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+++BERN
bielertagblatt.ch 15.01.2020
Politiker solidarisieren sich mit Familie Safaryan/Mikayelyan
Die Familie Safaryan/
Mikayelyan droht bei einer Ausschaffung auseinandergerissen zu werden.
Das wollen rund 30 Bieler Stadträte verhindern und fordern die Regierung
zum Handeln auf.
Lino Schaeren
Der in Biel wohnhaften fünfköpfigen Familie Safaryan/Mikayelyan droht
die Ausschaffung. Mehr noch: Vater Ashot Mikayelyan soll mit den beiden
älteren Kindern nach Kasachstan abgeschoben werden, während die Mutter
mit der jüngsten Tochter nach Armenien ausreisen soll. Dies, weil die
beiden Länder den jeweils ausländischen Ehepartner nicht bei sich
aufnehmen wollen. Die Familie, die seit acht Jahren in der Schweiz lebt
und deren Bemühungen, Asyl zu erhalten, bislang allesamt abgelehnt
wurden, droht deshalb auseinandergerissen zu werden.
Nachdem das «Bieler Tagblatt» vergangene Woche über die Geschichte der
Familie Safaryan/Mikayelyan berichtet hat, schalten sich jetzt
zahlreiche Bieler Politikerinnen und Politiker ein. Rund 30 Mitglieder
des 60-köpfigen Stadtparlaments haben einen Brief an den
Gesamtgemeinderat der Stadt Biel unterzeichnet, in dem dieser
aufgefordert wird, «politisch einzugreifen und alles zu tun, damit die
Integrität der Familie gesichert wird und sie hierbleiben kann». Es sind
vor allem linke Parlamentarier, die das verlangen, aber auch eine Hand
voll bürgerliche Volksvertreter hat das Anliegen unterzeichnet.
Konkret fordern die Unterzeichnenden den Gemeinderat in dem Schreiben,
das dem BT vorliegt, auf, durch die Fremdenpolizei Biel beim
Staatssekretariat für Migration (SEM) ein Härtefallgesuch einzureichen –
und dieses «nachhaltig zu unterstützen». Die Familie hatte bereits im
März 2018 bei der Stadt ein Gesuch um eine
Härtefallaufenthaltsbewilligung gestellt, anderthalb Jahre später, im
September 2019, wurde dieses abgelehnt, die Stadt sah die
rechtlichen_Voraussetzungen für einen Antrag auf Erteilung einer
Härtefallbewilligung für nicht gegeben. Gegen diesen Entscheid hat die
Familie Safaryan/Mikayelyan Beschwerde beim Kanton eingereicht. Es ist
der letzte Versuch, die Ausschaffung auf juristischen Weg abzuwenden,
die rechtlichen Mittel sind ausgeschöpft. Weshalb die Anwältin der
Familie, Laura Rossi, sich im BT überzeugt zeigte, dass es nun
politischen Druck brauche. Diesen wollen nun die rund 30 Bieler
Stadträte ausüben.
Der Brief wird an der heutigen Stadtratssitzung dem Gemeinderat
übergeben. Stadträtin Anna Tanner (SP) sagt: «Wir möchten, dass die
Fremdenpolizei noch einmal auf das Härtefallgesuch eingeht.» Anders als
die Behörden, gehen die Politiker davon aus, dass die Bedingungen
erfüllt seien, «die Abklärungen», sagt Tanner, «waren wahrscheinlich
einfach nicht gründlich genug.»
Die Unterzeichnenden des Briefs verweisen auf die gute Integration der
Familie, darauf, dass die Eltern arbeiten könnten und auch wollten, wenn
sie das denn dürften. In dem Brief wird der Gemeinderat nicht nur
gebeten, sich für eine provisorische Aufenthaltsbewilligung, sondern für
eine Aufenthalts- und eine Arbeitsbewilligung einzusetzen. Tanner sagt:
Mit dem Brief wolle man nicht nur Druck aufsetzen, sondern der
Stadtregierung auch eine höhere Legitimation zur Intervention
verschaffen.
Die Politikerinnen und Politiker sind nicht die ersten Unterstützer der
Familie Safaryan/Mikayelyan. Auch Nachbarn, Freunde und Bekannte haben
sich bereits eingesetzt, haben sich mit Empfehlungsschreiben an die
Behörden gewandt. Zudem haben_Lehrerinnen der Primarschule Sahligut in
einem Brief an Stadtpräsident Erich Fehr (SP) geschildert, wie die
drohende Abschiebung der Familie den Schulalltag belaste.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/politiker-solidarisieren-sich-mit-familie-safaryanmikayelyan)
—
bielertagblatt.ch 09.01.2020
Abgelehnt und auseinandergerissen? Eine Familie bangt um ihre Zukunft
Die Familie Safaryan/Mikayelyan mit ihren drei Kindern lebt seit acht
Jahren in der Schweiz. Nun soll die Mutter nach Armenien und der Vater
nach Kasachstan ausgeschafft werden. Dagegen regt sich in ihrem Bieler
Umfeld grosser Widerstand.
von Carmen Stalder
Im Wohnzimmer steht noch der festlich geschmückte Weihnachtsbaum.
Leuchtende Lämpchen und glänzendes Lametta lenken den Blick vor dem
grauen Nebel vor den Fenstern ab. Es ist warm in der Wohnung der Familie
Safaryan/Mikayelyan im Bieler Mett-Quartier. Nachdem die drei Kinder
Robert (6), Armine Charlotta (5) und Inessa Arevik (2) zur Begrüssung
höflich ihre Hände gereicht haben, verschwinden sie in einem der beiden
Kinderzimmer.
Arpine Safaryan setzt sich auf einen Stuhl, ihr Mann Ashot Mikayelyan
auf das Sofa. Seit acht Jahren lebt das Ehepaar in der Schweiz. Hier
sind ihre Kinder zur Welt gekommen, hier haben sie Freunde und hier
fühlen sie sich mittlerweile zuhause. Doch ihre Zukunft ist ungewiss,
denn ihr Asylgesuch und alle weiteren Versuche, hier bleiben zu dürfen,
wurden abgelehnt. Schlimmer noch: Unterdessen hat die Familie erfahren,
dass sie die Schweiz getrennt verlassen muss. Der Vater soll mit den
beiden älteren Kindern nach Kasachstan, die Mutter mit der jüngsten
Tochter nach Armenien ausreisen. Dies, weil die beiden Länder den
jeweils ausländischen Ehepartner nicht bei sich aufnehmen wollen.
Die drohende Trennung der Familie bezeichnet Amnesty International in
einem Bericht, den die Organisation 2014 über die Familie verfasst und
an das Bundesamt für Migration verschickt hat, als Widerhandlung gegen
das Recht auf Familieneinheit gemäss der Europäischen
Menschenrechtskonvention. Für die Familie ist diese Aussicht ein schwer
zu verkraftendes Schicksal, das wie ein Damoklesschwert über ihrem
Alltag hängt. «Für uns ist es das Wichtigste, dass wir zusammenbleiben
können», sagt die Mutter.
Mysteriöser Todesfall
Nun beginnen die beiden, ihre Geschichte zu erzählen. Arpine Safaryan
wird 1979 in Armenien geboren und erlebt eine glückliche Kindheit. Sie
studiert an der Universität und führt später in der Provinzhauptstadt
Armavir ein Reisebüro. Sie hat ein eigenes Auto, unternimmt Reisen nach
Europa und Asien – es fehlt ihr an nichts. Doch im Jahr 2009 endet ihr
sorgloses Leben, als ihre Schwester aus unerklärlichen Gründen stirbt.
Safaryan beginnt auf eigene Faust zu recherchieren, wer oder was hinter
dem Tod ihrer Schwester steckt, die kurz davor ein Kind auf die Welt
gebracht hat.
Damit begibt sie sich selbst in Gefahr. Die Behörden machen ihr
unmissverständlich klar, dass sie ihre Abklärungen beenden soll, weil es
sonst Probleme gebe. Darüber, was in der folgenden Zeit passiert ist,
möchte Safaryan heute nicht mehr sprechen – zu gross ist die Angst vor
möglichen Konsequenzen, falls sie dereinst in ihre Heimat zurückreisen
muss.
Ashot Mikayelyan wird 1976 ebenfalls in Armenien geboren. Er wächst
jedoch bei seinem Onkel in Kasachstan auf und nimmt später auch diese
Staatsangehörigkeit an. Er geht an die Universität und arbeitet zuerst
als Zahnarzt, später in der Immobilienbranche. Dort bekommt er Probleme
mit der lokalen Mafia, die ihn zu hohen Geldzahlungen erpresst, ihn für
mehrere Tage entführt und verprügelt. Er reist nach Armenien, wo er
seine zukünftige Frau Arpine Safaryan kennenlernt. Doch auch das Leben
in seiner alten Heimat bereitet ihm Schwierigkeiten: Er leidet an
Diabetes Typ 1 und erhält aufgrund fehlender Staatsangehörigkeit die
nötigen Medikamente nicht.
Trotz aller Widrigkeiten heiraten die beiden im Februar 2010 in Armenien
nach traditionellem Brauch. Das Paar beschliesst, gemeinsam nach
Kasachstan zu ziehen. Doch dort wird Mikayelyan von seiner Vergangenheit
eingeholt. Die beiden sehen nun keinen anderen Ausweg mehr, als zu
fliehen – keines der Länder scheint ihnen noch sicher. «Ich wäre lieber
gestorben, als so weiterzuleben», sagt Mikayelyan.
Juristisches Tauziehen
Nach einer langen Reise erreichen er und seine Frau im Januar 2012 die
Schweiz. Kalt sei es gewesen, als sie in Vallorbe (VD) zu ihrem ersten
Interview mit den Behörden antraben mussten, erinnert sie sich. Das Paar
stellt ein Asylgesuch und lebt fortan in der Kollektivunterkunft
Schlüssel in Biel. Es beginnt das lange Warten, das bis heute kein Ende
genommen hat.
Ein Jahr später erfahren sie, dass ihr Asylgesuch abgelehnt worden ist.
Wenig später kommt ihr Sohn Robert auf die Welt, gefolgt von den
Schwestern Armine Charlotta und Inessa Arevik. In den folgenden Jahren
beginnt ein juristisches Tauziehen. Die Familie reicht Rekurse ein und
fordert erneute Überprüfungen ihrer Unterlagen. Die Zeit schreitet
voran, doch alle Anfragen werden abgelehnt. Ihr Ausweis N für
Asylsuchende läuft 2014 ab, sie werden zu Papierlosen und sind seither
ausreisepflichtig.
Das sei eine schwierige Situation für die ganze Familie, sagen die
Eltern. Manchmal wird ihnen in ganz banalen Alltagssituationen
vorgeführt, dass sie anders sind, als alle anderen: Ohne Ausweis könne
sie ihrem Sohn kein Bibliotheksabonnement kaufen, so die Mutter. Und bei
einem Winterausflug habe er ohne Ausweis keine Schlitten mieten können,
ergänzt der Vater. Es sei hart, seit Jahren nichts tun zu dürfen als
zuhause sitzen und warten und für so vieles auf Hilfe angewiesen zu
sein.
Doch der Weg zurück ist für beide keine Option. «Mein Leben wäre dann
vielleicht zu Ende», sagt er im Hinblick auf eine Rückkehr nach
Kasachstan. Er sei dort aus politischen Gründen bedroht. Die Gefahr für
Safaryan bei einer Rückkehr nach Armenien schätzt Amnesty International
ebenfalls als gross ein. Ihr drohe nicht nur physische Gewalt, sondern
auch ein psychisches Trauma. Ausserdem hat sie in ihrer Heimat keine
Angehörigen mehr. Die Organisation hält fest, dass es aufgrund
zahlreicher Telefonate und Treffen sowie einem psychologischen Rapport
keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Arpine Safaryan gebe.
