Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BERN
Flüchtling macht Ausbildung zum Gleisbauer
Seit 4 Jahren lebt Salman Sharifi in der Schweiz. Dank einer sogenannten
Integrationsvorlehre hat er es nun in die richtige Berufslehre
geschafft. Eine Seltenheit bei Flüchtlingen.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/fluechtling-macht-ausbildung-zum-gleisbauer-136046890
+++BASEL
Kunstinstallation – Flüchtlingscamp in Liestal
Das Zeltcamp soll einen Einblick in den Alltag von Flüchtlingen
ermöglichen, die oft als Obdachlose beispielsweise in Paris stranden.
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/kunstinstallation-fluechtlingscamp-in-liestal
+++ZÜRICH
tagesanzeiger.ch 30.11.2019
«Meine Kunden verlassen die Schweiz alle freiwillig»
Zürich setzt auf eine aussergewöhnliche Massnahme, um abgewiesene
Asylbewerber zur freiwilligen Rückkehr zu bewegen: Den
Sonder-Ausschaffer.
Martin Sturzenegger
Er sieht nicht so aus, wie man erwarten würde: tiefe Lachfalten,
verschmitzte Augen, ein bubenhaftes Gesicht unter weissem Haar – eine
freundliche, sanftmütige Erscheinung. Dabei ist Franz Bättig ein
Hardliner, ein Mann für die ganz harten Fälle.
Der 64-Jährige kommt dann zum Einsatz, wenn alle Sanktionsmöglichkeiten
ausgeschöpft sind: abgelehntes Asylgesuch, Landesverweise, Haftstrafen,
Zwangsrückführungen. Bättig nimmt sich derjenigen Asylsuchenden an,
deren Gesuche vor zehn und mehr Jahren abgelehnt worden sind. Menschen,
die sich längst mit ihrem illegalen Status abgefunden haben, Menschen,
deren wahre Identität oftmals unbekannt ist. Bättigs Ziel: Er will diese
Menschen überzeugen, doch noch in ihr Heimatland zurückzukehren.
Freiwillig. Seine Stelle wurde neu geschaffen, sie gehört zum
Asylkonzept von Sicherheitsdirektor Mario Fehr. Seit vergangenem März
arbeitet Bättig – ein ehemaliger Kantonspolizist – im Migrationsamt als
schweizweit erster «Sonderberater für Ausreisen».
Franz Bättig, wie überreden Sie renitente abgewiesene Asylbewerber zur freiwilligen Rückkehr?
Ich überrede nicht, sondern versuche zu überzeugen. Das ist ein
wichtiger Unterschied. Meine Kunden – so nenne ich sie – verlassen das
Land alle freiwillig. Wer sich überreden lässt, könnte später ein
Reuegefühl entwickeln und wieder zurückkehren. Meine Intention ist
nachhaltiger, weil sich diese Menschen selbst für eine Rückkehr
entscheiden. Bei Zwangsausschaffungen ist die Rückfallquote höher.
Wie hoch ist Ihre Erfolgsquote?
Sie klingt bescheiden. Ich zähle bisher vier erfolgreiche Fälle und
einen fünften, der kurz vor dem Abschluss steht. Auf der anderen Seite:
Abgewiesene Asylsuchende, die straffällig geworden sind, kosten die
Steuerzahler teilweise über 100’000 Franken pro Jahr. Auf die Jahre
hochgerechnet, dürften vier Fälle die öffentliche Hand schon wesentlich
entlasten. Noch gravierender ist die Gefährdung der öffentlichen
Sicherheit, die von Intensivtätern, mit denen ich in der Regel zu tun
habe, ausgeht.
Franz Bättig kümmert sich um Menschen wie Said F. (Name geändert). Der
Mann kam 2005 in die Schweiz und gab eine falsche Identität an. Im
ersten halben Jahr in der Schweiz vergewaltigte Said F. eine Frau und
sass darauf zweieinhalb Jahre im Gefängnis. Zurück in Freiheit, folgten
die nächsten Straftaten. In 14 Jahren wurde er 19-mal verurteilt, er
verbrachte total elf Jahre und einen Monat in Schweizer Gefängnissen.
