Medienspiegel 6. September 2019

+++BERN
bernerzeitung.ch 06.09.2019

Heilsarmee schliesst die Asylunterkunft früher als geplant
Konolfingen – Die Unterkunft für Asylsuchende soll vorzeitig geschlossen werden. Sieben Festangestellte verlieren ihre Stelle.

Julian Seidl

Asylbewerber, die auf ihren Entscheid warten oder diesen schon erhalten haben, können vorübergehend in Kollektivunterkünften wohnen. Bis anhin betrieb die Heilsarmee eine solche in Konolfingen. Nun will die Stiftung die Unterkunft bis Ende Oktober schliessen und vorzeitig aus dem Vertrag mit der Gemeinde, der ein Mietverhältnis bis Ende 2020 vorsieht, aussteigen.

Grund seien die zurückgehenden Asylzahlen, wie Marcel Lüthi, Verantwortlicher der Kollektivunterkünfte der Heilsarmee im Kanton Bern, auf Anfrage mitteilt. «Die Anzahl der Flüchtlinge hat sich stark reduziert, sodass die Unterkunft für uns wirtschaftlich nicht mehr tragbar ist», sagt Lüthi. Vor vier Jahren habe die Heilsarmee noch 21 Kollektivunterkünfte im Kanton Bern betrieben. Damals stiegen die Flüchtlingszahlen in der Schweiz stark an. Fällt Konolfingen weg, werden noch deren sieben in Betrieb sein.

Konolfingen überrascht

Für Heinz Suter, Gemeindepräsident von Konolfingen, kam die Nachricht überraschend: «Ende 2018 erhielten wir noch eine Absichtserklärung des Kantons, in der uns mitgeteilt wurde, dass er die Unterkunft weiter in seinem Portfolio führen möchte», sagt Suter. Dass die Unterkunft jetzt geschlossen werden soll, sei für ihn so nicht absehbar gewesen.

Mitte September befinden die Gemeinde, die Heilsarmee und der Kanton über die Zukunft der Kollektivunterkunft. Das Haus hat Platz für sechzig Personen. Aktuell werden dort noch ungefähr zwanzig Personen beherbergt, wie Marcel Lüthi sagt. Die meisten sollen nach der Schliessung in andere Unterkünfte umziehen. Einzelne können in Wohnungen gehen, so Lüthi.

Kündigungen erhalten

Betreut werden die Asylsuchenden in Konolfingen derzeit von sieben Festangestellten, einem Zivildienstleistenden und einer Praktikantin. Durch die Schliessung verlieren alle ihre Stelle am Standort. Bei den Zivis und Praktikanten sei dies nicht ein Pro­blem: «Praktika und Zivi-Stellen werden sowieso nur temporär ausgeschrieben. Was uns sicherlich wehtut, ist die Trennung von den sieben Festangestellten», sagt Lüthi.

Für diese suche die Heilsarmee zwar eine Anschlusslösung, momentan sehe es aber schwierig aus. «Sollte eine Stelle in der Heilsarmee frei werden, schlagen wir sicher jemanden aus Konolfingen vor», sagt er. Vonseiten des Kantons ist keine laufende Übernahme der Unterkunft geplant, wie Gundekar Giebel, Leiter Kommunikation der Gesundheits- und Fürsorgedirektion, mitteilt.

Sie soll jedoch ab Mitte 2020 wieder in Betrieb genommen werden. «Dies ist der Zeitpunkt, an dem das neue kantonale Gesetz über die Sozial- und Asyl­hilfe in Kraft tritt», so Giebelweiter. Im Rahmen der Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs im Kanton Bern habe der Kanton die Unterkunft reserviert, wie Giebel sagt. Ab Ende April hat das Sozialamt jene Organisationen bekannt gegeben, welche Flüchtlinge ab Juli 2020 betreuen dürfen. Dabei wurde die Heilsarmee nicht berücksichtigt.

Zwar wird sie als Subakkordantin Flüchtlinge in der Region Bern-Stadt und Umgebung unterstützen können, der eigentliche regionale Partner der Gesundheits- und Fürsorgedirektion wird aber die Stadt Bern, so Giebel. Gegen diesen Entscheid hat die Heilsarmee Beschwerde eingereicht, bestätigt Lüthi. Sie wolle dadurch den Prozess genauer durchleuchten. Genauere Angaben zum laufenden Ver­fahren machen aber weder die Heilsarmee noch der Kanton.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/heilsarmee-schliesst-die-asylunterkunft-frueher-als-geplant/story/15587964)

+++ST. GALLEN
«Es nützen alle Sprachkurse nichts, wenn man nicht mit den Leuten redet»: Das Solihaus hilft Flüchtlingen durch den Alltag
Trotz vermehrter Integrationsangebote der Gemeinden bleibt die St.Galler Anlaufstelle für Flüchtlinge viel gefragt. Diesen Samstag feiert das Solihaus sein jährliches Hausfest und im nächsten Jahr bereits sein zehnjähriges Bestehen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/es-nuetzen-alle-sprachkurse-nichts-wenn-man-nicht-mit-den-leuten-redet-das-solihaus-hilft-fluechtlingen-durch-den-alltag-ld.1149340

+++SCHWEIZ
Flüchtlingshelferin Anni Lanz zieht vor Bundesgericht – es geht ihr um mehr als um die Busse
Die Flüchtlingshelferin wehrt sich gegen eine Busse. Es geht ihr um viel mehr als die 800 Franken. Sie will das Asylsystem in der Schweiz verändern.
https://www.bzbasel.ch/schweiz/fluechtlingshelferin-anni-lanz-zieht-vor-bundesgericht-es-geht-ihr-um-mehr-als-um-die-busse-135574176
-> https://www.1815.ch/news/wallis/aktuell/lanz-geht-nach-lausanne/

+++BALKANROUTE
Bosnien – Nie mehr zurück
Samina will mit ihrem Enkel von Pakistan nach Deutschland, sitzt in Velika Kladuša fest und möchte das Ende ihrer Odyssee noch erleben
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/nie-mehr-zurueck

+++GRIECHENLAND
Wieder mehr Flüchtende aus der Türkei: Stau auf Ägäis-Inseln
300 Menschen in nur zwei Tagen – seit Kurzem erreichen wieder mehr Flüchtende griechische Inseln. Doch die Lager sind bereits überfüllt.
https://taz.de/Wieder-mehr-Fluechtende-aus-der-Tuerkei/!5623926/
-> https://de.euronews.com/2019/09/06/berlin-und-unhcr-besorgt-uber-trostlose-lage-auf-agais-inseln

EU lässt Tausende Geflüchtete auf griechischen Inseln bewusst im Stich – Viele Kinder mit psychischen Problemen
Athen/Berlin, 6. September 2019. Zehntausende Geflüchtete werden auf den griechischen Inseln von der Europäischen Union und Griechenland bewusst im Stich gelassen. Derzeit sitzen auf Lesbos, Samos und Chios 24.000 Schutzsuchende ohne ausreichend staatliche Versorgung in fünf völlig überfüllten Lagern fest, die für 6.300 Menschen ausgelegt sind. Dies sind so viele wie seit Anfang 2016 nicht mehr. Im Lager Moria auf Lesbos sind fast die Hälfte der Geflüchteten Kinder. Viele haben psychische Probleme. Verantwortlich für diese Krise ist das mangelhafte Aufnahmesystem auf den griechischen Inseln, fehlende Schutzmechanismen und eine ungenügende Versorgung der Geflüchteten als Folge des EU-Türkei-Deals. Die griechische Regierung und die anderen Mitgliedstaaten der EU müssen die Situation der Schutzsuchenden umgehend verbessern.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/griechische-inseln-uerbefuellte-lager
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1125430.aegaeis-und-griechenland-aerzte-ohne-grenzen-migranten-werden-im-stich-gelassen.html

