hätten sie verloren.
«Einige im Haus sind Ausländer, Sans-Papiers oder Prostituierte. Viele
kennen ihre Rechte nicht. Andere sagten, sie wollten auch kämpfen, beim
Termin waren wir aber nur vier», sagt Claudia Friedli. Für sie ist die
Kündigung ebenfalls ein harter Schlag: Ihr Partner arbeitet im gleichen
Haus, die Kita befindet sich die Strasse hoch, und Friedli unterrichtet
an der Kunstgewerbeschule. «Der Hausbesitzerin sind die Menschen egal»,
sagt sie.
Seit 64 Jahren nicht saniert
Das dementiert Pascale Uehli vehement. «Wir gehören nicht zu denen, die
Leute gern auf die Strasse setzen», sagt die Liegenschaftsverwalterin
von Intershop. Die Gentrifizierungskeule zu schwingen, ist vielleicht zu
einfach, denn das Haus hat Baujahr 1956. Seither habe man nur
Unterhaltsarbeiten gemacht und keine grössere Sanierung. Das sei nun
nötig. Dass die Kündigungen nicht zumutbar seien, dementiert sie. «Wir
haben im Oktober den 15 Parteien gekündigt. Ein Jahr im Voraus, das ist
wirklich grosszügig», sagt sie. Drei Wohnungen seien schon damals leer
gewesen, drei weitere Parteien seien nun vorzeitig gegangen.
Der Bewohnerin Spiri Bach habe man eine Wohnung angeboten, aber bisher
von ihr noch keine Zusage erhalten. Die leeren Wohnungen habe man nicht
mehr vermietet, weil man den Mietern dann auch hätte kündigen müssen.
Ausgehöhlt werde das Haus nicht: «Wir werden wiederum 18 Ein- und
Zweizimmereinheiten haben, Familienwohnungen werden das nicht.»
Die Mieten würden lediglich um den wertvermehrenden Betrag erhöht
werden, bei diesen kleinen Wohnungen habe man wenig Spielraum. Die
Kritik der Parteien, dass ihnen der Mensch egal sei, weisst Üehli von
sich. Ja sie äussert sich sogar verständnisvoll: «Es ist klar, dass der
Vermieter nie sozial ist.» Diese Sanierung sei wirklich nötig, man sehe
es ja bereits von aussen. Der von ihnen anvisierte Baustart sei der 1.
November. Da nichts an der Gebäudehülle gemacht werde, brauche es kein
Baugesuch.
Allernötigste Arbeiten
Tea Batt setzt sich neben Spiri Bach aufs Bett, versucht sie zu
beruhigen. Die 45-Jährige wohnt seit 19 Jahren hier. «Ich versuche den
Umzug als Neuanfang anzusehen, aber es bricht mir das Herz», sagt sie.
Die neue Wohnung koste mehr, weshalb sie sich einschränken müssen werde.
«Oder mehr arbeiten, aber als Betreuerin im Altersheim verdient man
halt nicht viel», sagt sie. Sie wohnt allein, weshalb sie alles allein
zahlen muss. Dabei geht es da um kleine Geldbeträge. Beispielsweise
teilt sie sich die Internetgebühren mit ihrer Nachbarin Claudia Friedli.
«Ein Frust ist halt, zu merken, dass sie uns als Mieter einfach nicht
mehr wollen.» Nicht einmal ein Angebot im Nachbarhaus, das derzeit
umgebaut wird und der gleichen Besitzerin gehört, habe es gegeben. Sie
sieht ein, dass einiges wirklich gemacht werden muss, und spricht damit
beispielsweise tropfende Rohre im Keller an. «Es wurde nur das
Allernötigste gemacht. Zudem hätte man das Haus in Etappen sanieren
können», sagt die gelernte Hochbauzeichnerin.
Trauer übermannt sie
Die Art und Weise, wie sie die Kündigung bekam, ist für sie fragwürdig.
«Man sagte mir, man wolle bloss die Wohnung schätzen kommen. Ich müsse
keine Angst haben, die Miete werde nicht erhöht. Und ein paar Tage
später kommt die Kündigung», sagt sie. Die Lorraine habe sich in dieser
Zeit sehr verändert. Viele sind seit Jahrzehnten verankert, halten sich
in ihren Wohnungen still. «Sie trauen sich gar nicht, auf ihre Rechte zu
pochen, und streichen die Wände selber», sagt sie.
