Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BERN
Diskussion im Kantonsparlament – Auch abgewiesene Asylsuchende sollen Lehre fertig machen dürfen
Für Asylsuchende, Lehrbetriebe und Berufsschulen ist die Situation derzeit schwierig. Sie hoffen auf eine Änderung.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/diskussion-im-kantonsparlament-auch-abgewiesene-asylsuchende-sollen-lehre-fertig-machen-duerfen
Interpellation Grüne – Welche Verantwortung übernimmt der Kanton als
Auftraggeber für Massenentlassungen im Asyl- und Flüchtlingsbereich
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-fba99d6655ba410a98e720397eb50571.html
Freiwillig engagiert – Stadt Bern verleiht Sozialpreis 2019 – RaBe-Info 06.12.2019
Freiwillig.engagiert – so heisst der Sozialpreis der Stadt Bern, der
jedes Jahr verliehen wird. Ausgezeichnet wird ehrenamtliches Engagement
in der Stadt Bern. Von den 27 eingereichten Projekten erhielten in
diesem Jahr vier eine Auszeichnung. Mit jeweils 3000 Franken honoriert
wurden zwei Sprachintegrationsprojekte: Der Asyltreff der Länggasse und
Deutsch Lernfoyer und Deutsch Bern West. Beide bieten kostenlose
Deutschkurse für Geflüchtete und Migrant*innen an. Je 7000 Franken
erhielten zwei Gartenprojekte: Food for Souls und HEKS neue Gärten Bern.
https://rabe.ch/2019/12/06/besuch-beim-samichlous/
+++GRAUBÜNDEN
Streitpunkt Übertritt – Der Grosse Rat will an den umstrittenen Asylschulen nichts ändern
Geflüchtete Kinder besuchen teilweise jahrelang heiminterne Schulen. Trotz Kritik hält das Bündner Parlament daran fest.
https://www.srf.ch/news/regional/graubuenden/streitpunkt-uebertritt-der-grosse-rat-will-an-den-umstrittenen-asylschulen-nichts-aendern
+++NIWALDEN
Dieser Brasilianerin droht die Ausschaffung: Warum darf sie keine Lehre machen?
Trotz guter Integration droht Kelly Alves die Ausschaffung. Die junge
Brasilianerin fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen.
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/dieser-brasilianerin-droht-die-ausschaffung-warum-darf-sie-keine-lehre-machen-ld.1175327
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/nidwalden/kopie-von-dieser-brasilianerin-droht-die-ausschaffung-warum-darf-sie-keine-lehre-machen-ld.1175399
+++SCHWEIZ
Trotz der diplomatischen Krise schafft die Schweiz Tamilen nach Sri Lanka aus
Die Beziehungen zu Colombo sind nach der Attacke auf eine
Botschaftsmitarbeiterin an einem Tiefpunkt angelangt. Dennoch will der
Bund weiter abgewiesene Asylbewerber zurückführen. Dies stösst auf
Unverständnis.
https://www.nzz.ch/schweiz/trotz-der-diplomatischen-krise-schafft-die-schweiz-tamilen-nach-sri-lanka-aus-ld.1526306
-> Medienmitteilung SFH: https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2019/keine-rueckfuehrungen-nach-sri-lanka.html
+++BALKANROUTE
Migranten in Bosnien: Zwischen Kälte und dem Traum von der EU
Wegen der Kälte haben viele das Zeltlager Vucjak verlassen. Doch manche
möchten bleiben, weil sie in der Nähe der kroatischen Grenze bleiben
wollen
https://www.derstandard.at/story/2000111928155/migranten-in-bosnien-zwischen-kaelte-und-dem-traum-von-der
+++MITTELMEER
Warum Seenotrettung auch die Schweiz etwas angeht
In diesem Jahr starben über 1000 Menschen, die versuchten über das
Mittelmeer nach Europa überzufahren. Europa, auch die Schweiz, hadert an
einer solidarischen Lösung.
https://tsri.ch/zh/seenotrettung-schweiz-sos-mediterranee-politik-migration/
Seenotrettung: „Sea-Watch 3“ fährt nun unter deutscher Flagge
Das Boot „Sea-Watch 3“, mit dem im Mittelmeer Schiffbrüchige geborgen
werden, trägt nun Schwarz-Rot-Gold. Wegen zu strenger Auflagen durch die
Niederlande ist das Schiff nun in Deutschland registriert.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sea-watch-3-bei-seenotrettung-nun-unter-deutscher-flagge-a-1299947.html
+++ATLANTIK
Tote vor Kanarischen Inseln – «Der Atlantik ist viel gefährlicher als das Mittelmeer»
Für Migranten ist es schwerer geworden, übers Mittelmeer nach Europa zu kommen. Immer mehr weichen auf den Atlantik aus.
https://www.srf.ch/news/international/tote-vor-kanarischen-inseln-der-atlantik-ist-viel-gefaehrlicher-als-das-mittelmeer
Migrationsabwehr – Über dem Ärmelkanal fliegen jetzt Drohnen
1.700 MigrantInnen sollen dieses Jahr mit kleinen Booten die Meerenge
zwischen Frankreich und Großbritannien überquert haben. Beide
Regierungen haben im nächsten Jahr Patrouillen mit Drohnen bei der
Europäischen Union bestellt. Bis dahin fliegen die Grenzbehörden mit
eigenen Luftfahrzeugen.
https://netzpolitik.org/2019/ueber-dem-aermelkanal-fliegen-jetzt-drohnen/#spendenleiste
+++FREIRÄUME
«Räume für Frauen und Queers entsprechen einem Bedürfnis»
Mit einem Fest öffnet das feministische Streikhaus am Sihlquai 115
morgen Samstag seine Tore. Weshalb es in Zürich ein solches Haus
braucht, erklären Anna Schmid und Linda Zobrist vom Zürcher
Frauen*streikkollektiv im Gespräch mit Nicole Soland.