Said F. hatte ein Suchtproblem – stand kein Alkohol zur Verfügung, nahm
er andere Drogen. Er war emotional labil, seine Frustrationsgrenze lag
tief. Said F. habe stets gefragt, wo er denn hin solle. Er habe keinen
Bezug zu seinem Heimatland. Eine Zwangsausschaffung war unmöglich, weil
seine Identität unbekannt war. In der Asylunterkunft in Urdorf fühlte
sich Said F. fremd. Mehrmals kam es zu gewalttätigen
Auseinandersetzungen. Der Nordafrikaner verbrachte viel Zeit im Wald in
der Nähe der Asylunterkunft. So auch, als Franz Bättig ihn im
vergangenen Frühling zum ersten Mal aufsuchte.
Wie verlief die Kontaktaufnahme mit Said F.?
Es war ein erstes Treffen, da passierte noch nicht viel. Ich sagte, dass
ich mit ihm reden wolle. Es brauchte Wochen, Monate, bis er etwas
Vertrauen zu mir fasste. Meine Mission ist klar: Ich will abgewiesene
Asylbewerber überzeugen, dass es ihnen zu Hause besser geht als in der
Schweiz. Dafür suche ich sie immer und immer wieder auf. Verweigern sie
den Kontakt, kehre ich trotzdem zurück. Ich habe einen langen Atem.
Weshalb waren Sie sich bei Said F. sicher, dass es ihm im Heimatland besser geht?
Ich zeigte ihm seine aktuelle Situation auf: eine tägliche Nothilfe von
8.50 Franken, eine bescheidene Unterkunft, keine Freunde, keine
richtige Bindung. Wer will ein solches Leben? Ich führte rund zehn lange
Gespräche mit Said F. Die Inhalte drehten sich lange im Kreis. Personen
mit Suchtproblem, wie Said F., sind besonders unberechenbar.
Weshalb?
In gewissen Phasen konnte ich kein Wort mit ihm sprechen. Wenn er Drogen
intus hatte, sprach er nur wirr auf Französisch und wollte in Ruhe
gelassen werden. Ich sagte ihm dann, dass ich am Abend nochmals
vorbeikommen würde: «Dann gehen wir spazieren und trinken einen Kaffee
zusammen.» So gelang es mir allmählich, Vertrauen aufzubauen. Bei den
meisten Personen, mit denen ich bisher zusammenarbeitete, war ich
zuletzt die einzige Verbindungsperson, die sie hatten.
Wie versuchten Sie Said F. noch zu überzeugen?
Eine wichtige Rolle spielen meistens die Familien in der Heimat. Ich
bringe den Menschen in Erinnerung: «Sie haben Eltern, die sind nun
betagt. Vielleicht sind sie jetzt krank, sie brauchen Ihre Hilfe, die
zählen auf Sie!»
Im Sommer gelang Bättig der Durchbruch. Said F. verriet ihm das, was er
über 15 Jahre lang allen verschwiegen hatte: seine Identität. Ein
Vertrauensbeweis. An einem schönen Vormittag im September standen Bättig
und Said F. in einem Kleiderladen der Caritas. «Wie steht mir dieser
Kittel?», fragte der Nordafrikaner. Der Besuch im Kleidergeschäft ist
laut Bättig das übliche Vorgehen. Es sei wichtig, dass diese Personen
nicht wie Obdachlose nach Hause zurückkehren. Anständige Kleidung sei
wichtig. Kurz vor der Abreise überreichte Bättig dem Rückkehrer zudem
noch Schweizer Souvenirs und vier Kilogramm Schokolade. Letztere ist bei
Bättig Standard. Das Ausreisegeld betrug 2000 Franken, ein Startkapital
für die ersten Monate nach der Ankunft. Der Kantonspolizist begleitet
seine «Kunden» bis zum Gate. Er bleibt am Flughafen, bis sich die Tür
des Flugzeugs schliesst. Erst dann endet sein Auftrag.
Was geht in den Menschen kurz vor der Abreise vor?
Ich habe noch niemanden erlebt, der sich zu diesem Zeitpunkt nicht auf
die Rückkehr gefreut hätte. Es ist wie ein Schalter, der umgelegt wird.
Im Zug nach Genf erzählen mir einige Leute ihre wahre Geschichte. Sie
erwähnen Angehörige, die sie über Jahre verschwiegen hatten. Einer
drückte mir einst sein Handy in die Hand. Auf dem Display erschien
seine Mutter per Facetime. Sie bedankte sich bei mir, dass ich ihr ihren
Sohn zurückbringe.
So harmonisch wird es sich kaum in jedem Fall abspielen.
