antira-Wochenschau: Rassismus in Banken, Wahlkampf und Grenzwache

Bild: Grenzwächter auf einem Kontrollgang

Was ist neu?

Das SEM soll Handies und Laptops von Geflüchteten systematisch durchsuchen
Von November 2017 bis Mai 2018 haben SEM-Behörden 565 Handies und Laptops von Geflüchteten durchforstet, um deren Identität festzustellen. In nur 15 Prozent der Fälle fanden die Behörden auf den Handies oder Laptops Hinweise auf Identität, Reiseweg oder Herkunft und in fünf Fällen wurden Informationen zur Strafverfolgung an die Polizei weitergegeben. Das SEM zeigt sich mit diesen Zahlen zufrieden und im Parlament fordert nun SVP-Nationalrat Gregor Rutz, dass dieser schwere Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bei Geflüchteten systematisch zu erfolgen habe. Bisher verlangt das Gesetz, dass Geflüchtete gegenüber dem SEM ihre Identität offenlegen, indem sie ihre Reisepapiere und Identitätsausweise abgeben, neu sollen sie auch zur Geräteherausgabe gezwungen werden. Dadurch erhalten die Behörden nicht nur Zugriff auf die Daten der Asylsuchenden, sondern ohne deren Zustimmung auch auf jene von Familienmitgliedern oder auf die Korrespondenz mit Anwält*innen.
Nachdem Rutz’ parlamentarische Initiative in den vorberatenden Kommissionen von National- und Ständerat eine deutliche Mehrheit gefunden hat,beschäftigt sich jetzt noch die die Staatspolitische Kommission des Nationalrates damit.
In Deutschland dürfen die Behörden seit 2017 Handies von Geflüchteten untersuchen. Seither haben die Behörden 3890 Datenträger analysiert. Auch in Dänemark, Finnland und Irland ist diese Methode üblich. In Deutschland trage diese Methode «in nicht wenigen Fällen» dazu bei, dass «wesentlich aufwendigere und teurere Methoden minimiert werden konnten», resümiert die Migrationsbehörde in einem Bericht zuhanden des SEM. Das heisst also, dass grundrechtliche Eingriffe legitimiert werden, weil es billiger ist. Während es problemlos möglich sein soll, Datenträger von Geflücheten zu durchforsten, sind mutmassliche Straftäter*innen derartigen Regeln nicht unterworfen. Smartphones dürften nur bei schweren Gesetzesverstössen und bei begründetem Tatverdacht analysiert werden. So ist das halt mit dem institutionellen Rassismus.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/bund-kontrolliert-handys-von-asylsuchenden/story/29531805

Fahrende verklagen die offizielle Schweiz
Zwei jenische Bürger*innen aus dem Kanton Neuenburg, der jenische Verein schäft qwant und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) haben beim Uno-Ausschuss für die Beseitigung von Rassendiskriminierung Beschwerde eingereicht. Damit wehren sie sich gegen die antiziganistische «Lex Fahrende» (Gesetz zum Aufenthalt von Fahrenden) aus dem Kanton Neuenburg. Das Parlament hatte dort im Februar 2018 das Gesetz verabschiedet, das diskriminierend ist und antiziganistische Vorurteile zementiert. Konkret wird verlangt, dass Abmachungen zwischen Fahrenden und Landbesitzenden schriftlich erfolgen und von den Behörden vor Ort überprüft werden müssen. Ein Formfehler reicht, um die sofortige Räumung des Halteplatzes einzuleiten. Dies selbst, wenn die Landbesitzenden dem Halt zugestimmt haben. Mit dieser bürokratischen Schickane wird gezielt der sogenannte «spontane Halt» verhindert, der ein wesentliches Merkmal der fahrenden Lebensweise darstellt. Bei einer drohenden Wegweisung haben Fahrende neu auch kein Recht mehr, einen aufschiebenden Rekurs einzureichen. Um dazu beizutragen, dass Fahrende dem Kanton Neuenburg fernbleiben, nimmt das neuenburger Parlament in Kauf, das Recht auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz zu verletzen. Andere haben ein Recht auf Bewegungsfreiheit, auf Wohnen und auf aufschiebenden Rekurs. Auch fördert das Gesetz «Racial Profiling», da es vorsieht, dass Angehörige der Jenischen, Sinti und Roma aufgrund ihrer Lebensweise von den Behörden vermehrt kontrolliert werden dürfen. Die Beschwerde gegen den strukturellen Antiziganismus wurde am 13. Februar vor dem Bundesgericht in allen Punkten abgeschmettert. Nun soll die UNO entscheiden.
https://www.gfbv.ch/de/medien/medienmitteilungen/beschwerde-gegen-neuenburger-gesetz-beim-uno-ausschuss-fuer-die-beseitigung-von-rassendiskriminierung-eingereicht/