https://www.pszeitung.ch/raeume-fuer-frauen-und-queers-entsprechen-einem-beduerfnis/#top
+++GASSE
«Wir halten uns an die Regeln der Leute auf der Gasse»
Seit 31 Jahren bietet die kirchliche Gassenarbeit Bern Begleitung für
Menschen an, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Gasse haben. Das m* hat
mit Nora und Eva gesprochen, die für den Verein als Gassenarbeiterinnen
arbeiten.
https://www.megafon.ch/uf-dr-gass/?artikel=%C2%ABWir+halten+uns+an+die+Regeln+der+Leute+auf+der+Gasse%C2%BB
Uf dr Gass
Ausschnitte aus einem Gespräch mit fünf Frauen über ihr Leben auf der
Strasse. Eine Textcollage, die Einblicke bieten soll in Realitäten von
Frauen, die von Armut betroffen sind und/oder ohne Obdach leben.
https://www.megafon.ch/uf-dr-gass/?artikel=Uf+dr+Gass
+++DROGENPOLITIK
bernerzeitung.ch 06.12.2019
Vitali Klitschko will nach Treffen mit von Graffenried «Fixerstübli» einrichten
Alec von Graffenried (GFL) trat in Kiew an einer Konferenz zur
Drogenpolitik auf. Der Berner Stadtpräsident überzeugte den dortigen
Bürgermeister Vitali Klitschko, ein Fixerstübli zu eröffnen.
Der Berner Stadtpräsident legt grossen Wert auf den internationalen
Austausch unter Seinesgleichen. Am Donnerstag und Freitag weilte Alec
von Graffenried (GFL) in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Am Donnerstag traf er den weltweit berühmtesten Kollegen, den früheren
Boxweltmeister Vitali Klitschko zu einem zweistündigen Austausch. Dieser
ist Bürgermeister von Kiew.
«Bürgermeister Vitali Klitschko will ein Fixerstübli nach Berner Vorbild
bauen», freute sich von Graffenried in seinem Tweet. Laut dem
Stadtpräsidenten besuchte bereits vor etwa zwei Jahren eine Delegation
aus Kiew die Stadt Bern und informierte sich über die Institutionen der
städtischen Drogenpolitik.
Austausch mit 9 osteuropäischen und zentralasiatischen Städten über
Nothilfe in der Drogenpolitik. Bürgermeister Vitali Klitschko will ein
Fixerstübli nach Berner Vorbild bauen. Merci für die Einladung nach
Kyiv! pic.twitter.com/yTFPraSlRD
— Alec von Graffenried (@avongraffenried) December 6, 2019
Werbung fürs Fixerstübli
Am Freitag stellte er an einer Konferenz zum Thema Drogenpolitik die
Berner Drogenabgabestelle vor. «Ich habe meinen Kollegen erklärt, dass
sie diesen Menschen aus humanitären Gründen helfen müssen.
Die Bürgermeister müssen die Verantwortung für die Nothilfe übernehmen,
also zum Beispiel eine Drogenanlaufstelle eröffnen, damit es
funktioniert», erzählte Alec von Graffenried am Freitagabend nach seiner
Rückkehr in die Schweiz.
An der Konferenz haben zahlreiche Bürgermeister aus Osteuropa und
Zentralasien teilgenommen. «Viele von ihnen haben in ihren Städten
grosse Drogenprobleme. Zahlreiche Drogenabhängige stecken sich nach wie
vor mit dem HI-Virus und Hepatitis an. Die dortigen Bürgermeister können
sich gar nicht vorstellen, was eine Drogenanlaufstelle ist», sagte von
Graffenried.
Bei den Drogenanlaufstelle handle es sich um eine Schweizer und eine
Berner Erfindung, die sich bewährt habe. Er habe versucht, den
anwesenden Bürgermeistern Mut zu machen, in ihren Städten ebenfalls
solche Institutionen aufzubauen, um die Not zu lindern.
Die zweite Auslandreise
Bereits Anfang November hatte sich der Stadtpräsident Zeit für ein
Erfahrungsaustausch unter Kollegen genommen. Er nahm an einer
mehrtägigen Konferenz von Stadtpräsidenten in Südafrika teil.
Die SVP kritisierte den Stadtpräsidenten angesichts der Flugreise als
inkonsequent, weil er noch im Sommer den Klimanotstand ausgerufen habe.
Der Gemeinderat hielt in seiner Antwort auf einen SVP-Vorstoss fest,
dass die Stadt für den Flug eine Klimakompensation geleistet habe.
Auch für die Reise nach Kiew nahm der Stadtpräsident das Flugzeug. Er wurde dabei von Stadtschreiber Jürg Wichtermann begleitet.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/vitali-klitschko-will-nach-treffen-mit-von-graffenried-fixerstuebli-einrichten/story/26339368)
+++KNAST
Jetzt kann das Solothurner Untersuchungsgefängnis im «Schachen» geplant werden
Nach dem Bundesasylzentrum und dem Neubau des Justizvollzugsanstalt
Solothurn ist ein weiteres Bauprojekt im Flumenthaler «Schachen»
geplant: Ein Untersuchungsgefängnis. Auch dagegen regte sich Widerstand;
die letzten Einsprachen hat der Solothurner Regierungsrat nun
abgeschrieben. Das Projekt geht damit in die nächste Runde.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/jetzt-kann-das-solothurner-untersuchungsgefaengnis-im-schachen-geplant-werden-136069417
+++BIG BROTHER
Datenschutzkonvention des Europarates: Bundesrat verabschiedet Botschaft
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 6. Dezember 2019 die Botschaft
über die Genehmigung des Protokolls zur Änderung der
Datenschutzkonvention des Europarates verabschiedet. Mit einem Beitritt
zur modernisierten Konvention kann die Schweiz ein hohes
Datenschutzniveau für die Privatsphäre gewährleisten und den
grenzüberschreitenden Datenverkehr im öffentlichen Sektor sowie in der
Privatwirtschaft erleichtern.
