Medienspiegel 19. Dezember 2019

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+++BERN
bernerzeitung.ch 18.12.2019

Familie kann vorerst bleiben

Herrenschwanden – Die sri-lankische Familie mit zwei Kindern muss am Donnerstag nicht ausreisen. Weihnachten verbringt sie in der Schweiz. Die Zukunft bleibt aber ungewiss.

Johannes Reichen

Als Datum stand der 19. Dezember 2019 fest. Am Donnerstag sollte eine tamilische Familie aus Sri Lanka in ihr Heimatland zurückreisen müssen. Die Familie, die in der Kollektivunterkunft in Herrenschwanden lebt, hatte sich erfolglos gegen einen negativen Asylentscheid gewehrt. Nun aber kann die Familie vorderhand in der Schweiz bleiben, wie Thirza Schneider berichtet. Sie arbeitet freiwillig in der Kollektivunterkunft und setzt sich für den Verbleib der Familie ein.

Am 11. Dezember reichte die Familie beim Staatssekretariat für Migration (SEM) ein Wiedererwägungsgesuch ein. Sie hofft weiterhin auf Asyl in der Schweiz. Am Tag darauf ersuchte das SEM das kantonale Migrationsamt in einem Brief, «vom Vollzug der Wegweisung abzusehen». Auch Vorbereitungshandlungen inklusive die Papierbeschaffung seien zu sistieren.

Schneider hat erfahren, dass der Bund einen generellen Vollzugsstopp nach Sri Lanka verfügt hat. Das SEM nimmt zu dieser Information keine Stellung. Mediensprecher Lukas Rieder antwortet auf eine Anfrage, dass die Situation zwischen Sri Lanka und der Schweiz angespannt bleibe. «Das SEM beurteilt die Rückkehr nach Sri Lanka jedoch grundsätzlich als möglich, da keine generelle Gefährdung vorliegt.» Allerdings werde in jedem einzelnen Fall abgeklärt, ob eine Rückführung mit Risiken für die betroffene Person verbunden sei. Falls dies der Fall sei, werde die Rückführung aufgeschoben. «Freiwillige Ausreisen seien jederzeit weiterhin möglich.»

Mehr Unterstützung

Die Zukunft der Familie aus Herrenschwanden bleibt indes ungewiss. «Alles, was wir wissen, ist, dass sie heute nicht fliegen müssen», sagt Schneider. «Was nächstes Jahr ist, wissen wir hingegen nicht.» Sie hoffe weiter, dass das Wiedererwägungsgesuch der Familie Wirkung zeigt. Und sie hat auch ihre Online-Petition mit rund 1’500 Unterschriften an das SEM weitergeleitet. Auch Eltern von Freunden der beiden Kinder würden sich nun für die Familie einsetzen.

Schneider hält eine Rückführung der Familie für unzumutbar. Die Kinder, 5- und 9-jährig, seien hier bestens integriert und hätten nie in Sri Lanka gelebt. Der Vater sei psychisch und gesundheitlich angeschlagen. Ihm als ehemaligem und unfreiwilligem Kollaborateur der Tamil Tigers drohe dort die Verhaftung.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/region-bern/familie-kann-vorerst-bleiben/story/18083977)


+++THURGAU
Weit mehr als nur ein Hobby: Migrantinnen lernen in Kreuzlingen Deutsch und Nähen
Der Kreuzlinger Verein Agathu bringt Migrantinnen gleichzeitig Deutsch und das Nähen bei. Im Nähcafé stellen sie aus alten Herrenhemden Taschen her.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/weit-mehr-als-nur-ein-hobby-migrantinnen-lernen-in-kreuzlingen-deutsch-und-naehen-ld.1179055


In Kreuzlingen leben deutlich weniger Flüchtlinge, also wird auch die Weihnachtsfeier kleiner
Statt im Dreispitzsaal richten die Seelsorger des Asylzentrums die Feier im Flüchtlingscafé des Agathus aus.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/in-kreuzlingen-leben-deutlich-weniger-fluechtlinge-also-wird-auch-die-weihnachtsfeier-kleiner-ld.1179340


