Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BERN
Massive Kürzungen der Berner Sozialhilfe
Der Berner Regierungsrat Pierre-Alain Schnegg will die Asylsozialhilfe
für vorläufig aufgenommene Geflüchtete per Verordnung auf ein absolutes
Minimum kürzen. Alle vorläufig Aufgenommenen, die nach 7 Jahren immer
noch keine Arbeitsstelle haben, sollen 60% weniger Sozialhilfe erhalten,
was 382 Franken pro Monat entspricht. Aus vielerlei Gründen stösst
dieser Plan auf massive Kritik, bei linken und kirchlichen Kreisen, aber
auch bei der Stadt Bern. Sie lehnt die Kürzungen als „einseitig und
unausgewogen“ ab. Für eine Stellungnahme war Gemeinderätin Franziska
Teuscher gestern nicht erreichbar.
https://rabe.ch/2020/02/25/nur-noch-mit-382-sozialhilfe-leben/
Zerrissen und Verbunden
Brienz – Seit einigen Jahren kümmert sich Petra Brodwolf, als
freiwillige Integrationsbegleiterin, um die eritreischen Flüchtlinge im
Dorf. Im Gespräch erzählen sie und Kibrom Gebremedhin von bewegenden
Momenten, von Unterschieden und davon, was für eine bessere Integration
vonnöten ist. Die Bibliothek bietet zu diesem Thema eine Lesung an.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/179889/
+++SCHWEIZ
«Wer die Regierung öffentlich kritisiert, riskiert verfolgt und verhaftet zu werden»
Der Kurde Hasan Tangüner hat 2014 in der Schweiz den Flüchtlingsstatus
erhalten. Er war aus politischen Gründen sieben Monate in der Türkei
inhaftiert. Heute zeichnet er ein düsteres Bild über die Situation der
Menschenrechte seines Herkunftslandes.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2020/wer-die-regierung-oeffentlich-kritisiert-riskiert-verfolgt-und-verhaftet-zu-werden.html
+++GRIECHENLAND
Protest gegen neues Lager auf Lesbos: Mit aller Gewalt
Möglichst unauffällig wollte die griechische Regierung auf Lesbos ein
geschlossenes Lager für Flüchtlinge errichten. Doch die Einheimischen
wehren sich massiv – sie trauen Athen nicht.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/lesbos-bevoelkerung-protestiert-gewaltsam-gegen-bau-von-geschlossenem-abschiebezentrum-fuer-asylbewerber-a-707f614c-6083-49ee-a9b2-5f0264a1ea7a
Flüchtlinge in Griechenland: Minderjährige als Erwachsene registriert?
Schwere Vorwürfe gegen die Polizei in Griechenland: Minderjährige
Asylbewerber werden nach Aussagen von Betroffenen und NGOs als
Erwachsene registriert. Auch mit Gewalt werde gedroht, so Recherchen von
Report Mainz.
https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/griechenland-minderjaehrige-fluechtlinge-101.html
-> https://www.swr.de/report/minderjaehrige-fluechtlinge-als-erwachsene-registriert-schwere-vorwuerfe-gegen-frontex-und-griechische-polizei/-/id=233454/did=25143438/nid=233454/pmb12f/index.html
Polizei geht mit Tränengas gegen Bewohner griechischer Inseln vor
Die Einwohner hatten gegen neue Lager für Migranten auf Lesbos und Chios protestiert
https://www.derstandard.at/story/2000114997647/migration-polizei-mit-traenengas-gegen-einwohner-griechischer-inseln
-> https://www.nzz.ch/international/proteste-wegen-migrantenlager-auf-lesbos-und-chios-eskalieren-rettungsschiff-ocean-viking-darf-wieder-in-italien-anlegen-die-neusten-entwicklungen-zur-migrationskrise-ld.1535949?mktcid=smch&mktcval=twpost_2020-02-25
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/proteste-in-lesbos-gegen-neues-fluechtlingslager?id=78a64746-ad34-4af4-ae69-9849d5d454eb
-> https://www.srf.ch/news/international/fluechtlingslager-in-der-aegaeis-wir-wollen-keine-abstellkammer-fuer-diese-menschen-werden
+++ITALIEN
Coronavirus: Flüchtlingsrettungsschiff in Italien in Quarantäne
In Italien ist nach dem Ausbruch des Coronavirus ein Flüchtlingsschiff
unter Quarantäne gestellt worden. Die Crew darf das Schiff nicht
verlassen.
https://www.nau.ch/news/europa/coronavirus-fluchtlingsrettungsschiff-in-italien-in-quarantane-65668196
+++MITTELMEER
Zivile Seenotrettung: Aktiviert die Krisenreaktion!