Engagierte Eltern
Die Tage in Biel sind für die Familie oftmals lang und langweilig. Die
Eltern haben mehrere Deutschkurse besucht und würden gerne arbeiten, was
ohne Aufenthaltsbewilligung jedoch nicht erlaubt ist. Mikayelyan wird
manchmal von seinen Schweizer Freunden zum Wandern oder Velofahren
eingeladen. Ausserdem erledigt er Hilfsarbeiten im Verein Asyl Biel
& Region (ABR). Safaryan ist Mitglied des Elternrats in der Schule
Sahligut und besucht mit ihren Kindern regelmässig den Quartiertreff
Mett. Beide engagieren sich in ihrem Umfeld und der Schule, helfen etwa
bei Festen und Ausflügen oder gärtnern in einem Integrationsprogramm.
Robert geht mittlerweile in die erste Klasse und Armine Charlotta
besucht den Kindergarten. Neben Armenisch und Russisch sprechen beide
Deutsch. Sie kennen kein anderes Leben als dasjenige in der Schweiz.
Im Quartier wird die Familie als gut integriert, hilfsbereit und offen
wahrgenommen. Dies bezeugen über zehn Empfehlungsschreiben von Nachbarn,
Freunden und Bekannten an die Behörden, die dem BT vorliegen.
Unterstützung erhält die Familie auch von Lehrerinnen der Primarschule
Sahligut. In einem Brief an den Stadtpräsidenten Erich Fehr (SP) und
weitere Bieler Gemeinderäte haben sie geschildert, wie die drohende
Abschiebung den Schulalltag belaste. Ihr Schreiben schickten sie zudem
an Bundesrätin Karin Keller-Sutter und den Staatssekretär für Migration
Mario Gattiker.
Arpine Safaryan, Ashot Mikayelyan und ihre Kinder werden zudem von der
Bieler Arbeitsgruppe «Alle Menschen» begleitet, die sich in der Region
für abgewiesene Asylsuchende engagiert. Seit November stehen die
Nidauerin Margrit Schöbi und ein weiterer Unterstützer in regelmässigem
Kontakt mit der Familie. «Allein in Biel gibt es rund 100 abgewiesene
Menschen, von denen manche seit Jahren warten. Dass hier allerdings die
Familie getrennt werden soll, ist wirklich das Allerletzte», sagt
Schöbi.
Drohende Kindeswohlgefährdung
Seit mehreren Jahren setzt sich die Berner Anwältin Laura Rossi,
spezialisiert auf Asyl- und Ausländerrecht, für die Familie ein. Doch
auch sie konnte bisher im Fall keine neue Wendung erreichen. Es mache es
schwierig, dass Armenien und Kasachstan keine klassischen
Bürgerkriegsländer seien und die Behörden in der Schweiz somit über
wenig Informationen und Erfahrungen zu diesen Ländern verfügten. «Zu
Beginn hat man den Schilderungen der Familie nicht geglaubt», sagt
Rossi.
Im März 2018 stellt sie bei der Stadt Biel ein Gesuch um eine
Aufenthaltsbewilligung – begründet durch einen «schwerwiegenden
persönlichen Härtefall». Die Idee dahinter: Die Stadt soll dem
Staatssekretariat für Migration (SEM) ein Gesuch stellen, damit dieses
eine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Erfahrungsgemäss würde das SEM
einem solchen Gesuch in der vorliegenden Konstellation ohne Weiteres
zustimmen. Die Anwältin argumentiert, dass die Rückkehr der Eltern und
ihrer Kinder in ihre jeweiligen Herkunftsstaaten unweigerlich zu einer
Trennung der Familie und somit zu einer Kindeswohlgefährdung und einer
Verletzung des Rechts auf Familienleben führen würde.
Eineinhalb Jahre später, eine von der Stadt Biel als «eher lang»
bezeichnete Verfahrensdauer, kommt im September 2019 eine Antwort von
den Einwohnerdiensten. Sie ist negativ. Die Voraussetzung für die
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wegen eines vorliegenden
Härtefalls sei nicht erfüllt. Die Stadt schreibt, dass die Gesuchsteller
keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und durchgehend von der öffentlichen
Hand unterstützt werden müssen – ungeachtet dessen, dass sie von
Gesetzes wegen gar nicht arbeiten dürfen. Weiter würden die
Deutschkenntnisse und der Grad der Integration lediglich dem erwartbaren
Mass entsprechen. Zudem sei eine Eingliederung der noch jungen Kinder
in ihrem Heimatland ohne Weiteres möglich.
André Glauser, Leiter der Bieler Abteilung öffentliche Sicherheit, sagt
auf Anfrage des BT, dass er zu Fragen, die ein laufendes Verfahren
beeinflussen könnten, nicht konkret Stellung nehmen könne. Er hält fest,
dass das SEM und nicht die Stadt Biel für die Ausschaffung von
ausländischen Personen, deren Asylgesuche abgewiesen worden sind,
zuständig sei. Glauser bestreitet denn auch, dass die Stadt Biel einen
massgeblichen Einfluss auf den Verlauf des Falls nehmen könnte. Die
Stadt Biel stelle nur einen Antrag auf Erteilung einer
Härtefallbewilligung, wenn die rechtlichen Voraussetzungen gegeben seien
– was hier scheinbar nicht der Fall ist.
Unklare Zusammenführung
Zuletzt hält der Kanton in einem Schreiben vom November 2019 fest, dass
eine Familienvereinigung in Armenien oder Kasachstan möglich wäre und er
deshalb beim Bund keine vorläufige Aufnahme der Familie beantragen
wird. Allerdings bleibt unklar, wie, wann und wo die Zusammenführung
durchgeführt werden könnte. «So etwas habe ich noch nie zuvor gehört»,
sagt Laura Rossi. Sie pocht darauf, dass das Kindeswohl ins Zentrum
gestellt werden muss. Die drei Kinder seien hier aufgewachsen und würden
nichts anderes kennen. «Ihre Wiedereingliederungschancen in den
Herkunftsländern der Eltern sind schlecht», glaubt die Anwältin.
Die rechtlichen Wege sind mittlerweile praktisch ausgeschöpft. Es
brauche nun politischen Druck, ist Rossi überzeugt, und auch der Gang an
die Öffentlichkeit könne hilfreich sein. Ein vorerst letzter Versuch
auf juristischem Weg ist derzeit noch hängig: Am 4. Dezember hat die
Familie bei der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern eine Beschwerde
gegen die Stadt Biel eingereicht. Arpine Safaryan und Ashot Mikayelyan
setzen nun all ihre Hoffnung darauf, dass Biel seinen Entscheid noch
einmal überprüfen muss – und dieses Mal zu einem anderen Schluss kommt.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/abgelehnt-und-auseinandergerissen-eine-familie-bangt-um-ihre-zukunft)
+++GENF
[VIDEO] 2ème jour d’occupation du Grütli par le collectif de lutte MNA
Victoires d’étapes au 2ème jour d’occupation.
Résumé en sons et images par Espresso TV.
https://renverse.co/VIDEO-2eme-jour-d-occupation-du-Grutli-par-le-collectif-de-lutte-MNA-2398
+++SOLOTHURN
«Sprachliche Barrieren sind durch Aktivitäten verschwunden»: Asylbewerber zu Besuch in der Pfadi
Im September 2019 lud die Pfadi Oensingen Asylbewerber ein – nun nehmen
sie mit dem Integrationsprojekt an einem Wettbewerb teil.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/thal-gaeu/sprachliche-barrieren-sind-durch-aktivitaeten-verschwunden-asylbewerber-zu-besuch-in-der-pfadi-136226482
+++ST. GALLEN
Streit um Asylzentrum Landegg: «Wir fühlen uns hintergangen» – jetzt laufen auch Bürger Sturm gegen Weiterführungspläne
Nach der neusten Entwicklung beim Asylzentrum Landegg regt sich nun auch
Widerstand in der Bevölkerung. Kritisiert wird insbesondere der
Eggersrieter Gemeindepräsident.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/appenzellerland/streit-um-asylzentrum-landegg-wir-fuehlen-uns-hintergangen-jetzt-laufen-auch-buerger-sturm-gegen-weiterfuehrungsplaene-ld.1185433
+++JENISCHE/SINTI/ROMA
derbund.ch 15.01.2020
Warum der Widerstand gegen den Transitplatz so stark ist
Laut einer Tamedia-Umfrage lehnen die Berner den Transitplatz
Wileroltigen ab – obwohl im Kantonsparlament die Mehrheit dafür ist. Ein
Experte sagt, warum das so ist.
Céline Rüttiman
Der Transitplatz in Wileroltigen findet beim bernischen Stimmvolk rund
drei Wochen vor dem Abstimmungstermin keinen grossen Anklang. Eine
Mehrheit der Stimmberechtigten will den Kredit von 3,3 Millionen Franken
für das Projekt ablehnen. Das zeigt die Tamedia-Umfrage zur kantonalen
Abstimmung vom 9.Februar, über die die «Berner Zeitung» am Mittwoch
berichtete. Das Hauptargument der Gegner ist gemäss Umfrage, dass die
Fahrenden sich selber organisieren und den Landeigentümerinnen und
Landeigentümern einen fairen Preis für den Aufenthalt bezahlen sollen.
Obwohl die Vorlage in allen grossen Parteien – von der SVP abgesehen –
Unterstützung findet, sind die Befürworter momentan in der Minderheit:
Nur 24 Prozent der befragten Stimmberechtigten wollen am 9.Februar Ja
stimmen, nur 12 Prozent neigen zu einem «eher Ja». 45 Prozent wollen ein
Nein in die Urne legen. Wieso diese Diskrepanz zwischen Parlament und
Stimmvolk?
Politologen nicht überrascht
Bei Themen, die Ausländer betreffen, entscheide das Stimmvolk generell
viel konservativer als das liberalere Parlament, sagt der Politologe
Laurent Bernhard. Deshalb finde die SVP mit ihren Kampagnen bei den
Stimmbürgerinnen und -bürgern auch Gehör. So sei er nicht überrascht,
dass in der Tamedia-Umfrage die Mehrheit gegen einen Transitplatz für
ausländische Fahrende stimmen will.
Auch Adrian Vatter, Politologe an der Universität Bern, sagt, dass
Anliegen von Minderheiten, die von der Mehrheit als Aussenseiter
betrachtet werden, beim Schweizer Stimmvolk einen schweren Stand haben.
Das habe eine universitäre Studie von eidgenössischen und kantonalen
Volksabstimmungen zu Minderheitsanliegen gezeigt. «Es ist deshalb davon
auszugehen, dass die Stimmberechtigten wenig Gehör für die Anliegen von
ausländischen Fahrenden haben werden», sagt Vatter. Dass auf
Minderheiten wenig geschaut werde, sei ein Merkmal des Populismus, sagt
Bernhard. Ist das also das Erfolgsrezept der SVP? In der Schweiz
verkörpere die SVP den Populismus, bestätigt er. «Gegen populistische
Themen, die emotional aufgeladen werden, helfen nur Fakten.»
Es sei Teil der Politik der JSVP, Ängste vor dem Fremden und anderen zu
schüren, sagte auch Regierungsrätin Evi Allemann (SP) bereits im
Interview mit dem «Bund». Damit erkläre sie sich das Zustandekommen des
Referendums. «Die Tamedia-Umfrage bestätigt nun, dass die Vorbehalte
gegenüber einem Transitplatz hoch sind», sagt sie. Wie stark emotionale
Faktoren und Vorbehalte gegenüber Fahrenden im Allgemeinen ebenfalls
mitspielen, sei jedoch gestützt auf die Umfrage schwer zu beurteilen.