Rassistischer SVP-Wahlkampf
Wie immer zum Wahlkampf fährt die SVP mit polemisch-populistischem Mist auf. Und wie immer reden sie von «Kriminalität und Sicherheit» und das auf eine äussert rassistische Art und Weise: Frauen und Ältere würden sich abends wegen der “ungebrenzten Zuwanderung” nicht mehr sicher fühlen. Darum sollten Einbürgerungen nur noch auf Probe und Gefängnisstrafen bis zu 60 Jahre eingeführt werden. Ein hartes Vorgehen verlangt die Partei insbesondere für jugendliche Migrant*innen und nennt sie herabwertend “Möchtegern-Ghettokids”. Weil die SVP-Politiker*innen generell keinen politischen Inhalt zu bieten haben, bieten sie stattdessen sich selber als Panini-Sammel-Bildchen an: https://wahlkampfderfilm.ch/parlamentini/
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/svp-fordert-gefaengnisstrafen-von-bis-zu-60-jahren/story/12544312?utm_source=twitter&utm_campaign=Ed_Social_Post&utm_medium=Ed_Post_TAPolitik
https://www.blick.ch/news/politik/parlamentini-statt-panini-die-svp-geht-mit-sammelbildli-auf-stimmenfang-id15467445.html?utm_source=twitter&utm_medium=social_page&utm_campaign=bli

Fluchtrouten: Marokko, Mittelmeer, Italien
– In den nordmarokkanischen Regionen um Ceuta (Tanger, Tetuan) und Melilla (Nador) kommt es häufig zu Razzien. Die festgenommenen Geflüchteten werden danach in den marokkanischen Süden deportiert. Das Geld für diese Repression stammt seit 2003 aus der EU und fliesst über die spanische Entwicklungszusammenarbeit nach Marokko. Die anstehende Rate beläuft sich auf 40 Mio Euro. Zusätzlich fliessen Gelder des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) Richtung Marokko. Die anstehende Rate beläuft sich hier auf 30 Mio Euro für die Umsetzung des Konzepts eines “flüchtlingsfreien” Nordmarokkos und die Razzia-bezogenen Überwachungs- und Deportationskosten. Im offiziellen marokkanischen Staatshaushalt kommen diese Gelder aber nirgends vor.
– Das katalanische NGO-Schiff “Open Arms” mit 147 Geretteten an Bord konnte in italienische Gewässer einfahren und befindet sich wenige hundert Meter von Lampedusa entfernt. Das italienische Verwaltungsgericht der Region Latium hat dem Rettungsschiff “Open Arms” wegen einer Notlage erlaubt, in die Territorialgewässer Italiens zu fahren. Das Gericht habe unter anderem auf Grundlage ärztlicher und psychologischer Gutachten die Einfahrt in die Gewässer bewilligt, damit den geretteten Personen an Bord umgehend Hilfe geleistet werden könne. In der Zwischenzeit hat der italienische Innenminister Matteo Salvini ein neues Dekret gegen die Anlandung der “Open Arms” unterzeichnet, aber die Verteidigungsministerin lehnt dieses ab und wird wohl Militärschiffe zum Transfer der Geretteten losschicken. Derweil bereiten mehrere italienische Gerichte Strafermittlungen gegen Salvini vor. Neben Freiheitsberaubung wird es auch um die Missachtung internationaler Gesetze gehen.
– Nicht nur die Lage an Bord der Open Arms ist desaströs. Derzeit sucht auch die “Ocean Viking”, das Rettungsschiff der Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen, mit 356 Menschen an Bord nach einem Hafen. Das Schiff befand sich am Mittwochmorgen ebenfalls südlich zwischen Lampedusa und Malta. Auch für dieses Schiff hatte der italienische Regierungschef Conte von Salvini eine Erlaubnis gefordert, in Italien an Land gehen zu können.
– Auch die Seenotrettungsorganisation Lifeline ging in Deutschand gerichtlich gegen Salvini vor. Ein deutsches Gericht hat eine Verfügung gegen Italiens Innenminister erlassen. Demnach darf Salvini nicht mehr Fotos des Lifeline Kapitäns Ulonska im Internet veröffentlichen. Salvini hatte am 28. Juni ein Foto von Ulonska auf der Online-Plattform Twitter veröffentlicht und in dem zugehörigen Kommentar deutsche Seenotretter*innen kritisiert. Salvini droht nun ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, wenn er über das Internet ein Foto von Ulonska erneut in Deutschland öffentlich zugänglich mache.
https://ffm-online.org/wie-die-eu-razzien-in-marokko-in-auftrag-gibt/
https://www.spiegel.de/politik/ausland/rettungsschiff-open-arms-darf-in-italienische-gewaesser-a-1281965.html
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-08/italien-seenotrettung-open-arms-mittelmeer-fluechtlinge
https://www.derstandard.at/story/2000107423033/gericht-kippt-salvinis-landeverbot-fuer-rettungsschiff-open-arms?ref=rss
https://www.derstandard.at/story/2000107345410/seenotretter-von-lifeline-erzielten-erfolg-gegen-salvini?ref=rss

