Medienspiegel 29. Februar 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++ZÜRICH
Sans-Papiers-Kolumne: Frau, Migrantin und ohne Papiere
Geschätzt leben 10’000 Menschen ohne Papiere in Zürich, sogenannte Sans-Papiers. Sie leben hier, sie arbeiten hier, aber sie haben (fast) keine Rechte und keine Stimme. Licett Valverde, die als Sans-Papier in die Schweiz kam, schreibt einmal im Monat auf Tsüri.ch über ihre Erlebnisse.
https://tsri.ch/zh/sans-papiers-kolumne-frau-migrantin-und-ohne-papiere/


+++SCHWEIZ
Neues Asylgesetz wird ein Jahr alt: Amnesty International kritisiert Betrieb in den neuen Zentren
Vor einem Jahr ist das neue Asylgesetz in Kraft getreten. Seither häuft sich Kritik, für vertiefte Abklärungen seien die Verfahren zu kurz. Laut Amnesty International sind auch Abläufe in den neuen Bundesasylzentren problematisch.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/neues-asylgesetz-wird-ein-jahr-alt-amnesty-international-kritisiert-betrieb-in-den-neuen-zentren-136440568
-> https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2020/ein-jahr-beschleunigtes-asylverfahren


+++TÜRKEI/GRIECHENLAND/EU
Nach Grenzöffnung: EU-Außenminister beraten am Donnerstag über die Türkei
Griechenland versucht an der Grenze Migranten zu stoppen und wirft dem türkischen Präsidenten Erdogan vor, die Menschen zu instrumentalisieren. Nun sollen die Außenminister der EU nach einer Lösung suchen.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-an-der-grenze-zu-griechenland-eu-aussenminister-will-ueber-die-tuerkei-beraten-a-66cffc3d-9933-4a07-a5e8-adf520bfbde1


Die Tragödie von Idlib: Ein grausames Spiel mit den Flüchtlingen
Der türkische Präsident Erdogan hat die Grenzen zur EU geöffnet, versucht, seinem Land noch mehr Flüchtlinge vom Leib zu halten. Die Länder Europas müssen der Türkei Flüchtlinge abnehmen, fordert Karin Senz – und damit Erdogan den Joker aus der Hand nehmen.
https://www.deutschlandfunk.de/die-tragoedie-von-idlib-ein-grausames-spiel-mit-den.720.de.html?dram:article_id=471404


Laut Türkei sollen 35.000 Menschen die türkische Grenze Richtung EU passiert haben
Kanzler Sebastian Kurz erklärt als Ziel, die EU-Außengrenzen zu schützen. Sonst würde „Österreich seine Grenzen schützen“
https://www.derstandard.at/story/2000115188841/laut-tuerkei-sollen-35-000-menschen-die-eu-grenze-passiert?ref=rss


Erdogans Öffnung: Österreich will bei steigenden Migrantenzahlen Grenzen schützen
Hunderte sollen die EU-Grenze bereits überquert haben. Der österreichische Kanzler Kurz kündigt an: „Eine Situation wie 2015 darf sich keinesfalls wiederholen.“
https://www.spiegel.de/politik/ausland/oesterreich-will-bei-steigenden-migrantenzahlen-nach-grenzoeffnung-der-tuerkei-grenzen-abriegeln-a-22b6a013-fa05-4f6c-a9d1-648402896a85


Nach Grenzöffnung durch Türke: Griechenland versucht, Migranten mit Gewalt zu stoppen
Die Türkei hat im Westen seine Grenze zur EU geöffnet, Tausende sollen sie bereits überquert haben. Griechenland geht mit Gewalt gegen die Menschen vor, setzt Tränengas und Blendgranaten ein.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-polizei-geht-nach-grenzoeffnung-der-tuerkei-gegen-tausende-migranten-vor-a-61bbe91a-af8b-4915-90fa-c1492b1b94c5
-> https://www.heise.de/tp/features/Griechenland-geht-an-der-Grenze-mit-Traenengas-gegen-Fluechtlinge-vor-4671761.html
-> https://www.cash.ch/news/politik/grenzoeffnung-griechenland-wehrt-organisierte-migrationswelle-aus-der-tuerkei-ab-1489203
-> https://www.spiegel.de/politik/ausland/stacheldraht-gedraenge-traenengas-a-073265aa-c3d6-4aed-a029-d1184eee5a3b
-> https://www.tagesschau.de/ausland/griechenland-fluechtlinge-tuerkei-101.html


