antira-Wochenschau: Mehr Geld für private Sicherheitsfirmen, Hungerstreik gegen Abschiebung, Präventivhaft in Bayern

Bild: Geflüchtete protestieren im Moria-Lager gegen die katastrophalen Lebensbedingungen. Die Polizei reagiert mit Tränengas

Was ist neu?

Die offizielle schweiz investiert Millionen in Schengen-Informationssysteme
Der Bundesrat lässt dich die digitale Abschottung der Festung Europa satte 121,7 Millionen Franken kosten. Vorrangig fliesst dieses Geld in die (Weiter-)Entwicklung verschiedener Informationssysteme an der Grenze. SIS II, VIS, Eurodac, API, ETIAS, EES und wie sie alle heissen, sollen stärker miteinander vernetzt werden. Ziel ist es, dass alle repressiven Akteure jederzeit auf alle Daten zugreifen können. Das Geld wird im Zeitraum von 2020 bis 2025 ausgeschüttet. Laut Bundesrat handelt es sich unter dem Strich um eine Sparmassnahme. Durch Ausgaben für repressivere Aussengrenzen könne die offizielle Schweiz „namentlich im Asylbereich jährlich rund 270 Mio. Franken einsparen“. Wer sich für die erwähnten Informationssysteme interessiert, findet in der Medienmitteilung des Staates nützliche Informationen dazu.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76295.html

Zwei Seenotrettungsschiffe legen in Italien an – ein Kapitän verhaftet, ein Schiff beschlagnahmt
Das Rettungsschiff „Eleonore“ ist nach einem Unwetter auf dem Mittelmeer trotz Verbots in italienische Gewässer eingefahren. Der Kapitän rief nach einem schweren Gewittersturm den Notstand für das Schiff aus und nahm Kurs in Richtung Sizilien. Das Unwetter überflutete das Deck. 104 Geflüchtete mussten im Bordkrankenhaus, in Zwischengängen, den Crewschlafplätzen und auf der Brücke in Sicherheit gebracht werden. Auf dem 46 Quadratmeter grossen Schiff würden die Zustände lebensbedrohlich, so der Kapitän. Trotz Salvinis Verbot, erlaubten die Behörden nach einem ursprünglichen Verbot die Einfahrt. Danach haben die italienischen Behörden die Kontrolle über das Schiff für Ermittlungen übernommen. Der Kapitän wurde von der Polizei abgeführt.
Auch das Rettungsschiff „Mare Jonio“ sieht sich mit starker Repression konfrontiert. Tagelang verweigerten die Behörden die Einfahrt in den Hafen. Die 31 Personen an Bord traten teilweise in einen Hunger- und Durststreik. Auch die Mare Jono erhielt die Einfahrt- und Anlandungserlaubnis erst, als die Situation an Bord unaushaltbar wurde. Danach verhängte die Zollbehörde „Guardia di Finanza“ gegen die „Mare Jonio“ ein Zwangsgeld in Höhe von 300’000 Euro und beschlagnahmte das Schiff.
https://taz.de/Rettungsschiff-nach-Unwetter/!5622276/
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1125199.seenotrettung-eleonore-in-sizilianischen-hafen-eingelaufen.html
https://mission-lifeline.de/aktuelles/eleonore-legt-nach-8-tagen-in-sizilien-an/?fbclid=IwAR3zPTYKzWDMVkQlCGxpljeWhl-jB6OHMO6jumTxzM81oroz9-x5DhMywwA
https://ffm-online.org/kaempfende-verwaltung-gegen-boat-people/