EU will mit neuem Visakodex ihre brutale Abschiebepraxis verstärken
Der Bundesrat hat die Bestimmungen zur Erteilung von Visa angepasst und hat diese somit an den neuen europäischen Visakodex angeglichen. Die Schengen-Staaten wollen „ihre Interessen im Rückkehrbereich nachdrücklicher vertreten“. Heisst konkret, sie wollen effizienter und effektiver ausschaffen können. Um den Druck auf sogenannt „kooperationsunwillige“ Drittstaaten zu erhöhen, wird die Vergabe von Visa neu an die Zustimmung zu Rückübernahmeabkommen gekoppelt. Für Menschen, die das Pech haben, aus einem „nicht kooperativen“ Land zu kommen, werden die Verfahren zur Visumsvergabe neu länger dauern als für andere. Darüber hinaus wird die Visumgebühr für Erwachsene von 60 auf 80 Euro angehoben, jene für Minderjährige zwischen sechs und zwölf Jahren wird um fünf Euro auf 40 Euro erhöht.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76049.html

Was ist aufgefallen?

Studie zum institutionellen Rassismus von Banken
Was für Personen mit dem roten Pass problemlos möglich ist, gestaltet sich für Geflüchtete als hürdenreich oder gar als Ding der Unmöglichkeit. Der Verein Asylex hat herausgefunden, dass Asylsuchende mit einem laufenden Verfahren nur bei vier der 18 befragten Banken uneingeschränkt ein Konto eröffnen können. Konkret: Aargauer, Waadtländer und Bündner Kantonalbank sowie Postfinance. Viele Banken verlangen den Pass aus dem Herkunftsland der während dem Asylverfahren aber vom Staatssekretariat für Migration konfisziert ist. Auch der F-Ausweis für vorläufig Aufgenommene wird gemäss der Studie von den wenigsten Banken als Identifikationsdokument anerkannt. Klassischer Fall von institutionellem Rassismus.
https://www.watson.ch/schweiz/asylgesetz/162354024-so-schwer-ist-es-fuer-asylsuchende-ein-bankkonto-zu-eroeffnen

Lügendetektor iBordercontrol lügt mit grosser Wahrscheinlichkeit
Das derzeit im Test befindliche automatische EU-Grenzschutzsystem iBorderCtrl besteht aus mehreren Elementen: der Kontrolle der Einreisedokumente, einer Gesichtserkennung, einem Fingerabdruckscanner und einem Lügendetektor. Es ist vor allem Letzterer, der dem Forschungsprojekt zu iBorderCtrl – das mit 4,5 Millionen Euro von der EU-Kommission gefördert wird – mehrfach heftige Kritik einbrachte. Die Reisenden werden dabei auf einer Webseite von einem Avatar befragt, der einem pixeligen Grenzbeamten ähnelt. Beantworten sollen sie unter anderem Fragen zu ihrem Reisegrund und zum Inhalt ihres Gepäcks.
Die Kamera des Geräts überträgt derweil das Bild der Reisenden, das von einer auf maschinellem Lernen beruhenden Software analysiert wird. Sie soll anhand von körperlichen Signalen, die mit dem bloßen Auge nicht oder kaum erkennbar sind, beurteilen, ob jemand lügt oder die Wahrheit sagt.
Die Kritik am Lügendetektor betraf die Grundannahme, dass eine Kamera Anzeichen für Lügen erkennen kann. Außerdem wurden die sehr geringe Zahl von Proband*innen (32), deren nicht-repräsentative Auswahl sowie das wenig beeindruckende Ergebnis der Versuche kritisiert. Noch im August soll die Testphase beendet werden. Danach werden die Ergebnisse evaluiert. Ob iBorderCtrl irgendwann ganz oder in Teilen zum Standard an den EU-Außengrenzen wird, ist noch ungewiss.
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/iborderctrl-luegendetektor-im-eu-grenzschutzprojekt-getestet-a-1279230.html

