Medienspiegel 18. März 2020

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+++BERN
bernerzeitung.ch 18.03.2020

Idee aus den Reihen der FDP: Zieglerspital als Notunterkunft für Corona-Kranke

FDP-Grossrat Hans-Peter Kohler regt an, dass das zum Bundesasylzentrum umfunktionierte Zieglerspital wieder zum Spital wird. Wegen der Corona-Krise.

Stephan Künzi

Was tun, sollte die Zahl der Corona-Patienten irgendwann die Kapazitäten der Berner Spitäler sprengen? Hans Peter Kohler, FDP-Grossrat und Präsident der grossrätlichen Gesundheits- und Sozialkommission, regt an, für diesen Fall das stillgelegte Zieglerspital zu reaktivieren.

Der Gebäudekomplex an der Grenze der Stadt Bern zu Köniz dient seit mittlerweile bald fünf Jahren nicht mehr als Krankenhaus. In der aktuellen Situation sei es sicher eine Überlegung wert, das ehemalige Bettenhochhaus mit seinen immerhin 300 Plätzen bei Bedarf wieder in Betrieb zu nehmen, führt Kohler aus. Und sicher sinnvoller, als plötzlich irgendwelche Hallen in Notspitäler umwandeln zu müssen.

Kohler hat enge Bindungen zum Zieglerspital. Als Chefarzt arbeitete er selber jahrelang auf dem Areal. Heute ist er vollberuflicher Gemeinderat in Köniz, doch weil er im nahen Spiegel wohnt, ist der Bezug zu seinem ehemaligen Arbeitsort geblieben.

Reicht die Zeit?

Für den Kanton ist das Zieglerspital «in der Ressourcenplanung eine Option». Das schreibt Sprecher Gundekar Giebel in der Gesundheitsdirektion von Regierungsrat Alain Schnegg. Areale wie eben das ehemalige Krankenhaus am Berner Stadtrand seien tatsächlich «eine mögliche Raumreserve», aber: «Mit den Räumlichkeiten wäre erst eine der Fragen gelöst.»

Giebel erinnert daran, dass zu einem funktionierenden Spitalbetrieb auch Personal, Betten und medizinische Geräte gehören. Eine Rolle spiele weiter der Faktor Zeit: Im Moment sei schwer abzuschätzen, ob die Zeit reichen würde, all diese Strukturen hochzufahren.

Unveränderte Struktur

Auch FDP-Politiker Kohler gesteht ein, dass zu seiner Idee noch viele Fragen offen sind. Allen voran jene, wie dann die heutigen Bewohner unterkämen: Seit vier Jahren dient das Zieglerspital als Bundesasylzentrum, zurzeit ist es laut Angaben des Staatssekretariats für Migration zu drei Vierteln belegt.

Auf der anderen Seite, fährt Kohler fort, entspreche die Gebäudestruktur im Bettenhochhaus noch heute unverändert den Anforderungen an ein Spital. Mit den langen Gängen, von denen es zu den Zimmern geht, mit den Liften und breiten Türen, die das problemlose Verschieben von Betten erlauben – auch Anschlüsse für medizinische Geräte seien noch vorhanden.
(https://www.bernerzeitung.ch/zieglerspital-als-notunterkunft-fuer-corona-kranke-612360449986)


+++SCHWEIZ
Asylstatistik Februar 2020
Im Februar 2020 wurden in der Schweiz 1071 Asylgesuche eingereicht. Dies entspricht einer Abnahme von 13,9 Prozent (-173 Gesuche) gegenüber dem Vormonat und von 13,6 Prozent (-169 Gesuche) gegenüber Februar 2019.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-78474.html


Erschreckend: Rechtshilfe nicht garantiert
Der Brief der Freiplatzaktion Basel an Staatssekretär Mario Gattiker ist eindringlich: «Wir ersuchen das Staatssekretariat für Migration SEM inständig darum, ein Entscheidmoratorium» im Asylverfahren zu erlassen, schreibt die Beratungsstelle für Asylsuchende. Sie befürchtet, dass als Folge der Coronakrise die Rechtsweggarantie in den Verfahren «nicht mehr gewährleistet werden kann», weil die Stellen ihre Angebote reduzieren oder ganz einstellen müssten.
https://www.woz.ch/2012/erschreckend/rechtshilfe-nicht-garantiert


+++DEUTSCHLAND
Polizeieinsatz gegen Geflüchtete in Suhl: „Absolut chaotische Situation“
Eine ganze Flüchtlingsunterkunft in Suhl steht unter Corona-Quarantäne – dann rückt die Polizei an. Auch andernorts gibt es infizierte Geflüchtete.
https://taz.de/Polizeieinsatz-gegen-Gefluechtete-in-Suhl/!5668971/


Corona-Einreisesperren an deutschen Grenzen: Will Seehofer das Asylrecht aushebeln?
Dramatische Lage im Lager Moria auf Lesbos – und nicht nur dort. Helfer fürchten, dass Flüchtlinge nicht mehr nach Deutschland einreisen dürfen.
https://www.tagesspiegel.de/politik/corona-einreisesperren-an-deutschen-grenzen-will-seehofer-das-asylrecht-aushebeln/25655860.html


Flüchtlinge: Deutschland setzt humanitäre Aufnahmeprogramme aus
Schutzsuchende aus Krisengebieten können derzeit nicht mehr auf die Hilfe der Bundesregierung bauen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeitet eingeschränkt.
https://www.zeit.de/politik/2020-03/fluechtlinge-covid-19-pandemie-aufnahmenstopp-bamf
-> https://www.tagesschau.de/inland/fluechtlinge-2185.html


Abschiebungen nach Afghanistan: Zurück in den Krieg
Die Corona-Krise übertönt alles. Fast unbemerkt werden ein Dutzend gut integrierter Afghanen zwangsweise ins Krisengebiet abgeschoben.
https://taz.de/Abschiebungen-nach-Afghanistan/!5672188/https://taz.de/Abschiebungen-nach-Afghanistan/!5672188/


