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+++ZÜRICH
Zürcher Unterländer 07.02.2020
Rätsel um Kieferbruch nach Gewalt-Eskalation im Embracher Asylzentrum
Securitas-Mitarbeiter sollen einem Asylsuchenden in Embrach den Kiefer
gebrochen haben – dieser verbrachte danach drei Nächte mit geringster
medizinischer Versorgung in Polizeihaft. Die Kantonspolizei
widerspricht, es bleiben aber Fragen offen.
Sharon Saameli und Astrit Abazi
Zeitweise eingeschränkter Ausgang, Ausweiskontrollen und Durchsuchungen
der Asylsuchenden bei jedem Eintritt: Im Bundesasylzentrum (BAZ) Embrach
wird Sicherheit gross geschrieben. Im dem im Jahr 2017 eröffneten
Zentrum leben aktuell einige Dutzend Personen, die Mehrheit wartet auf
ihre Ausschaffung, weil ihre Asylgesuche entweder unter das
Dublin-Abkommen fallen oder bereits abgelehnt wurden. Die Kontrollen
stossen freilich immer wieder auf Widerstand – im Januar kam es gar zu
einer gröberen Gewalteskalation. Nun steht nicht nur ein Asylsuchender
auf der Anklagebank, sondern auch mindestens ein Mitarbeiter der
Securitas AG, welcher im Auftrag des Staatssekretariats für Migration
(SEM) im BAZ tätig ist.
Im Mittelpunkt der Ereignisse steht Behzad Ghanavati-Behbahan.
31-jährig, Kurde, aus dem Iran über das als sicherer Drittstaat geltende
Deutschland in die Schweiz eingereist und dementsprechend ein
«Dublin-Fall», wonach sich Deutschland um sein Asylgesuch zu kümmern
hat. Ghanavati lebt seit Ende Oktober im Embracher Asylzentrum. Am
Freitag, 17. Januar, kommt er laut eigener Aussage um 23.30 Uhr zum
Zentrum zurück, eine halbe Stunde nach offizieller Türschliessung. Der
Zugang zu seinem Zimmer wird ihm verwehrt, er solle im sogenannten
Notschlafzimmer übernachten. Draussen macht er seiner Wut Luft: Mit
Steinen zerschlägt er die Scheiben beim Zentrumseingang, darauf bringen
ihn drei Securitas-Mitarbeitende zu Boden.
Drei Nächte in Polizeihaft
Es lässt sich nur schwer nachzeichnen, wie es zur Eskalation kam und was
genau geschah – einer Quelle zufolge habe Ghanavati auch mit einem
Stein nach dem Sicherheitsdienst werfen wollen. Fest steht aber, dass
der 31-Jährige noch am selben Abend in Polizeihaft genommen wird und
drei Nächte im Zürcher Kasernenareal verbringt. Eine Haftanordnung des
Migrationsamtes, datiert auf den 18. Januar, liegt dem ZU vor.
Erst als Ghanavati nach seiner Entlassung am Montag, 20. Januar in das
BAZ Embrach zurückkehrt, wird er vom dortigen Pflegepersonal an das
Spital Bülach weitergeleitet. Er gibt an, während der dreitägigen
Polizeihaft unter starken Schmerzen gelitten zu haben. Als er sich in
Bülach untersuchen lässt, wird sein Kieferbruch bei einer
Computertomografie sichtbar. Behzad Ghanavati wird direkt ans
Universitätsspital Zürich (USZ) verwiesen und dort am 22. Januar
operiert. Ärztliche Berichte aus beiden Spitälern, die dem ZU vorliegen,
belegen sowohl die Fraktur als auch diverse Hämatome. Handyfotos und
Videos zeigen ebenfalls mehrere Verletzungen – auch an den Augen – und
eine stark geschwollene linke Gesichtshälfte.