Erdogan: Türkei lässt Grenzen zur EU für Flüchtlinge offen
„Wir haben die Tore geöffnet“, verkündete der türkische Präsident am Samstag. An die türkische Grenze sollen seit Freitag bereits 18.000 Flüchtlinge gekommen sein
https://www.derstandard.at/story/2000115175723/erdogan-tuerkei-laesst-grenzen-zur-eu-fuer-fluechtlinge-offen
-> https://taz.de/Tuerkei-geht-ueber-alle-Grenzen/!5667983/
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-02/tuerkei-recep-tayyip-erdogan-eu-grenzen
-> https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/erdogan-tore-fuer-fluechtlinge-geoeffnet,Rrsj7bv
-> https://www.stern.de/politik/ausland/erdogan-ueber-fluechtlingskrise—wir-haben-die-tore-geoeffnet–9164430.html
-> https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/erdogan-zu-fluechtlingspakt-wir-haben-die-tore-geoeffnet-16657399.html
-> https://ffm-online.org/61868-2/
-> https://gazete.taz.de/article/?article=!5667987
-> https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/erdogan-will-natohilfe-und-droht-eu-mit-grenzoeffnung/story/24585805
-> https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/bis-zu-30-000-fluechtlinge-koennten-heute-tuerkei-verlassen/story/23887893
-> https://www.srf.ch/news/international/fluechtlingskrise-in-idlib-es-braucht-dringend-eine-unhcr-krisenkonferenz
-> https://de.euronews.com/2020/02/29/griechisch-turkische-grenze-die-stimmung-ist-aufgeheizt
-> https://de.euronews.com/2020/02/29/offene-grenzen-griechische-polizei-setzt-tranengas-gegen-fluchtlinge-ein
-> https://www.deutschlandfunk.de/fdp-aussenpolitiker-tuerkei-hat-sich-in-syrien-komplett.694.de.html?dram:article_id=471383
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/tuerkei-fluechtlinge-grenze-eu-100.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/tuerkei-griechenland-119.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/tuerkei-griechenland-117.html
-> https://www.tagesschau.de/kommentar/kommentar-idlib-erdogan-101.html
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-02/fluechtlingspakt-griechenland-recep-tayyip-erdogan
-> https://www.bernerzeitung.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/bis-zu-30-000-fluechtlinge-koennten-heute-tuerkei-verlassen/story/23887893
-> https://www.nau.ch/politik/international/turkei-lasst-grenzen-zur-eu-fur-fluchtlinge-offen-65670476
-> https://www.nzz.ch/international/erdogan-erhoeht-den-druck-auf-europa-ld.1543534
-> https://www.deutschlandfunk.de/migrationsforscher-zur-lage-an-griechisch-tuerkischer.694.de.html?dram:article_id=471394
-> https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/erdogan-oeffnet-tore-zur-eu?id=0814d65f-bebc-4a35-a716-4569beff6d30


+++FREIRÄUME
Eventverbot wegen Corona – Der Kanton Bern greift besonders hart durch
Anlässe mit weniger als 1000 Personen sind nur noch dann erlaubt, wenn die Veranstalter zwei Bedingungen erfüllen.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/eventverbot-wegen-corona-der-kanton-bern-greift-besonders-hart-durch
-> https://www.zentralplus.ch/halten-sich-veranstalter-nicht-an-diese-auflagen-kommt-die-polizei-1739831/



