Medienspiegel 27. Februar 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Asylknatsch in Bern: Stadt will Flüchtlinge selbst betreuen – Private protestieren
Die Stadt konkurrenziert private Anbieter im Flüchtlingsbereich. Nun wehrt sich die Firma ORS.
https://www.watson.ch/schweiz/bern/444614643-business-mit-fluechtlingen-bern-will-staedtische-betreuung-private-sauer
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/asylknatsch-in-bern-die-stadt-will-ins-asylbusiness-einsteigen-und-konkurrenziert-private-anbieter-136427225



bernerzeitung.ch 27.02.2020

Umstrittener Asyl-Auftrag: Kanton überprüft die Vergabe an die Stadt

Die Stadt Bern hat ihren kantonalen Asylauftrag noch nicht auf sicher. Die Zweitplatzierte ORS wehrt sich gegen die Vergabe.

Mit der vom Stadtrat gewährten Defizitgarantie schien die Sache besiegelt: Die Stadt Bern übernimmt ab Mitte Jahr zusätzliche Aufgaben des Kantons im Asylbereich. Den Auftrag über acht Jahre hatte sie sich im vergangenen Frühling geangelt, als sie in der Ausschreibung die anderen Bewerber ausstach. Die Stadt wolle das Mandat kostendeckend erfüllen, beteuerte Sozialdirektorin Franziska Teuscher (GB), doch sei sie rechtlich dazu verpflichtet, das schlimmstmögliche Defizit abzusichern: 3,36 Millionen Franken.

Doch nun muss die Stadt wieder um den Auftrag bangen: Wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, hat die Firma ORS den Kanton um Wiederaufnahme des Vergabeverfahrens ersucht. Die ORS ist schweizweit ein Feindbild der Linken, weil sie als profitorientiertes Unternehmen den Asylbereich aufmischt. Bei der Ausschreibung landete sie hinter der Stadt auf dem zweiten Rang. Nun moniert die ORS, die jüngste Entwicklung lege den Schluss nahe, dass die Stadt unsauber kalkuliert habe – «ein ordnungspolitischer Sündenfall».

Beim Kanton bestätigt die zuständige Direktion den Eingang des Gesuchs der ORS. Da es sich um ein laufendes Verfahren handle, gebe man keine weiteren Auskünfte.

(hae)
(https://www.bernerzeitung.ch/kanton-ueberprueft-die-vergabe-an-die-stadt-634854864564)



Interfraktionelle Motion GB/JA!, GLP, SP, GFL/EVP, AL/GPB-DA/PdA+ (Se¬raina Patzen, JA!/Cristina Anliker-Mansour, GB/Peter Ammann, GLP/Lena Sorg, SP/Tania Espinoza Haller, GFL/Christa Ammann, AL): Unterstützung für die Beratungsstelle für Sans-Papiers
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=f249b2183ff4432780445d3985cd7a43


Interfraktionelle Motion AL/GaP/PdA, GB/JA!, SP/JUSO, GFL/EVP, GLP/JGLP (Angela Falk, AL/Rahel Ruch, GB/Lena Sorg, SP/Michael Burkard, GFL/Peter Ammann, GLP): Die Stadt Bern soll Verantwortung im Bereich der medizinischen Grundversorgung von Sans-Papiers übernehmen: Für ein Pilot-Projekt nach Genfer Vorbild
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=23793e9c44bc4e70b56977f296b2d0fe


+++BASEL
Kakerlaken im Bett, Ratten im Gang und Trinkwasser aus den Toiletten
Die Klagen über die Lebensumstände im Asylzentrum beim Bässlergut sind dem Migrationsamt bekannt. Aber kein Grund, etwas zu unternehmen.
https://www.bajour.ch/a/eEKeGgtBFF/kakerlaken-im-bett-ratten-im-gang-und-trinkwasser-aus-den-toiletten


Ein Jahr nach neuem Asylgesetz: Kritik an Flüchtlingszentrum Bässlergut
Ein Jahr Asylgesetz: Die Gruppe «3 Rosen gegen Grenzen» macht auf die Zustände im Asylzentrum Bässlergut aufmerksam.
https://www.bzbasel.ch/basel/ein-jahr-nach-neuem-asylgesetz-kritik-an-fluechtlingszentrum-baesslergut-136425109


+++GRAUBÜNDEN
Der Geissenpeter kommt aus Afghanistan und spricht Paschtu mit den Tieren
Im Zwölf-Seelen-Dorf Avers Cröt in Graubünden packt ein afghanischer Flüchtling im Stall mit an. Ursprünglich als Aushilfe für einen Tag engagiert, hat es Shafiq Shinwari zum landwirtschaftlichen Mitarbeiter geschafft. Er hofft, in der Schweiz bleiben zu dürfen.
https://www.nzz.ch/panorama/in-graubuenden-packt-der-geissenpeter-aus-afghanistan-im-stall-an-ld.1541666


+++GRIECHENLAND
Streik gegen neue Flüchtlingslager in Griechenland
Nach den gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Bewohnern von Lesbos und der Polizei ist man an den Verhandlungstisch zurückgekehrt
https://www.derstandard.at/story/2000115109983/streik-gegen-neue-fluechtlingslager-in-griechenland