Erstmals über die Vorfälle geschrieben hat «Ajour», ein laut eigener
Beschreibung selbstorganisiertes Online-Magazin aus der «anarchistischen
und kommunistischen Bewegung». In den beiden publizierten Artikeln
erhebt Behzad Ghanavati schwere Vorwürfe gegen das BAZ: Schikanen und
Demütigungen, fremdenfeindliche Äusserungen seitens Mitarbeitenden. Am
Abend der Eskalation hätten die Securitas-Mitarbeiter mit Stiefeln gegen
seinen Kopf und Rumpf getreten.
Mehrere Strafanzeigen
Mit diesen Anklagen konfrontiert, warnt SEM-Kommunikationschef Daniel
Bach jedoch, die Aussagen in den Artikeln des Magazins einfach zu
übernehmen. «Aus unserer Sicht haben sich die Dinge definitiv anders
zugetragen.» Sowohl die rassistischen Beleidigungen von Asylsuchenden
als auch «irgendeine Form unverhältnismässigen Zwangs» werde weder vom
SEM, der Asylorganisation Zürich (AOZ) noch der Securitas akzeptiert.
Die Mitarbeitenden, die in den BAZ im Einsatz sind, seien entsprechend
ausgebildet, mit solchen Situationen umzugehen.
Bestehe dennoch der Verdacht, dass Mitarbeitende der BAZ gegen diese
Richtlinien verstossen haben, werden diese intern überprüft. «Wenn es
solche Vorfälle gibt, werden sie untersucht, aufgearbeitet und
allenfalls auch geahndet. Dabei arbeiten SEM, AOZ und Securitas eng
zusammen. Im Weiteren wird, wenn eine Situation eskaliert, immer die
Polizei beigezogen», erläutert Bach. «Und es gibt selbstverständlich
immer die Möglichkeit, eine Anzeige zu erstatten.» Der besagte
Securitas-Mitarbeiter arbeite derzeit nicht mehr in Embrach. Da in Bezug
auf diesen Vorfall mehrere Strafanzeigen eingereicht wurden und es sich
deshalb um ein laufendes Verfahren handelt, könne er inhaltlich aber
nicht weiter Stellung nehmen. Auch Ghanavati hat gegen den Mitarbeiter,
der ihm mutmasslich den Kiefer gebrochen hat, eine Strafanzeige
eingereicht.
Was die Situation zusätzlich verkompliziert, ist die psychische
Verfassung des Asylsuchenden. Mehrere psychiatrische Gutachten, die er
dem ZU vorweisen kann, bescheinigen ihm eine Angststörung, ein ADHS und
Depressionen. Zwei medizinische Abklärungen vom Oktober und November
2019 – adressiert an das BAZ Juch, dem inzwischen geschlossenen
Testzentrum in Zürich – zeigen, dass das SEM von Ghanavati psychischen
Problemen gewusst haben müsste.
Auf Anfrage bestätigt das SEM, dass in den BAZ für die medizinische
Betreuung der Asylsuchenden gesorgt ist. Auch die BAZ-Mitarbeitenden
seien entsprechend vorbereitet. «Alle Bundesasylzentren verfügen über
medizinisches Fachpersonal, welches regelmässig für Sprechstunden
konsultiert werden kann», erklärt Daniel Bach. «Diese überweisen die
Asylsuchenden bei Bedarf an eine Hausärztin oder einen Hausarzt, welche
über die weitere Behandlung entscheiden.» Weil Asylsuchende während des
ganzen Asylverfahrens krankenversichert sind, können sie ärztlich
verordnete medizinische Leistungen in Anspruch nehmen.
Frappante Diskrepanzen
Auch wenn das SEM der Darstellung in den beiden Artikeln von «Ajour»
widerspricht: Die Diskrepanzen in den Erzählungen der verschiedenen
Parteien sind frappant. So bestätigt die Kantonspolizei Zürich auf
Anfrage zwar, dass sie am 17. Januar zu einem Einsatz gerufen worden
sei. Der Mann habe bei seiner Verhaftung aber angegeben, keine
Verletzungen zu haben. «Ich habe zwar der Polizei am Anfang gesagt, dass
ich nicht verletzt bin», widerspricht Behzad Ghanavati, «aber ich habe
schnell gemerkt und dem Arzt in der Kaserne auch öfters gesagt, dass ich
nicht beissen kann.» Selbst der Verzehr einer Banane sei zu schwierig
für ihn gewesen. Gemäss seiner Erinnerung habe der Arzt ihn aber
lediglich beschwichtigt und ihm Schmerzmittel und Blutverdünner
verabreicht.