+++MITTELMEER
Lage auf Rettungsschiff »Alan Kurdi« spitzt sich zu
Die Lage auf dem deutschen Rettungsschiff »Alan Kurdi« im Mittelmeer vor Malta hat sich nach Angaben der Retter weiter verschlechtert. Der Sprecher des Regensburger Vereins Sea-Eye, Gorden Isler, sprach am Freitag von einer »besorgniserregenden Dynamik«. In der Nacht zuvor sei ein Minderjähriger aus den Sicherheitsnetzen gezogen worden, der versucht habe, das Schiff über die Reling zu verlassen. Er hoffe, dass ein maltesisches Gericht in Kürze der Beschwerde Sea-Eyes folge und die zweifellose Zuständigkeit Maltas für die Rettung bestätige, sagte Isler.
Die »Alan Kurdi« hatte vorigen Samstag 13 Menschen aus einem überladenen Holzboot geborgen, unter ihnen acht Minderjährige. Zwei Jungen, die unter schweren Angstattacken litten, durften inzwischen das Schiff verlassen und wurden von Malta an Land genommen. »Die ›Alan Kurdi‹ ist nicht der richtige Ort, um minderjährige Schutzsuchende länger als nötig zu beherbergen«, sagte Isler. Am Abend teilte die Sea-Eye mit, dass die maltesische Armee weitere drei Personen von Bord geholt habe. Damit blieben jetzt noch acht Schutzsuchende auf der »Alan Kurdi«. Das Auswärtige Amt habe die Europäische Kommission eingeschaltet und um Vermittlung gebeten.
https://www.jungewelt.de/artikel/362917.lage-auf-rettungsschiff-alan-kurdi-spitzt-sich-zu.html
-> https://www.nzz.ch/international/alan-kurdi-lage-auf-deutschem-rettungsschiff-immer-prekaerer-ld.1507164

300.000 Euro Buße für „Eleonore“-Kapitän Reisch
Italien hat gegen den bayerischen Kapitän Claus-Peter Reisch die Strafe in sechsstelliger Höhe verhängt und das Schiff beschlagnahmt. Ob die neue italienische Regierung weniger hart gegen Seenotretter vorgeht, ist offen.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/300-000-euro-busse-fuer-eleonore-kapitaen-reisch,RbHpCjo
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/mission-lifeline-seenotrettung-claus-peter-reisch-eleonore
-> https://www.nau.ch/news/europa/300000-euro-busse-fur-eleonore-kapitan-reisch-65580378

+++EUROPA
Wie sich die Fluchtrouten nach Europa verändert haben
Seit dem Rekordjahr 2015 hat sich einiges verändert. Es kommen weniger Menschen nach Europa und sie kommen auf anderen Wegen
https://www.derstandard.at/story/2000108234783/wie-sich-die-fluchtrouten-nach-europa-veraendert-haben?ref=rss

Fluchtrouten nach Europa vor allem via Griechenland
Insgesamt ist die Zahl der in Europa Ankommenden im Vergleich zum Jahr 2015 stark gesunken. Weniger Menschen landen in Italien, mehr in Griechenland
https://www.derstandard.at/story/2000108289668/fluchtrouten-nach-europa-vor-allem-via-griechenland?ref=rss

HAREKACT’S WEEKLY DIGEST 05/09/2019
19th August – 1st September 2019 (This digest covers a two week period)
Increasing arrivals of migrants to the Greek Aegean islands | Greece’s response to the rise in arrivals | New report on mistreatment of asylum seekers in Greece | Afghan minor killed in Moria | Updates on the Deportations of Syrians from Turkey | Syrians walk towards Turkish border in protest against shelling by Syrian and Russian forces | Sea Rescue by Turkish Merchant Vessel | Perspectives
https://harekact.bordermonitoring.eu/2019/09/05/harekacts-weekly-digest-05-09-2019/

+++FREIRÄUME
Wohnen im Bremgartenwald – Die Berner Waldmenschen sind umgezogen
Bisher wohnten die Waldmenschen auf Gebiet der Burgergemeinde. Nun sind sie gezügelt – auf eine Parzelle der Stadt.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/wohnen-im-bremgartenwald-die-berner-waldmenschen-sind-umgezogen

bernerzeitung.ch 06.09.2019

Stadt hilft den Waldmenschen

Die Aussteiger haben nach sieben Jahren ihr Camp im Bremer verlassen. Jetzt leben sie in einem Waldstück bei Bethlehem – dank eines Deals mit der Stadt.

Christoph Albrecht

Ein Feuerchen brennt, ein Hund bellt, unter den Zeltblachen wartet ein bärtiger Mann im Schneidersitz, bis das Wasser im Topf kocht. Es ist ein Mittag wie jeder andere bei den Waldmenschen im Bremgartenwald, Zeit für einen Kaffee. Einziger Unterschied: Das Kränzchen findet jetzt rund zwei Kilometer Luft­linie weiter westlich statt.

Die längst schweizweit bekannten Aussteiger, die teils seit sieben Jahren im Berner Wald leben, sind umgezogen. «Vor ein paar Wochen haben wir den alten Standort verlassen», erzählt Campvater Chrütli.

Das Problem beim bisherigen Lager nahe dem Glasbrunnen: Der dortige Boden gehört der Burgergemeinde. Dieser waren die Lebenskünstler schon lange ein Dorn im Auge. «Im Herbst hätte man unser Camp wohl geräumt», so Chrütli. Man habe die Zelte deshalb freiwillig abgebrochen.

«Besser als vorher»

Wobei: Einfach so ist der Wegzug nicht erfolgt. «Die Stadt Bern ist auf uns zugekommen und hat uns zwei Standorte angeboten», so der 48-Jährige. Einen beim Westside und einen im Wald bei Bethlehem.

Auf letzterem – angrenzend an eine Lichtung – haben die Waldmenschen ihr Zeltlager nun neu errichtet. Chrütli schwärmt: «Eigentlich ist es hier sogar besser als vorher.» Es gebe schöne Sonnenuntergänge, es sei heller und ruhiger – «und man hat keinen Veloweg mehr vor der ‹Schnure›».

Stadt stellt Regeln auf

Dank eines Deals mit den Stadtbehörden können die Aussteiger also weiter im Bremgartenwald leben? «Korrekt», heisst es bei der Medienstelle der Stadt auf Anfrage. Man habe mit den Waldmenschen den Dialog gesucht und ihnen «eine neue Parzelle auf Stadtboden provisorisch zugewiesen». Sie dürften sich dort «auf Zusehen hin und verknüpft mit gewissen Auflagen» aufhalten.