Griechenland: Wie konnte das jemals Normalität werden?
„Noch nie habe ich mich so geschämt, wie in den Tagen, die ich in den Flüchtlingscamps auf den griechischen Inseln verbracht habe. Und nach diesen Tagen auf Samos und Lesbos lassen mich verschiedene Fragen nicht los: Wo bleibt der gesellschaftliche Aufschrei? Wie konnten die entsetzlichen Bedingungen, unter denen Zehntausende Schutzsuchende in Europa überleben müssen, zu einer Art Normalität werden? Menschen, die Jahr um Jahr zwischen Ratten und Müll sich selbst überlassen werden. Wie konnten wir uns daran gewöhnen, dass dies auf diesem reichen Kontinent geschieht, der sich selbst als Hort des Friedens, als Verteidiger der Menschenrechte betrachtet? Wie können wir es unseren Politiker*innen durchgehen lassen, dass es keine sofortige Lösung für die Geflüchteten gibt?“ Unsere Redakteurin Valeska Cordier berichtet von einem Ort, wo Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit zum Alltag geworden sind.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/griechenland-fluechtlinge-samos-lesbos


Griechische Inseln: Die Schande Europas und kein Ende
Flüchtlinge und lokale Bevölkerung protestieren gegen die Errichtung geschlossener Flüchtlingslager auf den Inseln.
https://www.medico.de/blog/die-schande-europas-und-kein-ende-17651/


Protest gegen neues Flüchtlingslager: Rebellion auf Lesbos
Straßenschlachten, Schüsse und Verletzte: Auf der griechischen Insel Lesbos sind Bürgerproteste gegen ein neues Flüchtlingslager eskaliert. Die Pläne der Regierung stehen nun infrage.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/lesbos-protest-gegen-neues-fluechtlingslager-eskaliert-a-cfac9c24-8681-4a9d-b3b6-9897a410d52d
-> https://www.tagesschau.de/ausland/lesbos-ausschreitungen-103.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1133463.insel-lesbos-inselbewohner-protestieren-gegen-bau-neuer-gefluechtetenlager.html


Flüchtlingskrise auf den griechischen Inseln: «Wir können nicht mehr!»
Kostas Moutzouris, der Gouverneur der Nord-Ägäis, hat genug von der Athener Flüchtlingspolitik und nimmt die Zügel in die eigene Hand. Derweil protestieren Bewohner gegen neue Auffanglager.
https://www.luzernerzeitung.ch/international/hilferuf-aus-griechenland-wir-konnen-nicht-mehr-ld.1198531


UNHCR auf Lesbos
Die UNHCR spielt eine große Rolle in Griechenland. Allerdings hört man nicht viel von ihnen, obwohl die Situation auf den griechischen Inseln seit Anfang des Jahres weiter eskaliert. Isabel Schayani hat mit der Leiterin der UNHCR-Mission auf Lesbos gesprochen.
https://www1.wdr.de/nachrichten/wdrforyou/deutsch/wdrforyou-unhcr-auf-lesbos-de-100.html


+++ITALIEN
Italien setzt Dublin-Verordnung wegen Coronavirus aus
Rückführungen von Asylbewerbern werden in beide Richtungen vorerst nicht mehr vorgenommen
Für alle macht Italien die Grenzen wegen des Coronavirus vorerst noch nicht dicht, für Asylbewerber schon. Die Regierung in Rom hat die Rückführungen von Asylbewerbern aufgrund des Dublin-Verfahrens bis Ende März außer Kraft gesetzt.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1133531.corona-italien-setzt-dublin-verordnung-wegen-coronavirus-aus.html


+++MITTELMEER
Diskriminierende Quarantäne für NGO-Boote
Am Vormittag hat die Sea-Watch mit 194 geretteten Boat-people an Bord im Hafen von Messina angelegt. Obwohl keiner der Geretteten irgendwelche Krankheitssymptome zeigte, wurden alle im Aufnahmezentrum der Gasparro-Kaserne im Dorf Bisconte unter Quarantäne gestellt. Die Besatzung der Sea-Watch darf das Schiff nicht verlassen. Der Präsident der sizilianischen Provinz Catania Musumeci hatte am Vorabend versucht, die Anlandung der Sea-Watch mit Verweis auf das Corona-Virus zu unterbinden, weil die sanitären und hygienischen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Das seien politische Aussagen, so die Sprecherin der Sea-Watch. Die Quarantäne für die Besatzung sei überdies diskriminierend, weil sie nur auf NGO-Boote angewendet werde.
https://ffm-online.org/diskriminierende-quarantaene-fuer-ngo-boote/


Petition: Sea Eye fordert staatliche Seenotrettung
Der Regensburger Verein macht den EU-Außenministern Druck. Sie sollen eine neue Rettungsmission im Mittelmeer starten.
https://www.mittelbayerische.de/bayern-nachrichten/sea-eye-fordert-staatliche-seenotrettung-21705-art1885205.html


+++GASSE
Kleine Anfrage Tom Berger (JF), Oliver Berger (FDP): Welchen strategischen Auftrag hat die Kantonspolizei für den Raum Schützenmatte/Bollwerk?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=4c4ce42eb8e94c3a8e9e1dfb5ed0a8ca


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
bernerzeitung.ch 27.02.2020

Glastür und Wände verschmiert: Farbanschlag auf Migros Breitenrain

Auf die Migros-Filiale im Berner Breitenrainquartier ist in der Nacht auf Donnerstag ein Anschlag mit schwarzer Farbe verübt worden. Über die Urheber ist nichts bekannt.