Spiri Bach schüttelt den Kopf, sie ist überfordert. Mit Gentrifizierung
muss man ihr nicht kommen, sie vermag nicht recht das grössere Bild zu
sehen, zu sehr beschäftigt sie ihre eigene Situation. «Ich weine
eigentlich nie, aber gestern kam alles über mich. Ich kann mir mein
Zuhause nach dem Umbau nicht mehr leisten.» Illusionen, dass das
Bauvorhaben gestoppt wird, macht sich keine der drei Frauen, im
Gegenteil, aber dennoch «müssen wir doch für unser Quartier kämpfen».
Auch die jüngeren Frauen wollen nicht hinnehmen, dass nur noch gut
betuchte Menschen in der Lorraine leben dürfen.
(https://www.bernerzeitung.ch/der-hausbesitzerin-sind-die-menschen-egal-483187570441)
+++GASSE
Notschlafstelle Freiburg – Wie bleibt man zuhause ohne Zuhause?
Die einzige Notschlafstelle im Kanton Freiburg bleibt offen, muss sich wegen des Coronavirus aber anpassen.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/notschlafstelle-freiburg-wie-bleibt-man-zuhause-ohne-zuhause
Wie bleibt man zuhause ohne Zuhause?
Wegen des Coronavirus sollen alle möglichst zuhause bleiben. Für
Obdachlose eine schwierige Zeit, zeigt das Gespräch mit der kirchlichen
Gassenarbeit in Bern. Und auch die Notschlafstelle in Freiburg musste
Massnahmen ergreifen (ab 07:53)
https://www.srf.ch/sendungen/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/wie-bleibt-man-zuhause-ohne-zuhause
—
derbund.ch 23.03.2020
«Die Krise hat den Hunger noch grösser gemacht»
Weil Gassenküchen und Treffs geschlossen sind, stehen Randständige allein da. Doch es gibt Menschen, die ihnen helfen.
Philippe Reichen, Philipp Loser
Nach dem Eindunkeln strömen sie auf die Place de la Riponne: Obdachlose,
Drogenabhängige, Sans-Papiers. 150 Leute sind es am Ende. Jeden Tag
sind sie da, auch bei Regen. Die Umgebung ist für alle ungewohnt. Nach
dem Ausbruch des Coronavirus musste die Lausanner Gassenküche auf den
Platz im Stadtzentrum ausweichen. Im Stammlokal war es zu eng und die
Ansteckungsgefahr zu gross. Der Umzug ins Freie war die einzige
Alternative.
Geduldig, in einer Reihe und im Sicherheitsabstand postiert, warten die
Randständigen auf ihr Essen. Auf dem riesigen Platz wirken sie
ausgestellt. «Der Hunger ist gross. Die Krise hat ihn noch grösser
gemacht», sagt Véronique Eichenberger von der Stiftung Mère Sofia, die
Betreiberin der Gassenküche.
Beratungsgespräche kann die Stiftung in Coronazeiten keine mehr führen.
Nahrungsmittel werden Bedürftigen aktuell sogar nach Hause geliefert.
Vor allem um eine Gruppe macht sich Eichenberger Sorgen: um die
Sans-Papiers. «Die Leute sind komplett schutzlos. Die Situation ist
dramatisch», sagt sie. Viele versteckten sich in ihren Wohnungen, hätten
in den letzten Tagen ihre Jobs verloren und seien ohne Geld und Hilfe.
Das beobachtet auch Bea Schwager von der Zürcher Anlaufstelle für
Sans-Papiers. Als Bundesrat Alain Berset vor einer Woche den Lockdown
verkündete, wurde die Anlaufstelle mit Anfragen überhäuft. Viele
Papierlose treffe die Corona-Krise besonders hart, sagt Schwager.
Plötzlich würden sie als Ansteckungsrisiko gesehen, verlören ihre Jobs
in der Kinderbetreuung oder als Reinigungshilfen. Auch im Baugewerbe
stelle man sie nun auf die Strasse.