SEM gibt immer mehr Geld für private Sicherheitsfirmen in Bundesasyllagern aus
In den nächsten Wochen entscheidet sich, welche Firmen künftig in den schweizer Bundesasyllagern „für Sicherheit sorgen“ und somit das grosse Geld machen können. Denn es ist ein lukratives Geschäft. Seit der letzten Ausschreibung vor sechs Jahren hat das SEM das Budget stark erhöht. 2012 gab der Bund 25 Millionen Franken für Sicherheitsdienstleistungen aus. Für 2019 wurden 67 Millionen für die Sicherheit veranschlagt. Der Bund will also trotz tieferen Asylzahlen fast dreimal so viel Geld für private Sicherheitsfirmen ausgeben. Auffallend ist auch das Verhältnis zu anderen Ausgabeposten in den Asyllagern. Für die Betreuung wurden beispielsweise gerade mal 32 Millionen veranschlagt. Securitas tritt bei den Sicherheitsdienstleistungen innerhalb der Asyllager als grösster Akteur auf. Einzig den Zuschlag für das Zentrum in Altstätten (SG) und die dazugehörige Region hat 2013 mit Abacon eine andere Firma erhalten – dafür übernimmt Securitas dort die Aussenpatrouillen. 
https://www.nzz.ch/schweiz/asylzentren-das-geschaeft-mit-der-sicherheit-ld.1505871

Verfahren gegen walliser Nazis geht in die nächste Instanz
Mit Plakaten der faschistischen Nationalen Aktionsfront NAF und mit rassistischen Klebern haben zwei Nazis im Grossraum Brig zu Hass und Diskriminierung aufgerufen. Auf den Klebern stand auf Farsi, Iranisch, Arabisch, Somalisch und Türkisch: «Raus von hier!» Im Hintergrund eine Kakerlake. Vor Kurzem hatte ein walliser Bezirksgericht gegen die beiden in erster Instanz Geldstrafen ausgesprochen. Die Nazis rekurrierten dagegen und standen deshalb diese Woche vor dem walliser Kantonsgericht. Das Urteil ist noch hängig. 
https://www.1815.ch/news/wallis/aktuell/zwei-oberwalliser-neo-nazis-droht-geldstrafe/
https://www.lenouvelliste.ch/articles/valais/canton/condamnes-pour-discrimination-raciale-deux-haut-valaisans-contestent-les-faits-863500

Was ist aufgefallen?

Bericht zu rassistischer Diskriminierung in der Schweiz
Die Fachstelle für Rassismusbekämpfung hat einen umfassenden Bericht zu rassistischer Diskriminierung in der Schweiz für den Zeitraum 2017–2018 vorgelegt. Es handelt sich um eine quantitative statistische Analyse, wobei ein komplexes strukturelles Phänomen wie Rassismus auf einige Zahlen runtergebrochen wird. Trotzdem können diese Zahlen Hinweise und dadurch Handlungsoptionen liefern, wo sich Betroffene am stärksten diskriminiert fühlen.Einige Resultate:
– Rund 38 Prozent der befragten Jugendlichen bezeichnen sich als Betroffene von Diskriminierung. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als beim letzten Bericht vor zwei Jahren. – Am häufigsten findet rassistische Diskriminierung laut der Studie in Hassreden im Internet oder am Arbeitsplatz statt.
– Rassistische Hassreden im Internet haben in den letzten zwei Jahren zugenommen.- Rassistische Diskriminierung findet oft bei der Stellensuche oder im beruflichen Alltag statt. Betroffen sind insbesondere Muslim*innen.
– Mehr als jede dritte Person fühlt sich von «anderen» gestört. Eine von zehn Personen weist explizit feindselige Einstellungen gegenüber Muslim*innen, schwarzen Menschen sowie gegenüber Jüd*innen auf.
– Auffallend ist der starke Antiziganismus unter den befragten Personen: 21% gaben an, sich an einer fahrenden Lebensweise zu stören.
– Rassismus findet oft im Alltag statt, etwa in Form von Bemerkungen oder Gesten, die zwar subtil, aber trotzdem beleidigend sind. 
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76265.html
https://www.blick.ch/news/schweiz/hass-im-internet-und-im-job-bundesstudie-rassismus-unter-schweizer-jugendlichen-nimmt-zu-id15496657.html