Laut Kapo-Mediensprecher Florian Frei wurde vor der Inhaftierung, wie in
solchen Fällen üblich, ein Arzt beigezogen. Dieser hätte jedoch keinen
Kieferbruch festgestellt. Auch bei zwei weiteren Konsultationen im
Gefängnis hätten die Ärzte keinen Kieferbruch diagnostiziert. «Hätte
einer der Ärzte einen Kieferbruch festgestellt, wäre der Mann in
Spitalpflege gebracht worden.» Die offizielle Stellungnahme der
Kantonspolizei lässt die Frage, wann Ghanavati den Kieferbruch erlitten
hat, jedoch offen
Behzad Ghanavati befindet sich inzwischen nicht mehr in der Schweiz und
will auch nicht zurückkehren: «Ich lebe schon einige Jahre in Europa,
aber etwas wie in diesem Land habe ich noch nie erlebt.» Schwierigkeiten
bereitet ihm der Kiefer bis heute. Am vergangenen Donnerstag erzählt
Ghanavati dem ZU am Telefon, er sei beim Zahnarzt gewesen – eine
Infektion mache eine weitere Kieferoperation notwendig.
(https://www.zuonline.ch/front/raetsel-um-kieferbruch-nach-handgemenge-im-asylzentrum-embrach/story/26856429)
—
Kieferbruch und Knast – eine Geschichte aus dem Bundeslager Embrach
Bereits im November 2019 geriet das Bundesalylzentrum auf dem
Duttweilerareal in Zürich ins Kreuzfeuer der Kritik. Der repressive und
gewaltvolle Umgang mit den Menschen im Asylprozess ist jedoch kein
Stadtzürcher Unikum. Im Bundesasylzentrum Embrach kam es Mitte Januar
2020 zu einem gewalttätigen Übergriff: Sicherheitsleute haben einem
Bewohner den Kiefer gebrochen.
https://www.ajourmag.ch/kieferbruch-und-knast/
+++SCHWEIZ
Hungerstreiks im Schweizer Asylwesen: Niemand zählt mit
Immer wieder treten in diesem Land Asylsuchende in den Hungerstreik. Es
sind verzweifelte Versuche, sich Gehör zu verschaffen. Das Lamm wollte
herausfinden, wie viele Asylsuchende in den Hungerstreik treten. Auf
eine klare Antwort ist unser Autor nicht gestossen, dafür auf eine bis
anhin nicht veröffentliche Zahl.
https://daslamm.ch/hungerstreiks-im-schweizer-asylwesen-niemand-zaehlt-mit/
+++DEUTSCHLAND
Deutschland setzt seine Versprechen zur Flüchtlingsaufnahme nicht um
Die Zusage, Bootsflüchtlinge nach Deutschland zu bringen, brachte Horst
Seehofer Respekt ein – und Ärger mit seiner CSU. Jetzt zeigt sich: Es
kommt niemand an.
https://www.tagesspiegel.de/politik/ein-halbes-jahr-nach-malta-deutschland-setzt-seine-versprechen-zur-fluechtlingsaufnahme-nicht-um/25519306.html
+++GASSE
Hustensirup-Dealer fälschen Arzt-Rezepte
Zweimal pro Woche versucht jemand mit einer gefakten Verschreibung in einer Berner Apotheke an ein Medikament zu kommen.