Republikaner*innen wollen in den USA antifaschistische Gruppen als Terrororganisationen einstufen
Die republikanischen Senatoren Bill Cassidy und Ted Cruz fordern, dass die Gruppen und Organisationen im ganzen Land, die unter dem Banner der Antifa agieren, als inländische terroristische Orga­nisationen bezeichnet werden. Dafür brachten sie am 18. Juli eine Senatsresolution ein. Obwohl die Resolution keinen bindende Charakter aufweist, könnte sie erhebliche Auswirkungen haben, sollte der Senat sie verabschieden. »Inländischer Terrorist« ist zwar keine offizielle Bezeichnung, aber das FBI stuft bestimmte Gruppen und Bewegungen informell als solche ein und wendet zusätzliche Ressourcen für deren Strafverfolgung auf. So würde es vereinfachen, gegen Linke allgemein vorzugehen. Denn der Text der Resolution bezieht sich nicht nur auf die Antifa, sondern in austauschbarer Weise auch auf »mit der Antifa verbundene« und »linke Aktivist*innen«.
Der Resolution gehen etwa zwei Jahre systematischer Medienarbeit voran, in der die Rechten versuchen, die Antifa als eine hochdisziplinierte Organisation darzustellen, die als paramilitärischer Untergrundflügel der Demokratischen Partei fungiere und von dem liberalen jüdischen Investor George Soros finanziert werde. Das Bild des wohlhabenden jüdischen Strippenziehers, der hinter den Kulissen linke soziale Bewegungen kontrolliert, ist seit dem 19. Jahrhundert ein wichtiges Element der antisemitischen Ideologie. Zudem verbreiten die Rechten seit Jahren Lügen über die Antifa. So habe diese beispielsweise geplant, im November 2017 einen Bürgerkrieg zu beginnen; der Schütze, der im Oktober 2017 auf einem Country Music Festival in Las Vegas 58 Menschen tötete, habe Verbindungen zu ihr gehabt; und auf Flugblättern der Antifa sei der Mord an weißen Kindern gefordert worden. Cruz vergleicht die Antifa zudem mit dem Ku-Klux-Klan und der Mafia und will eine RICO-Untersuchung über die Antifa einleiten. »RICO« steht für Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act, ein bundesweit gültiges Gesetz mit hohem Strafmass, das zur Verfolgung organisierter Kriminalität geschaffen wurde.
Cooper Brinson vom Civil Liberties Defense Center (CLDC) bezeichnet die Resolution als »kalkulierten Versuch, von der brutalen Gewalt der republikanischen Basis abzulenken«, indem der grundlose Vorwurf erhoben werde, antifaschistische Arbeit sei Terrorismus – eine Idee, die ihren Ursprung in der Bewegung sogenannter weißer Nationalist*innen habe.
Die Forderung der Resolution erscheint noch absurder, werden beispielsweise die Anzahl politisch motivierter Morde verglichen, die entweder den „Rechtsextremen“ oder den „Linksextremen“ zugeordnet werden können. Der NGO Anti-Defamation League zufolge waren Rechtsextreme 2018 in den USA für alle 50 Morde verantwortlich, die die Organisation dem »Extremismus« zuordnete. Seit 1990 haben Rechtsextreme in den Vereinigten Staaten nach zurückhaltenden Schätzungen über 500 Morde begangen – andere Schätzungen sind deutlich höher. Antifaschist*innen haben in diesem Zeitraum eine Person getötet. Dieser Todesfall ereignete sich 1993 in Portland in einem Kampf mit Nazi-Skinheads, bei dem beide Seiten Schusswaffen hatten.
https://jungle.world/artikel/2019/32/staatsfeind-antifa?page=all