Die Bedingung: «Ordnung und Sauberkeit sowie keine Ausdehnung auf weitere Parzellen». Zu den konkreten Gründen für das Entgegenkommen will sich die Stadt derzeit nicht äussern. Man habe eine Lösung finden wollen, heisst es lediglich. Auch die rechtlichen Verhältnisse – ein Zeltlager im Wald verstösst gegen das Waldgesetz – kommentiert die Stadt nicht weiter.

Verhalten gibt sich auch die Burgergemeinde. «Wir haben festgestellt, dass unter den Waldmenschen gewisse Zügeltätigkeiten im Gang sind», sagt Sprecherin Stefanie Gerber. Und: «Es entspricht dem Willen der Burgergemeinde, wenn der bisher ­illegale Zustand nicht mehr besteht.» Weiter äussere man sich in dieser Angelegenheit nicht.

Vom Wald in den Stadtrat?

Chrütli, der nach eigenen Aussagen am alten Ort «alles schön aufgeräumt» hat, ist erleichtert. «Der Druck ist weg.» In den letzten Jahren hätten er und seine Freunde ständig mit dem Besuch der Polizei rechnen müssen. Im April musste Martin Wyss, wie Chrütli eigentlich heisst, schon zum zweiten Mal für fünfzehn Tage ins Gefängnis, weil er die Busse wegen der widerrechtlichen Niederlassung im Wald nie bezahlt hat. Der Aufenthalt hinter Gittern sei öde gewesen. «Ich habe im Prinzip nur geraucht und TV geschaut.»

Umso glücklicher ist er, jetzt wieder draussen zu sein, im Wald, den er als Allgemeingut ansieht. «Es ist an der Zeit, das Waldgesetz zu ändern.» Chrütli sagt das nicht einfach so, er möchte selbst Einfluss nehmen. In zwei Jahren werde das Stadtberner Parlament neu gewählt, bemerkt er. «Ich überlege mir, mich für diese Wahlen aufstellen zu lassen.»
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/stadt-hilft-den-waldmenschen/story/26633892)

Wohnen im Bremgartenwald – Die Berner Waldmenschen sind umgezogen
Bisher wohnten die Waldmenschen auf Gebiet der Burgergemeinde. Nun sind sie gezügelt – auf eine Parzelle der Stadt.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/wohnen-im-bremgartenwald-die-berner-waldmenschen-sind-umgezogen

tagesanzeiger.ch 06.09.2019

Hausbesetzer sind vorsichtiger geworden

Besetzte Häuser und ihre Räumung sorgten in Zürich regelmässig für Eklats – früher. Heute bezeugen Statistiken und Polizeibeamte: Es herrscht Minne.

Hannes Nussbaumer

Hochgerüstete Polizeiequipen, die besetzte Häuser räumen: Das war während Jahrzehnten ein Zürcher Grosspolitikum. Ob 1993 im Fall des Wohlgroth-Areals, 2014 beim Labitzke-Areal oder sonstwo: Die polizeiliche Räumung besetzter Liegenschaften warf stets erhebliche Wellen.

Doch seit einigen Jahren herrscht Ruhe. Die «Lokalinfo»-Publikationen dokumentierten die Entspannung unlängst in Zahlen: Gab es in der Stadt Zürich 2013 noch 77 besetzte Liegenschaften, so sind es aktuell gerade noch 29.

Laut dem Sprecher der Zürcher Stadtpolizei, Marco Cortesi, hat sich das Vorgehen innerhalb der Besetzerszene stark gewandelt: Statt die Konfrontation würden die Besetzer heute das Arrangement suchen. Konkret: Werde ein Haus als potenziell interessantes Objekt identifiziert, würden die Besetzer sogleich mit den Eigentümern Kontakt aufnehmen und die Verständigung suchen. In der Regel komme es dann zu einem Übergangs- oder Zwischennutzungsvertrag. Die Besetzer erhalten die Erlaubnis, in die Liegenschaft einzuziehen – gleichzeitig verpflichten sie sich dazu, wieder auszuziehen, sobald eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt.

Keine Personenkontrolle

Liege ein solches Arrangement vor, handle es sich aus polizeilicher Sicht nicht um eine Besetzung. «Es ist dann ein legales Mietverhältnis. Dementsprechend gibt es für uns auch keinen Anlass, Personenkontrollen vorzunehmen.»

Der Wandel innerhalb des Besetzermilieus manifestiert sich auch in der Zahl der polizeilichen Räumungen. 2014 gab es acht solche, 2018 waren es noch zwei, in diesem Jahr gab es noch gar keine. Bei den aktuell noch laufenden Besetzungen handelt es sich laut Cortesi zum Teil um «Altlasten».

Die Entschärfung des Hausbesetzer-Politikums ist laut Cortesi das Ergebnis des seit längerem gültigen städtischen Prinzips: Die Polizei interveniere und kontrolliere konsequent, wenn Besetzer sich illegal in einer Liegenschaft einnisten würden. Liege dagegen ein Arrangement vor, würden die Beteiligten in Ruhe gelassen.

Politischer Vorstoss

Auch wenn der Umgang mit Hausbesetzungen sich in Zürich zu einem Nebenproblem entwickelt hat: Namentlich bei bürgerlichen Parteien stossen solche nach wie vor auf wenig Sympathie. Für die SVP ist weiterhin jede Besetzung «eine zu viel».

Im Kantonsrat hat im April eine Allianz aus SVP, FDP, CVP, BDP und EDU eine parlamentarische ­Initiative von Nina Fehr Düsel (SVP, Küsnacht) vorläufig unterstützt. Der Vorstoss verlangt, dass besetzte Häuser innert 72 Stunden nach einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs von der Polizei geräumt werden müssten.

Definitiv überwiesen wird die Initiative allerdings kaum. Inzwischen haben sich die Kräfteverhältnisse im Rat geändert. Die bürgerliche Allianz hat keine Mehrheit mehr.
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/kaum-mehr-zwangsraeumungen-weil-besetzer-dazugelernt-haben/story/16532898)

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
GRENZENLOS SOLIDARISCH
Eine, aber wirklich nur eine Festnahme hat es doch gegeben beim «Fan»-Marsch des Belgrader Hooligan-Mobs in Bern – dies als nachträgliche Korrektur zum letzten Eintrag.
Zur Einstimmung auf den Solidaritätslauf für die Beratungsstelle für die Sans-Papiers gibts Impressionen von der «Free Carola»-Demonstration, abrufbar unter
https://youtu.be/z9xjOwJG7y0