Liquid Session im Dachstock der Reitschule abgesagt
Mit einiger Verzögerung hat auch die Reitschule auf die scharfen Auflagen des Kantons reagiert und die geplante Veranstaltung im Dachstock abgesagt. Die Liquid Session vom Samstagabend werde nicht stattfinden, teilten die Betreiber mit.
«Wir sind in der Lage, die Auflagen zu erfüllen, können aber nicht die Verantwortung übernehmen, dass die Angaben der Besuchenden zu 100 Prozent korrekt sind», heisst es in einer Erklärung auf Facebook.
Panik schüren wolle man nicht. Doch wäre es verantwortungslos, einen Raum zu öffnen, ohne die Sicherheit der Gäste und des Personals zu garantieren.
Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus geht der Kanton Bern weiter als die Vorgaben des Bundes. Bei Anlässen mit weniger als 1000 Personen müssen die Organisatoren nachweisen, dass keine Personen anwesend sind, die in den vergangenen zwei Wochen aus Covid-19-betroffenen Regionen angereist sind. Und sie müssen die Identität aller Personen kennen.
Die Behörden wollen so sicherstellen, dass möglicherweise infizierte Personen auch im Nachhinein gefunden werden können. Wer sich nicht an die Auflagen hält, macht sich laut dem Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause grundsätzlich strafbar. (sda)
(https://www.bernerzeitung.ch/coronavirus-im-kanton-bern-429171943512)
-> www.reitschule.ch
-> www.dachstock.ch
-> www.grossehalle.ch


+++GASSE
Schweizer Drogenpolitik als Modell für die USA – Tagesschau
Die USA leiden an der grössten Opioidkrise, die das Land je gesehen hat. Die Suche nach Lösungen und einer anderen Drogenpolitik führte eine New Yorker Delegation diese Woche nach Zürich.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/schweizer-drogenpolitik-als-modell-fuer-die-usa?id=c0e4cfe4-240e-40c9-b952-da83a9b18dbe


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Aktion gegen Karin Rykart
In der Nacht vom 28. auf den 29. Februar haben wir an das Parteibüro der Grünen eine Karikatur von Karin Rykart hinterlassen. Karin Rykart (Grüne) Vorsteherin der Stadtpolizei Zürich ist verantwortlich für die politischen Entscheide die die Stadtpolizei Zürich fällt. Sie war es auch, die letztes Jahr die alljährliche Frauen*demo durch massives Bullenaufgebot versucht hat einzuschränken.
https://barrikade.info/article/3218


Sexualisierte Gewalt an der Uni Basel
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben wir die Wände diverser Unigebäude mit diversen Aufforderungen verziert.
Verfahrensfehler an der Universität Basel aufdecken!
Mit Farbe und Kleister gegen den sexistischen Normalzustand!
Wir fordern: Solidarität mit allen Betroffenen sexualisierter Gewalt!
https://barrikade.info/article/3216


+++RECHTSEXTREMISMUS
Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke (†65): Neonazi schoss mit Waffe aus der Schweiz
Die Spur der Tatwaffe im Mordfall Walter Lübcke (†65) führt in die Schweiz. Die deutschen Ermittler haben hierzulande einen Rentner befragt, der den Revolver in den Achzigerjahren gekauft hatte.
https://www.blick.ch/news/schweiz/mord-an-cdu-politiker-walter-luebcke-65-neonazi-schoss-mit-waffe-aus-der-schweiz-id15774718.html


+++CRYPTO-LEAKS
An die lieben Crypto-Zweifler
Die Schweizer Debatte über die Cryptoleaks nimmt aus der Aussensicht teilweise skurrile Züge an.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/crypto-leaks/an-die-lieben-cryptozweifler/story/20385791


Das Buch «Verschlüsselt» wird neu aufgelegt: Journalist Res Strehle referiert in Zug zu Crypto und Cryptoleaks
Der Journalist Res Strehle publizierte bereits 1994 ein Buch über den «Fall Hans Bühler» und die Manipulation von Chiffriergeräten durch die Zuger Cyrpto AG geschrieben. Nun wird dieses neu aufgelegt – und er diskutiert darüber in Zug.
https://www.zentralplus.ch/journalist-res-strehle-referiert-in-zug-zu-crypto-und-cryptoleaks-1739543/


+++HISTORY
tagesanzeiger.ch 29.02.2020

«40 Jahre Pubertät zu spielen, wäre albern»

Die Rote Fabrik feiert einen runden Geburtstag. Kann ein alternatives Kulturzentrum so lang frisch bleiben?