https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/das-geschaeft-mit-gefaelschten-hustensiruprezepten/story/10434458
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
G20-Razzia in Bremgarten: Die beschlagnahmten Datenträger des jungen Aargauers dürfen untersucht werden
Im Mai 2018 wurde im Kulturzentrum Bremgarten eine Razzia durchgeführt,
weil ein junger Aargauer, der dort verkehrte, an gewalttätigen
G20-Krawallen in Hamburg beteiligt gewesen sein soll. Nun hat das
Bundesstrafgericht entschieden, dass die beschlagnahmten Laptops und PCs
im Verfahren gegen den Mann ausgewertet werden dürfen.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/g20-razzia-in-bremgarten-die-beschlagnahmten-datentraeger-des-jungen-aargauers-duerfen-untersucht-werden-136338266
-> https://www.tagblatt.ch/newsticker/schweiz/krawalle-am-g20-gipfel-rechtshilfe-fur-deutsche-justiz-ld.1192715
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/krawalle-am-g20-gipfel-rechtshilfe-fur-deutsche-justiz-65658754
+++FREE NEKANE
Interview mit Nekane im Le Courrier, auf die Schnelle übersetzt:
https://lecourrier.ch/2020/02/06/nekane-txapartegi-pourquoi-mont-ils-fait-ca
Nekane Txapartegi: „Warum haben sie mir das angetan?
Von Michelle Langrand. Die baskische Aktivistin Nekane Txapartegi ist
erneut Ziel eines Auslieferungsgesuchs Spaniens, obwohl sie von der
Guardia Civil gefoltert wurde.
„Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen ist eine Demonstration zu
Ehren einer Person aus meinem Dorf, die gefoltert und ermordet worden
war. Ich verstand damals die schwere Bedeutung des Wortes «Folter» noch
nicht, ob welchem sich die Augen meiner Eltern vor Schreck weiteten –
und noch viel weniger ahnte ich, dass ich selbst eines Tages gefoltert
werden würde.“ Nekane Txapartegi geht nicht ins Detail. Zu oft schon
musste sie von den Folterungen und Vergewaltigungen berichten, die sie
während ihrer Inhaftierung 1999 durch die spanische Guardia Civil
erlitt, die sie der Mitgliedschaft in der baskischen
Separatistenbewegung ETA verdächtigte.
Die ehemalige Stadträtin der linken Unabhängigkeitspartei Herri Batasuna
wurde 2007 von der spanischen Justiz zu 11 Jahren und 11 Monaten
Gefängnis verurteilt (die Strafe wurde später auf sechs Jahre und neun
Monate, dann auf drei Jahre und sechs Monate reduziert). 2016 wurde sie
in Zürich verhaftet. Trotz der Mobilisierung von NGOs und des
UNO-Sonderberichterstatters für Folter, Nils Melzer, bewilligte Bern
ihre Auslieferung. Der Auslieferungsantrag wurde später von den
spanischen Behörden der Verjährung der Strafe zurückgezogen.
Nach 17 Monaten Gefängnis wird die Aktivistin im September 2017
freigelassen. Danach begann sie beim alternativen Radiosender LoRa in
Zürich zu arbeiten, wo sie sich mit ganzer Kraft der feministischen
Sache widmet. Während sie ihren Rechtsstreit für beendet hielt,
präsentierten die spanischen Gerichte im vergangenen Jahr neue
Anklagepunkte.
Wie ist Ihre rechtliche Situation?
Nekane Txapartegi: Ich könnte jeden Moment verhaftet werden. Ich wurde
ohne jegliche offizielle Anerkennung der Schweiz aus der
Auslieferungshaft entlassen, ohne Anerkennung der erlittenen Folter und
ohne Asylstatus. Die Verfolgung gegen mich wegen meiner Ideen und meines
politischen Engagements ist mit dem Beginn eines neuen Prozesses
wiederaufgenommen worden. Und der Schweizer Staat hat sich, anstatt
gegen diese politische Verfolgung Stellung zu beziehen, bisher
entschieden, mit den spanischen Behörden zusammenzuarbeiten.
Zwei Experten haben bestätigt, dass Sie gefoltert wurden. Wie erklären Sie die Haltung der Schweiz?
