Liebe Frau Anna Kardos
In ihrer Kolumne in der Luzerner Zeitung beschreiben sie eine Taxifahrt mit einem Taxifahrer, der sich ihnen als „Roma“ vorstellt und ihnen am Schluss einen Preis verrechnet, der ihnen zu hoch erscheint. Seine Herkunft nehmen sie dann als Matrix, um diese Erfahrung in ihrer Kolumne zu reflektieren. Was exotisch auf sie wirkte, faszinierte sie offenbar: „Ich hörte zu, staunte“. Und was sie störte, rief in ihnen antiziganistische Erklärungsversuche hervor: „Als er vor unserem Haus hielt, sagte er: «Das macht 43.80 Franken.» Nie zuvor hatte ich annähernd so viel für die Strecke bezahlt. Ich stutzte. Das Opfer meiner Vorurteile – war er soeben eines geworden? Oder etwa ich?“
Frau Kardos, subtil rassistisch ist auch rassistisch. Uns scheint sie versuchen zwischen ihrer Faszination und Abscheu für einen Menschen und seiner Herkunft eine natürliche Verbindung Verbindung herstellen zu wollen. Sie bieten in ihrem Text unkritisch keine alternativen Denkvorschläge an. Sie lassen den Mann selber nicht selbst zu Wort kommen und machen ihn zum Objekt und zur Projektionsfläche. Setzen sie doch in einem Tagebuch mit ambivalent-rassistischen Gedanken und Gefühle auseinander und lassen sie sich beraten. An sich begrüssen wir es wenn sie sich Fragen stellen, doch verschonen sie meinungsbildende Medien vor anziganistischen Phantasien. Diese haben bereits genug Elend in diese Welt gebracht.