Besonders hart getroffen
Diese Krise, das zeigen die ersten Tage deutlich, trifft ganz
unterschiedliche Leute unterschiedlich hart. Selbstständigerwerbende,
Gewerbetreibende, die Wirtschaft überhaupt. Besonders hart sind diese
Tage aber auch für die Menschen am Rand. Es ist eine Krise der sozial
Schwächsten.
Wer es sich leisten konnte, floh nach der Verkündung der Ausgangssperre
in Paris in seinen Zweitwohnungssitz auf dem Land. In den dichter
besiedelten und sozial schwächeren Quartieren rund um das Stadtzentrum
prügelten sich derweil die Menschen in den Supermärkten um
Toilettenpapier und Wasser. Szenen wie aus einem dystopischen Film. In
der Schweiz ist das Gefälle nicht so extrem. Doch Wohlstand hilft auch
hier: Für die Akademikerfamilie in der geräumigen Fünfzimmerwohnung mit
Balkon ist die Isolation besser zu ertragen als für die alleinerziehende
Migrantin auf 40 Quadratmetern. Von anderen gar nicht zu sprechen. Den
Obdachlosen, Drogensüchtigen, Prostituierten, psychisch Kranken oder –
eben – den Sans-Papiers.
Sans-Papiers arbeiten meist im Stundenlohn, haben keine Arbeitsverträge,
damit kein Anrecht auf eine Arbeitslosenentschädigung oder Sozialhilfe,
besitzen kaum Erspartes, können kein Bankkonto eröffnen und damit auch
nicht bargeldlos zahlen, wie das Supermärkte aus Hygienegründen derzeit
oft verlangen. Können sie Rechnungen nicht mehr begleichen, drohen
Betreibungen, die schlimmstenfalls in der Ausweisung enden. Sowieso
leben Papierlose in der Regel in engen, prekären Behausungen. Bleiben
die Schulen geschlossen und die Kinder zu Hause, wird der Platz noch
knapper.
In der Stadt Zürich lancierten Aktivisten am vergangenen Donnerstag
unter dem Titel «Nothilfe für Sans-Papiers» ein umfassendes
Hilfsangebot. Die 50’000 Franken für die Abgabe von Lebensmittelbons
sind fast zusammen. Freiwillige helfen Papierlosen bei der
Kinderbetreuung. Die Aktion ist ein Erfolg.
Umstellung auf Take-away
Doch Sorgen bleiben. Bea Schwager fragt: «Was passiert, wenn Papierlose
am Coronavirus erkranken oder sogar ins Spital müssen?» Davon hätten
viele Angst, denn Krankenkassen und Arztbesuche könnten sie sich nicht
leisten. Die Spitäler versorgen Sans-Papiers zwar, können wegen
Kostengutsprachen aber an die Sozialämter gelangen, die wiederum die
Migrationsbehörden einschalten.
Genau darum hat Olivia Jost von der Anlaufstelle für Papierlose in Basel
sofort die Dossiers ihrer Klienten überprüft und geschaut, ob alle eine
Krankenversicherung haben. Haben sie, sagt sie, und und ist
erleichtert, dass der Kanton Basel-Stadt Prämienverbilligungen gewährt,
was der Kanton Zürich in weit geringerem Umfang tut. Dennoch will Jost
den Kanton um finanzielle Unterstützung bitten. Auch in Basel sind viele
Papierlose stellenlos, ihnen drohen finanzielle Engpässe. «Uns ist
klar, dass dies eine besondere Krisensituation für die sozial
Schwächsten ist», sagt Eveline Bohnenblust, die im Basler
Gesundheitsdepartement die Abteilung für Sucht leitet. «Zum Glück
arbeiten auch im sozialen Bereich so viele engagierte und flexible
Leute!»
So gut wie es irgendwie gehe, versuche man die bestehenden Institutionen
auf die neue Situation umzustellen. Obdachlose werden (nachdrücklich)
ermuntert, in den kommenden Tagen in staatliche Unterkünfte zu
übersiedeln, wo sie sich waschen können, duschen, versorgt werden.