Simon Röthlisberger, Geschäftsführer der Stiftung Zukunft für Schweizer
Fahrende, sieht die Vorurteile gegenüber den ausländischen Fahrenden als
zentrales Hindernis, wieso Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gegen den
Transitplatz stimmen könnten. «Diese Vorurteile will das Ja-Komitee in
der Bevölkerung abbauen», sagt er. «Deshalb zeigen wir die Gesichter der
Menschen, die auf den Plätzen leben.» In anderen Kantonen seien gute
Erfahrungen mit Infoveranstaltungen in Gemeinden, in denen es zum Dialog
zwischen den Anwohnern und den Fahrenden kommen könne, erreicht worden.
«Wer sich kennt, hat weniger Vorurteile», sagt er. Wenn es keinen
Transitplatz gebe, dann habe dies auch Auswirkungen auf Nicht-Fahrende,
so seien Landwirte und Gemeinden von irregulären Landnahmen betroffen
und würden unter der unge- regelten Situation leiden.
Dass die JSVP in der Wileroltigen-Abstimmung mit Feindbildern arbeite,
zeige das vom bernischen Obergericht als rassendiskriminierend
eingestufte Werbeplakat der Partei, mit dem sie Stimmung gegen
Transitplätze für ausländische Fahrende gemacht habe. «Das Plakat
entmenschlichte die Fahrenden und förderte unnötig Ängste vor diesen
Menschen», sagt Röthlisberger.
JSVP will dranbleiben
Adrian Spahr, Co-Präsident der JSVP, kommentiert das Ergebnis der
Umfrage gern. Er sei überhaupt nicht überrascht über das Ergebnis. «Ich
gehe davon aus, dass die unnötige und teure Vorlage im Februar abgelehnt
wird», sagt er. Trotz der Umfrage wolle das Nein-Komitee am Wahlkampf
dranbleiben und weitere Plakate anbringen und Inserate aufschalten. Denn
obwohl ihn das Resultat freut, fürchtet er die Folgen: «Es könnte uns
Gegner demobilisieren und die Befürworter animieren.» Mit Umfragen habe
noch niemand eine Abstimmung gewonnen.
(https://www.derbund.ch/bern/starker-widerstand-gegen-transitplatz/story/13436531)
—
Transitplatz hat schweren Stand
Gelingt der Jungen SVP der Coup? Laut der jüngsten Tamedia-Umfrage will
die Mehrheit des Berner Stimmvolks den Transitplatz in Wileroltigen
ablehnen.
https://www.derbund.ch/bern/transitplatz-hat-schweren-stand/story/15947642
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/transitplatz-wileroltigen-gegner-haben-oberhand/story/22997378
+++FREIRÄUME
Darlehen von 300’000 Franken für AJZ
Die Stadt Biel gewährt gewährt dem Verein Autonomes Jugendzentrum einen
Kredit von 300’000 Franken. Damit ist der Umbau des Bieler «Chessu»
einen Schritt weiter.
https://www.bernerzeitung.ch/region/region-bern/darlehen-von-300-000-franken-fuer-ajz/story/12534323
-> https://www.biel-bienne.ch/de/news.html/29/news/511
+++GASSE
bernerzeitung.ch 15.01.2020
Wie sich Frauen auf der Strasse durchschlagen
Obdachlose Frauen sind in der Öffentlichkeit kaum präsent. Es gibt für
sie nur wenig spezifische Angebote, so etwa das offene Büro der
kirchlichen Gassenarbeit. Nun wird in Bern die Frage aufgeworfen:
Braucht es mehr?
Konzept, Text, Bilder, Video: Stephanie Jungo
Eine Frau durchwühlt die Kiste. Pullis. BHs. Hosen. Sie hält ein
Jäckchen in die Höhe. «Warm gibt das nicht», murmelt sie vor sich hin
und legt es zurück.
Am Tisch nebenan sitzt ein halbes Dutzend Frauen. Eine von ihnen reisst
ein Stück vom Tessinerbrot, belegt es mit Aufschnitt. Sie unterhält sich
mit ihrer Sitznachbarin.
Eine Frau stürmt rein. «Habt ihr schon wieder Hundefutter?»
Das Büro der kirchlichen Gassenarbeit in der Berner Altstadt – ein
Wohnzimmer für Menschen, deren Lebensmittelpunkt die Gasse ist. Der
Dienstagnachmittag gehört alleine den Frauen. Nicht ohne Grund.
Obdachlose oder von Armut betroffene Frauen bleiben in der
Öffentlichkeit oft unsichtbar, spezifische Angebote für sie gibt es
kaum.
Für den Dienstagnachmittag im Büro der Gassenarbeit sind die Frauen
deshalb dankbar. «So haben wir unsere Ruhe vor den Männern», ruft eine
von ihnen. Sie sitzt eingepackt in einer silbernen Winterjacke an einem
runden Tisch und fischt ein Schokobrötchen aus dem Korb in der Mitte.
Neben ihr sitzt Evelina – graue Steppjacke, ein Schal in Beige, das
dunkelgraue Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie klammert sich an
eine Tasse Kaffee und hat alles im Blick.
Die Tür zum Büro schwingt auf. Eine Frau hievt ihr Trottinett über die
Schwelle. Am Lenker hängen Plastiktüten, aus einer ragen zwei Rollen
Geschenkpapier. «Wie geht es dir Ilona?», begrüsst Evelina die Frau.
Freundschaften? Das wäre übertrieben, sagen die Frauen an diesem
Nachmittag. Man kenne sich, tausche sich aus. Nicht mehr, und nicht
weniger. Andere widersprechen. Freundschaften entstünden durchaus, gar
Paare hätten sich hier bereits kennengelernt.
Der Nachmittag neigt sich dem Ende entgegen. Eva Gammenthaler und Nora
Hunziker vom Team der kirchlichen Gassenarbeit holen Kisten, gefüllt mit
Äpfeln, Honig, Kartoffeln. «Wer will Couscous?», ruft Eva Gammenthaler
und hält eine Packung davon in die Luft. Die Frauen schauen skeptisch.
«Teigwaren. Wer braucht Hörnli?» Einige Frauen heben die Hand, einige
rufen.
Nach einer Viertelstunde sind die Lebensmittel verteilt, die Frauen
verstauen die Ausbeute in ihren Trolleys oder Plastiksäcke. Ilona
ergatterte Schokolade. Eine Tafel mit Nüssen. Sie tauscht sie mit einer
anderen Frau gegen Milchschokolade ein.
Aufbruchstimmung im Büro. Die Frauen verabschieden sich. Einige von
ihnen fragen nach Zigaretten. Eva Gammentahler holt einen Pack. Ilona
steckt sich eine Zigarette hinters Ohr. Auch Evelina packt ihre Sachen
in einen silbernen Trolley und macht sich auf den Weg.
«Die Menschen nehmen nur das von der Welt wahr, was sie in ihrem Leben
sehen», sagte Evelina an diesem Nachmittag. Wenn man auf der Strasse
lebe, bekomme man einen anderen Blick auf die Welt. Diesen Blick, wolle
sie zeigen.
Ungepflegt, mit zerrissenen Kleidern. Der Clochard prägt unser Bild von
Obdachlosigkeit. Das greife zu kurz, sagen Experten. Obdachlosigkeit
habe die verschiedensten Gesichter, die gebräuchliche Typologie
unterscheidet vier Formen von Obdachlosigkeit.
Obdachlosigkeit betrifft alle gesellschaftlichen Schichten. Eva
Gammenthaler und Nora Hunziker vom Team der Gassenarbeit erzählen von
Menschen, die einst Hunderttausende auf dem Konto hatten und nun zu
ihnen ins Büro kommen.
Den einen Grund für Obdachlosigkeit gebe es dabei nicht. Vielmehr seien
es Faktoren, die sich gegenseitig befeuern. Jemand verliert seinen Job,
driftet in die Alkoholsucht und landet schliesslich auf der Strasse.
Familie – Freunde – Arbeit – Gesundheit. Fällt etwas davon weg, geraten
Menschen schnell in die Abwärtsspirale – und kommen kaum wieder raus.
Ein Teufelskreis.
Genaue Zahlen zur Obdachlosigkeit liegen für Bern nicht vor. Eine der
wenigen Studien zum Thema hat Basel-Stadt erarbeiten lassen. Die Studie
kommt zum Schluss: Männer sind viermal mehr von Obdachlosigkeit
betroffen als Frauen. Ein Verhältnis das sich in ganz Europa beobachten
lasse.
Frauen, so die Studie, vermeiden Obdachlosigkeit. Meist aus
Sicherheitsüberlegungen. Sie nutzen dazu ihr soziales Netz, übernachten
bei Freunden. Das führe einerseits zu Abhängigkeitsverhältnissen.
Andererseits bleibe das Problem unsichtbar – die Dunkelziffer von
wohnungslosen Frauen sei dementsprechend hoch.
Ilona
Ilona trägt an jedem Finger einen dicken, silbernen Ring. Unter dem
Beret schauen die rot-blonden Haare hervor. Ihre Füsse stecken in
Holzzoggel mit Blumenmuster. Sie sei noch im Alkistübli gewesen, erzählt
sie an diesem Dienstagnachmittag im Büro der Gassenarbeit.
Ilonas Geschichte ist nur schwer mit den Vorstellungen von einem Leben in der Schweiz vereinbar.
Aufgewachsen ist sie im Heim. Dort ist sie als Teenagerin abgehauen, ist
auf den Gassen Zürichs gelandet. Sie erzählt, wie sie sich für Gras auf
Männer eingelassen hat – immer mit denselben. «Ich hab die witzig
gefunden. Oder interessant. Ich weiss auch nicht, warum ich das gut
fand. Vielleicht wars das Kiffen.»
Sie erzählt vom Wackel – dem Drogenstrich. Von ihrer ersten Überdosis.
Vom «Sugar» – Heroin – das sie Anfang 20 mit dem Wasser aus der Limmat
aufkochte. Die Drogen, das Leben auf der Strasse setzten ihr zu. Sie
erzählt, wie sie als junge Frau von Schmerzen geplagt war. Zum Arzt
wollte sie nicht. Sie schlief weiter draussen.
Nach einer Nacht in der Rondelle am Bellevue machte sie ihren «Knall» –
und klappte zusammen. Geschrien habe sie, wie am Spiess. Blutvergiftung,
Nierenversagen, ein vereitertes Steissbein. «Die Ärzte sagten mir
später, ich werde nicht älter als 30. Jetzt bin ich bald doppelt so
alt.»
Nach einer Therapie verschlug es Ilona nach Bern. Mitte zwanzig, mit
einem Kind, fand sie Arbeit in einem Betagtenheim. Berufsbegleitend
machte sie eine Ausbildung, unterstützt durch eine Stiftung. Ilona
wohnte in einer Zweizimmerwohnung. Sie schlief in der Stube. «Der Platz
reichte gerade für mein Bett und meine Musikkassetten.»
Sie traf einen Mann, einen Nachbarn, ehemaligen Drogenabhängigen,
landete mit ihm «in der Pfanne» – Beziehungen zu Männern waren ihr
untersagt. Eine Situation, die sie überfordert. Es trieb sie auf die
Gasse, sie besorgte sich «Gift.» Die, die auf ihr Kind aufpassten,
dachten, sie sei bei der Arbeit. Auf der Arbeit sagte sie, sie sei
krank.