Angst ist die grösste Hürde für eine Rückkehr. Angst davor, dass die
Familie sie nicht akzeptieren wird. Viele Rückkehrer schämen sich, sie
fühlen sich als Versager, weil sie in der Schweiz am untersten Rand der
Gesellschaft gelebt haben. Wir versuchen deshalb schon vorgängig
Angehörige zu kontaktieren, um sie auf die Rückkehr des
Familienmitglieds vorzubereiten.
Reisten Sie auch schon mal mit ins Heimatland?
Ich begleitete einst eine Person nach Westafrika. Der Mann war
gewaltbereit, er hatte eine frauenfeindliche Gesinnung. Mit der
Begleitung wollte ich sicherstellen, dass die Rückreise ohne
Komplikationen verläuft. Das gelang. 36 Stunden später landete ich
wieder in der Schweiz.
Diese Personen bleiben in ihrer Heimat vielleicht gewaltbereit. Interessiert Sie das dann noch?
Wir versuchen sicherzustellen, dass die Personen in der Heimat eine existenzielle Basis haben.
Führen Sie Kontrollen durch?
Es ist nicht möglich, dass das Migrationsamt in den Herkunftsstaaten
Kontrollen durchführt. Wenn die Person zurück in ihrem Heimatland ist,
haben wir keinen Handlungsspielraum mehr. Das jeweilige Land ist jedoch
über die Rückkehr informiert.
Vor ein paar Monaten dachte Franz Bättig ans Aufgeben. Er war zunächst
erfolglos im neuen Job. Es gab Personen, die kurz vor der Ausreise
standen und im letzten Moment noch untertauchten. Das sei ihm «an die
Nieren gegangen» und habe ihm schlaflose Nächte bereitet. Im Juni dann
der erste Erfolg, die Motivation war zurück. Bättig bleibt nun im Job
bis mindestens im nächsten Frühjahr. Dann wird entschieden, ob seine
Position weitergeführt wird.
Weshalb sind Sie der Richtige für diesen Job?
Ich habe kein Psychologiestudium. Bei mir ist alles Learning by Doing.
Ich war viele Jahre in der Fahndung. Es gelang mir meist, einen guten
Draht zu Kriminellen zu pflegen – auch zu Personen mit einem
Suchtproblem. Ich weiss, wie diese Personen ticken. Der ruppige Ton, der
in diesen Kreisen oftmals herrscht, ist für mich kein Problem, ich
habe keine Berührungsängste.
Was ist das Wichtigste, was Sie in den vergangenen Monaten gelernt haben?
Ich frage meine Klienten manchmal, was sie an meiner Stelle anders
machen würden. Mehrere Personen antworteten mir: Versuche unbedingt
herauszufinden, wer die Mutter ist. Würde ich die Mutter ans Telefon
kriegen, hätte ich schon halb gewonnen, sagen sie. Gerade in
Maghreb-Staaten haben Mütter grossen Einfluss auf ihre Söhne. Das
beachte ich bei meinen künftigen Fällen.
Was motiviert Sie für diesen Job?
Der tägliche Umgang mit den Menschen. Kein Fall ist wie der andere. Das
ist unglaublich spannend. Kann ich eine Person zur freiwilligen Rückkehr
bewegen, dann ist das der grösste Erfolg. Dann gönne ich mir am Abend
schon ein Glas Rotwein.
–
Franz Bättig
Der 64-Jährige arbeitete 41 Jahre lang bei der Kantonspolizei Zürich.
1990 trat er in die Kriminalpolizei ein, in der er 1995 zum Dienstchef
und 2001 zum Offizier befördert wurde. Er war unter anderem
Einsatzleiter in der Drogenszene zur Letten-Zeit. Die letzten sieben
Jahre war er Chef der Zürcher Regionalpolizei. (TA)
–
8.50 Franken pro Tag: Leben in der Nothilfe
Zurzeit leben im Kanton Zürich rund 17600 Asylbewerberinnen und
Asylbewerber – solche, deren Gesuch hängig ist, aber auch vorläufig
aufgenommene und abgewiesene. Gut 650 Personen beziehen zurzeit eine
Nothilfe von täglich 8.50 Franken. Die meisten von ihnen leben in einer
der fünf Notunterkünfte für abgewiesene Asylbewerber, 124 sind zurzeit
in Haft – weil sie Gefängnisstrafen verbüssen oder sich in
Ausschaffungshaft befinden.