Anlaufstellen, bei denen Bedürftige früher essen durften, haben auf
Take-away umgestellt. Die Kontakt- und Anlaufstellen (frühere
Fixerstübli) bleiben – unter verschärften Auflagen – geöffnet. «Wir
wollen unbedingt verhindern, dass sich wieder eine offene Drogenszene
entwickelt», sagt Bohnenblust. Man müsse den Kontakt zu den betroffenen
Leuten halten, «gerade auch, weil viele nicht einschätzen können, wann
sie tatsächlich krank sind».
Sie schauen Tag für Tag
Man schaue Tag für Tag, sagt Bohnenblust, eines nach dem anderen. Michel
Steiner hält es gleich. Er leitet den «Schwarzen Peter» im
St.-Johanns-Quartier, klassische Gassenarbeit. Die Sprechstunde hat er
in den benachbarten Park verlegt. Mit Flyern in der ganzen Stadt
versuchen Steiner und sein Team ihre Kundschaft zu erreichen, zu
informieren, zu sensibilisieren. «Aber ich weiss nicht, ob die Botschaft
wirklich ankommt. Ich fühle mich ja selber noch wie in einem Film.» Es
passierte viel zu viel und zu vieles gleichzeitig.
Letzte Woche hat Steiner die Nachricht erhalten, dass die
Lebensmittelhilfe «Tischlein deck dich» den schweizweiten Betrieb
unterbricht. An 132 Abgabestellen haben deren Helferinnen und Helfer pro
Woche 5700 Familien mit insgesamt 200’000 Personen beliefert. «Es war
ein wahnsinnig schwieriger Entscheid», sagt Geschäftsführer Alex Stähli,
«aber ein unumgänglicher.»
Seit der Betrieb eingestellt wurde, wird Stähli mit Ideen und
Vorschlägen überflutet, wie die Hilfe trotzdem weiter gehen kann. Leute
mit einer Bezugskarte dürfen in der Zwischenzeit in den Läden der
Caritas einkaufen. «Am Punkt X, wenn die Lage wieder einigermassen
stabil schlecht ist, werden wir bereit sein», sagt Stähli. Bis dahin?
Schaut man Tag für Tag.
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/besondere-krisensituation-fuer-die-sozial-schwaechsten/story/19558941)
—
Zürich versorgt Obdachlose auch tagsüber — per sofort Ganztagsbetrieb während Corona-Krise
Trotz Corona-Krise bleiben in der Stadt Zürich alle Angebote des
Sozialdepartements für Obdachlose weiterhin geöffnet. Zwei Schlafstellen
wechseln auf 24-Stunden-Betrieb.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich-versorgt-obdachlose-auch-tagsueber-per-sofort-ganztagsbetrieb-waehrend-corona-krise-137330869
-> https://www.stadt-zuerich.ch/sd/de/index/ueber_das_departement/medien/medienmitteilungen_aktuell/2020/maerz/200323a.html
—
Gassenarbeit Luzern – Drogenabhängige in Not: Der Stoff wird knapp
Die Corona-Krise hat Auswirkungen auf Drogenabhängige. Nun sollen mehr Zugang zu einem Methadonprogramm erhalten.
https://www.srf.ch/news/regional/zentralschweiz/gassenarbeit-luzern-drogenabhaengige-in-not-der-stoff-wird-knapp
+++SEXWORK
Konsequenzen der Coronakrise: «Die Situation der Sexarbeitenden ist prekär»
Prostituierte dürfen wegen der Corona-Krise nicht mehr arbeiten. Die
Berner Fremdenpolizei appelliert an die Bordellinhaber, dass sie jetzt
den Sexarbeitenden günstige Wohnmöglichkeiten bieten.