So ging es weiter, bis sie von ihrer zweiten Schwangerschaft erfuhr.
Evelina
Evelina sitzt mit ihrem Hund Waldi im Büro der Gassenarbeit. Der
lauteste Hund von Bern, wie sie sagt. Als Evelina Waldi vor fast vier
Jahren bekommen hat, war ihr Leben ein anderes. Sie war verheiratet,
lebte mit ihrem Mann in Solothurn. «Mit der Trennung veränderte sich
alles. Schlagartig.»
Sie erzählt von Machenschaften von ihrem Ex, von verfälschten Unterlagen
und Dokumenten. Evelina bekam keine Wohnung. Vorübergehend wohnte sie
im Ferienhaus von Freunden, später schlief sie im Auto.
Das Leben in der Schweiz wollte sich Evelina nicht mehr zumuten. Mit
ihrer Mutter reiste sie nach Italien, wo ihre Eltern einst ein Haus
bauten. Vor Ort, die Enttäuschung. Fenster und Öfen waren
herausgerissen, das Haus für die beiden Frauen unbewohnbar.
Sie lebten auf der Strasse. Bettelten. «Geld wollten wir nie. Wir
fragten nur nach Essen.» Sie erzählt, wie sie in einer Pizzeria um Essen
bat – ohne grosse Hoffnung. «Ich durfte sogar auswählen, welche Pizza
ich möchte. Das hat mich zu Tränen gerührt.»
Für die Stadt Bern kümmert sich Pinto – Prävention, Intervention,
Toleranz – um obdachlose Menschen. Pinto wisse von fünf Frauen, die
zurzeit auf der Strasse schlafen, schreibt die Stadt. Dies sei keine
abschliessende Zahl. Weiter schreibt die Direktion für Soziales: In der
Stadt Bern müsse niemand auf der Strasse schlafen, Notschlafstellen
seien genügend vorhanden.
Jedoch gebe es Menschen, die freiwillig auf der Strasse übernachteten.
Dies weil sie Hilfsangebote nicht in Anspruch nehmen wollten oder
könnten. Das hänge vor allem mit psychischen Problemen zusammen, die
auch durch zusätzliche Wohnangebote nicht behoben werden könnten.
«Das ist für mich eine schwierige Begründung», sagt Eva Gammenthaler.
Ihre Kollegin Nora Hunziker pflichtet ihr bei. Sie sitzen am Tisch im
Büro der Gassenarbeit. Eva Gammenthaler politisiert für die Alternative
Linke im Berner Stadtrat. Dort hat ihre Partei eine Motion eingereicht,
in der sie eine Notschlafstelle für Frauen fordert. Die Angebote seien
nicht niederschwellig genug, ist der Vorstoss begründet. Der Gemeinderat
unterstützt das Anliegen nicht.
«Die von der Stadt schreiben ja selbst, dass die Frauen das Angebot
nicht in Anspruch nehmen können», sagt Nora Hunziker. Das zeige doch,
dass das Angebot Lücken aufweise. «Lücken, die wir schliessen müssen.»
Die Soziale Arbeit müsse den Menschen Angebote machen, die sich auch
annehmen könnten. «Sobald Menschen da sind, die die Hilfe nicht annehmen
können, muss man sich doch fragen, wie man das Angebot anders
strukturieren kann.» Nora Hunziker und Eva Gammenthaler betonen
nochmals: Soziale Institutionen und Angebote funktionieren nur, wenn sie
niederschwellig seien.
Für obdachlose Menschen – und Frauen im Besonderen – gebe es
unterschiedliche Gründe, warum sie Hilfsangebot nicht nutzen können.
Etwa weil sie Haustiere haben, die nicht überall erwünscht oder erlaubt
sind.
Die einen können nicht mit den strikten Vorgaben zu Alkohol- und
Drogenkonsum umgehen. Anderen fällt es schwer, sich an die Ein- und
Auslasszeiten zu halten. Notschlafstellen sind oft nur nachts offen.
Sexarbeiterinnen arbeiten nachts und bräuchten Angebote am Tag.
Frauen kann es helfen, wenn Männer ausgeklammert sind. Darauf zielt die
Notschlafstelle für Frauen. Bereits Erfahrung sammelt der Kanton
Basel-Stadt. Dort läuft seit 2018 ein Pilotprojekt mit einer
Notschlafstelle ausschliesslich für Frauen.
Die Heilsarmee, Betreiberin des Passantenheims in Bern, könne einen
Platzmangel grundsätzlich nicht bestätigen, schreibt sie auf Anfrage. Es
gebe Zeiten mit starker Nachfrage. «Die Leute platzieren wir für ein
oder zwei Nächte auf einem Sofa.» Wenn nötig nehme man Kontakt mit
anderen Institutionen auf, im schlimmsten Fall würden Feldbetten
aufgestellt.
Abweisungen gebe es selten, schreibt die Heilsarmee weiter. Hunde
könnten nicht aufgenommen werden – die Zimmernachbarn würden sich stören
oder seien geängstigt. 3 bis 4 Mal im Jahr gebe es Abweisungen wegen
Bedrohungen.
Evelina
Evelina erzählt von vielen Nächten, in denen sie draussen auf dem Boden
schlief. Mittlerweile ist sie in ein Zimmer gezogen. Einbauschränke,
Fischgrätparkett, eine Galerie im ausgebauten Dachstock.
«Hier habe ich alles, was ich brauche. Schon fast zu viel», sagt sie.
Ein Schrank und ein Büchergestell trennen das Zimmer. Auf der einen
Seite stehen zwei Stühle und ein Sessel um ein Salontischchen. Evelina
läuft zum Tischen, hebt den Stoff – einen alten Rock von ihr, den sie
nicht mehr trägt – zum Vorschein kommt ein alter Eimer Hundefutter. Der
Schrank, das Büchergestell waren schon hier. Den Bürostuhl, der auf der
anderen Seite des Zimmers am Tisch steht, wollten die vorherigen
Besitzer nicht mehr. «Gratis zum Mitnehmen.»
Ein kleiner Kühlschrank steht im Zimmer. Evelina öffnet ihn. Ein
Tupperware, drei Joghurts, eine Flasche Cola und eine Flasche O-Saft.
Kochen kann Evelina in der Gemeinschaftsküche, die sie sich mit den
anderen Bewohnern des Hauses teilt. Vier Männer. Viel zu tun mit ihnen
habe sie nicht.
Evelina sitzt in ihrem Sessel und erzählt, wie sie in Italien ihre
Mutter aus den Augen verloren hat nach einem Streit. «Ich wusste nicht,
wo sie war, ob sie noch lebte.» Sie machte sich auf den Weg zurück in
die Schweiz, lebte auf der Gasse, übernachtete an Bahnhöfen, irgendwo in
der Stadt. Die Kälte, sich nicht waschen können, die verurteilenden
Blicke der anderen – an das Leben auf der Strasse könne man sich nicht
gewöhnen.
12 Stunden draussen sein. Im Sommer sei das weniger schlimm. Man könne
baden, im Park schlafen, wo es Menschen hat und einem nichts passiere.
Aber im Winter? Mit dem Hund könne sie kaum irgendwo rein, erzählt
Evelina. Und selbst wenn sie Zuflucht finde, sei das Zusammensein mit
fremden Menschen nicht immer einfach.
«Jemand hat mir in der Notschlafstelle Löcher in die Schuhe gemacht. Unglaublich.»
Als Frau sei alles noch schwieriger. «Alle wollen sie Geld aus dir
rauspressen. Sie wollen dich abhängig machen, dich auf den Strich
schicken. Oder beides.» Sie sei standhaft geblieben. «Mein Glaube und
mein Hund haben mich davor bewahrt.» Mit Waldi hätte sie eine Aufgabe.
Sie müsse zu ihm schauen. «Es geht nicht nur um mich.» Doch auch wenn
sie stark blieb, die Finger von Alkohol und Drogen lässt. «Die Menschen
denken trotzdem, ich sei süchtig, ich sei eine Prostituierte.»
Ilona
Ein paar Tage später im Büro der Gassenarbeit. Ilona packt ein paar
Mandarinen in einen Plastiksack und stellt ihn zu ihrem Trottinett. Sie
erzählt ihre Geschichte dort weiter, wo sie eine Woche vorher aufgehört
hat.
Sie erzählt, wie sie nach ihrem erneuten Absturz im neunten Monat
schwanger war und einen Mann kennenlernte. «Den will ich», dachte sie
sich damals. Kurze Zeit später waren die beiden verlobt. Die Ehe:
schwierig. «Wir hatten ständig Krach.» Sie sei froh gewesen, dass sie
nicht mehr arbeiten muss, Zeit für die Kinder hat.
Sie wird schwanger – quasi ein Wunschkind, sagt sie. «Aber auch zu dieser Zeit löste er die Probleme mit Schlägen.»
Um ihn zu verlassen, fehlte ihr die Kraft. «Die gleiche Hand die mich
schlug, war die Hand, die mich liebte. Das ging mir nicht in den Kopf.»
Es habe sie fertig gemacht, dass er immer nur motzte. «Nie konnte ich
ihm etwas recht machen.» Sie hielt es nicht mehr auf, stieg in einen Zug
nach Zürich zu ihrem Mami- und trieb dort «Gift» auf. Sie verlor das
Zeitgefühl. Nach dem Absturz ging ihre Ehe in die Brüche, die Kinder
wurden weggebracht.
Bis vor einem Jahr ging Ilona noch auf den Strich. «Das war zwar
erniedrigend. Aber das Geld sicherte mir einen Platz am Warmen.» Heute
lebt Ilona in Thun, übernachtet in der Notschlafstelle. Die Zeit
vertreibt sie sich mit Wischen, dort wo sie ein- und ausgeht, ihr
Haupthobby. Das Leben habe sie kaputt gemacht, erzählt sie. Überwunden
habe sie das Erlebte nicht.
Beschweren will sie sich nicht. Nur etwas, das finde sie frech. Als sie
früher im Heim wohnte, musste sie früh aufstehen und arbeiten. «Als sie
uns weckten, haben sie immer gleich die Fenster aufgerissen. So
unnötig.» Das erlebe sie in der Notschlafstelle nun wieder. «Das müsste
nicht sein.»
Abgabetermin im Büro der Gassenarbeit. Jeden zweiten Dienstag arbeiten
die Frauen an Beiträgen für das Magazin der kirchlichen Gassenarbeit.
«Mascara» erscheint viermal im Jahr. Sich mitteilen, zeigen: «Schaut,
uns gibt es auch», das gefalle ihnen, erzählen die Frauen. Damit ihre
Gedanken nicht nur im Büro der Gassenarbeit, auf der Strasse oder in der
Notschlafstelle bleiben.
Die Frauen sitzen an den Tischen, ruhig, über ihre Beiträge gebeugt, die sie von Hand schreiben. Oder zeichnen.
Auch Ilona und Evelina veröffentlichen Beiträge im Mascara.
«Um 18 Uhr abends darf man rein und um 9 Uhr morgens muss man draussen
sein. Klar, Notschlafstelle geht schon, aber lieber möchte ich schon
wieder eine eigene Wohnung. »
«Ist es nicht so, dass wir durch unsere Erfahrungen, durch unsere
persönliche Lebensreise auch Erkenntnis erfahren? Die Erfahrungen, durch
viele Monate ohne materiellen Druck, hat mir eine Seite gezeigt, eine
Seite neben der 0815-Masse.»
Die soziale Arbeit habe sich in den letzten Jahren gewandelt, sagen Eva
Gammenthaler und Nora Hunziker. Fordern und fördern – wobei fordern im
Fokus stehe. «Menschen bekommen oft nur Hilfe, wenn sie etwas dafür
leisten», sagt Eva Gammenthaler.