Die Zahl der Nothilfebezüger wurde seit 2011, also seit dem Amtsantritt
von Sicherheitsdirektor Mario Fehr (SP), drastisch reduziert: von 1476
auf zurzeit 654. Gut 50 Personen beziehen seit zehn oder mehr Jahren
Nothilfe, 4 von ihnen seit über 20 Jahren. Es handelt sich um Personen,
die sich zurzeit im Gefängnis befinden, oder solche, bei denen eine
Zwangsausschaffung nicht möglich ist.
Franz Bättig soll diese Personen zur freiwilligen Rückkehr bewegen. Eine
Zwangsausschaffung ist nicht möglich, wenn die Identität der
abgewiesenen Asylsuchenden unbekannt ist oder kein Rücknahmeabkommen mit
den Herkunftsländern besteht. Zurzeit ist dies bei Algerien, Marokko,
Eritrea und Äthiopien der Fall. (mrs)
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/der-sonderausschaffer/story/24841622)
+++MITTELMEER
70 Flüchtlinge warten in maltesischen Gewässern auf Rettung
70 Flüchtlinge, die sich an Bord eines Bootes in maltesischen Gewässern
befinden, warten auf Rettung. An Bord des aus Libyen abgefahrenen Bootes
befinden sich Frauen und Kinder, wie die Hilfsorganisation «Alarm
Phone» twitterte. Das Boot benötige dringend Hilfe.
https://www.watson.ch/international/migration/587373008-70-fluechtlinge-warten-in-maltesischen-gewaessern-auf-rettung
-> https://twitter.com/alarm_phone/status/1200499310770696193
+++SRI LANKA
Botschaftsmitarbeiterin in Sri Lanka nicht vernehmungsfähig
Eine lokale Mitarbeiterin der Schweizer Botschaft in Sri Lanka befand
sich zwei Stunden in den Händen von Entführern. Ihr Gesundheitszustand
hat sich verschlechtert.
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/botschaftsmitarbeiterin-in-sri-lanka-nicht-vernehmungsfaehig/story/19772743
-> https://www.nzz.ch/international/schweizer-verschleppungsopfer-in-sri-lanka-nicht-vernehmungsfaehig-ld.1525462
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Demo am Bahnhofplatz für Südamerika
Rund 200 Aktivisten machen auf die wirtschaftlichen Probleme und die
Gewalt gegen die eigene Bevölkerung in Südamerika aufmerksam.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/demo-am-bahnhofplatz-fuer-suedamerika-136046903
-> https://www.facebook.com/events/467111143923256/
Sphères ent-Köppeln
Am Mittwoch Mittag wurden Christph Mörgeli und Roger Köppel mit seiner
Weltwoche Redaktion von antirassistischen und wütenden Cafe-Gästen mit
Milchshake aus dem Cafe Sphères in Züri West vertrieben.
https://barrikade.info/article/2934
Defend Rojava Demo
Demo Sa. 30.11.19, 14 Uhr Messeplatz Basel
Der Krieg in Rojava geht weiter.
Die Türkei bombardiert mit Drohnen, djihadistische Milizen versuchen an
Boden zu gewinnen und die Stadt Kobane ist akut bedroht! Also höchste
Zeit wieder für Rojava auf die Strasse zu gehen! Vereinen wir unsere
Kräfte und zeigen, dass der Widerstand lebt!
Lasst uns gemeinsam die Perspektive und die Menschen von Rojava verteidigen. LAsst uns ein Zeichen der Solidarität senden!
https://barrikade.info/article/2941
—
landbote.ch 29.11.2019
Drang zur Demo
Die Anzahl Kundgebungen und Demonstrationen in der Stadt Zürich erreicht
dieses Jahr einen Rekordstand. Die Verkaufsgeschäfte stöhnen, die
Möglichkeiten der Politik sind beschränkt.
Thomas Marth
Durchsage in einem gut besetzten Tram der Linie 3 an einem
Samstagnachmittag, wie sie öfters zu hören war dieses Jahr: «Aufgrund
einer Demonstration wird das Tram an der Kalkbreite gewendet, bitte alle
aussteigen.» Wer zum Shoppen in die City wollte, kann es nun mit einem
Umweg per Bus versuchen oder zehn Minuten Fussmarsch zum Bahnhof
Wiedikon in Angriff nehmen. Er kann gleich den ganzen Weg zu Fuss gehen,
was ihn etwa eine halbe Stunde kostest – oder er verzichtet aufs
Shoppen und fährt wieder nach Hause.