Bei Verdacht auf Folter ist die Schweiz verpflichtet, das
Istanbul-Protokoll anzuwenden, wonach sich die Person einer körperlichen
Untersuchung zu unterziehen und die Dokumente in der Akte zu
analysieren sind. Die Justiz hat sich geweigert, dies zu tun, da dies
noch nie zuvor geschehen ist. Also stellte mein Anwalt den Antrag, und
zwei Experten kamen zu dem Schluss, dass meine Symptome von der Folter
herrühren. Wenn die Schweizer Justiz diese Expertise nicht
berücksichtigt, dann deshalb, weil man auf diese Weise darauf hinweist,
dass ein europäisches Land systematisch Folter praktiziert hat. Am Ende
erkannten die Richter an, dass meine Behauptungen glaubwürdig waren,
aber da Spanien den Prozess beendete, brauchte es nicht zu entscheiden.
Dieser neue Prozess könnte sie durchaus zu einer Entscheidung zwingen.
Sie haben sich sehr aktiv am Frauenstreik vom 14. Juni beteiligt. Sehen
Sie Verknüpfungen zwischen dem baskischen Unabhängigkeitskampf und dem
feministischen Kampf?
Mein Kampf war immer feministisch und kollektiv. Als Baskin und als
Arbeiterin der baskischen Arbeiter*innenklasse habe ich immer unter
mehrfacher Diskriminierung gelitten. Mal habe ich mich damit abgefunden,
mal habe dagegen angekämpft. Dasselbe geschah, als ich inhaftiert war.
Das Radio war ein wichtiges Instrument, das es mir ermöglicht hat, die
Mauern der Isolation zu durchbrechen und weiterhin Teil des Kampfes
draussen zu sein. Es war für mich völlig klar, dass ich an diesem
historischen Moment für die feministische Bewegung teilhaben wollte.
Deshalb arbeite ich jetzt auch beim Radio LoRa. Nachdem ich so viele
Jahre im Verborgenen verbracht habe, ohne mich ausdrücken zu können, war
dies eine Gelegenheit, zu zeigen, dass dieser Kampf auch meiner ist.
Ich wollte auch den Feministinnen, die mich im Gefängnis unterstützt
haben, ein Gesicht geben.
Was erwarten Sie von der Schweizer Justiz?
Ich möchte, dass es eine Anerkennung gibt, damit einerseits dieses
Kapitel abgeschlossen werden kann und andererseits im historischen
Gedächtnis festgehalten wird, dass der spanische Staat die Folter als
Kriegsinstrument gegen baskische Bürger eingesetzt hat. Sonst werden wir
nie vorwärtskommen.
Ich bin nicht gläubig, es geht mir nicht um Vergebung, aber ich verdiene
es zu wissen, warum sie es getan haben. Ich habe ein Recht darauf, es
zu erfahren, solange ich noch lebe. Auch künftige Generationen, wie
meine Tochter, haben ein Recht auf dieses kollektive Gedächtnis.
Folter während der Untersuchungshaft: ein bekanntes Phänomen in Spanien
Folter in spanischen Gefängnissen ist ein Phänomen, über das regelmäßig
vor UN-Gremien berichtet wird, das aber südlich der Pyrenäen nach wie
vor tabu ist. Im Jahr 2010 brach jedoch die seltene Verurteilung von
vier spanischen Zivilgardisten zu Haftstrafen zwischen zwei und
viereinhalb Jahren wegen der Folterung von zwei Mitgliedern der
baskischen Unabhängigkeitsorganisation ETA das Schweigen.
Im Jahr 2017 hatte der UN-Berichterstatter Nils Melzer versichert, dass
Frau Txapartegi Opfer von Vergewaltigung, Schlägen, Erstickung,
Elektroschocks, langem Schlafentzug und Scheinhinrichtungen geworden
sei. Ein weiteres UN-Gremium, der Ausschuss gegen Folter, hat Madrid
viermal verurteilt.