Stefan Schnyder

Mit schwarzer Farbe hat in der Nacht auf Donnerstag eine unbekannte Täterschaft einen Farbanschlag auf das Gebäude der Migros-Filiale im Berner Breitenrainquartier verübt. Die Täter haben die Glastür beim Eingang, die Migros-Leuchtreklame sowie die Wände des Gebäudes verschmiert.

Am Morgen machten sich bereits Mitarbeiter des Putzinstituts an die Arbeit. Die Entfernung der Farbe dürfte relativ aufwendig sein, da die Mauern aus Sichtbackstein bestehen.

Über die Täterschaft war am Donnerstagmorgen nichts bekannt. Der Neubau der Migros-Filiale war von Nebengeräuschen begleitet gewesen. Vor dem Beginn der Bauarbeiten mussten Zwischennutzer aus linksalternativen Kreisen von der Polizei weggebracht werden. Zudem war die Migros in die Kritik geraten, weil sie für die Wohnungen relativ hohe Mieten verlangt. Für die 3,5-Zimmer-Wohnung beträgt der Bruttomietzins zwischen 2855 und 2985 Franken.
(https://www.bernerzeitung.ch/farbanschlag-auf-migros-breitenrain-899291313792)



Reden und Communiqué zur Gedenkdemo in Bern
Am Sonntag dem 23.2.20 haben sich rund 250 Menschen in Bern an der Demo aufgrund der Rassistischen Anschläge in Hanau und den weiteren Angriffen in Stuttgart und Döbeln beteiligt. An der Demo wurden Namen von Menschen, die in Hanau ermordet wurden, auf den Schildern getragen.
https://barrikade.info/article/3207


+++BIG BROTHER
Interpellation Christa Ammann (AL): SozialdetektivInnen in Bern – Welche Folgen hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die SozialdetektivInnen in Bern?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=97b28b770e6646339015fe52846a0a3c


+++POLIZEI BS
Wie viele Kilo Ausrüstung trägt diese Polizistin?
Im Ordnungsdienst sind Polizeiangehörige schwer beladen. Wie schwer die Ausrüstung ist, zeigt nun die Kantonspolizei Basel-Stadt in einem Video.
https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/Wie-schwer-ist-die-Vollmontur-der-Polizei–21893734


++++ANTIRA
«Neger»-Spruch an Fasnacht für Politiker jenseits der Narrenfreiheit
«Neger» auf einem Fasnachts-Wagen im Sarganserland: Politiker von links bis rechts verurteilen dies als eindeutig rassistisch und jenseits der Narrenfreiheit.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/neger-spruch-an-fasnacht-fur-politiker-jenseits-der-narrenfreiheit-65668580
-> https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/neger-fasnachtswagen-in-wangs-hat-konsequenzen-00129664/
-> https://www.blick.ch/news/politik/rassismus-fall-an-st-galler-fasnacht-fdp-politiker-reicht-wegen-neger-plakat-strafanzeige-ein-id15771243.html?utm_source=twitter&utm_medium=social_page&utm_campaign=bli


+++RECHTSPOPULISMUS
SVP will wegen Coronavirus keine Asylsuchenden aus Italien mehr
Italien nimmt vorläufig wegen dem Coronavirus keine Asylbewerber zurück. Jetzt fordert die SVP, dass die Schweiz analog reagiert.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/svp-will-wegen-coronavirus-keine-asylsuchenden-aus-italien-mehr-65669488


+++RECHTSEXTEREMISMUS
«Wir distanzieren uns vom Rechtsradikalismus»
Die «bz basel» deckte am Dienstag auf, dass die Gülle Schlüch ein Nazi-Problem hätten. Jetzt wehrt sich die Gugge vehement gegen die Vorwürfe.
https://telebasel.ch/2020/02/27/wir-distanzieren-uns-vom-rechtsradikalismus/?channel=105100


Hitlergruss – Gülle Schlüch stellen sich im Talk
Hitlergruss und Nazi-Logos: Die Basler Gugge Gülle Schlüch gilt seit dieser Woche als rechtsextrem. Nun machen die Chefs die Flucht nach vorn und reden im Talk.
https://telebasel.ch/2020/02/27/gugge-mit-nazi-gesinnung-2


Basler «ExpressZeitung» unterstützt deutschen Neonazi
Die Verbindungen des Rechtsextermismus in die Schweiz sind zahlreich. Ein deutscher Neonazi kriegt Schweizer Geld und ein Verein verlegt seinen Sitz nach Zug.
https://www.nau.ch/news/europa/basler-expresszeitung-unterstutzt-deutschen-neonazi-65669168
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/finanzielle-hilfe-aus-basel-rechtsextremismus-die-achse-schweiz-deutschland
-> Rundschau: https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/corona-alarm-rechtsterror-deutschland-crypto-geraet-im-falklandkrieg?id=d07db0d8-8e1f-4ec1-a430-17aa98def74e