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2019/2019-12-061.html
+++POLICE BE
Motion SVP/BDP/FDP/EDU – Verbesserungen beim Neubau des Polizeizentrums Niederwangen
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-8149419f413347949974702fb41db599.html
+++POLIZEI ZH
Maschinenpistolen, Schutzwesten, Mini-Zelle: Das steckt in einem Zürcher Polizeiauto
Es ist drei Tonnen schwer und kostet über 80’000 Franken: Das Auto der
Stadtpolizei Zürich. Polizist Marc Surber zeigt BLICK, was sich alles in
einem Polizeiauto befindet.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/maschinenpistolen-schutzwesten-und-eine-mini-zelle-das-steckt-in-einem-zuercher-polizeiauto-id7928833.html
+++POLIZEI CH
Neue Strategie des EJPD zur Kriminalitätsbekämpfung 2020-2023
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat den
Bundesrat in seiner Sitzung vom 06. Dezember 2019 über die neue
Strategie zur Kriminalitätsbekämpfung 2020-2023 informiert. Die
Strategie legt den Fokus auf die Bekämpfung von Terrorismus,
organisierter Kriminalität und anderer Formen transnationaler
Kriminalität. Der gewählte Ansatz ist umfassend und reicht von der
Prävention bis hin zur Repression, immer vereint mit Kooperation.
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2019/2019-12-06.html
+++RECHTSPOPULISMUS
«Zigeuner»-Plakat: JSVP-Chefs erneut verurteilt
Das Obergericht hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt: Die
Co-Präsidenten der Berner JSVP haben rassendiskriminierend gehandelt und
erhalten Geldstrafen.
https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/zigeunerplakat-jsvpchefs-erneut-verurteilt/story/17228633
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/-Wir-lassen-uns-nicht-unterdruecken–17640874
-> https://www.blick.ch/news/co-praesidenten-der-jungen-svp-verurteilt-zigeuner-plakat-war-rassistisch-id15651237.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/JSVP-Praesidenten-stehen-heute-vor-dem-Richter-18520207
-> https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/obergericht-bestaetigt-urteil-zwei-berner-politiker-wegen-rassendiskriminierung-verurteilt
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/berner-gericht-verschiebt-urteil-im-fall-von-zigeuner-plakat-65621027
-> https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/kanton-bern/chefs-der-jsvp-kanton-bern-erneut-verurteilt
-> https://twitter.com/jungesvp/status/1202970809184194562
-> https://www.nzz.ch/schweiz/zigeuner-plakat-chefs-der-jsvp-kanton-bern-erneut-verurteilt-ld.1526908
-> https://telebasel.ch/2019/12/06/adrian-spahr-erneut-wegen-rassen-diskriminierung-verurteilt/?channel=105105
-> https://www.telebielingue.ch/de/sendungen/2019-12-06-1#chapter-594b5ed0-6627-4e3e-8300-006661356fca
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/-jsvp-praesidenten-schockiert-ueber-rassismus-urteil-136074754
-> https://primenews.ch/news/2019/12/urteil-gegen-basler-polizist-wegen-rassen-diskriminierung-bestaetigt
—
derbund.ch 06.12.2019
JSVP-Präsidenten schuldig gesprochen
Es war Rassendiskriminierung. Das Berner Obergericht verurteilt Adrian
Spahr und Nils Fiechter und bestätigt damit das Urteil der Erstinstanz.
Mathias Streit
Der Facebook-Post der Jungen SVP Kanton Bern, der als «Zigeunerplakat»
bekannt wurde, ist rassistisch. Das hat das Berner Obergericht heute
entschieden und die beiden Co-Präsidenten der Partei, Nils Fiechter und
Adrian Spahr, der Rassendiskriminierung schuldig gesprochen worden. Das
Berner Obergericht bestätigt damit das Urteil der Vorinstanz. Diese
hatte die beide Jungpolitiker im Januar 2019 zu bedingten Geldstrafen
verurteilt.
Verband der Fahrenden wehrte sich
Grund für den Schuldspruch ist eine Karikatur, welche die bernische JSVP
im Februar 2018 in einem Beitrag auf Facebook veröffentlichten. Das
Bild zeigte Fahrende in einem riesigen Unrathaufen bestehend aus Abfall
und Kot. Ein Schweizer in Tracht mit Sennenmütze hielt sich ob des
Gestanks die Nase zu. «Wir sagen Nein zu Transitplätzen für ausländische
Zigeuner!», stand unter dem Bild.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker und der Verband Sinti und Roma
Schweiz erstatteten darauf Anzeige. Der Facebook-Beitrag verunglimpfe
die Fahrenden pauschal als schmutzig und kriminell. Das Regionalgericht
Bern teilte diese Ansicht in erster Instanz und verurteilte Fiechter und
Spahr wegen Rassendiskriminierung. Seinen Entscheid begründete das
Gericht mit einer «feindselige Haltung», die mit der Karikatur
vermittelt werde und die jegliches «Augenmass» vermissen lasse. Weil die
beiden Jungpolitiker das Urteil nicht akzeptierten, ging der Fall am
Obergericht in eine zweite Runde.
Verteidigungstaktik ging nicht auf
In der Anhörung letzte Woche hatten Fiechter und Spahr noch mit ihrem
Unwissen argumentiert. Ihnen sei nicht bewusst gewesen, dass dieser
Facebook-Post rassistsich sein könnte. Hinter diesem Vorgehen steckte
auch juristisches Kalkül: Gegen das Antirassismusgesetz kann nämlich nur
verstossen, wer dies bewusst macht.
Ihr Verteidiger Patrick Freudiger, der für die SVP im Berner
Kantonsparlament sitzt, präsentierte seine beiden Klienten deshalb als
unbeholfene Polit-Frischlinge. «Fiechter und Spahr sind weder
Berufspolitiker noch Kommunikationsprofis», sagte Freudiger. Es müsse
auch Nicht-Akademikern möglich sein, sich politisch zu äussern, ohne
gleich eine Klage zu befürchten. Und sowieso sei es bei der Karikatur um
die umstrittenen Transitplätze für ausländische Fahrende gegangen,
nicht um die Fahrenden selbst.