+++ÖSTERREICH
Auf Geflüchtete wird in der Corona-Krise vergessen
Der Schweizer Betreiber der Bundesasylzentren ORS betont, dass in seinen Quartieren “viele Menschen auf engem Raum” leben. Einen “Corona-Fall” gab es noch nicht
https://www.derstandard.at/story/2000115883567/auf-gefluechtete-wird-in-der-corona-krise-vergessen?ref=rss


+++GRIECHENLAND
Corona auf Lesbos: “Ich kann gar nicht ermessen, was uns dann drohen würde”
Auf Lesbos ist Corona angekommen. Was bedeutet das für das überfüllte Flüchtlingslager Moria? Ein Arzt und ein Rechtsanwalt fordern: Evakuiert, solange es noch geht!
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-03/corona-lesbos-fluechtlinge-moria-medizinische-versorgung/komplettansicht


Griechenland: Abgeschottete geschlossene Lager
Flüchtlinge und Immigranten wegen Coronavirus-Epidemie isoliert
https://www.heise.de/tp/features/Griechenland-Abgeschottete-geschlossene-Lager-4685004.html
-> https://www.arte.tv/de/videos/096842-000-A/fluechtlingslager-moria-sorge-um-corona-ausbruch/


Erdoğan soll mehr Geld von der EU bekommen
Angela Merkel, Emmanuel Macron und Boris Johnson machen türkischem Machthaber in Telefonkonferenz Zugeständnisse
https://www.derstandard.at/story/2000115881525/erdogansoll-mehr-geld-von-der-eu-bekommen?ref=rss
-> https://taz.de/EU-Fluechtlingsdeal-mit-der-Tuerkei/!5672247/
-> https://taz.de/Versagen-der-EU-in-der-Fluechtlingspolitik/!5668947/


Griechisch-türkische Grenze: Flüchtlinge scheitern mit Einreißen des Grenzzauns
Mit Tränengas und Steinen haben Migranten versucht, die türkisch-griechische Grenze zu überwinden. Zuvor hatte die Kanzlerin der Türkei weitere Hilfen zugesagt.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-03/grenze-griechenland-tuerkei-fluechtlinge-konflikt-migration
-> https://anfdeutsch.com/aktuelles/erneut-auseinandersetzungen-an-der-griechisch-tuerkischen-grenze-17971
-> https://www.tagesschau.de/ausland/tuerkei-griechenland-zusammenstoesse-101.html


Politisches Spiel mit scharfer Munition
An der türkisch-griechischen Grenze hat die EU eine rechtsfreie Zone geschaffen
https://www.akweb.de/ak_s/ak658/55.htm


Griechenland, Libanon, Bangladesch, Kenia: Die Angst in den Flüchtlingslagern
In Flüchtlingslagern leben auf engstem Raum zu viele Menschen zusammen. Helfer versuchen mit strikten Regeln, einen Ausbruch von Covid-19 zu verhindern. Ärzte warnen: ein unmögliches Unterfangen.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/coronavirus-die-angst-in-den-fluechtlingslagern-griechenland-libanon-bangladesh-kenia-a-b9dffd13-47b2-4c2e-ae12-5acb7391e444
-> https://www.watson.ch/international/coronavirus/327797829-coronavirus-bedroht-fluechtlinge-ueberfuellte-lager-kaum-kliniken


+++SYRIEN
Syrien: Wenn zum Krieg die Corona-Angst kommt
Das Assad-Regime schließt Schulen und verschiebt die Wahlen. Die Flüchtlinge aus der Provinz Idlib sind jedoch völlig schutzlos
https://www.derstandard.at/story/2000115864285/syrien-wenn-zum-krieg-die-corona-angst-kommt


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
derbund.ch 18.03.2020

Fahrende befinden sich in «akuter Notlage»

In dieser Reisesaison ist der Platz für Fahrende im Kanton Bern knapp. Das Coronavirus erschwert ihre Situation zusätzlich.

Martin Erdmann

Der Bundesrat rät der Bevölkerung, zu Hause zu bleiben. Doch was bedeutet das für die Volksgruppe der Fahrenden, deren Zuhause ein variabler Ort sein kann? Hauptsächlich eines: «Akute Notlage.» Zu diesem Fazit kommt die Radgenossenschaft der Landstrasse, Dachorganisation der Schweizer Jenischen und Sinti. Deshalb fordert sie nun, dass Bund, Kantone und Gemeinden alles tun müssen, um Platz zu schaffen, damit reisende Familien mehr Möglichkeiten bekommen, in kleineren Gruppen unterwegs zu sein. Wie es in einer Medienmitteilung heisst, wird dabei etwa an die Öffnung von Militärarealen oder Chilbiplätzen gedacht.

Angela Mattli von der Gesellschaft für bedrohte Völker sagt den Fahrenden eine schwierige Reisesaison voraus. Auch jenen aus dem Ausland. «Ihre Möglichkeiten sind aufgrund der Corona-Situation in Europa stark eingeschränkt.» Daher schliesst sie nicht aus, dass viele erst gar nicht in die Schweiz kommen werden. Die Fahrt durch die Schweiz ist für Fahrende aus dem Ausland eine wichtige Route, um Geld zu verdienen. Doch das sei in der momentanen Situation für alle Fahrenden schwierig, befürchtet Mattli. «Mit Von-Tür-zu-Tür-Gehen wird man es wegen Social Distancing nicht einfach haben.»

Es ist eine Befürchtung, die von Simon Röthlisberger von der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende bestätigt wird. «Jenische und Sinti berichten davon, dass sie deutlich weniger Aufträge haben.» Das Coronavirus verschlechtere die ökonomische Situation der fahrenden Handwerker und Händler «markant».

Unerwünschte Halte nicht ausgeschlossen

Ausländische Fahrende treffen im Kanton Bern zudem auf ein besonders knappes Platzangebot. Denn für sie gibt es in diesem Jahr nur noch den provisorischen Transitplatz in Gampelen, um Halt einzulegen. Dort wurden erste Gespanne jedoch bereits abgewiesen, weil der Platz erst am 1. April öffnet. «Die Zeit bis dahin wird für Vorbereitungsarbeiten benötigt», begründet die zuständige Regierungsrätin Evi Allemann (SP).