https://www.bernerzeitung.ch/die-situation-der-sexarbeitenden-ist-prekaer-501123066470
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Kundgebungen zum Tag der Arbeit abgesagt – Rendez-vous
Die Corona-Krise hat die Schweiz im Griff, und das wird noch eine Weile
so bleiben. Der Bund hat die ausserdienstliche Schiesspflicht für das
laufende Jahr sistiert. Und der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat die
Kundgebungen zum 1. Mai abgesagt.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/kundgebungen-zum-tag-der-arbeit-abgesagt?id=3c95cfb2-592a-48e7-87a8-8d473f0a4bcb
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuercher-1-mai-demonstration-wird-abgesagt-00131067/
-> https://www.nzz.ch/zuerich/coronavirus-in-zuerich-demonstration-und-fest-zum-1-mai-abgesagt-ld.1547964
++++FREE NEKANE
Fall Nekane: Keine Entschädigung für Haft in der Schweiz
Das Bundesgericht ist auf eine Beschwerde der Baskin Nekane Txapartegi
nicht eingetreten, welche für die 527 Tage dauernde Inhaftierung in der
Schweiz eine Entschädigung verlangte. Spanien hatte die Auslieferung der
ETA-Unterstützerin verlangt. Weil die von einem spanischen Gericht
verhängte Strafe verjährt war, zog das Land das Gesuch zurück.
https://www.watson.ch/schweiz/spanien/891958511-fall-nekane-keine-entschaedigung-fuer-haft-in-der-schweiz
-> Urteil Bundesgericht: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://10-03-2020-1C_611-2019&lang=de&zoom=&type=show_document
+++CRIME SCENE
Die Zahl der Einbrüche ist in der Schweiz 2019 weiter zurückgegangen
2019 hat die Polizei rund 36 400 Einbrüche registriert, das sind 6,3%
weniger als im Vorjahr. Die Straftaten sind seit dem Rekordjahr 2012 mit
73 700 Straftaten um etwas mehr als die Hälfte zurückgegangen (–37
000). Im gleichen Zeitraum haben sich gemäss den Ergebnissen des
Bundesamtes für Statistik (BFS) die polizeilich registrierten
Betrugsstraftaten auf 17 606 verdoppelt.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-78483.html
-> https://www.police.be.ch/police/de/index/medien/medien.meldungNeu.html/police/de/meldungen/police/news/2020/03/20200323_0930_kanton_bern_anstiegderstraftatengemaessstrafgesetzbuch
-> https://www.derbund.ch/bern/kanton-bern-erstmals-seit-sechs-jahren-wieder-mehr-straftaten/story/28554055
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Mehr-Diebstaehle–mehr-Gewalt–mehr-Anzeigen-19578568
SVP-Landmann will härtere Strafen für Hassdelikte
Rechtsanwalt Valentin Landmann (SVP) verlangt, dass bei so genannten
Hassdelikten die Strafe verschärft wird. Er erhält Unterstützung von
Parteikollegen.
https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/SVP-Landmann-will-haertere-Strafen-fuer-Hassdelikte-28626431
+++KNAST
Coronavirus: Das Leben von Gefangenen steht über Sicherheitsinteressen
humanrights.ch ist besorgt über die Situation von Gefangenen und ruft
die Behörden dazu auf, die Grundrechte der Gefangenen auch während der
Corona-Pandemie zu wahren. Das Recht auf Leben und das Recht auf
Gesundheit sind aufgrund der besonderen Verletzlichkeit von Gefangenen
höher zu gewichten als Sicherheitsinteressen. humanrights.ch ruft die
Behörden dazu auf, in den Einrichtungen mehr Platz zu schaffen und damit
auch die Mitarbeitenden zu entlasten.
https://www.humanrights.ch/de/ueber-uns/impressum/eigenes/mm-coronavirus-gesundheit-gefangenen-ber-sicherheitsinteressen
—
derbund.ch 23.03.2020
Strafvollzug im Kanton Bern: Wie funktioniert Social Distancing im Gefängnis?
Kein Ausgang, keine Urlaube, keine Besuche. In Berner
Justizvollzugsanstalten herrscht Ausnahmezustand, der Betrieb wurde
zurückgefahren. Kurzstrafen werden aufgeschoben.
Chantal Desbiolles
Während in Italiens Gefängnissen Revolten ausbrachen, weil Besuche nicht
mehr erlaubt sind, ist die Stimmung in Berner Justizvollzugsanstalten
(JVA) aktuell gut. Seit Donnerstag kommen Besucherinnen und Besucher
nicht mehr in die Anstalten – Anwälte ausgenommen. Und auch Ausgang
sowie Ferien wurden den Inhaftierten gestrichen.