Grenzen überall: Auch am Bahnhof Bern
Seit der Einführung des Schengenabkommens (keine Grenzkontrollen zwischen den mitmachenden Staaten) wurde die Vorstellung einer «europäischen Aussengrenze, die es zu verteidigen gibt» gestärkt. Ebenfalls werden seit dann Grenzkontrollen verlagert – beispielsweise nach Libyen, Marokko oder in die Türkei, aber auch «ins Innere der Länder» – also eigentlich einfach überall hin. In Bern zeigt sich das beispielsweise daran, dass es im Bahnhof Bern einen Grenzwachtposten gibt. Neben Schmuggel kümmern sich die dort arbeitenden 30 Angestellten hauptsächlich um «illegale Migration». Im Gegensatz zu anderen Kantonen haben Grenzbeamt*innen in Bern ziemlich viele Befugnisse: Sie dürfen auch Fingerabdrücke und DNA-Proben entnehmen.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/grenzwaechter-werden-in-bern-kritisch-beobachtet/story/27395424
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/kokain-in-der-milchtuete-heroin-im-aktenkoffer/story/12527142

Ein Jahr Seehofer-Deal, ein Jahr europa- und menschenrechtswidrige Maßnahmen
Der deutsche Bundesinnenminister Seehofer schloss (neben Spanien) ein Abkommen mit Griechenland, wonach Betroffene, die in Deutschland ein Asylgesuch vorbringen und in Griechenland registriert wurden, innerhalb von 48 Stunden abgeschoben werden sollen (“Seehofer-Deal”). Dass dieser Deal europa- und menschenrechtswidrig ist, wurde mehrfach von Rechtsexpert*innen bestätigt: Eine Abschiebung darf nur nach ausreichender Prüfung und mit effektivem Zugang zu Rechtsschutz erfolgen. Diese elementaren Rechte hat auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mehrfach hervorgehoben. Der “Seehofer-Deal” ignoriert das und stellt sich somit außerhalb des geltenden Rechts. Die europäischen Regierenden machen also nicht nur menschenverachtende Gesetze, sie brechen diese sogar selber, um noch menschenverachtender zu handeln.
Das Verwaltungsgericht München (VG München) hat nun in einem Eilverfahren erstmals angeordnet, dass ein Asylsuchender, der nach dem “Seehofer-Deal” von der deutsch-österreichischen Grenze direkt nach Griechenland abgeschoben wurde, umgehend zurückzuholen sei. Auch hat das VG München weiterhin erhebliche Zweifel bezüglich menschenrechtskonformer Rückführungen nach Griechenland. In Griechenland gibt es noch immer kein funktionierendes Schutzsystem, de facto mangelt es Geflüchteten an Unterkünften, Nahrungsmitteln und medizinischer Basisversorgung. Jahrelang wurde wegen der dort herrschenden Bedingungen nicht dorthin abgeschoben. Bisher sind 26 Zurückweisungen nach Griechenland und zwei nach Spanien erfolgt (Stand Juli 2019). Die Bundespolizei versuchte sogar, drei minderjährige Kinder mit zwei Erwachsenen ohne Verfahren nach Griechenland abzuschieben – was aber noch am Flughafen abgebrochen wurde.
https://www.proasyl.de/news/ein-jahr-seehofer-deal-ein-jahr-europa-und-menschenrechtswidrige-massnahmen/

Wo gabs Widerstand?

Demo gegen faschistische Konferenz in Lissabon
Die faschistische Kleinpartei “Nova Ordem Social” aus Portugal organisierte vergangenes Wochenende eine Konferenz und lud europaweit Artgenoss*innen ein. Dagegen regte sich Widerstand. Hunderte protestierten in Lissabon gegen das braune Zusammenkommen. Es trafen sich Nazis wie Matthias Deyda, der „Auslandsbeauftragte“ der braunen Kleinstpartei „Die Rechte“, die Josele Sanchez (Spanien), Blagovest Asenov (Bulgarien), Francesca Rizzi (Italien) oder Yvan Benedetti (Frankreich). Während die Opfer des Faschismus diesem meist schutzlos ausgeliefert sind, werden faschistische Treffen offiziell genehmigt und Menschenverachtung als freie Meinungsäusserung geschützt.
https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/internationale-neonazi-connection
https://de.euronews.com/2019/08/11/lissabon-aktivisten-demonstrieren-gegen-konferenz-rechter-gruppen

Was steht an?