Die Lage ist schwierig, der Platz knapp. «Die Situation wäre sicher für alle Beteiligten entspannter, wenn weitere Gemeinden Hand bieten würden», sagt Allemann. Wie sich die junge Reisesaison entwickeln wird, sei nur schwer vorauszusehen. «Wenn die Nachfrage aber das Angebot übersteigt, ist auch künftig mit unerwünschten Halten zu rechnen.» Die Regierungsrätin hofft deshalb auf Angebote von privaten Landbesitzern, die spontane Halte ermöglichen wollen.

«Äusserste Massnahme»

Anzeichen auf fehlenden Platz sind in jener Gemeinde zu finden, in der 2023 der erste fixe Transitplatz des Kantons eröffnet werden soll. Der Autobahnrastplatz in Wileroltigen ist seit Tagen wieder von Gespannen aus dem Ausland besetzt. Das Bundesamt für Strassen (Astra), welches für den Platz zuständig ist, hat Massnahmen ergriffen. «Der Reinigungszyklus der Toilettenanlagen wurde intensiviert, seit letzter Woche ist ein Sicherheitsdienst auf dem Platz», sagt Astra-Sprecher Thomas Rohrbach.

Fahrende müssten dem Astra pro Woche mehrere Hundert Franken Gebühren zahlen, sagt Rohrbach. Mit diesen Einnahmen seien die zusätzlichen Aufwände aber nicht zu decken. «Diese Ad-hoc-Lösung stellt die äusserste Massnahme dar, um dem Kanton Bern zu helfen, bis die notwendige Infrastruktur bereitsteht.»
(https://www.derbund.ch/bern/fahrende-befinden-sich-in-akuter-notlage/story/18384584)


+++GASSE
bernerzeitung.ch 18.03.2020

Treffpunkte schliessen, Stoff wird knapp: Corona-Krise trifft Suchtkranke hart

Viele soziale Institutionen in Bern haben ihr Angebot wegen des Coronavirus reduziert. Das erschwert den Alltag der Menschen, die keine Wohnung oder Suchterkrankungen haben.

Lea Stuber

#StayHome, manchmal auch in der dringlicheren Variante #StayTheFuckHome ist das Gebot der Stunde. Doch wer kein Zuhause hat, kann nicht zu Hause bleiben. Die Menschen, deren Alltag sich grösstenteils auf der Gasse abspielt, sind also weiterhin draussen unterwegs. Menschen, die keine Wohnung haben, die vielleicht süchtig sind, die mit wenig Geld auskommen müssen und kein soziales Umfeld haben.

Wie sämtliche Restaurants in der Schweiz musste nun – wegen der «ausserordentlichen Lage» – auch das Casa Marcello schliessen, wichtiger Treffpunkt in der Aarbergergasse. Ruedi Löffel von der Kirchlichen Gassenarbeit sagt: «Wenn Orte zum Austauschen wegfallen, können sich die Menschen viel weniger gut selber organisieren.» Andere soziale Institutionen, wie die Drogenanlaufstelle oder das Passantenheim, versuchen nun den Spagat zwischen dem Schutz und der Sensibilisierung dieser Menschen, die zum Teil selber zur Corona-Risikogruppe gehören, und dem Aufrechterhalten ihrer Tagesstruktur.

Weniger Essensmöglichkeiten

Das Angebot ist vielerorts bereits reduziert. Der offene Mittagstisch von La Prairie ist zu, der Aufenthaltsraum Postgasse auch – und damit fällt ein grosser Teil des Essensangebots, aber auch des sozialen Kontaktes weg. Denn viele der Freiwilligen dieser Angebote, wie etwa bei der Elternvereinigung Drogenabhängiger Jugendlicher, sind älter und damit in der Risikogruppe. Auch die Lebensmittelhilfe Schweizer Tafel, mit dessen Essen etwa die Gassenküche des Sleepers kocht, ist zu, weil sie von den Grossverteilern fast kein Essen mehr bekommt. Löffel von der Gassenarbeit sagt: «Wenn diejenigen, die es sich leisten können, grosse Vorräte anhäufen, bleibt für diejenigen, die wenig haben, nichts übrig.»

Pinto, die Interventionsgruppe der Stadt Bern, hat sein Angebot beim Aufenthaltsraum Punkt 6 an der Nägeligasse innerhalb weniger Tage ausgebaut. Nun hat er nicht mehr nur morgens offen, sondern auch tagsüber, bietet Mahlzeiten und Kaffee an, sagt Pinto-Leiter Silvio Flückiger.

Allenfalls in Zusammenarbeit mit Restaurants, deren Küche leer und Köche arbeitslos sind, möchte die Gassenarbeit ein zusätzliches Angebot aufbauen. Löffel sagt: «Für die Menschen ist das eine neue Problematik: Wie kommen sie zu Essen, wenn sie kein Geld haben, vielleicht auch keine Familie und kein Umfeld?» Viele hatten dank Gelegenheitsjobs oder Strassenmusik ein kleines Einkommen, das jetzt wegfällt. Löffel erzählt von Menschen, die zwar eine Wohnung, aber kein Öl, kein Salz, keine Teigwaren an Lager haben.

Grösserer Stress beim Konsum

Für Drogen gehen viele zur Anlaufstelle an der Hodlerstrasse. Um die behördlichen Weisungen bezüglich der sozialen Distanz zumindest ein wenig einzuhalten, dürfen im Moment nur noch 50 Leute gleichzeitig hinein, halb so viele wie normalerweise. Rahel Gall, Geschäftsleiterin der Stiftung Contact, zu der die Anlaufstelle gehört, sagt: «Solange wir es irgendwie umsetzen können, wollen wir die Anlaufstelle offen lassen.» Die Leute würden so oder so versuchen, an ihren Stoff zu kommen, dann halt einfach verteilt in der Stadt statt bei der Anlaufstelle. Wenn sich aber Mitarbeitende oder ein Teil der Klienten anstecken würden, müsse die Anlaufstelle wohl zumachen.