Tränengas gegen geflüchtete Kinder
Die griechische Polizei hat bei Protesten in einem überfüllten Lager auf der Insel Lesbos Tränengas gegen geflüchtete Kinder eingesetzt. Am Mittwoch protestierten rund 300 unbegleitete Minderjährige im berüchtigten Lager Moria auf der Insel Lesbos und verlangten ihre Verlegung aufs Festland. Um die Proteste zu stoppen, setzte die Polizei gegen die Protestierenden Tränengas ein. Das Lager von Moria steht seit Jahren in der Kritik, da es chronisch überfüllt ist. Nach der Ankunft von 3000 Geflüchteten in diesem August, hatte sich die ohnehin schwierige hygienische Situation weiter verschlechtert. Ende August lebten nach Uno-Angaben fast 11’000 Menschen in dem Lager, das eigentlich nur für einen Viertel davon ausgelegt ist. Viele Geflüchtete leben schon seit Monaten in Moria, da sich ihre Asylverfahren in die Länge ziehen. Die neue konservative Regierung in Athen entschied nun aber, die Berufungsmöglichkeit abzuschaffen, um die Verfahren zu beschleunigen. Am Dienstag hatten die griechischen Behörden die ersten tausend Geflüchteten aus Moria aufs Festland gebracht. Doch auch dort sind die Bedingungen sehr schlecht. Neu Angekommene klagten am Mittwoch unter anderem über Engpässe bei Wasser, Strom und Zelten.
https://www.20min.ch/ausland/news/story/Mit-Traenengas-gegen-Fluechtlingskinder-21301970?fbclid=IwAR16yjxY1dBOMctm4ooq6WqCv1Vcung1XCpMNF6NdMh8V7ut9XpJZ862Has
https://www.nau.ch/politik/international/griechenland-verlegt-600-fluchtlinge-von-lesbos-aufs-festland-65578059

EU-Türkei-Deal wackelt
2016 ist die Anzahl Geflüchteter, die über den Landweg in die EU kamen im Vergleich zum Vorjahr um fast 90% gesunken. Grund dafür war der EU-Türkei-Deal, der die Türkei verpflichtete, Geflüchtete von der Weiterreise nach Europa abzuhalten. Dafür erhielt die Türkei von der EU sechs Milliarden Euro zugesprochen. Schon im Sommer 2015 zeigten sich in Istanbul die Auswirkungen. Viele Geflüchtete, vor allem aus Syrien, lebten auf der Strasse und nicht selten gab es Übergriffe auf Geflüchtete. Die Situation ist bis heute nicht besser geworden. In Umfragen spricht sich eine Mehrheit der türkischen Bürger*innen dafür aus, die Menschen abzuschieben. Rund dreieinhalb Millionen Syrer*innen leben aktuell noch in der Türkei. Die Mehrzahl davon lebt in Armut am Rande der Gesellschaft und ist ständigem Rassismus ausgesetzt.
Erdogan hat in den vergangenen Wochen mehrmals angedroht, den Deal mit der EU platzen zu lassen und die Syrer*innen mit Bussen an die EU-Grenze zu bringen. Inzwischen geht es in die andere Richtung. Hunderttausende Syrer*innen sollen nach Syrien abgeschoben werden, viele davon ausgerechnet ins umkämpfte Idlib – Mitten ins Kriegsgebiet. Geflüchtete werden gezwungen, Dokumente zu unterzeichnen, in denen sie zusichern, „freiwillig“ auszureisen. Wer die Unterschrift verweigert, wird inhaftiert. Die gesprochenen Milliarden von der EU verschärfen den Konflikt um den Deal zusätzlich. Denn die Zahlungen sind an Hilfsprojekte für Geflüchtete gebunden, die in der Türkei nur langsam oder gar nicht entstehen. Nun herrscht innerhalb der EU Streit darüber, ob weitere Zahlungen geleistet werden sollen. Sollten nun mehrere EU-Länder weitere Zahlungen blockieren, könnte der ohnehin wackelige Deal endgültig platzen. 
https://www.heise.de/tp/features/Der-Fluechtlingsdeal-wackelt-4511134.html