(FB RJG Bern)
Anlässlich des internationalen Aktionstages für Rojava trafen wir uns heute Mittag zu einer kleinen Aktion vor dem RUAG Hauptgebäude in Bern.
Mit Bannern, Kreide und Flyer konnte auf die Drecksgeschäfte der RUAG aufmerksam gemacht werden.
Die Polizei war mit einem grösseren Aufgebot präsent, auch die Militärpolizei bezog innerhalb des Areals Stellung. Staatlich legitimiertes Morden darf nicht gestört werden, denn fette Profite winken…
Folgender Flyer wurde verteilt:
Kundgebung gegen Rüstungsexporte, für Solidarität mit Rojava
Nordsyrien wird aktuell mit einer grossen Bedrohung konfrontiert. Mit jener einer Grossoffensive der türkischen Armee, welche das revolutionäre Projekt in Rojava zerstören will. Seit langem spricht Erdogan davon, ganz Nordsyrien annektieren zu wollen. Doch nun wird die Gefahr immer konkreter. Truppen und schweres Kriegsmaterial werden an der Grenze zusammengezogen, immer wieder treffen Artilleriegeschosse in Nordsyrien ein.
Es wäre aber falsch zu denken, der Krieg stünde erst bevor. Eine Offensive würde den Krieg auf eine neue Stufe heben. Vor mehr als einem Jahr wurde der Kanton Afrin von der Türkei und ihren dschihadistischen Proxymilizen besetzt, in Südkurdistan/Nordirak versucht die zweitgrösste NATO Armee in das strategische Zentrum der PKK in Kandil vorzudringen. Schläferzellen des IS und die türkische Armee haben im Sommer riesige Landwirtschaftsflächen in Rojava durch Brände verwüstet.
Die Verteidigung der Revolution von Rojava ist auch eine internationalistische Aufgabe.
Derweil ist die Schweiz ein ruhiges Hinterland für Firmen, die durch den Krieg Profite erzielen. Rheinmetall, welche die Türkei mit Panzern beliefert, hat einen Standort in Ittigen bei Bern, B+T liefert Munition und Granatwerfer nicht nur an die Berner Polizei sondern in die ganze Welt und auch die RUAG schreckt vor keinem Geschäft zurück, wenn es darum geht, mit dem Töten Gewinne zu schreiben. Aktuell strebt die RUAG eine Teilprivatisierung an, um Exportbestimmungen umgehen zu können. Ohne die Geschäfte der Rüstungsfirmen und der Rückendeckung von NATO und EU kann die Türkei keinen Krieg in Nordsyrien führen. Der Kampf gegen Rüstungsfirmen ist damit zugleich auch ein internationalistischer Kampf für die Revolution von Rojava.
Rojava verteidigen – Dem Krieg kein ruhiges Hinterland!
#riseup4rojava #fight4rojava
(https://www.facebook.com/rjgbern/posts/1442550119230837)

DIE UTOPIE ALS KOMPASS
Überall in Bern gibt es kleine anarchistische Inseln. Widerstand gegen den Staat und hierarchie¬kritische Auseinandersetzungen sind alltäglich. Eine Moment¬aufnahme mit Widersprüchen und Machtfragen.
https://www.neuewege.ch/die-utopie-als-kompass

Graffiti als Antwort auf staatliche Zensur & Repression
In der Nacht vom 3.auf den 4. September haben wir eine Wand bei einer Zugbrücke vor der Reitschule mit einem neuen politischen Bild versehen. Es ist eine Antwort auf einen Zensurversuch der Stadt gegen ein vorheriges Graffiti gegen Repression.
https://barrikade.info/article/2584

Feuerwerksaktion für Rojava bei Rheinmetall
Dem Krieg kein ruhiges Hinterland!
Heute, am ersten Tag des internationalen Aktionswochenende für Rojava, haben wir bei Rheinmetall Air Defence in Zürich Oerlikon mit Feuerwerksknallern auf das mörderische Geschäft aufmerksam gemacht, welches von hier aus betrieben wird.
Einige Stunden vor der Aktion haben wir folgenden Text in den umliegenden Briefkästen verteilt und an die Wände gekleistert.
https://barrikade.info/article/2589

Entlarvt Graffiti-Tram die 30 Polizisten-Angreifer?
Im Internet posten Linksautonome Bilder eines verschmierten Trams. Es ist jenes, das zur Eskalation zwischen Polizisten und Vermummten geführt hat.
https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Entlarvt-Graffiti-Tram-die-Polizisten-Angreifer–12457576
-> https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/fuehren-fotos-des-versprayten-trams-zu-den-taetern/story/18117973

Klimaaktivisten erheben Einsprache gegen Strafbefehle
Mehrere Klimaaktivisten haben Einsprache gegen die Strafbefehle der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft erhoben. Im Juni wurden Klimaaktivisten festgenommen weil sie anlässlich einer Protestaktion den Eingang der Crédit Suisse in Zürich blockierten.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/klimaaktivisten-erheben-einsprache-gegen-strafbefehle-00119103/

+++REPRESSION DE
Mitgegangen Mitgefangen – ein Blick auf 2 Jahre G20-Prozesse
Mit RA Gabriele Heinecke und RA Matthias Wisbar
Sind wir die drohende Gefahr?
Beide ReferentInnen haben mehrere Mandate im Kontext der G20-Proteste übernommen. Auffällig ist dabei das relevante Thema der Mittäterschaft sowie der drohenden Gefahr.
Der Vortrag behandelt deshalb die Neufassung des §114 StGB (Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte), sowie die aktuellen Bestrebungen die Mittäterschaft in Bezug auf §§ 125, 125a, StGB auszuweiten. Des Weiteren wird die fortschreitende Militarisierung der Polizei problematisiert.
Workshop auf dem Kongress des Bundesarbeitskreises kritischer Juragruppen in Hamburg 2019
Stammheim, Stadion, Staatsgefährdung?! Der politische Strafprozess.
https://www.freie-radios.net/97100

+++REPRESSION G7
G7 Sonderjustiz: “Die drei von der Autobahn”
Drei Monate Knast wegen „Dokumenten der extremen Linken“?
https://lowerclassmag.com/2019/09/06/g7-sonderjustiz-die-drei-von-der-autobahn/?fbclid=IwAR3oPnlTETwiSFio0L1g2Qen2C4a01l7Z2d164znIrpu4dHeph9SIw04e9s

+++JUSTIZ
tagesanzeiger.ch 06.09.2019

Zürcher Gericht zum Datensünder gekürt

Wie oft Strafverfolger im Kanton Zürich Telefone abhören oder Computer infiltrieren, erfährt die Öffentlichkeit nicht. Ist das verfassungswidrig?

Philippe Stalder

Um Kapitalverbrechen aufzuklären, können Strafverfolgungsbehörden Telefone von Verdächtigen überwachen, E-Mails mitlesen und Computer infiltrieren. Da es sich dabei um schwere Grundrechtseingriffe handelt, müssen diese vom Zwangsmassnahmengericht (ZMG) bewilligt werden. Wie oft das ZMG einzelne Überwachungsmassnahmen erlaubt, gelangt trotz des Verfassungsgrundsatzes der Justizöffentlichkeit nicht ans Licht der Öffentlichkeit.

Dem ZMG des Kantons Zürich wurde am letzten Donnerstag deshalb der Big Brother Award verliehen – ein Oscar für Datensünder. Weitere Preisträger waren das Bundesamt für Gesundheit (elektronisches Patientendossier) und die Postfinance (automatische Stimmerkennung). Veranstaltet wurde die Preisverleihung vom Chaos Computer Club, der Digitalen Gesellschaft, der Wau-Holland-Stiftung und von PEP Security. Lukas Huber stellt sich im Interview den Vorwürfen der Veranstalter. Er ist stellvertretender Generalsekretär des Obergerichts Zürich, bei dem das ZMG angesiedelt ist.

Herr Huber, weshalb haben Sie Ihren Big Brother Award an der Veranstaltung nicht abgeholt?