Durch die Schliessung der Grenzen zeichnet sich bereits eine Stoffknappheit ab. Dadurch erhöhe sich der Stress zu beschaffen noch, sagt Gall: «Die Leute sind mehr unterwegs und mehr mit Menschen in Kontakt – eigentlich das Gegenteil von dem, was wir nun tun sollten.» Nicht eingeschränkt ist im Moment die Suchtbehandlung von Contact, wo die Menschen Methadon und andere Substitutionen bekommen.

Auch tagsüber in der Notschlafstelle

Das Passantenheim der Heilsarmee, das 50 Menschen Platz zum Übernachten bietet, versucht Menschen, die eine andere Möglichkeit haben – etwa Angehörige oder Bekannte –, weiterzuschicken. Um zu verhindern, dass die Menschen sich draussen aufhalten müssen, sind die Zimmer ausnahmsweise auch tagsüber offen. Zudem hat es ein Viererzimmer zu einem Quarantäneraum umgerüstet, das einem Verdachtsfall Platz bieten würde. Heimleiter Franz Dillier sagt: «Sobald bei jemandem Corona nachgewiesen würde, müssten die Menschen woanders übernachten können.» Die Stadt sucht darum mit Hochdruck eine Alternative.

Auch der Verein Surprise reagiert auf den landesweiten Notstand. Um die – zum Teil gesundheitlich angeschlagenen, zum Teil älteren – Verkäuferinnen und Verkäufer zu schützen, werden bis auf weiteres keine Strassenmagazine mehr verkauft. Geschäftsleiterin Jannice Vierkötter sagt: «Für die meisten ist das ein grosser Schock, das löst existenzielle Ängste aus.» Die Einnahmen aus dem Verkauf sind laut Vierkötter in Bern für etwa 30 Leute das Haupteinkommen. Um sie finanziell zu unterstützen, will Surprise nun Kurzarbeit anmelden. Daneben hat der Verein einen Spendenaufruf lanciert.
(https://www.bernerzeitung.ch/corona-krise-trifft-suchtkranke-hart-555742636448)



GASSENARBEIT BERN
Liebe Restaurantbesitzer*innen und Clubbetreiber*innen

Da ihr eure Lokale nicht mehr öffnen könnt, sitzt ihr auf ganz vielen Lebensmitteln. Eure Situation ist schlimm und wir hoffen ganz fest, dass ihr alle eine Lösung findet!

Da fast alle Essensangebote für obdachlose oder von Armut betroffenen Menschen ihren Betrieb eingestellt haben, leiden diese Menschen ganz besonders. Natürlich dürfen wir alle noch raus, um Lebensmittel einzukaufen. Für Menschen ohne Geld ist das aber kein Trost.

Wenn ihr Lebensmittel übrig habt: Wir nehmen diese alle, wenn sie in abgebbaren Mengen und nicht sehr verderblich sind!

Kontaktiert uns telefonisch (031 312 38 68) oder per Mail (mail@gassenarbeit-bern.ch).

Teilt es alle, falls ihr Menschen kennt, die in Restaurants oder Clubs arbeitet!

Für alle anderen:
Bleibt zuhause, wenn ihr eins habt, und spendet uns, damit wir unkompliziert sofort helfen können:

Kirchliche Gassenarbeit Bern
Speichergasse 8
3011 Bern
PC 30-30602-2 (Vermerk Unterstützungsfonds)

#solidarityagainstcorona
https://www.facebook.com/GassenarbeitBern/posts/1118195625180941:0



Coronavirus: Randständige stark betroffen – Schweiz Aktuell
Das Coronavirus und die aktuelle Situation trifft besonders die Randständigen. Viele Notschlafstellen und Essenausgaben sind nur noch beschränkt vorhanden.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/coronavirus-randstaendige-stark-betroffen?id=b68d0f26-a508-48c1-a27c-c31163dd38f0


Einschneidende Folgen – Corona-Krise trifft Randständige besonders hart
Lebensmittelhilfen und der Verkauf von «Surprise» wurden eingestellt, Gassenküchen prüfen eine Umstellung auf Take-Away.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/einschneidende-folgen-corona-krise-trifft-randstaendige-besonders-hart


Corona: Übersicht BS & BL – Die Lage in den Kantonen Basel-Stadt und Baselland im Überblick
Kanton Basel-Stadt stellt spezielle Wohnungen für Randständige bereit, falls diese sich infizieren sollten.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/corona-uebersicht-bs-bl-die-lage-in-den-kantonen-basel-stadt-und-baselland-im-ueberblick



Gemeinderat appelliert: «Zwei Meter Abstand halten. Immer und überall»
Der Gemeinderat hat an seiner heutigen Sitzung Massnahmen beschlossen, um das Abstandhalten durchzusetzen: Personen sollen sich im öffentlichen Raum nur vereinzelt oder in Kleinstgruppen bewegen und den Sicherheitsabstand von zwei Metern zueinander unbedingt einhalten. Polizeipatrouillen sensibilisieren für die dringende Notwendigkeit der Massnahme und setzen sie durch. Ausserdem hat die Stadt Bern aufgrund der vom Bundesrat ausgerufenen ausserordentlichen Lage beschlossen, per 18. März 2020 das Regionale Führungsorgan Bern plus zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie einzusetzen.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/gemeinderat-appelliert-zwei-meter-abstand-halten


Coronavirus und Armut: Wie geht es jetzt den Ärmsten in der Stadt?
Viele Obdachlose gehören zur Corona-Risikogruppe. Doch schützen können sich Menschen auf der Straße nur schwer. Nun bleiben auch noch viele ehrenamtliche Helfer zu Hause.
https://www.zeit.de/hamburg/2020-03/coronavirus-armut-quarantaene-hamburg-obdachlosigkeit/komplettansicht


Ausnahmezustand in Italien: Nicht alle werden geschützt
Geflüchtete, Obdachlose, Gefangene: Für die ohnehin Prekarisierten verschärfen sich die Lebensumstände durch das Coronavirus zusätzlich.
https://www.woz.ch/2012/ausnahmezustand-in-italien/nicht-alle-werden-geschuetzt



tagesanzeiger.ch 18.03.2020

 «Hotel Suff»: Jetzt kommts zum Rechtsstreit

Die Stadt Zürich hat die Betreuung in der Ausnüchterungsstelle an einen umstrittenen Ärztedienst vergeben. Jetzt wehrt sich die unterlegene Firma vor Verwaltungsgericht.