+++DEUTSCHLAND
Die Folgen der »konsequenten Abschiebepolitik«
Auch im Jahr 2019 gab es voraussichtlich wieder über 20.000 Abschiebungen. Aber was heißt es in der Realität, wenn Politiker*innen davon sprechen, »endlich konsequent abzuschieben«? Wir berichten von zehn Fällen aus dem vergangenen Jahr.
https://www.proasyl.de/news/die-folgen-der-konsequenten-abschiebepolitik/


Türkei: Abschiebung in den Unrechtsstaat
Oppositionellen drohen in der Türkei Schauprozesse und willkürliche Verhaftungen. Das haben zahlreiche Beispiele bereits gezeigt. Trotzdem scheut Deutschland nicht davor zurück, Oppositionelle in die Türkei abzuschieben – und kooperiert dabei sogar mit den dortigen Behörden.
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-tuerkei-abschiebung-in-den-unrechtsstaat-100.html


+++GRIECHENLAND
Griechenland: Ausschreitungen in Flüchtlingslager auf Samos
Auf der griechischen Insel hat es Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Migranten gegeben. Diese wollen auf das Festland, da das Lager auf Samos völlig überfüllt ist.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-12/griechenland-migration-ausschreitungen-fluechtlingslager-samos-feuer


+++ITALIEN
Gerichtsurteil: Italien muss Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ freigeben
Das Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ von Kapitänin Carola Rackete war vor sechs Monaten in Italien beschlagnahmt worden. Jetzt hat ein Gericht entschieden, dass die Besitzer das Schiff zurückerhalten.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/sea-watch-3-italien-muss-rettungsschiff-freigeben-a-1302168.html
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-12/rettungsschiff-sea-watch-3-italien-seenotrettung-freilassung
-> https://taz.de/Rettungsschiff-darf-wieder-fahren/!5651836/
-> https://www.zdf.de/nachrichten/heute/sea-watch-3-wieder-freigelassen-100.html
-> https://www.nau.ch/news/menschen/rettungsschiff-sea-watch-3-darf-wieder-in-see-stechen-65631496
-> https://ffm-online.org/sea-watch-3-ist-frei-sea-watch-gewinnt-berufungsprozess-vor-dem-italienischen-zivilgericht/?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter


+++MITTELMEER
Besonders unvergessliche Alarm-Phone-Fälle
Es ist uns leider unmöglich, uns an jeden einzelnen Fall zu erinnern, da unser grosses Netzwerk seit fünf Jahren fast täglich, zumindest wöchentlich, Seenotanrufe erhält. Die Tausende von Fällen, an denen wir gearbeitet haben, wurden von einer Vielzahl von Mitgliedern aus unterschiedlichen Schichtteams begleitet. Einige der Seenotsituationen haben tiefe Eindrücke hinterlassen, wohingegen andere mit der Zeit verblasst sind.Wir haben Sprachnachrichten und Videos erhalten, auf denen die Reisenden ihre Ankunft in Europa feierten. Wir haben erlebt, wie Menschen nach Stunden auf See ohne Aussicht auf Rettung panisch wurden. Und wir mussten erleben, wie die Kommunikation zu Booten abbrach und wir Stunden später herausfanden, dass diese Menschen es nicht geschafft, sondern ihr Leben verloren hatten. Wir können der Vielfältigkeit unserer Erfahrungen und Eindrücke in diesem Text nicht gerecht werden. Trotzdem möchten wir hier einige der aktuellen Fälle aus allen drei Regionen beschreiben, die für viele von uns bedeutsam waren.
https://alarmphone.org/de/2019/12/15/besonders-unvergessliche-faelle/


Flüchtlinge in Seenot: Papst kritisiert Blockade von Rettungsschiffen
Papst Franziskus hat mehr Hilfe für Flüchtlinge auf dem Meer gefordert. Der „Schrei der Verzweiflung“ all jener, die ihren Tod auf hoher See riskierten, dürfe nicht überhört werden.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/papst-franziskus-kritisiert-blockade-von-rettungsschiffen-fuer-migranten-a-1302144.html