Letzteres geht zulasten der Geschäfte in der Innenstadt. Ihnen bereiten
die Demonstrationen denn auch wenig Freude. «Sie sind uns ein Dorn im
Auge», sagt Andreas Zürcher, Geschäftsführer der City-Vereinigung
Zürich. Zumal es immer mehr Demonstrationen würden. Hinzu komme, dass
sie sich im Advent und damit der umsatzmässig wichtigsten Zeit für die
Geschäfte häuften.
Auch am Black Friday, an dem zahlreiche Geschäfte mit Rabatten lockten,
sorgten diverse Aktionen für Sand im Getriebe. Wie in vielen anderen
Städten waren wieder Klimademos angesagt. Gegen Abend versammelten sich
Demonstrierende in der Bahnhofstrasse, teils legten sie sich vor den
Geschäften auf den Boden mit der Aufforderung zum Konsumverzicht.
Critical Mass hatte zur Velodemo aufgerufen, Treffpunkt war der
Bürkliplatz. Die städtische Dienstabteilung Verkehr warnte vor
erheblichen Verkehrsbehinderungen rund ums Seebecken und riet zu
grösstmöglichem Umfahren.
Meinungsäusserungsfreiheit ist zu respektieren
Zürchers Eindruck, dass die Zahl der Demonstrationen in letzter Zeit
stark angestiegen ist, kann die Stadtpolizei Zürich bestätigen. Auf
Anfrage dieser Zeitung hat sie eine Statistik erstellt, zurückreichend
bis 2005, wobei sie zwischen stationären Kundgebungen und
Demonstrationszügen unterscheidet (siehe auch Grafik).
Wie sich zeigt, hat sich die Anzahl der Kundgebungen in diesem Zeitraum
fast verzehn-, jene der Demonstrationen vervierfacht. Der stärkste
Anstieg ist 2018 erfolgt, und auch dieses Jahr wird ein neuer Rekordwert
erreicht. Die Statistik 2019 reicht zwar erst bis 20. Oktober, die
Anzahl Demos liegt mit 78 aber bereits höher als im ganzen 2018, als 72
gezählt wurden. 2005 waren es noch 20 gewesen.
Mittlerweile ist auch die Politik aktiv geworden. SVP-Gemeinderat und
Fraktionschef Roger Bartholdi ist Erstunterzeichner einer schriftlichen
Anfrage an den Stadtrat. Eingereicht hat er sie, nachdem auch er einmal
bei der Kalkbreite hat aussteigen müssen (er entschied sich dann für den
Bahnhof Wiedikon). Er fragt unter anderem, wie viel Mehrarbeit bei der
Polizei und anderen städtischen Angestellten durch die steigende Zahl
von Demonstrationen entsteht und ob von einem weiteren Anstieg
auszugehen ist.
Einfach verbieten könne man eine Demo ja nicht, betont er mit Verweis
auf die Meinungsäusserungsfreiheit. Aber er fragt sich, ob die Stadt
immer bestmöglich verhandle mit Gesuchstellern: Ob sich diese nicht
häufiger überzeugen liessen, dass es auch eine Kundgebung täte; ob ihnen
andernfalls nicht öfters eine weniger verkehrsbehindernde Route
schmackhaft gemacht werden könnte als über Stauffacher, Bahnhofstrasse
oder Central. Bei den unbewilligten Demonstrationen möchte Bartholdi,
dass diese konsequenter gleich zu Beginn aufgelöst werden. «Sonst werden
sie immer grösser.» Bevor er entsprechende politische Forderungen
stellt, will er aber nun erst einmal die Antwort des Stadtrats abwarten.
Zwei Stunden lang im Parkhaus blockiert
Nicht nur dass mögliche Kundschaft nicht in die Stadt gelange, sei ein
Problem, sagt Zürcher von der City-Vereinigung. Ein nahender
Demonstrationszug könne auch Angst machen – ob im Einzelfall begründet
oder nicht –, und die Kunden verliessen das Geschäft und die betroffene
Strasse. Schlimm sei es auch, wenn die motorisierte Kundschaft nicht
mehr aus der Stadt herauskomme. Das kann etwa geschehen, wenn die
Gessnerallee blockiert ist. So geschehen zum Beispiel am Samstag, 17.