Beat Metzler

Dieses Wochenende finden in der Roten Fabrik alle Veranstaltungen statt – trotz Virus-Warnung. Die 1000er-Limite an Publikum wird nicht erreicht. Susan Peter arbeitete von 1994 bis 2004 im Konzeptbüro der Roten Fabrik und engagiert sich jetzt im Vorstand. Kyros Kikos ist seit 2006 mitverantwortlich fürs Konzeptbüro.

Was haben Sie im Gründungsjahr der Roten Fabrik gemacht?

Susan Peter: 1980 besuchte ich in der Stadt das Kindergartenseminar und lief mitten in den Opernhauskrawall hinein. Das hat mich politisiert. Von Anfang an ging ich als Besucherin in die Rote Fabrik.

Kyros Kikos: Davon bekam ich nichts mit. Da war ich ein 15-jähriger Schüler in Deutschland.

War Zürich wirklich so tot damals, wie es immer heisst?

Peter: Ein kulturelles Brachland. Es gab praktisch nichts für Jüngere. Und plötzlich öffneten sich diese Hallen am See, in denen man Ideen umsetzen und Neues ausprobieren konnte. Dieser Geist macht die Rote Fabrik für mich bis heute aus.

Momentan läuft in Zürich viel. Wo steht da die Rote Fabrik?

Kikos: Unsere Aufgabe ist schwieriger geworden. Und interessanter. Wir sind nicht mehr automatisch der Place to Be.

Peter: Von der Roten aus sind immer viele kulturelle Impulse gekommen. Wir waren oft vorne dabei, griffen neue und kontroverse Themen auf. Heute machen viele Kulturorte etwas Ähnliches.

Man könnte sagen: Die Rote Fabrik hat ihren Auftrag erfüllt. Es braucht sie nicht mehr.

Kikos: Das glaube ich nicht. Als alternatives, subventioniertes Haus unterscheiden wir uns in zwei wesentlichen Punkten vom restlichen Angebot. Wir sind gemeinschaftlich organisiert. Und wir sind offen gegen aussen.

Offen gegen aussen?

Kikos: Wer Ideen hat, aber keine Räume und technischen Möglichkeiten, kann jederzeit bei uns anklopfen. Je nach Art der Veranstaltung schlagen wir dann eine Koproduktion vor oder vermieten unsere Räume.

Da können alle mitmachen?

Kikos: Es gibt Grenzen. Hier findet nichts Rassistisches oder Sexistisches statt. Ausserdem sollten die Anlässe öffentlich sein, irgendwie interessant und nicht primär kommerziell. Nur eine Party zu schmeissen, reicht nicht.

Peter: Tendenziell haben es Ideen von aussen nicht einfach, sich gegen das bestehende Programm durchzusetzen. Aber es gibt keinen anderen Kulturort in Zürich, wo sich Aussenstehende so einbringen können.

Hatte die Rote Fabrik nie eine Chefin oder einen Chef?

Peter: Nie. Sie war stets basisdemokratisch organisiert. Sicher haben sich immer wieder informelle Hierarchien gebildet. Und mit den Jahren wurden Prozesse vereinfacht und gebündelt. Aber die Entscheidungen laufen bis heute so transparent und demokratisch ab, wie das in einer so grossen Gruppe möglich ist.

Das Theaterbüro nennt das Jubiläum «40 Jahre Grundsatzdiskussionen». Das klingt anstrengend.

Peter: Das Aushandeln von Haltungen und Zielen kostet immer wieder viel Kraft. Dabei müssen alle aufpassen, dass die Kultur nicht zu kurz kommt.

Kikos: Das Endziel eines Kollektivs kann nie darin liegen, perfekte Abläufe zu kreieren. Es gibt kein System, in dem sich alles in Zufriedenheit auflöst.

Das heisst, Streit gehört dazu?

Peter: Ja. Und das kann leider verletzend werden. Das gemeinsame Aushandeln setzt hohe soziale Kompetenzen voraus. Man muss sich einbringen können, Widerspruch ertragen, mit anderen Meinungen klarkommen.

Kikos: In einem Kollektiv werden Konflikte rasch persönlich. Aber die Anstrengung lohnt sich.