Die AfD packt ihre Selbstkritik wieder ein
Der rassistische Anschlag von Hanau lässt die Partei ratlos zurück.
https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/die-afd-packt-ihre-selbstkritik-wieder-ein/story/26745731


Brandbrief an Merkel: „Ein Viertel der Bevölkerung fürchtet um seine Unversehrtheit“
Nach der rassistischen Terrortat von Hanau fordern Migrantenverbände die Bundeskanzlerin zum Handeln auf. Und sie kritisieren das Fehlen von Migranten in der Bundesregierung.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/ein-viertel-der-bevoelkerung-fuerchtet-um-seine-unversehrtheit-a-c1522eb6-776a-47dc-a461-8b68fbfb03f5?sara_ecid=soci_upd_KsBF0AFjflf0DZCxpPYDCQgO1dEMph
-> https://taz.de/Forderungen-nach-Hanau-Terror/!5664210/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1133522.hanau-beauftragte-gibt-es-viele.html


Der rassistische Wahn des ¬Attentäters von Hanau und seine Bezugspunkte
Endkampf gegen Shishabars
Der mutmaßlichen Attentäter von Hanau schrieb von dem Wunsch, Bevölkerungsgruppen auszurotten, die er für unproduktiv und schädlich hielt. Eine pathische Projektion, ihre Folgen und Ursprünge.
https://jungle.world/artikel/2020/09/endkampf-gegen-shishabars


Anschlag in Hanau Rassismus, rechte Filterblasen und ein psychisch kranker Täter
Um den Terroranschlag von Hanau rankten sich von Beginn an Verschwörungstheorien und falsche Nachrichten. Insbesondere Rechtspopulisten weisen immer wieder auf eine psychische Erkrankung des Täters hin. So versuchen sie, die Verantwortung für das rassistische Gift, das sie versprühen, von sich zu weisen.
https://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-27-02-2020/hanau-rassismus-rechte-filterblasen-und-ein-psychisch-kranker-taeter.html


+++FORMEL-E ADE
Gemeinderatsantwort auf Kleine Anfrage Luzius Theiler (GaP): Konkurs der E-Prix Veranstalterin. Wer kittet den Scherbenhaufen? Hilft die Stadt dem geschädigten Gewerbe?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=5a178651f3414216a6cd7157be6563ec
-> https://www.bernerzeitung.ch/keine-hilfe-fuer-geprellte-gewerbler-von-der-stadt-890077861466


+++CRYPTO-LEAKS
Zuger Kantonsrat und Crypto-Affäre
Dass in Zug CIA und BND heimlich die Chiffrierfirma übernehmen und manipulierte Geräte produzieren konnten, habe mit der mangelnden Kontrolle des Kantons zu tun, moniert Grün-links.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/zuger-kantonsrat-und-crypto-affaere?id=c5cb817b-eca9-44f7-b868-b521b7d9dc52


+++HISTORY
Zweifelhafte Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka: Das Versagen der St.Galler Behörden ist grösser als angenommen
Ein Bericht zur Adoption von Kindern aus Sri Lanka zeigt: Die St.Galler Behörden hielten sich in den 1980er Jahren nicht an die geltenden Gesetze.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/zweifelhafte-adoptionen-von-kindern-aus-sri-lanka-das-versagen-der-stgaller-behoerden-ist-groesser-als-angenommen-ld.1198987


Illegale Adoptionen: Dokumente wurden gefälscht – Echo der Zeit
Zwischen den 70er- und 90er-Jahren wurden in die Schweiz viele Kinder aus Sri Lanka illegal adoptiert. Die Behörden von Bund und Kantonen hätten beide Augen zugedrückt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften. Viele der Betroffenen sind heute auf der Suche nach ihren Wurzeln.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/illegale-adoptionen-dokumente-wurden-gefaelscht?id=497b90bd-c6ea-416f-a7ab-5815bbf22b7e
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/schweizer-behoerden-tolerierten-kinderhandel-in-sri-lanka?id=5188dc10-a081-473e-bfd9-e09e69b3a979


Bericht zu den illegalen Adoptionen aus Sri Lanka in den Achtzigerjahren
Illegale Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka: Veröffentlichung der historischen Analyse der ZHAW
https://www.kkjpd.ch/newsreader/bericht-zu-den-illegalen-adoptionen-aus-sri-lanka-in-den-achtzigerjahren.html


Babyhandel: Die Behörden haben es toleriert – Rendez-vous
Ein dunkles Kapitel in der Schweizer Geschichte: Adoptionen von Kindern aus dem Ausland, etwa aus Sri Lanka. Oft wurden dort Mütter gezwungen, ihre Kinder wegzugeben, es gab einen regelrechten Babyhandel. Am Donnerstag hat der Bund eine historische Untersuchung dazu vorgestellt.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/babyhandel-die-behoerden-haben-es-toleriert?id=b940315b-875e-48bd-a215-a42feaff3fb7
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/babyschmuggel-aus-sri-lanka-der-schweizer-rechtsstaat-hat-versagt