«Sind auf dünnem Eis eingebrochen»
Der Generalstaatsanwalt liess dieses Argument nicht gelten. Aus seiner
Sicht hätte die politische Botschaft problemlos anders formuliert und
der «Strudel der Rassendiskriminierung» umgangen werden können.
«Stattdessen haben sich die beiden Angeklagten auf dünnes Eis begeben
und sind eingebrochen.»
Der Fall der beiden SVP-Jungpolitiker interessiert weit über die
Kantonsgrenzen hinaus. Das bekamen die beiden Angeklagten auch selbst zu
spüren. Der Polizist Spahr wurde nach seiner erstinstanzlichen
Verurteilung bis auf Weiteres in den Innendienst versetzt. In der
Anhörung am Obergericht hatte er sich beschwert, dass er wegen dieser
Versetzung mehrere tausend Franken weniger verdient habe, als wenn er
Schichteinsätze hätte leisten dürfen. Und Fiechter sah nach dem
erstinstanzlichen Urteil seine Stelle als Simmentaler Gemeindeverwalter
gefährdet. Eine Sorge, die am Ende unbegründet war. Fiechter ist noch
heute Gemeindeverwalter in Oberwil im Simmental.
(https://www.derbund.ch/bern/jsvppraesidenten-schuldig-gesprochen/story/17176347)
+++RECHTSEXTREM
tagesanzeiger.ch 06.12.2019
Wo Neonazis in Ruhe hassen dürfen
In einer Schwyzer Berghütte trafen sich letzte Woche Dutzende
Rechtsextreme. Die Behörden waren im Bild, wollten die Feier aber nicht
stören.
Kurt Pelda
Filmreife Szenen ereignen sich am letzten Freitag auf einer
Schnellstrasse in der Nordostschweiz. Ein Kastenwagen des
Grenzwachtkorps fängt ein Auto aus Deutschland mit drei Passagieren ab
und geleitet es auf einen Rastplatz. Bald trifft ein zweiter Kastenwagen
ein. Dieser bringt die Gäste zurück zum Grenzposten bei Schaffhausen,
wo die Reisenden in Einzelzellen gesteckt werden und sich zur
Leibesvisitation splitternackt ausziehen müssen. So schildert es einer
der Betroffenen in einem im Internet veröffentlichten Video.
Frank Kraemer heisst der Mann. Als er am Freitag festgesetzt wird, ist
er gerade unterwegs zu einem der grössten Neonazi-Treffen, das in den
letzten Jahren in der Schweiz stattfand. In einer idyllischen Berghütte
oberhalb von Galgenen SZ versammeln sich an jenem Wochenende gegen
hundert Rechtsextreme zu einem munteren Anlass. Es gibt Vorträge,
Verpflegung – rechte Geselligkeit.
Das Treffen ähnelt jenem rechtsextremen Festival, das 2016 in
Unterwasser SG stattfand und dann wochenlang die Schlagzeilen
beherrschte, weil die St. Galler Polizei den Hass-Event schulterzuckend
geduldet hatte. Im Toggenburg spielten Rechtsrockbands, ein grosser Teil
der Besucher kam aus Deutschland. In Galgenen dagegen gibt es nur
Lieder mit Klavierbegleitung, und die meisten Teilnehmer sind Schweizer.
Aber auch hier wissen die Behörden Bescheid. Und sie schauen einfach
zu.
«Wie wärs mit kastrieren?»
Drei Stunden verbringt Frank Kraemer an jenem Freitag am Schaffhauser
Grenzposten. Dass sich die Zöllner für ihn interessieren, kommt nicht
von ungefähr: Kraemer ist in der Neonazi-Szene bestens bekannt als
Gitarrist der Gruppe Stahlgewitter. Ihre Texte sind berüchtigt. Da
heisst es zum Beispiel: «Es gibt diese Leute, die in ferne Länder
fliegen, um schwitzend in der heissen Mittagssonne rumzuliegen. Die
Typen schwarz wie Neger (…), wissen die denn nicht: Gesunde Bräune kommt
von innen.» Und zu Schwulen singt die Band: «Für mich bist du ein
perverses Schwein (…), pervers und abnormal – wie wärs denn mit
kastrieren? Wenn ihr nicht kapiert, dass wir so etwas hassen. Keiner
hindert euch, Deutschland zu verlassen.»
Während in Deutschland der Verfassungsschutz gefährliche Hetzer genau
unter die Lupe nimmt, hat Kraemer in Schaffhausen nichts zu befürchten.
Die Kontrolleure beschlagnahmen Bücher und Neonazi-Pamphlete des
Gitarristen, dann aber lassen sie ihn seine Reise fortsetzen. Am Samstag
erreicht Kraemer schliesslich die Neonazi-Feier in der Schwyzer
Berghütte. Er hält dort einen Vortrag, wie er später auf Instagram
berichtet. Zusammen mit einem zweiten deutschen Neonazi, Nikolai
Nerling, der sich «der Volkslehrer» nennt und in seinen Internetvideos
gern den Holocaust relativiert.
Verschiedene Quellen lassen erahnen, worüber die beiden referierten: Die
«Nationale Aktionsfront» (NAF), eine Schweizer Neonazi-Gruppierung,
veröffentlicht nach der Veranstaltung ein Foto von Kraemer und Nerling
vor einer «Nationale Aktionsfront»-Fahne. Gemäss NAF trug das Treffen
den Titel «völkisches Forum». In einer Einladung wurde Kraemers Vortrag
mit dem Titel «Authentisches Leben als Nationalist» angepriesen.
Ausserdem wurde ein anonymer deutscher Zeitzeuge angekündigt, bei dem es
sich – wie wir jetzt wissen – um den «Volkslehrer» handelte.