Wir waren etwas überrascht, dass wir erst am Tag der Verleihung informiert wurden. Das war etwas kurzfristig. Die Einladung zum Gespräch werden wir aber gerne wahrnehmen.

Das ZMG bewilligt den Einsatz geheimer Massnahmen wie Telefonüberwachungen oder Staatstrojaner. Zahlen zur Einsatzhäufigkeit werden auf kantonaler Ebene jedoch nicht separat veröffentlicht. Wieso nicht?

Seit der Totalrevision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) obliegt die Veröffentlichung dieser Zahlen dem Überwachungsdienst des Bundes. Denn eine Veröffentlichung auf kantonaler Ebene könnte Rückschlüsse ermöglichen, um welches Strafverfahren es sich handelt. Vor allem in kleinen Kantonen, wo es nur wenige publikumswirksame Verfahren gibt. Das könnte die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten gefährden und den reibungslosen Ablauf der Ermittlungen – etwa, wenn der Beschuldigte Teil eines ganzen kriminellen Netzwerks ist, gegen dessen Mitglieder die Ermittlungen noch laufen.

Dennoch untersteht die Justiz gemäss Kantonsverfassung dem Öffentlichkeitsprinzip. Dieses ist Grundlage für das Vertrauen der Bevölkerung in die Gerichtsbarkeit. Weshalb sollten wir dem ZMG blind vertrauen?

In Strafverfahren kollidieren die unterschiedlichsten Interessen, die so gut wie möglich in Einklang gebracht werden müssen: Auf der einen Seite stehen die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten und der Opfer und das öffentliche Interesse an einer funktionierenden Strafjustiz, auf der anderen Seite der Anspruch der Öffentlichkeit, der Medienfreiheit und der Wissenschaftsfreiheit. Der Gesetzgeber hat deshalb die Öffentlichkeit von einigen Verfahren ausgeschlossen. Dazu gehören die Verfahren des ZMG, aber auch Scheidungs- und Jugendstrafverfahren.

Aber vor dem Hintergrund der tiefgreifenden Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ist es in einem Rechtsstaat doch heikel, wenn die Bevölkerung nichts über den Umfang weiss, in dem neue Technologien wie etwa Staatstrojaner eingesetzt werden.

Geheime Überwachungsmassnahmen stellen tatsächlich einen extremen Eingriff in die Freiheit der Betroffenen dar. Doch sind sie immer erst das letzte Mittel, wenn die Strafverfolger bei schweren Delikten mit anderen Mitteln nicht weiterkommen. Den betroffenen Personen wird die Überwachung deshalb nach Abschluss mitgeteilt, und sie können sich dann dagegen zur Wehr setzen. Bis dahin müssen diese Massnahmen aber geheim sein, sonst verfehlen sie ihren Zweck.

Während der Untersuchung ist das klar. Aber es geht ja darum, dass man sie selbst nach Abschluss des Verfahrens nicht publiziert.

Das liegt daran, dass die Entscheide des ZMG bloss Zwischenentscheide sind. Die Ermittlungen gehen danach oft noch lange weiter. Ermittlungstaktisch wäre es nicht klug, zu sagen, in welchen Fällen man wen wie wo und wie lange überwachen würde. Organisierte Kriminelle würden das zur Kenntnis nehmen und ihre Lehren daraus ziehen. Zudem hat eine Studie der Universität Zürich gezeigt, dass in gewissen Bereichen Personen in anonymisierten Gerichtsurteilen dank Big Data in über 80 Prozent der Fälle re-identifiziert werden können. Dies wäre in solchen Verfahren speziell problematisch.

Dafür würde die Bevölkerung erfahren, in welchem Umfang sie überwacht wird.

Vergessen Sie nicht, wir haben es hier mit Kapitalverbrechen zu tun. Es geht darum, diese aufzuklären und künftige zu verhindern. Es sind auch in der Öffentlichkeit Fälle bekannt, wie etwa die Anfang Jahr vom Bezirksgericht Zürich wegen versuchten Mordes verurteilte Messerstecherin, die dank geheimer Überwachung überführt werden konnte. Hier muss man den Anspruch auf Öffentlichkeit gegen das öffentliche Interesse an einer effizienten Strafverfolgung abwägen.

Verfassungsrechtler Urs Saxer bezeichnet die fehlende Publikation durch das ZMG als verfassungswidrig. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Ich sehe das anders: Die Justizöffentlichkeit bezieht sich primär auf Urteile, nicht auf sämtliche Zwischenentscheide. Wichtig sind die Endentscheide, und diese werden vom Obergericht Zürich alle publiziert.

2017 wurden gemäss einer SRF-Recherche landesweit 97 Prozent der Überwachungsanträge durch kantonale ZMG genehmigt. Wie lässt sich dieser hohe Wert erklären?

Die Zahl basiert nicht auf der Fallstruktur des Kantons Zürich. Zur SRF-Recherche konnten wir keine Auskunft geben, da wir diese Zahlen bisher nicht erheben. Die 97 Prozent stammen von den 17 Kantonen, die Auskunft geben konnten. In Zürich werden die Gesuche aber ebenfalls grossmehrheitlich genehmigt. Dies hat vor allem damit zu tun, dass das ZMG ungenügend begründete Anträge zur Verbesserung an die Staatsanwaltschaften zurückweisen kann. Dies geschieht in erheblichem Ausmass, was die Gutheissungsquote natürlich erhöht. Zudem sind die Staatsanwaltschaften mit den gesetzlichen Anforderungen an geheime Überwachungen bestens vertraut und stellen in der Regel keine aussichtslosen Gesuche.

Das ZMG muss Strafverfolgern gemäss Auftrag auf die Finger schauen, damit deren Überwachung nicht ausufert. Kann man denn vor dem Hintergrund dieser hohen Quote überhaupt von einer Kontrollfunktion des ZMG sprechen?

Ja, das kann man. Das ZMG prüft in jedem Fall, ob ein dringender Tatverdacht besteht, ob die Schwere dieser Tat eine geheime Überwachung rechtfertigt und ob die Untersuchung ohne die Überwachung aussichtslos ist oder erheblich erschwert würde.

Bundesrichter Niklaus Oberholzer hat als ehemaliger Präsident der St. Galler Anklagekammer zehn Jahre lang selbst Anträge auf Telefonüberwachung geprüft. Seine Erfahrung: «Man kann gar nicht vertieft beurteilen, ob ein Antrag gerechtfertigt ist oder nicht, weil es schnell gehen muss und die Akten nur vom Staatsanwalt stammen.» Was sagen Sie zu diesem Befund?

Bei Einparteienverfahren ist es naturgemäss schwierig, sich ein umfassendes Bild zu machen, das stimmt. Aber wenn man sagt, dass sämtliche Anträge einfach durchgewunken werden, ist das eine Geringschätzung der Arbeit der Zwangsmassnahmenrichterinnen und -richter, die in einem sehr delikaten Umfeld einen hervorragenden Job machen. Die Alternative wäre, zu sagen: Wir machen keine Überwachungsmassnahmen mehr und resignieren vor Kapitalverbrechen.