Das ist die eine Richtung. Gleichzeitig entstehen neue Ansätze.
So etwa das Konzept «Housing First». Meist stehe die eigene Wohnung am
Ende eines Prozesses – als Belohnung quasi. «Housing First» kehrt das
Prinzip um. Obdachlose bekommen gleich eine eigene Wohnung. Wohnen als
Menschenrecht, nicht als Privileg.
Während zahlreiche europäische Städten Konzepte wie «Housing First»
bereits anwenden, sind Städte in der Schweiz zurückhaltend. In naher
Zukunft wird es auch in Bern keine Schritte in diese Richtung gehen. Der
Gemeinderat schreibt, die Stadt Bern nehme an einem Städtevergleich
teil und er wolle die Ergebnisse abwarten bevor er handelt.
Die Frauen geben ihre Texte ab und machen sich auf den Weg.
Auch Ilona schnappt sich ihr Trottinett und packt ihre Sachen zusammen.
Sie sei gerade daran, ein Buch zu schreiben, erzählt sie. Obwohl es ihr
schwer falle, die Erinnerungen weh tun, wolle sie ihre Lebensgeschichte
aufschreiben.
Die Menschen, die ins Büro der Gassenarbeit kommen, seien alle sehr
verschieden, sagt Evelina. «Jeder hat seine eigene Geschichte, das ist
okay, jeder geht seinen eigenen Weg.» Sie sei froh, wenn sie den Tag
prestiere.
–
Kirchliche Gassenarbeit
Der Kontakt zu Menschen auf der Strasse ist Basis der Tätigkeit der
kirchlichen Gassenarbeit. Das Team ist abends draussen unterwegs und
verteilt sauberes Konsummaterial, Hygieneartikel, Präservative oder
Gutscheine für die Notschlafstelle. An Orten, wo andere Institutionen
nur schwer Zugang fänden.
An zwei Nachmittage in der Woche steht das Büro offen. Die Klientinnen
und Klienten können telefonieren, am Computer arbeiten oder ins Internet
gehen. Bei Kaffee und einem Zvieri können sie sich austauschen. Das
Team hört zu, berät, vermittelt Hilfe. Einmal im Monat kommt ein
Tierarzt vorbei.
–
Ethos – Europäische Typologie von Obdachlosigkeit
– Unzureichendes Wohnen:
Menschen, die unzureichend wohnen, leben in Provisorien, zum Beispiel in einem Zelt.
– Ungesichertes Wohnen:
Wer in einer Wohnung ohne Mietvertrag wohnt, wohnt ungesichert. Dasselbe
gilt für Menschen, die temporär unterkommen, zum Beispiel bei Freunden
oder Bekannten.
– Wohnungslos:
Mit wohnungslos sind Menschen gemeint, die in Asylunterkünften,
Notwohnungen oder anderen Einrichtungen wohnen. Oder aber Menschen, die
in Hotels wohnen, oder die gerade aus dem Gefängnis oder der Psychiatrie
kommen..
– Obdachlos:
Menschen, die im Freien oder in der Notschlafstelle übernachten.
–
Situation in Basel
28 Plätze hat es in der Notschlafstelle für Frauen in Basel, die seit
September 2018 offen ist. Durchschnittlich schlafen 12 Frauen pro Nacht
in einem der Zimmer. Das sind mehr als vorher. Laut Regierungsrat des
Kantons Basel-Stadt übernachteten in den gemischten Notschlafstellen
durchschnittlich nur halb so viele Frauen. Im Laufe des Jahres 2020 will
der Kanton den Pilot auswerten und entscheiden, ob er die
Notschlafstelle für Frauen beibehalten will.
–
Aus der letzten Ausgabe «Mascara»
«Erkenntnis Nummer 1000: Wir wollen frei leben. Aber die Sucht macht uns nicht frei. Sie schafft uns unser eigenes Gefängnis.»
«Freiheit bedeutet für mich, dass ich machen kann, auf was ich Lust
habe. Ich mache mich nicht von anderen abhängig, bleibe selbständig.»
«Meine Freiheit sichert mir immer nur die Gegenwart. Ich lebe im Jetzt,
denn wer garantiert mit, dass es die Zukunft überhaupt noch gibt.»
–
Charta der aufsuchenden Sozialarbeit
Die kirchliche Gassenarbeit hält sich an die Vorgaben der Charta der
Fachgruppe für aufsuchende Sozialarbeit/Streetwork (Fagass). Darin ist
festgehalten: Die Aufsuchende Sozialarbeit versteht und positioniert
sich ausserhalb der normativ-repressiven Kräfte. Nora Hunziker hat zu
diesem Thema ihre Bachelor-Arbeit in Sozialer Arbeit geschrieben, wie
sie im Video erzählt.
-> Video: https://www.tagesanzeiger.ch/extern/videoplayer/videoplayer-nn.html?params=client@tagesanzeiger|videoId@413459|showLogo@1|autoStart@0|mute@0|showAds@1|previewPath@https://server025.newsnetz.tv/413459/frame-10-413459.jpg|platform@desktop
(https://webspecial.bernerzeitung.ch/longform/auf-der-gasse/frauen-der-obdachlosigkeit/)
—
Ohne Obdach in Bern
Eine Scheidung, der Verlust der Arbeitsstelle oder ein Burnout – oftmals
ist es eine Verkettung von Schicksalsschlägen, die Menschen in die
Obdachlosigkeit gleiten lässt. Neu ist, dass in Bern zunehmend Menschen
aufgrund einer psychischen Erkrankung auf der Strasse landen. Bei der
Stadt fragen wir nach, warum das so ist. Und bei der christlichen
Gassenarbeit, warum es in Bern eine Notschlafstelle nur für Frauen
braucht. Zu guter Letzt lassen wir einen Menschen zu Wort kommen, der
sich aus freien Stücken für ein Leben ohne festes Dach über dem Kopf
entschieden hat und dies als befreiend empfindet.
https://rabe.ch/2020/01/15/subkutan-heute/
—
tagesanzeiger.ch 15.01.2020
Die unsichtbaren Süchtigen
Viele Heroinabhängige leben seit dem Ende der offenen Drogenszene am
Platzspitz in städtischen Einrichtungen. Dort werden sie immer älter.
David Sarasin
Viel Zeit hat Sandra Limacher nicht für das Gespräch. Das Programm in
den letzten Tagen hat sie müde gemacht. Sie sitzt im hellen
Gemeinschaftsraum der stationären Wohnintegration an der
Gerechtigkeitsgasse in Zürich auf einem Sofa und berichtet von der
Premiere von «Platzspitzbaby». Weil sie als Statistin im Film
mitwirkte, war sie zur Gala am Abend zuvor im Kino Abaton geladen. Den
Kinosaal musste sie aber frühzeitig verlassen. «Mir ging das alles sehr
nahe», sagt sie. «Das Elend war so authentisch dargestellt.»
Mit dem Film kommen die Bilder der Drogenhölle zurück ins Gedächtnis
einer breiten Öffentlichkeit. Aus Zürich verschwunden ist das Heroin in
all den Jahren nie. Auch nicht für Limacher. Zwar klaubt sie schon lange
nicht mehr die Resten Heroin aus den Zigarettenfiltern der anderen
Süchtigen, doch die Sucht ist geblieben. Seit Anfang der 1990er-Jahre
nimmt sie Heroin, damals auf der Strasse und im Park, seit vielen Jahren
in den Einrichtungen der Stadt. Dort wohnt sie und nimmt unter
Aufsicht Diaphin, ein pharmazeutisch hergestelltes Heroin in
Tablettenform.
Die 53-jährige Limacher ist eine von vielen Personen in den städtischen
Einrichtungen, die eine so weit zurückreichende Suchtgeschichte haben.
«Viele, die heute noch Heroin oder Substitute wie Methadon konsumieren,
haben den Platzspitz oder den Letten miterlebt», sagt Florian Meyer,
Leiter der drei städtischen Kontakt- und Anlaufstellen (K&A). Das
Durchschnittsalter bei den Anlaufstellen beträgt heute 48 Jahre.
Experten gehen davon aus, dass heute etwa gleich viele Suchtbetroffene
in Zürich leben wie noch zu Zeiten der offenen Drogenszene. Nur sichtbar
sind sie schon lange nicht mehr.
Süchtige altern schneller
Das hat auch mit den Kontaktstellen zu tun. In den betreuten Räumen der
Stadt werden monatlich 22’000-mal illegale Substanzen konsumiert, es
handelt sich dabei oft um Kokain, Heroin und Benzodiazepine, häufig auch
gemischt. 950 Personen frequentieren die drei Einrichtungen an der
Selnaustrasse, bei der Kaserne und in Oerlikon. «Jede Konsumation, die
bei uns stattfindet, ist eine weniger im öffentlichen Raum», sagt Meyer.
«Wir können die Zahl der Süchtigen in der Stadt mit unseren
Einrichtungen gut bewältigen.»
Sorge bereitet ihm etwas anderes: Das fortschreitende Alter der
Suchtbetroffenen ist für die Anlaufstellen und auch jene stationäre
Wohneinrichtung, in der Limacher lebt, eine Herausforderung. «Süchtige
altern schneller, ein 50-Jähriger hat etwa die Verfassung eines
70-Jährigen», sagt Marianne Spieler, Leiterin der stationären
Wohnintegration an der Gerechtigkeitsgasse. Auch Limacher klagt über
Beschwerden. Ihr Herz und andere Organe sind von der jahrzehntelangen
Sucht beeinträchtigt. «Man kann mir meine Sucht ansehen», sagt sie.
«Ich werde wohl nicht mehr wegziehen»
Meyer sagt, dass sich der physische und psychische Zustand der
Klientinnen und Klienten der Stelle im Verlaufe der Zeit deutlich
verschlechtert haben. Um darauf reagieren zu können, seien neben der
Weiterbildung des Personals künftig auch infrastrukturelle Anpassungen
notwendig. Auffallend sei für ihn etwa, dass zunehmend Bedarf an
Unterstützung bei der Körperpflege bestehe. «Inkontinente Klienten
stellen immer mehr ein Problem dar», sagt Meyer. Es brauche auch Räume,
um psychisch stark beeinträchtigte und im Verhalten unberechenbare
Menschen individueller betreuen zu können. «Ansonsten laufen wir
Gefahr, diese Gruppe von unseren Angeboten auszuschliessen, was zu
vermehrtem Drogenkonsum und Konflikten im öffentlichen Raum führen
würde.»
Auf Pflege ist Sandra Limacher nicht angewiesen. Würde diese notwendig,
müsste sie die stationäre Wohnintegration verlassen. Doch ein Leben
ausserhalb des Heims ist für sie derzeit unvorstellbar. «Ich werde wohl
nicht mehr wegziehen», sagt sie. Ähnliches gilt auch für die anderen 22
Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses. Sie alle erhalten hier ein
Obdach und dürfen in den Räumen konsumieren. Das Team gewährt ihnen
nicht nur eine grundsätzliche medizinische und psychologische Betreuung,
die Suchtbetroffenen erhalten vom Team auch psychotrope Substanzen und
Medikamente.
Wartelisten werden länger
Mit dem Alter der Süchtigen steigt der Bedarf an Einrichtungen wie jene
an der Gerechtigkeitsgasse. «Es gibt zwar fast keinen Nachwuchs unter
den Heroinabhängigen, aber der Bedarf an betreutem Wohnen nimmt zu»,
sagt Marianne Spieler. Die Wartelisten würden immer länger. Neben der
ähnlich grossen stationären Wohnintegration an der Feldstrasse, die seit
acht Jahren in Betrieb ist, plant die Stadt zusätzlich eine dritte. Sie
eröffnet noch diesen Sommer in Zürich-Unterstrass und hat Platz für 33
Personen.