Warum die Schweizer Neonazis Referenten und ihre Ideologie aus
Deutschland importieren müssen? In der kleinen Schweizer Szene gibt es
keine vergleichbar charismatischen Köpfe und Redner. Gemäss dem Flyer
trat am «völkischen Forum» in Galgenen nur ein Schweizer Referent auf:
Es handelt sich um Adrian Segessenmann von der rechtsextremen
Avalon-Gemeinschaft. Er sprach zum Thema «Nationaler Sozialismus im 21.
Jahrhundert».
Niemand fühlt sich zuständig
Warum aber unternahmen die Schweizer Behörden nichts, um die Feier der
Rechtsextremen und die Verbreitung einer rassistischen Ideologie in
Galgenen zu verhindern? Warum wurde Kraemer an der Grenze nicht einfach
zurück nach Deutschland geschickt?
Die Eidgenössische Zollverwaltung teilt mit, sie habe die Weiterfahrt
nicht verhindern können, weil gegen Kraemer kein gültiges Einreiseverbot
verhängt worden war. Zuständig für Einreiseverbote wäre das Bundesamt
für Polizei (Fedpol). Dieses schreibt, dass das
Verhältnismässigkeitsprinzip stets gewahrt werden müsse. «Die Interessen
der Fernhaltung werden gegenu?ber den Interessen der
Meinungsäusserungsfreiheit jeweils sorgfältig abgewogen.»
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) wusste schon Wochen vor dem
Anlass vom Neonazi-Treffen der Nationalen Aktionsfront und von Kraemers
Vortrag. Auf die eigens dazu angereisten deutschen Neonazis
angesprochen, antwortete der NDB schriftlich: Solange kein konkreter
Gewaltbezug feststellbar sei, würden Personen, die sich politisch
radikalisieren, nicht ins Aufgabengebiet des NDB fallen. Der NDB selbst
könne auch keine Veranstaltungsverbote aussprechen. Man analysiere aber
fortlaufend die Sicherheitslage und stehe in engem Kontakt mit den
zuständigen Kantonen. Defensiv äussert sich schliesslich auch die
Schwyzer Kantonspolizei zur Neonazi-Feier in Galgenen: Sie habe in enger
Zusammenarbeit mit den nationalen Beho?rden Massnahmen getroffen.
Diese Massnahmen bestanden offenbar darin, dass man die knapp hundert
Neonazis gewähren liess, ihre Autonummern notierte und sie aus der Ferne
beobachtete.
Anhand der Autokennzeichen liessen sich die Namen der meisten Teilnehmer
eruieren. Eine starke Abordnung kam zum Beispiel von dem in Deutschland
verbotenen, in der Schweiz aber legalen Blood-&-Honour-Netzwerk und
von Combat 18 – C18, wobei die Zahl 18 für «Adolf Hitler» steht.
Vertreten war auch das vor allem im Zürcher Oberland aktive «Stallhaus
Schweiz» (SS). Den Vorträgen lauschten ausserdem einige Mitglieder der
«Division Schweiz», die mit den in der Ukraine gegen russische Rebellen
kämpfenden Rechtsextremisten des Azov-Bataillons verbandelt sein soll.
Darüber hinaus waren einige Vertreter der Partei National Orientierter
Schweizer (Pnos) anwesend, unter ihnen der Basler Neonazi Tobias
Steiger. Seit längerem hat Steiger Strafverfahren wegen antisemitischer
Rassendiskriminierung am Hals, die aber von der Basler
Staatsanwaltschaft wegen «Überlastung», wie sie selbst schreibt, nicht
prioritär behandelt werden.
Zu den Organisatoren der Neonazi-Feier in Galgenen gehört der im Aargau
lebende Marc S., der auch bei den Ausschreitungen zwischen
Linksextremisten und Neonazis in Schwyz vom April 2019 zugegen war.
Beteiligt war auch der 55-jährige Otto Rölli aus dem Kanton Zug. Er
gehört zur rassistischen «Heimatbewegung», die sich unter anderem für
die Abtrennung der romanischen Schweiz vom deutschsprachigen Landesteil
einsetzt. Rölli schreibt gern Leserbriefe und durfte auch schon in der
«Neuen Zürcher Zeitung» vor den Gefahren des Multikulturalismus warnen.
Er wurde 1990 wegen mehrerer Anschläge auf Asylunterkünfte zu einer
bedingten Gefängnisstrafe von acht Monaten verurteilt.
«Volkslehrer» Nikolai Nerling besuchte in der Schweiz auch das Altdorfer
Tell-Denkmal. Der Schweizer Nationalheld inspirierte ihn zu einem
Selfie-Video. Zu den Klängen von Rossinis Oper «Wilhelm Tell» sagt
Nerling: «Verbeugt hat sich Tell nicht 1307. 2017 habe ich nicht
geschwiegen.» 2017 fing Nerling an mit seinen rechtsextremen Aktivitäten
in den sozialen Medien, was zu seiner fristlosen Entfernung aus dem
öffentlichen Dienst als Grundschullehrer in Berlin führte.
(https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/wo-neonazis-in-ruhe-feiern-duerfen/story/15982157)
—
Wir brauchen keine Neonazis aus Deutschland
Die Schweiz als Paradies für ausländische Rechtsextreme – wie lange noch?