Die Möglichkeiten der EU für die Seenotrettung im Mittelmeer werden nicht genutzt. Ein Gastkommentar
https://www.jungewelt.de/artikel/373337.zivile-seenotrettung-aktiviert-die-krisenreaktion.html
+++EUROPA
Flucht – Alles für die Festung Europa
Pushbacks sind laut Europäischem Menschenrechtsgerichtshof kein Verstoß
gegen Menschenrechte. Es sind rechte Narrative in juristischen Klauseln
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ein-richterspruch-fuer-die-festung-europa
+++FLUCHT
Genfer Plattform hilft Klimaflüchtlingen auf der ganzen Welt
Die Vertreibung des Menschen durch Katastrophen gilt als eine der grössten humanitären Herausforderungen dieses Jahrhunderts.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/Genfer-Plattform-hilft-Klimafluchtlingen-auf-der-ganzen-Welt
+++REPRESSION DE
Medienzensur in der BRD: »Wir haben nicht gekämpft, um jetzt aufzugeben«
Verfassungsklage gegen das Verbot der Plattform »linksunten indymedia« angekündigt. Ein Gespräch mit Angela Furmaniak
https://www.jungewelt.de/artikel/373283.wir-haben-nicht-gek%C3%A4mpft-um-jetzt-aufzugeben.html
G20-Gipfel in HamburgGerichtsurteil gilt – zwei Akkreditierungen hätten nicht entzogen werden dürfen
Das Gerichtsurteil, wonach zwei Journalisten beim G20-Gipfel in Hamburg
die Akkreditierung nicht hätte entzogen werden dürfen, ist
rechtskräftig.
https://www.deutschlandfunk.de/g20-gipfel-in-hamburg-gerichtsurteil-gilt-zwei.1939.de.html?drn:news_id=1104682
+++EUROPOL
Europol: Polizeiagentur steuert Rüstungskonzerne
Nach Vorbild des US-Verteidigungsministeriums soll Europol zukünftig die
europäische Sicherheitsforschung koordinieren. Mit an Bord eines neuen
„Innovationszentrums“ ist auch die Rüstungsindustrie. Es soll sich um
„disruptive Technologien“ wie verschlüsselte Kommunikation, Waffen aus
3D-Druckern oder vorhersagende Polizeiarbeit kümmern.
https://netzpolitik.org/2020/polizeiagentur-steuert-ruestungskonzerne/
+++ANTIRA
antira-Wochenschau: Unglaubliche Morde in Hanau, unsolidarische Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz, Unlust auf Seenotrettung
https://antira.org/2020/02/25/antira-wochenschau-unglaubliche-morde-in-hanau-unsolidarische-entwicklungszusammenarbeit-der-schweiz-unlust-auf-seenotrettung/
Hitlergruss und Neonazi-Symbole – diese Gugge hat ein Nazi-Problem
Die Kleinbasler Gugge Gülle Schlüch hat ein handfestes Problem mit rechtsextremer Gesinnung in den eigenen Reihen.
https://www.watson.ch/!558375777
-> https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/Hitlergruss-und-Nazimode-bei-Basler-Guggenmusik-20870213
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/basel/hitlergruss-und-braunes-gedankengut-bei-den-guelle-schluech-basler-gugge-hat-ein-rechtsextremes-problem-id15767546.html
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/nach-nazi-vorwuerfen-gegen-gugge-jetzt-redet-comit-obfrau-pia-inderbitzin-136420776
-> https://telebasel.ch/2020/02/25/gugge-mit-nazi-gesinnung
-> https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/fall-guggemusik-guelle-schluech-das-ist-unschoen-aber-kein-strukturelles-rassismus-problem
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/nach-nazi-vorwuerfen-gegen-gugge-jetzt-redet-comit-obfrau-pia-inderbitzin-136420776
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/telebasel-dreh-faellt-wegen-bz-recherche-ins-wasser-136419565
«Als ‹Neger› wurde ich noch nie bezeichnet»
Vor dem Fasnachtsumzug in Wangs SG tauchte auf einem Wagen das Wort
«Neger» auf. Dieses wurde später abgedeckt. Dem Urheber droht ein
Nachspiel.