«Die Schliessung des Platzspitz und die städtischen Einrichtungen, die
später entstanden sind, haben mir das Leben gerettet», sagt Limacher.
Dass die Mitarbeiter der K&A auch heute noch Menschenleben retten,
belegen die Zahlen. Allein 2019 intervenierten sie in 27 Fällen mit
lebenserhaltenden Massnahmen. Zu einer tödlichen Überdosierung sei es
in den 30 Jahren seit Einführung der Anlaufstellen noch nie gekommen,
sagt Meyer. Im Vergleich: Im Jahr 1992 alleine starben auf dem
Platzspitz knapp 420 Personen. Die Bilder von vegetierenden Süchtigen
auf den Bahngleisen und im Park – sie sind längst Vergangenheit, das
tägliche Elend der Suchtbetroffenen ist deutlich eingedämmt.
«Es ist gut, geht ‹Platzspitzbaby› wieder auf das Thema Drogensucht
ein», sagt Limacher. Sie erzählt gern, steht als Zeitzeugin und
Gezeichnete hin, wenn Fernsehstationen und Zeitungen anfragen.
«Vielleicht hält meine Geschichte ein paar junge Leute davon ab, den
Stoff zu probieren», sagt sie. Doch das viele Engagement, es macht sie
auch müde. Nach 20 Minuten möchte sie das Interview abbrechen. In einer
halben Stunde steht die nächste Heroinabgabe an.
–
Heroinkonsum auf Rekordtief
Die Zahl der jungen Heroinabhängigen in Zürich hat seit Ende der
1990er-Jahre stark abgenommen. Das spiegelt sich auch im
Durchschnittsalter der Klientinnen und Klienten bei den drei
Stadtzürcher Kontakt- und Anlaufstellen. Nur rund 1 Prozent der Personen
ist unter 30 Jahre alt.
Auch beim Drogeninformationszentrum (DIZ) handelte es sich 2018 nur bei 4
Prozent der getesteten Proben um Heroin. Bei einer Konsumentenbefragung
gaben nur 3 von 343 Personen an, in den letzten zwölf Monaten Heroin
konsumiert zu haben. «Im Freizeitdrogenkonsum spielt Heroin heute keine
grosse Rolle mehr», sagt Christian Kobel, Leiter des DIZ. Laut Kobel
wurde das Opiat vor allem durch anregende illegale Substanzen ersetzt.
Am meisten konsumiert wird heute gemäss Kobel Kokain, an zweiter Stelle
steht Metamphetamin, und an dritter Stelle stehen die Partydrogen
Ecstasy und MDMA.
Der Trend weg vom Heroin zeigt sich auch bei der Kantonspolizei. 2018
hat sie 16 Kilo Heroin beschlagnahmt. Das ist noch ein Drittel der
Menge, die vor 15 Jahren sichergestellt wurde – und ein Rekordtief.
Schweizweit gingen auch die Verzeigungen im Zusammenhang mit Heroin
drastisch zurück. Von über 20000 im Jahr 1993 bis auf unter 7000 ab
2002. (dsa)
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/die-unsichtbaren-suechtigen/story/21668675)
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Plakataktion in Berner Trams
Wir haben uns heute Morgen in verschiedene Berner Trams gemischt und
dort diverse Werbeplakate ausgetauscht. Auf diesen liessen wir die
Schweizer Kriegsprofiteur*innen für einmal ehrliche Worte sprechen und
platzierten einerseits ein Stellenangebot der RUAG, wonach ein*e
Internationale*r Waffenhändler*in gesucht wird. Im Namen der Credit
Suisse warben wir zudem für blutige Kriegsbeteiligungen.
https://barrikade.info/article/3094
Dieser Richter spaltet die Schweiz – das ist der Mann hinter dem Klima-Urteil
Der Richter hinter dem umstrittenen Freispruch der CS-Besetzer ist
Mitglied der FDP und soll dem Waadtländer Establishment nahe stehen. In
einem Aufsehen erregenden Urteil hat er die Klimakrise als «Notstand»
deklariert.
https://www.watson.ch/!997623880
Urteil gegen KlimaaktivistInnen: Das Jahr des Ungehorsams
Zwölf KlimaaktivistInnen, die wegen Hausfriedensbruch und Widerhandlung
gegen die Anordnungen der Polizei zu Bussen verurteilt worden waren,
wurden nun freigesprochen. Dieser Entscheid ist einmalig und historisch.
https://www.woz.ch/2003/urteil-gegen-klimaaktivistinnen/das-jahr-des-ungehorsams
Weshalb sich Experten nach dem Freispruch der Klimaaktivisten an den Kopf fassen
Ein Richter spricht 12 Klimaaktivisten vom Vorwurf des
Hausfriedensbruchs frei. Während die Gewinner jubeln, sorgt der
Entscheid bei Strafrechtsexperten für totales Unverständnis.
https://www.watson.ch/schweiz/klima/553213695-freispruch-nach-protestaktion-in-cs-warum-experten-das-urteil-kritisieren
Unsere Debatte: Was halten Sie vom Freispruch der Klimaaktivisten in Lausanne?
Der Freispruch der Klimaaktivisten, die in einer Filiale der Schweizer
Grossbank Credit Suisse Tennis gespielt haben, bewegt die Schweiz. In
den Medien wird derzeit eine angeregte Debatte geführt. Auch die
Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer diskutieren mit. Wir haben
Sie gefragt, ob die Klimakatastrophe einen Hausfriedensbruch
rechtfertigt.
http://www.swissinfo.ch/ger/-weareswissabroad_unsere-debatte–was-halten-sie-vom-freispruch-der-klimaaktivisten-in-lausanne-/45494440
+++WEF
Greta kann ans WEF wandern – aber nur bis Klosters
Die Bündner Regierung hat grünes Licht gegeben für die dreitägige Winterwanderung der WEF-Gegner. Aber nur mit Auflagen.
https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/standardgreta-kann-ans-wef-wandern-aber-nur-bis-klosters/story/26471452
-> https://www.srf.ch/news/regional/graubuenden/klimawanderung-zum-wef-wandern-ja-aber-nicht-die-ganze-strecke
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/klimawanderung-zum-wef-nur-bis-klosters-bewilligt-65644797
-> https://www.suedostschweiz.ch/politik/2020-01-15/klimamarsch-faellt-teilweise-ins-wasser
-> https://www.watson.ch/schweiz/graub%C3%BCnden/314698299-wef-klimawanderer-duerfen-nicht-nach-davos-laufen
-> https://www.tagblatt.ch/news-service/inland-schweiz/greta-wandert-ans-wef-buendner-regierung-bewilligt-demo-unter-auflagen-ld.1185573
-> https://www.blick.ch/news/wirtschaft/newsticker-zum-wef-2020-in-davos-alle-infos-bilder-und-videos-id15691386.html
-> https://www.20min.ch/finance/news/story/US-Regierung-plant-Trumps-WEF-Besuch-31042712
-> https://wef.gr.ch/DE/aktuelles/Seiten/WEF%202020%20-%20Winterwanderung%20teilweise%20bewilligt.aspx
—
***Kommentar des Kollektivs STRIKE WEF zur Bewilligung durch die Bündner Behörden***
Wir nehmen zur Kenntnis, dass die zuständigen Behörden die
Winterwanderung für Klimagerechtigkeit in grossen Teilen genehmigt
haben. Wenig Verständnis haben wir dafür, dass am dritten Tag zwischen
Klosters und Davos der rollende Verkehr an das World Economic Forum
Vorrang geniesst. Es erstaunt uns, dass es in Davos Platz hat für 3000
WEF-Teilnehmende, jedoch nur für 300 Demonstrant*innen. Unsere breit
abgestützte Protestbewegung soll offenbar davon abgehalten werden, zu
Fuss und in grosser Zahl nach Davos zu gelangen. Wir diskutieren die
Bewilligung und ihre Auflagen in diesem Moment und werden an der PK von
heute Nachmittag, um 14:00, weiter informieren.
https://www.facebook.com/strikewef2020/posts/168768551199727
Auch die Kantone subventionieren das WEF
Trotz Reserven von 310 Millionen Franken wird das WEF mit rund 43
Millionen Franken subventioniert. Doch das ist noch nicht alles.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Wirtschaft/Auch-die-Kantone-subventionieren-das-WEF
+++REPRESSION DE
Silvester in Connewitz: Verdacht auf Polizeigewalt – Ermittler prüfen Videos
Ist die Polizei in der Silvesternacht in Leipzig-Connewitz unnötig
gewalttätig aufgetreten? Nach einem Medienbericht prüft die
Staatsanwaltschaft neue Hinweise.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/leipzig-connewitz-verdacht-auf-polizeigewalt-ermittler-pruefen-videos-a-615a11df-c10d-48db-8e65-17916b9dca47-amp
Geheimdienstbefugnisse in Hamburg: VS darf Kinder überwachen
Die Hamburger Bürgerschaft weitet die Befugnisse des Verfassungsschutzes
aus. Der Chef des Landesamts fürchtet eine Eskalation linker Gewalt.
https://taz.de/Geheimdienstbefugnisse-in-Hamburg/!5653965/
+++REPRESSION AT
Klimademo: Neun Schläge in die Nieren verletzten Menschenrechte
Bei der Festnahme des Demonstranten schoss die Polizei deutlich übers
Ziel. Der Einsatz sei demütigend gewesen, sagt die Richterin.
https://kurier.at/chronik/wien/klimademo-neun-schlaege-in-die-nieren-verletzten-menschenrechte/400725972
+++POLICE BE
Thun / Zeugenaufruf: Polizist bei Anhaltung verletzt
Bei der Anhaltung eines aus einer psychiatrischen Institution
entwichenen Mannes ist am Dienstagabend in Thun ein Polizist verletzt
worden. Der Mann setzte sich massiv zur Wehr. Die Kantonspolizei Bern
sucht Zeugen.
https://www.police.be.ch/police/de/index/medien/medien.meldungNeu.html/police/de/meldungen/police/news/2020/01/20200115_1438_thun_zeugenaufrufpolizistbeianhaltungverletzt
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/thun/psychiatriepatient-verletzt-polizist-mit-glasflasche/story/21020934
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Psychiatrie-Patient-greift-Polizist-mit-Glasflasche-an-17418479
+++POLIZEI DE
Rechte Polizisten – durch Beamtenstatus geschützt?
Wenn Polizeibeamte mit rechter Gesinnung auffallen, würde man meinen,
dass sie ihre Arbeit nicht mehr ausüben dürfen. Sie sind gesetzlich
verpflichtet, aktiv für die Demokratie und ihre Werte einzustehen.
Recherchen von Panorama 3 zeigen, sie sind durch den Beamtenstatus
geschützt.
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Rechte-Polizisten-durch-Beamtenstatus-geschuetzt-,rechtepolizisten100.html
+++SOZIALES
tagesanzeiger.ch 15.01.2020
Sippenhaft für Ausländerkinder: Amherd bremst Keller-Sutter aus
Justizministerin Keller-Sutter zieht bei ausländischen
Sozialhilfebezügern die Schraube an. Bei der schärfsten Massnahme
krebste sie zurück.