Neues Auslieferungsgesuch
Zu einer von der spanischen Staatsanwaltschaft in die Schweiz
delegierten Anhörung nach Bern vorgeladen, erfährt Nekane Txapartegi im
Mai 2019, dass ein neues Verfahren gegen sie eröffnet wurde. Diesmal,
erklärt ihr Anwalt Olivier Peter, wird sie beschuldigt, auch während
ihres Aufenthalts in der Schweiz Mitglied der ETA geblieben zu sein.
„Der Vorwurf beruht noch immer auf unter Folter erlangten Geständnissen,
die daher unbrauchbar sind“, sagt er.
Der Anwalt weist auch auf den „vagen“ Charakter des Verfahrens hin.
Zwischen der Ankündigung der Staatsanwaltschaft im Mai 2019, ein neues
Auslieferungsersuchen zu stellen, und dessen Umsetzung Mitte November
2019 wurden die Anklagen wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer
kriminellen Organisation durch die Anklage wegen angeblicher
Dokumentenfälschung ersetzt. Dieser Strategiewechsel erklärt sich seiner
Meinung nach dadurch, dass die ersten Anklagen sich auf Handlungen
beziehen, die angeblich auf Schweizer Territorium begangen wurden und
für die die Schweizer Behörden, obwohl sie zuständig sind, es nie für
sinnvoll gehalten haben, eine Untersuchung einzuleiten.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Schweizer Justiz zu einer
Stellungnahme bewegen lässt. „Nach den Urteilen des
Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichts, die die
Glaubwürdigkeit der Foltervorwürfe anerkennen, sollte das Bundesgericht
der Argumentation auf den Grund gehen und die Unzulässigkeit des
Auslieferungsersuchens anerkennen“, analysiert Olivier Peter. Bislang
haben weder der Anwalt noch sein Mandant Informationen erhalten, die
darauf hindeuten würden, dass das Bundesamt für Justiz beschlossen hat,
das neue spanische Ersuchen zu bearbeiten.
(https://www.facebook.com/FreiheitfuerNekane/posts/2600225243596909)
+++BIG BROTHER
Heikle Gesichtserkennung – das Experiment – 10vor10
Mit sogenannten Gesichtserkennungsprogrammen ist es möglich, ihr Gesicht
in jahrealten und privaten Fotos aufzuspüren. Mit dieser modernen
Technologie lässt sich unsere Privatsphäre durchstöbern – und auch
überwachen. SRF hat ein Experiment gemacht, das Betroffene alarmiert.
https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/fokus-heikle-gesichtserkennung—das-experiment?id=579ffb3b-dadf-490b-be62-e9c692f2e3bb
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/automatische-gesichtserkennung-so-einfach-ist-es-eine-ueberwachungsmaschine-zu-bauen
Viola Amherd arbeitet an uferlosem Geheimdienst-Ausbau
Bundesrätin Viola Amherd will die Kompetenzen des Nachrichtendienstes weiter ausbauen – und Überwachungen auf Verdacht zulassen.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Politik/Schweiz-Viola-Amherd-arbeitet-am-Uberwachungsstaat
Sand in digitale Augen – der Widerstand gegen die Gesichtserkennung wächst
Die Gesichtserkennung hat in jüngster Vergangenheit rasche Fortschritte
gemacht. Doch mit der Leistungsfähigkeit dieser Software wächst –
zumindest im Westen – der Widerstand gegen ihre Nutzung.
https://www.nzz.ch/digital/trau-schau-wem-ld.1538489
+++ARMEE GEGEN INNEN
Zerquetschte Finger und verletzte Polizisten: Armee probte Einsatz an Klimademonstration
Kurz nach Gretas Besuch in Lausanne übten Sanitäter das Szenario Strassenschlacht mit Umweltaktivisten.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/zerquetschte-finger-und-verletzte-polizisten-armee-probte-einsatz-an-klimademonstration-136336819
Klimajugend entsetzt über Militär-Szenario Klima-Krawall: «Die Armee sollte besser engagierte Menschen schützen»
Schweizer Umweltschützer sehen die Armee-Übung von Lausanne als Teil
einer Kriminalisierung der Bewegung. Auch Armee-Gegner der GsoA sind
alarmiert.