August, als noch eine Baustelle hinzukam. Im Parkhaus City Parking gab
es Autolenker, die mehr als zwei Stunden warteten, bis die Ausfahrt frei
war.
Nicht immer lasse sich so etwas voraussehen, sagt Zürcher. Wenn aber,
suche man den Kontakt mit der Stadt, um eine Lösung zu suchen. Das
funktioniere in der Regel auch gut. Im Übrigen verweist auch er auf die
Meinungsäusserungsfreiheit. «Diese respektieren wir.» Die
Handlungsmöglichkeiten der Politik seien beschränkt. Man müsse mit den
Demonstrationen leben können.
Angesichts der hängigen Anfrage aus dem Gemeinderat halten sich Stadtrat
und Stadtpolizei mit weiteren Auskünften zum Thema zurück. Mathias
Ninck, Leiter Kommunikation im Sicherheitsdepartement, hält immerhin
fest: «Das Wo und Wie jeder Kundgebung und Demonstration wird von der
Polizei mit den Gesuchstellern vorgängig verhandelt.» Und es sei klar,
dass nicht jeder Protest in der Bahnhofstrasse stattfinden könne. In der
Regel werde das auch eingesehen, und es gebe nur gelegentlich Probleme.
Zumindest beim «Marsch fürs Läbe» im September gab es solche. Die
Organisatoren wollten sich nicht damit zufriedengeben, dass ihnen die
Stadt aus Sicherheitsgründen statt einer Demo nur eine Kundgebung
zugestehen wollte. Sie konnten sich gerichtlich durchsetzen, die Stadt
musste die Demo bewilligen.
Klima und Gleichstellung an erster Stelle
Wofür und wogegen demonstriert wird, ist vielfältig. Breiten
Niederschlag findet aktuell die Sorge ums Klima und die Frage der
Gleichstellung. Aber auch internationale Konflikte machen sich
bemerkbar, allen voran Syrien und die verschlechterte Situation der
Kurden. Neben jährlich wiederkehrenden Manifestationen wie 1. Mai und
Zürich Pride war der Frauenstreik am 14. Juni eine grosse Sache. Weitere
Demos trugen Titel wie «Save the Internet», «Gilets Jaunes»,
«Noigasse-Initiative», «Animal Rights March», «Imam Hussein Demo»,
«Landwirtschaft mit Zukunft», «Jesus-Parade», «Gegen rechte Hetze»,
«Walk for Freedom».
(https://www.landbote.ch/contentstationimport/drang-zur-demo/story/16842754)
—
Winterthurer Klimaaktivisten fordern ein Werbeverbot im öffentlichen Raum
Am «Black Friday» streikten Klimaaktivisten in der gesamten Schweiz.
Auch in Winterthur machten sich Umweltschützer stark. Sie forderten ein
Werbeverbot, davon ausgenommen sind Kultur-, Kunst- und
Gemeinschaftsprojekte.
https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/winterthurer-klimaaktivisten-fordern-ein-werbeverbot-im-oeffentlichen-raum-00124589/
+++REPRESSION TÜRKEI
derbund.ch 30.11.2019
Schweiz untersucht türkische Unterwanderung
Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen einer Spitzelaktion, die für einen Berner Kurden im Gefängnis in der Türkei endete.
Kurt Pelda, Thomas Knellwolf
Es ist ein heikler Fall, der das ohnehin schon angespannte Verhältnis
der Schweiz zur Türkei zusätzlich belasten dürfte. Die
Bundesanwaltschaft hat kürzlich ein Strafverfahren wegen Verdachts auf
politischen Nachrichtendienst eröffnet, wie sie auf Anfrage bestätigt.
Bislang einziger Beschuldigter ist Aydin K.*, ein kurdischstämmiger
Türke, der seit Jahren als Flüchtling in der Schweiz lebt. Die
Bundesanwaltschaft betont, dass «wie immer die Unschuldsvermutung»
gelte. Weitere Angaben macht sie nicht.
Geständnis unter Zwang
Zu den Beweismitteln gegen den mutmasslichen Spion gehört der Inhalt
eines Mobiltelefons. Das Handy war Aydin K. gewaltsam von mehreren
Kurden in einer Pizzeria im Kanton Bern abgenommen worden. Der Polizei
erzählte Aydin K., dass er im Keller der Pizzeria zur Herausgabe des
Telefons gezwungen worden sei. Ausserdem habe er gestehen müssen, für
den türkischen Nachrichtendienst MIT spioniert zu haben.