Bayerisches Polizeigesetz: Präventivgewahrsam betrifft vorallem Geflüchtete
Die CSU führte vor zwei Jahren die zeitlich unbegrenzte Präventivgewahrsam im bayerischen Polizeiaufgabengesetz ein. Seit das Gesetz in Kraft ist, sind mindestens 19 Personen für mehrere Wochen eingesperrt worden – ohne Anklage und oft ohne Beistand von Anwält*innen. Seit dieser Änderung im bayerischen Polizeigesetz genügt es, eine Person als abstrakt gefährlich einzustufen, um sie wochenlang einzusperren. Es genügen geringfügige Verstöße gegen die Rechtsordnung. Das sind beispielsweise „Trunksucht“ verbunden mit „Aggressivität“. Aus einem Bericht der Prüfkommission zum bayerischen Polizeigesetz geht nun hervor, dass fast ausschliesslich Personen ohne deutschen Pass von der mehrwöchigen Präventivgewahrsam betroffen sind. Einige von ihnen wurden anschliessend abgeschoben. Unter den insgesamt 19 Personen, die länger als zwei Wochen im Gefängnis waren, besitzen nur drei die deutsche Staatsbürger*innenschaft. Einige Beispiele:
– Ein Mann kündigt an, dass er sich bei einem negativen Asylentscheid das Leben nehmen will. Auch seine Familie wolle er umbringen, falls es keine Zukunft für sie in Deutschland gäbe. Die bayerische Polizei sperrt ihn für 27 Tage ein. Begründet wird die Präventivgewahrsam mit der „Hoffnung auf Besinnung“.
– Die Polizei wird auf zwei Männer aufmerksam, die mehrfach unter Alkoholeinfluss Gewalt angewendet haben. Die Polizei stellt fest: Es bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass die Männer betrunken erneut gewalttätig würden. Also werden sie präventiv eingesperrt. Das Ziel sei die „langfristige Besserung“. Die zwei Personen bleiben einen Monat in Gewahrsam. 
– An einem Tag im Juni 2018 werden acht Personen auf einmal in Präventivgewahrsam genommen. Eine Person bleibt zwei Monate eingesperrt, die anderen zwischen 15 und 18 Tagen. Sie haben keine Straftat begangen oder geplant, es handelt sich laut den Beamt*innen um eine Vorsichtsmassnahme, „um Schlimmeres zu verhindern“. Zuvor hatten sich die Personen auf dem Hof ihres Asyllagers versammelt, um sich gegen die Polizei zu stellen, als die einen ihrer Mitbewohner festnehmen wollte. Für die Polizei war der Einsatz nach einigen Stunden vorbei, doch die acht Personen blieben wochenlang in Gewahrsam. Während ihrer Zeit im Gefängnis bekamen sie keine Anwält*innen zur Seite gestellt. Am Ende wurden sie abgeschoben.
https://netzpolitik.org/2019/bayerisches-polizeigesetz-19-personen-wochenlang-in-praeventivgewahrsam/