Schweizer Behörden tolerierten Kinderhandel in Sri Lanka
In den 1980er Jahren wurden Kinder aus Sri Lanka illegal zur Adoption in die Schweiz vermittelt. Schweizer Behörden wussten vom Kinderhandel vor Ort und schauten kollektiv weg.
https://www.nzz.ch/schweiz/sri-lanka-schweizer-behoerden-tolerierten-kinderhandel-ld.1542904
-> https://www.blick.ch/news/politik/adoptionsbetrug-in-sri-lanka-die-schweiz-versagte-komplett-id15769903.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/leben/204348888-adoptionsskandal-sri-lanka-so-reagieren-die-schweizer-behoerden


Handel mit Babys aus Sri Lanka – Präsidentin von Adoptierten-Organisation nimmt Bund in die Pflicht: «Es geht hier nicht um Einzelschicksale»
Schweizer haben im grossen Stil illegal Kinder aus Sri Lanka adoptiert. Sarah Ineichen, die Präsidentin der Adoptierten-Organisation Back to the Roots, fordert im Interview, dass der Bund jetzt endlich handelt.
https://www.blick.ch/news/politik/schweizer-adoptionsbetrug-mit-kindern-aus-sri-lanka-es-geht-hier-nicht-um-einzelschicksale-id15769906.html



derbund.ch 27.02.2020

«Babyfarmen» für Schweizer – die Behörden schauten weg

Viele Schweizer Paare adoptierten Babys aus Sri Lanka. Dabei kam es zu Kinderhandel – die Betroffenen leiden stark unter den Folgen.

Alexandra Bröhm

Knapp tausend Kinder adoptierten Schweizer Paare von 1973 bis 1997 aus Sri Lanka. Was viele schon länger vermuteten, bestätigt nun ein Forschungsbericht der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Auftrag des Bundesamtes für Justiz: Bei vielen dieser Adoptionen missachteten die Vermittlungsstellen in den Achtzigerjahren die gesetzlichen Regeln. Doch die Schweizer Behörden unternahmen trotz zahlreicher Warnungen wegen Kinderhandels lange Jahre nichts, um die Missstände zu beheben. Eine Folge dieser Praxis: Zahlreiche heute erwachsene Adoptierte suchen verzweifelt nach ihren biologischen Eltern. Die Suche ist häufig chancenlos, weil die Angaben in den offiziellen Dokumenten gefälscht sind.

Hinweise hätte es zahlreiche gegeben. Schon 1981 meldete sich beispielsweise Claude Ochsenbein, Geschäftsträger der schweizerischen Botschaft in Colombo, mit einer Warnung in Bern. In der sri-lankischen Presse seien verschiedene Artikel zum Kinderhandel mit der Schweiz erschienen. Sri Lanka gelte in der Schweiz als «Versandhaus für Kinder». Für einige Tausend Dollar könne man sich ein Baby kaufen.

Es existierten sogar eigentliche Babyfarmen, wo Frauen für Schweizer Paare Kinder austragen würden. Die Vorwürfe waren auch international ein Thema, wie Dokumente von Terre des Hommes Deutschland aus jener Zeit zeigen. Dabei fallen häufig zwei Namen: Die sri-lankische Vermittlerin Dawn da Silva arbeitete mit der Schweizerin Alice Honegger aus Bollingen im Kanton St. Gallen zusammen.

Schon Ende 2017 hatte Rebecca Ana Ruiz, damals Waadtländer SP-Nationalrätin, in einem Postulat gefordert, man müsse «Licht ins Dunkel bringen» und die Betroffenen bei der Suche nach ihrer Herkunft unterstützen. Der Bundesrat gab daraufhin die nun veröffentlichte Studie in Auftrag. Die Forscherinnen Sabine Bitter, Annika Bangerter und Nadja Ramsauer arbeiteten sich durch das Archivmaterial der zuständigen Ämter.

Weil Adoptionen, wie so vieles in der Schweiz, kantonal geregelt sind, konzentrierten sich die Studienautorinnen mit Bern, Genf und St. Gallen auf drei Beispielkantone. Ende des Jahres folgt ein Bericht des Bundesrates zum Thema. Im Kanton St. Gallen war schon im Januar 2019 ein Bericht zu Alice Honegger erschienen. Honegger hatte Hunderte von sri-lankischen Kindern unrechtmässig in die Schweiz vermittelt und dabei Deckung von offizieller Seite bekommen.

Auch Schweizer Medien berichteten schon im Mai 1982 über die Babyfarmen in Sri Lanka. Dort würden die Vermittler Babys für Schweizer Eltern zur Adoption bereithalten.

Es sei sogar vorgekommen, dass man Kinder in Bestellung habe geben können. Im Januar 1987 führte die sri-lankische Polizei in einer solchen Babyfarm eine Razzia durch. Die Anlage war als Touristenhotel getarnt, sie stand auf dem Areal der Familie von Vermittlerin Dawn da Silva. Die Behörden trafen auf 20 einheimische Mütter, 22 Neugeborene und Touristen aus der Schweiz und den Niederlanden. Umgeben von einer hohen Mauer und streng bewacht, hätten die Unterkünfte für die Mütter mit «schmutzigen Matratzen» an ein «Sklavenlager» erinnert. Einige der jungen Frauen erzählten, man habe sie zum Sex mit Europäern gezwungen, weil sich «hellhäutige Babys leichter verkaufen liessen», heisst es im Bericht.