Martin Huber

Die Neuvergabe für die medizinische Betreuung im «Hotel Suff» ist umstritten. Die Stadt hat sie soeben für die nächsten drei Jahre an die private Ärztefirma Oseara aus Kloten vergeben. Diese erhält dafür 2,6 Millionen Franken. Der Firma JDMT Medical Services aus Pfäffikon ZH passt dies nicht. Sie war bislang für die medizinische Betreuung zuständig. Der Vertrag mit dieser Firma läuft per Ende dieses Monats aus. Jetzt hat die JDMT die Vergabe des Auftrags an die Oseara vor dem Zürcher Verwaltungsgericht angefochten, wie JDMT-Sprecher Roland Portmann bestätigt.

Die Firma JDMT sei «sehr irritiert» über den Submissionsentscheid der Stadt, sagt Portmann. JDMT verlangt in der Beschwerde, dass der Submissionsentscheid der Städtischen Gesundheitsdienste aufgehoben und stattdessen JDMT den Zuschlag erhält. Allenfalls soll die Evaluation neu durchgeführt werden. Zudem soll die aufschiebende Wirkung erteilt werden.

Ihrer Ansicht nach sei es unbedingt notwendig, vertiefte Abklärungen über eine Mitbieterin zu tätigen, welche in den letzten Jahren mehrmals negative Schlagzeilen, medial wie auch politisch, gemacht habe. «Die Oseara erfüllt gemäss unserer Ansicht mehrere Eignungskriterien nicht und hätte deshalb vom Angebot ausgeschlossen werden müssen», sagt Portmann.

In die Zentrale Ausnüchterungs- und Betreuungsstelle (ZAB) in der Urania-Wache bringt die Polizei Personen, die sich selbst oder andere unter Einfluss von Alkohol oder Drogen gefährden; für ihre Betreuung im «Hotel Suff» stehen privates medizinisches Personal und Sicherheitspersonal bereit.

Und: Der medizinische Betrieb der Ausnüchterungsstelle sei eine komplexe, sensible und verantwortungsvolle Aufgabe, sagt Portmann. JDMT bezweifle stark, dass die Oseara den Auftrag wie von der Stadt gefordert und unter Einhaltung der medizinischen Sorgfaltspflicht erfüllen könne, besonders zu dem von der Oseara offerierten Preis.

Die Firma Oseara, die für das Staatssekretariat für Migration auch die medizinische Betreuung bei Ausschaffungen übernimmt, stand wiederholt im Rampenlicht. So 2018 wegen der Ausschaffung einer hochschwangeren Eritreerin und eines Suizidgefährdeten und weil Ärzte ohne vertraglich geforderten Facharzttitel angestellt wurden.

Stadt: «Betreuung sichergestellt»

Die Städtischen Gesundheitsdienste wollten sich auf Anfrage nicht weiter zur Beschwerde äussern. Nur so viel: Die medizinische Betreuung in der ZAB werde auch nach dem 1. April sichergestellt sein.

In die ZAB in der Urania-Wache bringt die Polizei Personen, die sich selbst oder andere unter Einfluss von Alkohol oder Drogen gefährden; für ihre Betreuung im «Hotel Suff» stehen privates medizinisches Personal und Sicherheitspersonal bereit.

Zuvor hatte Morten Keller, Direktor der Städtischen Gesundheitsdienste, die Vergabe an Oseara so begründet: «Den Zuschlag erhält das wirtschaftlich günstigste Angebot.» Dabei würden verschiedene Kriterien berücksichtigt – neben dem Preis auch die Qualität. Laut Keller mussten die Anbieter die organisatorische Leistungsfähigkeit sowie die fachliche Kompetenz nachweisen.

Kritik aus dem Parlament

Die Vergabe an die Oseara wirft auch politisch Wellen. Im Stadtparlament haben Grüne und AL Vorstösse mit kritischen Fragen dazu eingereicht. Die Antworten der Stadtregierung sind ausstehend.
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/hotel-suff-jetzt-kommts-zum-rechtsstreit/story/28946863)


+++KNAST
Corona-Update des Kantons: Kein Ausgang mehr für Gefängnisinsassen
Der Strafvollzug wird eingeschränkt: Auch hier werden keine Besuche mehr zugelassen, mit Ausnahme von Anwälten. Urlaub und Freigang sind bis auf Weiteres gestrichen.
https://www.bernerzeitung.ch/kein-ausgang-mehr-fuer-gefaengnisinsassen-359221502235
-> https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2020/03/20200318_1645_kanton_bern_setztmassnahmendesbundesum


Coronavirus in deutschen Gefängnissen: Einschließen oder heimschicken?
Auch in Gefängnissen gibt es Coronavirus-Fälle. Ein enormes Risiko bei so vielen Menschen auf engem Raum. Wo möglich, werden einige Gefangene bereits entlassen.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-03/coronavirus-in-deutschen-gefaengnissen-heaftlinge-infektion/komplettansicht
-> https://www.stern.de/panorama/weltgeschehen/coronavirus-in-deutschen-gefaengnissen—eine-art-pulverfass–9186648.html
-> https://www.spiegel.de/panorama/justiz/wie-sich-gefaengnisse-fuer-corona-wappnen-a-7a006e7f-7811-4a00-a26b-ee98c817ba13?sara_ecid=soci_upd_KsBF0AFjflf0DZCxpPYDCQgO1dEMph


+++BIG BROTHER
Zeig mir deinen Standort und ich sage dir, ob du vielleicht krank bist
Die Auswertung von Handy-Standortdaten soll dabei helfen, die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen. In Kürze will das Robert-Koch-Institut einen Plan vorlegen, der mit geltenden Gesetzen vereinbar ist. Andere Länder wie Österreich oder Israel setzen hingegen auf die Holzhammermethode.
https://netzpolitik.org/2020/zeig-mir-deinen-standort-und-ich-sage-dir-ob-du-vielleicht-krank-bist/