https://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/fasnacht-27899261
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/neger-hat-fuer-mich-keine-negative-bedeutung-rassistische-aeusserung-auf-einem-wagen-an-der-fasnacht-wangs-jetzt-redet-der-betreiber-ld.1198083
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/fdp-mit-neger-spruch-an-sarganser-fasnacht-verunglimpft-65667967
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/ostschweiz/rassismus-fall-in-wangs-sg-fdp-politiker-wird-an-fasnacht-als-neger-beschimpft-id15766181.html
-> http://www.tvo-online.ch/mediasicht/78549
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wangs-fasnachtswagen-mit-rassistischer-aeusserung-verdirbt-die-freude-am-umzug-ld.1197795
-> https://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/an-der-fasnacht-tritt-rassismus-offen-zutage/story/27069677
Rassismus und Antisemitismus an der Fasnacht – Rendez-vous
«Wie viele Neger brauchen wir in St.Gallen?» stand gross auf einem
Fasnachtswagen am Fasnachtsumzug. In letzter Minute wurde das Wort Neger
überklebt. Was darf man an der Fasnacht sagen? Gespräch mit Dominic
Pugatsch, Leiter der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/rassismus-und-antisemitismus-an-der-fasnacht?id=ab535ad0-84b2-4b32-9b97-83123fb728d0
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/rassistische-vorfaelle-wollen-wir-im-jahr-2020-noch-solche-slogans-und-stereotypen
—
Die Fasnacht ist immer wieder eine Plattform für Rassismus. Jahr für
Jahr gibt es Personen und Gruppen, die es lustig finden, Schwarze
Menschen, People of Color (PoC) oder Jüd*innen währdend der Fasnacht
herabzusetzen. Gängig sind Black Faceing, das Verwenden des N-Wortes,
rassistische Verkleidungen und Witze. Die Dominanzgesellschaft und die
Behörden ächten den Fasnachtsrassismus nicht eindeutig. Teilweise wird
er auch heruntergespielt oder gar gutgeheissen. Die Fasnacht bietet auch
eine Plattform für faschistische Gruppen und Personen. Mit Texten oder
Sujets hetzen sie gegen Rassismusdiskriminierte. Im Trend sind auch das
Nachahmen von offen rassistischen Organisationen wie z.B. der Ku Klux
Klan.
Was können Antirassist*innen gegen den Fasnachtsrassismus tun?
– Hinschauen und öffentlich machen: Geht an die Fasnacht und macht Fotos
oder Videos und veröffentlicht diese mit dem #StoppFasnachtsrassismus.
Ihr könnt auch antira.org per Mail (antira@immerda.ch) informieren.
– Benennen und kritisieren: Falls du die Kraft hast, lohnt es sich, das
Schweigen zu brechen, um Menschen direkt aufzufordern, mit dem Rassismus
zu brechen. Dafür gibt es viele unterschiedliche Wege. Überleg dir im
Vorfeld der Fasnacht einige, die dir entsprechen. Es braucht
Schlagfertigkeit, dem rassistischen Konsens entgegenzutreten.
– Sich organisieren und gemeinsam intervenieren: Allein machen sie dich
ein. Das stimmt oft, deshalb: Nebst der Kritik von Einzelpersonen, haben
auch kollektive Aktionen oder Gegendemonstrationen eine bremsende
Wirkung auf Rassist*innen. Dafür lohnt es sich, sich als Gruppe
zusammenzuschliessen. Als Gruppe ist es auch einfacher z.B. mit
Strafprozessen, Medienarbeit oder systematischen Meldungen bei
Kontrollorganen des Staats (z.B. Eidgenössische Kommission gegen
Rassismus) oder NGOs zu intervenieren.
Je mehr wir tun, desto höher die Hürde für Rassist*innen und alle
Menschen, die Fasnachtsrassismus als ihre Tradition verteidigen. Sei
mutig – bekämpfe Fasnachtsrassismus!