+++EUROPA
EU organisiert Push-back nach Libyen mit privaten Frachtschiffen
‘Privatised push-back’: This new strategy has been implemented by Italy, in collaboration with the LYCG, since mid-2018, as a new modality of delegated rescue, intended to enforce border control and contain the movement of migrants from the Global South seeking to reach Europe.
This report is an investigation into this case and new pattern of practice.
https://ffm-online.org/eu-organisiert-push-back-nach-libyen-mit-privaten-frachtschiffen/


+++LIBYEN
Thomas Hüskens sorgenvoller Blick auf Libyen
Mehr und mehr wird Libyen zum Schauplatz eines internationalen Konflikts. Verschiedene Mächte tragen in diesem gescheiterten nordafrikanischen Staat ein geopolitisches Machtspiel aus. Der deutsche Ethnologe und Libyen-Kenner Thomas Hüsken ordnet im Tagesgespräch die unterschiedlichen Interessen ein.
https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/thomas-hueskens-sorgenvoller-blick-auf-libyen


+++GASSE
Raue Strasse unter warmen Füssen – Heidi Waldmeier schlägt sich durch
Der Armutbetroffenen wurde vom Leben wenig geschenkt. Ein Porträt aus dem Herzen einer abgebrannten Kleinbasler Gesellschaft.
https://www.bajour.ch/a/5J7HUZne31/raue-strasse-unter-warmen-fussen-heidi-waldmeier-schlagt-sich-durch


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Für politische Aktivisten ein hartes Pflaster: Zug kämpft mit Absperrgittern gegen Unterschriftensammler
Eine Busse wegen unbewilligten Betretens der Strasse gabs für den Frauenstreik. Eine polizeiliche Einvernahme für die Organisatorin der Velodemo wegen «dauernden Klingelns mit der Fahrradklingel» folgte. Und nun eine Strafanzeige gegen einen Politiker, der vor dem Zuger Wahllokal Unterschriften sammelte. Was ist los in der weltoffenen Kleinstadt Zug?
https://www.zentralplus.ch/zug-kaempft-mit-absperrgittern-gegen-unterschriftensammler-1683077/


Farbangriff und Sabotage bei Tornos Hauptsitz
Tornos wird heute keine Werkzeugmaschinen für die Erdogan-Diktatur herstellen.
Die Türen der Tornos-Fabrik in Moutiers wurden sabotiert und die Parolen „Keine Geschäfte mit dem faschistischen türkischen Staat“ wurden auf das Gebäude gesprüht. Mit dieser Aktion sollte die Produktion eines Auftrags für Werkzeugmaschinen, die zur Herstellung von Raketen in die Türkei geliefert wurden, verhindert werden.
https://barrikade.info/article/3003


+++KNAST
Gefängnis-Erweiterung Bässlergut geht Anfang 2020 in Betrieb
Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit wird der Erweiterungsbau des Gefängnisses Bässlergut Anfang 2020 in Betrieb gehen. Der Neubau bietet Platz für 78 Häftlinge.
https://telebasel.ch/2019/12/19/gefaengnis-erweiterung-baesslergut-geht-anfang-2020-in-betrieb
-> https://www.bzbasel.ch/schweiz/neues-basler-baesslergut-geht-anfang-2020-in-betrieb-136130266
-> https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/gefaengnis-baesslergut-ii-parat-neubau-wegen-verschaerfter-urteilssprueche-noetig-geworden
-> https://www.bs.ch/nm/2019-erweiterungsbau-des-gefaengnisses-baesslergut-geht-anfang-2020-in-betrieb-jsd.html


+++POLICE BE

bernerzeitung.ch 20.12.2019

Polizist wehrte sich gegen Blutanalyse

Stadt Bern – Im Juli starb bei einem Polizeieinsatz ein Mann. Ein Polizist wehrte sich gegen die Auswertung Blut- und Urinprobe. Die Staatsanwaltschaft krebste daraufhin zurück. Das Obergericht gibt nun dem Polizisten recht.