Die Kurden, allesamt Sympathisanten der in der Türkei verbotenen
kurdischen Arbeiterpartei (PKK), hätten ihm ausserdem die Rechnung
seines Mobiltelefonanbieters vorgehalten. Darauf seien mehrere Anrufe
bei einer Polizeistelle in der türkischen Stadt Diyarbakir verzeichnet
gewesen. Man habe ihn mit Faustschlägen traktiert, mit Messern bedroht
und für etwa 20 Minuten in einen begehbaren Tiefkühlraum eingesperrt,
bis er ein falsches Geständnis abgelegt habe. Darüber hinaus seien
selbst seine kleinen Kinder mit dem Tod bedroht worden.
Gegen vier Kurden läuft wegen des mutmasslichen Übergriffs bei der
Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland ein Strafverfahren wegen
Freiheitsberaubung, Nötigung, Drohung und Körperverletzung. Doch nun
gibt es auch ein zweites Strafverfahren, mit umgekehrter
Rollenverteilung: Im Spitzelfall, den die Bundesanwaltschaft untersucht,
ist Aydin K. der Beschuldigte, und die mutmasslichen Täter aus der
Pizzeria gehören zum möglichen Opferkreis. Aydin K. hatte im Restaurant
als Pizzaiolo gearbeitet. Sein früherer Chef war Karzan D.*, der zu
seinen späteren Peinigern gehören soll.
Alles begann Ende März, als Karzans Bruder Hamit D.* zur Hochzeit einer
Schwester in die Türkei reiste. Doch am Flughafen von Diyarbakir wurde
er verhaftet. Der Vorwurf: Er arbeite für die PKK. Damit drohte ihm eine
langjährige Gefängnisstrafe. Es stellte sich heraus, dass der Auslöser
der Verhaftung eine anonyme Denunzierung aus der Schweiz gewesen war.
Darin wurde Hamit D. als Co-Vorsitzender der PKK-Filiale in der Schweiz
dargestellt. Immer wenn der PKK-Vorsitzende von Europa, Remzi Kartal, in
die Schweiz komme, übernachte er bei Hamit D. im Kanton Bern.
Die türkische Polizei reagierte äusserst schnell, denn der
Anzeigenrapport datiert vom selben Tag, an dem Hamit D. verhaftet wurde.
Später wurde er freigelassen. Kürzlich konnte er in die Schweiz
ausreisen. Akribisch hielt die türkische Polizei nicht nur fest, was der
anonyme Denunziant am Telefon erzählt hatte, sondern sie notierte auch
die Nummer des Mobiltelefons, von dem der Anruf kam. Die Nummer gehörte
Aydin K., wie die Familie des verhafteten Kurden bald herausfand.
Beweise nicht verwertbar?
Im Kanton Bern beriet Karzan D. in der Folge mit mehreren Verwandten,
was nun zu tun sei. Man beschloss, den Denunzianten in der Pizzeria zur
Rede zu stellen. So kam es zu der von Aydin K. angezeigten mutmasslichen
Gewaltorgie. Das kantonale Strafverfahren deswegen ist nach wie vor am
Laufen. Die vier Beschuldigten beteuern ihre Unschuld. Es habe keine
Folter gegeben, keine Todesdrohungen und keine Messerstiche.
Was die Verrats- und Spitzelvorwürfe betrifft, weist auch ihr
mutmassliches Opfer, Aydin K., alles von sich. «Mein Mandant bestreitet
alle Vorwürfe vollumfänglich, insbesondere die Weitergabe von
Informationen an die Türkei», sagt sein Anwalt Daniel Gränicher. K. sei
bislang von der Bundesanwaltschaft nicht befragt worden. Es habe auch
keine Hausdurchsuchung oder Verhaftung gegeben. Allerdings sollen Beamte
der Bundeskriminalpolizei den Mann verhört haben.
Verräterische E-Mails
«Es stellt sich die Frage», sagt Gränicher, «ob die angeblichen Beweise
überhaupt verwertet werden können, da sie mit Drohung und Gewalt erlangt
worden sind.» K. sagte seinerseits dieser Zeitung, dass er nichts
dagegen habe, wenn die Polizei sein Telefon untersuche, es werde seine
Unschuld beweisen.