#StoppFasnachtsrassismus
+++RECHTSEXTREMISMUS
Antisemitismusbericht 2019 – Verschwörungstheorien in der Schweiz auf dem Vormarsch
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund SIG und die GRA
veröffentlichen heute den Antisemitismusbericht 2019 für die
Deutschschweiz. Die Erhebungen zeigen weiterhin eine stabile Entwicklung
der Zahl physischer und verbaler antisemitischer Vorfälle. Im
Onlinebereich stimmt heute insbesondere das hohe Niveau antisemitischer
Verschwörungstheorienbedenklich. Letzteres stimmt auch für die
Westschweiz. Zum ersten Mal werden für 2019 die Ergebnisse der
unterschiedlichen Berichte von Deutsch- und Westschweiz in einer
gemeinsamen Synthese zusammengefasst.
https://www.gra.ch/antisemitismusbericht-2019/
-> Bericht: https://www.gra.ch/wp-content/uploads/2020/02/Medienmitteilung_Antisemitismusbericht-2019_SIG-GRA_SPERRFRIST.pdf
-> Analyse: https://www.antisemitismus.ch/content/analyse-antisemitismusbericht-2019
Herbert Winter: «Rechtsextreme Gefahr wird unterschätzt» – Rendez-vous-Tagesgespräch
Eine stabile Entwicklung bei antisemitischen Vorfällen im realen Leben,
im Netz dagegen ein Fokus auf antisemitische Verschwörungstheorien. Im
«Tagesgespräch» ordnet Herbert Winter, Präsident des Schweizerischen
Israelitischen Gemeindebundes, die Befunde des Antisemitismusberichts
2019 ein.
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/herbert-winter-rechtsextreme-gefahr-wird-unterschaetzt
Bericht zu Antisemitismus – Verschwörungstheorien sind auf dem Vormarsch
Antisemitische Vorfälle im Internet sind in der Deutschschweiz leicht zurückgegangen, nicht aber Verschwörungstheorien.
https://www.srf.ch/news/schweiz/bericht-zu-antisemitismus-verschwoerungstheorien-sind-auf-dem-vormarsch
-> https://www.derbund.ch/schweiz/standard/antisemitismusbericht-judenhass-als-chamaeleon/story/15746058
-> https://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/antisemitismusbericht-judenhass-als-chamaeleon/story/15746058
-> https://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Rechte-Theorie-legitimiert-Angriffe-auf-Minderheiten–13264764
-> https://www.blick.ch/news/politik/antisemitische-verschwoerungstheorien-sind-auf-vormarsch-juden-muessen-wieder-als-suendenboecke-herhalten-id15765850.html
-> https://www.nzz.ch/schweiz/viele-antisemitische-verschwoerungstheorien-kursieren-im-internet-ld.1541454
-> https://www.watson.ch/schweiz/interview/818916756-antisemitische-verschwoerungstheorien-auch-in-deutschschweiz-populaer
-> https://www.blick.ch/news/politik/psychologe-dieter-straeuli-ueber-verschwoerungstheorien-trump-ist-das-beste-beispiel-id15766000.html
-> http://www.kleinreport.ch/news/antisemitismusbericht-auf-facebook-seiten-von-schweizer-zeitungen-grassiert-der-hass-94223/
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/antisemitismus-ist-im-internet-verbreitet?id=065de8d4-11bf-46bd-91ee-79e113994178
-> https://www.tachles.ch/artikel/news/stabile-entwicklung-trotz-hoher-dunkelziffer
-> https://www.watson.ch/schweiz/interview/818916756-antisemitische-verschwoerungstheorien-auch-in-deutschschweiz-populaer
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/wer-juden-diskriminiert-macht-sich-definitiv-strafbar-auch-im-internet-00129528/
—
derbund.ch 25.02.2020
Er trägt draussen keine Kippa mehr
Sie ernten Hass allein aufgrund äusserer Merkmale. Jüdische Menschen,
wie der 20-jährige Jaron, sind auf Zürichs Strassen vorsichtiger
geworden.
Martin Sturzenegger
Sommer 2019 an einem heissen Nachmittag. Jaron T. steht an einer
Bushaltestelle im Zürcher Quartier Friesenberg. Der 20-Jährige befindet
sich gerade auf dem Weg zum Fussball, als er einen Mann bemerkt: Mitte
dreissig, mit einer Bierdose in der Hand, mustert er Jaron von der Seite
her. «Ich merkte gleich, dass etwas nicht stimmte.»
Nach einer Weile legt der Mann los: «Ihr Juden solltet hier besser keine
Kippa mehr tragen», sagt er. Jaron, der nicht will, dass sein Nachname
in der Zeitung erscheint, ist sofort alarmiert und stellt sich innerlich
auf einen Kampf ein.