Am 17. Juli dieses Jahres kam es im Berner Schönbergquartier zu einem fatalen Polizeieinsatz. Ein 36-Jähriger war aus einer psychiatrischen Einrichtung entwichen. Als zwei Polizisten ihn bei seinen Eltern aufsuchen, eskaliert die Situation. Der polizeilich bekannte Waffenfan stirbt durch eine Schussabgabe eines Beamten. Die Hintergründe sind noch immer unklar. Bekannt ist nur, dass die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Tötung gegen den Polizisten eingeleitet hat.

Ein Beschluss der Beschwerdekammer des Berner Obergerichts gibt nun einen kleinen Einblick in das laufende Verfahren. Daraus geht hervor, dass sich einer der beiden am tödlichen Einsatz beteiligten Polizisten gegen die Auswertung einer Blut- und Urinprobe wehrte. Es handelt sich um den Patrouillenpartner des beschuldigten Polizisten. Weil auch dieser «direkt am Vorfall beteiligt» gewesen sei, sei eine «Untersuchung seines Zustandes zur Tatzeit» gerechtfertigt, fand die Staatsanwaltschaft. Gegen den Mann läuft jedoch kein Strafverfahren.

Später revidierte die Staatsanwaltschaft die Verfügung. Auf eine Analyse der Blut- und Urinproben des Patrouillenpartners wird demnach vorläufig verzichtet. Die Proben werden jedoch aufbewahrt, um sie im Bedarfsfall auszuwerten. Damit kann der Polizist offenbar leben. Er beantragte, das ursprüngliche Beschwerdeverfahren abzuschreiben, wobei der Kanton die Kosten übernehmen müsse. Die Staatsanwaltschaft fand jedoch, auch der Beschwerdeführer müsse einen Anteil zahlen.

Die Beschwerdekammer des Obergerichts gibt nun dem Polizisten recht. Das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. Die Kosten von 500 Franken muss der Kanton übernehmen. Zusätzlich erhält der Beamte 2100 Franken als Entschädigung für die entstandenen Kosten. (mib)
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/polizist-wehrte-sich-gegen-blutanalyse/story/18809771)


+++POLICE DE
@polizeiberlin – Instrument zur politischen Einflussnahme
Wie sehr die Polizei, deren Handlungen bis dahin kaum öffentlich dokumentiert wurden, von den „neuen“ Medien herausgefordert wird, zeigte sich im Jahr 2015 in Spanien. Dort wurde im Zuge eines Gesetzes – das vor allem das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einschränkte – auch verboten, Bilder von Polizeikräften ohne deren Einverständnis ins Internet zu stellen. Erstes Opfer der neuen Regelung wurde jemand, der ein Foto von einem Polizeiauto veröffentlichte, das auf einem Behindertenparkplatz abgestellt war. Obwohl auf dem Foto niemand im Auto zu sehen war, setzte es eine Strafe von 800 Euro.
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/polizeiberlin-%E2%80%93-instrument-zur-politischen-einflussnahme


+++ANTIRA
Café Mohrenkopf: Stadt Zürich will es umbenennen
Die Zürcher Liegenschaftsverwaltung sucht neue Pächter für das Café Mohrenkopf. Mit den neuen Mietern soll auch der Name ändern.
https://www.nau.ch/news/schweiz/cafe-mohrenkopf-stadt-zurich-will-es-umbenennen-65631466


+++RECHTSEXTREMISMUS
Dr. Strangelove und die dunkle Seite der Macht
Von Esoterik und Verschwörungstheorien in und um Bern
Unser aller Videoapotheker Stefan „Dr. Strangelove“ Theiler wäre eigentlich ein liebenswerter Hippie-Nerd. Wäre – denn nicht so liebenswert ist die Tatsache, dass er mit seinem kleinen Laden in der Rathausgasse immer mehr zur Propaganda-Drehscheibe für lokale und internationale Verschwörungsideologie-Netzwerke mutiert. Eine kleine unvollständige Annäherung.
https://barrikade.info/article/3000