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/wir-brauchen-keine-neonazis-aus-deutschland/story/22409798
—
Verstörender Facebook-Kommentar: SVP-Politiker wünscht sich neuen Hitler
Ein SVP-Politiker lobt auf Facebook Adolf Hitler. Es ist schon der
zweite rechtsextreme Aussetzer in der Schwyzer Kantonalpartei innert
kurzer Zeit.
https://www.blick.ch/news/politik/verstoerender-facebook-kommentar-svp-politiker-wuenscht-sich-neuen-hitler-id15651972.html
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/svp-mitglied-wunscht-sich-neuen-dolf-nach-deutschland-65624539
Strafverfahren gegen Journalisten: Tierschützer Erwin Kessler gibt klein bei
Weil er sich über den Titel eines Artikels geärgert hat, hat der
streitbare Thurgauer Tierschützer einen Journalisten angezeigt. Nach
mehreren Niederlagen stellt er seinen juristischen Kampf nun
unvermittelt ein.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/strafverfahren-gegen-journalist-tierschuetzer-erwin-kessler-gibt-klein-bei-ld.1174859
+++FUNDIS
Als Samichlaus verkleidet: Scientology missioniert in Zürich getarnt
Am Samstag findet in Zürich eine Samichlaus-Veranstaltung statt. Neben
Nüssen werden auch Büchlein an die Kinder verteilt. Der Autor: L. Ron
Hubbard – Gründer der Scientology-Kirche. Einen Zusammenhang mit der
Sekte soll es aber angeblich nicht geben.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/als-samichlaus-verkleidet-scientology-missioniert-in-zuerich-getarnt-id15652398.html
+++PATRIARCHAT
Buser droht mit Klagen wegen Rufschädigung
Peter Buser wehrt sich gegen Vorwürfe, seine Veranstaltung im
Historischen Museum sei antifeministisch. Und lädt Regierungspräsidentin
Elisabeth Ackermann als Gesprächsteilnehmerin ein.
https://www.bazonline.ch/basel/stadt/buser-droht-mit-klagen-wegen-rufschaedigung/story/29768032
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/umstrittenes-feministen-stadl-mit-nietzsche-ackermann-gibt-buser-einen-korb-136069155
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/also-sprach-dr-buser-136073891
+++JENISCHE/SINTI/ROMA
derbund.ch 06.12.2019
Platz für Fahrende: «Enteignung von Land ist die Ultima Ratio»
Der geplante Platz für Fahrende in Muri stösst auf Widerstand. Ein
Grundeigentümer legt sich quer. Regierungsrätin Evi Allemann (SP) und
die schwierige Suche nach einer Lösung.
Simon Wälti
Für den Stand- und Durchgangsplatz Froumholz in Muri braucht es einen
Ausbau der Erschliessung durch ein Waldstück. Die Grundeigentümer
weigern sich aber, dafür Land abzutreten. Wie geht es nun weiter?
Wir sind bestrebt, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wir befinden
uns in der Phase der Planung. Die Mitwirkung läuft. Wir wollen zuerst
die Antworten und Eingaben der Mitwirkung analysieren. Eventuell wird
das Projekt verändert oder angepasst. Anschliessend wird es eine
öffentliche Auflage geben, bei der die Möglichkeit zu Einsprachen
besteht.
Was passiert, wenn die Grundeigentümer nicht einwilligen?
Es gibt keine andere Möglichkeit der Erschliessung, das haben die
Abklärungen im Vorfeld gezeigt. Wir sind also darauf angewiesen, dass
wir den Weg ausbauen können. Sobald eine kantonale Überbauungsordnung
vorliegt, können wir mit den Grundeigentümern über den Landerwerb
verhandeln und einen Preis vereinbaren.
Die kantonale Überbauungsordnung bietet allerdings auch die Möglichkeit einer Enteignung.
Enteignung ist die Ultima Ratio, wenn die kantonale Überbauungsordnung
beschlossen und rechtskräftig ist. Ich hoffe aber, dass es nicht so weit
kommt. (Lesen Sie hier den Hintergrund zum Knatsch über den Platz für
Fahrende.)
Eine Enteignung würde Gerichtsverfahren auslösen. Die Grundeigentümer
haben bereits angekündigt, sie würden bis vor Bundesgericht gehen. Käme
es also zu grossen Verzögerungen?
Es ist natürlich möglich, den Rechtsweg zu beschreiten. Die Einrichtung
des Platzes würde sich dann verzögern, und die Kosten würden steigen.
Wir haben den Platz unter Einbezug der Gemeinde Muri sehr sorgfältig
geplant. Planungsprozesse sind aber immer unberechenbar.
Kritisiert wurde zum Beispiel auch, dass der Kanton zu brüsk vorgegangen
sei und die Grundeigentümer vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Was
sagen Sie dazu?
Dieser Vorwurf ist meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt und nicht
nachvollziehbar. Die Pläne sind seit Jahren bekannt. Die Grundeigentümer
waren von Anfang an involviert und konnten sich einbringen.
Es scheint, dass bei einem Teil der Bevölkerung auch grundsätzliche Vorbehalte gegenüber Fahrenden vorhanden sind.
Ich bin nicht überrascht über Vorbehalte. Man erlebt das oft bei
raumplanerischen Vorhaben, weil diese mit Eingriffen in das Eigentum und
in die Landschaft verbunden sind. Das ist auch so bei Projekten, die
nicht die Fahrenden betreffen.
Mit den Fahrenden hat es nichts zu tun?
Es ist sicher noch ein Stück emotionaler als bei anderen Planungen des
Kantons. Das hat auch damit zu tun, dass die fahrende Lebensweise
ungewohnt und nicht alltäglich ist. Dies löst Ängste aus. Die Erfahrung
zeigt aber: Sobald mit den Fahrenden ein Austausch besteht, nehmen die
Vorbehalte schnell ab.
Also keine grundsätzliche Skepsis?
Beim Umgang mit Minderheiten befinden wir uns auf einem sensiblen
Terrain. Aber auch bei Verkehrsplanungen oder bei der Planung neuer
Arbeitszonen gibt es Widerstand.
Am 9. Februar folgt die Abstimmung über den umstrittenen Transitplatz
für ausländische Fahrende in Wileroltigen. Wie sehen Sie die Chancen?
Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das Stimmvolk mit nüchternen,
sachlichen Argumenten überzeugen können. Im Grossen Rat war der
Transitplatz breit akzeptiert. Besteht ein solcher Platz für
ausländische Fahrende, dann können wir Halte an unerwünschten Orten
besser verhindern. Das ist eine Entlastung für Landeigentümer, Gemeinden
und Bauern. Wie überall müssen sich die Fahrenden auch in Wileroltigen
an klare Regeln halten.