«Wir haben uns sehr bemüht, dass sie diese Massnahme mit Verständnis
aufnehmen», sagt Olivier Aebischer, Leiter Kommunikation beim Amt für
Justizvollzug. «Wir sind froh, dass uns das gelungen ist.» Nicht nur
habe die grosse Mehrheit der Inhaftierten «grosses Verständnis» dafür
gezeigt, ja, einige seien sogar erleichtert gewesen. Jedenfalls würden
die Vorgaben eingehalten, und die Leute zeigten sich solidarisch mit den
vulnerablen Personen – also jenen, die der Risikogruppe angehören.
Social Distancing gilt wie in allen anderen Lebensbereichen auch in den
Gefängnissen. Hier ist mit den Suchtkranken auch eine weitere
Risikogruppe vertreten. Wegen des geltenden Abstandgebots ist in einigen
Anstalten nur die Hälfte der Insassen überhaupt im Arbeitseinsatz, in
anderen ist der Arbeitsbetrieb inzwischen ganz eingestellt worden.
Auf das Ziel, die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten, habe man
sich wochenlang vorbereitet, sagt Aebischer. Das Personal der
Strafanstalten sei sich ohnehin den Umgang mit Leuten mit ansteckenden
Krankheiten gewohnt, die Ausgangslage sei also nicht völlig anders als
in einem Heim oder Spital. Jede Anstalt betreibt einen
Gesundheitsdienst, organisiert regelmässige Arztvisiten. Ausserdem seien
die Anstaltsleitungen im täglichen Austausch mit allen relevanten
Stellen wie dem Kantonsarztamt. «Wir setzen die gesundheitlichen
Massnahmen sehr konsequent um.»
Arbeitspflicht ausgesetzt
Dazu gehört auch, dass die Arbeitspflicht für vulnerable Inhaftierte
schon vor zwei Wochen ausgesetzt wurde. In Hindelbank ist die Arbeit
inzwischen eingestellt worden, im Thorberg arbeitet abwechselnd die
Hälfte der Gefangenen. In Witzwil, dem grössten Landwirtschaftsbetrieb
der Schweiz, müssen die Tiere auch weiterhin versorgt werden.
Wie in den Zellen leben mehrere Leute auch in den Wohngruppen zusammen.
In einer Wohngruppe in Hindelbank wurde eine Frau positiv getestet, sie
wurde Ende letzter Woche isoliert. Es geht ihr laut Aebischer so weit
gut. Drei andere Frauen sind in Quarantäne. Sie zeigen laut Aebischer
keine Krankheitssymptome.
Gefängnisse als Epizentren
Besorgt zeigt sich die Menschenrechtsorganisation Humanrights.ch: Sie
ruft die Behörden dazu auf, die Grundrechte der Gefangenen während der
Corona-Pandemie zu wahren. In den «Epizentren für Infektionskrankheiten»
müsse mehr Platz geschaffen, Mitarbeitende entlastet und den
Inhaftierten überall ermöglicht werden, ihre Hände zu waschen oder zu
desinfizieren.
Auch verweist Humanrights.ch auf die Altersstruktur im Vollzug: Beinahe
jeder fünfte Gefangene sei über 50 Jahre alt. Wegen fehlender Betten
könne es auch sein, dass Schwererkrankte gar nicht in ein öffentliches
Krankenhaus transferiert werden können.
Damit renne die Organisation beim Berner Justizvollzug offene Türen ein,
sagt Aebischer. Die Bewachungsstation im Inselspital, betrieben vom Amt
für Justizvollzug, stehe vollumfänglich zur Verfügung. Insassen mit
einem schweren Verlauf von Covid-19 würden dahin verlegt.
Weniger Gefangene
Auch die Forderung, die Anzahl Gefangener in den Einrichtungen zu
reduzieren, hat das Amt für Justizvollzug gehört. In der Westschweiz hat
man bereits reagiert, wie bekannt wurde: Die Genfer Behörden liessen
die Kriterien für Festgenommene überarbeiten, damit das überfüllte
Gefängnis Champ-Dollon nicht noch stärker belastet wird.