https://www.tagblatt.ch/newsticker/schweiz/klimajugend-entsetzt-ueber-militaer-szenario-klima-krawall-die-armee-sollte-besser-die-menschen-schuetzen-ld.1192867
Bei dieser Armeeübung sind Klimaaktivisten der Feind
Eine so konkrete Nennung der «Gegenseite» wäre nicht nötig gewesen, findet die Schweizer Armee im Nachhinein.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/bei-dieser-armeeuebung-sind-klimaaktivisten-der-feind/story/28861350
+++POLIZEI DE
Einzelfälle oder Schattenarmee?
Rechte Strukturen bei Polizei, Geheimdiensten, Militär und Justiz
Der Fall Franco A., Prepper, Reichsbürger, NSU 2.0, rechte Chatgruppen,
der Verein Uniter, rechte Geheimdienstpräsidenten, Feindeslisten und
Drohbriefe: Jeder Fall für sich ist schon besorgniserregend.
PolizistInnen und SoldatInnen dürfen Waffen einsetzen, RichterInnen
Freiheitsentzug verhängen, Innenbehörden haben Zugang zu sensiblen
Informationen und können Überwachungsmaßnahmen anordnen. Wie groß ist
die Bedrohung durch rechte Gruppen und Netze in den Sicherheitsbehörden?
http://www.cilip.de/2020/01/09/einzelfaelle-oder-schattenarmee/
+++POLIZEI FR
Es gibt mehr Kritik an Polizeigewalt mit Spezialwaffen in Frankreich
Hand ab, Auge raus
Die überbordende Polizeigewalt mit Spezialwaffen in Frankreich sorgt für
Empörung, ein gewisses Verständnis zeigt sogar Staatspräsident Macron.
Die Polizeigewerkschaften reagieren darauf unwirsch.
https://jungle.world/artikel/2020/06/hand-ab-auge-raus
+++HOMOHASS
Schweiz vor Volksabstimmung über Homo-Hass
Die Wähler sollen am Sonntag entscheiden, ob Homophobie künftig genauso scharf geahndet wird wie Rassismus.
https://www.queer.de/detail.php?article_id=35471
+++RECHTSPOPULISMUS
Klimaschutz vor Demokratie und Jobs – die fragwürdigen Forderungen der Klimajugend
Eine Studie zeigt, wie die Klimajugend denkt. Besonders eine Forderung
ist fragwürdig und schwer umsetzbar, aber weit verbreitet.
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/klimaschutz-vor-demokratie-und-jobs-die-fragwuerdigen-forderungen-der-klimajugend-ld.1192598
+++RECHTSEXTREM
Dicke Posts für AVP-Chef Klauser
Nachdem ein Politiker uns de facto Fakenews und Komplizenschaft mit
einer Partei vorgeworfen hat, haben wir ihn zum Gespräch eingeladen.
https://www.bajour.ch/a/Zur1XZgT3a/dicke-posts-fur-avp-chef-klauser
—
Landbote 07.02.2020
Rechte Hetze auf Winterthurer Strassen
In der Stadt sind zahlreiche rassistische und antisemitische Aufkleber
angebracht worden. Der mutmassliche Absender verbreitet auch im Internet
gefährliche Botschaften.
Jigme Garne
Alleine in der Kesselschmiede im Sulzer-Areal waren sie alle paar Meter
zu sehen: Zwei schwarz-rote Aufkleber mit besorgniserregenden Inhalten.
Der erste stellt eine Verbindung vom Bolschewismus zum Judentum her, was
unter Antisemiten gängige Rhetorik ist. Auf dem zweiten Aufkleber wird
gegen «gemischtrassige Paare» und «Mischkinder» angeschrieben. Als
Absender ist lediglich eine E-Mail-Adresse der «Eisen Jugend Schweiz»
angegeben.