Israelischer Spyware-Hersteller will Corona-Tracker verkaufen
Die Cyber-Intelligence-Firma NSO Group behauptet, eine Software entwickelt zu haben, mit der Gesundheitsministerien die Ausbreitung des Corona-Virus verfolgen können. Angeblich nutzen rund ein Dutzend Staaten sie bereits zu Testzwecken. Dabei scheint es heikel, das Unternehmen auch nur in die Nähe sensibler Daten zu lassen.
https://netzpolitik.org/2020/israelischer-spyware-hersteller-will-corona-tracker-verkaufen/


NSO: Spyware-Firma will Smartphone-Nutzer überwachen, um Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen
Software wird angeblich bereits von rund einem Dutzend Regierungen getestet – Bewegungen werden zwei Wochen zurückverfolgt
https://www.derstandard.at/story/2000115876794/nso-spyware-firma-will-smartphone-nutzer-ueberwachen-um-ausbreitung-des


Corona-Krise: Deutsche Telekom liefert anonymisierte Handydaten an RKI
Die Telekom gibt anonymisierte Handyaten an das RKI weiter, damit Simulationen zur Verbreitung des Coronavirus erstellt werden können.
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Corona-Krise-Deutsche-Telekom-liefert-anonymisierte-Handydaten-an-RKI-4685191.html
-> https://taz.de/Datensammelwut-in-der-Coronakrise/!5668768/
-> https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/deutsche-telekom-uebergibt-anonymisierte-handydaten-ans-robert-koch-institut-a-db6d26da-cd56-4001-80ab-1014480b67d6
-> https://www.zeit.de/digital/mobil/2020-03/coronavirus-infektionen-handydaten-robert-koch-institut



tagesanzeiger.ch 18.03.2020

Er könnte das Handy zum Virendetektiv umrüsten

Das Zürcher ETH Spin-off Uepaa hätte die Technologie, um mit Smartphones potenziell infizierte Personen aufzuspüren.

Ruedi Baumann

Am Anfang der Corona-Krise hatten sich die Behörden in eine Sisyphusarbeit gestürzt. Contact Tracer mussten in mühsamer Detektivarbeit Angehörige, Kontaktpersonen, das Arbeits- und Freizeitumfeld des Angesteckten abtelefonieren. Seit sich das Virus weiterverbreitet hat, ist diese Arbeit hoffnungslos geworden. Sobald Infizierte mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs waren, Grossveranstaltungen besucht hatten oder in Grossbetrieben tätig waren, ist eine Rückverfolgung kaum mehr möglich.

Der Zürcher Elektroingenieur und Unternehmer Mathias Haussmann (47) hätte die Lösung – das «hätte» ist dem Datenschutz geschuldet –, um die Arbeit der Virendetektive digital zu erleichtern. Technisch sei es mit bewährten Mitteln möglich, dass sich Handys gegenseitig verbinden und beispielsweise dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) nach einer Infektion Informationen liefern: wer mit wem in Kontakt war, wann, wie lange und – vor allem – wie nahe.

Der Bund hat das Tracing aufgegeben, weil es mit konventionellen Mitteln nicht mehr zu bewältigen ist. Es sei erstaunlich, dass wir die genaue Erfassung der Epidemie schon eine Woche nach Auftreten des ersten Falles in der Schweiz aufgeben hätten, kritisiert Christian Althaus, Leiter der epidemiologischen Forschungsgruppe an der Universität Bern. Auch die USA liefern ein negatives Beispiel: In Seattle gelang es trotz vorbildlicher Arbeit der Tracer nicht, Patient null und seine Kontakte ab Einreise am 19.1.2020 zu isolieren. Trotz der Quarantäne von 60 potenziell Infizierten – Patient eins blieb unentdeckt. Bloss herumtelefonieren reicht offensichtlich nicht.

Handy erkennt 2-Meter-Abstand

Auf Tastendruck, sagt Mathias Haussmann, liesse sich auflisten, wer nach den Kriterien des Bundesamtes länger als 15 Minuten und näher als 2 Meter mit dem Angesteckten zusammen gewesen sei. «So können auch Unbekannte eruiert werden, die sich gar nicht kennen, und diese können sofort gebeten werden, in Eigenquarantäne zu gehen oder einen Corona-Test durchzuführen.»

Mathias Haussmann ist nicht irgendein Fantast. Er hat vor acht Jahren zusammen mit ETH-Kollege Frank Legendre ein mehrfach preisgekröntes Start-up-Unternehmen gegründet. Die Firma Uepaa entwarf eine App für die Bergrettung. Über die damals an der ETH entwickelte Proximity-Technologie verbinden sich Handys in unwegsamem Gelände ausserhalb des Empfangsbereichs untereinander und leiten Alarmmeldungen an eine Notrufzentrale weiter.

Diese und andere solche Proximity-Technologien – auch p2p oder peer to peer genannt – sind etabliert und werden zigmillionenfach angewendet. Etwa in Kaufhäusern, Werbeplakaten, Bezahlterminals oder eben in Apps. Insbesondere in Social-Network-, in Bezahl- und Taxi-Apps oder – am Beispiel der Uepaa-p2p-Technik – in der App Xing, einem sozialen Netzwerk für berufliche Kontakte mit Sitz in Hamburg. Die Nutzer können so ihre digitalen Visitenkarten austauschen, wenn ihre Handys unmittelbar beieinander sind.

Der Datenkrake im Hosensack

Das Handy als Datensammler im Hosensack? Das Smartphone, das unser aller Intimstes kennt – Freunde, Bankkonto, Aufenthaltsort, Agenda, heikle Mails, Schlafgewohnheiten – tauscht sich mit anderen Handys aus und liefert Daten an ein Bundesamt. Ist eine solche Lösung im Kampf gegen Corona überhaupt denkbar?

Asien liefert im Moment Anschauungsunterricht mit einem drastischen System, wie wir es nicht wollen, das aber erfolgreich scheint. Die App «Corona 100m» zeigt auf einer Karte öffentlich alle Corona-Kranken auf 100 Meter genau – nur als Nummer zwar – mit Nationalität, Geschlecht und Alter. In Singapur werden die Infizierten öffentlich aufgelistet. Und in China können die Behörden jeden Schritt von Infizierten über die App Wechat verfolgen, eine Art chinesisches Whatsapp, das auch eine Bezahlfunktion enthält. Kein Wunder, kommt aus diesen Ländern Kritik an der Schweiz.