Vergabe von B- und C-Bewilligungen noch stärker an „Integration“ einer Person geknüpft
Per 1. Januar 2019 wurde das Ausländergesetz (AuG) revidiert und in das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) umbenannt. Die Revision ging mit massiven Verschärfungen einher. So ist die Vergabe von B- und C-Ausweisen noch stärker von der „Integration“ einer Person abhängig. Zudem besteht für Migrationsbehörden seither die Möglichkeit einer Rückstufung einer einmal erteilten Niederlassungsbewilligung in eine Aufenthaltsbewilligung. Ein sehr wichtiges Kriterium für die „Integration“ einer Person stellt deren Sprachkompetenz dar. Mündlich muss mindestens das Niveau A2 erreicht werden, schriftlich mindestens A1. Die Sprache spielt auch beim Familiennachzug eine wichtige Rolle. Ehegatten und Kinder unter 18 Jahren von Personen mit einer ausländerrechtlichen Bewilligung, die via Familiennachzug in die Schweiz kommen möchten, müssen sich neu schon vor der Einreise für einen Sprachkurs anmelden. Betroffene sehen sich somit gezwungen, die Kurskosten vor der Einreise zu bezahlen, ohne zu wissen, ob der Familiennachzug bewilligt wird und wann sie in die Schweiz einreisen dürfen. Wird der Familiennachzug verweigert, haben sie das Geld verloren.
Das Gesetz ist zudem äusserst diskriminierend gegenüber Personen aus bestimmten Herkunftsstaaten. Denn beim Sprachnachweis bestehen Ausnahmen: Bei sehr gut qualifizierten Fachkräften in hochspezialisierten Branchen und Betrieben reichen bereits gute Kenntnisse bspw. der englischen Sprache. Und Personen aus Belgien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Fürstentum Liechtenstein, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien bedürfen überhaupt keinem Sprachnachweis.
Nebst der Sprachkompetenz müssen folgende weitere Kriterien erfüllt sein, um die Integrationsanforderungen zu erfüllen: Teilnahme am Wirtschaftsleben oder Bildungswesen, Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und Respektierung der Werte der Bundesverfassung. Bei „besonderem Integrationsbedarf“ können die zuständigen Behörden als neues Instrument die Erteilung und die Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen mit sog. Integrationsvereinbarungen verbinden. Wird die Integrationsvereinbarung von den Betroffenen nicht eingehalten, kann die Aufenthaltsbewilligung widerrufen werden. Auch die Niederlassungsbewilligung kann neuerdings, wenn die Integrationskriterien nicht erfüllt sind, zurückgestuft und durch eine Aufenthaltsbewilligung ersetzt werden.Die Finanzen werden bei den Integrationskriterien ebenfalls stärker ins Zentrum gerückt. Schon vor der Gesetzesrevision gab es Fälle, in welchen Personen trotz „unverschuldetem“ Sozialhilfebezug unrechtmässig die Aufenthaltsbewilligung entzogen wurde. Für die Niederlassungsbewilligung galt jedoch, dass Personen, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen in der Schweiz aufhielten, die Bewilligung aufgrund von Sozialhilfebezug nicht mehr entzogen werden konnte. Dieser zeitliche Rahmen wurde mit der Gesetzesrevision aufgehoben. Neu müssen die Sozialämter auch Personen, die eine Niederlassungsbewilligung besitzen, seit mehr als 15 Jahren in der Schweiz sind und deren Sozialhilfebezug einen bestimmten Betrag erreicht hat, unaufgefordert den Migrationsbehörden melden. Das neue Gesetz führt zu einer starken Verunsicherung der Betroffenen. Der Aufenthalt von Personen, die keinen schweizer Pass besitzen, kann auch nach jahrelangem Leben in der Schweiz noch unsicher sein. Im schlimmsten Fall können Betroffene sogar nach 20 Jahren ihren Aufenthaltstitel verlieren. 
https://beobachtungsstelle.ch/news/anforderungen-an-integration-weiter-verschaerft/

Rechtsextreme Übergriffe auf Geflüchtete
Nötigung, Sachbeschädigung, Brandstiftung, Anschläge auf Unterkünfte: 609-mal waren im ersten Halbjahr Geflüchtete Ziel von Gewalttaten, die bei der Polizei angezeigt wurden, wie aus einer Antwort des deutschen Bundesministeriums hervorgeht. Das sind mehr als 3 Straftaten pro Tag. Im Vorjahr lag die Zahl der Übergriffe im Vergleich sogar noch höher: bei fast 900. Wird bedacht, dass sich viele Sans-Papiers gar nicht trauen, Übergriffe zu melden, da sie selber behördlicher Verfolgung ausgesetzt sind, kann davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer wohl einiges höher liegt. Die Täter*innen kommen nach Angaben des Bundesinnenministeriums fast alle (322 von 330) aus dem rechten Spektrum: also es handelt sich konkret um rechtsextreme Gewalt. Wie hoch diese Zahlen in der Schweiz sind, ist nicht klar. Denn anders als in Deutschland, sind schweizer Polizist*innen nicht dazu verpflichtet, festzuhalten, ob ein Verbrechen rassistisch oder generell diskriminierende Hintergründe gehabt haben könnte. Deshalb fliesst das mögliche Tatmotiv nicht in die Statistik ein. Dafür scheuen die schweizerischen Behörden keine Mühen, die Nationalität von Täter*innen festzuhalten. Die vielen Übergriffe in Deutschland von Rechtsextremen auf Geflüchtete zeigen, rechtsextreme Gewalt ist eine (von schweizer Behörden geleugnete) Realität.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/609-angriffe-auf-gefluechtete-im-ersten-halbjahr-100.html?fbclid=IwAR1wF8xRR6Ay47jT7UGpS2nJofNF7JzRHgW2XEn7j3DuiODou3dedxYpn3A
https://www.nzz.ch/schweiz/wieso-die-schweiz-nicht-weiss-wie-viele-antisemitisch-motivierte-straftaten-jedes-jahr-begangen-werden-ld.1390420


Was nun?