Insgesamt sind es neun Anstalten im Kanton Bern, die über 956 Plätze
verfügen. «Unser Gesamtbestand ist merklich gesunken», stellt Aebischer
indes fest. Das hänge auch mit einem Aufgebotsstopp zusammen. Konkret
geht es um Verurteilte, die aktuell in Freiheit sind und deren Strafe
später vollzogen werden kann. Dabei handelt es sich laut Aebischer
beispielsweise um Kurzstrafen, wie sie bei leichten Vergehen gegen das
Strassenverkehrs- und Betäubungsmittelgesetz ausgesprochen werden. Es
sind in der Regel Bussen oder Geldstrafen, die in Ersatzfreiheitsstrafen
umgewandelt werden. Von jenen, die solche Kurzstrafen zu verbüssen
hätten, so Aebischer, gehe keine Gefährdung aus.
(https://www.bernerzeitung.ch/wie-funktioniert-social-distancing-im-gefaengnis-107464946851)
—
Prisons : réduire la surpopulation pour éviter la crise sanitaire
Alors que les visites ont déjà été suprimées dans les prisons vaudoises,
on redoute à tout moment la même chose dans la prison surpeuplée de
Champ-Dollon. En France, de nombreuses associations, dont certaines
représentent des acteurs centreaux du système juridique, en appellent à
des mesures urgentes : „face au risque de crise sanitaire et
sécuritaire, il faut aujourd’hui permettre à un maximum de personnes de
sortir immédiatement de ce vase clos.“ S’il n’est pas dans nos habitude
de donner la parole à des acteurs du système judiciaire, nous trouvons
que ce communiqué fait écho à un appel similaire lancé à Genève (voir
ici) nous avons donc choisi de le publier.
https://renverse.co/Prisons-reduire-la-surpopulation-pour-eviter-la-crise-sanitaire-2483
+++BIG BROTHER
Überwachung in Zeiten von Corona – Echo der Zeit
In einigen Ländern werden Menschen von den Behörden per App überwacht:
So soll das Coronavirus eingedämmt werden können. Wie funktionieren
solche Apps? Und was sagen Betroffene dazu?
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/ueberwachung-in-zeiten-von-corona?id=edff39a0-2aec-4ea4-b9d5-2a823235a8c4
+++ANTIRA
antira-Wochenschau: Nationalismus, Solidarität, Rechtpopulismus in Coronazeiten
https://antira.org/2020/03/23/antira-wochenschau-nationalismus-solidaritaet-rechtpopulismus-in-coronazeiten/
+++RECHTSPOPULISMUS
Populisten und die Pandemie: Wenn plötzlich Sündenböcke fehlen
In Europa haben Rechtspopulisten die Schuld quasi aller Probleme auf
Flüchtlinge geschoben. Doch eine Pandemie lässt sich mit solchen
Sündenböcken nicht erklären.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-populisten-101.html
+++RECHTSEXTREMISMUS
Reactiva, association éco-fasciste vaudoise
Fondée en 2017, Reactiva se décrit comme une „association d’intérêt
environnemental à but non lucratif“. En plus d’exploiter deux terrains
en permaculture à Corsier-sur-Vevey, elle possède un „bar associatif“ à
Clarens dans lequel elle organise des soirées de soutien et des
concerts.
https://renverse.co/Reactiva-association-eco-fasciste-vaudoise-2431
Polizei liefert Steilvorlage für rechten Hass
Ein Polizeichef streut falsche Informationen über einen Einsatz in einem
Thüringer Asylheim. Daraus machen Neonazis eine Kampagne, in der sie
Flüchtlinge als Islamisten abstempeln.
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2020/03/23/polizei-liefert-steilvorlage-fuer-rechten-hass_29660
+++WORLD OF CORONA
Ticker:
-> https://www.derbund.ch/berner-fasnacht-wegen-corona-virus-abgesagt-785652369367
-> https://www.derbund.ch/stoppt-das-bag-den-kanton-tessin-und-was-ist-mit-verbier-801928188461
-> https://beta.20min.ch/story/so-sieht-die-coronavirus-kampagne-des-bundes-aus-255254143692?legacy-true
-> https://beta.20min.ch/story/coronavirus-im-ausland-338943429989?legacy=true
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/aktuelle-news-zum-coronavirus-ticker-zum-sars-aehnlichen-virus-aus-china-id15715896.html
Deutsche Regierung erwägt Überwachung von potenziell Corona-Infizierten
Ein Gesetzesentwurf, der Smartphone-Tracking vorsieht, wurde nach
massiver Kritik zurückgezogen. Der Vorschlag soll bis Ostern
überarbeitet werden
https://www.derstandard.at/story/2000116053991/deutsche-regierung-plant-ueberwachung-von-potenziell-corona-infizierten
—
derbund.ch 23.03.2020
Es droht eine Ausgangssperre ab 18 Uhr
Handydaten sollen zeigen, ob sich die Bevölkerung an die
Corona-Einschränkungen hält. Schärfere Regeln sind noch nicht vom Tisch.