All diese Apps nutzen die GPS-Funktion der mobilen Geräte. Die Behörden sehen also, wer wann wo ist. Diese Informationen zeichnet auch die SBB-App auf; nur so ist das beliebte automatische Ticketing Easyride überhaupt möglich. Auch Google, Facebook, die Fotosammlung auf dem iPhone und alle topografischen Anwendungen zeichnen Orte und Bewegungen auf.

Israel hat am Dienstag im Kampf gegen die Verbreitung des Virus eine Massenüberwachung mit Handy-Tracing bekannt gegeben, allerdings mit einer weniger genauen Technologie. Israel will die umstrittene Vorratsdatenspeicherung anwenden – welches Gerät hatte wann mit welchen Funkantennen Kontakt. Diese Technik wird auch für polizeiliche Anwendung gebraucht.

Im Innern genauer als GPS

Hier wirft Mathias Haussmann die technischen und datenrechtlichen Vorteile der p2p-Technologie ein: GPS-Daten werden nicht angezapft, Handys kommunizieren über Bluetooth, WLAN oder Ultraschall. Vorteil: Diese funktionieren auch im Innern von Gebäuden, da, wo kein GPS-Empfang ist.

Die Proximity-Technologie misst die Feldstärke der Signale, kann im Gegensatz zu GPS den Abstand zweier oder mehrerer Personen also wirklich feststellen. An seinem Küchentisch zeigt Haussmann, wie es geht: Vier Handys nehmen über die Demo-App p2pkit Kontakt auf. Der Gang mit einem Handy vom Tisch zur Kaffeemaschine wird umgehend angezeigt, unten im Treppenhaus ist nach 20 Metern Schluss.

Hauptproblem – neben dem Datenschutz: Wie gelangt die Proximity-Technik ohne staatlichen Zwang möglichst schnell auf möglichst viele Handys? «Eine Möglichkeit», so Mathias Haussmann, «wäre eine Implementierung in die beliebtesten Schweizer Apps.» Zum Beispiel SBB, «20 Minuten», «Blick», «Tages-Anzeiger», NZZ oder Threema. US-Firmen wie Whatsapp, Facebook, Instagram oder Google wären zwar noch verbreiteter, aber datenrechtlich kritischer und für eine Zusammenarbeit schwieriger zu gewinnen. Eine andere Möglichkeit, so Haussmann, wäre eine eigene Corona-App des Bundes.

Ideal wäre Kooperation Apple/Google

Mathias Haussmann hat keine Ambitionen auf das grosse Geschäft, die Firma Uepaa verdient heute ihr Geld mit einer App für Arbeitssicherheit. «Mir geht es in der aktuellen Notlage um den dringenden Aufklärungsbedarf zum Thema Smartphone-Proximity.» Es gebe auch andere Technologielieferanten, so würden sich Chirp oder Google Nearby vielleicht besser eignen, vielleicht brauche es eine Kombination verschiedener Technologien, sagt er.

«Grandios wäre es, wenn Apple und Google in der Pandemiebekämpfung zusammenspannen würden. Denn alle Technologielieferanten sind an die Entwicklereinschränkungen der beiden Grossen gebunden.» Apple und Google hätten viel mehr Möglichkeiten zur optimalen Nutzung von Bluetooth und Wi-Fi direct und müssten den Behörden lediglich die Daten öffnen.

Zweites Problem ist der Datenschutz und die politische Fragen: Wie gross darf der Eingriff in unsere Privatsphäre sein zur möglichen Eindämmung einer Epidemie? Wer hat Zugriff auf die Daten, und wann wird dieser Zugriff nach Abebben der Corona-Welle wieder entzogen? Unter Notrecht hat der Bundesrat die Möglichkeit, eine solche Anwendung zu regeln. Für die nächste Pandemie oder wenn die Corona-Krise noch lange dauern sollten – und danach sieht es aus –, ist das Handy als staatlich kontrollierter Virendetektiv eine ernsthafte Möglichkeit.

Die Sarasota Militärakademie in Florida hatte 2018 mit der Uepaa-Technologie erfolgreiche Tests durchgeführt, um die epidemische Verbreitung von Krankheiten zu simulieren und zu schulen. An einem warmen Sommerabend 2017 hatten die Uepaa-Entwickler – als Test – die Zürcher Ausgehmeile vermessen. Es gelang ihnen mit echten Proximity-Daten aus der Zürcher Dating-App Heet die epidemische Reichweite jeder einzelnen Person zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit zu ermitteln. Das sieht dann so aus:

Epidemic charting with COVID-19 infection criteria
https://youtu.be/p1I_sdtzCww



Das sagt der Datenschützer

Der eidgenössische Datenschützer Adrian Lobsiger hat aktuell neue Weisungen erlassen zum Spannungsfeld Datenschutz/Eindämmung des Coronavirus. «Gesundheitsdaten sind besonders schützenswert», heisst es da. Und zu digitalen Methoden wie Tracking schreibt er: Diese müssten sich «mit Blick auf den Zweck der Verhinderung von Ansteckungen als verhältnismässig erweisen». Das sei nur der Fall, «wenn sie epidemiologisch begründet und geeignet sind, im jeweils aktuellen Stadium der Pandemie eine den Eingriff in die Persönlichkeit der Betroffenen rechtfertigende Wirkung zur Eindämmung der Pandemie zu entfalten». Daten, die von Privaten zur Verhinderung von Ansteckungen erhoben werden, müssten «spätestens nach Wegfall der pandemischen Bedrohung» integral gelöscht werden.