Selbstorganisation: Was bringt diese den Besuchern?

Peter: Die Rote Fabrik lebt seit Beginn von einer Neugier, einem wühlmausartigen Vortasten. Mit einer normalen Intendanz wäre hier niemals so viel Innovatives entstanden.

Kikos: Heute ist Partizipation politisch gerade sehr angesagt. Wir machen das schon seit 40 Jahren. Diese Erfahrungen sind sehr wertvoll.

Was hätten die bewegten Jungen 1980 von der heutigen Roten Fabrik gehalten?

Peter: Ich hätte sie toll gefunden.

Heute strahlt die Rote Fabrik Geschichte aus. Schreckt das die Jungen nicht ab?

Peter: Ich glaube, viele Junge schätzen gerade diese historische Tiefe. Ich habe eine Nichte Anfang 20. Sie betrachtet die Rote sehr kritisch. Sie findet, dass der Durchlauf fehle, dass immer die gleichen Leute das Sagen hätten. Aber grundsätzlich gefällt es ihr hier, die Vielfalt, das Andere, das Ungepützelte.

Und: Hat Ihre Nichte recht? Bräuchte es mehr Durchlauf oder eine Quote für Junge?

Peter: Sie spricht einen Schwachpunkt an. Und ich trage mit meinem Alter auch nicht zur Verjüngung bei.

Kikos: Es besteht immer die Gefahr, sich zu wiederholen, stets die gleichen Leute anzusprechen und das Gespür für aktuelle Dynamiken zu verlieren. Daher haben wir vor einem Jahr unser Clubkonzept umgestellt und stark verjüngt. Daher haben wir uns auch schon früh mit Veranstaltungen direkt an Kinder und Jugendliche gerichtet.

Manche sagen, die Rote sei zu einem Museum geworden.

Kikos: Aber ein geiles Museum. Im Ernst. Die Kritik an uns verläuft oft entlang bestimmter Vorlieben. Ein Heavy-Metal-Fan vermisst, dass wir kaum Heavy-Metal-Konzerte machen. Aber die Ansprüche sind sehr unterschiedlich. Das Theaterpublikum ist ein anderes als jenes, das unsere Konzerte besucht. Es gibt kein einheitliches Bild.

Ist es möglich, 40 Jahre lang jung zu bleiben?

Kikos: Wir sind kein Squat, sondern eine gesetzte Institution, die von der Stadt jedes Jahr 2,4Millionen bekommt. 40 Jahre Pubertät zu spielen, wäre albern. Es gilt, subkulturelle Strömungen im Auge zu behalten und ihnen bei Bedarf Raum zu bieten.

Die Rote Fabrik liegt am Rand der Stadt. Was meinen Sie – ist die Abgeschiedenheit ein Vor- oder ein Nachteil?

Kikos: Sie nimmt Druck weg. Im Zentrum wären die Ansprüche grösser. Hier draussen konnten wir uns hipsterfrei entwickeln.

An schönen Tagen wirkt die Rote Fabrik wie ein Paradies für mittelständische Familien.

Kikos: Das ist doch toll. Alle sind willkommen. Hier vermischen sich die Menschen auf eine Art, die du sonst nirgends hast.

Die Reithalle in Bern sorgt oft für Kontroversen. Um die Rote Fabrik ist es in den letzten Jahren ruhig geblieben.

Kikos: Die zwei Städte kann man nun mal nur begrenzt vergleichen. Zürich hatte immer grosse Squats, in denen sich die autonome Szene sammelte. Die Rote Fabrik scheut keinerlei Konflikte. Aber Provokation an sich ist noch kein Wert.

Peter: Die SVP wollte uns immer wieder das Geld streichen. Es gab Zeiten, da fürchteten wir um unsere Zukunft. Momentan ist diese Gefahr zum Glück klein.

Dann wird die Rote Fabrik 2060 das 80-Jahre-Jubiläum feiern?

Peter: Wir alle träumen von einem Altersheim hier. Nein. Ich hoffe, dass die Rote Fabrik noch lange fortbesteht. Voraussetzung dafür ist, dass sie wach bleibt.
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/40-jahre-pubertaet-zu-spielen-waere-albern/story/13504614)