In der Schweiz gab es auch über die St. Galler Vermittlerin Alice Honegger schon ab Anfang der Achtzigerjahre Klagen. Ein betroffenes Ehepaar beschwerte sich beim Bund über die hohen Kosten, die Honegger für eine Adoption verrechnete, 7000 bis 15’000 Franken sollte das Paar aufbringen. Trotzdem zeigt der Bericht nun klar: Die Behörden liessen Honegger jahrelang gewähren. «Obwohl sich Klage an Klage reihte und sie sich immer wieder über die behördlichen Anordnungen und Verbote hinwegsetzte», wie die Autorinnen im Bericht schreiben. Unterstützung bekam Honegger dabei vom St. Galler CVP-Nationalrat Edgar Oehler, der mit Honeggers Hilfe selbst vier Mädchen aus Sri Lanka adoptierte.

In den Dokumenten der adoptierten Kinder trugen die Vermittler sri-lankische Frauen als Mütter ein, die nicht die leiblichen Mütter der adoptierten Kinder waren. Rund 70 Prozent der Dossiers enthalten derart gefälschte Angaben. In St. Gallen beispielsweise erfüllte keiner der nun analysierten 28 Adoptionsentscheide alle gesetzlich geforderten Vorgaben. «Es wurden Kinder für Eltern und nicht Eltern für Kinder gesucht», sagt Projektleiterin Nadja Ramsauer, Professorin am Institut für Kindheit, Jugend und Familie, Departement Soziale Arbeit an der ZHAW.

«Die Schweizer Behörden, allen voran das Bundesamt für Ausländerfragen und die Botschaft in Colombo, waren seit Ende 1981 über Probleme im Zusammenhang mit Kinderhandel in Sri Lanka informiert», ist eine der Schlussfolgerungen des Berichts. Warum die Behörden so lange tatenlos zuschauten, scheint aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar. «Es wäre zu einfach, sagen zu wollen, es sei nun mal eine andere Zeit gewesen», sagt Joëlle Schickel, Co-Leiterin des Fachbereichs Internationales Privatrecht beim Bundesamt für Justiz und Expertin für internationale Adoptionen. Was damals auf jeden Fall gefehlt habe, sei die enge Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern. «Jede Behörde zog sich auf ihren Kompetenzbereich zurück und versuchte im Problemfall, die Verantwortung an andere Stellen zu delegieren», sagt Ramsauer zu der damaligen Situation.

Seit das sogenannte Haager Abkommen die internationalen Adoptionen regle, habe sich die internationale Zusammenarbeit massiv verbessert, so Schickel. Die Schweiz ist dem Abkommen Anfang des Jahres 2003 beigetreten. Seither ist der Bund und nicht mehr die Kantone dafür zuständig, Vermittlungsstellen für internationale Adoptionen zu kontrollieren. Aus vielen Ländern sind Adoptionen heute nicht mehr möglich, weil sich die Behörden immer zuerst um eine Lösung für die Kinder im Heimatland bemühen müssen. Die Zahl der internationalen Adoptionen ist deshalb zurückgegangen.

Die Schweizer Kinder, die einst aus Sri Lanka kamen, sind heute erwachsen und leiden zum Teil stark unter den Folgen des Kinderhandels. Auf der Suche nach ihren biologischen Wurzeln müssen sie falschen Fährten folgen, die in Sackgassen enden. All das hat gravierende Folgen für die Suche nach der eigenen Identität. Das wird den Adoptierten oftmals dann besonders schmerzhaft bewusst, wenn sie selbst eigene Kinder bekommen. Einige Betroffene haben deshalb vor zwei Jahren die Interessengemeinschaft Back to the Roots gegründet. Präsidentin Sarah Ineichen kam selbst im Alter von sechs Wochen aus Sri Lanka in die Schweiz. Bei ihren Nachforschungen fand sie heraus, dass auch ihre Geburtsdokumente gefälscht sind. Der Name ihrer biologischen Mutter ist unbekannt.

Als Reaktion auf den Forschungsbericht hat Back to the Root» mehrere Forderungen und ein Begleitvideo veröffentlicht. Darin sagt Sarah Ineichen: «Ich musste beim Lesen des Berichts mehrmals Pausen machen.» Es sei ihr übel geworden, als sie gehört habe, dass die Behörden eigentlich seit 1980 Bescheid wussten. Die Organisation wünscht sich nun mehr Hilfe bei der Herkunftssuche und eine öffentliche Anerkennung, dass Unrecht geschehen sei. Ausserdem wollen die Betroffenen, dass man die Adoptionspraxis der gesamten Schweiz untersucht. Die gleiche Forderung erheben auch die Forscherinnen in ihrem Schlusswort. Sie schreiben: «Die umfassende historische Aufarbeitung der Geschichte der Auslandsadoptionen in der Schweiz seit den 1960er-Jahren steht noch aus. Sie ist dringlich.»

Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) bereitet im Moment eine Arbeitsgruppe vor, um die Aufarbeitung voranzutreiben. Über politische Massnahmen und eine allfällige Wiedergutmachung werden die Behörden Ende des Jahres entscheiden, wenn der Bundesratsbericht erscheint.
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/es-gab-babyfarmen-fuer-schweizer-die-behoerden-schauten-weg/story/24581587)



«Wir fordern Unterstützung»

Fast 1000 Kinder aus Sri Lanka wurden mit fragwürdigen Methoden in der Schweiz adoptiert. Nun fordern die Betroffenen eine lückenlose Aufklärung.
https://m.tagesanzeiger.ch/articles/20891647



derbund.ch 27.02.2020

«Du hast deine Mutter doch gefunden, was ist dein Problem?»

Sarah Andres wurde wohl illegal adoptiert. Sie hat ihre leibliche Mutter gefunden. Doch die Wiedervereinigung birgt neue Schwierigkeiten.

Simone Rau

Beim ersten Kontakt war Sarah Andres völlig überfordert. Da war ein grosses Glücksgefühl. Doch sie verspürte auch Angst. Angst vor Enttäuschung. Nähe. Verlust. War die Frau, mit der sie über Video sprach, Schweiz hier, Sri Lanka dort, tatsächlich ihre leibliche Mutter? Oder behauptete diese es nur, weil sie einst dafür Geld erhalten hatte? Hatte sie in Wirklichkeit ein anderes Kind weggegeben?

«Ich freute mich, mit ihr zu reden, doch blieb auf Distanz», erinnert sich Sarah Andres an den Videoanruf im August 2018. Die 34-Jährige sitzt in einem Café im bernischen Langenthal, wo sie zusammen mit einem ebenfalls aus Sri Lanka adoptierten Buben aufgewachsen ist. Ihre Kindheit sei fröhlich gewesen, die Adoptiveltern liebevoll und herzlich, sagt sie und lächelt. Und doch habe sie sich Fragen gestellt: Wer ist meine Mutter? Warum hat sie mich weggegeben? Wie geht es ihr heute? Als Sarah Andres 2012 mit ihren ersten Tochter schwanger ist, werden die Fragen immer drängender.

Nach einer mehrjährigen erfolglosen Suche mithilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes kontaktiert sie 2018 Back to the Roots, die Intereressenvertretung für Adoptierte aus Sri Lanka. Innert kurzer Zeit findet eine Kontaktperson in Sri Lanka eine Frau, die behauptet, ihre leibliche Mutter zu sein. Beim ersten Videoanruf fällt Sarah Andres auf, wie sehr ihre zweite Tochter, damals dreieinhalb Jahre alt, der Frau gleicht – doch wie verlässlich sind Ähnlichkeiten, wenn sie mit Hoffnung gespickt sind? Was stimmt wirklich, wenn man sich etwas sehnlichst wünscht?

Wenig Hoffnung – und doch so viel

Sarah Andres bleibt skeptisch, auch weil sie weiss, dass die Herkunftssuche für Adoptierte aus Sri Lanka in den allermeisten Fällen im Sand verläuft. Weil die Papiere aus den Achtzigerjahren falsche Namen, Geburtsdaten oder Spitäler enthalten. Oder alles zusammen. Weil Frauen zum Teil dafür bezahlt wurden, sich im Adoptionsverfahren als leibliche Mutter auszugeben – unter Angabe einer falschen Identität. Wenn Adoptierte heute nach ihren Müttern suchen, treffen sie oft auf die falschen Frauen. Acting mothers werden sie genannt, Schauspielmütter. Sarah Andres hat über Back to the Roots viele solche Erfahrungsberichte gehört, als sie sich 2018 mithilfe des Vereins auf die Suche macht. Hat wenig Hoffnung – und doch so viel.

Drei Monate später dann die Gewissheit: Bei der Frau, mit der sie telefoniert hatte, handelt es sich tatsächlich um ihre leibliche Mutter. Ein DNA-Test liefert der Bernerin das Ergebnis online, abrufbar in einer Datenbank. «Mother – Daughter» stand da geschrieben. Mutter – Tochter. Dazu gewonnen hatte Sarah Andres auch eine Halbschwester und drei Halbbrüder, dutzende Cousinen, Cousins, Onkel und Tanten, wie sie später erfahren sollte. Nach ein paar Tagen dann: Glücksgefühle, endlich.

Die Umarmung!

Bereits gut einen Monat später, es war nun Ende 2018, kommt es in einem kleinen Dorf in Sri Lanka zum ersten Treffen. Sarah Andres erinnert sich vor allem an die Umarmung. Die Umarmung! Eng. Nicht enden wollend. Tränenreich. «Ich spürte eine unglaubliche Nähe. Fühlte mich zu Hause. Eigentlich kann ich es gar nicht in Worte fassen. Es war so unwirklich, was sich zwischen uns abspielte.» Sie blickt einen unvermittelt an. Sagt dann: «Am liebsten hätte ich sie immer berührt.»