Beni Gafner, Christoph Lenz
«Wir machen keine Spektakel-Politik.» So begründete Innenminister Alain
Berset (SP) am Freitag den Verzicht des Bundesrats auf eine
Ausgangssperre. Zahlreiche europäische Staaten, darunter auch Frankreich
und Italien, haben die Bewegungsfreiheit ihrer Bürger viel stärker
eingeschränkt. Doch diese Zeitung weiss: Die Ausgangssperre ist auch in
der Schweiz nicht definitiv vom Tisch. Sie bleibt eine Option. Käme das
Ausgehverbot, würde der Bundesrat dieses voraussichtlich in zwei
Schritten verordnen.
Innerhalb der Bundesverwaltung prüfen Zuständige derzeit technische
Kontrollmechanismen. Diese sollen zeigen, wie gut oder wie schlecht die
Bevölkerung die heute geltende Einschränkung der Versammlungsfreiheit
befolgt.
So will der Bund anhand anonymisierter Standortdaten von Mobiltelefonen
feststellen, welchen Effekt die bisherigen Massnahmen auf das Verhalten
der Bewohner im öffentlichen Raum gehabt haben. Konkret: Verhalten sich
die Menschen vorsichtiger? Gibt es in Parks und auf öffentlichen
Knotenpunkten weniger Kontakte?
Man wolle keine Trackingprofile erstellen, versicherte Daniel Koch vom
Bundesamt für Gesundheit kürzlich. Und Martin Dumermuth, Direktor des
Bundesamts für Justiz, versicherte: «Die Daten können nicht mit realen
Personen verknüpft werden.»
Ab 18 Uhr zu Hause
Sollten Analysen und Beobachtungen zeigen, dass die bisherigen
Massnahmen des Bundes zu wenig wirken, würde sich die Frage nach
weiteren Verschärfungen stellen. Die Pläne dafür werden in der
Bundesverwaltung erarbeitet, wie zwei gut informierte Quellen besagen.
Demnach könnte der Bundesrat die deutlich härtere Massnahme einer
Ausgangssperre in zwei Schritten anordnen, sollte er dies für nötig
erachten.
Zuerst gäbe es eine Nacht-Ausgangssperre. Diese soll ab abends 18 Uhr
gelten. Gemäss Variantenplanung wäre dies aber nur die Vorstufe zur
Ausgangssperre rund um die Uhr. Diesen letzten Schritt würde der
Bundesrat, unter Berücksichtigung der Akzeptanz der
Nacht-Ausgangssperre, nach einer gewissen Zeit verfügen.
Dass die Schweiz Massnahmen prüft, wie sie in Österreich und Deutschland
bereits zur Anwendung kommen, stösst hierzulande auf Skepsis. Es sind
vorab Deutschschweizer Kantone sowie Wirtschaftskreise, die weitere
Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens ablehnen –genauso wie neue
Eingriffe in die Gewerbefreiheit. Auch der Walliser Staatsratspräsident
Roberto Schmidt (CSP) meinte als Repräsentant eines Westschweizer
Kantons am Montag: «Wenn die Leute eingesperrt werden, schaffen wir
damit neue Probleme.»
Der Schweizer Chaos Computer Club schrieb auf Twitter: «Der Bund ist
ohne weiteres in der Lage, die Handypositionsdaten der gesamten in der
Schweiz ansässigen Bevölkerung zu überwachen.» Er ruft deshalb dazu auf,
man solle den Regeln des Bundesamts für Gesundheit folgen.
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/kommt-nun-eine-ausgangssperre-ab-18-uhr/story/20036904)