Lokalpolitikerin verbreitet rechte Verschwörungstheorien
Allschwil – Ursula Krieger macht in einem Chat Aussagen, die bei Rechtsextremen gut ankommen. Hat sie sich damit als Antisemitin entlarvt?
https://www.bazonline.ch/basel/land/lokalpolitikerin-verbreitet-rechte-verschwoerungstheorien/story/29113874
-> https://www.bajour.ch/lokalpolitikerin-verbreitet-in-basler-chat-antisemitische-verschwoerungstheorien
-> https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/-Ich-bin-keine-Antisemitin–im-Gegenteil–26738867
-> https://telebasel.ch/2019/12/17/allschwiler-politikerin-teilt-antisemitische-verschwoerungstheorien/?channel=105100


Uniter: Paramilitärisches Training für Zivilisten?
Schießtraining, paramilitärisches Auftreten. Der Verein Uniter war zuletzt viel in den Schlagzeilen. MONITOR liegt erstmals ein Video vor, das zeigt, wie unter dem Dach des Vereins Zivilisten militärisch ausgebildet wurden. Trainiert von einem Mitglied des Vereins mit Kontakten in die rechtsextreme Szene.
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-uniter-paramilitaerisches-training-fuer-zivilisten-100.html
-> https://www.youtube.com/watch?v=bDEe_R9W1Q0&feature=youtu.be


+++WEF
«50 Jahre WEF sind genug!»
Im Januar wird die Tour de Lorraine 20 Jahre alt. Im Interview erklärt Mitorganisatorin Andrea Meier, dass es nicht schlimm ist, als Party wahrgenommen zu werden und weshalb Klimawandel und Systemwandel unbedingt im selben Satz gesagt werden müssen.
https://www.journal-b.ch/de/082013/politik/3456/%C2%AB50-Jahre-WEF-sind-genug!%C2%BB.htm


+++HISTORY
Pässe, Profiteure, Polizei: Die Geschichte eines Schweizer Kriegsgeheimnisses
Hunderte von Juden und Jüdinnen aus Mittel- und Osteuropa entkamen der Vernichtung durch die Nazis dank lateinamerikanischer Pässe, die aus diplomatischen Kreisen der Schweiz stammten. Das Jüdische Museum der Schweiz in Basel widmet diesem wenig bekannten Kapitel der Schweizer Geschichte eine Ausstellung.
http://www.swissinfo.ch/ger/juedisches-museum-der-schweiz_paesse–profiteure–polizei–die-geschichte-eines-schweizer-kriegsgeheimnisses/45427098


+++PROPAGANDA
tagesanzeiger.ch 19.12.2019

Chinesische Propaganda überschwemmt die Zentralschweiz

Die PR-Maschinerie geht weiter: China präsentiert sich in einer Beilage zur «Luzerner Zeitung» als «Vorbild für die Menschheit».

Markus Häfliger

Es sind bemerkenswerte Sätze über China, die die Leser der «Luzerner Zeitung» heute zum Frühstück serviert bekamen. China sei «ein Vorbild für die Zukunftsgemeinschaft der Menschheit». – «China nimmt die Rolle eines Garanten für den Weltfrieden ein.» – «Die Kommunistische Partei Chinas hatte stets das Ziel vor Augen, dass die Bevölkerung glücklich werde und dass die Völker Chinas wieder erwachen.»

Die gestelzten Lobpreisungen über China finden sich in einer Beilage, die heute der «Luzerner Zeitung» und ihren Kopfblättern in der Zentralschweiz beiliegt. Gesamtauflage: gut 100’000 Exemplare. Die achtseitige Beilage beschreibt die wirtschaftlichen und politischen Errungenschaften der Volksrepublik in den höchsten Tönen. Kritische fehlen gänzlich. Es wird sogar insinuiert, die Chinesen könnten ihre Behörden demokratisch wählen.

Kein Wort findet sich dafür über die Hunderttausenden von Uiguren, die China in Gulag-ähnlichen Lagern einsperrt. Kein Wort über das Tiananmen-Massaker, das 1989 Tausende von Toten gefordert hat. Kein Wort über die Unterdrückung der freien Meinungsäusserung. Kein Wort über die orwellsche Totalüberwachung, welche die chinesische Regierung gegen ihre eigene Bevölkerung aufbaut. Auch in Hongkong will Chinas Regierung selbstverständlich nur das Gute, während die dortigen Demonstranten «Verbrechen» begehen.