So weit kommt es aber nicht, stattdessen üble Beschimpfungen: Er solle
zurückgehen, wo er herkomme, sagt der Mann in akzentfreiem
Schweizerdeutsch. Der Mann flucht weiter und wird lauter: «Euer Land ist
nicht mehr wert als ein Fliegenschiss. Wir werden mit euch kurzen
Prozess machen.» Nach langen Minuten kommt endlich der Bus. Jaron steigt
ein, der Mann bleibt zurück. Seine Worte werden ihn noch länger
begleiten (lesen Sie im Interview mit einem Historiker mehr über den
neuen Judenhass in Europa).
Vorsichtsmassnahme
Ein halbes Jahr nach dem Vorfall sitzt Jaron in einem Café, unweit der
Bushaltestelle. Die Kippa hat er mittlerweile abgelegt. «Es ist ähnlich
wie mit dem Kopftuch», sagt Jaron. Was fremd wirke, löse bei gewissen
Menschen eine irrationale Wut aus. Die Kopfbedeckung trägt Jaron
eigentlich nur noch bei religiösen Anlässen.
Es ist auch eine Vorsichtsmassnahme – «nicht aus Feigheit», wie Jaron
betont, sondern weil solche Eskalationen seinen Alltag beeinträchtigen.
Schon mehr als einmal hatte er Probleme – allein weil er als Jude
erkennbar ist. Ohne Kippa fühlt sich Jaron nicht weniger jüdisch: «Was
wirklich zählt, ist das, was ich glaube, und nicht, was ich auf dem Kopf
trage.»
Der Hass auf alles Jüdische; er ist in Ländern wie den USA, Deutschland
oder Frankreich auf dem Vormarsch und schlägt nicht selten in Gewalt um.
Auch in der Schweiz wird vermehrt gegen Juden gehetzt, wenn auch in
einer etwas subtileren Form. Das belegt auch der diesjährige
Antisemitismusbericht des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds
(SIG) (lesen Sie hier mehr dazu).
Zum Judentum konvertiert
Dennoch fühlt sich Jaron wohl in Zürich. Seine Eltern und er
konvertierten einst zum Judentum. Jaron wurde mit 13 vor die
Entscheidung gestellt, ob er sich definitiv zum jüdischen Glauben
bekennen will. Er hat sein damaliges Ja nie bereut. «Ich bin stolz,
Schweizer zu sein, ich bin stolz, ein Jude zu sein.»
Jaron besuchte die jüdische Primarschule. Später wechselte er in die
Kantonsschule Enge. «Für mich öffnete sich damals eine neue Welt», sagt
Jaron. Er verliess sein behütetes, jüdisches Umfeld und mischte sich
unter Nichtjuden. Das Zusammenleben sei problemlos verlaufen, er schloss
Freundschaften über Kulturen hinweg. Es kam zu Annäherungen mit nicht
jüdischen Frauen. Doch für Jaron ist klar: «Die Frau, die ich heiraten
werde, sollte jüdisch sein.» Kinder kommen im Jüdischen nach der Mutter.
Nur wenn die Mutter jüdisch ist, sind es die Kinder auch.
Morgengebet gehört dazu
Ohne Kippa ist Jaron einer unter vielen, die Religiosität ist dem
Mitglied der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich nicht anzusehen. Dabei
gehört das Morgengebet zu seinem Tagesritual, inklusive Tefillin – mit
Lederriemen versehener Gebetskapseln, die heilige Schriften enthalten.
An Sabbat ist für Jaron Arbeiten tabu. Dadurch musste er auch seinen
einstigen Traumberuf Pilot aufgeben. Ein Pilot, der samstags nicht
arbeitet – unmöglich. Die Mizwot – jüdische Vorschriften – befolgt er,
aber nicht bis ins Detail. Es sind ja auch Hunderte. Im Café bestellt er
eine Ovomaltine mit Milch aus nicht koscherer Verarbeitung. Für Jaron
kein Problem.
Wie wichtig Offenheit sei, erfahre er durch sein Engagement für das
Projekt Likrat. Jaron tritt vor Schweizer Schulklassen und berichtet
über das jüdische Leben. Seine Ziele: Interesse wecken, Vorurteile
abbauen und Stereotype beseitigen. Die Reaktionen seien sehr positiv,
sagt Jaron. Das führt ihn zum Schluss: «Wir müssen mehr miteinander
reden, statt nur nebeneinander zu existieren.»