Und was ist mit dem lokalen Widerstand?
Der lokale Widerstand war zwar sehr stark. Ich denke aber, dass wir
viele Anliegen der Gemeinde haben aufnehmen können, und hoffe, dass die
Akzeptanz auch in Wileroltigen selber gestiegen ist. Der Platz liegt
relativ weit entfernt vom Wohngebiet auf der anderen Seite der Autobahn,
und für den Betrieb des Platzes ist allein der Kanton zuständig. Die
Junge SVP, welche das Referendum ergriffen hat, werden wir aber nie
überzeugen können; unabhängig davon, wo der Platz liegt.
Ist die Opposition beim Platz Froumholz nicht ein schlechtes Zeichen?
Der Kanton hat bei der Planung partnerschaftlich mit der Gemeinde
zusammengearbeitet. Diese unterstützt das Vorhaben denn auch, was ein
gutes Zeichen ist. Knackpunkt bleibt der Widerstand der Grundeigentümer
betreffend Erschliessung.
Der Kanton plant zusätzliche Plätze für Schweizer Fahrende in Herzogenbuchsee und in Erlach. Wie weit ist man dort?
In beiden Fällen sind wir weiter fortgeschritten. In Erlach wollen wir
Anfang 2020 die kantonale Überbauungsordnung auflegen. In
Herzogenbuchsee bereinigen wir die Pläne. Die Auflage soll auch 2020
erfolgen. Die Eingaben und Anliegen der Mitwirkung konnten aufgenommen
und berücksichtigt werden.
(https://www.derbund.ch/bern/platz-fuer-fahrende-enteignung-von-land-ist-die-ultima-ratio/story/28220427)
—
bernerzeitung.ch 06.12.2019
Widerstand gegen Fahrende «bis vor Bundesgericht»
Muri – Die ersten Fahrenden werden kaum schon im Sommer 2021 auf dem
neuen Platz im Froumholz haltmachen: Die betroffenen Waldbesitzer
kündigen massiven Widerstand an.
Stephan Künzi
Die Pläne sind schon länger bekannt, jetzt soll es vorwärtsgehen. Am
Donnerstagabend informierten die Behörden darüber, wie es mit dem Platz
für Schweizer Fahrende am Autobahnanschluss bei Muri weitergehen soll.
Der Zeitplan, den Kantonsplanerin Katharina Dobler dabei skizzierte,
tönte ehrgeizig. Wenn alles rundläuft, machen die ersten Fahrenden schon
im Sommer 2021 auf dem Areal unterhalb des Froumholzwaldes halt.
Eigentlich könnten sie das schon länger tun. Zumindest im Winter – seit
fast dreissig Jahren ist der schmale Streifen Land im Zonenplan der
Gemeinde Muri nämlich als Winterstandplatz für Fahrende ausgeschieden.
Dass die Gäste bislang trotzdem ausgeblieben sind, hat den einfachen
Grund, dass die Zufahrt fehlt. Der einzige fahrbare Weg gehört Privaten.
Mit der neuen Planung soll das ändern. Geplant ist, dass der Weg
ausgebaut und zum Teil sogar mit einem Belag versehen wird. Gleichzeitig
geht er ins Eigentum der Gemeinde über.
Muri betreibt, Kanton zahlt
Auf dem Platz selber kommen 15 Familien unter, womit bei voller Belegung
mit dreissig Wagen und 60 bis 70 Personen zu rechnen ist, wie die
Verantwortlichen weiter informierten. Er wird Wasser-, Abwasser- und
Stromanschlüsse sowie eine sanitäre Anlage bieten. Für sie wird ein
Holzmodulbau aufgestellt.
Betrieben wird er das ganze Jahr über. Im Sommer dürfen die Fahrenden
allerdings nur einen Monat lang haltmachen und müssen dann weiterziehen.
Im Winter dauert der Aufenthalt bis zu sechs Monate.
Gebaut und betrieben wird die Anlage von der Gemeinde Muri, der das 3500
Quadratmeter grosse Gelände grösstenteils auch gehört. Die auf knapp
800’000 Franken geschätzten Baukosten übernimmt der Kanton. Er steht
auch für ein allfälliges Defizit aus dem Betrieb gerade, wenigstens zu
80 Prozent. Mit roten Zahlen sei allerdings nicht von vornherein zu
rechnen, hiess es. Immerhin müssten die Fahrenden ja eine Platzgebühr
zahlen.
In der Diskussionsrunde zeigte sich, dass die Kantonsplanerin mit ihrem
Fahrplan wohl zu ehrgeizig ist. Der Vertreter der betroffenen Wald- und
Wegbesitzer kündigte jedenfalls massiven Widerstand an. Unter anderem
war ihm in die Nase gestochen, dass der Kanton den Platz über eine
kantonale Überbauungsordnung realisieren will. Diese kann allein von der
zuständigen Regierungsrätin Evi Allemann (SP) in Kraft gesetzt werden,
ein Ja der Stimmbürger ist nicht nötig.
Gefahr aus dem Wald
Mit der bewilligten Überbauungsordnung im Rücken kann die öffentliche
Hand anschliessend den Zufahrtsweg und das für den Ausbau nötige Land
auch gegen den Willen der Waldbesitzer übernehmen. Ihr Vertreter sprach
bereits von einer Enteignung, die man so nicht einfach hinnehmen werde.
«Wir ziehen bis vor Bundesgericht», kündigte er an.
Auch der Landwirt, der das angrenzende Pachtland bewirtschaftet, hatte
für die Pläne nicht viel übrig. Ihn störte, dass der Platz weitab vom
Siedlungsgebiet gebaut werden soll, wo doch der Kantons sonst immer den
Anschluss an eine Bauzone fordere. Und er warnte vor der Gefahr, die vom
nahen Wald ausgehe: Wenn es heftiger winde, fielen die bis zu 30 Meter
hohen Tannen nur zu gern um.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/region-bern/widerstand-gegen-fahrende-bis-vor-bundesgericht/story/21858245)
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ES DROHT EIN JAHRELANGER RECHTSSTREIT
In Muri wehren sich Grundbesitzer gegen einen Standplatz für Fahrende.