Die einzige Passage, die auf den acht Seiten ansatzweise China-kritisch ist, lautet so: Bei der Entwicklung des «Sozialismus chinesischer Prägung» sei China «ein paar Umwege gegangen» und habe «sogar einige Fehler gemacht».

Auch Schweizer Autoren

Der Inhalt der Beilage stammt nicht von der Redaktion der «Luzerner Zeitung», sondern vom chinesischen Staat, genauer: vom chinesischen Generalkonsulat in Zürich. Im Impressum wird sie als «kommerzielle Publikation des Generalkonsulats der Volksrepublik China» ausgewiesen. Als Autor des Hauptartikels, aus dem alle oben zitierten Sätze stammen, tritt der Generalkonsul Qinghua Zhao auf. Auch ein Schweizer Autor unterstützt die Beilage mit einem wohlwollenden Beitrag: Thomas Wagner, der frühere Zürcher Stadtpräsident und heutige Ehrenpräsident der Gesellschaft Schweiz – China.

Die Publikation der aussergewöhnlichen Beilage erfolgt, bloss zwei Tage nachdem eine ähnliche Propagandaoffensive Chinas in der «Weltwoche» zum Thema wurde. Das Wochenblatt lässt den chinesischen Botschafter in Bern, Geng Wenbing, bereits seit April 2019 eine wöchentliche Kolumne schreiben – nicht als bezahltes Inserat, sondern im redaktionellen Teil. In seinen bisher neun Kolumnen verbreitet Wenbing ungefiltert die chinesische Staatspropaganda. In der Ausgabe von dieser Woche beschreibt er die Probleme in Hongkong als alleinige Folge «erpresserischer Aktionen» gewalttätiger Aktivisten.

Wie die «NZZ» diese Woche berichtet hat, erhält die «Weltwoche» für die Kolumnen des Botschafters geldwerte Gegenleistungen: Die chinesische Botschaft habe dem Blatt mindestens acht ganzseitige Inserate von chinesischen Firmen zugeschanzt und den Firmen sogar die Inserierungskosten offeriert.

Zudem hat die «Weltwoche» innert eines Jahres zwei umfangreiche Beilagen über China publiziert. Diese wurden von «Weltwoche»-Autoren verfasst, aber laut «NZZ» inhaltlich zumindest teilweise mit der chinesischen Botschaft abgesprochen. So bezeichnet ein «Weltwoche»-Journalist in einer dieser Beilagen das Tiananmen-Massaker von 1989 beschönigend als «Ereignis» – eine verharmlosende Begrifflichkeit, wie sie auch die chinesische Staatspropaganda verwendet. (Wir berichteten.)

«Wir lehnen die Inhalte ab»

Die Beilage zur «Luzerner Zeitung» sei ein ganz anderer Fall, sagt Pascal Hollenstein, publizistischer Leiter des Medienkonzerns CH Media, zu dem die «Luzerner Zeitung» gehört. Es handle sich bei der Beilage um nichts anderes als ein grosses Inserat. Und die Trennung zwischen Inserateabteilung und Redaktion sei «strikt» – so wie bei Inseraten für Uhren, Autos oder andere Güter. Das chinesische Generalkonsulat habe für die Beilage auch den normalen Tarif bezahlt, sagt Hollenstein.

Das einzige Kriterium für die Publikation sei gewesen, ob der Inhalt der Beilage schweizerisches Recht und die öffentlichen Sitten respektiere. Weil diese Bedingungen erfüllt seien, habe man die Beilage angenommen, so Hollenstein. «Die Redaktion hat sich weder an der Erstellung dieser Beilage beteiligt, noch steht sie hinter dem Inhalt», sagt Hollenstein. «Wir lehnen die Inhalte sogar weitgehend ab. Das geht auch aus unseren Kommentaren und Artikeln zu China im redaktionellen Teil der Zeitung klar hervor.»
(https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/chinesische-propaganda-ueberschwemmt-die-zentralschweiz/story/17607280)