Neue Überwachungsmethoden

Mit dem neuen Büpf stehen den Strafverfolgungsbehörden seit dem 1. März 2018 folgende neuen technischen Geräte und Informatikprogramme zur Verfügung:

–Imsi-Catcher simulieren Mobilfunkantennen und können im Umkreis von mehreren Hundert Metern alle Personen identifizieren, deren Handys sich bei der Antenne registrieren. Auch Telefongespräche können mitgehört werden. Der Einsatz eines Imsi-Catchers kommt einer unsichtbaren Ausweiskontrolle gleich.

– Ein Staatstrojaner ist eine Überwachungssoftware, die unbemerkt auf dem Computer eines Verdächtigen installiert wird und dort seine gesamten digitalen Tätigkeiten überwacht. Ihr Einsatz basiert auf Sicherheitslücken, die von den Strafverfolgungsbehörden auf dem Schwarzmarkt eingekauft werden.

– Bei einer Server-Überwachungwird nicht der Computer eines Verdächtigen überwacht, sondern der Server, an den sein Computer angeschlossen ist. Strafverfolgungsbehörden sind dabei auf die Kooperation von Betreibern angewiesen. Naturgemäss werden dabei auch alle anderen Personen mitüberwacht, die denselben Server benutzen. (TA)
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/Big-Brother-Awards-kueren-den-unverschaemtesten-Datensuender/story/27104543)

+++VERHALTENS-/ORDNUNGS-/SOZIALPOLIZEI
Sie sind herzlich, aber auch bestimmt – auf Patrouille mit der Luzerner SIP
Lange war sie umstritten, heute ist die Sicherheitstruppe SIP etabliert. Dass man die Zweierpatrouillen in der Stadt Luzern inzwischen kennt, erleichtert ihre Arbeit. Das zeigt sich an einem Abend, an dem unsere Zeitung zwei SIP-Mitarbeiter begleitet.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/sie-sind-herzlich-aber-auch-bestimmt-auf-patrouille-mit-der-luzerner-sip-ld.1149654

+++POLIZEI TG
Mit mehr Polizisten zu höherer Sicherheit im Thurgau
Der Polizeibestand im Kanton Thurgau soll in den nächsten 10 bis 12 Jahren erhöht werden. Das teilte der Regierungsrat des Kantons Thurgau mit. Damit soll die Sicherheit wieder genügend gewährleistet werden.
https://www.toponline.ch/news/thurgau/detail/news/mit-mehr-polizisten-zu-hoeherer-sicherheit-im-thurgau-00119076/
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/thurgauer-regierung-fordert-mehr-polizistinnen-und-polizisten-DvLKDYY
-> http://www.tvo-online.ch/mediasicht/74560
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld/thurgauer-polizeikommandant-fordert-massive-personalaufstockung-ld.1149533

+++ANTIFA
«Ich verurteile jegliches rechtsextremes Gedankengut»: Schwinger Curdin Orlik wendet sich von Sponsor Roviva ab
Der Bündner Kranzschwinger Curdin Orlik will nichts mehr mit seinem Sponsor Roviva zu tun haben. Grund dafür sind die engen Kontakte von Roviva-Geschäftsleiter Peter Patrik Roth in die rechtsradikale Szene.
https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/ich-verurteile-jegliches-rechtsextremes-gedankengut-schwinger-curdin-orlik-wendet-sich-von-sponsor-roviva-ab-id15503124.html
-> https://www.nau.ch/sport/schwingen/neonazi-vorwurf-curdin-orlik-trennt-sich-von-sponsor-roviva-65580442
-> https://www.watson.ch/schweiz/wirtschaft/686661601-chef-mit-nazi-sympathien-curdin-orlik-beendet-zusammenarbeit-mit-roviva

«Ich trug selbst schon schlimmere T-Shirts»
Wie Valentin Landmann einen Unternehmer verteidigt, der mit Nazi-Symbolen posiert, stösst auf Kritik. Der Anwalt hält an seinen umstrittenen Aussagen fest.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Ich-trug-selbst-schon-schlimmere-T-Shirts–11427556

«Verkauf solcher Kleider kann strafbar sein»
In der Schweiz ist das Tragen von Nazi-Symbolen erlaubt. Wer aber solche Kleider online vertreibt – so wie ein Schweizer Unternehmer das tut – kann laut der Anti-Rassismuskommission Probleme bekommen.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Solche-Kleider-vertreiben-kann-strafbar-sein–21527313

+++ANTIRA
bernerzeitung.ch 06.09.2019

Stadt begegnet kolonialem Rassismus mit Kunst

Ein denkmalgeschütztes Wandalphabet im Schulhaus Wylergut gilt heute als problematisch.

Jürg Steiner

Über der Treppe und dem Tischfussballkasten prangt im Wylergut-Schulhaus ein farbenprächtiges Wandalphabet mit einem Sinnbild für jeden Buchstaben. Beim Z ist es eine Ziege, beim T eine Taube, beim I findet man einen rothäutigen «Indianer». Und beim N sieht man einen Menschen mit schwarzer Hautfarbe, dargestellt als exotisch geschmückter Wilder. Das Wort, das damit verbunden wird, gilt heute als rassistisch.

Geschaffen haben das Werk die Künstler Eugen Jordi (1894–1983) und Emil Zbinden (1908–1991) im Jahr 1949. Beide seien sozial engagiert gewesen, das Bild überzeuge mit «hoher malerischer Qualität», schreibt die Stadtverwaltung. Und vor allem: Das Œuvre sei von der Denkmalpflege integral als erhaltenswert eingestuft worden.

Kritisch einordnen

Im Frühjahr machte die Tageszeitung «Bund» die Problematik des Wandalphabets einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Diese Woche nun hat die städtische Kulturabteilung einen Ideenwettbewerb lanciert. Es werden interdisziplinäre Künstlerteams gesucht, die Vorschläge erarbeiten, wie man das rassistisch geprägte Werk kritisch und zeitgemäss einordnen könnte, ohne es zu verstecken. Damit will die Stadt Bern den Umgang mit dem Kulturerbe der Kolonialzeit im öffentlichen Raum vorantreiben.

Der an der ETH Zürich forschende Berner Historiker Bernhard C. Schär beschäftigt sich intensiv mit der kolonialen Ver­gangenheit der Schweiz. «Die Schweiz», sagt er, «fand nie nur in der Schweiz und in Europa statt, ihre Geschichte ist global.» Deshalb engagiert er sich dafür, die kolonialen Spuren – Rassismus, Menschenhandel, Sklaverei – in der heutigen Schweiz sichtbar zu machen.

Was die Stadt vorhat, findet Schär «grundsätzlich gut», wie er auf Anfrage sagt. Allerdings sei das Wandbild «kein isoliertes Einzelproblem», das man mit einer Gruppe von Künstlern lösen könnte, sondern «ein kleiner Faden, der aus einem Knäuel ragt, den die Mehrheit der Stadtbevölkerung lange ignoriert hat».