Der grüne Nationalrat Balthasar Glättli als Verfechter eines starken Datenschutzes sieht durchaus Möglichkeiten, die Technik zu nutzen: «Bei solch heiklen gesundheitlichen Daten müsste jeder Nutzer diese neue Funktionalität in den jeweiligen Apps aktiv freischalten.» Er müsse dabei verständlich und umfassend informiert werden, welche Daten für welchen Zweck bearbeitet würden, wem sie weitergegeben würden und dass sie zum Beispiel nach drei Wochen automatisch wieder gelöscht würden. Zudem müsse der Nutzer diese Zustimmung jederzeit widerrufen können.

Die Datenhaltung müsste für Glättli zwingend in einem Land «mit angemessenem Datenschutzniveau» erfolgen – also in der Schweiz oder der EU. Damit die App funktioniert, müssten positiv Getestete selbst in der App das positive Testresultat eingeben. «Hier wäre wohl ein Kontrollmechanismus sinnvoll, der verhindert, dass falsche positive Testresultate ins System eingegeben werden können», sagt Glättli und ergänzt, dass zum Schutz der Privatsphäre des Erkrankten die alarmierten Personen nicht über Details informiert werden sollen, sondern bloss die wesentliche Information erhalten, nämlich dass sie an einem bestimmten Datum Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatten und sich darum gemäss BAG-Empfehlung in Selbstquarantäne begeben sollen. (rba)
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/er-koennte-das-handy-zum-virendetektiv-umruesten/story/22136933)


+++POLICE BE
Polizeidirektor verordnet Kulanz bei Parkbussen
Der kantonale Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) verspricht mehr Augenmass im Umgang mit Parksündern in der Umgebung von Spitälern.
https://www.bernerzeitung.ch/polizeidirektor-verordnet-kulanz-bei-parkbussen-326743199362


«Ich übernehme die Parkbusse für Sie»
Wegen Überstunden und Bundesvorgaben müssen Spitalangestellte mit dem Auto zur Arbeit fahren. Eine Bernerin bat vergeblich um Verständnis und kassierte eine Busse.
https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Krankenschwester-gebuest-13627679


+++POLIZEI LU
Corona ist nicht mein Problem»: Luzerner Polizei verscheucht zahlreiche Jugendliche vom Europaplatz
Die schulfreie Zeit nutzen viele Jugendliche, um sich am Europaplatz zu treffen – allen Verboten zum Trotz. Lange geht das nicht mehr gut. Die Luzerner Polizei nimmt die Uneinsichtigen ins Visier.
https://www.zentralplus.ch/luzerner-polizei-verscheucht-zahlreiche-jugendliche-vom-europaplatz-1752641/
-> https://www.20min.ch/schweiz/zentralschweiz/story/Jugendliche-treffen-sich-in-Gruppen-vor-KKL-26114898
-> https://www.zentralplus.ch/noch-ist-die-luzerner-polizei-nicht-auf-corona-patrouille-1752137/


+++POLIZEI ZG
So soll «Social Distancing» durchgesetzt werden: Zuger Polizei will Augenmass walten lassen
Der Bundesrat hat zum Schutz der Bevölkerung die Massnahmen verschärft. Die Zuger Polizei will die Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus konsequent, aber mit Augenmass umsetzen.
https://www.zentralplus.ch/zuger-polizei-will-augenmass-walten-lassen-1753539/
-> https://www.zg.ch/behoerden/sicherheitsdirektion/zuger-polizei/medienmitteilungen/056-kanton-zug-konsequent-aber-mit-augenmass


+++POLIZEI ZH
Vor der Anzeige kommt die Vernunft
Die Polizisten stehen in diesen Tag im Dauereinsatz. Denn sie müssen sicherstellen, dass die Veranstaltungsverbote des Bundesrates auch wirklich eingehalten werden. RADIO TOP hat bei Polizisten im Sendegebiet nachgefragt, wie sie mit den neuen Regeln zurechtkommen.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/vor-der-anzeige-kommt-die-vernunft-00130844/
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/gruppen-ab-15-personen-werden-aufgeloesst-zuerst-abgemahnt-bevor-verzeigung-droht-137172816
-> https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Polizei-weist-Passanten-am-Zuercher-Seeufer-zurecht-24800426
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/polizei-muss-eingreifen-zuercher-ignorieren-corona-verhaltensregeln-id15803443.html


+++POLIZEI CH
Polizei und Coronavirus – «Es kann nicht mehr darum gehen, Grenzen auszuloten»
Kinos, Schwimmbäder, Bars: Auch in der Schweiz ist derzeit vieles vorübergehend geschlossen. Durchsetzen muss das neue Reglement am Ende die Polizei. Urs Hofmann, Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), begrüsst die schweizweit geltenden Massnahmen.
https://www.srf.ch/news/schweiz/polizei-und-coronavirus-es-kann-nicht-mehr-darum-gehen-grenzen-auszuloten


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Coronavirus: Warum die Aussagen von Wolfgang Wodarg wenig mit Wissenschaft zu tun haben
 In mehreren Videos behauptet der Arzt Wolfgang Wodarg, bei der Coronavirus-Pandemie handele es sich um Panikmache. Dabei durchmischt er Fakten und Spekulationen. Jetzt erhält er Interviewanfragen von rechten Blogs – im Gespräch mit CORRECTIV zeigt er sich unbeeindruckt.
https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/03/18/coronavirus-warum-die-aussagen-von-wolfgang-wodarg-wenig-mit-wissenschaft-zu-tun-haben


+++CRYPTO-LEAKS
Razzia bei der Crypto International AG
Bei der Crypto International in Steinhausen ZG führte die Polizei eine Razzia durch. Sie folgte damit einer Strafanzeige des Staatssekretariats für Wirtschaft.
https://www.nau.ch/news/schweiz/razzia-bei-der-crypto-international-ag-65680679


#Cryptoleaks – Was wusste der BND von Terrorplänen in Amerika?
Am 11. September 2001 steuern Terroristen zwei Flugzeuge in das World Trade Center. Die #Cryptoleaks-Recherchen zeigen nun: Der BND hatte Hinweise auf die Terrorpläne von 9/11.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/cryptoleaks-bnd-terror-al-qaida-100.html#xtor=CS5-62


Operation Rubikon
Ausführliche ZDF-Doku über die Beteiligung des BND an der Crypto AG
https://www.heise.de/tp/features/Operation-Rubikon-4685243.html