Markus Häfliger
Sie wurden am gleichen Tag in den Bundesrat gewählt. Und in ihrem ersten
Amtsjahr schienen Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP) und
Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP) gut zu harmonieren. Bei der
Gesamterneuerungswahl am 11. Dezember übertrumpfte Amherd (218 Stimmen)
ihre FDP-Kollegin (169 Stimmen) dann aber deutlich. Und jetzt, gleich zu
Beginn des zweiten Amtsjahres, opponiert Amherd gegen Keller-Sutter. In
einem vertraulichen Mitbericht an den Bundesrat wirft Amherd der
Justizministerin vor, die «Sippenhaft» gegen ausländische Kinder
einführen zu wollen.
Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Bundesrätinnen markiert den
Auftakt zu einem Jahr, in dem die Ausländerpolitik mit einem Schlag
wieder weit oben auf der Agenda steht. In seiner Sitzung am Mittwoch hat
der Bundesrat dazu zwei Entscheide gefällt, die eine Doppelstrategie
markieren. Einerseits will er die Personenfreizügigkeit mit der EU
unverändert erhalten. Andererseits will er die Gangart gegenüber
Nicht-EU-Ausländern verschärfen. Das sind die beiden Entscheide:
– Erstens hat der Bundesrat die Abstimmung über die
SVP-Begrenzungsinitiative auf den 27. Mai angesetzt. Damit tickt ab
sofort der Countdown: noch 123 Tage bis zum alles entscheidenden
Urnengang über die Personenfreizügigkeit, der das Schicksal der gesamten
bilateralen Verträge besiegeln wird.
– Zweitens – Zufall oder nicht? – beschloss der Bundesrat auf Antrag von
Keller-Sutter, ausländischen Sozialhilfebezügern den Zugang zu
Aufenthaltsbewilligungen zu erschweren. Dabei kam es zum Konflikt mit
Amherd. Auch SP-Bundesrat Alain Berset opponierte per Mitbericht.
Weniger Sozialhilfe für Ausländer
Pläne, die Sozialhilfe für gewisse Ausländer einzuschränken, werden seit
2017 gewälzt, als das Parlament ein entsprechendes Postulat überwies.
Jetzt hat der Bundesrat Nägel mit Köpfen gemacht und Keller-Sutter
beauftragt, drei konkrete Gesetzesänderungen vorzubereiten:
– Erstens soll die Schweiz Ausländern aus Drittstaaten, die Sozialhilfe
beziehen, leichter die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) wegnehmen
können.
– Zweitens sollen vorläufig aufgenommene Flüchtlinge weniger leicht die Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) erhalten.
– Drittens sollen Ausländer mit B-Ausweis in den ersten drei Jahren weniger Sozialhilfe erhalten als Schweizer.
Diese drei Massnahmen kommunizierte der Bundesrat per Communiqué. Was er
darin verschwieg: Keller-Sutter wollte mehr. Als vierte Massnahme hatte
sie beantragt, dass Kinder von Sozialhilfebezügern nicht mehr
eingebürgert werden sollen.
Eine solche Verknüpfung gibt es zwar schon heute: Wer vor seinem
Einbürgerungsgesuch Soziahilfe bezog, bekommt den roten Pass in der
Regel nicht. Dieser Ausschlussgrund gilt jedoch nicht für minderjährige
Kinder, die ohne ihre Eltern die Einbürgerung beantragen. Keller-Sutter
wolle Kinder wegen ihrer Eltern bestrafen, kritisierte Amherd und sprach
wörtlich von Sippenhaft. Dabei, argumentierte Amherd, seien solche
Kinder meist seit ihrer Geburt in der Schweiz.
Überhaupt plädierte Amherd gegen eine übereilte Gesetzesrevision. Zuerst
solle man die Erfahrungen mit der letzten Verschärfung abwarten, die
erst vor einem Jahr in Kraft trat. Seither könnte «die Verweigerung oder
der Entzug des Aufenthaltsrechts bei Drittstaatsangehörigen, die
Sozialhilfe beziehen, bereits durch eine konsequentere Anwendung des
geltenden Rechts erreicht werden»: Dieser Satz steht in einem Bericht,
den der Bundesrat selber vor einem halben Jahr verabschiedet hat.
Tickende Zeitbombe
Unbestritten ist, dass Ausländer in der Sozialhilfe einen bedeutenden
Kostenfaktor darstellen. Fast 60 Prozent aller Sozialhilfebezüger sind
ausländische Staatsangehörige. Bei Ausländern aus der EU und der Efta
(12 Prozent) kann der Bund die Sozialhilfe wegen der bilateralen
Verträge nicht einschränken. Einen Sonderfall stellen auch die
Asylsuchenden, Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene dar (29 Prozent).
Die Entscheide des Bundesrats betreffen nur jene rund 60’000
Sozialhilfebezüger, die aus Drittstaaten stammen, aber nicht dem
Asylbereich zuzurechnen sind. Bei vielen von ihnen handelt es sich aber
ebenfalls um ehemalige Asylsuchende, die inzwischen eine
Aufenthaltsbewilligung haben – oft aus der Unmöglichkeit heraus, sie in
ihre Herkunftsländer zurückschicken zu können. Rund die Hälfte von ihnen
kommt vom Westbalkan oder aus der Türkei, ein Viertel aus Afrika, der
Rest aus Asien oder Lateinamerika. Diese Ausländergruppe macht immerhin
17 Prozent aller Sozialhilfebezüger aus.
Die Zahl solcher Fälle dürfte in den nächsten Jahren rasch ansteigen.
Denn die Migranten, die im Flüchtlingssommer 2015 kamen, werden entweder
2020 oder 2022 in die Zuständigkeit der Gemeinden entlassen. Die
Schweizer Konferenz für Sozialhilfe warnt darum vor einer tickenden
Zeitbombe: Es kämen Mehrkosten von einer Milliarde Franken pro Jahr auf
die Gemeinden zu. Dem Vernehmen nach argumentierte Keller-Sutter im
Bundesrat, man müsse die Sorgen der Kantone und Gemeinden ernst nehmen
und etwas tun.
«Nicht zielführend»
Umstritten ist jedoch, wie viel die Gesetzesverschärfungen bringen. Ein
Expertenbericht, der dem Bundesrat als Grundlage diente, äussert sich
skeptisch. Die 16 Experten – notabene von Keller-Sutter eingesetzt –
beurteilen einen Teil der jetzt beschlossenen Massnahmen als «nicht
zielführend» und kontraproduktiv, weil sie die wirtschaftliche
Integration zusätzlich erschweren würden.
Auch die Nichteinbürgerung der Kinder von Sozialhilfebezügern lehnen die
Experten klar ab. Die Einbürgerung stelle «erwiesenermassen einen
Anreiz für die politische und soziale Integration dar, was gegen eine
zusätzliche Einbürgerungshürde für Kinder von sozialhilfeabhängigen
Eltern spricht», schrieben die Experten. Doch Keller-Sutter setzte sich
darüber hinweg und stellte ihren Antrag trotzdem.
Wenn sie aufs Ganze gegangen wäre, hätte sie laut bundesratsnahen
Personen eine Mehrheit erhalten – dank der Stimmen ihres Parteikollegen
Cassis und der beiden SVP-Bundesräte. Angesichts des Widerstands von den
SP- und CVP-Bundesräten zog sie ihren Antrag zur Nichteinbürgerung von
Sozialhilfekindern dann aber offenbar selber zurück.
(https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/sippenhaft-fuer-auslaenderkinder-amherd-bremst-kellersutter-aus/story/13694218)
—
Bundesrat handelt wegen hoher Kosten: Keller-Sutter schränkt Sozialhilfe für Ausländer ein
Mit verschiedenen Massnahmen will Bundesrätin Karin Keller-Sutter (56)
den Sozialhilfebezug von Ausländern aus Drittstaaten einschränken.
Einiges tritt schnell in Kraft, für anderes braucht die Justizministerin
das Parlament.
https://www.blick.ch/news/politik/bundesrat-handelt-wegen-hoher-kosten-keller-sutter-schraenkt-sozialhilfe-fuer-auslaender-ein-id15704325.html
-> https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-77775.html
-> https://www.nzz.ch/schweiz/bundesrat-passt-sozialhilfe-fuer-personen-aus-drittstaaten-an-ld.1534154
-> https://www.tagblatt.ch/news-service/inland-schweiz/sozialhilfe-fuer-auslaender-bundesrat-plant-verschaerfung-fuer-personen-aus-drittstaaten-ld.1185587
+++RECHTSPOPULISMUS
Jetzt übernimmt der Hardliner: Nationalrat Glarner ist neuer Aargauer SVP-Präsident
Er war der Aussenseiter, doch ihm gelang die Sensation. Nationalrat
Andreas Glarner ist neuer Präsident der SVP Aargau. Die Kantonalpartei
wird mit Glarner an der Spitze pointiert und provokativ auftreten.
https://www.blick.ch/news/politik/jetzt-uebernimmt-der-hardliner-nationalrat-glarner-ist-neuer-aargauer-svp-praesident-id15705072.html
-> https://www.nau.ch/politik/regional/svp-aargau-wahlt-andreas-glarner-zum-parteichef-65644941
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/andreas-glarner-ist-neuer-parteipraesident-die-svp-aargau-soll-ein-leuchtturm-sein-136230337
-> https://www.blick.ch/news/politik/scharfmacher-andreas-glarner-will-kantonalpraesident-werden-die-svp-ist-ein-sanierungsfall-id15703781.html
-> https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/andreas-glarner-wird-praesident-der-svp-aargau/story/20069141
+++HISTORY
Was Christoph Blocher mit dem Mord an Rosa Luxemburg zu tun hat. Eine deutsch-schweizerische Zeitreise
Vor hundert Jahren ermordeten rechtsextreme Freikorps – mit Zustimmung
von SPD-Reichswehrminister Gustav Noske – die spartakistischen
Führungspersonen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Waldemar Pabst, der
Organisator des Doppelmords, lebte von 1943 bis 1955 in der Schweiz.
Von hier aus versorgte er die Wehrmacht mit Kriegsmaterial, betrieb
Spionage und wirkte nach 1945 massgeblich am Aufbau einer faschistischen
Internationale mit. Dabei wurde Pabst von einem mächtigen Netzwerk aus
dem Schweizer Herrschaftsapparat gedeckt und unterstützt. Noch heute
leben die Strukturen fort, die den Nazi-Verbrecher protegierten. Höchste
Zeit, die Dinge beim Namen zu nennen.
https://www.ajour-mag.ch/waldemar_pabst_in_der_schweiz/
—
bernerzeitung.ch 15.01.2020
Waldau-Patienten mussten gegen ihren Willen Medikamente testen
Zwischen 1950 und 1970 wurden in der damaligen Waldau mindestens 33 noch
nicht zugelassene Medikamente an Patienten verabreicht. Das zeigt eine
neue Studie der Ärztin Julia Manser-Egli.
Marius Aschwanden
Klarer kann man es kaum formulieren. «Die Patientin ist voller
Widerstand gegen diese Kur», steht in der Krankenakte von H. A.*, einer
jungen Frau, die im September 1969 in die damalige Psychiatrische
Universitätsklinik Waldau eingewiesen wurde. Verdacht auf Schizophrenie
lautete die Begründung.
Von Beginn an weigerte sich die 27-Jährige, Medikamente zu nehmen.
Trotzdem wurden ihr solche injiziert. Largactil, Quilonum, Bellergal,
Haloperidol – keines brachte die gewünschte Wirkung. Also setzte der
zuständige Arzt irgendwann auf ein Präparat mit dem Namen HF 1854.
«Zuerst grosser Widerstand, Suiziddrohungen», steht in der Akte, «dann
Beruhigung, nachdem sie von Prof. Heimann den Ratschlag erhielt, die von
uns verordneten Medikamente zu nehmen.»