Die Mehrheitsgesellschaft sehe den rassistischen Gehalt solcher Bilder erst in jüngster Zeit, und die «Blindheit dafür, wie diekoloniale Vergangenheit unsere Gegenwart prägt», sei schwierig für Minderheiten, für die Rassismus zum Alltag gehöre. Schär hofft, dass die Stadt «den Mut aufbringt», Ideen von Künstlern auch dann aufzunehmen, wenn die Aufarbeitung die Schule nicht isoliert betrachtet, sondern den kulturellen und sozialen Kontext der Stadt miteinbezieht.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/stadt-begegnet-kolonialem-rassismus-mit-kunst/story/18601045)

+++RECHTSPOPULISMUS
Der Faschismus und die Frauen
Lotte Laloire sieht bei den Rechten eine neue Strategie
Die extreme Rechte benimmt sich wie ein pubertierender Junge, es geht nur noch um Frauen. Sie sollen abwechselnd »durchgefickt« oder »beschützt« werden. Woher das rechte »Gendergaga« kommt und warum es mehr bedroht als »nur« Frauen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1125466.gender-der-faschismus-und-die-frauen.html

Hetzjagden in Chemnitz: Die «Weltwoche» im Abseits
In Chemnitz habe es keine Hetzjagden auf Ausländer gegeben, so die «Weltwoche». Neue Entwicklungen hat das Blatt bisher ignoriert.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Medien/Hetzjagden-in-Chemnitz-Roger-Koppel-im-Abseits

+++FUNDIS
«Diese Ansichten sind absolut von vorgestern»
Elisabeth Augstburger glaubt, eine Therapie könne gegen Homo¬sexualität helfen. Der ehemalige Landrat Philipp Schoch findet diese Aussagen inakzeptabel.
https://www.bazonline.ch/basel/land/diese-ansichten-sind-absolut-von-vorgestern/story/13159182

EVP-Politikerin rudert bei Homo-Heilung zurück
Elisabeth Augstburger präsidierte schon das Baselbieter Parlament und will jetzt ins Stöckli. Mit ihrer Aussage zur Heilbarkeit von Homosexualität hat sie nun einen Shitstorm ausgelöst.
https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/Staenderatskandidatin-haelt-Homosexualitaet-fuer-heilbar-17317041
-> https://www.bzbasel.ch/basel/baselbiet/evp-augstburger-zu-schwulentherapie-skandal-ich-musste-den-begriff-googeln-135580741

+++HISTORY
Die Schweiz und der Holocaust – ein Streit um Schuld und Sühne
Nazi-Raubgold, nachrichtenlose Vermögen und abgewiesene Flüchtlinge: Die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg sorgte Mitte der 1990er Jahren für eine Geschichtskontroverse, wie sie das Land noch nie gesehen hatte. Was ist vom damaligen Versuch der Vergangenheitsbewältigung geblieben?
https://www.nzz.ch/wochenende/die-schweiz-und-der-holocaust-ld.1506653

Zürichsee-Zeitung 06.09.2019

«Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich nicht mehr in einem Heim bleibe»

Im Kanton Zürich fackelten die Amtsvormunde zwischen 1950 und 1975 nicht lange, bis sie Jugendliche in ein Heim steckten. Meist mit fadenscheinigen Begründungen, wie eine neue historische Studie zeigt.

Thomas Schraner

Der Fall Jana Isler (Name geändert) aus den 1950er Jahren ist besonders krass – aber typisch für die Zeit. Es geht um ein Mädchen aus einer Stadtzürcher Arbeiterfamilie, das schon als Teenager in die Fänge der Vormundschaftsbehörden geriet, weil es auf sexuelle Freiheiten bestand, wie sie heute selbstverständlich sind.

Mit 14 Jahren wiesen die Behörden Jana Isler erstmals in ein Heim ein. Die junge Frau brach dort aber wieder aus, kam in anderes Heim, wo sie erneut weglief. Schliesslich versorgten die Behörden die Jugendliche trotz ihrem Bitten und Flehen in der Strafanstalt Regensdorf.

Die protokollierten Äusserungen des Mädchens lesen sich wie Hilfeschreie. Doch die zuständigen Amtsvormunde wollten oder konnten dies nicht erkennen. Jedenfalls reagierten sie nicht darauf und fixierten sich auf die in ihren Augen grösste Gefahr: Die junge Frau könnte in die Prostitution abrutschen.

«Mit 13 Jahren fing ich an, heimlich mit Burschen zu gehen», schrieb das Mädchen in einem Aufsatz, den es später in der Strafanstalt Regensdorf verfassen musste. «Ich war schon mit 11 Jahren entwickelt. Als die ganze Sache ans Licht kam, wurde ich ins Mädchenheim Obstgarten gebracht, wo ich durchbrannte. Nachher ins Riesbach, wo ich auch durchbrannte.»

In ihrem kürzlich erschienen Buch «Genügend goldene Freiheiten gehabt»* beschreiben die beiden Historikerinnen Susanne Businger und Nadja Ramsauer diesen Fall etwas ausführlicher. Ihr Interesse gilt aber nicht speziellen Einzelfälle, sondern dem damals üblichen Denken und Handeln der Behörden im Wandel der Zeit. Sie untersuchten Akten der Vormundschaftsbehörden Zürich, Winterthur und Pfäffikon im Zeitraum von 1950 bis 1990, um herauszufinden, nach welchen Kriterien die Behörden Heimeinweisungen vornahmen.

Missbilligte Sexualität

Jana Isler gehörte zu jenen jungen Frauen, die schon in den 50er und 60er Jahren auf eine selbstbestimmte Lebensweise pochten, schreiben die Autorinnen. Dazu gehörte eben auch die Sexualität. Aber genau dieses Bedürfnis Jugendlicher, sexuell aktiv zu sein, missbilligten die Behörden, stellen die Autorinnen fest.

Jana Isler habe intuitiv gewusst um ihre Stigmatisierung durch die Behörden und sich deshalb verschlossen. «Meine Mutter wollte immer zum Arzt mit mir. Ich hatte aber kein Vertrauen (…), denn ich hatte immer Angst, man halte mich für verrückt», schrieb die junge Frau. Gegen ihre Einweisung in die Strafanstalt Regensdorf wehrte sie sich 1954 erfolglos: Sie sei doch keine Verbrecherin und werde in der Anstalt weder arbeiten noch Nahrung zu sich nehmen.

Mit fast identischen Worten sträubte sich auch Jolanda Vontobel (Name geändert) gegen die Einweisung in eine Strafanstalt. «Ich habe juristisch nichts verbrochen, ich habe menschliche Fehler begangen», schrieb sie 1964 an den für sie zuständigen Vormund des Jugendamts Pfäffikon. Zehn Jahre früher, als es um eine erneute Heimeinweisung nach einer Flucht ging, machte sie ihm klar, dass sie es in einem Heim nicht aushalten werde: «Wie Sie ja wohl gehört haben, bin ich wieder davon gelaufen. Aber ich habe ihnen ja gesagt, dass ich nicht mehr in einem Heim bleibe (…), das können Sie sich aus dem Kopf schlagen, ich bleibe nicht!!!!!»

Jugendliche nicht angehört

Nach jedem Weglaufen zogen die Vormundschaftsbehörden die Schraube etwas an und wählen eine noch straffer geführte Institution. So kam Jolanda Vontobel ins Frauenheim Ulmenhof in Ottenbach, das auf Erwachsene ausgerichtet war. Der zuständige Jugendsekretär fragte nicht nach, warum die Achtzehnjährige entwichen war, kritisieren die Autorinnen. Und sie hätten im Widerstand der Mädchen nicht deren starke Persönlichkeit gesehen, die man für die sozialpädagogische Arbeit hätte nutzen können. Dieses Haltung war üblich. Es gab kaum Fachpersonen, die sich Gedanken zu den Gründen des Weglaufens gemacht hätten, heisst es im Buch.