Ob dieser überhaupt erstellt werden kann, ist aber unklar. Das Problem:
Noch weiss niemand, wie man dahingelangt.
(Mathias Streit, derbund.ch 05.12.2019)
Hinter einem Waldstück an der Autobahn plant Muri den Bau eines
Ganzjahresstandplatzes für Fahrende. Solche Plätze sind Mangelware,
Schweizer Fahrende bemühen sich seit Jahren um mehr davon. Gemeinsam mit
dem Kanton Bern wollte Muri für Entlastung sorgen. Die Ausgangslage
schien günstig: Das Gebiet im Froumholz ist schon seit 1992 als
Standplatz für Fahrende vorgesehen und dementsprechend eingezont.
Bereits 2021 sollte der neue Platz bereitstehen. Doch nun tauchen
plötzlich Zweifel auf, ob der Bau tatsächlich so einfach realisierbar
ist. Und in der Nachbargemeinde Allmendingen formiert sich Widerstand.
Anruf vom Regierungsrat
Einem raschen Baubeginn im Weg steht die ungeklärte Zufahrt zum
geplanten Standplatz. Die Gemeinde Muri möchte den Weg durch den Wald
verbreitern, damit die Fahrenden mit ihren Wohnwagen durchkommen.
Dagegen wehrt sich aber Urban Kofmel, dessen Frau eines der betroffenen
Waldstücke besitzt. Kofmel erklärt seinen Widerstand mit dem «rüden»
Vorgehen der Behörden. 2014 habe die Gemeinde Muri überstürzt und ohne
Bewilligung mit dem Ausbau des Weges beginnen wollen. Kofmel leistete
Widerstand, worauf die Gemeinde vorerst auf den Bau verzichtete.
Daraufhin nahm sich der zuständige Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP)
der Sache an. «Er hat mich mehrmals angerufen, um mich zum Einlenken zu
bewegen», sagt Kofmel, der stur blieb. Das kantonale Amt für Gemeinden
und Raumordnung (AGR) stellte ihn, gemäss eigenen Aussagen, daraufhin
vor die Wahl: Verkauf der Wegfläche oder Enteignung. Letzteres ist
mithilfe einer Kantonalen Überbauungsordnung (KUeO) möglich. Kofmel
verzichtete auf den Verkauf, die KUeO ist seit Mitte November in der
öffentlichen Mitwirkung.
Kofmel will nicht aufgeben. «Ich gehe von einem jahrelangen Rechtsstreit
aus», sagt er. Er plant eine Einsprache, deren Erfolgsaussichten er als
«gut» einschätzt. Hoffnung schöpft er aus dem revidierten
Raumplanungsgesetz (RPG) des Bundes. Dieses sieht vor, dass zuerst
dasjenige Bauland verwendet werden muss, das räumlich erschlossen ist.
«Und im Fall des geplanten Standplatzes ist das klar nicht so», sagt
Kofmel. Der Beschluss von 1992, im Froumholz einen Standplatz für
Fahrende zu schaffen, sei deshalb mit dem revidierten RPG nicht mehr
vereinbar. Das AGR habe es in diesem Fall verpasst, genaue Abklärungen
zu treffen.
«Es hat dort weder Strom noch Wasser»
Vom AGR war am Donnerstag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Am Abend organisierte das Amt in Muri eine öffentliche
Informationsveranstaltung zum geplanten Standplatz. Mit dabei war auch
der Bauer Walter Lüthi. Er bewirtschaftet das Feld gleich neben dem
geplanten Platz. Lüthi kritisiert die Standortwahl: «Im Froumholz hat es
keinen Strom, kein Wasser, und für den Platz wird wertvolles
Landwirtschaftsland geopfert.» Er fürchtet zudem, dass die Fahrenden die
Grenzen zu seinem Feld nicht einhalten würden und er dadurch zu Schaden
käme. Aus diesem Grund wehrte er sich bereits letzte Woche an der
Gemeindeversammlung in Allmendingen gegen die Pläne des Kantons. Ob er
auch juristisch dagegen vorgehen wird, hat er noch nicht entschieden.
Auch die «Hündeler» vom Verein Tannental stören sich ob des geplanten
Standplatzes. Ihre Ausbildungsanlage liegt gleich nebenan. Von den
kantonalen Behörden fühlen sie sich übergangen. «Wir haben unsere
Anliegen früh beim AGR deponiert», sagt Vereinspräsident Ueli Emch.
Diese seien aber weitgehend ignoriert worden. Er befürchtet deshalb,
dass «die Anwesenheit der Fahrenden den täglichen Übungsbetrieb mit den
Hunden stören, wenn nicht sogar verunmöglichen könnte».
Fahrende beklagen «Platznotstand»
Simon Röthlisberger, Geschäftsleiter der Stiftung Zukunft für Schweizer
Fahrende, versteht diese Vorbehalte: «Die fahrende Lebensweise löst bei
vielen Unbehagen aus.» Er erläutert: «Schweizer Fahrende sind aber
unproblematisch», auf anderen Standplätzen mit ähnlicher Ausgangslage
klappe das Zusammenleben gut. Wichtig sind für Röthlisberger klare
Regeln. «Mit einem Platzwart und einer Platzordnung entstehen die
meisten Probleme gar nicht erst.»
Das Bedürfnis an Plätzen ist für Röthlisberger unbestritten, er spricht
gar von einem «Platznotstand». Der Standplatz Buech in Bern stosse an
seine Kapazitätsgrenzen. Muri könnte da für Entlastung sorgen.
Röthlisberger ist denn auch optimistisch, dass der Platz bald gebaut
wird: «Was schon lange vorgesehen war, wird nun endlich umgesetzt.»
(https://www.derbund.ch/bern/es-droht-ein-jahrelanger-rechtsstreit/story/17688578)