Seither hat sich für die gelernte Gastronomiefachassistentin, heute Teilzeit als kaufmännische Angestellte tätig, viel verändert. Sie ist angekommen – bei einem Teil von ihr, der ihr immer gefehlt hatte, wie sie es formuliert. Gleichzeitig hat sie die Begegnung mit ihrer leiblichen Mutter bis ins innerste Mark erschüttert. Zwar freute sie sich auf das Wiedersehen mit ihrem Mann und den beiden Töchtern, doch gleichzeitig verspürte sie bei ihnen angekommen einen «stechenden Schmerz». Sie erklärt: «Meine Mutter hatte mir beim Treffen gesagt, sie habe mich wenige Tage nach der Geburt weggeben müssen. Ihre Familie habe sie extrem unter Druck gesetzt. Zur Abtreibung gedrängt. Als ich sie verliess, um in die Schweiz zurückzufliegen, hatte ich das Gefühl, erneut von ihr getrennt zu werden. Wie damals als Baby.»

«Was ist dein Problem?»

Kam dazu, dass kaum jemand in der Schweiz sie verstanden habe, sagt Sarah Andres. «Du hast deine Mutter doch gefunden», habe sie zu hören bekommen. Oder: «Was ist denn jetzt noch dein Problem?» Das Problem sei ihre Zerrissenheit gewesen, sagt sie. Die zwei Identitäten. Die zwei Familien. Die zwei Heimaten. Eigentlich alles. Erst mit der Zeit habe sie gemerkt, dass sie professionelle Hilfe brauche. Heute sei sie in Therapie und froh darüber. «Es ist ein Trauma, von der Mutter getrennt zu werden – ich kann es nicht anders sagen. Alleine hätte ich es nicht geschafft.»

Längst nicht alle Betroffenen können und wollen psychologische Hilfe annehmen. Da sind die Kosten zum einen. Da ist die psychische Instabilität zum anderen. Auch sie habe anfangs nicht die Kraft und den Mut gehabt, sich eine Psychologin zu suchen, sagt Sarah Andres. Da war der Alltag, die Familie, der Job. Sie funktionierte nur noch. Auch deshalb fordert sie heute, dass Betroffene bei der Herkunftssuche durch eine unabhängige Fachstelle unterstützt und psychologisch begleitet werden – kostenlos.

Zusammen mit Back to the Roots hat Andres weitere Forderungen formuliert. So sollen Mütter in Sri Lanka auf der Suche nach ihren Kindern ebenfalls unterstützt werden. Wie ein gestern veröffentlichter Bericht im Auftrag des Bundesamts für Justiz zeigt, wurden die Adoptierten von ihren biologischen Müttern aufgrund von massivem gesellschaftlichem oder wirtschaftlichem Druck weggegeben – wie im Fall von Sarah Andres. In einigen Fällen wurden die Kinder gar gestohlen. Sie sagt: «Es braucht kostenlose DNA-Tests für die Adoptierten und suchende Mütter.»

Ihre Adoptiveltern haben Sarah Andres bei der Herkunftssuche immer unterstützt. Das sei überhaupt nicht selbstverständlich, sagt sie. Sie kenne Betroffene, die nur schon darum kämpfen müssten, die Dokumente ausgehändigt zu bekommen. In ihrem Fall sei die Beziehung zu den Adoptiveltern bis heute sehr eng. Über ihre Adoption hätten sie stets sehr offen geredet.

Mami – Bauchmami

Nun kramt sie zwei Fotos hervor. Lächelt erneut. «Schauen Sie, das bin ich.» Zu sehen ist ein kleines Baby, mit dunklen Augen und Haaren, ein paar Wochen alt erst. «Mein Mami hat es kurz nach meiner Ankunft in die Schweiz aufgenommen.» Mami – das ist ihre Mutter in Langenthal. Bauchmami – das ist ihre Mutter in Sri Lanka.

Neben den Fotos besitzt Sarah Andres einen Pass, ausgestellt einen Monat nach ihrer Geburt am 8. Juli 1985. Ob sie wirklich an diesem Tag geboren wurde, weiss sie nicht. Sie besitzt auch eine angebliche Einwilligungserklärung zur Adoption. Wo eigentlich die Unterschriften ihrer leiblichen Eltern stehen sollten, prangt ein Stempel. Was das bedeutet – auch das weiss sie nicht. Vieles – etwa, wer ihr Vater ist – hat sie ihre Mutter noch nicht fragen können. Zu gross ist, zumindest im Moment, die sprachliche und kulturelle Barriere. Einem ersten Treffen folgte im Herbst 2019 ein zweites. Im kommenden Herbst nun reist Sarah Andres ein drittes Mal nach Sri Lanka.

Die 34-Jährige weiss: Sie hatte viel Glück. Nur die wenigsten Adoptierten aus Sri Lanka finden heute, als Erwachsene, ihre leiblichen Eltern. Auch deshalb wolle sie den Leuten, die ihr bei der Suche geholfen haben, etwas zurückgeben. Sie engagiert sich ehrenamtlich bei Back to the Roots. Der Verein mit seinen rund 500 Mitgliedern begleitete sie durch die ganze Herkunftssuche und ist bis heute eine wichtige Stütze für sie.

«Wir Adoptierten haben alle unsere eigene Geschichte», sagt Sarah Andres. «Unsere eigenen Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche. Gemeinsam ist uns aber eines: Wir wurden wie eine Ware gehandelt.» Wenn sie sich mit anderen Adoptierten trifft, fühlt sie sich aufgehoben und verstanden. Zu Hause.
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/du-hast-deine-mutter-doch-gefunden-was-ist-dein-problem/story/23902565)