Zwangsisolation von Geflüchteten und Armutsbetroffenen
„Personen, die in verschiedenen Lebensbereichen Unterstützung bedürfen, können zur Umsetzung entsprechender Betreuungs- oder Integrationsmassnahmen einer Unterkunft zugewiesen werden“. Die Möglichkeit für Zwangsplatzierung von Armutsbetroffenen in Heimen oder Camps hat die aargauische Regierung am 1. März per Verordnung eingeführt. Der Entscheid für eine entmündigende Isolierung darf somit nicht nur von einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde getroffen werden, sondern auch von einfachen Gemeindebehörden. Diese Entrechtung wurde durch Rassismus ermöglicht. Martina Bircher (SVP) ärgerte sich über das «Geschäftsmodell mit der freien Wohnungswahl für anerkannte oder vorläufig aufgenommene Flüchtlinge» und forderte per Interpellation eine Einschränkung ihrer Niederlassungsfreiheit. Da Geflüchtete laut der Genfer Flüchtlingskonvention nicht anders behandelt werden sollten als Schweizer*innen, weitete der Regierungsrat den Passus kurzerhand auf alle Sozialhilfebezüger*innen aus. Die unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht (UFS) hat nebst einer Protestaktion vor dem aargauischen Parlament eine Petition lanciert. Vermutlich reicht diese aber nicht aus, um die Verordnung zu Fall zu bringen. Hast du eine Idee was nun zu tun ist? 
www.armenhaeuser-nein.ch
https://www.woz.ch/-9f75

Der CEO von Roviva AG ist ein Nazi
Peter Patrik Roth, der CEO der Matratzenfabrik Roviva lässt sich mit versteckten Hakenkreuzen fotografieren und ist Gründer einer Firma, die das rechtsextreme Modelabel White Rex vertreibt. Der Gründer von «White Rex» ist der russische Neonazi Denis Nikitin. Nachdem das SRF die Verbindungen bekannt machten, kündigte der Schwingerkönig seinen Sponsoringvertrag mit der Roviva. Was tust du gegen rechte Netzwerke? 
https://twitter.com/antifa_bernhttps://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/braune-faeuste-rechtsextreme-kampfsportler-im-angriffsmodus?id=08a27ff1-3df0-430e-9ae6-4e936ef8b2c4
https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/ich-verurteile-jegliches-rechtsextremes-gedankengut-schwinger-curdin-orlik-wendet-sich-von-sponsor-roviva-ab-id15503124.html


Wo gabs Widerstand?

Homosexueller Mann im Hungerstreik gegen seine Abschiebung
2015 floh ein homosexuelles Paar wegen Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung von St. Petersburg nach Deutschland. Die deutschen Behörden lehnten deren Asylanträge ab. Während ein Rekursverfahren noch läuft, entschied das Verwaltungsgericht Regensburg zum Fall von Andrei P., dass das Gericht Zweifel an dessen sexueller Orientierung habe – obwohl dieser mittlerweile seit mehr als 18 Jahre mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner zusammenlebt: „Der Kläger kann seine Homosexualität nicht zur Überzeugung des Gerichtes darlegen“. So sei er bei einigen Fragen zunächst ausgewichen und es sei „nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger ohne Weiteres nach dem ersten sexuellen Kontakt mit einem Mann sofort die Erkenntnis gehabt haben mag, homosexuell zu sein.“ Die Richterin beklagt dazu, „Schilderungen über die Gedanken für die Entscheidungsfindung oder einen inneren Konflikt zu seiner Homosexualität“ seien ausgeblieben. Nebst der Tatsache, dass die Argumentation sehr schwammig ist, ist es auch zutiefst anmassend, von einer Person zu erwarten, solch persönliche Dinge über die eigene Sexualität vor Gericht preis zu geben und die Beweislast für die eigene sexuelle Orientierung auferlegt zu bekommen. Zudem ist es ziemlich absurd, von einer homosexuellen Person zu erwarten, dass diese automatisch im Konflikt zu ihrer Sexualität steht. Eine Berufung ließ das Gericht im Fall von Andrei nicht zu. Andrei droht damit die Abschiebung. Am Mittwoch begann Andrei aufgrund dieses Entscheids einen Hungerstreik. Auch will er jeden Morgen vor der Arbeit vor dem Verwaltungsgericht demonstrieren, um auf die „Willkür der Justiz in Bayern“ hinzuweisen.
https://www.queer.de/detail.php?article_id=34365