Solifest fürs Solinetz
Donnerstag, 5. September 2019 | 17:00 bis 23:00 | Heitere Fahne – Wabern
Benefizabend fürs Solidaritätsnetz Bern mit einer Soli-Auktion, Schmaus aus der Heitere Habibiküche und Konzert von Olgas Bagasch.
https://www.facebook.com/events/697127330729652/

Antifa-Festival Basel
21. September 2019 | Wasserstrasse 39, Basel
dasguteleben.noblogs.org
https://publish.barrikade.info/FUR-DAS-GUTE-LEBEN-3-ANTIFA-FESTIVAL-BASEL-2521

Antiracup in Solothurn
17 August 2019 | ab 11 Uhr
https://www.facebook.com/Antiracup-Soletta-875972702592924/

Prozess gegen Anni Lanz in der zweiten Instanz
21. August | Walliser Kantonsgericht, Sitten
Weil Anni Lanz einer Person über die Grenze half, verurteilte das Bezirksgericht Brig die Aktivistin wegen «Widerhandlung gegen das Ausländergesetz». Anni hat gegen die 800 Franken Busse und 1400 Franken Verfahrenskosten Rekurs eingelegt. Ihr Fall kommt nun am 21. August vor das Walliser Kantonsgericht in Sitten/Sion. Die Verhandlung ist öffentlich. Jene die Anni Lanz ihre Solidarität bekunden möchten, können also direkt dabei sein. Wegen möglicher Personenkontrollen am Eingang zum Gericht wird empfohlen, sich 30 Minuten im Voraus dort einzufinden.

Velotour d’horizon
14.8. – 31.8.2019
Schauen wir hin und setzen gemeinsam ein Zeichen gegen die Politik der Ausgrenzung und der Isolation! 18 Tage mit dem Velo für weniger Abschottung und zur Erinnerung an die Vergangenheit.
Ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten des beschleunigten Asylverfahrens fahren wir mit dem Velo von Zürich nach Bern, u.a über Basel und Biel und dann über das Tessin und Luzern wieder zurück nach Zürich (Velodemo vom Bundeslager Kappelen nach Bern findet am Samstag, 24. August mit anschliessendem Z’Nacht beim Böxli in der Lorraine statt). Wir möchten einen regen Austausch zwischen den regionalen Aktivist*innen und Geflüchteten anstossen, sichtbar werden und zu Aktionen anregen. An den Etappen-Orten werden Aktivist*innen, welche sich der Lagerpolitik entgegenstellen, ein passendes Rahmenprogramm zu den Velofahrten organisieren: gemeinsames Essen, Musik, Diskussion, Workshop, Film, Spiele etc. Wo möglich werden wir die Bewohner*innen der Bundes- und Nothilfe-Lager treffen, mit ihnen kochen, essen, Erfahrungen austauschen, über mögliche Perspektiven sprechen.
http://www.antira.org/velotour

Nieder mit dem Verrat. Es lebe der Widerstand
31. August 2019 | 15 Uhr | Rathausbrücke | Zürich
Gegen die Besatzung Kurdistans durch den faschistischen türkischen Staat.

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Abschiebungen ins syrische Kriegsgebiet
Die türkische Regierung hat angekündigt, in den nächsten Wochen zahlreiche syrische Geflüchtete abzuschieben. Maurizio Coppola mit einem Bericht aus Istanbul.
https://revoltmag.org/articles/abschiebung-ins-kriegsgebiet/

Was ist rechte Rhetorik?
Interview mit der Basler Soziologin Franziska Schutzbach zu ihrem Buch über die „Rhetorik der Rechten“. Was ist Rechte Rhetorik und wie soll man mit ihr umgehen?
https://www.freitag.de/autoren/michael-angele/was-ist-rechte-rhetorik

Mitmachen
Hast du Lust bei uns mitzumachen? antira.org lebt von antirassistischer Solidarität und gegenseitiger Hilfe. Wir suchen Menschen, die Lust an Webseitenbetreuung, Texte schreiben oder übersetzten haben, oder auch sonstiges antirassistisches Zeugs machen wollen. Hinweise, Kommentare und vor allem Beiträge zu Anti-/Rassismus können zur Veröffentlichung (verschlüsselt) an antira@immerda.ch geschickt werden.
Willst du unseren Newsletter erhalten? Dann kannst du dich hier anmelden.
Oder willst du unseren Telegram-Kanal abonnieren? Das kannst du hier machen.