Dennoch gibt es sie; die gesellschaftlichen Gräben, Stereotypen oder
politischen Spannungsfelder – das erlebt auch Jaron, nicht nur an der
Bushaltestelle. Mit einem Freund spazierte er vor zwei Jahren durch
Zürich. Ein Mann überholte sie mit dem Velo und rief «Free Palestine».
Der Mann drehte sich nochmals um und sagte: «Ihr seid doch Juden, oder
etwa nicht!?»
Israelischer Pass als Ziel
Jaron möchte sein Leben in Zürich verbringen, seiner Heimat. Doch eine
Frage beschäftigt ihn: Was, wenn sich die Bedrohungslage weiter
verschlimmert? Wie in Frankreich, wo es in den letzten Jahren zu einer
jüdischen Abwanderung nach Israel kam.
Jaron fasste einen Entschluss: In diesem Sommer wird er in einen
religiösen Kibbuz nach Israel ziehen. So, wie es bereits sein Bruder und
viele seiner Altersgenossen in der Schweiz getan haben. Sein Ziel: dem
Land, das so vielen geflüchteten Juden eine Heimat bot, etwas
zurückzugeben. Zudem möchte Jaron den israelischen Pass erwerben:
«Vielleicht wird mir dieser einmal von Vorteil sein.»
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/er-traegt-draussen-keine-kippa-mehr/story/18302903)
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Rechtes Terrornetzwerk größer als vermutet
WDR hat Hinweise auf weitläufiges Terrornetz – Mehr als 1.000
gewaltbereite Rechtsextremisten – Offenbar auch Kontakte zur
Bürgerwehrszene
Das rechte Terrornetzwerk in Deutschland ist offenbar größer als bislang
bekannt. Nach Informationen des WDR aus dem behördlichen Umfeld gibt es
Hinweise auf ein weitläufiges Netz gewaltbereiter Rechtsextremisten.
https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/mutmassliches-terrornetzwerk-minden-100.html
Hanau ist kein Einzelfall
Die Anschläge von Hanau sind keine Tat eines isolierten Einzeltäters, es
ist rechter Terror und er steht unter anderem im Kontext von Diskursen
die systematisch in diesem Land geschürt werden und das nicht nur von
Parteien wie die AfD sondern auch von der sogenannten „bürgerlichen
Mitte“. Das „wir“ was jetzt zusammen stehen soll, das „wir“ das in Hanau
nicht die Opfer des Anschlags sondern den NSU vertuscher Volker
Bouffier zur Sprache kommen lässt wird uns nicht vor weiteren Angriffen
schützen. Dieses „wir“ ist Teil des Problems. Schützen können wir uns
nur selbst.
https://lowerclassmag.com/2020/02/25/hanau-ist-kein-einzelfall-shisha-bar-terror/
Band “Nachtmahr” bekommt in Basel eine Abreibung
Am Samstag 22. Februar 2020 hatte die österreischiche Band Nachtmahr
einen Auftritt im basler Konzertlokal Parterre One. Die Band „spielt“
bewusst und sehr direkt mit nationalsozialistischer Ästethik. Sie wurde
direkt vor dem Konzertlokal von Antifaschist*innen angegriffen.
https://barrikade.info/article/3202
#HANAU
-> https://www.republik.ch/2020/02/25/alle-gluecklich-alles-drauf
-> https://www.migazin.de/2020/02/25/heiko-maas-rechtsextremisten-haben-ihr-toedliches-gesicht-gezeigt/?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter
-> https://missy-magazine.de/blog/2020/02/25/deutschland-brennt/
-> https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-hintergrund-der-trauer
Wie Jugendtreffs von Identitären unterwandert werden
Eine Aktivistin der Identitären Bewegung war monatelang in einem
Jugendtreff in Hannover beschäftigt – bis zur Kündigung. Immer wieder
versuchen Rechte, in Kitas und Jugendeinrichtungen Fuß zu fassen.
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2020/02/25/wie-jugendtreffs-von-identitaeren-unterwandert-werden_29603
+++HISTORY
Dokumentarfilm auf der Berlinale: Fegt die Rechten von den Straßen!
Die Initiative Rock Against Racism bekämpfte in den 70ern den Rassismus
in Großbritannien. Rubikah Shahs „White Riot“ zeichnet ihre Geschichte
nach.
https://taz.de/Dokumentarfilm-auf-der-Berlinale/!5664562/