Mindestens einer der beiden Aufkleber wurde diese Woche bereits in
Zürich verteilt, laut einem Twitter-Nutzer an der Universität Zürich und
an der ETH Zürich. Auch in Winterthur waren viele Aufkleber in Nähe von
Hochschulgebäuden der ZHAW. Die Stadtpolizei hatte bisher keine
Kenntnis von den Aufklebern.
«Kleber passen zu rechtsextremen Strategien»
Nach Einschätzung von Samuel Althof von der Fachstelle Extremismus- und
Gewaltpräventation Fexx verstossen die Aufkleber wohl nicht gegen die
Rassismus-Strafnorm: Der antisemitische Kontext und die Implikation
seien zwar klar gegeben. Die strafrechtliche Relevanz sei aber fraglich,
da kein öffentlicher Aufruf ersichtlich sei. «Häufig wissen die Autoren
solcher Zeilen genau, wie weit sie gehen können, ohne Strafen
befürchten zu müssen. Diese Aufkleber passen deshalb zu den
rechtsextremen Strategien, welche die Szene in den letzten Jahren
entwickelt hat», sagt Althof.
Wer hinter «Eisen Jugend Schweiz» steht, ist unklar. In einem Blog unter
gleichem Namen heisst es, man sei eine Jugendorganisation, die sich
«für die Interessen unserer Rasse einsetzt». Wer bereit sei, für sein
Volk zu kämpfen, solle sich anschliessen. Auf einer Twitter-ähnlichen
Plattform hat der Nutzer zudem seit Dezember zahlreiche Beiträge mit
rassistischen, antijüdischen, homophoben und völkischen Inhalten
veröffentlicht.
Schweizer liest Nazi-Schriften vor
Noch radikaler zeigt sich der Absender auf Telegram, wo knapp 50 Nutzer
seinem Kanal folgen. In diesem verbreitete er beispielsweise das
Pamphlet des Christchurch-Attentäters, der im vergangenen März 51
Menschen tötete, oder ein Buch des «American Hitler» George Lincoln
Rockwell. Offenbar produziert er sogar selbst Inhalte, indem er
Nazischriften – reichlich fehlerhaft – vorliest und sich dabei aufnimmt:
Auf den Tonspuren ist eine männliche Stimme mit Schweizer Akzent zu
hören, die Joseph Goebbels «Kampf um Berlin» und ideologisches
SS-Unterrichtsmaterial («Handblätter für die weltanschauliche Erziehung
der Truppen») vertont.
Für Winterthur kommt das überraschend. In den letzten Jahren war hier
keine offen rechtsextreme Bewegung bekannt. Gut möglich ist, dass es bei
der «Eisen Jugend Schweiz» um eine einzelne Person handelt. «Dass sich
ein Rechtsextremer über das Internet radikalisiert, ist kein
Sonderfall», sagt der Extremismus-Experte Althof. «Das Internet ist eine
Echokammer, in der Einzelgänger Bestätigung von Gleichgesinnten
finden.» Das erinnert an den Christchurch-Terroristen: Dieser gilt als
Einzeltäter, der sich über Nazi-Foren und das Imageboard 8chan mit
austauschte. Aus Präventionsperspektive müsse man solche Fälle sehr
ernst nehmen, sagt Althof, weil die Möglichkeit bestehe, der Person aus
dieser Szene zu helfen.
(https://www.landbote.ch/winterthur/standard/rechte-hetze-auf-winterthurer-strassen/story/30540744)
—
Gedenken an Schweizer NS-Opfer – Höchste Zeit für ein Mahnmal – aber für wen?
Hunderte von Schweizerinnen und Schweizer wurden von den Nazis verfolgt.
Nun soll ein nationales Mahnmal an die Schweizer Opfer erinnern. Das
Projekt hat gute Chancen.
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/gedenken-an-schweizer-ns-opfer-hoechste-zeit-fuer-ein-mahnmal-aber-fuer-wen