Vielmehr hätten die Behörden besonders bei Mädchen auffallend stark auf den sittlichen Lebenswandel fokussiert. Sowohl bei Jana Isler als auch bei Jolanda Vontobel begründeten sie ihre harten Massnahmen damit, «dass sie mit verschiedenen Burschen Geschlechtsverkehr gehabt» hätten, zitieren die Autorinnen aus den Akten.

Bei homosexuellen männlichen Jugendlichen fokussierte man ebenfalls stark auf den Lebenswandel. Generell aber legten die Behörden bei jungen Männern einen anderen Massstab an als bei Mädchen. Sie beurteilten sie danach, ob Aussicht darauf bestand, dass sie der ihr zugedachten Ernährerrolle in der Familie gerecht werden konnten oder nicht. Wer als «Arbeitsscheu» eingestuft wurde, hatte eine entsprechend harte Arbeitserziehung in einer Anstalt zu gewärtigen. Bei Mädchen hingegen spielten Ausbildung und Beruf eine untergeordnete Rolle. Denn ihre gesellschaftliche Rolle bestand darin, Hausfrauen und Mütter zu werden.

Exempel statuiert

Die Akten von Jana Isler verraten zudem, dass die Behörden an ihr ein Exempel statuierten wollen. Als der Sekretär des Jugendamts 1954 den Antrag auf Versorgung in der Strafanstalt schrieb, begründete er dies so: «Ich erachte die zwangsmässige Versorgung von Jana nicht nur als dringendes Gebot in seinem Interesse, sondern auch als Mahnung an recht viele Burschen und Mädchen, denen sehr gut bekannt ist, dass Jana Isler sein unvernünftiges Treiben mit Wissen der Behörden weiterführen konnte.» Die Autorinnen schreiben dazu: Mit der Versorgung Jana Islers signalisierte das Jugendamt ihren Freundinnen und Freunden, dass man durchzugreifen gewillt war.

Der Fall Isler wirft ausserdem ein schlechtes Licht auf den damaligen Justizdirektor Emil Reich (Demokratische Partei). Er überschritt seine Kompetenzen, indem er dem Einweisungsantrag in die Strafanstalt nicht nur zustimmte, sondern diese mit ziemlich sachfremden Argumenten sogar noch beförderte.

Besseres Wissen verfügbar

Man hätte es schon damals besser wissen können. Denn es gab ausgearbeitete Verfahren, wie Kollegialbehörden zu angemessenen Entscheiden kommen können: Indem sie nämlich gegensätzliche Positionen thematisieren und die Argumente sorgfältig gegeneinander abwägen. Ein solches Verfahren hatte beispielsweise der Rechtskonsulent des Zürcher Stadtrats, Max Imboden, entwickelt. Doch Jana Isler hatte nichts davon. Die Autorität des Regierungsrates übersteuerte alle Gegenargumente. Diese wurden zudem nur zaghaft und verdeckt vorgebracht, wie die Akten zeigen. Dabei war allen bekannt, wie einschneidend die Versorgung in einer Strafanstalt war.

Um ihre Internierungen zu legitimieren, griffen die Behörden zu drastischen Zuschreibungen: «Flatterhaft, unzuverlässig, oberflächlich, heuchlerisch und verwahrlost», lauteten die gängigen Begriffe. Die Behörden taten so, als ob drastische Massnahmen unumgänglich seien. Andere Entscheidungsträger übernahmen solche Zuschreibungen oft gedankenlos, als ob sie Tatschen wären.

Verständnisloser Politiker

So wandte sich eine junge Frau, die im Frauengefängnis Hindelbank untergebracht werden sollte, hilfesuchend an den Winterthurer SP-Stadtrat Albert Eggli. Er schrieb ihr 1973 Folgendes zurück: «Sie bitten mich um Ihre Freiheit (…). Junge Menschen wie Sie, die nicht gerne arbeiten wollen, es lediglich schön haben möchten, immer nur das verlangen, was man nicht haben kann, gehören zur Nacherziehung. (…) Ich glaube, Sie hätten nun genügend goldene Freiheit gehabt, auch genügend Chancen, um sich zu bewähren. Eine Entlassung kann meines Erachtens vor Ablauf eines Jahres nicht in Frage kommen.» Ein halbes Jahr später lehnte dann auch die Vormundschaftsbehörde Winterthur das Gesuch um vorzeitige Entlassung ab. Und zwar, obwohl der Amtsvormund die junge Frau zuvor sehr positiv eingeschätzt hatte.

Was taten die Eltern dieser Jugendlichen? Die meisten waren aufgrund mangelnder Bildung nicht in der Lage, sich zu wehren. Und taten sie es doch, hatte es nicht selten den gegenteiligen Effekt. Die Behörden taxierten sie als besonders renitent und legten ihnen dies nebst allem andern zusätzlich zur Last.

Die Mitglieder der Vormundschaftsbehörden und die Amtsvormunde waren die wichtigsten Entscheidungsträger. Es waren fast ausschliesslich Männer mit einer juristischen Ausbildung. Da Jobwechsel damals eher selten waren, übten sie Ihre Funktion ein ganzes Berufsleben lang aus. Die Autorinnen stellten fest, dass die 1954 zuständigen Amtsvormünder auch 1974 noch im Amt waren. Ihr meist unveränderten Wertvorstellungen und Vorurteile flossen in ungefiltert in ihre Entscheide ein.

Umbruch in den 70er Jahren

Der entscheidende Umbruch erfolgte Mitte der 70er Jahre, als die sogenannten Erziehungsbeistandschaften etabliert wurden. Die neue Devise, eingebracht auch von der Generation der 68er, lautete nun, Familien in Schwierigkeiten in erster Linie zu beraten und mit ihnen allfällige Massnahmen zu verhandeln.

Neu galt der Grundsatz, dass solche Massnahmen nie zum Schaden des Kindes führen dürfen. Das war ein klaren Fortschritt. Allerdings tauchen bald neue Problemfelder auf. So rückten etwa die «Scheidungskinder» in den Fokus der Behörden.

*Susanne Businger und Nadja Ramsauer: «Genügend goldene Freiheit gehabt». Heimplatzierungen von Kindern und Jugendlichen im Kanton Zürich, 1950 – 1990. Chronos Verlag, Zürich, 2019.
(https://www.zsz.ch/ueberregional/ich-habe-ihnen-ja-gesagt-dass-ich-nicht-mehr-in-einem-heim-bleibe/story/15742861)

«Bin beim Ostereiersuchen»: Vor 20 Jahren nahm sich Ausbrecherkönig Walter Stürm das Leben
Walter Stürm verbrachte rund die Hälfte seines Lebens in Gefängnissen oder auf der Flucht. Vor 20 Jahren beging der damals 57-Jährige im Frauenfelder Untersuchungsgefängnis Suizid. Der Ausbrecherkönig war dort wegen eines mutmasslichen Banküberfalls eingesperrt.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/bin-beim-ostereiersuchen-vor-20-jahren-nahm-sich-ausbrecherkoenig-walter-stuerm-das-leben-ld.1149479


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