Was steht an? 

Was macht uns wirklich sicher?
Wie können wir Gerechtigkeit herstellen jenseits von Gefängnis und Polizei? Vorstellung und Diskussion des Buches «Was macht uns wirklich sicher? Ein Toolkit zu intersektionaler transformativer Gerechtigkeit jenseits von Gefängnis und Polizei» mit der Herausgeberin Melanie Brazzell.
– Bern: Montag, 9. September 2019 | ab 18.30 Snacks und Broschürentisch | 19.00 Buchvorstellung und Diskussion | Uni Tobler, Raum F-123, Lerchenweg 36, 3012 Bern
– Luzern: Warm-Up Treffen für den Workshop: Mittwoch, 4. September 2019, 19.00. Workshop: Dienstag, 10. September 2019, 18.00 Znacht, 19.00 Start Workshop jeweils im Räzel, Horwerstrasse 14, 6005 Luzern.
https://barrikade.info/article/2563

Lauf gegen Grenzen
14. September 2019 | Basel
Der Lauf gegen Grenzen ist ein Sponsor*innen­lauf, der sich für die Rechte von Geflüchteten, Migrant­*innen und Sans-­Papiers einsetzt.https://www.vereingegengrenzen.ch/

Besichtigung des neuen Bundesasyllagers
Samstag 14. September 2019 | 12 Uhr bis 16 Uhr 
In Kürze wird das neue Bundelager im Deitinger Schachen in Betrieb genommen. Vorher kann dies noch von interessierten Menschen besichtigt werden. Laut SEM gibt es „Führungen durchs Zentrum und man kann sich an verschiedenen Ständen über die neuen Asylverfahren und die Betreuung der Asylsuchenden informieren».
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/am-14-september-kann-das-bundesasylzentrum-besichtigt-werden-135534666

Lauf gegen Rassismus
15. September 2019 | Zürich
www.laufgegenrassismus.ch

Veröffentlichung der Broschüre „stichwort ASYL – Hinweise für Journalist*innen“
Do, 19.9.2019 | 14 – 16 Uhr | Bern, Waisenhausplatz 30 | Progr: kleine Bühne
Anmeldung bitte bis am 13. September an sekretariat@sosf.ch

Antifa-Festival Basel
21.9.2019 | Wasserstrasse 39, Basel
https://dasguteleben.noblogs.org/

Seebrücke Block an der Klimademo in Bern 
28.09.2019 – 13:30 | unter der Eisenbahnbrücke auf der Schützenmatte!
Zieht euch etwas oranges an oder nehmt Schwimmwesten mit und kommt in den Block der Seebrücke an der schweizweiten Klimademo in Bern.
https://barrikade.info/event/1095

Demo: Solidarität statt Rassismus
5. Oktober 2019 | 16 Uhr | Helvetiaplatz Zürich
Migrant*innen werden als Feindbilder aufgebaut und müssen als Sündenböcke für die herrschende Misere herhalten.Wehren wir uns gegen diese menschenverachrtende Politik. Gemeinsam auf die Strasse gegen Rassismus und reaktionäre Hetze!
https://www.facebook.com/events/2327959637457499/?notif_t=plan_user_invited&notif_id=1567078744206204

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

How to stop a deportation?
Ein Besuch der Website von „Getting the Voice out“ lohnt sich. Sie gibt Infos, wie eine Ausschaffung auf dem Luftweg gestoppt werden kann.
http://www.gettingthevoiceout.org/how-to-stop-a-deportation/

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