Auf dem Smartphone fanden sich verräterische E-Mails, die Aydin K. an
einen türkischen Empfänger gesendet haben soll. Darin gab der
mutmassliche Spion, der selber als PKK-Sympathisant galt, Details über
im Kanton Bern lebende Kurden preis und bot seine Hilfe bei einem
Mordanschlag auf PKK-Anführer in der Schweiz an. Er schrieb auch, dass
zwei Schwiegersöhne der Familie D. in den Drogenhandel verwickelt seien.
Die Bundesanwaltschaft muss für die Verfolgung von politischem
Nachrichtendienst eine Ermächtigung aus dem Bundesrat einholen. Dies hat
sie aber noch nicht getan, wie das Justiz- und Polizeidepartement
festhält. Deswegen blieb der Schweizer Regierung ein heikler Entscheid
erspart. Fürs Erste.
* Namen geändert
(https://www.derbund.ch/schweiz/standard/schweiz-untersuchttuerkische-unterwanderung/story/24360535)
+++KNAST
Blicke hinter Gitterstäbe
Seit fast zwanzig Jahren fotografiert Peter Schulthess Gefängnisse in
der Schweiz. Eine politische Botschaft hat er nicht. Er will aber, dass
Leute in seiner neuen Ausstellung im Käfigturm Haftbedingungen
vergleichen können.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/blicke-hinter-gitterstaebe/story/14093895
+++BIG BROTHER
Fragwürdige Praxis: EU arbeitet ohne Mandat mit europäischen Geheimdiensten zusammen
Obwohl der Vertrag von Lissabon die geheimdienstliche Zusammenarbeit
ausklammert, kooperieren europäische Inlandsdienste mit Europol und
einem Lagezentrum in Brüssel. Nächste Woche diskutiert der Rat für
Justiz und Inneres die weitere Verzahnung mit dem operativen Arm des
„Berner Club“.
https://netzpolitik.org/2019/eu-arbeitet-ohne-mandat-mit-europaeischen-geheimdiensten-zusammen/
+++POLIZEI BS
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt nach Online-Fahndung in der Kritik
Knapp 20 Personen werden mit unverpixelten Bildern im Internet von der
Basler Staatsanwaltschaft gesucht. Das stösst manchem sauer auf.
https://www.nau.ch/news/schweiz/staatsanwaltschaft-basel-stadt-nach-online-fahndung-in-der-kritik-65620824
+++RECHTSPOPULISMUS
Jung-SVPler berufen sich auf Unwissenheit
Für ihre «Zigeuner»-Karikatur wurden die beiden Berner JSVP-Präsidenten
wegen Rassendiskriminierung verurteilt. Nun muss das Obergericht den
Fall neu beurteilen.
https://www.derbund.ch/bern/ist-das-fahrendeplakat-rassistisch/story/27065986
+++RECHTSEXTREMISMUS
Terror-Organisation Atomwaffen Division: US-Neonazis nutzen Schweizer Mail-Programm
Die Neonazi-Organisation Atomwaffen Division kommuniziert mit einem
Schweizer Chat¬Programm. Sie profitiert dabei von den Gesetzen über die
Privatsphäre.
https://www.blick.ch/news/ausland/terror-organisation-atomwaffen-division-us-neonazis-nutzen-schweizer-mail-programm-id15642087.html
+++PATRIARCHAT
Männerforscher Klaus Theweleit: «Männer tragen eine 12 000 Jahre alte
Gewaltgeschichte im Körper, die in unseren Gesellschaften gepflegt und
gefördert wird»
Wie entsteht männliche Gewalt? Klaus Theweleit publizierte in den 70ern
Jahren das Buch «Männerphantasien», in dem er die faschistoide Psyche
von Soldaten analysiert. Mit der NZZ sprach er über toxische
Männlichkeit, die feministische Bewegung und sexistische Prägungen aus
der Vergangenheit, die bis heute unser Denken bestimmen.
https://www.nzz.ch/feuilleton/klaus-theweleit-maenner-tragen-eine-gewaltgeschichte-im-koerper-ld.1524973
+++SOZIALES
Kanton verärgert Organisationen für Behinderte
Der Kanton löst die Abklärungsstelle auf, die mehr Selbstbestimmung für
Menschen mit Behinderung ermöglichen sollte. Dies sorgt für Kritik.
https://www.derbund.ch/bern/kanton-veraergert-organisationen-fuer-behinderte/story/25946505