H. A. ist eine jener Patientinnen und Patienten, an welchen in den
1950er- und 1960er-Jahren in der Waldau neue Wirkstoffe getestet wurden.
Vermutlich ohne Einwilligung und teilweise unter Zwang. Erstmals wurde
dieses dunkle Kapitel Berner Psychiatriegeschichte nun in einer Studie
untersucht. Die Ärztin Julia Manser-Egli durchforstete für ihre
Dissertation das Archiv der heutigen Universitären Psychiatrischen
Dienste Bern und analysierte 531 Patientenakten, darunter auch jene von
H. A.
In 47 Fällen fand sie klare Hinweise darauf, dass noch nicht zugelassene
Medikamente verabreicht worden sind. 33 verschiedene Präparate. Sie
stammten von Basler Pharmafirmen wie J. R. Geigy, Wander oder
Hoffmann-La Roche. Manche dieser Stoffe wurden später offiziell
zugelassen, andere schafften es nie über die Versuchsphase hinaus.
Teil des Alltags
«Als Anfang der 1950er-Jahre die ersten Medikamente gegen psychische
Krankheiten auf den Markt kamen, war die Nachfrage nach weiteren
ähnlichen oder gar besser wirkenden Präparaten gross», sagt Manser-Egli.
Deshalb entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit zwischen der
Pharmaindustrie und den psychiatrischen Kliniken. «Die Firmen gaben die
Präparate gratis ab, die Kliniken versorgten die Unternehmen mit
Erfahrungsberichten», so die Ärztin.
Zudem seien die Alternativen beschränkt gewesen. Wenn weder ein
zugelassenes Medikament noch ein Testpräparat geholfen hätten, seien
häufig nur noch Elektroschock, Insulin- oder Schlafkuren übrig
geblieben. «Diese Therapien waren aber gefährlich und umstritten.»
Wie viele Präparate in Bern insgesamt getestet worden sind, kann die
Ärztin aufgrund ihrer Studie nicht sagen. «Dafür ist die Stichprobe zu
klein.» Manser-Egli geht aber davon aus, dass es weit mehr gewesen sein
müssen als die 33 identifizierten Testmedikamente. Denn: «Es handelte
sich klar nicht um Einzelfälle. Die Prüfstoffe waren Teil des
Klinikalltags.» Es sei nicht wirklich zwischen Medikamenten und noch
nicht zugelassenen Stoffen unterschieden worden. «Das hängt auch damit
zusammen, dass man über die zugelassenen Psychopharmaka noch nicht sehr
viel wusste», so Manser-Egli.
Mehr Frauen als Männer
Nicht nur in der Waldau wurde in den 1950er- und 1960er-Jahren mit noch
nicht zugelassenen Stoffen gearbeitet. Auch in Münsingen gibt es Belege
für solche Versuche. In Basel, Zürich, Herisau, St. Urban, Genf oder
Lausanne ebenso. Und natürlich in Münsterlingen. Dort war der Oberarzt
und spätere Klinikdirektor Roland Kuhn besonders umtriebig. Bis 1980
testete er mindestens 67 Substanzen an über 3’000 Patienten, wie eine
ebenfalls kürzlich erschienene Studie eines Historikerteams der
Universität Zürich zeigte. Kuhn erhielt dafür von den Pharmaunternehmen
einen Betrag, der heute rund acht Millionen Franken entsprechen würde.
Ob auch in Bern ein solches Ausmass denkbar ist, weiss Manser-Egli
nicht. «Münsterlingen ist aufgrund der Figur von Roland Kuhn ein
Spezialfall. In Bern ist bis jetzt noch nicht bekannt, welche Ärzte in
der Forschung die treibenden Kräfte gewesen sind», sagt sie. Gemäss
ihrer Forschung waren in der Psychiatrischen Uniklinik aber an rund 9
Prozent der Patientinnen mit Schizophrenien und Depressionen Präparate
getestet worden. Aus ähnlichen Untersuchungen aus Basel und Zürich sind
gleiche Anteilswerte bekannt.
Versuchspräparate seien vor allem dann zur Anwendung gekommen, wenn
andere medikamentöse Therapieoptionen ausgeschöpft waren. Besonders
häufig betroffen waren Frauen und chronisch kranke Personen. «Bezüglich
der sozialen Stellung konnte ich jedoch keine Auffälligkeiten sehen», so
Manser-Egli.
Viele Nebenwirkungen
Für die Patienten hatten die Versuche unterschiedliche Folgen. Manche
litten unter Nebenwirkungen, andere konnten dank der Präparate entlassen
werden. «Die Krankenakten deuten darauf hin, dass man auf den Zustand
der Patientinnen in vielen Fällen Rücksicht genommen hat», sagt
Manser-Egli. Traten zu starke Nebenwirkungen auf, wurden die Tests
abgebrochen. «Man muss wissen, dass auch die zugelassenen Medikamente
Nebenwirkungen hatten.»
Die Ärztin fand jedoch auch verschiedene Fälle, in welchen keine
Rücksicht genommen worden ist. So wurde etwa einer Patientin das
Präparat nach wie vor verabreicht, obschon sie über Sehverlust klagte.
Manche Patienten in anderen psychiatrischen Kliniken traf es noch
härter. In Münsterlingen starben laut der dortigen Studie 36 Personen
während oder kurz nach Verabreichung der Prüfsubstanzen. Und auch in
Münsingen kam es zu einem Todesfall. Unklar ist allerdings, ob die
Patientinnen allein aufgrund der klinischen Versuche gestorben sind oder
ob eine andere Ursache zum Tod führte.
Behörden wussten Bescheid
Die Patienten dürften jeweils kaum gewusst haben, dass sie an einem
Versuch teilnehmen. «Klar ist, dass es in der Waldau anders als bei
körperlichen Therapien keine schriftliche Einwilligung gegeben hat»,
sagt Manser-Egli. Aufgrund der untersuchten Krankenakten könne sie aber
nicht ausschliessen, dass die Betroffenen mündlich informiert worden
seien. «Systematisch gemacht wurde das aber ziemlich sicher nicht.»
Sowieso hätten die Patientinnen zu jener Zeit kaum Rechte gehabt. «Es
herrschte ein sehr paternalistisches Arzt-Patienten-Verhältnis. In der
Psychiatrie wurde das durch die häufige Urteilsunfähigkeit der
Eingewiesenen noch verstärkt.» Wollten die Betroffenen also ein
Testpräparat nicht einnehmen, redete man ihnen gut zu. «Weigerten sie
sich nach wie vor, wurde es ihnen oftmals injiziert.»
Die Versuche seien aber keineswegs verheimlicht worden. Es sei auch
anzunehmen, dass die Berner Behörden davon gewusst haben. «Schliesslich
waren damals die Kantone für die Zulassung von neuen Medikamenten
zuständig.» Praxistests seien zwar vorausgesetzt worden, jedoch ohne
Gesetze oder Richtlinien vorzugeben, wie diese durchgeführt werden
sollen. «Die Versuche bewegten sich somit in einem Graubereich.»
H. A. wehrte sich vergeblich
Für Manser-Egli ist ihre Dissertation nur ein erster Schritt bei der
Aufarbeitung dieses Themas. «Erst eine grössere Stichprobe sowie der
Einbezug aller psychiatrischen Kliniken im Kanton Bern kann ein klareres
Bild der damaligen Situation zeigen», sagt sie. Auch die
Kinderpsychiatrische Klinik Neuhaus sollte miteinbezogen werden, um zu
überprüfen, ob es auch Versuche mit Kindern und Jugendlichen gegeben
hat. «Mir geht es keinesfalls um eine Schuldzuweisung, sondern um einen
offenen Umgang mit der Vergangenheit», sagt Manser-Egli. Noch besser
fände sie eine national koordinierte Aufarbeitung des Themas.
Die junge Frau H. A., die Ende 1969 an einem Medikamententest teilnehmen
musste, konnte noch im selben Jahr die Klinik verlassen. 1974 wandte
sie sich dann in einem Brief an die Firma Wander AG, die das Präparat HF
1854 hergestellt hatte, das ihr verabreicht worden war. Sie habe «gegen
ihren Willen» an dem Versuch teilnehmen müssen, bis jetzt aber keine
Entschädigung dafür erhalten, schreibt H. A. Dann zählt sie die bei ihr
aufgetretenen Nebenwirkungen auf:
Übergewicht, Haarausfall, Periodenverschiebung, Sehstörungen,
Hörstörungen, Sprechstörungen, Störungen im ganzen Hormonhaushalt,
Stoffwechselstörungen.
Das medizinische Büro der Firma Wander AG befand, dass der Brief
krankheitsbedingt entstanden sei. Und mass ihm keine weitere Bedeutung
bei.
* Initialen geändert
–
Kanton will keine weitere Aufarbeitung
Mindestens 33 noch nicht zugelassene Präparate wurden in den 1950er- und
1960er-Jahren in der damaligen Universitären Psychiatrischen Klinik
Waldau an Patientinnen und Patienten getestet. Erstmals wurde dieses
dunkle Kapitel in einer Dissertation untersucht. Ein komplettes Bild der
Versuche liegt mit der aktuellen Studie aber noch nicht vor. Trotzdem
sieht die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) von
SVP-Regierungsrat Pierre Alain Schnegg keinen Bedarf für weitere
Abklärungen.
«In verschiedenen Kantonen wurden bereits Studien zu den
Medikamentenversuchen in den jeweiligen psychiatrischen Kliniken in
Auftrag gegeben. Die Resultate sind stets ähnlich», sagt
Kantonsapotheker Samuel Steiner. Deshalb sei es nicht notwendig, dass
nun auch noch Bern Geld für eine weitere solche Studie ausgebe.
«Sinnvoller wäre ein national koordiniertes Vorgehen, beispielsweise
ähnlich wie bei den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und
Fremdplatzierungen», so Steiner.
Ursula Marti, SP-Grossrätin, kann diese Haltung nur teilweise
nachvollziehen. Sie setzte sich schon vor zwei Jahren für eine komplette
Aufarbeitung innerhalb des Kantons Bern ein. Damals nahm das Parlament
ihren Vorstoss als Postulat an. Auch Schnegg befürwortete das. Er wollte
aber zuerst die Resultate der Dissertation abwarten, bevor über das
weitere Vorgehen entschieden werden sollte.
Marti fände eine nationale Aufarbeitung ebenfalls sinnvoll. Da momentan
aber keine solche geplant sei, müsse der Kanton die Verantwortung
übernehmen. Sie anerkennt zwar, dass es sich damals um eine andere Zeit
gehandelt habe und die Ärzte es «gut gemeint» hätten. Trotzdem sei den
Patienten Unrecht getan worden. «Wir sind ihnen eine Aufarbeitung
schuldig.» Andere Kantone würden mit gutem Beispiel vorangehen.
Im Falle der psychiatrischen Klinik Münsterlingen hat sich die Regierung
des Kantons Thurgau beispielsweise bei allen über 3’000 Patientinnen
und Patienten entschuldigt, die an den Versuchen teilnehmen mussten.
Zudem will sie die geplante Gedenkstätte für die Opfer fürsorgerischer
Zwangsmassnahmen erweitern und dort auch den Betroffenen der
Medikamententests die Ehre erweisen. Insgesamt gab der Kanton Thurgau
75’0000 Franken für das entsprechende Forschungsprojekt aus.
Marti will nun erneut einen Vorstoss einreichen, um auch die Berner GSI
dazu zu verpflichten, eine umfassende Studie in Auftrag zu geben.
Schliesslich sei es auch für den Kanton selbst wichtig, dass er seine
eigene Medizingeschichte kenne.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/patienten-mussten-gegen-ihren-willen-medikamente-testen/story/12114049)